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1942 man dock mit Recht behaupten k6nnen, dab die Stoffwechsel- vorg~nge bei den Zuckerkaninchen andere gewesen sind als bei den 01kaninchen, dab also bei den verschiedenen Tieren verschiedene !Krankheiten aufgetreten sind. Daraui weisen schon die Glykogenbestimmungen bin. Die Traubenzucker- tiere und L~tvulosetiere sind aul3erordentlich arm an Gly- kogen, w~hrend das 01tier z. B. eine noch relativ groBe Menge Glykogen in der Leber enth~ilt. Ferner Wissen wir aus iriiheren Untersuchungen, daft die Zusammensetzung des KSrper- fettes yore Nahrungsfett abh~ingig ist, und wie Analysen, die SCI-IIRMERaui meine Veranlassnng machte, ergaben, dab anch gewisse Krankheitszust~nde beim Menschen und Tier dieselbe beeiiiflussen kaiin. SchlieBlich soll die Tatsache erw~thnt werden, dab 01tiere gegeniiber Insulin resistellter Silld Ms Tranben zuckertiere. Literatur: ~) GlooN, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 4o, I. 1924. -- ~)ISAAC, Ober Wesen und Behandlung der Fettsucht. Wfirzburger Abn. a. d. Gesamtgeb. d. prakt. Med. Neue Folge I, It. 6, t9e4. -- ~) S~I~O; Ionengleichgewieht im Org.anismus. Schweiz. med. Wochenschr. 1921. -- ~) JA~ASSOHN, Uber den pellagr6sen Symptomenkomplex bei Alkoholikern in dem Schweiz. Korresp.-131att f. Schweiz. Jkrzte 1915, Nr. 52 u. 1916, Nr. i. KLINISCflE ~TOCHENSCHRIFT. 3. JAHRGANG. Nr. 43 DER MECHANISMUS DER HYPERGLYK24MIE UND DES TEMPERATURSTURZES BEI KOHL- UND KRAMPFGIFTEN. (Zur Frage efferenter Kfihlbahnen.) Von F. ROSENTHAL, H. LICIT und FR. LAUTZRBACH. AUs der Medizinischen Klinik dec Universit~it Breslau (Direktor: Geh. Ned.-Rat Prof. Dr. O. MINKOWSKI). Manches spricht dafiir, dab die Vorg~inge der W~rrne- regulation IIicht durch einen einheitlichen zentralen Apparat geregelt werden, der je nach Art der ihn beeinflussenden Reize bald st~irkere, bald schw~chere Impulse den w~rmebildenden Erfolgsorganen zusendet und die wgrmeabgebenden Apparate bald 6ffnet und bald schliel3t, soiidern dab im Witrmeregu- latioiiszentrum zwei Apparate mit entgegeiigesetzten thermo- regulatorischen Aufgaben miteinander gekoppelt sind, aus deren Zusammenwirken erst der W~irmeregulationsmechanis- mus der flomoiothermen resultiert. Die Grfiiide, die fiir diese Annahme sprechen, entspringen im wesentlichen bisher rein pharmakologischeii ]3eobach- tungen. Es gibt eine Reihe yon bulb~ren Krampfgiften wie Pikrotoxin, Aconitin, Veratrin, Santonin u. a., welche, aueh ohne dab es zeit ~aeh zu Kr~impfen zu kommen Beginn der Kaninchen braucht, die K6rpertempe- Behandlung I II ratur in ausgesprochenem Mage zu erniedrigen ver- o O,lOi i Stunde o,226 m6gen. Da das W~irmezen- 1~/~ Stunden o,236 trum bei diesen Vergiftungen 2 Stunden 0,270 gegenfiber dem Cocainfieber 3 Stunden 0,249 normal anspricht, anderer- seits Narkotica wie das Amylenhydrat, die das W~irmezentrum l~ihmen, zusammen mit diesen Krampfgiften ganz gewaltige Temperaturstiirze um mehr als 13 ~ C (HARNACI< und MAYER) hervorrufen kSnnen, so haben schon HARNACN und seine Schiller hieraus den Schlu 13 abgeleitet, dab die temperaturd~mp- fende Eigenschaft dieser das Bulbusgebiet erregenden Krampf- substanzen nicht auf einer das W~rmezentrum ti~hmenden Wirkung beruhen diirfte, soiidern dab in dem Temperatur- sturz die Erkegung eines wXrmehemmenden Zentrums zum Ausdrucke komme, das tells durch St'eigernng der W~rme- abgabe, tells durch IIerabsetzung der W~trmebildung eine \u des Organismus herbeifiihre. Im gedanklichen Ausbau dieser Befunde und der Unter- suchungen yon ]3ARBOUR und HASmMOTO hat dann H. H. MEYER in seinem Fieberreferat auf dem Internistenkon- 21. OKTOBRR 1924 greB 1913 ffir diese hypothetischen antagonistischen Zentren die 13egriffe des ,,W~rmezentrums" und des ,,Kiihlzentrulns" gepr~igt. Die Temperatur des BlSrpers ist nach H. H. MEYER die Resultante dieser beiden normalerweise sich die Wage haltendeii antagonistischen Zentren: Fieber ist Erregungs- zustand des Wiirmezentrums mit sekund~rer Hemmung des Ktihlzentrums; die durch die bulb~iren, temperaturd~mpfen- den Blrampfgifte hervorgerufenen Abkiihlung entsteht durch 1Reizung des I<iihlzentrums bei gleichzeitiger sekund~irer Hemmung des W/irmezentrums. Da nun die fiebererregenden Mitre1 in der IReget ihre Angriffspunkte am sympathisehen Nervensystem findem aiidererseits die temperaturerniedrigen- den, zentral erregenden Krampfgifte auger den Krampf- zentren in der Medulla oblongata aneh die dort geleNenen parasympathischen Zentren des N. oeulomotorius, vagus erregen, so liegt es nahe, den Angriffspunkt der temperatur- herabsetzenden Krampfsubstanzen in das Kiihlzentrum zu verlegen, lind es im Gegensatz zum sympafhischen Wltrm- zentrum als parasympathischer Natur zu betrachten (H. H. MEYER). Die auff~llige 14ombiiiation yon Krampfzusfand und Temperatursturz, die diese Vergi~uiigsbilder der Sympto- matologie der e:~perimentellen Insulinvergiftung in mancher Hinsich• naheriickt, und die yon t3ORNSrEIN angenommenen, vielfaeh bezweifelten ]3eziehungen zwischen Blutzucker uiid Parasympathieus waren fiir uns die Veranlassung, den Ein- fluB dieser ]3ulb~irgifte zun~ichst auf den ]31utzuckerspiegel niiher zu verfolgen, iJber den EinfluB des Picrotoxins uiid santoninsauren Natrons liegen abgesehen yon einer kurzen Notiz yon BIOGAN zwei kilrzlich erschienene A_rbeiten yon TATVN und SHIMIDZU vor. Sie kommen zu dem iibereiii- stimmenden Ergebnis, dab beide Gifte zu einer Hyperglyk~mie ftihren, niid dab der Steigerung des ]31utzuckers eine zentral ausgelSste Adrenalinausschiittung zugrunde liege. Uiisere eigenen Erfahrungen erstrecken sieh neben dem Pikr0toxin und Santonin auch auf die Blillalgiite Yeratrin und Aconitin. Allen diesen Kilhlgiften ist IIaeh unseren ]3eobach- tuiigen eine deutliche, mehr oder minder starke Hyper- glyMimnie eigen, die auf eine zentrale Erregung sympathischer Zentren zurilckgeht. In allen unseren Versuchen blieb die Hyperglyl~dmie nach Riickenmarksdurchsehneidung oberhalb des SpI~nchnicusabganges konstant aus, um ebenso regelrMiflig be~ Brustmarl~durchtrennunff unterhatb des Splanehnieus- austrittes wieder auJzutreten. Folgende Beispiele seien hier tabellarisch wiedergegeben: Tabelle I. Ablauf der Blutzuckerkurve IIach Pikrotoxinvergiftung beim normalen Blaninchen und beim Kaninchen nach Rflckenmarksdurchschneidung. o,8 mg Pikrotoxiu pro Kilogramm Kaninchen. Normales' Normales [iickenmarksdurchschneidung in H6he des Segmenles 7.--8. Cervicalis Kaninchen I,I40 o,29o 0,33 0,24 0,206 o,12 o,lo6 O,lO 4 o~I2 o,II 1.--2. 3. Thoracalis Thoracalis O,12 ] O,II 7 O,IOI O,124 O,IIO O,119 O, IO2 O, 13 O, IO 4 O,106 5. 7.--8. Thoracalis Thoracalis O,127 O,lO4 O,12 ~,II9 O, I I 2 Io. Thoracalis o,I 3 o,141 O,13 O,21 3 O,I2 O,31 O,III 0,21~ o,181 o,186 Durchsctmeidet man bei Kaninchen das Rtickenmark bis herab zum 5. Dorsalsegment, so wird gesetzmf~Big die beim normalen t(aniiichen nach Pikrotoxin auftretende Hyper- glyk:~mie unterbniiden. Bei Durchschneidung des Brust- markes in l-I6he voii D VII--VIII macht sich bereits eine deutliche, wenn auch verz6gerte Hyperglyk~tmie bemerkbar, die sich mit einem partiellen Austritt der Splanchnicusfasern oberhalb der DurchschneidungssteIle erklfiren diirfte. Bei Durchtrennniig des Brustmarkes in H6he yon I) X, wo be- reits der gr613te Tell der Splanchnicusbahnen das Riicken- mark verlassen hat, tritt alsdann die HyperglyMimie nach Pikrotoxinbehandlung wie beim Normaltier in die Erscheinung. Der priiizipiell gleiche 13efund ergibt sieh bei der Aeonitin- und Veratrinvergiftung, die gleichfalls zu einer ausschlieg- lich zentral bedingten Hyperglyk~imie fiihren, deren aus-

Der Mechanismus der Hyperglykämie und des Temperatursturzes bei Kühl- und Krampfgiften

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Page 1: Der Mechanismus der Hyperglykämie und des Temperatursturzes bei Kühl- und Krampfgiften

1942

man dock mit Recht behaupten k6nnen, dab die Stoffwechsel- vorg~nge bei den Zuckerkaninchen andere gewesen sind als bei den 01kaninchen, dab also bei den verschiedenen Tieren verschiedene !Krankheiten aufgetreten sind. Daraui weisen schon die Glykogenbestimmungen bin. Die Traubenzucker- tiere und L~tvulosetiere sind aul3erordentlich arm an Gly- kogen, w~hrend das 01tier z. B. eine noch relativ groBe Menge Glykogen in der Leber enth~ilt. Ferner Wissen wir aus iriiheren Untersuchungen, daft die Zusammensetzung des KSrper- fettes yore Nahrungsfett abh~ingig ist, und wie Analysen, die SCI-IIRMER aui meine Veranlassnng machte, ergaben, dab anch gewisse Krankheitszust~nde beim Menschen und Tier dieselbe beeiiiflussen kaiin. SchlieBlich soll die Tatsache erw~thnt werden, dab 01tiere gegeniiber Insulin resistellter Silld Ms Tranben zuckertiere.

L i t e r a t u r : ~) GlooN, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. 4o, I. 1924. -- ~)ISAAC, Ober Wesen und Behandlung der Fettsucht. Wfirzburger Abn. a. d. Gesamtgeb. d. prakt. Med. Neue Folge I, It. 6, t9e4. -- ~) S~I~O; Ionengleichgewieht im Org.anismus. Schweiz. med. Wochenschr. 1921. -- ~) JA~ASSOHN, Uber den pellagr6sen Symptomenkomplex bei Alkoholikern in dem Schweiz. Korresp.-131att f. Schweiz. Jkrzte 1915, Nr. 52 u. 1916, Nr. i.

K L I N I S C f l E ~ T O C H E N S C H R I F T . 3. J A H R G A N G . Nr. 43

DER MECHANISMUS DER HYPERGLYK24MIE UND DES TEMPERATURSTURZES BEI KOHL-

UND KRAMPFGIFTEN. (Zur Frage efferenter Kfihlbahnen.)

Von

F. ROSENTHAL, H. LICIT und FR. LAUTZRBACH. AUs der Medizinischen Klinik dec Universit~it Breslau (Direktor: Geh. Ned.-Rat Prof. Dr. O. MINKOWSKI).

Manches spricht dafiir, dab die Vorg~inge der W~rrne- regulation IIicht durch einen einheitlichen zentralen Apparat geregelt werden, der je nach Art der ihn beeinflussenden Reize bald st~irkere, bald schw~chere Impulse den w~rmebildenden Erfolgsorganen zusendet und die wgrmeabgebenden Apparate bald 6ffnet und bald schliel3t, soiidern dab im Witrmeregu- latioiiszentrum zwei Apparate mit entgegeiigesetzten thermo- regulatorischen Aufgaben miteinander gekoppelt sind, aus deren Zusammenwirken erst der W~irmeregulationsmechanis- mus der flomoiothermen resultiert.

Die Grfiiide, die fiir diese Annahme sprechen, entspringen im wesentlichen bisher rein pharmakologischeii ]3eobach- tungen. Es gibt eine Reihe yon bulb~ren Krampfgiften wie Pikrotoxin, Aconitin, Veratrin, Santonin u. a., welche, aueh ohne dab es zeit ~aeh zu Kr~impfen zu kommen Beginn der Kaninchen braucht, die K6rpertempe- Behandlung I II ratur in ausgesprochenem Mage zu erniedrigen ver- o O,lOi

i Stunde o,226 m6gen. Da das W~irmezen- 1~/~ Stunden o,236 t rum bei diesen Vergiftungen 2 Stunden 0,270 gegenfiber dem Cocainfieber 3 Stunden 0,249 normal anspricht, anderer- seits Narkotica wie das Amylenhydrat, die das W~irmezentrum l~ihmen, zusammen mit diesen Krampfgiften ganz gewaltige Temperaturstiirze um mehr als 13 ~ C (HARNACI< und MAYER) hervorrufen kSnnen, so haben schon HARNACN und seine Schiller hieraus den Schlu 13 abgeleitet, dab die temperaturd~mp- fende Eigenschaft dieser das Bulbusgebiet erregenden Krampf- substanzen nicht auf einer das W~rmezentrum ti~hmenden Wirkung beruhen diirfte, soiidern dab in dem Temperatur- sturz die Erkegung eines wXrmehemmenden Zentrums zum Ausdrucke komme, das tells durch St'eigernng der W~rme- abgabe, tells durch IIerabsetzung der W~trmebildung eine \u des Organismus herbeifiihre.

Im gedanklichen Ausbau dieser Befunde und der Unter- suchungen yon ]3ARBOUR und HASmMOTO hat dann H. H. MEYER in seinem Fieberreferat auf dem Internistenkon-

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greB 1913 ffir diese hypothetischen antagonistischen Zentren die 13egriffe des , ,W~rmezentrums" und des , ,Kiihlzentrulns" gepr~igt. Die Temperatur des BlSrpers ist nach H. H. MEYER die Resultante dieser beiden normalerweise sich die Wage haltendeii antagonistischen Zentren: Fieber ist Erregungs- zustand des Wiirmezentrums mit sekund~rer Hemmung des Ktihlzentrums; die durch die bulb~iren, temperaturd~mpfen- den Blrampfgifte hervorgerufenen Abkiihlung entsteht durch 1Reizung des I<iihlzentrums bei gleichzeitiger sekund~irer Hemmung des W/irmezentrums. Da nun die fiebererregenden Mitre1 in der IReget ihre Angriffspunkte am sympathisehen Nervensystem findem aiidererseits die temperaturerniedrigen- den, zentral erregenden Krampfgifte auger den Krampf- zentren in der Medulla oblongata aneh die dort geleNenen parasympathischen Zentren des N. oeulomotorius, vagus erregen, so liegt es nahe, den Angriffspunkt der temperatur- herabsetzenden Krampfsubstanzen in das Kiihlzentrum zu verlegen, lind es im Gegensatz zum sympafhischen Wltrm- zentrum als parasympathischer Natur zu betrachten (H. H. MEYER).

Die auff~llige 14ombiiiation yon Krampfzusfand und Temperatursturz, die diese Vergi~uiigsbilder der Sympto- matologie der e:~perimentellen Insulinvergiftung in mancher Hinsich• naheriickt, und die yon t3ORNSrEIN angenommenen, vielfaeh bezweifelten ]3eziehungen zwischen Blutzucker uiid Parasympathieus waren fiir uns die Veranlassung, den Ein- fluB dieser ]3ulb~irgifte zun~ichst auf den ]31utzuckerspiegel niiher zu verfolgen, iJber den EinfluB des Picrotoxins uiid santoninsauren Natrons liegen abgesehen yon einer kurzen Notiz yon BIOGAN zwei kilrzlich erschienene A_rbeiten yon TATVN und SHIMIDZU v o r . Sie kommen zu dem iibereiii- st immenden Ergebnis, dab beide Gifte zu einer Hyperglyk~mie ftihren, niid dab der Steigerung des ]31utzuckers eine zentral ausgelSste Adrenalinausschiittung zugrunde liege.

Uiisere eigenen Erfahrungen erstrecken sieh neben dem Pikr0toxin und Santonin auch auf die Blillalgiite Yeratrin und Aconitin. Allen diesen Kilhlgiften ist IIaeh unseren ]3eobach- tuiigen eine deutliche, mehr oder minder starke Hyper- glyMimnie eigen, die auf eine zentrale Erregung sympathischer Zentren zurilckgeht. In allen unseren Versuchen blieb die Hyperglyl~dmie nach Riickenmarksdurchsehneidung oberhalb des SpI~nchnicusabganges konstant aus, um ebenso regelrMiflig be~ Brustmarl~durchtrennunff unterhatb des Splanehnieus- austrittes wieder auJzutreten.

Folgende Beispiele seien hier tabellarisch wiedergegeben:

Tabelle I. Ablauf der Blutzuckerkurve IIach Pikrotoxinvergiftung beim normalen Blaninchen und beim Kaninchen

nach Rflckenmarksdurchschneidung. o,8 mg Pikrotoxiu pro Kilogramm Kaninchen.

Normales' Normales [iickenmarksdurchschneidung in H6he des Segmenles 7.--8.

Cervicalis Kaninchen

I,I40 o,29o 0,33 0,24 0,206

o,12 o , l o 6 O,lO 4 o~I2 o , I I

1.--2. 3. Thoracalis Thoracalis

O,12 ] O , I I 7 O,IOI O,124 O,I IO O,119 O, IO2 O, 13 O, IO 4 O,106

5. 7.--8. Thoracalis Thoracalis

O,127 O,lO4 O,12 ~,II9 O, I I 2

Io. Thoracalis

o,I 3 o,141 O,13 O,21 3 O,I2 O,31 O , I I I 0,21~ o,181 o,186

Durchsctmeidet man bei Kaninchen das Rtickenmark bis herab zum 5. Dorsalsegment, so wird gesetzmf~Big die beim normalen t(aniiichen nach Pikrotoxin auftretende Hyper- glyk:~mie unterbniiden. Bei Durchschneidung des Brust- markes in l-I6he voii D V I I - - V I I I macht sich bereits eine deutliche, wenn auch verz6gerte Hyperglyk~tmie bemerkbar, die sich mit einem partiellen Austri t t der Splanchnicusfasern oberhalb der DurchschneidungssteIle erklfiren diirfte. Bei Durchtrennniig des Brustmarkes in H6he yon I) X, wo be- reits der gr613te Tell der Splanchnicusbahnen das Riicken- mark verlassen hat, t r i t t alsdann die HyperglyMimie nach Pikrotoxinbehandlung wie beim Normaltier in die Erscheinung.

Der priiizipiell gleiche 13efund ergibt sieh bei der Aeonitin- und Veratrinvergiftung, die gleichfalls zu einer ausschlieg- lich zentral bedingten Hyperglyk~imie fiihren, deren aus-

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21. OKTOBER 1924 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

16sende Reize fiber die Splanchnicusbahnen der Peripherie zugetragen werden. Auch an der Acollitinvergiftung m6gen diese Beziehungen kurz demonstriert werden:

Tabelle II. Ablaut der Blutzuckerkurve nach Aconitinvergiftung beim normalen Kaninchen und beim Kaninchen nach Rfickenmarksdurchschnei-

dung. o,o mg Aconitin pro kg Kaninchen.

Zeit nach Normales Rtickenmarksdurchschneidung in HShe des Segmentes Beginn der Kaniachen Behandlung Cervicalis VI CervicalisVII I Thoracalis I I I Thoracatis X I I

o o,133 o,124 o,o99 o,139 o,138 I Stunde o,137 o,13 ~ o,o99 o,I52 o,17o 2 Stunden 0,276 o,127 o,o99 o,I36 o,242 3 Stunden 0,204 o,I24 0,095 o,129 o,212

Die beim normalen Kaninehen au/tretende Aeo.nitin-Hyper- glyk(imie bleibt ]constant ctus, wenn man die Ri~ekenmarksbahnen oberhalb des Splanchnicusabganges durchschneidet. Dem- entsprechend vermag die Brustmarkdurchschneidung in H6he yon Thoracalis XII die Aconitinhyperglyk~mie nicht mehr zu verhindern, da mit dem Abgange der Splanchnicusfasern oberhalb der Durchtrennung des Rfickenmarkes die zur Hyperglykgmie ftihrenden zentralen Impulse auf ihren v611ig erhaltenen sympathischen Bahnen den peripheren Erfolgs- organen zuflieBen. Fiir die sympathische Natur dieser Hyper-

R I F T . 3. J A H R G A N G . Nr. 43 1943

auch bet dieser, hart an der ~lberhitzungsgrenze liegenden AnBentemperatur bet der Pikrotoxin-, Aconitin- und Veratrin- vergiftung zustande kommt, dab also eine Steigerullg der WXrmeabgabe nicht die alleinige bzw. maBgebende Ursache ffir die Temperaturerniedrigung darstelien kann. Dies;r Tem- pe~atursturz der bulb~iren Kramp]gi]te bleibt nun aus, wenn man das Halsmark his herab zum 7. bis 8. Cerviealsegment durchschneidet u n d e r t r i t t wieder auf, wenn man das Riickell- mark in H6he des 2. Thorakalsegmentes uud tiefer unter-

b r i ch t . Die folgenden tabellarisch zusammengefaBten Ergeb- nisse bet der Pikrotoxinvergiftung mSgen die bier sich ergeben- den Beziehungen veranschauliehen (vgl. Tab. III) .

Der bet einer Dosis yon o,8 mg Pikrotoxin pro Kilogramm beim normalen Kallinchen auftretende Temperatursturz erreicht sein Maximum nach 2 Stunden und schwankt nach diesem Zeitintervall zwischen 1, 3 - 1 , 7 o. Durchschneidet man das Brustmark yore II. bis III . Thorakalsegment abw~irts, so tr i l l , wie die angefiihrten Beispiele demonstrieren, gleich- falls die Ktihlwirkung des Pikrotoxins, z. T. sogar noch aus- gepr~gter wie bet den Normaltieren in die Erscheinung. Durehschneidet man dagegen das Hal lmark his zum 7. und 8. Cervicalsegment, so unterbleibt der Temperaturab]alt, und die so operierten Tiere bewahren ihre Ausgangstemperatur wie zu Beginn des Versuches. Prinzipiell das gleiche gilt in ent-

Tabelle III. Ablaut der Temperaturkurve nach Pikrotoxinvergiffung beim normalen Kaninchen und beim Kaninehen nach Rfickenm~rks-

durchschneidung. AuBentemperatur im Thermostaten 2 7 - 28 ~ C. o,8 mg Pikrotoxin pro Kilogramm Kaninchen.

Zeit nach Beginn der Behandlung

o

1/~ Stunde I Stunde

11/2 Stunden 2 Stunden Temperatur- smrz nach

2 Std.

Norlnales Kaninchen

I

38,7

38,2 37,6 37,3 37,4

1,3 ~

Normales Kaninchen

II

39,7

39,0 38,6 j8,o

1,7 ~

Normales Kaninchen

ni

40,3 (Ieicht tiberhitzt)II

39,6 11 38,7 I] 38,4 ] 38, 6

1,7 ~

~.--8. Cervlcalis

38,5

38,7 38,8 38,8 38,9

Kein

Riickenmarksdurchschneidung in H6he des Segmentes

7.--8. 7.--8. Cervicalis Cervicalis

39,6 37,8

39,5 37, 6 39,4 37,5 39,6 37,6 39,5 t 37,9

Temperaturabfall

Thoracalis Thoracalis

39,7 39,4

39,5 38,8 38,5 38,4 38,o 37,7 i 37,9

2 ~ ] 1,5 ~

7* Thoracalis

38,o

36,9 35,9

35,4

2,60

io, Thoracalis

4o,3

39,3 39,1 38,7 38,8

1,5 ~

glyk~miell spricht wetter unsere Feststellung, daB sie durch das sympathicusl~hmende Ergotamin (Gynergen SAN'DOZ, Clavipurin GEHE) vSllig unterdri ickt werden k6nnen.

Zeigen diese Befunde, dab die Hyperglyk~mien der bul- b~ren K f i h l - u n d Krampfgifte genau so wie die Krampf- bilder bet diesen Vergiftnllgen als rein zentra/e Erregungs- vorg~nge in den sympathischen Zentren aufgefaBt wer- den miissen, so flieBt hieraus die weitere wichtige Frage nach dem Mechanismus der temperaturerniedrigen- den Eigenschaften der Kiihlgifte. Handelt es sich, wie H. H. MBY~R anzunehmen geneigt ist, hier um eine Er- regung eines selbst~indigen Kfihlzentrums, das abgesehen yon einer Steiger~ng der physikalischen W~trmeabgabe ins- besondere die w~irmebildenden Vorg~nge in den St~itten der chemischen W~rmeregulation in antagonistischer Weise be- einfluGt, so miissen Bahne~ zur Peripherie verlau/en, deren Zerst6rung zu einer Aufhebung des Temperatursturzes nach Injektion dieser Bulb~rgifte ffihren muG. Liegt dagegen dem Temperaturabfall bet diesen Giften llieht ein zentrater Reiz- vorgallg, sondern eine periphere L~hmung der w~rmebildellden Prozesse in den Erfolgsorganen zugrunde, so kollnte mit einer Unterdriickung der Unterkiihlung im Durchschneidungs- versuch llicht gerechnet werden.

Um die bet den einzelnen Ktihlgiften im einzelnen sehwan- kenden Einflfisse einer gesteigerten W~rmeabgabe als Faktor der Unterktihlung nach MSgliehkeit auszuschalten -- wit miissen im weiteren hier aui unsere ausftihrtiehe Mitteilung verweisen --, haben wir die iolgenden Versuche im Thermo- staten bet einer Umgebungstemperatnr zwischen 27--28 ~ (reguliert entsprechend der Erhaltung der Normaltemperatur der Versuchstiere) ablaufen lassen. Hierbei konnten wir zungchst am Normaltier zeigen, dab der Temperaturabfall

sprechender Weise fiir den Temperaturabfall nach Aeonitin- und Veratrinvergiffung. Hieraus lassen sich folgende Schluf3- folgerungen ziehen :

I. Die Ktihlwirkung der temperaturerniedrigenden Krampf- gifte beruht ebenso wie der zentrale Krampfmechanismus und die zentral ausgel6ste Hyperglyk~mie auf einem zentralen Erregungsvorgang, de rmi t der Unterbrechung des Halsmarkes in H6he des 7. und 8. Cervicalsegmentes nicht mehr zu den peripheren Erfolgsorganen fortgeleitet werden kann.

2. Da die Durchschneidung des Brustmarkes in H6he des 11I. Dorsalsegmentes den Temperaturabfall nach Pikrotoxin, Veratrin, Aconitin nicht aufzuhalten vermag, so folgt hieraus, dab die zum Ktihleffekt iiihrenden zentralen Impulse auf Riiekenmarksbahnen fortgeleitet werden, welche zwischen 7- und 8. Cerviealsegment und n . Dorsalsegment aus dem Rtickenmark austreten. Der Sehnitt durch das Riickenmark unterhalb des U. Dorsalsegmentes trifft mithin nicht mehr das Fasersystem, das die Verbindung zwischen dem zelltralen Reizvorgang und den hierdurch ausgel6sten, zur Unterktihlung ffihrenden peripheren Stoffwechselprozessen herstellt.

3. Mit diesen Befunden erh~lt die Anllahme H. H. MEY~RS yon der Selbst~ndigkeit eines Kiihlzentrums im Rahmen des warmeregulierenden Zentralapparates eine weitere Sttitze. Wie das w~rmeregulierende Zentrum trotz seiner doppelten Fullktion anatomiseh als Einheit im Zwischenhirn lokalisiert erscheint, so treten auch die K~hlbahnen aus dem unteren Hals- und oberen Brustmark allem Anscheine nach zusammen mit dell yon FREUND beschriebellen Bahnen aus, welche die zelltralen Impulse des W~irmezentrums ifir eine Steigerung der \u den peripheren Erfolgsorganen zukommen lassen. -- Die ausftihrliche Arbeit erscheint im Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol.