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1 Verein Erinnern Gailtal www.erinnern-gailtal.at Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg Fachbereichsarbeit Einleitung Wir schreiben das Jahr 2012. 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird in Österreich, vor allem aber in Kärnten, das Thema der Kärntner Partisanen immer noch problematisiert, ja sogar tabuisiert. Auf den Kärntner Partisanen lastet bei vielen das Stigma der Landesverräter. Dass die Partisanen aber einen wesentlichen Beitrag zur Befreiung Kärntens vom Nationalsozialismus beigetragen haben und dadurch die Forderung der Alliierten nach einem eigenen, österreichischen Beitrag im Widerstand gegen den Nationalsozialismus erfüllt haben, wird dabei oft außer Acht gelassen. In der Moskauer Deklaration steht: Österreich wird aber auch daran erinnert, daß es für die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und daß anläßlich der endgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wieviel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird.1 Die vorliegende Arbeit versteht sich daher als Beitrag zur Debatte über den Kärntner Partisanenkampf und soll dessen Vorgeschichte und Einfluss ausleuchten. Die regional- geschichtliche Analyse beschäftigt sich jedoch nicht nur mit dem Partisanenkampf in Kärnten, sondern soll auch Einblick in die Vorgeschichte der Kärntner Slowenen und des Österreichischen Widerstandes im Allgemeinen geben. Ferner zeige ich an Hand eines Fallbeispiels die Verbindungen einer Kärntner-Slowenischen Familie zu Partisanen und die damit verbundenen Risiken. Das oben beschriebene Fallbeispiel bezieht sich auf meine eigene Familie. Im Elternhaus meines Großvaters sind 1944 drei Partisanen versteckt worden. Sie wurden jedoch verraten und nur durch eine Reihe glücklicher Zufälle ist der Familie meines Großvaters und den drei Partisanen nichts zugestoßen. Darin begründet sich auch meine Themenwahl, mein Zugang zum Thema Partisanen und meine Motivation eine Arbeit darüber zu verfassen. Außerdem beschäftige ich mich intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus als Vorbereitung auf meinen Gedenkdienst in Yad Vashem in Israel (2011). Die Informationen für diese Arbeit habe ich hauptsächlich aus Literaturrecherche, Dokumentationen, Archivarbeit im Kärntner Landesarchiv und durch Interviews und schriftlichen Kontakt mit verschiedenen Kärntner Historikern und Spezialisten im Thema „Kärntner Partisanenkampf“ erhalten. Da sich aber vor allem über den Gailtaler Widerstand nur sehr wenig Information finden lässt, liegt der Themenschwerpunkt in Unterkärnten und bei den zwei großen Fronten im Kärntner Partisanenkampf. 1 Verosta, Stephan: Die internationale Stellung Österreichs. Eine Sammlung von Erklärungen und Verträgen aus den Jahren 1938 bis 1947, Manz, Wien, 1947, S. 52f

Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg ......1 Verein Erinnern Gailtal Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg Fachbereichsarbeit Einleitung Wir schreiben

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1

Verein Erinnern Gailtal

www.erinnern-gailtal.at

Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg

Fachbereichsarbeit

Einleitung

Wir schreiben das Jahr 2012. 67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird in Österreich,

vor allem aber in Kärnten, das Thema der Kärntner Partisanen immer noch problematisiert, ja

sogar tabuisiert. Auf den Kärntner Partisanen lastet bei vielen das Stigma der Landesverräter.

Dass die Partisanen aber einen wesentlichen Beitrag zur Befreiung Kärntens vom

Nationalsozialismus beigetragen haben und dadurch die Forderung der Alliierten nach einem

eigenen, österreichischen Beitrag im Widerstand gegen den Nationalsozialismus erfüllt haben,

wird dabei oft außer Acht gelassen. In der Moskauer Deklaration steht: „Österreich wird aber

auch daran erinnert, daß es für die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands

eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und daß anläßlich der endgültigen

Abrechnung Bedachtnahme darauf, wieviel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben

wird, unvermeidlich sein wird.“1

Die vorliegende Arbeit versteht sich daher als Beitrag zur Debatte über den Kärntner

Partisanenkampf und soll dessen Vorgeschichte und Einfluss ausleuchten. Die regional-

geschichtliche Analyse beschäftigt sich jedoch nicht nur mit dem Partisanenkampf in Kärnten,

sondern soll auch Einblick in die Vorgeschichte der Kärntner Slowenen und des

Österreichischen Widerstandes im Allgemeinen geben. Ferner zeige ich an Hand eines

Fallbeispiels die Verbindungen einer Kärntner-Slowenischen Familie zu Partisanen und die

damit verbundenen Risiken.

Das oben beschriebene Fallbeispiel bezieht sich auf meine eigene Familie. Im Elternhaus

meines Großvaters sind 1944 drei Partisanen versteckt worden. Sie wurden jedoch verraten

und nur durch eine Reihe glücklicher Zufälle ist der Familie meines Großvaters und den drei

Partisanen nichts zugestoßen. Darin begründet sich auch meine Themenwahl, mein Zugang

zum Thema Partisanen und meine Motivation eine Arbeit darüber zu verfassen. Außerdem

beschäftige ich mich intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus als Vorbereitung auf

meinen Gedenkdienst in Yad Vashem in Israel (2011).

Die Informationen für diese Arbeit habe ich hauptsächlich aus Literaturrecherche,

Dokumentationen, Archivarbeit im Kärntner Landesarchiv und durch Interviews und

schriftlichen Kontakt mit verschiedenen Kärntner Historikern und Spezialisten im Thema

„Kärntner Partisanenkampf“ erhalten.

Da sich aber vor allem über den Gailtaler Widerstand nur sehr wenig Information finden

lässt, liegt der Themenschwerpunkt in Unterkärnten und bei den zwei großen Fronten im

Kärntner Partisanenkampf.

1 Verosta, Stephan: Die internationale Stellung Österreichs. Eine Sammlung von Erklärungen und Verträgen aus

den Jahren 1938 bis 1947, Manz, Wien, 1947, S. 52f

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Kurze Geschichte der Kärntner Slowenen

Die Geschichte der Kärntner Slowenen geht weiter zurück, als die Bezeichnung „Kärnten“

selbst. Bereits zum Ende der Völkerwanderung, Ende des 6. Jahrhunderts, siedelten sich im

Raum des heutigen Kärntens Slawen an. Es entstand in Folge dessen das slawische

Fürstentum Karantanien, mit dem politischen Zentrum am Zollfeld bei Maria Saal. Im Laufe

der Zeit gewannen deutsche Herrscher immer mehr Einfluss auf Karantanien, bis es

schließlich von Karl dem Großen in das Frankenreich integriert wurde. Ab diesem Zeitpunkt

ließen sich immer mehr deutsche Adelsgeschlechter im heutigen Kärnten nieder. Die

Bevölkerung blieb jedoch slawisch, bis eine Siedlungswelle von Bayern einsetzte. Diese

begannen, nicht genutzte und teils abgelegene Teile Kärntens nach und nach zu besiedeln. Es

setzte zwar keine Vertreibung der Slawen ein, jedoch begann die Assimilierung der Slawen

durch die Deutschen, welches noch weitreichende Folgen haben sollte.

„Der eigentliche Prozess der Unterdrückung der slowenischen Sprache in Kärnten begann mit

dem Jahr der bürgerlichen Revolution 1848“2, als Österreich sich zunehmend mit dem

Deutschtum identifizierte. Da die Slawische Bevölkerung Kärntens zum Großteil aus dem

bäuerlichen Stand war, fielen der Beamten-Apparat, die Wirtschaft, die Schule und

bürgerliche Institutionen zu einem Großteil in deutsche Oberhand und die Assimilierung

schritt unaufhaltsam voran.3 So trat zum Beispiel auf Grund „des sogenannten utaquistischen

Schulwesens das Slowenische immer mehr in den Hintergrund“4

Ein weiteres einschneidendes Ereignis für die Kärntner Slowenen war ohne Zweifel die

Volksabstimmung 1920. Die deutsche Assimilierungspolitik hatte zur Folge, dass die Zahl der

Kärntner Slowenen von 1880 bis zur Volksabstimmung 1920 von 100.000 auf rund 50.000

gesunken war.5 Viele Kärntner Slowenen erhofften sich bestimmt Gleichberechtigung mit den

„deutsch-Österreichern“ und wählten bei der Volksabstimmung 1920 daher auch für den

Verbleib bei Österreich.

Obwohl die meisten Slowenen in der Abstimmungszone A für den Verbleib bei Österreich

gestimmt haben und die Abstimmung in der Zone B somit überflüssig war, setzte nach dem

Referendum trotzdem eine unaufhaltsame Assimilierung der Kärntner Slowenen ein. Die

Repressionen gegen die Kärntner Slowenen wurden immer schlimmer. Berufsverbote für sich

zu Slowenien bekennende Kärntner wurden ausgesprochen, Slowenisch als Amtssprache

verboten und eine Spaltung zwischen deutschnahen und projugoslawischen Kärntner

Slowenen erreicht.

Mit dem Ständestaat 1933 verschlechterte sich die Lage der Kärntner Slowenen noch einmal

drastisch. Die Übergriffe Deutsch-Nationaler auf Kärntner Slowenen nahmen zu. Zeitgleich

begannen Sympathisanten der Sozialisten und der Kommunistischen Partei sich politisch zu

engagieren. Sie begannen mit der Verbreitung antifaschistischer Flugblätter. In Eisenkappel

wurden im Sommer 1934 zum Beispiel Flugschriften mit der Aufschrift „Delovni kmetje,

zružite se“ („Werktätige Bauern, vereinigt euch“) und „Vojna grozi“ („Krieg droht“) verteilt,

2 Verband ausgesiedelter Slowenen (Hrsg.): Der Unterdrückungsprozess der slowenischen Sprache in Kärnten,

Online im WWW unter URL: http://www.slo.at/izseljenci/unterdrueckung.htm (Stand: 23.09.12) 3 Vgl. Verband ausgesiedelter Slowenen (Hrsg.): Vertreibung und Widerstand, 1. Auflage, Klagenfurt, 1982, S.

12 4 Ebd. S. 14

5 Ebd.

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3

um die slowenischsprachige Bevölkerung dazu zu bewegen, gemeinsam gegen den

Faschismus vor zu gehen.6

Die Lage in Kärnten spitzte sich jedoch immer weiter zu. Die Nationalsozialisten gewannen

aus dem Untergrund heraus in Kärnten immer mehr Macht, wodurch sie die

Auseinandersetzungen zwischen Deutsch-Nationalen und Kärntner Slowenen noch mehr

verschlimmerten. Viele Kärntner Slowenen aber auch Steirische Slowenen wurden dadurch

politisch immer weiter Richtung Jugoslawien gezogen, da sie in Österreich auf keine

politische Unterstützung hoffen konnten.

Der österreichische Widerstand allgemein

Der Österreichische Widerstand entstand nicht erst 1938 nach dem Anschluss Österreichs an

Hitler-Deutschland, sondern entwickelte seine Wurzeln schon während des Austrofaschismus.

Vorwiegend waren es linke Gruppierungen die Widerstand leisteten, wie zum Beispiel

Sozialisten und Kommunisten. Das markanteste Ereignis des Widerstandes war bestimmt der

Bürgerkrieg. 1934 kam es zu den Februarkämpfen (12.-14.02.1934), die über 500 Tote und

Verletzte auf der Seite der Sozialdemokraten forderten.7 Die Kämpfe begannen in Linz,

breiteten sich jedoch rasch auf weite Teile des Landes aus, vor allem in die Industriezentren

von Oberösterreich, Wien und der Steiermark. Obwohl danach so gut wie alle sozialistischen

Gruppen durch die Faschisten unter Dollfuß zerschlagen wurden und der Großteil der

Funktionäre ins Exil musste, konnte der Widerstand nicht vollständig ausgelöscht werden.

Viele von den in die Tschechoslowakei geflüchteten Exilfunktionären, nahmen sogleich

wieder Kontakt mit den Österreichischen Sozialisten auf. Nach Kriegsbeginn 1939 riss dieser

Kontakt jedoch ab und der sozialistische Widerstand zerfiel in einige kleine, von einander

isolierte Gruppen. Von den weiter existierenden Gruppen war die der Revolutionären

Sozialisten wohl die bedeutendste.8 Diese Widerstandsgruppen beschränkten sich jedoch auf

politische Tätigkeit wie Propaganda und waren dadurch wenig effizient.

Nach Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland begann sich auch der religiöse Widerstand

zu bilden. Darunter die Katholische-, und Evangelische Kirche aber auch die Zeugen Jehovas,

die auf Grund ihrer konsequenten Ablehnung des Kriegsdienstes und der Rüstungsindustrie

von den Nationalsozialisten brutal verfolgt worden sind. Gegen Ende des Krieges bildeten

sich auch noch Überparteiliche Gruppen, wie zum Beispiel die Gruppe „O5“, die vom

bürgerlich-konservativen Lager getragen wurde.

Die größte Widerstandsgruppe in Österreich war jedoch die der Kommunisten. Aber gleich

wie die Sozialisten betrieben auch sie hauptsächlich Politarbeit. Erst 1942 bildeten sich erste

bewaffnete Widerstandsgruppen in Südkärnten, während „von den bewaffneten

Widerstandsgruppen außerhalb Kärntens […] nur die Partisanen-Gruppe Leoben-Donawitz

militärisch in Erscheinung [trat]“.9 Die Partisanenbewegung in Kärntner dehnte sich immer

weiter aus, was unter anderem dazu führte, dass Heinrich Himmler Teile Kärntens zum sg.

„Bandengebiet“ erklärte.

6 Vgl. Prušnik-Gasper, Karel: Gemsen auf der Lawine. Der Kärntner Partisanen Kampf, 2. Auflage, Klagenfurt,

Drava Verlag, 1974, S.25 7 Vgl. Österreich Lexikon von aeiou: Februarkämpfe 1934, Online im WWW unter URL:

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.f/f132496.htm (Stand: 23.09.12) 8 Vgl. Neugebauer Wolfgang: Widerstand in Österreich - Ein Überblick, Online im WWW unter URL:

http://www.doew.at/thema/widerstand/tagung_wn.html#arb (Stand: 23.09.12) 9 Ebd.

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Der Partisanenkampf in Kärnten

Begriffserklärung: Partisan.

Ein Partisan (italienisch partigiano: „Parteigänger“) ist ein bewaffneter Kämpfer, der nicht zu

den regulären Streitkräften einer Armee gehört. Für den Gegner ist er nicht als Kämpfer

erkennbar, weil er keine Uniform oder sonstige Abzeichen trägt. Partisanenkampf ist fast

immer ein Verteidigungskrieg gegen Eroberer, Besatzer oder Kolonialisten. Auch in

Bürgerkriegen oder anderen innerstaatlichen Konflikten treten Partisanen auf. Aus

militärischer Sicht werden die Begriffe Partisan und Guerillero oft synonym verwendet. Die

Widerstandskämpfer in den von den Achsenmächten im Zweiten Weltkrieg besetzten

europäischen Ländern werden gewöhnlich als Partisanen, die Befreiungskämpfer

antikolonialer Bewegungen in der Regel als Guerilleros bezeichnet.10

Die Anfänge: Grüne Kader und OF-Ausschüsse

Nach dem sich 1938 Österreich an Hitler-Deutschland anschloss, verschlechterte sich die

Lage der Kärntner Slowenen stetig. Bereits im März 1938 und in Folge dessen nach der

Volksabstimmung am 10.April begann in Kärnten die scharfe Germanisierungspolitik der

Nationalsozialisten. Zu den ersten Opfern der Nazis zählten die Intellektuellen. So wurden

etliche Pfarrer und slowenische Lehrer inhaftiert, entlassen oder in einen anderen Teil

Österreichs versetzt. Die slowenische Sprache verschwand an den Kärntner Schulen fast

gänzlich.11

1939, zu Beginn des Krieges, ordnete Hitler die Generalmobilmachung an und die ersten

Männer wurden zur Wehrmacht eingezogen. Schon zu diesem Zeitpunkt flüchteten viele

Kärntner Slowenen über die Berge nach Jugoslawien oder versteckten sich in den

umliegenden Wäldern. Jene Kärntner Slowenen, die sich in den Wäldern aufhielten wurden

als „Grüne Kader“ bezeichnet. Die „Grünen Kader“, die sich in den Wäldern vorwiegend bei

Ebriach und in der Umgebung von Zell Pfarre aufhielten, warteten zu Beginn des Krieges erst

mal ab wie sich die Lage entwickeln werde. In diesen „Grünen Kadern“ breitete sich jedoch

bald der Wille für einen organisierten Widerstand aus und sie begannen mit den slowenischen

Partisanen der Osvobodilna Fronta (OF), die 1941 als slowenische Befreiungsfront gegründet

wurde, Kontakt aufzunehmen.12

Die Haupttätigkeit der „Grünen Kader“ bestand in erster

Linie darin, politische Arbeit für die Partisanenbewegung zu leisten und deren Gedanken

unter der slowenischen Bevölkerung zu stärken. Diese politische Tätigkeit war vordergründig

für die Vorbereitung des militärischen Kampfes gedacht.13

In Unterkärnten wurden von den

„Grünen Kadern“ auf Befehl von den Politaktivisten der Befreiungsfront, Ortsausschüsse

gegründet um in der slowenischen Bevölkerung den Widerstandsgeist immer mehr zu

schüren.

Einer der Hauptinitiatoren dieser Ausschüsse im Osten Kärntens war der Ebriacher Ivan

Zupanc-Johan. Er desertierte 1939 aus der Wehrmacht, flüchtete nach Slowenien und schloss

sich bereits im Juni 1941 den Partisanen an. Im April 1942 kehrte er als voll ausgebildeter

10

Vgl. Schickel Joachim: Guerilleros, Partisanen. Hanser 1970 in: Wikipedia. Online im WWW unter URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Partisan (Stand: 23.09.2012) 11

Vgl. DÖW: Vom „Anschluss“ bis zur „Aussiedlung“, Online im WWW unter URL: http://de.doew.braintrust.at/b111.html (Stand: 23.09.2012) 12

Vgl. Prušnik, Gemsen, S.49 13

Vgl. Rausch, Josef: Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg, Militärhistorische Schriftenreihe, Heft 39/40, 1.Auflage, Wien, Heeresgeschichtliches Museum, 1979, S.27

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Partisan nach Kärnten zurück. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich die OF in

Unterkärnten so schnell ausbreitete. Der so genannte „Ostkärntner Verband“ umfasste noch

im selben Jahr bereits mehr als 200 Personen.

Diese Ortsausschüsse waren alle in der Gegend von Zell bis Eisenkappel. Jedoch erlitt die OF

in Kärnten im November 1942 bereits einen großen Rückschlag. Ein Ausschuss wurde von

einem eingeschleusten Spitzel der Gestapo aufgedeckt. Es wurden rund 200 Personen

verhaftet, 36 davon der Prozess gemacht und dreizehn wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“

zum Tode verurteilt und am 29. April 1943 hingerichtet.14

Trotzdem breitete sich die OF in

Südkärnten stetig aus.

Im Westen Kärntens war Matija Verdnik-Tomaž eine der zentralen Persönlichkeiten der

Partisanenbewegung. Er wurde in Feistritz/Rosental geboren und desertierte bereits 1939 aus

der Wehrmacht und schloss sich später den slowenischen Partisanen an. Wie viele andere

Kärntner Slowenen die nach Jugoslawien flüchteten, kam auch er als Partisan wieder nach

Kärnten zurück. Er begann 1943 als Politkommissar mit der Gründung der ersten Ausschüsse

in Westkärnten. Er gründete im Rosental und im Sattnitz-Gebiet rund 20 Ausschüsse der OF.

Der Beginn des bewaffneten Widerstandes

Aus den „Grünen Kadern“ bilden sich später die bewaffneten PartisanenGruppen in Kärnten.

Doch bis 1942 waren es noch slowenische Partisanenpatrouillen, die ihr Operationsgebiet auf

den Süden von Kärnten ausgeweitet haben. Es gab jedoch noch keine nennenswerten

militärischen Aktionen. Unter diesen Partisanen sind auch einige Kärntner Slowenen, die nach

dem Anschluss nach Jugoslawien geflüchtet sind.

Die ersten slowenischen Partisanen kommen im Herbst 1941 nach Kärnten und nehmen

Kontakt mit den „Grünen Kadern“ auf. Die Arbeit der Partisanen wurde von den „Grünen

Kadern“ zwar befürwortet und teilweiße wurde auch zu ihnen aufgeschaut, jedoch wollten

viele Kärntner Slowenen nicht zu den Partisanen gehen, sie blieben lieber bei den „Grünen

Kadern“. Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Kärntner Kader nicht bereit für einen

Guerillakrieg.

In Oberkrain hingegen war die Partisanenbewegung schon sehr präsent. Es gab bereits im

Spätherbst 1941 mehrere Partisanenbatallions in Oberkrain. Die bekannteste war sicherlich

das Cankar-Batallion, welche als Elitegruppe bezeichnet werden kann. Prušnik schrieb in

seinem Buch: „[…] Im Juni und Juli 1942 kamen neue Patrouillen des Cankar-Bataillons nach

Kärnten.“15

Erst als im April 1942 die deutsche Germanisierungspolitik einen neuen

Höhepunkt erreichte, wurde der Wille zum bewaffneten Widerstand bei vielen Kärntner

Slowenen entfacht. „Am 14. April 1942 wurden fast 1100 Kärntner Slowenen in einer

überfallsartigen Aktion von ihren Höfen vertrieben um erst in Klagenfurt, dann in Lagern in

Deutschland interniert zu werden.“16

Diese Aussiedlungswelle war die größte in Kärnten

während der NS-Zeit, sie war jedoch nicht als solche geplant. So heißt es auf der Homepage

des „Verbandes ausgesiedelter Slowenen“: „Geplant war die Deportation von 20.000 -

50.000 Slowenen, doch diese Planung konnte nicht verwirklicht werden, da die

14

Vgl. Rausch, Der Partisanenkampf, S.13 15

Prušnik, Gemsen, S.53 16

Roth, Gerhard. Die Kärntner Partisanen. Im Brennpunkt. ORF-Dokumentation. 19.04.2002

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deutschsprachigen Kärntner Angst vor fremder Ansiedlung hatten. So wurden ‚nur die

ärgsten‘ Slowenen deportiert.“17

Die Aussiedlung hatte vor allem bei der Partisanenbewegung weitreichende Folgen: Da von

vielen Personen in den „Grünen Kadern“ oder den OFAusschüssen Familienmitglieder

deportiert wurden, wurde die Bereitschaft der Kärntner Slowenen von der Waffe Gebrauch zu

machen immer größer.

Im November 1942 formierte sich schließlich die erste elfköpfige Kärntner Partisaneneinheit

auf der „Koschuta“ oberhalb von Zell Pfarre.18

Die Einheit bestand hauptsächlich aus

desertierten Kärntner Slowenen, die als Aktivisten der Osvobodilna Fronta zurück nach

Kärnten kamen. Der Leiter der Einheit wurde Pavel Žaucer-Matjaž. Er wurde vom

slowenischen Hauptstab der Partisanenbewegung geschickt um diese Einheit anzuführen. Der

erste Kärntner der sich dieser Einheit anschloss, war der in Leppen bei Eisenkappel geborene

Karel Prušnik-Gasper. Er war bereits in den 1930er Jahren politisch tätig, engagierte sich in

der Arbeiterbewegung und war später eng im Kontakt mit den „Grünen Kadern“ in der

Gegend um Eisenkappel. Auch für ihn war der entscheidende Punkt den Partisanen

beizutreten, die Aussiedlungen im April 1942 als auch seine Familie deportiert wurde.

Da die Partisanen anfangs noch schlecht ausgerüstet waren, beschränkte sich ihre Arbeit auf

Politarbeit. Da diese erste Einheit so klein war, wurde sie der Operationszone Štajerska

(Untersteiermark) zugeteilt und wurde von Dušan Kveder-Tomaž befehligt.

Die Partisanen blieben nicht lange auf der Koschuta und verlegten ihren Stützpunkt auf die

Petzen, einen weiter östlich liegenden Berg. Dort bauten die Partisanen in ihren Lagern

Erdbunker, die meisten schliefen jedoch trotzdem unter freiem Himmel, da in diesen

provisorischen „Erdlöchern“ kein Platz für alle Partisanen vorhanden war.

In diesen Lagern wurde viel darüber diskutiert, wie man die Kärntner Bevölkerung noch

besser von der Idee der Osvobodilna Fronta überzeugen kann. Vor allem die Kärntner

Partisanen, die schon zuvor bei der OF waren und im Kampf ausgebildet waren wussten, dass

man die Bevölkerung mit bloßer Waffenpräsenz eher einschüchterte als sie davon zu

überzeugen den Partisanen beizutreten oder sie zu unterstützen. Deshalb wurde sehr viel über

Politik, vor allem über die Politik der OF gesprochen, um die Kärntner Bevölkerung besser

aufklären zu können. Der Kärntner Pavel Žaucer-Matjaž betrieb im Tal von Eisenkappel bis

Koprein-Petzen intensive Aufklärungsarbeit über die Arbeit und die Politik der OF. So

schreibt Prušnik in seinem Buch: „Es gab kein Haus, in dem seine Patrouille nicht eingekehrt

und beharrlich die Politik der Osvobodilna Fronta erläutert hätte.“19

Der erste bewaffnete,

Kärntner Widerstand war geboren.

Grundsätzlich kann man die Partisanen in Kärnten in drei Hauptgruppen aufteilen: Die

Ostkärntner-, Westkärntner- und die Schüttpartisanen.

Die größte Gruppe davon war die der Ostkärntner Partisanen. Sie entstand als erste im

November 1942. Ihr Einflussbereich lag in der Umgebung von Eisenkappel. Man bezeichnet

das Gebiet in denen die Ostkärntner Partisanen operierten die „Ostkärntner Front“.

17

Verband ausgesiedelter Slowenen (Hrsg.): Überfall auf Jugoslawien, Online im WWW unter URL: http://www.slo.at/izseljenci/jugoslawien.htm (Stand: 23.09.2012) 18

Vgl. Roth, Gerhard. Die Kärntner Partisanen. Im Brennpunkt. ORF-Dokumentation. 19.04.2002 19

Prušnik, Gemsen, S. 89

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Die Anfang 1943 entstandene Westkärntner Gruppe operierte im Rosental und wird daher als

„Westkärntner Front“ bezeichnet. Sie hatte nicht ganz so viele Mitglieder wie die Ostkärntner

Partisanen-Gruppe, darum wird sie in meiner Arbeit auch nach den Ostkärntner Partisanen

erwähnt.

Die „kleinste“ dieser drei Hauptgruppen war die der „Schüttpartisanen“. Sie entstand am

Spätesten, im Sommer 1944. Ihr Einflussbereich erstreckte sich über das Untere Gailtal rund

um Arnoldstein. Durch den Wintereinbruch war sie gezwungen ihren Stützpunkt ins Tal zu

verlegen, nämlich in die Schütt. Deshalb werden sie als „Schüttpartisanen“ bezeichnet.20

Die Ostkärntner Front

Die Ostkärntner Front entstand aus der ersten elfköpfigen Partisaneneinheit auf der Koschuta.

Die Partisanen dieser ersten Kärntner Einheit waren am Anfang schlecht ausgerüstet und noch

nicht in der Lage einen offenen, bewaffneten Kampf gegen das NS-Regime zu führen. Das

war der Punkt, warum die Partisanen anfangs lediglich Politarbeit geleistet haben. Einerseits,

da sie die Möglichkeiten für einen Kampf noch nicht hatten, und andererseits um die

Bevölkerung auf den bewaffneten Widerstand vorzubereiten, damit die Partisanen später nicht

als unerwünschte Gäste angesehen wurden. Ein großes Problem stellte die Waffenbeschaffung

dar. Bei den ersten bewaffneten Aktionen, in denen die Kärntner Partisanen involviert waren,

wurden mit den gut ausgerüsteten und erfahrenen slowenischen Partisanen

Gendarmerieposten und Waffenlager überfallen. Einen solchen Überfall beschreibt Prušnik in

seinem Buch, als die Partisanen den Polizeiposten in der Solčava, in Slowenien an der

Grenze zu Kärnten, überfielen um neue Waffen und vor allem Munition zu erbeuten.21

Die

restliche Zeit waren die Kärntner Partisanen mit Politarbeit beschäftigt.

Da die Kärntner Einheit immer besser organisiert wurde, aber ihren Einflussbereich trotzdem

nur auf die Ortschaften in der Umgebung von Eisenkappel einschränkten, befahl Dušan

Kveder-Tomaž in einen Brief im Februar 1943 an Žaucer-Matjaž : „[…] Wir verpflichten

dich, unverzüglich alles Nötige zu veranlassen, dein Wirkungsfeld über Eisenkappel hinaus

Richtung Drau auszudehnen.“22

Damit war immer noch die Politarbeit gemeint. Die Kärntner

Einheit nahm den Brief sehr ernst und eine kleine Gruppe der Partisanen brach gleich darauf,

am 15. Februar 1943, von der Petzen Richtung Tal auf. Da sie aber nach wenigen Tagen von

starkem Schneefall überrascht wurden, mussten sie wieder umkehren. Das Problem am

Neuschnee ist nämlich, dass er die Tarnung der Partisanen auffliegen lassen kann. Sollte die

SS verdächtige Spuren im Schnee entdecken, hätte sie sofort die Verfolgung aufgenommen.

Nachdem es einige Tage aufgehört hatte zu schneien, brach eine neue Patrouille Richtung

Eisenkappel auf um ihre Politarbeit weiter zu verbreiten.

Während sich die Aufmerksamkeit der Polizei in Kärnten immer mehr auf die Partisanen

richtete, wurde auch ihr Ansehen bei den slowenischen Bauern immer größer, was sich in der

Unterstützung durch Waffen und Nahrungsmittel widerspiegelte. Außerdem wurden immer

mehr OF-Ausschüsse gegründet und immer mehr Kärntner traten den Partisanen bei.

20

Vgl. Bolkovac, Martin: Die Slowenischen Partisanen in Kärnten, Online im WWW unter URL: http://home.pages.at/lobotnic/oekoli/content_texte_slowenpartisan_inkaernten.html (Stand: 23.09.2012) 21

Prušnik, Gemsen, S.84f. 22

Ebd. S.95

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„Aufgrund des großen Zulaufs wurde am 28. März 1943 das 1. Kärntner Bataillon gebildet,

Kommandant wurde France Pasterk -Lenart aus Lobnigg [sic!], der am 4. April 1943 fiel.“23

Am 3. April startete das Bataillon einen Angriff auf einen Kinosaal in Mežica. Im Kinosaal

wurden von den Partisanen zwei SS-Leute und zwei Sturmführer zum Tode verurteilt und die

restlichen Soldaten entwaffnet. In dem Ort wurde außerdem noch ein Munitionslager

gefunden und ausgeräumt. Bei der anschließenden Schießerei auf der Straße wurde der

Kommandant des Bataillons, France Pasterk, lebensgefährlich verletzt und erlag seiner

Verletzung. Die Partisanen mussten den Rückzug antreten und die Angriffe der SS in den

Bergen noch einige Tage abwehren.24

Am 12. Mai fand „die erste Konferenz der politischen Aktivisten der OF im Bereich des

Gebietskomitees der KPS [Kommunistische Partei Slowenien] für Kärnten“25

statt. Sie wurde

die „Fichtenwaldkonferenz“ genannt um den Ort des Treffens geheim zu halten. Auf der

Konferenz unter der Bela peč über Bistra, trafen sich die wichtigsten Vertreter des Kärntner

Partisanenkampfes sowie einige Vertreter der Slowenischen Partisanen, die den Kontakt mit

den Kärntnern aufrecht hielten. Bei der Konferenz wurde diskutiert wie man den

Einflussbereich der OF und der Partisanen in Kärnten vergrößern kann. Prušnik schreibt in

seinem Buch: „Die Konferenz solle der Stärkung unserer künftigen poltischen und

organisatorischen Arbeit dienen.“

Im Sommer wurden immer mehr Partisanen mobilisiert, fast täglich kamen neue Arbeiter oder

Wehrmachtsdeserteure zu den Partisanen. Doch auch die Polizei verschärfte ihre Präsenz

stark, nachdem die Zahl der Übergriffe von Partisanen sehr stark zunahm, was die Arbeit der

Partisanen zwar erschwerte, aber nicht verhinderte.

„Im Herbst 1943 zählte das Kärntner Bataillon etwa hundertzwanzig Kämpfer und verfügte

am 7. November bereits über fünf Maschinengewehre, fünf Maschinenpistolen und zahlreiche

Gewehre, die zu einem großen Teil dem Gegner abgenommen wurden.“26

Obwohl das Bataillon nach Abzug einiger Partisanen an slowenische Partisanenverbände

Ende November etwas an Stärke verlor, wurden sie bereits am 22. Dezember wieder aktiv.

Am Hochobir wurden fünf deutsche Soldaten überfallen, entwaffnet und entkleidet. Im Jänner

verteidigte die Polizei zwar den Gendarmerieposten in Globasnitz, doch wurde von den

Partisanen der Gemeindesekretär getötet und drei Gewehre erbeutet. Außerdem räumten sie

ein Geschäft aus.

Im Laufe des Jänners wurde von den Kärntner Partisanen noch bei Eisenkappel ein zu einem

Polizei- und Gestapo-Quartier umfunktioniertes Zollhaus niedergebrannt, der

Gendarmerieposten in Ebriach eingenommen, etliche Waffen erbeutet, zwei Gendarmen

getötet, mehrere verletzt und verschleppt.

Die Führung der Operationszone Štajerska meldete dem slowenischen Hauptstab, der höchste

Aufmerksamkeit auf die Kärntner Partisanen warf, am 29. März 1944, dass die Ostkärntner

23

DÖW: Kärntner PartisanInnen, Online im WWW unter URL: http://de.doew.braintrust.at/b169.html (Stand: 23.09.2012) 24

Vgl. Prušnik, Gemsen, S. 114 f 25

Prušnik, Gemsen, S.124 26

Vgl. Rausch, Der Partisanenkampf, S.36

Page 9: Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg ......1 Verein Erinnern Gailtal Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg Fachbereichsarbeit Einleitung Wir schreiben

9

Partisanen bereits 173 Kämpfer zählen. Einige seien jedoch noch unbewaffnet, weswegen der

Hauptstab den Ostkärntner Partisanen doch noch 20 Gewehre zuteilen solle.27

Die Widerstandbewegung in Kärnten wurde immer größer und die Polizei hatte so gut wie

keine Kontrolle mehr darüber. Einerseits weil die Partisanen einfach immer zahlreicher

wurden, und andererseits weil die Polizei auch nicht die nötige Unterstützung bekam. Im

Sommer 1944 hatte Heinrich Himmler Teile von Kärnten zum „Bandenkampfgebiet“ erklären

lassen.28

diesem Zeitpunkt durfte dieses Gebiet, genauso wie Slowenien, nur mehr mit einer

Sondergenehmigung betreten werden. Die Polizei ging außerdem mit äußerst brutalen

Methoden gegen die Partisanen und deren angebliche und tatsächliche Unterstützer vor. Doch

auch das konnte die Ausbreitung der Partisanenbewegung nicht eindämmen. Mitte April

wurde Karel Prušnik-Gašper vom Vollzugsausschuss der Partisanen zum Sekretär des

Gebietsausschusses ernannt. Am 24. April kam vom Slowenischen Generalstab die

Anweisung die beiden West- und Ostkärntner Verbände zu der „Kärntner Verbändegruppe“

zusammen zuschließen. Die beiden Verbände blieben jedoch trotzdem eigenständig.29

Daraus

entstand dann auch im Oktober 1944 auch das „Österreichische Bataillon“.

Die Westkärntner Front

Anfang 1943 bildete sich schließlich auch im Rosental eine eigene Partisaneneinheit. Die

Gründung dieser Einheit ist auf Matija Verdnik-Tomaž zurück zu führen, der ab Sommer

1942 im Rosental begann OF-Ausschüsse zu gründen. Durch seine Arbeit formierten sich aus

den rund 20 OF-Ausschüssen zwei Gruppen der Partisaneneinheit. Die eine operierte in

Richtung Villach, die andere in Richtung Klagenfurt, um effizienter die Politik der OF zu

verbreiten. Da auch diese Einheit anfangs nur schlecht ausgerüstet war, betrieb sie bis April

1943 hauptsächlich politische Aufklärung und Ermunterung zur Partisanenbewegung. Im

April 1943 entstand schließlich der „Kärntner Zug“ aus knapp über einem Dutzend gut

bewaffneter Partisanen.30

Gleich wie die Ostkärntner Partisanen in der Gegend um Eisenkappel waren auch die

Westkärntner Partisanen im Rosental der Operationszone Štajerska unterstellt. Wobei man

sagen muss, dass die Westkärntner Partisanen bis Ende 1943 keine Verbindung mit den

Ostkärntner Partisanen hatten.

Bereits in der Nacht von 17. auf 18. Mai 1943 wurde der erste großangelegte Angriff in

Kärnten durchgeführt an dem auch die Westkärntner Partisanen beteiligt waren. In dieser

Nacht machten sich 60 bis 70 Partisanen aus Kärnten und aus Slowenien durch das Bärental

auf den Weg Richtung Feistritz im Rosental. Sie brannten das Sägewerk Götz ab und

beschädigten das Elektrizitätswerk. Dieses Elektrizitätswerk stellte für die Flugzeugindustrie

Akkumulatoren her. Es war nach dem Angriff für ein paar Tage außer Betrieb und konnte

danach die Arbeit nur mehr mit 40% der Leistung fortsetzen. Außerdem bewirkte die

Beschädigung des Elektrizitätswerkes, dass in Windisch-Bleiberg der Bergbau für vier

Monate eingestellt werden musste. Das Werk konnte die Leistung von 40% zwar auf 60%

steigern, wurde jedoch mit 01.01.1944 stillgelegt.

27

Vgl. ebd. S.36f 28

Vgl. Bolkovac, Martin: Die Slowenischen Partisanen in Kärnten, Online im WWW unter URL: http://home.pages.at/lobotnic/oekoli/content_texte_slowenpartisan_inkaernten.html (Stand: 23.09.2012) 29

Vgl. Rausch, Der Partisanenkampf, S. 42 30

Vgl. Rausch, Der Partisanenkampf, S.27

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10

Die Partisanen befreiten in derselben Nacht noch ein Kriegsgefangenenlager, obwohl sich die

französischen Häftlinge weigerten, sich den Partisanen anzuschließen, befreiten sie doch 41

sowjetische Fremdarbeiter, die sich alle den Partisanen anschlossen.

Am 18. April wurde am Hochstuhl noch die zu einem Gendarmariestützpunkt

umfunktionierte „Klagenfurter Hütte“ niedergebrannt. Die Slowenischen Partisanen kehrten

anschließend wieder nach Slowenien zurück, wobei sie auf dem Weg an der Kärntner-

Slowenischen Grenze noch einen Jagdhüter erschossen, der einen slowenischen

Wehrmachtsflüchtling erschossen haben soll.

Der „Kärntner Zug“ blieb in Kärnten stationiert und wuchs durch den Beitritt von weiteren

Freiwilligen und von sowjetischen Fremdarbeitern bald zu einer Kompanie an. Bis Oktober

1943 umfasste die Kärntner Kompanie um die 40 Widerstandskämpfer.

Die Kämpfe im Sommer 43 sollen die Kärntner Kompanie elf Tote und 16 Verletzte gekostet

haben. Sie haben etwa 20 Aktionen gegen die Gestapo und die NS-Parteiführung, vorwiegend

im Gailtal durchgeführt und zwei Züge zum Entgleisen gebracht, behaupten die Autoren von

„Koroška v borbi“ (S.31f.) und France Škerl (a.a.O., S.508)31

Die Aktionen der Westkärntner Partisanen konnten den slowenischen Hauptstab jedoch nicht

zufrieden stellen. Ein Hauptgrund dafür war, dass viele Partisanen immer noch unbewaffnet

waren. Ende Februar 1944 schickte der Hauptstab daher 50 Mann von der slowenischen

Prešern-Brigade zu der Kärntner Einheit. In Folge dessen bildete sich aus den zwei

Westkärntner Kompanien das 2. Kärntner Bataillon. Dadurch wurde die Polittätigkeit der

Westkärntner Partisanen erheblich gesteigert, da sie vom Hauptstab außerdem noch mehr

politisches Material, in Form von Büchern und Flugzettel bekommen haben. Außerdem

konnte der bewaffnete Einfluss ausgedehnt werden. „Es wurden Gendarmerieposten

überfallen, Eisenbahnschienen gesprengt, Telegraphen- und Telefonmasten gefällt,

Nationalsozialisten liquidiert bzw. Flugzettel verstreut und Plakate angebracht.“32

Ihr

Einflussbereich wurde im Westen bis nach Finkenstein und zum Faaker-See-Gebiet

ausgedehnt.33

Durch die nun verstärkte Partisanenpräsenz befahl Heinrich Himmler den

Abzug des SS-Polizei Regiments 13 vom Hinterland der Ostfront um die Bandenbekämpfung

in Kärnten endlich in den Griff zu bekommen. Die Nazis verstärkten sämtliche

Polizeistützpunkte und errichteten neue, wodurch die Arbeit der Partisanen zunehmend

erschwert wurde.

Im April und im Mai jagten ca. 1500 SS-Männer und Soldaten eine kleine Partisanen-Gruppe

auf der Sattnitz. Da die Partisanen von der örtlichen Bevölkerung gewarnt worden waren,

konnten sie noch rechtzeitig den Rückzug antreten und die großangelegte Verfolgung der

Nazis ging erfolglos aus.34

Trotz der Erschwernisse durch die verstärkte Polizeipräsenz,

wurde im Sommer 1944 der Höhepunkt der Kärntner Partisanenbewegung erreicht. Laut

Rausch waren im August 1944 um die 700 Partisanen in Kärnten aktiv.35

Das hatte zur Folge,

dass das 3. Bataillon in Kärnten gegründet wurde. Wobei man bestimmt davon ausgehen

kann, dass viele noch unbewaffnet waren. Im Winter und im folgenden Frühling wurden viele

Partisanen der West- und Ostkärntner Partisanen nach Slowenien abgezogen, auch um die

31

Rausch, Der Partisanenkampf, S.28 32

Vgl. Bolkovac, Martin: Die Slowenischen Partisanen in Kärnten, Online im WWW unter URL: http://home.pages.at/lobotnic/oekoli/content_texte_slowenpartisan_inkaernten.html (Stand: 23.09.2012) 33

Vgl. Rausch, Der Partisanenkampf, S. 39f 34

Ebd., S. 42 35

Vgl. ebd.

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11

familiären Bindungen in der Gruppe zu lösen. Der Großteil der Westkärntner Partisanen

waren Ende 1944 und Anfang 1945 geflohene Zwangsarbeiter, die sich den Partisanen

anschlossen. Nur mehr ein kleiner Teil waren einheimische oder slowenische Partisanen. Es

traten auch nicht mehr so viele Kärntner den Partisanen bei, aus dem einfachen Grund, da

niemand mehr da war. Die meisten wurden zur Wehrmacht eingezogen oder waren bereits bei

den Partisanen. Daher war jeder „neue“ Kärntner Partisan umso mehr wert, da sie sich in der

Umgebung bestens auskannten.

Die Schüttpartisanen

Im Sommer 1944 formierte sich schließlich eine neue Partisanen-Gruppe, die im unteren

Gailtal, in der Gegend rund um Arnoldstein operierte. Diese Gruppe hatte zwar keinen

Kontakt zu den anderen Südkärntner Partisanen, aber OFAktivisten nahmen Kontakt mit

ihnen auf um sie in den Kärntner Partisanenkampf einzubinden. Die „wichtigste Aufgabe aller

Partisanen-Gruppen im unteren Gailtal und im Faaker-See-Gebiet war die Sabotage an den

von Villach nach Tarvis beziehungsweise nach Rosenbach führenden Eisenbahnlinien.“36

Die

zum Großteil aus Arnoldsteiner Arbeitern bestehende Gruppe war, ähnlich wie bei den Ost-

und Westkärntner Partisanen, nur sehr schlecht ausgerüstet und bewaffnet. Sie

„[…]verschafften sich zunächst durch Überfälle auf abgelegene SS- und Gendarmerieposten

Gewehre.“37

Da die „Schüttpartisanen“ sich der Unterstützung der Bevölkerung sicher sein

konnten, gab es kaum ernstzunehmende militärische Zusammenstöße mit der SS. Eine ihrer

Hauptaufgaben wurde später, fluchtbereite Zwangsarbeiter über die Grenze nach Slowenien

zu bringen. Die Partisanen kannten sich zum Großteil in den Bergen rund um Arnoldstein aus

und kannten so die Schleichwege über denen sie den Zwangsarbeiter zur Flucht verholfen

haben.38

Im Winter 1944 wurden sie jedoch durch den Wintereinbruch und den damit verbundenen

Schneefall gezwungen im Tal ihr Versteck aufzubauen. Im Felssturzgebiet des Dobratsch, in

der so genannten Schütt, bauten sie sich einen Bunker. Bis April 1945 wuchs die Zahl der

„Schütt-Partisanen“ auf ca. 50 Personen an. Erst im April, kurz vor Kriegsende, hatte die

Gestapo das Versteck der Partisanen entdeckt. Sie griffen den Bunker jedoch nicht an,

sondern wollten die Partisanen viel mehr durch Belagerung bzw. durch Aushungerung zur

Aufgabe zwingen. Die Partisanen wagten am 21. April jedoch einen Fluchtversuch bei dem

drei Partisanen ums Leben kamen und etliche verhaftet wurden.

Man muss jedoch sagen, dass die „Schütt-Partisanen“ keinen Widerstand, wie etwa die Ost-

oder Westkärntner Partisanen, geleistet haben. Sie haben zwar Kriegsgefangenen geholfen

und kleinere Polizeistationen überfallen, aber große militärische Aktionen wurden nicht

durchgeführt. In den im Kärntner Landesarchiv vorliegenden Tagesreporten der

Polizeidirektion Klagenfurt von 1944, wird in der Gegend von Arnoldstein, vor allem in

Korpitsch jedoch vermehrt Partisanenaktivität verzeichnet. Hauptsächlich ist von

„Lebensmittelerpressung“ durch vier bis sechs gut bewaffnete Partisanen die Rede. Ob diese

Partisanen zu den „Schüttpartisanen“ oder zu den Westkärntner Partisanen gehörten, kam aus

den Berichten jedoch nicht hervor.

Die Meinungen diesbezüglich, ob die „Schüttpartisanen“ nun Widerstand odereinfach zivilen

Ungehorsam betrieben haben, gehen weit auseinander – da die Überlebenden der „Schütt-

36

Rausch, Der Partisanenkampf, S.45 37

Vgl. Bolkovac, Die Slowenischen Partisanen 38

Vgl. ebd.

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12

Partisanen“ sich als Widerstandskämpfer bezeichnet haben und sich immer noch als solche

bezeichnen, andere aber wiederum behaupten, sie hätten sich nur versteckt und auf das Ende

des Krieges gewartet.

Da sich über Partisanen im unteren Gailtal nur sehr wenig Informationen finden lassen, kann

ich im Zuge meiner Arbeit diese Behauptungen weder verifizieren noch falsifizieren.

Trotzdem sind sie in dem Rahmen einer solchen Arbeit sehr wohl zu erwähnen, auch wenn

sich ihr Einflussbereich nicht so sehr ausgedehnt hat wie der, der Unterkärntner Partisanen.

Das Kriegsende

In den letzten Kriegstagen startete die SS noch einen letzten Versuch die Partisanenbewegung

erheblich zu schwächen. Am 25.04.1945 ermordete die SS 11 Mitglieder der Peršman-

Familie. Es war wohl das schrecklichste Verbrechen, das die SS während des Krieges in

Kärnten verbrochen hat.39

„Alle Bewohner wurden aus dem Keller gejagt. Die Kinder Bini,

Cirlej, Lipej und Fridej blieben im Haus, die anderen trieben sie auf dem Hof zusammen und

mähten sie mit Maschinenpistolen nieder.“40

Schließlich trieben sie noch die restlichen

Familienmitglieder aus dem Haus, zündeten es an und massakrierten die gesamte Familie.

Nur zwei Kinder überlebten, in dem sie regungslos liegen blieben.41

Obwohl es ein sehr schwerer Schlag für die Partisanen in Kärnten war konnte es die

Partisanenbewegung nicht mehr eindämmen.

Am 7. Mai 1945 hatte Deutschland bedingungslos kapituliert. „Anfang Mai wurde der

Kärntner Verband schließlich beauftragt, nach Ferlach zu gehen, um den Übergang über die

Drau zu überwachen und den Abzug feindlicher Truppen entlang der Loiblstraße zu

verhindern.“42

Ferlach wurde schnell eingenommen, da einige deutsche Regimenter freiwillig

ihre Waffen niederlegten. Jedoch griffen trotzdem deutsche Truppen auch nach der

Kapitulation Deutschlands Ferlach an um die Stadt wieder zurückzuerobern. Es wurde noch

einige Tage gekämpft und die Engländer entschieden sich schließlich, auf der Seite der

Partisanen in die Kämpfe einzugreifen. Es kamen bei diesen Kämpfen trotzdem noch an die

180 Partisanen ums Leben. Ein Hauptgrund vieler deutscher Soldaten weiter zu kämpfen war

bestimmt der, dass sie nicht in die Hände der Partisanen fallen wollten und versuchten

wenigstens in britische Gefangenschaft zu kommen.

Am 8. Mai 1945 besetzten die Partisanen fast zeitgleich mit den Briten Klagenfurt.

Der Kärntner Partisanenkampf hatte auch weitreichende Folgen für den Kriegsverlauf. „Die

slowenischen Partisanen banden in Kärnten über 10.000 deutsche Soldaten, die Hitler an der

Ostrfront [sic!] fehlten.“43

Außerdem wurde in über 600 bewaffneten Aktionen erheblicher

Schaden an der Kriegswirtschaft und der Moral der Soldaten zugefügt.

Nach Angaben, die sofort nach dem Krieg gesammelt wurden, waren 3855 Soldaten auf

deutscher Seite gefallen, 3353 verletzt und 1936 gefangengenommen. Auf Seiten der

39

Verband ausgesiedelter Slowenen (Hrsg.): Vertreibung und Widerstand, 1. Auflage, Klagenfurt, 1982, S. 63 40

Prušnik, Gemsen, S.366 41

Ebd. 42

Bolkovac, Die Slowenischen Partisanen 43

Verband ausgesiedelter Slowenen (Hrsg.): Vertreibung und Widerstand, 1. Auflage, Klagenfurt, 1982, S. 63

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13

Partisanen forderte der antifaschistische Kampf 1080 tote, 710 Verletzte und 317 Gefangene

bzw. vermißte Kämpfer.44

Außerdem war Kärnten während des Zweiten Weltkrieges der einzige Teil des deutschen

Reiches, in dem über drei Jahre hinweg ein Teil der Bevölkerung gegen das Regime kämpfte

und somit zur Befreiung des Landes maßgeblich beigetragen hat.

Fallbeispiel

Im Laufe meiner Arbeit war des Öfteren die Rede davon, wie Partisanen von der bäuerlichen

Bevölkerung unterstützt worden sind. An Hand eines Fallbeispiels möchte ich hier nun

zeigen, wie eine solche Begegnung mit den Partisanen beispielhaft ausgesehen hat.

Da in diesem Beispiel die Familie weder zuvor, noch nachdem die Partisanen zum Hof

gekommen sind, mit ihnen Kontakt hatte und die Unterstützung auch nicht das Ausmaß

annahm, wie jenes einiger Unterkärntner Bauern, soll es nicht als Vorzeigebeispiel angesehen

werden, sondern einfach als die Geschichte, die sie ist: Die Geschichte der Kärntner-

Slowenischen Familie Schnabl vulgo Štutz aus Draschitz, die Partisanen versteckt hat.

Die folgende Geschichte basiert auf einem Interview mit meinem Großvater Valentin

Schnabl. Er ist der Älteste von vier Kindern von Josef und Elisabeth Schnabl und war 11

Jahre alt als die Partisanen zum Bauernhaus der Familie gekommen sind.

Er wurde 1938 eingeschult und war bei der Hitlerjugend. Daraus ergibt sich auch sein

damaliger Bezug zu den Partisanen. Ihm wurde während der Schulzeit, vor allem aber bei der

Hitlerjugend eingeredet, Partisanen wären Verbrecher. So erzählt er: „In unserer Definition

waren die Partisanen „Banditen“, nicht Widerstandskämpfer, Banditen.“ Zuhause wurde

jedoch nie bewusst über Banditen oder Partisanen gesprochen, erst nach dem Vorfall, den ich

später schildern werde. Er wusste damals zwar, dass es Partisanen gibt und auch über die

Schüttpartisanen wusste er mehr oder weniger Bescheid. Da aber im Bereich um Draschitz

keine Partisanentätigkeit vorhanden war, wurde der Partisanenkampf nicht so bewusst

wahrgenommen.

Am 14. November 1944 klopfte es um ca. 3-4 Uhr früh am Schlafzimmerfenster von Schnabl

Josef. Es war ein Bekannter der Familie aus Seltschach, der in Arnoldstein

Fleischhackergeselle war. Sein Vulgoname war Winko. Zuerst dachte Josef, es würde sich um

ein Missverständnis handeln, denn er war der Meinung, Winko käme ein Tier zum Schlachten

abholen. Dem war jedoch nicht so. Winko sagte, er solle schnell in den Stall mitkommen.

Als Josef Schnabl schließlich hinaus kam und Winko in den Stall folgte, warteten dort zwei

weitere Männer. Alle drei waren Partisanen, und schwer bewaffnet mit Handgranaten und

Maschinenpistolen. Es waren zwei Kärntner und ein Slowene. Sie fragten Josef, ob sie bei

ihm auf dem Stadel übernachten könnten. Er sagte ja, mit der einen Bedingung, dass sie bald

wieder gehen würden. Die drei stimmten zu. Auf dem Weg zurück ins Haus, fragte er sich

jedoch, warum die drei Partisanen genau zu ihm gekommen sind, da er ja noch nie Kontakt

mit Partisanen gehabt hat. Ihm kam jedoch schon einen Verdacht. Da es an diesem Tag

geschneit hatte, folgte er den Fußspuren im Schnee bis in die obere Ortschaft von Draschitz,

direkt zum Haus eines Bekannten. Genau so wie er es vermutete. Ab diesem Zeitpunkt

begann Josef zu realisieren, warum die Partisanen zu ihm gekommen waren. Zwischen der

44

Ebd.

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14

Familie Schnabl und der des Bekannten wurde schon seit der 2. Generation um viel Geld

gestritten, dass sie der Familie Schnabl schuldeten. Außerdem wusste Josef, dass der

Bekannte den Partisan Winko kannte. Ihm wurde klar, dass die Partisanen nicht ohne Grund

genau zu ihm gekommen waren.

Am nächsten Vormittag kam der Bekannte zu seinem Hof, um mit den Partisanen zu

sprechen. Als Josef den Partisanen etwas zu Essen brachte, sagte ihm der Bekannte noch, die

Partisanen würden bald weitergehen. Zuvor solle Josef aber noch in die Nachbarortschaft

nach Dreulach gehen, um dort bei der Familie Wisek, einer Slowenischen Familie,

nachzufragen ob die Partisanen am nächsten Tag dorthin kommen könnten. Zu diesem

Zeitpunkt, so erzählt Valentin Schnabl, „war er davon überzeugt, dass alles geplant war.

Minuziös geplant war. […] Da hat der Vater gesagt, da hat es sich voll bestätigt, was für eine

Vermutung er gehabt hat“. Es sollten beide Familien Schnabl und Wisek aus dem Weg

geräumt werden.

Josef ging trotzdem nach Dreulach und fragte bei der Frau des Hauses nach, ob die Partisanen

zu ihnen kommen dürften, da ihr Mann und der Knecht auf der Alm waren. Ein

entscheidender Punkt, der später noch eine große Rolle spielen sollte.

Nachdem Josef Schnabl in Dreulach war, ging er wieder zu den Partisanen, brachte ihnen

Essen und erzählte ihnen nur, dass sie kommen können, jedoch nicht bei wem er gefragt hatte.

Am selben Nachmittag schickte Josef seine vier Kinder zu Verwandten nach Thörl-Maglern,

denn die Gefahr war zu groß, dass die Kinder beim Spielen die Partisanen am Stadel

entdecken würden und somit die Tarnung auffliegen könnte.

Am frühen Nachmittag ging der Bekannte dann wieder weg von den Partisanen und zeigte sie

sogleich an. Valentin erzählt weiter: „Am Nachmittag dann, kommt seine Schwester von und

sagt: Štutz, mein Bruder hat angezeigt. Schaut, dass ihr im Stall um 5 oder 6 Uhr fertig seid,

und dann alle ins Haus geht, damit keiner mehr draußen ist, denn es wird angegriffen.‘“ Josef

versuchte noch Schlimmeres zu verhindern, indem er ihr sagte, sie sollen, wenn überhaupt,

bei der Polizei in Arnoldstein anzeigen und nicht bei der SS in Thörl-Maglern. Denn der

Postenkommandant von Arnoldstein hatte mit ihnen eine Abmachung, sollte etwas mit

Partisanen passieren, dann sollen sie bei ihm in Arnoldstein anzeigen, denn er würde dann

schon wissen, was zu tun sei. Doch die Anzeige wurde schon erstattet und zwar beim SS-

Posten in Thörl-Maglern.

Der Angriffsplan war fixiert. SS, Volkssturm und Zoll wurden alarmiert, denn der Zoll war

mit der SS in Thörl-Maglern zusammengeschlossen. Der Volkssturm hatte das Haus

umzingelt, damit die Flucht der Partisanen unmöglich wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren

jedoch nur drei Zöllner und der Volkssturm hier. Die SS hatte sich um ein paar Minuten

verzögert. Die drei Zöllner hatten noch einen Hund dabei und einen ortskundigen Draschitzer,

der sie zum Stadel führte. In der Anzeige war nämlich genau beschrieben, wo die Partisanen

sich versteckten.

Das Wirtschaftsgebäude hatte zwei Teile, die durch einen Gang verbunden waren. Am Ende

des Ganges am Heuboden, versteckten sich die Partisanen. Zu diesem Zeitpunkt schliefen

zwei und einer hielt Wache.

Die Zöllner gingen mit ihrem Hund durch den Gang in Richtung des Partisanenverstecks. Der

slowenische Partisane der gerade Wache hielt, hörte plötzlich Hundegetrampel und

kombinierte blitzschnell, dass die Familie Schnabl ja gar keinen Hund besaß und richtete sein

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Maschinengewehr direkt auf den Durchgang. Zwei Zöllner wurden vom Lichtkegel der

Taschenlampe angeleuchtet, und der Partisan eröffnete auch sogleich das Feuer. Zuerst traf er

den Hund, als nächstes den ersten Zöllner und schließlich den dritten. Der erste getroffene

Zöllner war auf der Stelle tot, der zweite schwer verwundet und der dritte sowie der

ortskundige Draschitzer konnten sich noch rechtzeitig aus der Schusslinie retten. Als die

Männer vom Volkssturm die Schüsse hörten, brachten sich alle sofort in Sicherheit oder

versteckten sich.

Die drei Partisanen flohen sofort darauf aus dem Stadel. Die beiden, die geschlafen hatten,

fanden nicht einmal die Zeit sich Schuhe anzuziehen, also liefen sie bloßfüßig durch den

Schnee bis nach Dreulach zum Haus der Wisek´s. Dort bekamen sie von der Frau Socken und

Schuhe und flüchteten gleich weiter, da die SS ja auf Grund der Anzeige wusste, wohin die

Partisanen nach dem Schnabl-Bauernhof gehen würden. Die drei Partisanen marschierten

weiter bis nach Förk bei Nötsch und blieben dort bis zum Kriegsende auf einem Stadel

versteckt.

Als die SS kurz nach dem Schusswechsel im Wirtschaftsgebäude in Draschitz angekommen

war, fuhr sie sofort weiter nach Dreulach zum Wisek-Hof um dort die Familie zu verhören.

Da der Bekannte in der Anzeige zu Protokoll gab, dass Josef Schnabl beim Wisek war,

dachten die SS-Männer automatisch an den Mann. Sie fragten den Herrn Wisek, wer bei

ihnen war und für wen Quartier gemacht wurde. Wisek fragte nach, was sie meinen würden,

da er noch nichts von den Partisanen wusste. Er hatte ja auch ein Alibi, da er mit seinem

Knecht am Berg war. Erst nach längerem hin und her begriffen die Leute der SS, dass er

wirklich nichts wusste und fragten dann erst bei Frau Wisek nach. Sie hatte in der

Zwischenzeit genügend Zeit gehabt um zu begreifen, dass die SS nichts Genaues wusste und

stritt darum alles ab.

Am darauffolgenden Tag wurden auch Josef Schnabl und der Bekannte verhört. Der Bekannte

hatte zwar beim Verhör und in der Anzeige immer die Wahrheit gesagt, jedoch wurde

letztendlich Josef Glauben geschenkt. Da er einfach sagte, er hätte von nichts gewusst, und

seine Darstellung ja auch mit der Geschichte von der Familie Wisek übereinstimmte. So

haben die Familien Schnabl und Wisek durch eine Reihe von Zufällen und viel Glück

überlebt und ihnen ist nichts passiert. Der Bekannte jedoch wurde sofort danach in den Krieg

eingezogen – bis dahin war er von der Wehrpflicht befreit gewesen, da er der einzige

arbeitsfähige Mann auf seinem Familienhof gewesen ist.

Resümee

Der Kärntner Partisanenkampf war, wie oben erwähnt, der einzige Widerstand in Hitler-

Deutschland im Zweiten Weltkrieg bei dem die bodenständige Bevölkerung über drei Jahre

hinweg durchgehend bewaffneten Widerstand geleistet hat. Wobei man sagen muss, dass sich

der Partisanenkampf gegen das Hitler-Regime in Slowenien gebildet hat und durch das

Engagement von einigen Kärntner und Slowenischen Partisanen erst in Kärnten Fuß gefasst

hat.

Es ist jedoch trotzdem erstaunlich, dass sich aus der ersten elf-köpfigen Partisanen-Gruppe

auf der Koschuta eine so weitverbreitete Widerstandsbewegung entwickelt hat. Auch trotz der

großen Rückschläge im Antifaschistischen Kampf hörten die Partisanen nicht auf mit der

Waffe gegen die Faschisten aufzustehen.

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Der Partisanenkampf wäre in Kärnten jedoch niemals so stark geworden, wenn die Partisanen

nicht so sehr von der Bevölkerung unterstützt worden wären. Die Faschisten haben es selbst

durch brutale und schreckliche Verbrechen an der Kärntner Bevölkerung und den Partisanen

nicht geschafft, den Kampfgeist der Partisanen zu brechen und die Solidarität der

Bevölkerung mit den Partisanen zu zerstören. Daher hat jeder, der die Partisanen in

irgendeiner Weiße unterstützt hat und ihnen geholfen hat, zumindest einen kleinen Teil zur

Befreiung Kärntens beigetragen.

Allerdings ist vielen Kärntnern nicht bewusst, dass die Partisanen fast zeitgleich mit den

Engländern in Klagenfurt einmarschiert sind. Im Gegensatz zu den Engländern haben sie sich

jedoch noch teils erbitterte Kämpfe mit den Deutschen geliefert. Am 8. Mai 1945 besetzten

die Partisanen schließlich Klagenfurt. Die Partisanen hatten ihr Ziel erreicht.

Das intensive Beschäftigen mit diesem Themengebiet hat sowohl meine Sicht auf den

antifaschistischen Österreichischen Widerstand als auch auf das nationalsozialistische

Kärnten verändert. Einerseits wurde dadurch mein Vorurteil, von einem unzureichenden

Widerstand in Kärnten während des Nationalsozialismus beseitigt. Andererseits wurde

dadurch meine Meinung darüber, dass die Nationalsozialisten in Kärnten besonders extrem

und brutal waren - und noch immer sind- verstärkt.

Abschließend ist noch zu sagen, dass der Kärntner Partisanenkampf ein sehr interessantes und

wichtiges Thema in der Kärntner Geschichte ist. Leider wissen, meiner Meinung nach zu

wenige darüber Bescheid, wodurch das Thema in der Öffentlichkeit sehr polemisiert wird.

Robert Lasser

Literatur und Quellen

Bolkovac, Martin: Die Slowenischen Partisanen in Kärnten, Online im WWW unter URL:

http://home.pages.at/lobotnic/oekoli/content_texte_slowenpartisan_inkaernten.html (Stand:

23.09.2012)

DÖW: Vom »Anschluss« bis zur »Aussiedlung«, Online im WWW unter URL:

http://de.doew.braintrust.at/b111.html (Stand: 23.09.2012)

DÖW: Kärntner PartisanInnen, Online im WWW unter URL:

http://de.doew.braintrust.at/b169.html (Stand: 23.09.2012)

Gstettner, Peter: Persönliches Interview, geführt vom Verfasser. Klagenfurt, 01.02.2011

Gstettner, Peter: Partisanenwiderstand in Kärnten. Eine anhaltende Kontroverse über das

Gedenken am Peršmanhof. In: betrifft widerstand, Zeitschrift des Zeitgeschichte Museums

und der KZ-Gedenkstätte Ebensee, Folge 60, 2003, Nr. 1, S. 31-35

Kuhar, Peter: Widerständig. Erinnerungen aus acht Jahrzehnten, 1. Auflage, Klagenfurt,

Drava Verlag, 2010

Neugebauer, Wolfgang: Widerstand in Österreich - Ein Überblick, Online im WWW unter

URL: http://www.doew.at/thema/widerstand/tagung_wn.html#arb (Stand: 23.09.2012)

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17

Österreich Lexikon von aeiou: Februarkämpfe 1934, Online im WWW unter URL:

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.f/f132496.htm (Stand: 23.09.2012)

Prušnik-Gasper, Karel: Gemsen auf der Lawine. Der Kärntner Partisanen Kampf, 2. Auflage,

Klagenfurt, Drava Verlag, 1974

Rausch, Josef: Der Partisanenkampf in Kärnten im Zweiten Weltkrieg, Militärhistorische

Schriftenreihe, Heft 39/40, 1.Auflage, Wien, Heeresgeschichtliches Museum, 1979