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236 Fortsehritte der Kieferorthop~die Bd. 19 H. ~ (1958) 4, 573 (1878). Goriu, C., l~ef. Aerztl. S~ehverst.ztg., Berlin 1911, ~r. 19. -- Hausser, E., Dtsch. zahni~rztl. Zschr. 1950, Heft 16 un4 18. Ders., Sloma 1951, Heft 1.- Henekel, K. O., Zschr. Morph. Antl~'op., Stuttgart 1926, Heft 1. -- Klenke, W., Homo 1951, Heft 2. Ders., Umsehau 1951, Heft 12. Korkhaus, G., Zwillings- und F~milienforschung'1929 (unverhffentlieht), zi~. naeh Hausser. Ders., Zahn~rztl. Mitt. 1939, Hef~ 27. Ders., Dtseh. zahn~rztl. Wsehr. 1928, Heft 11. Ders., Bruhns' Handbueh der Zahnheilkunde, Bd. IV. Mfinehen 1939. -- Locchi, 1~., Ann. Fae. Med. S. Paulo 5 (1930)~ zit. nach WeldS. -- M~yer-List, I~., uud G. I-Iiibener, ~iiinch. reed. Wschr. 1925, 2185. -- Murakami, K., Arb. anus. Inst. Sendal 1981, Heft 14; ~ef Dtseh. Mschr. Zahnhk. ~932, ~eft 14. ~illes, K., Morphologische und erbbiologische Studien iiber das Gaumenmuster. Med. Diss., Heidel- berg 1950. Ders., Stom~ 195~, Heft 2. l~e~zius, G., Biolog. Untersueh. N. F. 13, 117 (1906). Ritter, 1~., Zschr. Morph. Anthrop., Stuttgar~ 40, 367 (1943). Ders, Uber die Frage der Vererbung yon Anom~lien der Kiefer und der Z&hne. Sammlg. Metisser, Heft 30. Leipzig 1937. -- Siemens, H. W., Virchows Arch. path. Anat. 253, 746 (1924). Suga- num~, ~., Shika Shimpo 1928, 21; zit. nach We]dr. v. Verschuer, O., Med. Wel~ 1927, 1554. -- Ders.. Arch. Gynak. 156, 362 (1934). W~ardenburg, P. J., Klin. Wschr. 1926, 2115. -- Weldt, J., Zschr. Morph. Anthrop., Stuttgart 33, 491 (1935). Anschrift d. Verf.: Bochum, :Ko~tumstr,54 Aus der kieferorthopSdischen Abteflung (Leiter: Prof. Dr. Dr. J. Eschler) der Universit~ts-Zahn- und -Kieferklinik Freiburg (Br.) (Direktor: Prof. Dr. H. t~ehm) Der pathologische Einbifl Von Prof. Dr. Dr. Josef Eschler, Freibm'g i. Br. Mi~ 6 Abbildungen Bei Anwendtmg der funktionskieferorthop~dischen Behandlungsmethode ngch V. Andresen ~nd K. H~upl wird der Unterkiefer in eine Stellnng gebraeht, die sich yon der Okklusionsstellung sowie yon der Rtthelage des Unterkiefers wesent- lieh un~erscheidet. Sie n~nnten diesen mit Wachs genommenen ,Bil3 ,,Konstruk- ~ionsbil3" und brachten d~mi~ zum Ausdruck, dal3 in dieser L~ge des Unterkiefers der App~r~ hergestellt werden real3. Dabei ist Zu beuchten, dul3 der Unterkiefer bei eingesetztem App~rut zw~r gesenkt und in horizontaler l~iehtung bewegL ~ber nieht weiter in die [r oder Okklusionsstel]ung gehoben werden karm. Im wesentlichen besteht diese Verstellung des Unterkiefers in einer Se~fl~ung und, wenn es die Bil31age verlang~, in einer zus~tzliehen horizont~len Verl~gerung. Sehon infolge der Senkung des Unterkiefers befinden sich die Lev~toren bei ein- gese~z~em Appar~v in einem Dehnungszustund. N~eh muskelphysiologisehen Grundgese~zen bedeutet eine Dehnung des ~r eine Erregungssteigerm~g. Dazu kommen noch andere, ~ls ]~-u bezeichnete ~'aktoren, die d~e ge- dehnten nnd dami~ bereits erregten Muskeln zu einer gesteigerten T~ttigkeit dn- regen. Es sind dies vor allem der Fremdk6rperreiz des Appar~tes und der durch den Appara~ vermehrte Speiche]fluB, der zum Sehlueken anreg~. Elektromyographisehe Untersuchungen erguben, dub die T~tigkei~ der ~s- seteren bei sehl~fenden Kindern mit eingesetztem Appar~t t~ts~ehiich gesteigert ist. Indem bei einer Reihe yon Kindern Apioar~e in verschiedenen Unterkiefer- stellungen hergestellt wurden, nnd zwar mit Unterkiefersenk~ngen im AusmaB yon 2 3, 4 6 und 10 ram im Seitenz~hnbereich, konnte ~us den registrierten Aktionsstrompotenti~len der NIasseteren die fiir ihre Erregungssteigerung und ~er- st~rkung ihrer T~tigkeit zweckmi~l~igste Einbiltstel]ung angegeber~ werden. Im

Der pathologische Einbiß

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236 Fortsehritte der Kieferorthop~die Bd. 19 H. ~ (1958)

4, 573 (1878). Gor iu , C., l~ef. Aerztl. S~ehverst.ztg., Berlin 1911, ~r . 19. - - H a u s s e r , E., Dtsch. zahni~rztl. Zschr. 1950, Heft 16 un4 18. Ders. , Sloma 1951, Heft 1 . - H e n e k e l , K. O., Zschr. Morph. Antl~'op., Stuttgart 1926, Heft 1. - - K l e n k e , W., Homo 1951, Heft 2.

Ders., Umsehau 1951, Heft 12. K o r k h a u s , G., Zwillings- und F~milienforschung'1929 (unverhffentlieht), zi~. naeh Hausse r . Ders. , Zahn~rztl. Mitt. 1939, Hef~ 27. Ders. , Dtseh. zahn~rztl. Wsehr. 1928, Heft 11. Ders. , Bruhns' Handbueh der Zahnheilkunde, Bd. IV. Mfinehen 1939. - - Locch i , 1~., Ann. Fae. Med. S. Paulo 5 (1930)~ zit. nach WeldS. - - M ~ y e r - L i s t , I~., uud G. I-I i ibener, ~iiinch. reed. Wschr. 1925, 2185. - - M u r a k a m i , K., Arb. anus. Inst. Sendal 1981, Heft 14; ~ e f Dtseh. Mschr. Zahnhk. ~932, ~ef t 14. ~ i l l e s , K., Morphologische und erbbiologische Studien iiber das Gaumenmuster. Med. Diss., Heidel- berg 1950. Ders. , Stom~ 195~, Heft 2. l~e~zius, G., Biolog. Untersueh. N. F. 13, 117 (1906). R i t t e r , 1~., Zschr. Morph. Anthrop., Stuttgar~ 40, 367 (1943). D e r s , Uber die Frage der Vererbung yon Anom~lien der Kiefer und der Z&hne. Sammlg. Metisser, Heft 30. Leipzig 1937. - - S iemens , H. W., Virchows Arch. path. Anat. 253, 746 (1924). Suga- num~, ~., Shika Shimpo 1928, 21; zit. nach We]dr . v. V e r s c h u e r , O., Med. Wel~ 1927, 1554. - - Ders. . Arch. Gynak. 156, 362 (1934). W ~ a r d e n b u r g , P. J., Klin. Wschr. 1926, 2115. - - W e l d t , J., Zschr. Morph. Anthrop., Stuttgart 33, 491 (1935).

Anschrift d. Verf.: Bochum, :Ko~tumstr, 54

Aus der kieferorthopSdischen Abteflung (Leiter: Prof. Dr. Dr. J. Esch le r ) der Universit~ts-Zahn- und -Kieferklinik Freiburg (Br.) (Direktor: Prof. Dr. H. t~ehm)

Der pathologische Einbifl Von Prof. Dr. Dr. Josef Eschler, Freibm'g i. Br.

Mi~ 6 Abbildungen

Bei Anwend tmg der funk t ionsk ie fe ro r thop~d i schen B e h a n d l u n g s m e t h o d e ngch V. A n d r e s e n ~nd K. H ~ u p l wird de r Un te rk i e f e r in e ine S te l lnng gebraeht , d ie s ich yon der Okklus ionss te l lung sowie yon der Rt the lage des Un te rk i e fe r s wesent - l ieh un~erscheidet . Sie n~nn ten d iesen m i t W a c h s genommenen ,Bil3 , ,Kons t ruk - ~ionsbil3" u n d b r a c h t e n d~mi~ zum Ausd ruck , dal3 in d iese r L~ge des Unte rk ie fe r s de r A p p ~ r ~ herges te l l t werden real3. D a b e i i s t Zu beuchten, dul3 de r Un te rk i e fe r be i e ingese tz tem App~ru t zw~r gesenk t u n d in ho r i zon ta l e r l~ iehtung bewegL ~ber n ieh t wei te r in d ie [r oder Okklus ionss te l ]ung gehoben werden karm. I m wesent l ichen b e s t e h t d iese Vers te l lung des Unte rk ie fe r s in einer Se~fl~ung und, wenn es d ie Bil31age verlang~, in e iner zus~tz l iehen hor izont~len Verl~gerung. Sehon infolge der Senkung des Unte rk ie fe r s bef inden sich die Lev~toren be i ein- gese~z~em Appar~v in e inem Dehnungszus tund . N~eh muske lphys io log i sehen Grundgese~zen b e d e u t e t eine Dehnung des ~r eine Erregungssteigerm~g. Dazu k o m m e n noch andere , ~ls ]~-u bezeichnete ~ 'aktoren, die d~e ge- d e h n t e n nnd dami~ bere i t s e r regten Muske ln zu e iner ges te iger ten T~ttigkeit dn- regen. Es s ind dies vor a l l em de r F r e m d k 6 r p e r r e i z des Appa r~ te s und de r du rch den Appara~ v e r m e h r t e Speiche]fluB, de r zum Sehlueken anreg~.

E l ek t romyograph i s ehe U n t e r s u c h u n g e n erguben, dub die T~tigkei~ de r ~ s - se te ren bei sehl~fenden K i n d e r n mi t e ingese tz tem Appar~t t~ts~ehi ich ges te iger t ist . I n d e m bei e iner Re ihe yon K i n d e r n A p i o a r ~ e in ve r sch iedenen Unte rk ie fe r - s te l lungen herges te l l t wurden , nnd zwar m i t Un te rk i e fe r senk~ngen im AusmaB yon 2 3, 4 6 und 10 ram im Sei tenz~hnbereich, k o n n t e ~us d e n r eg i s t r i e r t en Ak t ionss t rompo ten t i~ l en d e r NIasseteren die fiir ihre E r regungss t e ige rung u n d ~e r - s t~ rkung ihrer T~t igke i t zweckmi~l~igste Einbi l t s te l ]ung angegeber~ werden. I m

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Josef Eschler, Der pathologisehe EinbiB 237

allgeraeinen besteht eine Parallelit~t zwisehen dem AusmaB der Unterkiefer- senkung und dem Grad der l~uskelerregung. Unter Berfcksichtigung versehiede- ner anderer Faktoren, wie Ermfidung cter Muskeln und Lage des UnterkieferkSpf- cherts im Verh~ltnis zur Gelenkpfanne, die sich bei zu urnf~ngreicher Senkung des Un~erkiefers nachtefiig auswirken, wurde als Richtlinie eine Senkung yon 4 bis 6 m m im Seitenzahnbereich als zweckm~Big empfohlen (Esch le r ) .

Der lose im N[unde sitzende Apparat wh'd durch die l~uskelt~tigkeit in Be- wegung versetzt, wie schon yon K. H ~ u p l immer beton.t wurde, so dub der Appa- ra t schlieBlieh an die zu bewegenden Z~hne anstSBt. Die Berfihrung cler Z~hne geht mit der Erregungs- und T~tigkeitssteigerung insofern in gewissem Sinne parallel, als bei ge~teigerter Erregung der Appara t mit den Z~hncn in Kon tak t kommt , bei Erm/idung der l~uske]n dagegen die Berfihrung ausbleibt.

Dureh die sog. Kontaktversuche (Eseh l e r ) konnte festgestellt werden, dab der A10para~ tats~oMieh bei Bewegung des Unterkiefers die Z~hne berfihr~ voraus- gesetzL dub der Appara t entsprechend eingeschlJffen uud angepaBt ist. Diese intermittierenden St6Be 15sen die yon K. H~ulol naehgewiesenen geweblichen Umbauvorg~nge aus, die im Sinne der gewfinschten Zahnbewegung ~blaufen.

F~r die Wirksamkei t des Apparates ist sonach die Verlagerung des Unter- kiefers aus der Ruhela.ge zum mindesten seine Senkung und die Aufrechterhaltung dieser Lage durch die en~sprechende Konstrukt ion des Apparates, yon grund- !egender Bedeutung. Inwieweit dabei neben der Senkung des Unterkiefers gleich- zeitig eine t torizontalverlagerung fiberhaupt und in welcher Richtung sie zu er- folgen hut, ist zun~chst bedeutungslos. Ergibt sich jedoch aus der dysgnathen Lage des Unterkiefers die Notwendigkeit, den Unterkiefer in horizontaler Rich- tung, sei es nach vorn, nach r/ickw/~rts oder nach lateral zu verstellen, wia'd man aus therapeutischen Grfinden die gewfinschte Horizontalverlagerung bei der EinbiBnahme selbstverstgndlieh neben der Senkung des Unterkiefers vornehmen. I~an erreicht dann neben der Steigerung der 1V[uskelerregnng aneh eine Ausheilung der dysgnathen Bil~tage. Die ~uske ln passen sich im Laufe der Behandlung der neuen (Konstruktions-) BiBlage an. Die gedehnten lY[uskeln verlgngern sich, die verk/irzten verringern ihre L~nge und hal~en im Verein mit den im Sinne der Ver- lagerung des Unterkiefers ablaufenden Gelenkumbauvorg~ngen den Unterkiefer schlieBlich in der neuen Lage. Danach muB man also bestrebt sein, eine eugnathe Bil]lage durch eine gleichzeitige Horizontalverlagerung auszuheilen. I m einzelnen ausgeffihrt, sind folgende Verlagerungen empfehlenswert :

1. Bei NeutralbiBlage des Unterkiefers wird er nm" gesenkt. Besteht ein tiefer BiB, so ist es allerdings zweckmEBig, den Unterkiefer zus~tzlich etwas nach vorn zu verstellen.

2. Bei Dis~albil] ~ r d der Unterldefer gesenkt und nach vorn, in die Neutr~l- biI]lage ehlgestellt.

3. Bei MesialbiB wh.d der Unterkiefer gesenkt und maximal nach rfickw~rts verlagert.

4. Ein lateral verlagerter Unterkiefer wird gesenkt und in die Mitre ein- gestellt.

~)berm/~Bige Verstellungen des Unterkiefers, besonders in l~iehtuug naeh vorn, sind jedoch ebenso zu vermeiden, wie eine Senkung fiber 6 8 ram. So wurde eine Vorverlagerung yon ~ l~r/~molarenbreite als zweckm~I]ig empfohlen (Esch le r ) . In diesem Sinne.ist diese Verlagerung des Unterkiefers Ms t h e r a p e u t i s e h e r E i n b i B oder K o n s t r u k t i o n s b i B zu bezeichnen.

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238 Fortsehritte der Kieferor~hol~die Bd. 19 ~. 3 (1958)

Die Verstellung des Unterkiefers in eine yon seiner Okldusions- und Ruhel~ge abweiehende Luge hat demnach im allgemeinen vier Aufgaben zu el:~fillen:

1. I~Ierstellung des Apparates in der Einbil31age and Aufrech%erhaltnng der Ein- bii31age des ~Unterkiefers, ohne ihm die }ISglichkeit zu geben, in die Ruhe- oder Okklusionslage zuriickzukehren.

2. Steigerung der Muskelt~tigkeit. 3. A'daption der Muske]n an die neue Unt, erkieferlage and Ausl6snng yon in

diesem Sin~e ~blaufenden Umbauvorg~ngen in den Gelenken. 4. Therapeutisches Zie]. Die Bezeichnung dieser Verstellung des Unterkiefers als therapeutischer Einbil3

ha t sich als notwendig erwiesen, um ihn yon Verlager~ngen des $7nterkiefers in anderen, dem therapeutischen Ziel sogar en~gegengesetzten Rich}ungen zu ~m~er- scheiden.

Der EinbiB. der in einer dem therapeutischen Zie] widersprechenden oder ab- weichenden Unterkiefer]age genommen wird. ist zweekmi~Bigerweise dann als p a S h o l o g i s c h e r E i n b i B zu bezeiehnen.

Dieser puthologische Einbil] hat sich ~]s seh~' nti~z]ich erwiesen in allen F~llen mit Neutralbit3lage, bei denen es schwierig ist, die nnter 'Beibehaltung der dem thera- peutischen Ziel en~spreehenden Unterkiefer-NeutralbiBlage notwendigen Zahn- bewegungen durehzufiihren und schnell zu erreiehen. Es handelt sieh demn~ch in der t Iauptsaehe um dentale oder dental bedingte Dysgnathien. Es sind dies:

1. eingefangene Z~hne, 2. Zwangsbil~arten

a) in mesio-distaler Richtung, b) in lateraier l~ichtung,

3: in manchen FKilen yon Lficken im oberen )~'ontzahnbereich, 4. in manchen l~ l len yon geplanten 4 -~ 4-Extraktionen. Bei den e r s t en zwei Gruppen gelingt es meist erst nach geranmer Zeit. den

eingefangenen oberen Zahn oder die ganze Sehneidezahngruppe fiber die unteren Z~hne fiberzustellen, wenn der Einbil3 under Beibehaltung der ~eutralbiBtage ge- nommen wird. Da der Appara t meist nur in der ~Tacht getragen wird und die zu bewegenden Z~bne in dieser Zeit die n5tigen Impulse erhalten, auch wenn sie am Morgen oft r/abe daran sind; den , Sprung" fiber den unteren Zahn zu tun, werden sie nach ~Iergusnahme des Appar~tes wieder znrfickbewegt Die unteren Zghne wirken gleichs~m als funktioneller Apparat , abet in der dem gewiinschten ortho- pgdisehen Ziel entgegengesetzten I~ichtung. Die Behand]ungszeit wird dadurch Wesentlich verl~ngert.

Es hat sich nml als fib" die Zahnbewegung i~uBerst zweckm~l~ig erwiesen, den Unterkiefer in eine solche yon der ]Neutralbil3]age abweiehende Ste]lung zu brh*gen, da~ bereits dutch die Unterkieferverstellung die Dysgnathie weitgehend ausgeheilt erscl~eint. Die du tch die Unterkiefe~erste l lung ausgelSsten Anpassungsvorggnge der ~uske ln and Umbauvorg~nge in den Gelenken laufen in einer t~ich~ung ab, wodurch zwar zun~chst eine Fehllage des Unterkiefers erziel t Wird, ~ber daffir Zuers~ nur eine geringe dentale Bewegung notwendig ist~ um den ~berbil3 Zu er- zielen. Der eingefangene Zahn brancht nur eine geringe Bewegung auszu~iihren, um den , ,Sprung" fiber die unteren Z~hne zu tun. Dabei hifft noch, dal~ n~eh ~-Ieraus- nahme des Apparat, es a m ~orgen nuch einiger Zeit, racist naeh wenigen Wochen oder Monaten der Unterkiefer zumindest einen Tell seiner Fehllage beibeh~lt. I s t inzwisehen der eingefangene obere Zahn etwas nach labial bewegt worden, n~m- lieh um das meist geringe Ausmal~, das noeh fehlt, nm den oberen Zuhn fiber den

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gosef Eschler, Der pathologische EinbiI3 289

un~eren in der EinbiSlage fiberzustellen, so hilft nun der Unterkiefer mit, den �9 oberen Zahn weiter nach labial zu bewegen. Die Umbauvorggnge in den Ge- lenken sind noch nicht so weir fortgeschritten, dab die Einbiftlage ohne Apparatur beibehalten wfirde. Er ist deshalb bestrebt, in seine friihere, individuelle Lage

Abb. 1. )[odel]e yon der 8j~hrigen Patientin Lab. Fran~. zu Beginn der Behandlung

Abb. 2. Modelle der Pa~icntin der Abb, 1 nach 3 Wochen Behandlung

zuriickzukehren. Wenn aber der obere Zahn in der EinbiBlage bereits fiberge- stellt ist, so wirkt der Unterkiefer jetzt als kieferorthopgdischer App~r~t im Sitme der gewiinschten Zahnbewegung. Der obere Zahn wird dutch ihn weiter

n a c h labial bewegt. Nieist resultiert keine oder nut eine geringffigige Unter- kiefer-Distallage. Sollte der Unter- kiefer abet einmal verl~gert bleiben, so kann er nun mit einem neuen Ein- bi$ in NeutralbilMage nach vorn geholt werden. Diese Korrektur kann mit dem alten Appar~t u n d Palavit durchge- fiihrt werden, Die Anfer~igung eines neuen Apparates ist nicht notwendig. An }Iand yon drei F/~llen sollen die Vorteile des pathologischen Einbisses aufgezeigt werden:

Bei der 8ji~hrigen Pafientin L. Fr. handelte es sich urn einen eingefangenen

Abb. 3, ~i[odelle vo~ der 7jiihrigen Patientin Wag. R,e- nate zu Begilm der Behandhmg

Abb. 4, 5iodelle der Patientin der Abb. 3 nach 8~{ )[o- nateI1 ]3ehandhmg

Abb.' 5, Modelle yon dem 15jghrigen Patienten Zi. Klaus zu Begirm der Behandlung

Abb, 6, Modelle des Patienten der Abb. 5 nach 10 )Io- n~tcn Behandlung

oberen linken mitt leren Sehneidezahn (Abb. 1). Die Behandlung wurde am 14. 12. 1956 begonnen. Der EinbiB win'de in maximaier Rfieklage des Un~erkiefers genommen, wobei er in Kanten-KantenbiB gebraeht wurde. Der ~berbiB war naeh 3 Woehen erreieht (Abb. 2). Der Unterkiefer steht in ~r Bei einer

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240 Fortschrit te der Kieferorthop~dia B~. 19 H. 3 I1958)

wei te ren Pa~ien~in W. R. b rechen d ie obe ren 'mi~ t l e ren Schneidez~hne ira Dreh- s~and und h in te r d e n un t e r en SChneidez~hnen durcl~ tAbb. 3). Der E inb i$ w u r d e m m a x i m a l e r Rf icklage genommen; d e r t~berbt[t war in 8 ~ Monat6n erreieh~ (Abb. 4).

Bei Ver lagerung der Un te rk i e fe rmi t t e , sei sie d e n t a l oder a r t iku lo -musku l~r be- d ingt , wird ein ~hn]iches Vorgehen empfohlen. Die ve r l age r t e U n t e r k i e f e r m i t t e so]l d e m n a e h behn EinbiB n ich t nu r in d ie Mi t re e inges te l l t werden. Es is t zweekm~$ig, sle d~rt iber h inaus u m 1--2 m m auf d ie andere Seite zu ver lagern un te r Bea chtung de r Neu t ra lokk]us ion . G a n z besonders h a t s ich der l a t e ra le pa thologische Einbil] be i l a t e r a l em ZwangsbiB oder in F/~llen bew~hr t , be i denen ein e ingefangener oberer E c k z a h n d ie Ursaehe ffir d ie L a t e r a l v e r l a g e r a n g da r s t e l l t . Das Ge lenk- Muske l sys tem is t dabe i en twede r s y m m e t r i s c h oder es s ind gar d ie ~ u s k e l n der Nieh tve r l age rungsse i t e i iberwert ig . Durch den pa tho log i sehen EinbiB wird auch augenscheinl ieh, in welcher A r t e inzusehleifen ist.

Bei d e m 15j~hr igen P a t i e n t e n Zi. K1. s t a n d der obere l inke E e k z a h n pa la t ina l , de r sei t l iehe Sehne idezahn war etwas nach l ab ia l verdr~ngu (Abb. 5). Bei de r E in- b l l ]nahme w u r d e de r Unte rk ie fe r 2 m m nach reeh t s vers~ell t (Abb. 6). N a c h 10 1Konaten war de r E c k z a h n f ibergestel l t mid huch der sei t l iche Sehne idezahn ei~xeguliert . Die U a t e r k i e f e r m i t t e s t a n d r ieht ig .

Zusammenlassung Mit der Verlagerung des Unterkiefers bei der EinbiB-(Konstruktions-)Bil~nahme werden

im o, llgemeinen vior Ziole rverfolgt: 1. Steigertmg der Muskelt~tigkeis 2. Hersteltung des Apparates in clef Einbil$1age des Unterkiefers, 3. Adoption der Mdskeln mad Gelenkumbauvorghnge zur Aufreehterhaltung dieser Lage, 4. Therupeutisehes Ziel. Von diesem therapeutisehen EinbiB wird der p~tho]ogische Einbifi ~mtersehieden, Wobei

der Unterkiefer in eme yon der Neutralbil~lage abweichende, ja sog~r entgegengesetzte l~ieh- tung verstellt wird. In vielen Fgllen bietet letzteres wesentliehe Vorteile, besonders wenn es sich datum handelt, eingefangene Z/~hne u. ~. fiberzuStellen.

Sehrilttum Andresen-Hg~upl : ,Pe t r ik , Funktionskiefero~hop~die. 5. Aufl. Mfinehen 1953. - -

Esch le r , J., in: H a i h p l , M e y e r , S e h n c h u r d t , tt~ndbuch der Zahn-lVlund-Kieferhk. ~, Mfinchen 1955. Ders. , Fortschr. Kieferorthop. 17, Heft 1 (1956). Ders. , Die funk- tionelle Orthop~die des Kausystems. Mfinchen ]952. - - H ~ u p l , K., Gewebsumbau und Z~hnverdr/~ngung in der Funktionskieferor~hopadie. Leipzig 1938.

Anschrift d. YerL: Freiburg/Br.-Giinte~'stal, Univ.-Zalm- und Xieferklinik

Aus der kieferorthop~dischen Abteflung (Leiter: Prof. Dr. F. Jung) der Klinik und Poli- klinik ffir Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (Dh~ktor: Profl Dr. Dr. M. H e r r m a n n )

der Joham~es-Gutenberg-Universit~t Mainz

{Jber L~ingen- und Winkelwerte der Fernr6ntgenaufnahmen des Sch~idels ~)

Von Dr./{arl ?fawrath, Ma inz Mit 7 Abbildungen

I n d e m in den l e t z t en Jah ren umfangre ich gewordenen Sehr i f t tum fiber d ie Fe rn r6n tgenau fnahme des Sch~dels s ind die Ans i ch t en fiber den zweekm~Bigen

~) Vortrag gehalten auf der Wissenschaftlichen Tagung der Deutschen Gesellschaft fiir Kiefdror~hop~idie in ])iisseldorf am 14. Juni 1957.