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Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung
1. Einführung
2. Begriffliche Orientierung
(Didaktik, Methodik, Allgemeine Didaktik, Fachdidaktik, Didaktik
beruflicher Bildung)
(Nickolaus 2007, Bonz, Kron)
3. Unterricht und Unterweisung (Übersicht)
(Prinzipielle Merkmale, Elemente, Strukturen, Ebenen didaktischen
Handelns)
(Nickolaus 2007, Petersen, Schelten)
1
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung
4. Ziele von Unterricht und Unterweisung in der beruflichen Bildung
(Nickolaus 1998, Teichler)
4.1 Zugewiesene Funktionen/Ziele des beruflichen Bildungssystems
4.2 Begründungskontexte von Lehrzielen
4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung
4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
4.6 Beispiele von Lehrzielen aus Lehrplänen und Ausbildungs-
ordnungen und Hinweisen zu Analysemöglichkeiten
2
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Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung
5. Didaktische Modelle und Konzepte (Nickolaus 2007)
5.1 Zur Funktion didaktischer Modelle und Konzepte
5.2 Ausgewählte allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
(Bildungstheoretisches Modell, Lerntheoretisches Modell,
Curriculare Bewegung, Heinrich Roths pädagogische
Psychologie des Lernens)
(Straka/Macke)
3
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Didaktik beruflicher Bildung (BWP III) - Vorlesung
5.3 Ausgewählte Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher
Bildung
((fach)wissenschaftsorientierter Ansatz und die didaktische
Reduktion, Schlüsselqualifikationen, Handlungsorientierung,
Lernfelddebatte, gestaltungsorientierte Didaktik)
(Reetz, Bader, Sloane, Braun)
5.4 Exkurs: Ausgewählte Empirische Befunde zu Bedingungs- und
Entscheidungsfeldern beruflicher Bildung
(Nickolaus 2000, Nickolaus 2007, Nickolaus/Riedl/Schelten 2005)
6. Kriterien guten Unterrichts bzw. „guter“ Unterweisung – eine erste
Annäherung
(Ditton 2002)
4
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Ziele der Veranstaltung
Einführung in didaktische Theorien
• Bereitstellen von Strukturwissen
• Reflexion der Orientierungsleistung didaktischer Theorien für die
Praxis
• Anbahnung der Fähigkeit das Theoriewissen zu nutzen
Orientierungswissen zur Gestaltung von Lehr-Lernprozessen
5
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Zur Notwendigkeit didaktischer Theorie
• Handeln als zielorientiertes Tun ist immer auf mehr oder weniger
haltbare Annahmen gestützt
• Subjektive Theorien; intersubjektiv überprüfte Theorien; dem Diskurs
ausgesetzte Theorien
• Legitimation pädagogischen Handelns
Ebenen didaktischer Theorien
• Curricula/ Lehrgangsgestaltung
• Gestaltung von Lehr-Lernsequenzen
6
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2. Begriffliche Orientierung
7
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2. Begriffliche Orientierung
Ausgewählte Varianten des Didaktikverständnisses
Didaktik als Wissenschaft vom Lehren und Lernen
Didaktik als Theorie oder Wissenschaft vom Unterricht
Didaktik als Theorie der Bildungsinhalte
Didaktik als Theorie der Steuerung von Lernprozessen
Didaktik als Anwendung psychologischer Lehr-
und Lerntheorien
Didaktik als Kunst des Lehrens
(In Anlehnung an Kron 2000, S.43)8
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2. Begriffliche Orientierung
Didaktik und Methodik
Ziele
Inhalte
Methoden
Medien
Didaktik im
engeren
Sinn
Didaktik im
weiteren
Sinn
Methodik
Die Abgrenzung von Didaktik und Methodik
Quelle: Bonz, Bernhard: Methoden der Berufsbildung – ein Lehrbuch. Stuttgart: Hirzel
1999, S.12 9
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2. Begriffliche Orientierung
Handlungs- und Forschungszonen der Berufsfelddidaktik
Berufsfeld-
didaktik
Fach-
didaktiken
Fach-
wissen-
schaften
Erzieh-
ungswissen-
schaft/Päda-
gogik
Realität
von Schule
u. Betrieb
Berufsquali-
fikationen
Rechtl.
Grundlagen
d. Ausbild-
ung
Quelle: Fegebank, Barbara: Berufsfelddidaktik „Ernährung und Hauswirtschaft“, In: Bonz, Bernhard/ Ott,
Bernd (Hrsg.): Fachdidaktik des beruflichen Lernens, Stuttgart: Steiner, 1998. S. 151ff10
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und Psychologie
2. Begriffliche Orientierung
Konkrete Aufgabenstellungen der Didaktik (am Bsp. der FD)
• Herausarbeitung der grundlegenden Inhalte und Begriffe des zu
vermittelnden Faches
• Ermittlung der Lernziele bzw. Lehrziele
• wissenschaftliche Überprüfung derselben
• historische und vergleichende wissenschaftliche Arbeiten auf den
vorgenannten Gebieten
• Diskussion und Begründung der Bildungsrelevanz der betreffenden
kulturellen Inhalte
• begründete Auswahl derselben
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2. Begriffliche Orientierung
Konkrete Aufgabenstellungen der Didaktik (am Bsp. der FD)
• Entwurf von Curricula, Teilcurricula, Unterrichtssequenzen,
Erforschung und Darstellung fach- und kulturgutangemessener
Vermittlungsverfahren, inklusive Medien
• Erarbeitung von Evaluationsverfahren
• kooperative Forschung mit anderen didaktischen Teildisziplinen, mit der Didaktik und Pädagogik sowie deren Nachbardisziplinen
(vgl.: Kron 2000, S. 36)
12
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Typische Merkmale didaktischen Denkens
Doppelseitiger Erschließungsprozess
a) Erschließung von Gegenstandsfeldern durch Lernende mit
Unterstützung durch Lehrende
b) Erschließung/Entfaltung des Individuums in Auseinandersetzung mit
seiner Umwelt
Grundfragen: wie können wir als Pädagogen diese Prozesse
unterstützen, welche Entscheidungen von Lehrenden werden dafür
relevant, an was orientieren sich Lehrende?
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3. Unterricht und Unterweisung (Übersicht)
3.1 Ebenen didaktische Handelns
3.2 Ziele didaktischen Handelns
3.3 Strukurelemente didaktischen Handelns
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3. Unterricht und Unterweisung
3.1 Ebenen von Lehrplan und Unterricht (nach Dubs/
Sloane)
Makroebene
Leitideen Curriculumentwicklung
Mesoebene
Lehrplanvorgaben Schulorganisation
curriculare Vorgaben und - entwicklung
Mikroebene
Unterrichtsgestaltung1 Lehr- Lerngestaltung2
Methoden
1 Dubs, R.: Curriculare Vorgaben und Lehr- Lernprozesse in beruflichen Schulen. In: Bonz, B. (Hrsg.):
Didaktik der beruflichen Bildung. Baltmannsweiler: Schneider, 2001, S. 53
2 Sloane, P. F. E.: Lernfelder als curriculare Vorgabe. In: Bonz, B. (Hrsg.): Didaktik der beruflichen
Bildung. Baltmannsweiler: Schneider, 2001, S. 19815
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3. Unterricht und Unterweisung
Die drei Ebenen von Lehrplan und Unterricht
Ebene Fragestellung Arbeitsbereich
Makroebene (normativ)
Bildungsphilosophie
Bildungspolitik
Welche Ziele sollen mit Schule
und Unterricht erreicht werden?
Leitideen,
Rahmung
Mesoebene
(curricular)
Curriculumplanung
Wie soll der Lehrplan bzgl. der
Leitideen organisatorisch,
institutionell und lerntheoret.
gestaltet werden?
Lehrplan-
vorgaben
(Richtziele,
Lernziele)
Mikroebene
(instruktional)
Unterrichtsgestalt.
Wie sollen die Unterrichtsein-
heiten konkret gestaltet
werden?
Unterrichtsge-
staltung
(Methode)Ins
tru
kti
on
sd
es
ign
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3. Unterricht und Unterweisung
Stufung der Entscheidungen für Unterricht
Übergeordnete Normen (Verfassung, Schulgesetz,
Verordnungen, Richtlinien für die
Lehrplanarbeit, betriebl. Leitlinien)
Curriculare Entscheidungen (Rahmung, Lehrprogramme)
Entscheidungsraum der Lehrkräfte(Unterrichtsplanung, Vorstrukturierung des Unterrichts
Lehrverfahren, Unterrichtsform…)
Entscheidungsraum der Lerner Festlegung durch
Lernplanung der Lernenden Lehrerentscheidung
Freiraum des Festlegung durch
Lerners Lernende
17
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3.Unterricht und Unterweisung
3.2 Übergreifende Ziele didaktischen Handelns
Ziel allen didaktischen Handelns ist die Initiierung, Analyse und Planung
von Lehr- Lernprozessen
Definition von Lernen? (Begriffsvarianten; Lernmodell Strakas)
Definition von Lehren? (Unterrichten, Unterweisen)
18
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3. Unterricht und Unterweisung
Definition von Lernen
Unter Lernen verstehen wir alle nicht direkt zu beobachtenden
Vorgänge in einem Organismus, vor allem in seinem zentralen
Nervensystem (Gehirn), die durch Erfahrung (aber nicht durch
Reifung, Ermüdung, Drogen oder Ähnliches) bedingt sind und
eine relativ dauerhafte Veränderung bzw. Erweiterung des
Verhaltensrepertoires zur Folge haben.
Quelle: Treml, A. K.: Lernen. In: Krüger, H.; Helsper, W. (Hrsg.): Einführung in
Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft. Opladen: Leske
+ Budrich 1995, S. 93-102 19
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Allgemeines Lernmodell nach Straka
Quelle: Straka, Gerald A.: Lern- Lehr- theoretische Grundlagen der beruflichen Bildung, 2002, S.
18
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3. Unterricht und Unterweisung
Individuelle Determinanten des Lernens
exemplarische
Dimensionen
Meta-Kognitionen
Interessen/Motivation
(Fach-) Wissen
Intelligenz
Volitionale Aspekte
Selbstbild
Ängste
Einstellungen
- Aspekte der Persönlichkeit - - Lernpsychologische Bearbeitung -
Geschlecht
Alter
denken
fühlen
bewegen
Kognitionen
Emotionen/
Affekte
Motorik
………..
Lernen
(Prozess/
Produkt)
Problemlösefähigkeit
Prozedurales Wissen.
Selbstbestimmung
Inhaltliche Bezug
Deklaratives Wissen
z.B. Fachwissen Mathematik
21
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3. Unterricht und Unterweisung
Definition von Unterricht
Unterricht ist die gezielte Planung, Organisation und
Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen.
Quelle: Helsper, Werner; Keuffer, Josef: Unterricht. In: Krüger, Heinz-Hermann; Helsper, Werner (Hrsg.):
Einführung in Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft. Opladen: Leske+Budrich
1995, S. 81-91, hier S.81. 22
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Von anderen Kommunikations-, Lern- und Sozialisationsformen
unterscheidet sich Unterricht (idealtypisch) durch
• Pädagogische Intentionalität
• Planmäßigkeit
• Institutionalisierung
• Professionalisierung
3. Unterricht und Unterweisung
Merkmale von Unterricht
Quelle: vgl. Schulz, Wolfgang: Unterricht. In Wulf, Christoph: Wörterbuch der Erziehung. 3. Auflage,
München: Piper, 1974, S. 591-598, hier S. 592. 23
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3. Unterricht und Unterweisung
Unterweisung
Bezeichnung für die planvolle Organisation von Lernprozessen zum
Erwerb manueller Fähigkeiten und der dazu notwendigen Kenntnisse,
Haltungen etc.
Traditionelle Sequenzierung von Unterweisungen:
Funktion:
1. einführende Unterweisung Anleitung zur Ausführung
einer Tätigkeit
2. begleitende Unterweisung Korrektur, Unterstützung
während der Übungsphase
3. abschließende Unterweisung Kontrolle und Bewertung
der Übungsarbeit
(Schelten 1995, S. 93f.)24
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3. Unterricht und Unterweisung
Definitionen zu Lehrplan und Curriculum (1)
1. Lehrplan
„Der Lehrplan ist die geordnete Zusammenfassung von Lehrinhalten, die
während eines vom Plan angegebenen Zeitraumes über Unterricht,
Schulung oder Ausbildung vom Lernenden angeeignet und verarbeitet
werden sollen.“
Quelle: Blankertz, H.: Theorien und Modelle der Didaktik. 3. Aufl., München: Juventa,
1970, S. 11125
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3. Unterricht und Unterweisung
Definitionen zu Lehrplan und Curriculum (2)
2. Geschlossenes Curriculum
„Unter Curriculum wird ein System für den Vollzug von Lernvorgängen im
Unterricht in Bezug auf definierte und operationalisierte Lernziele
verstanden. Das Curriculum umfasst:
• Lernziele
• Inhalte
• Methoden
• Situationen
• Strategien
• Evaluation.“
(Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (Hrsg.): Bildungsgesamtplan. Bd. I.
Stuttgart: Klett, 1973, S. 72)26
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3. Unterricht und Unterweisung
Definitionen zu Lehrplan und Curriculum (3)
3. Offenes Curriculum
„Praxisnahe Curriculumentwicklung“:
• Verbindung von Festlegung und Offenheit
• Konkretisierung von Rahmenbedingungen
• Mehr bewusst ausgelegter Handlungsspielraum für die Lernenden und
Lehrenden
(Deutscher Bildungsrat: Empfehlungen der Bildungskommission: Zur Förderung
praxisnaher Curriculum-Entwicklung. Verabschiedet auf der 35. Sitzung der
Bildungskommission am 15./16. November 1973 in Saarbrücken. Bonn, 1974, S.21)
27
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3.3 Strukturelemente systematischer Lehr- Lernprozesse (1)
• Bedingungsrahmen
• Gegenstandsfelder/Entscheidungsfelder
• Lernverhalten bzw. Lernhandeln der Lernenden
• Folgen von Lehr- Lernprozessen
28
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3. Unterricht und Unterweisung
Strukturelemente systematischer Lehr-Lern-Prozesse (2)
Bedingungen von Lehr- Lern- Prozessen
• Klassenspezifika/Lerngruppenspezifika
• materielle Bedingungen
• zeitlicher Rahmen
• Kompetenzen/Orientierungen der Lehrenden
• Schulkultur (Kultur der Lehrorganisation)
• Speziell Duale Ausbildung: Spannungsfeld von betrieblichen und
gesellschaftlichen Anforderungen und Anspruch auf individuelle
Entwicklung
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3. Unterricht und Unterweisung
Strukturelemente systematischer Lehr-Lernprozesse (3)
Gestaltungsfelder/Entscheidungsfelder von Lehr-Lern-Prozessen
• Ziele, Inhalte, Methoden/Interaktion, Medien, Erfolgssicherung
• Speziell Duale Ausbildung: Abstimmung, Kooperation, schulische und
betriebliche Bildungsangebote
Folgen von Lehr-Lern-Prozessen
• Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Orientierungen, Kompetenzen
• Emotionen / Motivationen
• Selbstkonzept
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3. Unterricht und Unterweisung
Strukturmodell systematischer Lehr-Lernprozesse in der
dualen Berufsbildung (1)
31
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3. Unterricht und Unterweisung
Strukturmodell systematischer Lehr-Lernprozesse in der
dualen Berufsbildung (2)
32
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
3. Unterricht und Unterweisung
Strukturmodell systematischer Lehr-Lernprozesse in der
dualen Berufsbildung (3)
Quelle: Nickolaus, R.: Didaktik – Modelle und Konzepte beruflicher Bildung:
Orientierungsleistungen für die Praxis. Baltmannsweiler: Schneider Verlag
Hohengehren, 2006, S.10 33
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4. Ziele von Unterricht und Unterweisung in der
beruflichen Bildung
Aufbau des Abschnitts:
4.1 Zugewiesene Funktionen/Ziele des beruflichen Bildungssystems
4.2 Begründungskontexte von Lehrzielen
4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung
4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
4.6 Beispiele von Lehrzielen aus Lehrplänen und Ausbildungsordnungen
und Hinweisen zu Analysemöglichkeiten
34
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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
Erziehungsziel
„Unter einem Erziehungsziel wird eine Norm verstanden, die eine für
Educanden als Ideal gesetzte psychische Disposition (oder ein
Dispositionsgefüge) beschreibt und vom Erzieher fordert, er solle so
handeln, dass der Educand befähigt wird, dieses Ideal so weit wie
möglich zu verwirklichen.“
Quelle: Brezinka, W.: Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft. München: Reinhardt,
1974, S. 15535
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(2) Die Schule hat den in der Landesverfassung verankerten Erziehungs-
und Bildungsauftrag zu verwirklichen.
• Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus
ist die Schule insbesondere gehalten zu
erziehen:
• in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe
• in der Liebe zu Volk und Heimat
• zur Achtung der Würde und Überzeugung anderer
• zu Leistungswillen, Eigenverantwortung und sozialer Bewährung
• zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellung der freiheitlich-
demokratischen Grundordnung
4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
§ 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule (1)
36
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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
§ 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule (2)
• Förderung der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung
• Vorbereitung auf die Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen
staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten
• Vermittlung der dafür notwendigen Urteils- und
Entscheidungsfähigkeit
• Vorbereitung auf die Mannigfaltigkeit der Lebensaufgaben und auf die
Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt mit ihren unterschiedlichen
Aufgaben und Entwicklungen
Quelle: Holfelder/ Bosse: Schulgesetz für Baden- Württemberg. Handkommentar mit
Nebenbestimmungen. Stuttgart u.a.: Boorgberg Verlag 1993, S. 15 37
Prof. Dr. R. Nickolaus
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4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
Berufliche Tüchtigkeit und Berufliche Mündigkeit (1)
Berufliche Tüchtigkeit
Fähigkeit, gegebenenfalls wechselnde von außen vorgegebene berufliche
Anforderungen zu bewältigen.
Berufliche Mündigkeit
i.e.S.:
Summe der Qualifikationen, die erforderlich sind, um sich im
Erwerbsleben nach vorgegebenen Leistungsnormen zu bewähren und
gleichzeitig diese Normen in Frage stellen zu können.
(Lempert, W.: Leistungsprinzip und Emanzipation. Frankfurt am Main 1971, S. 139)
38
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und Psychologie
4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
Berufliche Tüchtigkeit und Berufliche Mündigkeit (2)
Berufliche Mündigkeit
i.w.S.:
darüber hinaus: Selbstreflexion und Reflexion gesellschaftlicher
Strukturen und Prozesse mit den Zielen verinnerlichte Zwänge auflösbar
zu machen, den Verhaltensspielraum des Einzelnen zu erweitern,
Gegebenheiten, die einer solchen Entfaltung entgegenstehen als
veränderbar begreifbar zu machen und den Menschen zu befähigen,
rational zu denken und zu handeln.
(Voigt, W.: Einführung in die Berufs- und Wirtschaftspädagogik, München 1975, S. 34)39
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
Ziele der Berufsbildung
Fertigkeiten
Fähigkeiten
Wissen
Kenntnisse
Verhaltensweisen
Einstellungen
Zielebenen
Lernziel-
bereiche
berufl.
Tüchtigkeit
berufl.
Mündigkeit
Quelle: Lipsmeier, A.: Ziele der Berufsbildung. In: Schanz, H. (Hrsg.):
Berufspädagogische Grundprobleme. (bzp, Bd. 10). Stuttgart: H&J, 1982 40
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und Psychologie
4.2 Begründungskontexte von Lehrzielen
Klassifikation von Lehrzielbegründungen
a) Primär auf das Individuum bezogene Begründungen, z.B. Recht auf
Bildung, Persönlichkeitsförderung
b) Primär auf die Gesellschaft bzw. Teilbereiche der Gesellschaft
bezogene Begründungen
Befähigung, vorgegebene Anforderungen zu
bewältigen
Anpassung an bzw. Mitgestaltung und Weiterentwicklung der
Gesellschaft bzw. gesellschaftlicher Teilbereiche
41
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung
Die leitende Norm beruflicher Bildung
Es sind
a) jene Fähigkeiten zu vermitteln, die zur Ausübung komplexer,
abwechslungsreicher Tätigkeiten, zur Nutzung von
Experimentierchancen und zur Teilhabe an demokratischen
Entscheidungsverfahren notwendig sind und
b) jene Fähigkeiten anzustreben, die zur Herstellung und Sicherung
eines persönlichkeitsförderlichen Arbeitsmilieus hilfreich sind oder
sein könnten.
42
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung
Zentrale Befunde der Sozialisationsforschung zu
persönlichkeitsförderlichen Arbeitsbedingungen (1)
Als förderlich erweisen sich
• komplexe und abwechslungsreiche Tätigkeiten
• Experimentierchancen in der Arbeit
• kollegiale Kommunikations- und Interaktionsformen
• demokratische Entscheidungsverfahren und realistische
Erwartungen individuellen Weiterkommens und gesellschaftlichen
Fortschritts
43
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
4.3 Leitende Normen beruflicher Bildung und deren Begründung
Zentrale Befunde der Sozialisationsforschung zu
persönlichkeitsförderlichen Arbeitsbedingungen (2)
Als behindernd erweisen sich
• einfache und eintönige Tätigkeiten
• standardisierte Operationen
• autoritäre und bürokratische Entscheidungsverfahren
• Perspektivlosigkeit des individuellen Werdegangs und
gesellschaftlicher Entwicklung
44
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und Psychologie
4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
Übersicht zur chronologischen Entwicklung von Lehr-
Lernzielen in der Beruflichen Bildung (1)
• Ausgangspunkt (vor 1970) ist der Bildungsbegriff, der als Leitnorm
etwa ab 1970 in die Kritik gerät und wegen seiner Unbestimmtheit
als ungeeignet eingeschätzt wird, konkretes pädagogisches Handeln
zu orientieren (B: innere Entfaltung, äußere Formung, Zustand).
• In Anlehnung an den amerikanischen Behaviorismus wird ab 1970
von Lernzielen gesprochen, wobei die Operationalisierbarkeit von
Lernleistungen betont wird. In diesem Kontext wurden auch
umfangreiche Lernzieltaxonomien entwickelt (z.B. Bloom).
• Etwa zeitgleich wird der Qualifikationsbegriff zunehmend zur
Kennzeichnung von Lehr-Lernzielen genutzt. Im Vordergrund stehen
hier die Anforderungen des Beschäftigungssystems.
45
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
Übersicht zur chronologischen Entwicklung von Lehr-
Lernzielen in der Beruflichen Bildung (2)
• Schlüsselqualifikationen werden etwa ab 1974, verstärkt zu Beginn
der 80er Jahre als zentrale Zielkategorien genutzt.
• Kompetenzen sind gegenwärtig die primär genutzten Zielkategorien.
Betont wird hier das selbstverantwortliche und selbstbestimmte
Handeln. Unterschieden werden z.B. Fach-, Methoden-, Sozial-,
Human-, Planungs- oder Selbstkompetenz. Für den beruflichen
Bereich werden diese Kompetenzen von Bader als Berufliche
Handlungskompetenz zusammengefasst.
• Außerdem wird z. T. auch wieder verstärkt auf den Bildungsbegriff
zurückgegriffen und dabei die Ganzheitlichkeit, die Einheit von Theorie
und Praxis betont.46
Prof. Dr. R. Nickolaus
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4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
Berufliche Handlungskompetenz als Richtziel der
beruflichen Bildung
Definition (nach Bader):
„Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen
sach- und fachgerecht zu handeln, d.h. anstehende Probleme
zielorientiert zu lösen, die gefundenen Lösungen zu bewerten und das
Repertoire seiner Handlungsschemata weiterzuentwickeln.“
Quelle: Bader, R.: Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz in der Berufsschule.
Dortmund 1990, 11 (Hg.: Landesinstitut für Schulen und Weiterbildung NRW)47
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und Psychologie
4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
Dimensionen der Handlungskompetenz (1)
• FACHKOMPETENZ bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit auf der
Grundlage fachlichen Wissens und Könnens, Aufgaben und Probleme
zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und
das Ergebnis zu beurteilen.
• PERSONALKOMPETENZ bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit, als
individuelle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und
Einschränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu
durchdenken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie
Lebenspläne zu fassen und fortzuentwickeln.
Sie umfasst personale Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit,
Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Pflicht-
bewusstsein. Zu ihr gehören insbesondere auch die Entwicklung durch-
dachter Wertvorstellungen und die selbst bestimmte Bindung an Werte.48
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
4.4 Die chronologische Entwicklung von Lehrzieltypen
Dimensionen der Handlungskompetenz (2)
• SOZIALKOMPETENZ bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit,
soziale Bindungen zu leben und zu gestalten, Zuwendungen und
Spannungen zu erfassen, zu verstehen sowie sich mit Anderen
rational und verantwortungsbewusst auseinander zu setzen und zu
verständigen.
Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer
Verantwortung und Solidarität.
Quelle: KMK 2000, S. 949
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
Offene Fragen zur Kompetenzstruktur und den erreichten
Niveaus
1. Lassen sich die Subdimensionen beruflicher Handlungskompetenz
auch empirisch als eigene Kompetenzen bestätigen?
2. Sind die Subdimensionen weiter ausdifferenzierbar?
3. Sind Fähigkeiten und Bereitschaften jeweils unabhängige
Kompetenzfacetten?
4. Wie kann man die Ausprägung der verschiedenen Kompetenzen
messen?
5. Welche Kompetenzniveaus lassen sich unterscheiden und welche
werden erreicht?
50
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und Psychologie
Strukturmodelle berufsfachlicher Kompetenz im
gewerblich technischen Bereich
Grundlegende Fragen: Welche Kompetenzstruktur kann begründet
unterstellt werden?
(1) I Wissen/ Verständnis
II Anwendung des Wissens in problemhaltigen
Situationen
III manuelle Fertigkeiten
(2) Welche Subdimensionen von I, II, III sind empirisch
erhärtbar?
51
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
Ausgewählte Ergebnisse zur Struktur des Fachwissens
• Es lassen sich domänenübergreifend das Fachwissen
und die Fähigkeit dieses Fachwissen anzuwenden als
eigene Subdimensionen der Fachkompetenz bestätigen.
• Methodenkompetenz ist bisher nicht als eigenständige
Kompetenzdimension empirisch ausweisbar
• Manuelle Fähigkeiten wurden bisher in die Kompetenz-
modellierungen nicht einbezogen.
• Es lassen sich z.T. Subdimensionen des Fachwissens und
seiner Anwendung bestätigen.
52
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
Beispiele empirisch bestätigter Kompetenzstrukturmodelle
53
Prof. Dr. R. Nickolaus
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1
2
3
Mess-
einheit
Personen-
fähigkeit
Item-
schwierigkeit
4
1
0
-1
-2
hoch
Kompetenz-
niveau
niedrig
2
3
n1 = 212
n2 = 208
n3 = 84
n0 = 100
1
Beispiel zu den erreichten Niveaus:
Niveaumodell
fachspezifisches Problemlösen
(KFZ- Ende der Ausbildung)
54
Prof. Dr. R. Nickolaus
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Niveau 1: Routiniertes und computergestütztes Lösen einfacher Kfz-
Probleme
Personen dieser Niveaustufe können die Informationen des Arbeitsauftrags
erfassen und für die Diagnosearbeit nutzen. Zudem sind sie in der Lage,
vertraute Fehlzustände zu diagnostizieren (Routinediagnose) und bei Aufgaben
geringer Komplexität eine computergestützte Diagnose erfolgreich
durchzuführen. Es wird also der standardmäßige Umgang mit dem
Expertensystem (lineares Vorgehen, typischerweise bestehend aus:
Fehlerspeicher auslesen, Eigendiagnose, computergestütztes Aufsuchen von
Fahrzeugkomponenten, regelbasierte Diagnose) und mit dem Multimeter (für
Spannungs- und Widerstandsmessungen) beherrscht. Die von den Personen
vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen beziehen sich in der Regel auf den
Tausch einfacher Fahrzeugkomponenten.
Kompetenzniveaumodelle
55
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Kompetenzniveaumodelle
Niveau 2: Computergestütztes und nicht geführtes Lösen mittelkomplexer
Kfz-Probleme
Personen dieser Niveaustufe weisen zusätzlich zu den Fähigkeiten von
Niveaustufe 1 die Fähigkeit auf, Fehlzustände mittlerer Komplexität entweder
anhand einer computergestützten Diagnose oder einer nicht geführten Diagnose
zu identifizieren. Außerdem sind sie in der Lage, Stromlaufpläne und auf
Niveaustufe 1 nicht benötigte Funktionen des Expertensystems (z. B. Aufrufen
von Stromlaufplänen) für die Diagnosearbeiten zu nutzen. Personen des
Kompetenzniveaus 2 können eigenständig einfachere Diagnosestrategien
entwickeln und einfachere technische Systeme mental modellieren. Die von den
Personen vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen beziehen sich auch auf die
Beseitigung von Kontakt- und Verbindungsprobleme (z.B. Ersetzen defekter
Kabel).
56
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Kompetenzniveaumodelle
Niveau 3: Eigenständiges Lösen komplexer Kfz-Probleme
Im Gegensatz zur Niveaustufe 1 und 2 können Personen des Niveaus 3 Aufgaben
hoher Komplexität anhand einer nicht geführten Diagnose erfolgreich bearbeiten.
Gegenüber Niveau 2 beherrschen sie außerdem den Umgang mit weniger häufig
verwendeten elektronischen Messgeräten (Oszilloskop und Stromesszange).
Zudem sind sie in der Lage, komplexere technische Systeme eigenständig
kognitiv zu modellieren. Auf dieser Niveaustufe beziehen sich die
vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen sowohl auf das Ersetzen defekter Kabel
als auch auf den Tausch komplexer Fahrzeugkomponenten.
57
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Sozialkompetenz
Zahlreiche Strukturierungsvorschläge
Typische Subdimensionen, die von Seiten der Firmen betont werden:
Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit,
Koordinationsfähigkeit, Empathie
Unterscheidbare Facetten: Wissen, Einstellungen, Fähigkeiten,
Fertigkeiten
Def. (Euler (1989): (situationsspezifische) „Fähigkeit eine
verantwortbare Balance zwischen Eigen- und Fremdansprüchen
herzustellen“
Basen: Selbstkontrolle; Perspektivenübernahme
58
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Klassifikation von Lehr-Lernzielen nach Bloom (1)
• auf den kognitiven Bereich bezogene Lehr-Lernziele
• auf den affektiven Bereich bezogene Lehr-Lernziele
• auf den psychomotorischen Bereich bezogene Lehr-Lernziele
59
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Klassifikation von Lehr-Lernzielen nach Bloom (2)
zu a) Lehr-Lernziele im kognitiven Bereich
- Erinnern, Reproduzieren von Wissen
- Denken (log.), Problemlösen, kreatives Denken
zu b) Lehr-Lernziele im Bereich von
- Orientierungen (Interessen, Einschätzungen,
Wertschätzungen)
- Emotionen
zu c) Lehr-Lernziele im Bereich
- manipulativer oder motorischer Fertigkeiten
Relation der Bereiche: Enge Verknüpfung bzw. gegenseitige Kopplung
60
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Klassifikation kognitiver Lehr-Lernziele nach Bloom (1)
Kognitive Lehr-Lernziele
Wissen
Verstehen Die vorausgehende Stufe ist jeweils
Anwenden Voraussetzung für die folgende Stufe
Analyse
Synthese
Bewertung
61
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Klassifikation kognitiver Lehr-Lernziele nach Bloom (2)
Ausdifferenzierung „Wissen“
Wissen
• von konkreten Einzelheiten (terminologisches Wissen, Wissen
einzelner Fakten)
• der Wege und Mittel mit konkreten Einzelheiten zu arbeiten (Wissen
von Konventionen, von Trends und zeitlichen Abfolgen, von
Klassifikationen und Kategorien, von Kriterien, von Methoden)
• von Verallgemeinerungen und Abstraktionen eines Fachgebietes
(Wissen von Prinzipien und Verallgemeinerungen, von Theorien und
Strukturen)
62
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Klassifikation affektiver Lehr-Lernziele nach Krathwohl et al.
Beachtung
Reagieren
Werten
Wertordnung
Bestimmtsein durch Werte
•Kenntnisnahme eines Wertes
•Aufnahmebereitschaft
•Gerichtete, selektive Aufmerksamkeit
•Einwilligung zum Reagieren
•Bereitschaft zum Reagieren
•Befriedigung beim Reagieren
•Annahme eines Wertes
•Bevorzugung eines Wertes
•Bindung an einen Wert
•Konzeptbildung für einen Wert
•Errichtung eines Wertsystems
•Verallgemeinerung des Wertsystems
•Bildung einer Weltanschauung63
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Zweidimensionale Lehr-Lernziel-Taxonomie von Anderson
und Krathwohl (2001)
Wissens-
dimension
Dimension der kognitiven Prozesse
erinnern ver-
stehen
an-
wenden
analy-
sieren
eva-
luieren
erschaf-
fen
deklaratives
Wissen
konzeptuelles
Wissen
prozedurales
Wissen
metakog.
Wissen 64
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Übersicht über Möglichkeiten der Lernzielbeschreibung (1)
Ziel-
klassen
WISSEN
Informationen
KÖNNEN
Operationen
ERKENNEN
Probleme
WERTEN
Einstellungen
Einblick: (in
Ausschnitte eines
Wissensgebietes)
beschreiben, erste
Begegnung mit
einem
Wissensgebiet
Überblick (über
den Zusammen-
hang wichtiger
Teile)
Fähigkeit:
Können, das
zum Vollzug von
Operationen
notwendig ist.
Bewusstsein:
Die
Problemlage
wird in ihren
wichtigen
Aspekten
erfasst.
Offenheit
Neigung
Interesse
Vgl. Westphalen, Klaus: Praxisnahe Curriculumentwicklung, Donauwörth, 6. Auflage 1978)65
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Übersicht über Möglichkeiten der Lernzielbeschreibung (2)
Ziel-
klassen
WISSEN KÖNNEN ERKENNEN WERTEN
Kenntnis: verlangt
stärkere Differen-
zierung der Inhalte
und Betonung der
Zusammenhänge
Vertrautheit: Be-
deutet souveränes
Verfügen über
möglichst viele
Teilinformationen
+Zusammenhänge
Fertigkeit: ver-
langt eingeschlif-
fenes, fast
müheloses
Können
Beherrschung:
Bedeutet sou-
veränes Verfügen
über eingeübte
Ver-
fahrensmuster.
Einsicht: Eine
Lösung des
Problems wird
erfasst.
Verständnis:
Eine Lösung
des Problems
wird überprüft
und ggf.
anerkannt.
Achtung
Bereitschaft
Freude
Entschlos-
senheit
Vgl. Westphalen, Klaus: Praxisnahe Curriculumentwicklung, Donauwörth, 6. Auflage 1978)66
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Lernzielfeld – Beispiel „Kleben“ (1)
Lernziel-
arten
inhaltlich-fachlich
methodisch-problem-lösend
sozial-kommuni-kativ
affektiv-ethisch
Richtziele Kenntnis einfacher Fügever-fahren
Einsicht in Verfahren des Experi-mentierens
Diskussion, Präsenta-tionstech-niken
Verständnis für Vitalwerte
Grobziele Einsicht in das Kleben von Werk-stoffen
Fähigkeit, den Versuch als Mittel zur Aussage-gewinnung zu nutzen
Fähigkeit, Konflikt-gespräche zu führen
Fähigkeit, gesund zu leben
Abstr
aktionsgra
d
Allgemeinheitsgrad 67
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4.5 Lehrzielebenen und Lehrzielklassifikation
Lernzielfeld – Beispiel „Kleben“ (2)
Lernziel-
arten
inhaltlich-fachlich
methodisch-problem-lösend
sozial-kommuni-kativ
affektiv-ethisch
Feinziele Die Schüler sollen- Den Begriff Kleben er-läutern- Eine Klebe-verbindung fachgerecht herstellen
Die Schüler sollen die Klebefestig-keit bei Zug-beanspruch-ung experi-mentell ermitteln und auswerten
Die Schüler sollen in Gruppen unter-schiedliche Verbindungs-formen be-werten und das Ergebnis präsentieren
Die Schüler sollen selb-ständig Infos über Klebstoff-eigenschaften einholen und gesundheit-liche Auswirkungen nennen
Allgemeinheitsgrad
Abstr
aktionsgra
d
Aus Ott, Bernd: Grundlagen des beruflichen Lernens und Lehrens: Berlin 1997, S.162) 68
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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen
Arten der Lernzielformulierung nach Klauer (1)
• Beschreibung eines anzustrebenden Persönlichkeitstypus, z.B.
„Demokratischer Staatsbürger“
• Angabe einzelner Persönlichkeitseigenschaften, z.B. „freiheitlich-
demokratische Gesinnung“ oder „Bereitschaft zu verantwortlichem
Handeln in der Gesellschaft“
• Angabe der Inhalte in fachwissenschaftlicher Terminologie, ggf. mit
einem Hinweis auf anzustrebende Persönlichkeitseigenschaften, z.B.
„Kenntnis grundlegender Veränderungen in den
Produktionsmethoden“ oder „Einsicht in die grundsätzlichen
Möglichkeiten der Machtkontrolle“
69
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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen
Arten der Lernzielformulierung nach Klauer (2)
• Beschreibung in geistigen Operationen, die zu Tätigkeiten bestimmter
Art qualifizieren, z.B. „Fähigkeiten in vielschichtigen und prozesshaften
Zusammenhängen zu denken“
• Beschreibung in Erlebnisbegriffen, z.B. „Freude und Interesse an der
Auseinandersetzung mit politischen Fragen“
• Beschreibung des Zielverhaltens (Angabe in Inhalt und Aktivität bzw.
deren Produkt) bzw. des Verhaltensmusters (Konstrukt einer
Persönlichkeitseigenschaft, die mit dem Verhalten zusammenhängen
soll), z.B. „politisch-aktiv“
• Angabe von Lehrertätigkeiten als Mittel zur Zielerreichung, z.B.
„Diskussion aktueller politischer Ereignisse“
Vgl.: Klauer, K.J.: Methodik der Lehrzieldefinition und Lehrstoffanalyse, Düsseldorf,1974, S. 1170
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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen
Umschreibung psychologischer Begriffe (1)
Kognitionen
Bezeichnet die Gesamtheit der nichtemotionalen und nicht den Willen
betreffenden psychischen Prozesse, also diejenigen Vorgänge, die etwas
mit der Entstehung von Erkenntnis und Wissen zu tun haben
(Wahrnehmung, Vorstellen, Denken, Verstehen, Urteilen).
Metakognitionen
Oberbegriff für Kognitionen, die der Regulation von Kognitionen dienen,
die also andere kognitive Prozesse als Objekt haben; man spricht
deshalb auch von Wissen 2. Ordnung, Metawissen oder Kontrollwissen.
71
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und Psychologie
4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen
Umschreibung psychologischer Begriffe (2)
Emotionen (auch Gefühl, Affekt)
Bezeichnet den irrationalen, wilden, nicht durch Verstand und Vernunft
dominierten Teil der Psyche.
Trotz dieser zunächst klaren Trennung von Kognitionen und Emotionen
wird von einer Verbindung beider ausgegangen, z.B. emotionale
Vernunft oder Intelligenz der Gefühle.
Selbstkonzept
Gesamtheit der kognitiven Repräsentationen der eigenen
Persönlichkeit bzw. das Selbst.
Selbstwertgefühl (auch Selbstwert, Selbstachtung)
Bezeichnet selbstbezogene Kognitionen mit stark wertender
Komponente.
Quelle: Städtler, Thomas: Lexikon der Psychologie. Stuttgart: Kröner 199872
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4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten
Fragenkatalog zur Lehrzielanalyse (1)
• Ist der Sinn der einzelnen Zielangaben dem Text eindeutig zu
entnehmen?
• In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen Zielangaben?
Gibt es allgemeinere und speziellere, voneinander abhängige oder
relativ selbstständige Teilziele?
• Sind die Zielkomplexe logisch stimmig?
• Ist dem Lehrplan im Ganzen zu entnehmen, wie sich die Grobziele zu
den in den Vorbemerkungen postulierten Richtzielen verhalten?
• Welche Arten der Lehrzielformulierung werden benutzt?
73
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und Psychologie
4.6 Hinweise zu Analysemöglichkeiten von Lehrplänen
Fragenkatalog zur Lehrzielanalyse (2)
• Welche (impliziten oder expliziten) Angaben über die Wirklichkeit
enthalten die Zielformulierungen?
• Welche historischen Hintergründe lassen sich in den Zielen wieder
finden?
• Drücken sich in den pädagogischen Normen (unreflektierte) Interessen
gesellschaftlicher, politischer, kultureller Gruppen oder Schichten aus?
• Lassen sich in den Zielformulierungen bestimmte Ideologien wieder
finden?
• Sind die Ziele realisierbar?
74
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und Psychologie
(2) Die Schule hat den in der Landesverfassung verankerten Erziehungs-
und Bildungsauftrag zu verwirklichen.
• Über die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten hinaus
ist die Schule insbesondere gehalten zu
erziehen:
• in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe
• in der Liebe zu Volk und Heimat
• zur Achtung der Würde und Überzeugung anderer
• zu Leistungswillen, Eigenverantwortung und sozialer Bewährung
• zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellung der freiheitlich-
demokratischen Grundordnung
4.1 Zugewiesene Ziele des beruflichen Bildungssystems
§ 1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule (1)
75
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und Psychologie
5. Didaktische Modelle und Konzepte
Aufbau des Abschnitts:
5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte
5.2 Ausgewählte allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
5.3 Ausgewählte Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher
Bildung
5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde zu Bedingungs- und
Entscheidungsfeldern
76
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und Psychologie
Der Zusammenhang von didaktischem Modell und Konzept
und deren Funktion
Erziehungswissenschaftentwickelt
Didaktische Modelle als
erziehungswissenschaftliche Theorie
- zur Analyse (Strukturmodell) und
- zur Gestaltung/ Verlaufsmodell daraus wird eine begründete
Handlungsanweisung entwickelt
(ein Konzept, ein
Handlungsentwurf,
Umsetzungsstrategie)
Funktionen
Aufklärung von Voraussetzungen, Möglichkei-
ten, Grenzen des Lehrens und Lernens
Reduktion von Komplexität
Akzentuierung bestimmter Aspekte
Transparenz eines komplexen Gebildes
Sichtbarmachung unterschiedlicher
Perspektiven
Produktivität
führt zu Entscheidungen,
Handlungen (Lehrpraxis)77
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und Psychologie
5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte
Faktoren des Unterrichts (Strukturierungsmodelle)
Didaktisches Dreieck
Lehrer
Schüler Stoff
78
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und Psychologie
5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte
Faktoren des Unterrichts (Strukturierungsmodelle)
Schüler Stoff
LehrerAusbilder
Eltern
Unterrichts-
milieu
Mitschüler
Erweiterungen nach Barbara Hopf: Didaktische T-Form
79
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und Psychologie
5.1 Funktion didaktischer Modelle und Konzepte
Faktoren des Unterrichts (Strukturierungsmodelle)
Erweiterungen nach Barbara Hopf: Didaktisches Vieleck
Lehrer
Mitschüler
Eltern
(Geschwister,
Verwandte)
Nachbarn
Rund-
funk-
sprecher
Fernseh-
lehrer
Ausbilder
Verkäufer+
weitere
Inform.-
träger
Schüler
Stoff
80
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Berliner Strukturmodell (Heimann, Otto, Schulz 1979)
soziokulturelleVoraussetzungen
Themen
Methoden Medien
Ziele
soziokulturelleFolgen
anthropologisch-psychologischeVoraussetzungen
anthropologisch-psychologischeFolgen
81
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Bildungstheoretische Didaktik
Übersicht zur zentralen Argumentationsstruktur bei Peterßen
1. Bedeutung des Ansatzes:
Längste Tradition, große Wirksamkeit in der Bildungspraxis und Lehrerbildung, positive
Prognose; flexible Anpassung an sich wandelnde Bedürfnisse
2. Wurzeln:
In der geisteswissenschaftlichen Pädagogik zu Beginn des 20. Jh.
Zustandekommen: auf Basis rein hermeneutischen, historisch-systematischen Vorgehens
3. Ursprünge und Ausgangsbasis:
Bildung als zentrale Kategorie; Bildung wird als Vorgang der Begegnung des Schülers mit der
kulturellen Umwelt verstanden, in die er eingeführt wird und die er zu seinem geistigen Besitz
machen soll“ (S. 83)
Bildung kann nur in der Begegnung mit Objekten der kulturellen Umwelt erfolgen
Hohe Bedeutung der Frage, mit welchen Objekten der Schüler konfrontiert werden
soll
Peterßen, W. (Hrsg.)(1992): Lehrbuch allgemeine Didaktik. München: Ehrenwirth.82
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Bildungstheoretische Didaktik
Übersicht zur zentralen Argumentationsstruktur bei Peterßen (Fortsetzung)
Historische Varianten didaktischen bildungstheoretischen Denkens und deren Vertreter:
Diltey Nohl Weniger Klafki
Nohl: Verweis auf Notwendigkeit Didaktik so auszurichten, dass verschiedene pädagogische
Prinzipien gleichermaßen berücksichtigt werden
Gemeinsamkeiten:
Ausgangspunkt ist die pädagogische Wirklichkeit, die einem permanenten Wandlungsprozess
unterliegt / durch gesellschaftliche Mächte beeinflusst wird.
Notwendigkeit Theorie pädagogischen Handeln immer neu auszuformen
• These vom Primat der Inhalte gegenüber allen anderen Momenten didaktischer
Entscheidungen
• Anspruch mit didaktischer Theorie den Gesamtzusammenhang des Bildungsgeschehens
zu erfassen.
83
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Bildungstheoretisches Modell (Klafki)
Ausgangsbasis:
Bildungsvorstellungen (Bildung =Vorgang der Begegnung des Schülers mit der kulturellen Umwelt)
► Bildung nur in Begegnung mit Objekten der kulturellen Umwelt möglich.
Zentrale Frage: mit welchen Inhalten soll der Schüler konfrontiert werden (Primat der Inhalte)
a) Theoretische Annahmen zur Bildung:
Unterscheidung der Bildungstheorien:
Materiale BT: Aneignung der Kulturgüter steht im Vordergrund
Formale BT: Ausformung individueller Kräfte steht im Vordergrund
►Klafki führt beides unter dem Begriff der kategorialen Bildung zusammen
(doppelseitiger Erschließungsprozess)
84
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Bildungstheoretisches Modell (Klafki)
b) Inhaltliche Füllung der Bildungsvorstellung:
Zentral ist die Verantwortung gegenüber dem Heranwachsenden, eng damit
verbunden ist der Anspruch:
1. Bei allen Bildungsaktivitäten Wahrung des Anspruchs des Adressaten auf eine
erfüllte Gegenwart
2. Vorbereitung auf die Zukunft (Vorannahmen nötig)
3. Es soll keiner Spezialbildung vorgegriffen werden
Annahme, die Leitnorm sei nur einlösbar, wenn es zu einer doppelseitigen
Erschließung kommt und die doppelseitige Erschließung werde möglich, wenn die
Inhalte folgenden Kriterien genügen:
1. Exemplarität (vgl. separate Folie)
2. Zugänglichkeit
3. Gegenwartsbedeutung und Zukunftsbedeutung sind gewahrt
4. Geeignete Strukturierung85
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Bildungstheoretisches Model (Klafki)
c) Zentrale Frage: Wodurch wird doppelseitige Erschließung ausgelöst?
Antwort: Nur möglich durch geeignete Inhalte
Frage: Wie müssen die Inhalte beschaffen sein?
Antwort 1: Inhalte müssen als Besonderes etwas Allgemeines enthalten
(Besonderes stellvertretend für viele Kulturinhalte)
Klafki nennt diese Inhalte „Elementaria“ wobei er
7 Grundformen unterscheidet:
86
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7 Grundformen des Elementaren
Fundamentales Nur als Erlebnis existent und
erfahrbar
z.B. in einer Grenzsituation sich
selbst erfahren (S-Bahn)
Exemplarisches Allgemeines wird am
Besonderen erfahren
An einem fallenden Stein das
Fallgesetz; Motivation K-Erleben
Typisches Allgemeines wird im
Besonderen erfahren
Im Ulmer Münster (beim
Betrachten) der gotischen
Baustile; Verwertung i.d.WB
Klassisches Allgemeines wird als Wert
erfahren
An der Geschichte vom
barmherzigen Samariter die
Nächstenliebe; Fürsorge f.d.E
Repräsentatives Allgemeines wird als
Vergegenwärtigung erfahrbar
An der Stadtmauer wird
Vergangenheit lebendig; Noten-
Selektion
Einfache Zweckform Allgemeines (Form) und
Besonderes (Zweck) fallen
zusammen
Durch Lesen das Lesen lernen
(Lesefertigkeit)
Einfache ästhetische Form Allgemeines und Besonderes
fallen zusammen
Am Bild der „Goldene Schnitt“ ;
päd. u. Öko. Vernunfti (Peterßen 1994, S. 92)
87
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Bildungstheoretisches Model (Klafki)
Antwort 2: Neben der Bedingung des Exemplarischen müssen Inhalte geeignet sein,
die Wirklichkeit für Lernende zu erschließen, d.h. sie müssen für diese
zugänglich sein.
Antwort 3: Andererseits von spezifischer geschichtlicher Situation abhängig, ob Inhalte zu
Bildungsinhalten werden (nur bezogen auf die konkrete Situation bestimmbar)
88
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Didaktische Analyse nach Klafki
Fünf Grundfragen:
1. Exemplarität
Welches Argument lässt sich an diesem Besonderen erschließen?
2. Gegenwartsbedeutung
Welche Bedeutung hat dieser Inhalt bereits im Leben der Schüler bzw.
sollte er haben?
3. Zukunftsbedeutung
Worin liegt die Bedeutung für die Zukunft der Schüler?
4. Struktur
Welches ist die Struktur des Inhalts? (Momente, Beziehungen, Schichtung,
übergreifender Zusammenhang, Zugänglichkeit)
5. Adäquate Fälle/Zugänglichkeit
Welche konkreten Fälle machen die Struktur des Inhalts interessant,
begreiflich, anschaulich?89
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (1)
I. Welchen größeren bzw. welchen allgemeinen Sinn- oder
Sachzusammenhang vertritt und erschließt dieser Inhalt? Welches
Urphänomen, Grundprinzip, Gesetz, Kriterium, Problem, welche Methode,
Technik oder Haltung lässt sich in der Auseinandersetzung mit ihm
„exemplarisch“ erfassen?
1. Wofür soll das geplante Thema exemplarisch, repräsentativ, typisch sein?
2. Wo lässt sich das an diesem Thema zu Gewinnende als Ganzes oder in
einzelnen Elementen – Einsichten, Vorstellungen, Wertbegriffen,
Arbeitsmethoden, Techniken – später als Moment fruchtbar machen?
II. Welche Bedeutung hat der betreffende Inhalt bzw. die an diesem Thema zu
gewinnende Erfahrung, Erkenntnis, Fähigkeit oder Fertigkeit bereits im
geistigen Leben der Kinder meiner Klasse, welche Bedeutung sollte er –
vom pädagogischen Gesichtspunkt aus gesehen – darin haben?
90
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (2)
III. Worin liegt die Bedeutung des Themas für die Zukunft der Kinder?
IV. Welches ist die Struktur des (durch die Fragen I,II,III in die spezifisch
pädagogische Sicht gerückten) Inhalts?
1. Welches sind die einzelnen Momente des Inhalts als eines
Sinnzusammenhanges?
2. In welchem Zusammenhang stehen diese einzelnen Momente?
3. Ist der betreffende Inhalt geschichtet? Hat er verschiedene Sinn- und
Bedeutungsschichten?
4. In welchem größeren sachlichen Zusammenhang steht dieser Inhalt? Was
muss sachlich vorausgegangen sein?
5. Welche Eigentümlichkeiten des Inhaltes werden den Kindern den Zugang
zur Sache vermutlich schwer machen?
6. Was hat als notwendiger, festzuhaltender Wissensbesitz („Mindestwissen“)
zu gelten, wenn der im Vorangegangenen bestimmte Bildungsinhalt als
angeeignet, als „lebendiger“, „arbeitender“, geistiger Besitz gelten soll?
91
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (3)
V. Welches sind die besonderen Fälle, Phänomene, Situationen, Versuche,
(Personen, Ereignisse, Formelemente), in oder an denen die Struktur des
jeweiligen Inhaltes den Kindern dieser Bildungsstufe, dieser Klasse
interessant, fragwürdig, begreiflich, „anschaulich“ werden kann?
1. Welche Sachverhalte, Phänomene, Situationen usw., m.a.W. „Anschau-ungen“ sind geeignet, die auf das Wesen des jeweiligen Inhaltes, auf seine Struktur gerichtete Fragestellung in den Kindern zu erwecken, jene Frage-stellung, die gleichsam den Motor des Unterrichtsverlaufes darstellen soll?
2. Welche Anschauungen, Hinweise, Situationen, Beobachtungen, Erzählungen, Versuche, Modelle usw. sind geeignet, den Kindern dazu zu verhelfen, möglichst selbständig die auf das Wesentliche der Sache, des Problems gerichtete Fragestellung zu beantworten?
3. Welche Situationen und Aufgaben sind geeignet, das am exemplarischen Beispiel, am elementaren „Fall“ erfasst Prinzip einer Sache, die Struktur eines Inhaltes fruchtbar werden, in der Anwendung sich bewähren und damit üben (immanent wiederholen) zu lassen?
(Peterßen 1994, S.97f)92
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Ausdifferenzierung der didaktischen Analyse d. Klafki (4)
Abschließende Anmerkungen:
• Theorie ist ausschließlich hermeneutisch zustande gekommen
• Verdienste unbestritten
• Pragmatisch hohe Bedeutsamkeit, aber der Ausgangspunkt, doppelseitige
Erschließung bzw. das Bildungsideal wird der Realität beruflicher Bildung
sicherlich nur begrenzt gerecht. D.h. der implizite /explizite normative
Anspruch findet nur bedingt Berücksichtigung
• Unsicherheiten bei der Bestimmung des Exemplarischen, der Gegenwarts-
und Zukunftsbedeutung
• In der Regel pragmatische Nutzung der Entscheidungskriterien in jeweiliger
Situation
(Peterßen 1994, S.97f)93
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Kritische Reflexion:
Offen bleibt, was nicht allein über systematisierende, logische Überlegungen und subjektive
Erfahrungen erschlossen werden kann - Notwendigkeit empirischer Analysen
• Exemplarität ► Transferproblem (siehe nächste Folie)
• Gegenwartsbedeutung II: Soll-Ist Bedeutungszuschreibungen ► Motivationsprobleme
• Zukunftsbedeutung III: Erfassung von relevanten zukünftigen Qualifikationsanforderungen
schwer möglich ► SQ nach Mertens ► Bezugsnormproblematik
• Inhaltliche Struktur: Bezugspunkte: Wissensbestände + Wissensstruktur Lernende
Situationsprinzip: Wie kann das notwendige strukturierte Wissen über
arbeitsprozessbezogene Aufgaben erarbeitet werden?
• Zugänglichkeit: (siehe Ausubel/Bruner) - Heterogenitätsproblematik
94
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Transferfähigkeit – Bedingungsfaktoren
Abhängig von:
• Niveau des Wissens bzw. Wissenstiefe (Verständnis) und der Art des Lernens, wobei zum
Teil angenommen wird, dass sich problemorientiertes Lernen für den Transfer als
vorteilhafter erweist als faktenorientiertes Lernen.
• Authentische Anwendungsaufgaben, wobei zu beachten bleibt, dass rein kontextualisierte
Informationen den Transfer behindern kann.
• Multiplen Kontexte zur Flexibilisierung des Wissens.
• Abstrakten Problempräsentationen, die vom Konkreten zum Abstrakten erworben werden.
• Dem Ausmaß gemeinsamer Elemente von Lern- und Transferaufgaben
• Metakognitionen, die den Lernenden die Möglichkeit geben, ihre Lern- und
Lösungsstrategien zu überwachen, zu reflektieren und zu verbessern, wobei sich diese in
hohem Maße als domänenabhängig erweisen.
• Der Motivation, die aufzubringen ist, um sich mit der Lösung auseinander zu setzen, und
• Den (relevanten) Vorerfahrungen der Lernenden, die aktiviert werden müssen
(Bendorf 2002, S. 161ff)
95
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Lerntheoretische Didaktik (Berliner Modell); empirische Pädagogik
Vorbemerkung:
Gegenwärtig primär Identifikation des Berliner (Heimann 1901 – 1968) und Hamburger
Modells (Schulz) mit dem Begriff der lerntheoretischen Didaktik
Aber: nicht alleiniger Anspruch
Ausgangspunkt:
Wie sind selbstständig und verantwortlich handelnde Lehrer auszubilden, damit sie Lehr-
Lernprozesse gut gestalten können? Und wie können moderne Medien für Lernprozesse
effektiv genutzt werden?
These:
Künftiger Lehrer müsse den Prozess der Theoriebildung selbstständig vollziehen können.
Der Lehrer selbst solle die pädagogische Wirklichkeit erforschen.
Implikation:
Dem Lehrer soll keine Unterrichtslehre vorgegeben werden, Lehrer soll erkennen:
a) dass Unterricht und Denken über Unterricht untrennbar miteinander verbunden sind
b) welche Momente des Unterrichts dauerhaft sind und welche wandelbar
(Peterßen 1992, S. 120)96
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Didaktische Konzeption
1. Annahme:
Für eine Orientierung gebende Theorie, die der Lehrkraft zugleich hinreichend Freiraum
lässt, sei als Leitkonstrukt der Lernbegriff geeigneter als der Bildungsbegriff.
Begründung:
• Mit dem Bildungsbegriff würden Vorgänge bezeichnet, die im Schulalltag keine Rolle
spielten. (Haltbarkeit?)
• Bildungstheoretische Didaktik habe sich zu weit von der Praxis entfernt und gäbe nicht
genug Orientierung (Für und Wider!)
• Bildungsbegriff als Leitbegriff führe zu einer Verengung der Perspektive, wesentliche
Aspekte, wie z.B. die Bedingungen didaktischen Handelns würden nicht hinreichend
berücksichtigt.
Lernen wird dabei als dauerhafte Veränderung interner Bedingungen beschrieben, die
nicht auf Reifungsprozesse etc. zurückzuführen sind.
97
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Ansatzpunkt:
Zur Entwicklung einer Theorie, die geeignet ist, die Initiierung von Lernprozessen im Kontext
zu gestaltender Lernbedingungen zu erhellen, greift Heimann auf die Analyse vorfindlicher
Unterrichtswirklichkeit zurück.
2. Annahme:
Um die komplexe und sich ständig wandelnde Unterrichtspraxis analytische fassen zu
können, unterstellt Heimann:
a) formal konstant bleibende und
b) inhaltlich variable Elementarstrukturen des Lehr-Lerngeschehens
Elementarstrukturen von Heimann:
• Intentionen
• Inhalte
• Methoden
• Medien
• Anthropologisch-psychologische und
• Sozio- kulturelle Voraussetzungen
Gerüst des Unterrichts
► Differenzierung der Momente in:
Entscheidungsfelder
Bedingungsfelder98
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Aussagen zu Intentionen ► Bloom
Vorgelegt wird eine eigene Matrix, wobei die von Bloom bzw. Anderson tragfähiger ist.
Inhalte ► zu gewinnen aus der Analyse der konkreten Praxis
Zur inhaltlichen Bestimmung hält sich Heimann weitgehend zurück. Das Verfahren der
bildungstheoretischen Didaktik kritisiert er als spekulativ, da die Inhalte nicht aus der
empirischen Analyse konkreter Praxis gewonnen würden. Zudem kritisiert er, in der
bildungstheoretischen Didaktik führe die Leitorientierung der Bildung dazu, dass
gesellschaftliche Interessen an der inhaltlichen Bestimmung nicht hinreichend berücksichtigt
würden. (Peterßen 1992, S. 127)
Methoden ► 5 Hauptstrukturen nach Heimann:
a) Artikulation: bezeichnet die Phasenfolge des Unterrichts
b) Gruppen- und Raumorganisation (Sozialform): soziale und räumliche Ordnung der am Unterricht beteiligten Personen (GU; Einzelunterricht)
c) Lehr-Lernweisen: Aktivitäten von Lehrern und Schülern
d) Meth. Modelle: z.B. meth. Gesamtentwurf z.B. Projektunterricht, fragend-entwickelnder U
e) Prinzipien Kanon: Offenheit; HO; Selbststeuerung
►Meth. Entscheidung nicht nur unter 1 Gesichtspunkt zu treffen: beziehen sich auf untersch. Ebenen!
99
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Medien:
• Heimann: bietet dazu keine Strukturierung - nur eine Aufzählung
• Medienentscheidungen hängen nicht nur von Zielen, Inhalten und Methoden ab. Sie
erlangen unter Umständen ein solches Gewicht, dass die anderen Entscheidungsfelder
daran auszurichten sind.
• Entscheidender Gedanke Heimanns:
– alle Momente stehen in Interdependenzverhältnis
– keine prinzipielle Aussage, welches der Entscheidungsfelder höhere Priorität
– Interdependenz nicht nur für Entscheidungsfelder, sondern auch zwischen
Bedingungs- und Entscheidungsfeldern.
• Organisierte Lehr- Lernprozesse haben Rückwirkungen auf individueller und sozialer
Ebene
100
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Berliner Strukturmodell (Heimann, Otto, Schulz 1979)
anthropologisch-psychologischeFolgen
soziokulturelleVoraussetzungen
soziokulturelleFolgen
Themen
Methoden Medien
Ziele
anthropologisch-psychologischeVoraussetzungen
(Peterßen 1992, S. 130)101
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Beispiel für einen interdependenten Zusammenhang:
Erkenntnisse aus der Lehr-Lernforschung zum
Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und
Kompetenzentwicklung (2)
• Variable Formen der direkten Instruktion werden in der Lehr-
Lernforschung als besonders geeignet für den Erwerb von Sachwissen
(deklaratives W.) ausgewiesen.
• Formen des situierten Lernens und didaktische Strategien der
Pojektarbeit, des Gruppenunterrichts und des kreativen Übens werden
als besonders wirksam erachtet um den Erweb lebenspraktischen
Anwendungswissens (prozedurales W.) zu fördern.
Quelle: Weinert 2000, S. 46
102
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Erkenntnisse aus der Lehr-Lernforschung zum
Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und
Kompetenzentwicklung (2)
• Unterrichtliche Methoden des selbstständigen Lernens, die gezielte
Ermöglichung subjektiver Lernerfahrungen und der angeleitete Aufbau
metakognitiver Einsichten werden als vorteilhaft eingeschätzt, um den
Erweb metakognitiver Kompetenzen und Lernstrategien zu fördern.
• Ein variables Instrumentarium erkenntnis- und erlebnisintensiver
Methoden wird für die Förderung des Erwerbs von kognitiv-
motivationalen Handlungs- und Wertorientierungen als notwendig
eingeschätzt.
Quelle: Weinert 2000, S. 46
103
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Unterrichtsanalyse (Analyse best. Unterricht)
1. Stufe
Analyse der Strukturelemente und ihrer Zusammenhänge
2. Stufe
Bedingungsprüfung: Welche Bedingungen haben zur Unterrichtsstruktur geführt, die in
Stufe 1 ermittelt wurden?
- Normenkritik (kritische Auseinandersetzung mit den anthropogenen und
sozialkulturellen Voraussetzungen, die als handlungsleitend unterstellt wurden)
- Faktenbeurteilung (bezieht sich auf empirisch überprüfbare Sachverhalte
- Fachliche Korrektheit
- Methodenwahl
- Formenanalyse (historische Wurzeln und praktische Bewährung der
Gestaltungsform des Unterrichts) (Straka/Macke 2002, S. 28f.)
104
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Unterrichtsanalyse (Analyse best. Unterricht)
Beispiel zur Analyse:
1. Zielanalyse: Zentrales Ziel: Sachwissen vermitteln
Grobziele: Fähigkeit dieses Sachwissen in der Praxis anzuwenden
Unterziele: Kenntnisse von Elementen und deren Zusammenhänge
(Anwendung fehlt!)
2. Inhalte: Struktureller Aufbau
3. Methode (Bezug zu Zielen / Inhalten)
räumliche, personelle Bedingungen - beeinflussen Methodenwahl
105
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Unterrichtsplanung:
Drei allgemeine Planungsprinzipien sowie eine Strukturplanung und eine Verlaufsplanung
werden unterschieden:
Planungsprinzipien:
1. Prinzip der Interdependenz
Systematische Berücksichtigung der Zusammenhänge zwischen Entscheidungs- und
Bedingungsfeldern.
z.B. Selbstständiges Planen, Durchführen, Kontrollieren, - Bezug zum praktischen
Handlungsfeld des Lernenden, Bezug zu soziokulturellen Faktoren? Bezug zu
individuellen Aspekten? Bezug zu Inhalten? Bezug zu Methoden? Bezug zu Medien?
2. Prinzip der Variabilität
Absichtsvolle Bereitstellung von Alternativen, Zulassung von Variation; Schüler
steuert mit bei Unterrichtsplan
3. Prinzip der Kontrollierbarkeit/Überprüfbarkeit
Erfolgskontrolle: Zielsetzung, Erreichtes, Passung
106
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und Psychologie
Strukturplanung
• Planung der Strukturelemente
(Entscheidungsfelder)
Verlaufsplanung
Erwartetes Schülerverhalten Geplantes Lehrerverhalten Didaktischer Kommentar
z.B. Schüler erarbeiten
selbstständig in Orientierung
an Leittexten
Unterstützung soweit
notwendig, möglichst Hilfe zur
Selbsthilfe
Unterstützung erweist sich
nach Befunden der Lehr-
Lernforschung und eigenen
Erfahrungen als vorteilhaft;
mit mangelnder Fähigkeit zur
Selbststeuerung des
Lernprozesses ist zu rechnen
107
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Weiterentwicklungen der bildungstheoretischen und der
lerntheoretischen Didaktik in den 70er und 80er Jahren
Impulse von der Kommunikationstheoretischen Didaktik
Hintergrund: emanzipatorische Pädagogik, kritische Wende
der Erziehungswissenschaft in den 60er und 70er Jahren,
Mündigkeit und Emanzipation stehen im Mittelpunkt,
symmetrische Kommunikation in Lehr-Lernkontexten als
Mittel der Anbahnung von Mündigkeit
Impulse von der curricularen Bewegung (USA)
Stark empirisch und auf Erfolgssicherung ausgerichtetes
Denken; Operationalisierte Ziele werden als notwendig
erachtet um Erfolgskontrollen zu ermöglichen 108
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Kritisch-Konstruktive Didaktik (Klafki 1985)
Weiterentwicklung der Bildungstheoretischen Didaktik
Ausgangspunkte: Kritik am Bildungstheoretischen Modell
(Vernachlässigung zentraler Aspekte; fehlender emanzipatorischer
Anspruch)
Konsequenz: Aufnahme zusätzlicher Aspekte und Neuakzentuierung der
Zielperspektive
Aufgabe des Primats der Inhalte zugunsten der Annahme einer
wechselseitigen Interdependenz mit anderen Aspekten
Berücksichtigung der Bedingungsanalyse, der Prozessstruktur und der
Erweisbarkeit
109
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Vorläufiges Perspektivschema nach Klafki (1)
3 exemplarische
Bedeutung
5 Erweisbarkeit/
Überprüfbarkeit
Bedingungsanalyse
1 Gegenwarts-
bedeutung
2 Zukunfts-
bedeutung
4 thematische
Struktur/soziale
Lernziele
6 Zugänglichkeit
bzw. Darstell-
barkeit
7 Lehr-Lern-
Prozess-
struktur
Begründungszu-
sammenhangthematische
Strukturierung
Bestimmung von
Zugangs-/Darstellungs-
möglichkeiten
methodische
Strukturierung
110
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Vorläufiges Perspektivschema nach Klafki (2)
• Bedingungsanalyse: Analyse der konkreten, sozio-kulturell vermittelten
Ausgangsbedingungen einer Lerngruppe (Klasse), des/der Lehrenden
sowie der unterrichtsrelevanten (kurzfristig änderbaren oder nicht
änderbaren) institutionellen Bedingungen, einschließlich möglicher oder
wahrscheinlicher Schwierigkeiten bzw. „Störungen“
• Erweisbarkeit/Überprüfbarkeit: a) Erfassung des Outputs, b) Diagnostik
zur Erfassung des Förderbedarfs
• Lehr-Lern-Prozessstruktur: verstanden als variables Konzept
notwendiger oder möglicher Organisations- und Vollzugsformen des
Lernens (einschließlich sukzessiver Abfolgen) und entsprechender
Lernhilfen, zugleich als Interaktionsstruktur und Medium sozialer
Prozesse
111
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Hamburger Modell, Weiterentwicklung des Berliner
Modells (Schulz)
• Schulz entwickelt das Berliner Modell vor dem Hintergrund der
emanzipatorischen Bildungsbestrebungen weiter
• Die empirische Orientierung wird aufgegeben, das neue Modell ist
dem Gedanken der Emanzipation und Mündigkeit verpflichtet
• Der Gedanke der Erfolgskontrolle, der aus der curricularen Bewegung
resultiert, wird systematisch aufgegriffen (Prinzip der Kontrollierbarkeit)
• Entwickelt wird ein Modell der Perspektivenplanung, der
Umrissplanung und der Prozessplanung
• Prinzip der Variabilität und der Interdependenz
• Schüler soll in Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse einbezogen
werden (Handlungs- statt Entscheidungsmodell)
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Hamburger Modell (Schulz 1980) - Umrissplanung
Produktions-/ Herrschaftsverhältnisse
Selbst-/ Weltverständnis
didaktisch Handelnder
L
L
S
S
UZ AL
EK VV
institutionelle Bedingungen
Quelle: Straka, G.A./Macke, G.: Lern-Lehr-Theoretische Didaktik. Münster u.a.: Waxmann 2002, S.37113
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Hamburger Modell - Heuristische Matrix Perspektivenplanung (1)
Intentionen
Themen
Kompetenz Autonomie Solidarität
Sacherfahrung
notwendige Kennt-
nisse etc. für Arbeit
und gesellschaftliche
Teilhabe
Voraussetzungen
schaffen zu sachbe-
zogener Autonomie-
erfahrung
Sachkompetenz
teilen
Gefühlserfah-
rung
Mit eigenen Gefühlen
umgehen
Selbstreflexion
Gefühlserfahrung
bejahen
Positives im
Kontext von
Solidarität
erlebbar
machen
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Hamburger Modell - Heuristische Matrix (2)
Intentionen
Themen
Kompetenz Autonomie Solidarität
Sozialerfah-
rung
Soziale
Kompetenz
entwickeln
Verzicht auf
unmittelbares
Ausleben, wenn
Ansprüche
anderer
gefährdet
Erkenntnis, dass Autonomie
gegenüber
gesellschaftlichen
Anpassungszwängen auf
Dauer nur gemeinsam
entwickelt und immer wieder
zurückgenommen werden
kann
Vgl. Straka, G.A./Macke, G.: Lern-Lehr-Theoretische Didaktik. Münster u.a.: Waxmann 2002, S.35115
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Hamburger Modell – Prozessplanung und Planungskorrektur
a) Prozessplanung (Interdependenzen berücksichtigen, zeitliche
Gliederung, inhaltliche Strukturierung etc.)
Überführung der Möglichkeiten in den tatsächlich zu reduzierenden
Plan (Widerspruchsfrei und unter der Einbeziehung der Schüler)
b) Planungskorrektur
Revision des Plans bei gravierenden Problemen unter
Einbeziehung der Schüler
116
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Hauptlinien ggs. Beeinflussung didaktischer Positionen
60er Jahre
bild.theore-
tische Didaktik
lerntheoret.
Didaktik
informations-
theoret. Didaktik
kommunikat.
Didaktik
kritisch-
konstruktive
Didaktik
lern-
theoretische
Didaktik
informations-
theoretisch-
kybernetische
Didaktik
kritisch-
kommunikat.
Didaktik
curriculare
Bewegung
curriculare
Bewegung
80er
Jahre
Quelle: Peterßen, Wilhelm H.: Lehrbuch Allgemeine Didaktik. 3. Auflage, München: Ehrenwirth 1992, S.77117
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens
(1)
1. Einordnung:
• 50er Jahre: Auswertung von Befunden der Lehr-Lernforschung
• Weiterführung in den 60er/70er Jahren
• Nach wie vor hilfreich
• Entwicklung einer pädagogisch orientierten Lerntheorie
• Im Unterschied zu den bisher vorgestellten Theorien auf die
Mikroebene bzw. die individuelle Verarbeitung bezogen
118
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (2)
2. Ausgangspunkt:
• Lernen bedeutet nicht nur eine Verhaltensänderung, sondern auch
Verbesserung oder Neuerwerb von Verhaltens- oder Leistungsformen
und ihren Inhalten bzw. eine Verbesserung der diesen Formen
vorausgehenden und sie bestimmenden Funktionen des
Wahrnehmens, Denkens, Fühlens, Wertens, Strebens, Wollens.
• Verbesserung bzw. Neuerwerb auf Grund von Erfahrung, Probieren,
Einsicht, Übung oder Lehre soll dem Lernenden den künftigen
Umgang mit sich und der Welt erleichtern, erweitern oder vertiefen
119
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens
(3)
3. Elemente schulischen Lernens (Lernen in institutionalisierten
Kontexten)
Sichtung der lerntheoretischen Befunde unter folgenden Aspekten:
• Wie ist die Ausgangslage beschaffen, die den Lernprozess einleitet?
• Welche Schritte führen zur Endlage?
• Wie muss die Endlage beschaffen sein, damit der Lernprozess
pädagogisch als abgeschlossen gelten kann?
Unterscheidung der Lernarten nach der Endlage, den Lernschritten
und nach der Ausgangslage
120
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens
(4)
3.1 Klassifikation von Lernarten nach der Endlage
Einsatz von unterschiedlichen Lernarten auf Grund unterschiedlicher
Ziele (Endlagen):
• motorische und geistige Fertigkeiten
• Probleme lösen und Arbeitsverfahren
• Wissen und Verhalten
• Interessen, Gesinnungen, Gewohnheiten
121
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (5)
3.2 Klassifikation von Lernarten nach den Lernschritten
Orientierung an dem Kriterium „Grad der Einsicht“ bzw. der Art und
Weise der Erreichung der Endlage:
• Lernendes in Endform vorgegeben: Lernen vollzieht sich über
Anpassen, Angewöhnen, Übernehmen, Eintrainieren, Einprägen
• Lernendes unbekannt: Lösung durch Versuch und Irrtum in
Verbindung mit Sachwissen
• Lernendes nur über Einsicht , Verstehen, Durchschauen zugänglich
122
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens
(6)
3.3 Klassifikation von Lernarten nach der Ausgangslage
• indirektes Lernen (Lernen als Rückwirkung von Handlungen)
• direktes Lernen (Lernprozess wird absichtlich angestrebt)
• von Dritten angestoßenes Lernen (typisch für schulische
Bedingungen): Lernprozess oder Handlung wird von Dritten
angestoßen und stößt auf mehr oder weniger Resonanz
123
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (7)
4. Lernphasen
Für alle Lernarten gelten folgende Phasen:
• Stufe der Motivation: Antrieb
• Stufe der Schwierigkeit: widerstehendes Objekt als Aufgabe in einer
Lernsituation
• Stufe der Lösung: Einsicht in einen geeigneten Arbeits- und
Lösungsweg: - Stufe des Tuns und Ausführens
- Stufe des Behaltens und Einübens
- Stufe des Bereitstellens und Übertragens
124
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Sequenzierung nach Roth (7a)
Lernarten
Phasen
Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten
angestoßenes
Lernen
1. Motivation Handlung kommt
zustande
Lernwunsch erwacht Lernprozess wird
angestoßen,
Aufgabenstellung
2.
Schwierigkeit
Handlung gelingt
nicht, vorhandene
Verhaltens- u.
Leistungsformen
reichen nicht aus;
Ringen mit den
Schwierigkeiten
Übernahme oder
Neuerwerb einer
gewünschten
Leistungsform
macht
Schwierigkeiten
Lehrer entdeckt
Schwierigkeiten der
Aufgabe für Schüler
bzw. leichtfertige
Lösung d.Schülers
125
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Sequenzierung nach Roth (7b)
Lernarten
Phasen
Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten
angestoßenes
Lernen
3. Lösung Entdeckung eines
neuen Lösungs-
weges durch An-
passen, Probieren
oder Einsicht
Übernahme der
gewünschten
Leistungsform
erscheint möglich
und gelingt mehr
und mehr
Lehrer zeigt den
Lösungsweg oder
lässt ihn finden
4. Tun und
Ausführen
neuer Lösungsweg
wird aus- und
durchgeführt
aktiver Vollzug der
neuen Leistungs-
form; Entwicklung
der besten Form
Lehrer lässt die
neue Leistungs-
form durchführen
und ausgestalten
126
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Sequenzierung nach Roth (7c)
Lernarten
Phasen
Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten
angestoßenes
Lernen
5. Behalten
und Einüben
neue Leistungsform
wird durch Gebrauch
im Leben verfestigt
oder vergessen u.
muss wieder neu
erworben werden
Neue Leistungsform
wird bewusst
eingeübt: Variationen
der Anwendungs-
beispiele, Erprobung
durch praktischen
Gebrauch,
Verfestigung des
Gelernten
Lehrer sucht die
neue Verhaltens-
oder Leistungsform
durch Variation der
Anwendungs-
beispiele
einzuprägen;
Automatisierung des
Gelernten
127
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Sequenzierung nach Roth (7d)
Lernarten
Phasen
Indirektes Lernen Direktes Lernen Von Dritten
angestoßenes
Lernen
6.
Bereitstellen,
Übertragung
und
Integration
des Gelernten
verfestigte
Leistungsform steht
für künftige
Lebenssituationen
bereit oder wird in
bewussten
Lernakten
bereitgestellt (s.
dann 5./6. beim
direkten Lernen)
eingeübte
Verhaltens- oder
Leistungsform
bewährt sich in der
Übertragung auf das
Leben oder nicht
Lehrer ist erst
zufrieden, wenn das
Gelernte als neue
Einsicht,
Verhaltens- oder
Leistungsform mit
der Person
verwachsen ist;
Übertragung des
Gelernten auf
Lebenssituation
wird direkt gelehrt
Quelle: Straka, G.A./Macke, G.: Lern-Lehr-Theoretische Didaktik. Münster u.a.: Waxmann 2002, S.45128
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (8)
5. Der Zusammenhang von Lehren und Lernen
5.1 Hilfen zu Motivation
(1) Hinweise zur Weckung der Lernbereitschaft:
• an Interessen der Lernenden anknüpfen
• neue Interessen wecken (Erwartungen/ Wert)
• nicht lernbereite Kinder/Personen zum Handeln bringen
• das zu Lernende in die altersspezifische/adressatengerechte
Sichtweise und Sprache übersetzen, prägnant bzw. in der Ursituation
darstellen und in seine elementaren Bezüge auflösen
129
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (9)
(2) Hinweise zur Aufrechterhaltung der Lernbereitschaft
Entscheidenden Einfluss üben aus:
• sachlicher Erfolg
• soziale Motivierung (Wettbewerb und Zusammenarbeit)
• Tadel/ Lob
Hinweis: Die Befundlage zur Motivationsleistung ist inzwischen
reichhaltiger (vgl. Befunde von Prenzel).
130
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (10)
5.2 Hilfen zum Überwinden der Schwierigkeiten
• Meisterung der Schwierigkeiten hängt von den Eingangsbedingungen
der Lernenden und der Lernsituation ab
• Aufgabe des Lehrers bei der Gestaltung der Lernsituation: Lernende
sollen am Problem gehalten werden (kognitive Aktivierung)
131
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (11)
5.3 Hilfen beim Finden der Lösung
Problem: Dem Lernenden helfen ohne die Lösung selbst zu geben!
• Lehrender muss abwarten können
• Schüler muss probieren dürfen
• Mut zu eigenen Einfällen stärken
• Anhalten, die Lösungsidee sprachlich auszudrücken
• Erwartungen provozieren
• Konsequenzen von Lösungswegen aufzeigen
• Praktische Beispiele i.d.b.Bildung: BEST, FLAM
132
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (12)
5.4 Hilfen beim Tun und Ausführen
Der Lehrende hat sicherzustellen, dass dem Lernenden nicht nur eine
gefundene Idee aufgeleuchtet, sondern dass diese auch umgesetzt
wird und die Konsequenzen sichtbar werden.
5.5 Hilfen für das Behalten und Einüben
Relevanz der Phase vom Lernziel abhängig, z.B.:
• Automatisierung von Fertigkeiten: Üben
• kognitive Fertigkeiten: Üben unter neuen Aspekten (Lernen in
multiplen Komplexen)133
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Heinrich Roths pädagogische Psychologie des Lernens (13)
5.6 Hilfen für das Bereitstellen und Übertragung des Gelernten
Übertragen gelingt am besten, wenn das Lernen und das Denken
selbst gelehrt werden. Dazu empfiehlt sich:
• aktives Lernen
• Vorstoßen zu allgemeinen Prinzipien des Fachs, Vermitteln von
Arbeits- und Denkmethoden
• Aufweisen der Anwendungsbreite: Gelerntes bereitzustellen heißt, es
durch wiederholtes Erproben, durch Variieren (multiple Kontexte), in
Frage stellen, Erweitern und Einschränken lebendig zu erhalten
134
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5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Erkenntnisse aus der pädagogischen Psychologie zum
Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und
Kompetenzentwicklung (1)
• Variable Formen der direkten Instruktion werden als besonders
geeignet für den Erwerb von Sachwissen ausgewiesen.
• Formen des situierten Lernens und didaktische Strategien der
Projektarbeit, des Gruppenunterrichts und des kreativen Übens
werden als besonders wirksam erachtet, um den Erweb
lebenspraktischen Anwendungswissens zu fördern.
135
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und Psychologie
5.2 Allgemeine Modelle und Konzepte der Didaktik
Erkenntnisse aus der pädagogischen Psychologie zum
Zusammenhang zwischen Unterrichtsformen und
Kompetenzentwicklung (2)
• Unterrichtliche Methoden des selbstständigen Lernens, die gezielte
Ermöglichung subjektiver Lernerfahrungen und der angeleitete Aufbau
metakognitiver Einsichten werden als vorteilhaft eingeschätzt, um den
Erweb metakognitiver Kompetenzen und Lernstrategien zu fördern.
• Ein variables Instrumentarium erkenntnis- und erlebnisintensiver
Methoden wird für die Förderung des Erwerbs von kognitiv-
motivationalen Handlungs- und Wertorientierungen als notwendig
eingeschätzt.
Quelle: Weinert 2000, S. 46
136
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5.3 Didaktische Konzeption beruflicher Bildung
1. Fachwissenschaftsorientierte Ansätze: Das Konzept der
didaktischen Reduktion
2. Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners
3. Das Konzept der Schlüsselqualifikation in der beruflichen Bildung
4. Das Konzept der Handlungsorientierung bzw.
Arbeitsprozessorientierung in der beruflichen Bildung
5. Das Lernfeldkonzept
137
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik berufl. Bildung
Zentrale Prinzipien der Gestaltung didaktischer Konzepte
für die berufliche Bildung
- Fachwissenschaftsprinzip
- Situationsprinzip
- Persönlichkeitsprinzip
138
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Fachwissenschaftsorientierte Konzepte – Didaktische
Reduktion
Begründungen
Ausgangsüberlegungen
Formen der Didaktischen Reduktion
Kritik
139
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Hering
- Schrittweise Vereinfachung
von differenzierten zu
weniger differenzierten
Aussagen
- Beibehaltung des
Gültigkeitsumfangs
Quelle: Braun, Peter: Ansätze und Konzepte
zur Fachdidaktik Elektrotechnik im
Bereich der beruflichen Bildung des
Berufsfeldes Elektrotechnik.
Diplomarbeit an der Universität
Stuttgart 1997, S.39. 140
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (1)
zwei Reduktionsbewegungen
werden unterschieden:
- Horizontale Reduktion:
Gültigkeitsumfang der
wissenschaftlichen Aussage
bleibt erhalten
- Vertikale Reduktion:
Gültigkeitsumfang wird
durch Ausschnittbildung
eingeschränkt
Quelle: Braun 1997, S. 40141
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (2)
Vert
ikale
did
aktische R
eduktion
Oberste Aussage
Gleichgewichtsbedingung am Hebel:
An einem Körper herrscht
Gleichgewicht, wenn sowohl die
Resultierende der sämtlichen auf ihn
einwirkenden Kräfte, als auch das
resultierende Moment in Bezug auf
einen beliebigen Punkt Null werden.
Ausgangslage
An einem Körper herrscht Gleichge-
wicht, wenn die (algebraische) Sum-
me aller Drehmomente gleich Null ist
∑M = 0
Es wird nicht mehr von
einem allgemeinen
Körper ausgegangen,
sondern von einem in
der Ebene
schwingenden Hebel.
Gültig
keits-
um
fang
Gültigkeits-
umfang
Horizontale didaktische Reduktion
Horizontale Reduktion der Ausgangslage
Durch die Aufspal-
tung der Summe wird
die Aussage
fasslicher. Die Kon-
kretisierung dient der
Veranschaulichung.
An einem Hebel herrscht
Gleichgewicht, wenn die
Summe aller links-drehenden
Momente gleich der Summe
der rechts-drehenden
Momente ist.
∑Mlinks = ∑Mrechts
Erste horizontale Reduktion
An einem Hebel herrscht
Gleichgewicht, wenn die
Summe der Produkte aus
Kraft und Kraftarm auf der
linken gleich der auf der
rechten Seite des Hebels ist.
F1*a1+F2*a2=
F3*a3+F4*a4+F5*a5
Zweite horizontale Reduktion
Der Begriff des Dreh-
moments wird ausge-
klammert und ersetzt.
Der Gültigkeitsumfang
wird dadurch nicht
eingeengt.
142
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
An einem Hebel herrscht
Gleichgewicht, wenn das links-
drehende Moment gleich dem
rechtsdrehenden Moment ist.
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (3)
Vert
ikale
did
aktische R
eduktion
Erste vertikale Reduktion
An einem Hebel herrscht
Gleichgewicht, wenn die
(algebraische) Summe aller
Drehmomente gleich Null ist.
Zweite vert. Reduktion
Es wird nur noch mit Kräften
gerechnet, die senk-recht auf
den Hebel wirken. Die
horizontalen Stufen
entsprechen den obigen mit
nur senkrechten Kräften.
Gültig
keits-
um
fang
Gültigkeits-
umfangHorizontale didaktische Reduktion
Horizontale Reduktion der Ausgangslage
Es wirken nur
noch zwei
Kräfte, wobei
die eine zur
Last erklärt
wird.
Kraftmoment gleich
Lastmoment
Erste hor. Red.
Der
Moment-
begriff wird
weggelas-
sen.
Mlinks=Mrechts
Kraft mal Hebelarm
(linksdrehend) gleich
Kraft mal Hebelarm
(rechtsdrehend)
Zweite hor. Red.
F1*a1=F2*a2
Kraft mal Kraftarm
gleich Last mal
Lastarm
Dritte hor. Red.
Fk*ak=F1*a1
Unterscheidung
Kraft und Last
und weglassen
des
Momentbegriffs.
143
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Gewaltig ist des Schlossers
Kraft, wenn er mit Verlängerung
schafft.
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (4)
Dritte vertikale Reduktion
Je länger der Kraftarm, je kleiner
der Lastarm und je größer die
Kraft, um so größere Lasten
kann man heben.
Vierte vert. Reduktion
Es wird auf jede Quantifizierung verzichtet.
Die Gleichgewichtsbeziehung wird nur in
einer Je-um-so-Beziehung ausgedrückt.
Gültig
keits-
um
fangGültigkeits-
umfang Horizontale didaktische Reduktion
Es wird auf die Quantifizierung und auf die
Je-um-so-Beziehung verzichtet. Es
verbleibt eine alltägliche Merkregel.
144
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der didaktischen Reduktion nach Grüner (5)
Vertikale didaktische Reduktion:
fortschreitende Spezialisierung =
zunehmende Fasslichkeit
(Ausgangsaussage – 1. vertikale
Reduktion – 2. vertikale Reduktion usw.)
Horizontale didaktische Reduktion
(Horizontale Reduktion der Ausgangsaussage:
1. Horizontale R. – 2. horizontale R. usw.)
Gültigkeits-
umfang
145
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners
(1)
Ausgangsprämissen
Rauner unterstellt in anthropologischer Perspektive, dass die Gestaltung
von Technik eine Grundform menschlicher Lebensäußerung darstellt.
Selbst eine bewusste Handhabung von Technik setze voraus, dass deren
Gestaltung und Werden durchdrungen werde.
Technik müsse im Gesamtzusammenhang gelehrt werden, d.h., auch ihr
Gebrauchswert und Zweck-Mittelrelationen sowie gesellschaftliche
Implikationen seine zu berücksichtigen
Die auf naturwissenschaftlichen Basen aufsetzende Techniklehre, in der
die Funktionszusammenhänge im Mittelpunkt stünden, gehe an den
Fähigkeiten und Interessen von Auszubildenden vorbei (Rauner 1986)146
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners (2)
Technologie: Lehre vom
Aufbau, Funktionieren und
Konstruieren der E-Technik
Historische
Gewordenheit: Lehre
von der E-Technik als
Ausdruck des
hist. Prozesses
Ökologie: Lehre der
E-Technik als Moment
ökologischer Kreisläufe
Gebrauchswert:
Lehre von der
Nützlichkeit
Gesellschaftliche Arbeit:
Lehre von der E-Technik
als Ergebnis, Mittel und
Bedingung für Arbeit
E-Technik mit
gegenständlichen,
energetischen und
informationellen
Produkten und
Prozessen
Quelle: Braun 1997, S. 188
Dimensionen einer erweiternden Techniklehre
147
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners (3)
Ziele des Ansatzes:
- zentral: Erwerb von Gestaltungskompetenz (beinhaltet auch
Befähigung zur Mitgestaltung der Arbeitswelt, sowie sozialer und
humaner Lebensverhältnisse)
Elektrotechnisches Verständnis ist dafür Voraussetzung (aber nicht
hinreichend)
148
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners (3)
Dimension der
Facharbeit
Lehrbereiche
Gegen-
stand
der
Fach-
arbeit
Werkzeuge,
Methoden
usw. der
Facharbeit
Anfor-
derungen
an Arbeit/
Technik
Ziele
der
Ausb.
OW
ZW
D+FW
FVW
Pers
pektive
des A
nw
.
Pers
pektive
Insta
nd
halt.
Gru
ndaus-
bild
ung
Fachb
ildung
Quelle: Braun 1997, S. 191
Curriculare Makrostruktur für Lehrpläne gew.-tech. Berufe
149
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und Psychologie
Der arbeits- und gestaltungsorientierte Ansatz Rauners
Methodische Ausrichtung:
Dazu ist in den Ursprungstexten wenig enthalten, in neueren
Publikationen präferiert Rauner sogenannte handlungsorientierte
Ansätze bzw. die Orientierung an Geschäftsprozessen
Wissenschaftstheoretische Ausrichtung?
Probleme:
Arbeitsprozesswissen ändert sich ständig, Problem der Aktualisierung
Breite geht zu Lasten fachlicher Tiefe
Einlösbarkeit der Zielperspektive; Was macht Gestaltungskompetenz
aus?
Blinde Flecken: Keine Aussagen zur kognitiven Verarbeitung und den
Voraussetzungen auf der Mikroebene150
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der Schlüsselqualifikation
1. Begründungen des Konzepts
2. Begriffliche Klärungen
3. Konsequenzen in der Praxis
4. Schwächen / Kritik
151
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und Psychologie
Begründung (Ergebnisse der Qualifikationsforschung)
Mertens 1976 (Leiter des IAB); Rezeption erst in den
80ern
• Schneller Wandel der Anforderungen und Probleme die künftigen
Anforderungen zu prognostizieren
• Qualifikationen veralten um so schneller, je situationsspezifischer sie
sind
• Es ist nicht nur auf die Anforderungen der Arbeitswelt sondern ebenso
für andere gesellschaftliche Anforderungsbereiche vorzubereiten
• Die Vermittlung von SQ, die für die Erschließung und Bewältigung
neuer Anforderungen geeignet sind, könnten ein Ausweg aus der
bestehenden Problematik sein
152
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Schlüsselqualifikationen nach Mertens (1)
Bezeichnung für übergeordnete Bildungsziele und -elemente, welche
den Schlüssel zur raschen und reibungslosen Erschließung von
wechselndem Spezialwissen bilden. Sie sind demnach solche
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren
und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen
Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr
a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als
alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt und
b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist
unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des
Lebens.
153
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Schlüsselqualifikationen nach Mertens (2)
Mertens unterscheidet vier Arten von Schlüsselqualifikationen:
• Basisqualifikationen: Qualifikationen höherer Ordnung mit einem
breiten Spektrum vertikalen Transfers
• Horizontalqualifikationen: Informationen über Informationen
(horizonterweiternde Qualifikationen)
• Breitenelemente: ubiquitäre Ausbildungselemente
• Vintage-Faktoren: generationsbedingte Lehrstoffe und Begriffssysteme
Quelle: Mertens: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In:
Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Heft 1, 1974, S. 36ff154
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Schlüsselqualifikationen: Beispiele nach Mertens (1)
Basisqualifikation konkret Lehrgegenstand
Logisches Denken Logisches Schließen formale Logik
Schaltalgebra
Analytisches Vorgehen Analyt. Verfahrenstechn. Linguistik
Analyt. Geometrie
Horizontalqualifikation konkret Lehrgegenstand
Informiertheit über Wesen von Infos allg. Infokunde
Informationen allg. Lehre der Zeichen
Gewinnung von Infos Bibliothekskunde
Medienkunde
155
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Schlüsselqualifikationen: Beispiele nach Mertens (2)
• Breitenelemente: spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten, die über
breite Felder der Tätigkeitslandschaft nachweislich als praktische
Anforderungen am Arbeitsplatz auftreten, z.B. Kenntnisse in
Messtechnik, im Arbeitsschutz, in Maschinenwartung, Führung,…
• Vintage-Faktoren: dienen der Aufhebung intergenerativer
Bildungsdifferenzen, welche im Bildungsstand zwischen Jüngeren und
Älteren aus der Weiterentwicklung der Lehrpläne entstehen.
Quelle: Mertens 1974, S. 36ff.
156
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Alternative Strukturierungsvorschläge
Anlässe
• Vielfältige SQ Kataloge (u.a. von Unternehmen)
• Erweiterung des Ursprungskatalogs
• Bezüge zu bisherigen Kategoriensystemen
157
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (1)
Materielle KENNTNISSE und FERTIGKEITEN
• Berufsübergreifende, d.h. allgemeinbildende
Kenntnisse und Fertigkeiten: z.B. Kulturtechniken,
Fremdsprachen, technische und wirtschaftliche und
soziale Allgemeinbildung
2. Neuaufkommende Kenntnisse und Fertigkeiten: z.B.
EDV, Mikroelektronik, Pneumatik, neue
Technologien
3. Vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten, d.h. Ausbau
von Grundlagen, die wenig veränderbar sind: z.B.
Fachfremdsprache
4. Berufsausweitende, d.h. über den Einzelberuf
hinausgehende Kenntnisse und Fertigkeiten: auf
Berufsfeldbreite, auf weitere inhaltlich und funktional
verwandte Gebiete
BREITENELEMENTE
(n. Mertens)
VINTAGE-FAKTOREN
(n. Mertens)
TIEFEN-ELEMENTE
(n. Bunk)
KONZENTRISCHE
ELEMENTE (n. Bunk)
158
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (2)
Formale FÄHIGKEITEN
• Selbstständiges, logisches, kritisches und kreatives
Denken
• Gewinnen und Verarbeiten von Informationen,
Informiertheit über Informationen
• Selbstständiges Lernen, das Lernen lernen, sich
etwas erarbeiten können
• Anwendungsbezogenes Denken und Handeln,
Einsatz der eigenen Sensibilität und Intelligenz, z.B.
bei Umstellungen und Neuerungen, im Vorschlags-
und Erfindungswesen
5. Entscheidungsfähigkeit, Führungsfähigkeit,
Gestaltungsfähigkeit, z.B. Selbständigkeit bei
Planung, Durchführung und Kontrolle
BASISQUALIFIKA-
TIONEN (n. Mertens)
HORIZONTAL-
QUALIFIKATIONEN
(n. Mertens)
LERNQUALIFIKA-
TIONEN (n. Bunk)
TRANSFER-
QUALIFIKATIONEN
(n. Bunk)
HANDLUNGS-
QUALIFIKATIONEN (n.
Bunk) 159
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (3)
Personale VERHALTENSWEISEN
• Verhaltensqualifikationen mit einzelpersönlicher
Betonung: u.a. Selbstvertrauen, Optimismus,
Wendigkeit, Anpassungsfähigkeit, Gestaltungskraft,
Leistungsbereitschaft
• Verhaltensqualifikationen mit zwischenmenschlicher
Betonung: u.a. Kooperationsbereitschaft, Fairness,
Verbindlichkeit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit,
Dienstbereitschaft, Teamgeist, Solidarität
• Verhaltensqualifikationen mit gesellschaftlicher
Betonung: u.a. Fähigkeit und Bereitschaft zu
wirtschaftlicher Vernunft, technologischer Akzeptanz
und zum sozialen Konsens
• Arbeitstugenden, u.a. Genauigkeit, Sauberkeit, Zu-
verlässigkeit, Exaktheit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit,
Ordnungssinn, Konzentration, Ausdauer, Disziplin
WERTERHALTUNGS-
QUALIFIKATIONEN
(n. Bunk)
Quelle: Reetz 1990, S. 30160
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Ergebnisse: Fachspezifisches und Dynamisches Problemlösen
Fluide
Intelligenz
Dynamisches
Problemlösen
Technisches
Problemlösen
Informations-
generierung
Modell-
bildungPrognose
.89 .79 .49
Reihen-
fortsetzen
Klassifi-
kationenMatrizen Topologie
.71 .48 .79 .55
.45
n.s.
.19
R²=.04
Χ²=29.7, df=24, RMSEA (CI 90%)= .04 (.0-.09), SRMR=.07, CFI=.97, alle Koeffizienten sind statistisch signifikant bei p<.05
Fachspezifisches
161
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Ergebnisse: Fachwissen, Technisches und Dynamisches Problemlösen
Fluide
Intelligenz
Χ²=100.9, df=66, RMSEA (CI 90%)= .06 (.04-.09), SRMR=.08, CFI=.91, alle Koeffizienten sind statistisch signifikant bei p<.05
Dynamisches
Problemlösen
Technisches
Problemlösen.45
R²=.23
Technisches
Wissen
Service MotorMotor-
management
.60 .63 .50
.38
.48
Start-/Strom-/
BeleuchtungFahrwerk
.72 .46
Fachspezifisches
162
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Ergebnisse: Erklärungsmodell zum Technischen Problemlösen
N=281, Χ²=72.9, df=29, CFI=.92, RMSEA (90%)=.07 (.05-.10), SRMR=.08
Allgemeine
Intelligenz
Lese-
fähigkeit
Mathe-
kenntnisse
Berufs-
relevantes
Vorwissen
Fach-
wissen
I
Berufs-
interesse
.35
.11
.39
.24
.26
.35
.20
.15
.51
.50
.20
Technisches
Problemlöse
n
Ausbildungsbeginn:
Eingangsdiagnostik
Ende Grundbildung:
Fachkompetenz
Ausbildungsende:
Fachkompetenz
R² = .12
Fachwissen
IIR² = .42 .65
.50
R² = .48
Motivationsvar:
Interessiert
Fachspez.
163
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie Ergebnisse (Mechatroniker)
N =1520, χ² = 586.906, df = 288, CFI = . 95, RMSEA (90%) 0 .026 (.023 - .029), SRMR = .061
.50
.71
.29
.32
.08
.13
.56
Fachwissen
Zwischen-
prüfung
ST
.64.59
.16
Motivations
var.
Betrieb
Motivations
var.
Schule
Mathematik-
kenntnisse
Kognitive
Grund-
fähigkeit
Lese-
verständnis
MotB1 MotB2 MotB3MotS3MotS2MotS1
L2L1
M3M2M1
Teil 1
Teil
2
Teil 4
Teil 3
.64
.54
.61
.52
.59 .61
.67 .74 .55
.65.86
.75.81.84
.58
.89
R²=.43
R²=.50
R²=.25
Fachwissen
Abschluss-
prüfung
R²=.81
ET ME
.65
ST
.62.51
ET ME
.58
Zusammenhänge für die zweite Ausbildungshälfte
(mit curricularer Schwerpunktsetzung und Motivation zu Zwischentest)PLF
Fragen Fehler
.89 .55
.71
R²=.50
Curr
.80
ST
.76 .68
ET ME
.15
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Korrelationen zwischen Fachkompetenzen, IQ und Mathe
in der Grundstufe Bau
IQ Mathe FW ohne
mathem.
Anforderungen
FW mit
mathem.
Anforderungen
IQ 1 .45 .31 .47
Mathe .45 1 .42 .51
165
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Kritik am Konzept
Transferproblematik
Schulungsproblematik
Inflation der SQs
166
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der Handlungsorientierung
1. Begründungen des Konzepts und zentrale Annahmen
2. Merkmale des Konzepts
3. Ausgewählte Befunde
167
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der Handlungsorientierung – zentrale
Begründungskontexte (1)
• Veränderungen der Qualifikationsanforderungen in Richtung erhöhter
Ansprüche an die Selbständigkeit, an Fähigkeiten zur Bewältigung des
beständigen Wandels, soziale Kompetenzen, usw.
• Erkenntnisse / Annahmen zu positiven Effekten handlungsorientierter
Lehr-Lernarrangements auf die Motivationsentwicklung
• Erkenntnisse zu Problemen, in universitären Ausbildungsgängen
erworbenes Fachwissen in praktischen Handlungssituationen zu
nutzen, deren Tragfähigkeit man auch für die duale Berufsausbildung
unterstellt(e)
168
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Konzept der Handlungsorientierung – zentrale
Begründungskontexte (2)
• Erkenntnisse / Annahmen zu günstigen Effekten handlungsorientierter
Lehr-Lernarrangements auf die Kompetenzentwicklung, insbesondere
auf die Entwicklung prozeduralen Wissens (Methodenkompetenz), den
Wissenstransfer und die Problemlösefähigkeit
• Erkenntnisse / Annahmen zu positiven Effekten für die Entwicklung
sozialer Kompetenzen
• Differenzierungsmöglichkeiten
Quelle: Nickolaus 2006, S. 77f
169
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Gängige Merkmale handlungsorientierten Unterrichts (1)
• MERKMALE DER VOLLSTÄNDIGEN HANDLUNG: Das Modell der
vollständigen Handlung beinhaltet:
1. Ziele setzen, Aufgabenstellung verstehen, Ausgangssituation
analysieren
2. Handlung planen
3. Pläne bewerten und Entscheidungen treffen
4. Handlungsplan durchführen
5. Ergebnisse kontrollieren
6. Handlung bewerten
170
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Gängige Merkmale handlungsorientierten Unterrichts (2)
• SCHÜLERORIENTIERUNG: beinhaltet die selbstständige Erarbeitung
bzw. die Selbststeuerung des Lernprozesses sowie Schüleraktivität
und Berücksichtigung der Voraussetzungen
• ANWENDUNGS- UND BERUFSBEZUG DER KOMPLEXEN,
PROBLEMHALTIGEN AUFGABENSTELLUNG: Eine komplexe
Aufgabenstellung bildet den Ausgangspunkt handlungsorientierten
Unterrichts
• HANDLUNGSKOMPETENZ ist das Ziel des Unterrichts
171
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Merkmale handlungsorientierter Lehr-Lernformen (1)
1. Inwieweit sind die Elemente einer vollständigen Handlung erkennbar
bzw. ausgeprägt (Zielsetzung, Handlungsplanung,
Entscheidungsfindung, Durchführung, Kontrolle, Bewertung/
Reflexion)?
2. Welche Ausbalancierung erhalten selbstbestimmte und angeleitete
Handlungssequenzen, d.h. inwieweit können die Lernenden auf die
Zielsetzung der (Lern)handlung oder auf den Planungsprozess
Einfluss nehmen?
3. Besitzt der Lern- bzw. Handlungsprozess notwendig den
Ernstcharakter der Alltagstätigkeit oder hat er eher den Charakter
eines Probehandelns wie z.B bei Rollenspielen oder technischen
Simulationen? 172
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Merkmale handlungsorientierter Lehr-Lernformen (2)
4. In welchem Verhältnis stehen Kasuistik und verallgemeinernde
Abstraktion bzw. welcher Stellenwert kommt der Reflexion von
Lernhandlungen zu?
5. Bezieht sich das „Lernhandeln“ auf die Operation mit Symbolen,
materiell-körperliche Gegenstände oder auf kommunikative Akte und
Ergebnisse?
173
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Aspekte von Ganzheitlichkeit (1)
• Personaler Aspekt: den Schüler mit Kopf, Herz und Hand
ansprechen
• Inhaltlicher Aspekt: Wahl der Unterrichtsinhalte nicht aufgrund
wissenschaftlicher Fachsystematik, sondern aufgrund von
Fragestellungen und Problemen des Handlungsproduktes;
Vermeidung der Zerteilung in Einzelstunden (wie üblicher
Fachunterricht), soweit möglich
• Methodischer Aspekt: Verbesserung der Lernleistung durch
„ganzheitliche“ Unterrichtsmethoden, z. B. Projektunterricht,
Gruppenarbeit, Rollenspiel, Erkundungen etc.
174
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Aspekte von Ganzheitlichkeit (2)
Nach Beck wird das Merkmal Ganzheitlichkeit geprägt durch
• Mehrdimensionalität (neben der kognitiven Dimension sind die
affektive und psychomotorische Dimension einzubeziehen)
• Denken und Handeln in vollständigen bzw. komplexen
Handlungsvollzügen (eigenständige Planung, Durchführung und
Kontrolle bzw. Bewertung)
• einen engen Praxisbezug
• eine fächerübergreifende Betrachtung
Quelle: Beck 1996, S. 35
175
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Zusammenfassung: Prinzipien der Lernprozessgestaltung
im handlungsorientierten Lehr-Lernprozess (1)
• Konfrontation der Schüler mit komplexen, problemhaltigen, sinnvollen
Aufgabenstellungen und Situationen; das Lernen folgt der Logik bzw.
Systematik der Aufgabenstellung; Anwendungs- und Berufsbezug
• Aufgaben mit Prinzip der vollständigen Handlung (Planung,
Ausführung, Kontrolle)
• Lernende Schüler im Mittelpunkt: Anregung zum selbstständigen
Handeln, Prinzip der Selbststeuerung des Lernens und Unterrichts
• Anknüpfung an Interessen, Vorwissen und Alltagserfahrungen der
Schüler und Nutzung zur Lösung der komplexen Probleme
176
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Prinzipien der Lernprozessgestaltung im
handlungsorientierten Lehr-Lernprozess (2)
• Ermöglichung authentischer Lern-Erfahrungen: durch eigene
Erfahrungen lernen, Selbsterarbeitung der Lösungen, entdeckendes
Lernen
• Verdeutlichung und Legitimation des Ziels des Lehr-
Lernarrangements, Beteiligung der Schüler an Planung und
Auswertung des Unterrichts
• Durch verschiedene Sozialformen (z.B. Gruppenarbeit) den Schülern
Möglichkeiten zu Individualisierung und Differenzierung geben
• Selbstkritische Reflexion des Lernhandelns durch die Schüler
177
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Die Lehrerrolle in handlungsorient. Lehr-Lernprozessen (1)
• Verknüpfung fallbezogener und begrifflich-systematischer Lehr-
Lernprozesse
• Abkehr von Funktion der reinen Stoffvermittlung hin zur Aufgabe der
Initiierung, Organisation und Begleitung von Lernprozessen; zum
Moderator des Lernvorgangs der Schüler werden, Schüler sollen dazu
angeleitet werden, sich selbst Wissen anzueignen
• Fachgespräche mit den Schülern, sich in ungewöhnliche
Lösungswege von Schülern eindenken
178
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Die Lehrerrolle in handlungsorient. Lehr-Lernprozessen (2)
• Begleitung sozialer Prozesse innerhalb der Schülergruppen
• Konzeptionelle Zusammenarbeit mit den Kollegen im Lehrerteam zur
Ausfüllung und Konkretisierung der curricularen Vorgaben, Umsetzung
im Rahmen der schulischen Möglichkeiten
• Team-Teaching: Zusammenarbeit mit den Kollegen bei der Planung,
Durchführung und Auswertung von Unterricht sowie bei der
Leistungsbewertung; fächerübergreifender Unterricht
179
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Unterrichtsformen: Übersicht empirischer Befunde
uniform multipel
UngeleitetLM LM
GeleitetLM LM
Quelle: Stark u.a. 1997 180
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Unterrichtsformen: Übersicht empirischer Befunde
uniform multipel
UngeleitetSW, MM, PL
LM
SW, MM, PL
LM
GeleitetSW, MM, PL
LM
SW, MM, PL
LM
Quelle: Stark u.a. 1997 181
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Unterrichtsformen: Übersicht empirischer Befunde
uniform multipel
UngeleitetSW, MM, PL
LM
SLE
SW, MM, PL
LM
SLE
GeleitetSW, MM, PL
LM
SLE
SW, MM, PL
LM
SLE
Quelle: Stark u.a. 1996 182
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Ausgewählte Befunde aus DFG-Projekten
• Untersuchungen zur Entwicklung von deklarativem und
prozeduralem Wissen, Problemlösefähigkeit und Motivation in
Abhängigkeit von unterschiedlichen Gesamtkonzeptionen
Zentrale Aspekte beruflicher Handlungskompetenz
Deklaratives
WissenProzedurales
Wissen
Problemlöse-
fähigkeit
Faktenwissen,
Wissen zu den
Elementen eines
Wissensge-
bietes und deren
Relationierung
Wissen zu Ver-
fahrensweisen,
Strategien bei
der Bearbeitung
von Aufgaben
Die Fähigkeit,
fachliche
Alltagsprobleme
zu lösen
(Fehleranalyse)
Zentrale Aspekte beruflicher Handlungskompetenz
Deklaratives
WissenProzedurales
Wissen
Problemlöse-
fähigkeit
Faktenwissen,
Wissen zu den
Elementen eines
Wissensge-
bietes und deren
Relationierung
Wissen zu Ver-
fahrensweisen,
Strategien bei
der Bearbeitung
von Aufgaben
Die Fähigkeit,
fachliche
Alltagsprobleme
zu lösen
(Fehleranalyse)
183
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen
in der elektrotechnischen Grundbildung - Abweichungen
vom Mittelwert der Wissenstests bei
Elektroinstallateuren (deklarativ + prozedural)
-8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
Eingangstest
Zwischentest
Ausgangstest
MDE sig.= n.s.
MDZ sig.= 0,023
MDA sig.=0,022
D
-0,65 7 5,75
0,65 -7 -5,75
H
(insgesamt 4 Klassen; 1. Untersuchung Nickolaus/Bickmann 2003) 184
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und Psychologie
Mitte
lwe
rt: P
roze
nta
nte
il e
rre
ich
ter
Pu
nkte
50,0
40,0
30,0
20,0
10,0
0,0
U-Form
direktiv
handlungs-
orientiert
34,8
45,7
30,6
37,5
14,914,0
39,4
49,3
38,337,2
14,415,1
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen
in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zum
Wissensstand (Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)
185
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen
in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zum
Wissensstand Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)
direktiv handlungsorientiert
Deklaratives
Wissen32,2% 33,2%
Prozedurales
Wissen33,2% 21,5%
Deklaratives
Wissen40,3% 38,9%
Prozedurales
Wissen46,9% 37,4%
Teilzeit
Vollzeit
Wissenstand zum Zeitpunkt des ZT nach U-Formen und Teil-/
Vollzeit
186
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und Psychologie
direktiv handlungsorientiert
Deklaratives
Wissen51,2% 42,2%
Prozedurales
Wissen43,8% 31,2%
Deklaratives
Wissen47,3% 48,4%
Prozedurales
Wissen34,5% 37,5%
Teilzeit
Vollzeit
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen
in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zum
Wissensstand Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)
Wissenstand zum Zeitpunkt des AT nach U-Formen und Teil-/
Vollzeit
187
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen
in der elektrotechnischen Grundbildung – Befunde zur
Problemlösefähigkeit (Nickolaus/Heinzmann/Knöll 2005)
DirektivHandlungs-
orientiert
Signifikanz-
niveau
KochplatteRep. 1 3,52 3,22 n.s.
Rep. 2 4,40 3,91 5%
Akkubohr-
schrauber
Rep. 1 3,89 3,31 5%
Rep. 2 4,25 3,84 10%
Rep. 3 3,92 3,91 n.s.
Skala von 1 bis 6:
1 = keine Lösung ... 6 = richtige Lösung
mit guter Begründung
188
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Differenzielle Effekte von Unterrichtskonzeptionsformen in
der elektrotechnischen Grundbildung – Entwicklung der
introjizierten Motivation nach Unterrichtskonzeptionsform
ebd.
Messzeitpunkt
AbschlusstestZwischentestEingangstest
Mitte
lwe
rt 4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
,50
0,00
Unterrichtsform
direktiv
handlungsorientiert
3,263,24
3,533,403,40
3,71
189
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und Psychologie
Fazit verschiedener Studien
• Qualität innerhalb des methodischen Ansatzes ist bedeutsamer für die
Kompetenz- und Motivationsentwicklung als die Wahl der Methode
• Befundlage ist uneinheitlich
• Leistungsstärkere profitieren in der Regel eher von selbstgesteuertem
Lernen als Leistungsschwächere
• Effektunterschiede in Abhängigkeit von den Kompetenzdimensionen
• Tendenziell: positive Effekte im motivationalen Bereich
• Höheres Potential für die Entwicklung sozialer Kompetenzen, aber
bisher nicht untersucht
190
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Wichtige, empirisch betätigte Qualitätsindikatoren von
Unterricht und Unterweisung
• Adaptivität
• Langsamkeitstoleranz
• Klarheit
• Klassenführung
• Aufgabenorientierung
• Kognitive Aktivierung
• affektives Klima
• gezieltes Situieren
191
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und Psychologie
Ausgangspunkte und Grundintentionen des
Lernfeldkonzepts bzw. arbeitsprozessbezogener
Ausbildungsgestaltung
• Zögerliche Umsetzung des Konzepts der HO
• Organisatorische Barrieren für die Umsetzung von HO
• Theorie – Praxis – Bezüge
• Produktionsorientierung betrieblicher Ausbildung
• Sicherung umfassender beruflicher Handlungskompetenz
• Analoge Begründungen wie im HO Konzept
• Kontroverse Debatte im Anschluss an die von oben verordnete
Einführung
192
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und Psychologie
Arbeitsprozessbezogene betriebliche Ausbildung
• Systematische vs. unsystematische Ausbildung
• Erhöhung produktiver Ausbildungsanteile in der systematischen
Ausbildung, z.B. durch
1. Lerninseln
2. Reduktion systematischer Ausbildungsteile
3. Betriebliche Aufträge als Prüfungsform
4. Bearbeitung von Realaufträgen
193
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Das Lernfeldkonzept
Begriff:
Laut Handreichung der KMK sind Lernfelder „durch Zielformulierung,
Inhalte und Zeitrichtwerte beschriebene thematische Einheiten, die an
beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientiert
sind“
KMK: Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultus-
ministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule,
Ausgabe 15.9.00, Bonn, S.14194
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Die Umsetzung des Lernfeldkonzepts auf Länderebene
es lassen sich grob zwei Varianten unterscheiden:
• unmittelbare und unveränderte Übernahme der Lernfelder als
Strukturmerkmale des Unterrichts
• unveränderte Übernahme der Lernfelder und Bündelung geeigneter
Lernfelder zu bzw. in neuen Fächern
195
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse (1)
Handlungsfelder
Lernfelder
Lernsituationen
196
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse (2)
Definition Handlungsfelder:
• zusammengehörige Aufgabenkomplexe mit beruflichen sowie lebens-
und gesellschaftsbedeutsamen Handlungssituationen, zu deren
Bewältigung befähigt werden soll
• Handlungsfelder sind immer mehrdimensional, indem stets berufliche,
gesellschaftliche und individuelle Problemstellungen miteinander
verknüpft werden
• Gewichtung der einzelnen Dimensionen kann variieren
• Eine Trennung der drei Dimensionen hat nur analytischen Charakter
197
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Reflexionsstufen zur didaktischen Analyse (3)
Definition Lernfelder:
• didaktisch begründete, schulisch aufbereitete Handlungsfelder
• Zusammenfassung komplexer Aufgabenstellungen, unterrichtliche
Bearbeitung erfolgt in handlungsorientierten Lerneinheiten
• Zielformulierungen im Sinne von Kompetenzbeschreibungen und
durch Inhaltsangaben
Definition Lernsituationen:
• Konkretisierung der Lernfelder
• dies geschieht in Bildungsgangkonferenzen durch eine didaktische
Reflexion der beruflichen sowie lebens- und gesellschaftsbe-
deutsamen Handlungssituationen
Quelle: Bader, Reinhard/Schäfer, Bettina: Lernfelder gestalten. In: Die berufsbildende Schule
(BbSch), Heft 7-8 (1998), 50. Jg., S. 229198
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Didaktische Reflexion vom Handlungsfeld zum Lernfeld
HANDLUNGSFELDER
LERNFELDER
In welcher Weise können Handlungsfelder in
didaktisch begründete Lernfelder transformiert
werden ?
Didaktische Analyse:
Gegenwartsbedeutung, Zukunftsbedeutung,
exemplarische Bedeutung, thematische Struktur
Quelle: Bader, Reinhard/Schäfer, Bettina: Lernfelder gestalten – Vom komplexen Handlungsfeld zur
didaktisch strukturierten Lernsituation.
(<http://www.lernfelder.schule-bw.de/aufsaetze/bader2.html> Januar 2002) 199
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Didaktische Reflexion vom Lernfeld zum Handlungsfeld
HANDLUNGSFELDER
L
E
R
N
F
E
L
D
E
R
In welcher Weise befähigen Lernfelder zur
Bewältigung komplexer Problemstellungen?
In welcher Weise lassen sich die Zielformu-
lierungen konkretisieren?
Entscheidungsfelder:
Reflexion der möglichen Kompetenzentwick-
lung als Einheit von Fach-, Sozial-, Human-
kompetenz (curriculare Ebene)
Quelle: Bader, Reinhard/Schäfer, Bettina: Lernfelder gestalten – Vom komplexen Handlungsfeld zur
didaktisch strukturierten Lernsituation.
(<http://www.lernfelder.schule-bw.de/aufsaetze/bader2.html> Januar 2002) 200
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Didaktische Reflexion vom Lernfeld zu Lernsituationen
Lernfelder
In welcher Weise können Lernfelder durch Lernsituationen konkretisiert
werden?
Didaktische Analyse: Zugänglichkeit, Lehr-Lernprozess-Struktur;
Bedingungsfelder: anthropologische, psychologisch, soziokulturelle
Voraussetzungen
Lernsituationen
(in Anlehnung an Bader/Schäfer 2003)201
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Didaktische Reflexion von Lernsituationen zu
HandlungsfeldernLernsituationen
In welcher Weise tragen Lernsituationen dazu bei, berufliche sowie lebens-
und gesellschaftsbedeutsame Problemstellungen zu bewältigen?
Didaktische Analyse: Gestaltung und Überprüfbarkeit
Entscheidungsfelder des Unterrichts: Reflexion der möglichen
Kompetenzentwicklung (Fach-, Sozial- und Humankompetenz)
Handlungsfelder
(in Anlehnung an Bader/Schäfer 2003)202
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Übersicht: Elektrotechnische Grundbildung nach dem
vorläufigen KMK-Rahmenlehrplan
Lernfeld U-Std. Thema
1 80 h Elektrotechnische Systeme analysieren und Funktionen
prüfen
2 80 h Aufträge für elektrische Installationen planen und
ausführen
3 80 h Steuerungen für Anlagen planen und ausführen
4 80 h Informationstechnische Systeme bereitstellen
Quelle: Brandt 2003, S. 18 203
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung
des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (1)
Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)
Analyse und
Planung
Analysebogen „Teile einer
elektrischen Anlage“,
Analysebogen „Arbeitshand-
lungen“, unausgefüllte
Materialliste
Teile der elektrischen Anlage und
Arbeitsschritte in Analyse-bögen
eintragen, Teile heraus-suchen
und in vorgefertigter Materialliste
eintragen
Kosten-
kalkulation
Kalkulationsprogramm, Mate-
rialkataloge mit Preislisten und
Bestellnummern, Tabelle über
Arbeitslohn, Gesprächsregeln
Kosten berechnen, Kostenvor-
anschlag erstellen, Rollenspiel
„Kundengespräch“, Verlauf nach
Regelkatalog bewerten
Schaltplan Informations- und Arbeitsblätter
zum Thema „Schaltpläne“,
„Arbeiten mit dem Computer“ und
„Befehlsübersicht: CAD-
Anwendung
Schüler erarbeiten theo. Grund-
lagen: „Schaltpläne“, „PC-
Grundlagen“, „CAD-Grund-lagen“,
erstellen Schaltpläne, korrigieren
erste Entwürfe204
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung
des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (2)
Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)
Material-
beschaffung
Bauteile und Werkzeuge (aus
der fachpraktischen Abteilung
der Schule)
Erforderliche Bauteile und
Werkzeuge beschaffen („Lager“)
Sicherheit Informationen über Sicher-
heitsregeln, Arbeitsschutz und
Unfallverhütungsvorschriften,
Lehrfilme
Sicherheitsregeln, Arbeitsschutz
und Unfallverhütungs-
vorschriften schriftlich ausar-
beiten und Gründe diskutieren
Installieren Kellerraum (Übungsraum),
selbst erstellte Schaltpläne
(zusammenhängende und
aufgelöste Darstellung)
Nach Sicherheitsbestim-
mungen, Schaltungsunterlagen,
VDE-Richtlinien die elektrische
Anlage installieren
205
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung
des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (3)
Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)
In-Betrieb-
Nehmen
Durchgangsprüfer,
Spannungsmesser; Informa-
tionsblätter: „Arbeiten mit
Durchgangsprüfer und Span-
nungsmesser“, „Prüfung der
Steckdose“; Vordruck „Protokoll“
und „Dokumentation“
Anlage spannungsfrei testen, in
Betrieb nehmen, Steckdosen mit
Spannungsmesser testen,
Arbeitsprotokoll für den Betrieb
und Kunden-Dokumentation
erstellen
Fehler-
beseitigung
Information über Fehlersuche mit
Durchgangsprüfer
Gegebenenfalls Fehlersuche und
–beseitigung, Funktionstest
Dokumen-tation selbst erstellte Kunden-Doku-
mentation, Bewertungsbogen
Rollenspiel „Kundenübergabe“,
Bewerten des Arbeitsergebnisses
(ganzheitlich)
206
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliche Gliederung für die unterrichtsprakt. Umsetzung
des 2. Lernfeldes aus dem Berufsfeld Elektrotechnik (4)
Lernsituation Medien/ Arbeitsmaterialien Handlung (Lernprozess)
Englisch Wörterbuch (Technisches
Englisch), Arbeitsblatt
Englische Begriffe für alle
verwendeten Materialien und
Werkzeuge heraussuchen,
Sprachübung
Energie-
versorgung
Informations- und Arbeitsblätter
zur „Energieversorgung“,
Bewertungsbogen
Bewertung nach funktionellen,
ökonomischen und ökologischen
Gesichtspunkten
Quelle: Brandt 2003, S. 19 207
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliche Gestaltung der Lernsituation „Analyse und
Planung“ (1)
Nr. Arbeitsplan
(Analyseschritte)
Unterrichtsabschnitte/
Informations- und Arbeitsblätter
1. Aus welchen allge-
meinen Teilen besteht
die elektrische Anlage?
Unterrichtssequenz: Aufgabenbeschreibung,
Analyse einer Anlage, Information über Bauteile,
deren Bezeichnung und Schaltzeichen
(Leuchtstofflampe, Schalter, Leitungen, Stifte,
Gips, Kabelkanal usw.)
Unterrichtssequenz: Der elektrische Stromkreis
2. Welche Verlegungsart
ist anzuwenden?
Information über Auf-Putz-, In-Putz-, Unter-Putz-
Verlegung und deren Anwendung
208
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliche Gestaltung der Lernsituation „Analyse und
Planung“ (2)
Nr. Arbeitsplan
(Analyseschritte)
Unterrichtsabschnitte/
Informations- und Arbeitsblätter
3. Welche besonderen
Teile verwende ich und
warum?
Materialkataloge, Information über Eigenschaften
der Teile, Preislisten, Information über das
Erstellen einer Materalliste
4. Welche Arbeitsschritte
sind notwendig, um die
elektrische Anlage zu
installieren?
Information über elektrische Facharbeit/
standardisierte Arbeitszeiten, Information über den
Anschluss einer Leuchtstofflampe, Steckdose,
Schalter, Bearbeitung von Kabeln, Umgang mit
Abisolierzange usw.
Quelle: Brandt 2003, S. 20 209
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliches unterrichtspraktisches Verfahren zur
Umsetzung des Lernfeldkonzeptes (1)
LERNFELD
(Berufliche Handlung)
Was ist zu tun?
Handlungsorientierte
Lernsituationen
Welche Arbeitsschritte
sind notwendig?
Ableitung theoretischer Bezüge
- anwendungsorientiertes Wissen
- technikorientiertes Wissen
- fachwissenschaftliches Wissen
- gestaltungsorientiertes Wissen
Welche Theorie
(Wissen) „steckt“ in
dem Arbeitsschritt?
210
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliches unterrichtspraktisches Verfahren zur
Umsetzung des Lernfeldkonzeptes (2)
Ausgestaltung der Lernsituation
- konkrete Aufgabenstellung
- praktische Medien (Werkzeuge,
Verbrauchsmittel, Bauteile usw.)
- Informations- und Arbeitsblätter
- Literatur und Internetrecherche
- Unterrichtssequenzen
Wie kann ich die
Lernsituation
unterrichtspraktisch
gestalten?
Welche Hilfen brauchen
die Lerner dafür?
211
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Mögliches unterrichtspraktisches Verfahren zur
Umsetzung des Lernfeldkonzeptes (3)
Praktische Durchführung
- Lehrer als Berater
- Lehrer als Vermittler
- Lehrer als Helfer
- Lehrer als Moderator
- Lehrer als Überwacher (Lerndisziplin)
Wie ist der
Unterrichtsablauf mit
Theorie- und
Praxislehrkräften
möglich?
Vertiefung
- Bewertung (durch Lehrer)
- gestaltungsorientierte Reflexion
- theoretische Wissensvermittlung
(Technologie/ Fachwissenschaft)
- Wissensüberprüfung (Lernzielkontr.)
Welche Ansatzpunkte gibt es,
um technologische,
fachwissenschaftliche und
gestaltungsorientierte Inhalte
praxisbezogen zu vermitteln?
Quelle: Brandt, M.: Auf neuen Pfaden. In: Berufsbildung H. 79, 2003, S. 20212
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Vom Curriculum zur Lehr-Lern-Situation (1)
Curriculum mit Richtziel
Anwendungsorientierung
Strukturwissen
Erkenntnisorientierung
Metakognitives Wissen
Handlungsfelder
Authentizität
Wissenschaft/ Technik
Struktur/ Methode
Lernfelder/
HandlungssystematikFachliche Zuständigkeiten/
Fachsystematik
Handlungskompetenz/ Professionswissen
213
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Vom Curriculum zur Lehr-Lern-Situation (2)
Handlungskompetenz/ Professionswissen
Didaktische Gestal-
tungsidee/ Leitidee
Lehr-Lern-Theorie/
Bildungstheorie
komplexe Lehr-Lern-Situationen
Problemorientierte Lehr-Lern-
Arrangements
Konstruktion des Wissens
Dekontextualisierung/ Generalisierung
Quelle: Pätzold, G.: Lernfelder – Lernortkooperation. Dortmunder Beiträge zur Pädagogik, Bd. 30, S. 64214
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Lernfeldorientierung und Fächerung im Vergleich (1)
Lernfeldorientierung
(Orientierung an realen Aufgaben und Arbeitsprozessen)
Zugeschriebene Vorteile:
• entspricht unmittelbar dem Leitziel „Erwerb von Handlungskompetenz“
• zeigt praktische Bedeutung von Inhalten und Bedarf an Aktualisierung
• erzwingt anwendungsorientierte inhaltliche Verknüpfung
• zeigt deutlichere Möglichkeiten dualkooperativer Ausbildung
• zeigt Möglichkeiten für berufsbezogene Beiträge berufsübergreifender
Fächer
215
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Lernfeldorientierung und Fächerung im Vergleich (2)
Lernfeldorientierung
Unterstellte Grenzen/ Probleme:
• stellt Grundlagen, Übersicht und Gesamtzusammenhänge nicht sicher
• liefert notwendige, aber nicht hinreichende Kriterien für die
Stoffauswahl
• liefert notwendige, aber nicht hinreichende Kriterien für die Abfolge
von Lernsequenzen
• vernachlässigt berufsfeldbreites Lernen
• deckt gesellschaftliche und private Handlungssituationen nicht
hinreichend ab
216
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Lernfeldorientierung und Fachunterricht im Vergleich (3)
Fachunterricht (Orientierung an Bezugswissenschaften)
Zugeschriebene Vorteile:
• stellt Grundlagen, Übersicht und Gesamtzusammenhänge her
• zeigt Exemplarisches im Kontext des Gesamten
• ermöglicht gezielte Schulung von Fertigkeiten
• vermittelt berufsfeldbreite Fundierung
• eröffnet Zugang zu gesellschaftlichen und privaten
Handlungssituationen
217
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Lernfeldorientierung und Fachunterricht im Vergleich (4)
Fachunterricht
Unterstellte Grenzen/ Probleme:
• wirkt stark veränderungsresistent
• verarbeitet Neues eher als Zunahme als als Austausch
• verleitet zu isolatorischer fachlicher Verselbständigung
• überlässt anwendungsbezogene Verknüpfungserfordernisse den
Lernenden
• erschwert inhaltliche Abstimmung mit betrieblichen Arbeits- und
Lernprozessen
218
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Lernfeldorientierung und Fachunterricht im Vergleich (5)
Verknüpfung von Lernfeldorientierung und Fächerung
Zugeschriebene Vorteile:
• Handlungssystematik liefert Ausgangs- und Zielorientierung
• Fachsystematik sichert Grundlagen und Strukturbildung
• Fach- und Handlungssystematik begründen zusammen Stoffauswahl
• Fachsystematik ermöglicht rationellen Fertigkeitserwerb
• Handlungssystematik sichert unterrichtliche Verknüpfungsleistung
• Handlungssystematik erleichtert inhaltliche Lernortkooperation
• Fachsystematik erweitert Orientierung über betriebliche Ausbildung
hinausQuelle: Hansis, H./ Lohre, W./ Manfrass, U.: Verknüpfung von Handlungs- und
Fachsystematik. Düsseldorf 1998 219
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde
Bedingungen schulischer Leistungen – Allg. Rahmenmodell
Sozio-
ökono-
mischer
Status
der Eltern
Bildungs-
niveau
der Eltern
Eth-
nische
Herkunft
der
Familie
Soziales
Kapital
Kulturelles
Kapital
Schule/
Fach-
bereich
Klassen-
kontext
Medien-
welt
Alters-
gruppe
Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten
Lehrerexpertise
subjektive Theorie/ Überzeugungen
allgemeine Berufsmerkmale
Unterrichtsprozesse
(Instruktions- und
Interaktionsgeschehen)
Individuelle
Lernvoraus-
setzungen
kognitiv
motivational
emotional
Individuelle
Verarbeitung
aktive Lernzeit
Anstrengung/
Aufmerksamkeit
Lernstrategien
Handlungs-
kontrolle
Emotionen
Lern- und
Leistungs-
ergeb-
nisse
Quelle: Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im
internationalen Vergleich. Opladen: Leske+Budrich, S.33
220
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde
Wichtige Prädiktoren des Lernerfolgs
Wichtige
Prädiktoren d.
LernerfolgsAdaptivität
Motivation
häusliche UmweltBekräftigung
bedarfsgerechte
Unterstützung
kognitive Merkmale
der Schüler
affektives Klima Vorwissen
Qualität und Quantität
des Unterrichts
Vgl. u.a. Helmke/ Weinert 1996 221
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Strukturgleichungsmodell: Prädiktoren der Fachkompetenz
(Kfz-Mechatroniker)
Ausbildungsinteresse(Pretest)
MathematikIQLesen
Fachwissen(Pretest)
40,4% Var. Aufkl.
Fachwissen(Posttest)
44% Var. Aufkl.
Werkstattklima(Posttest)
Intrinsische Motivation
im Unterricht(Posttest)
27,4% Var. Aufkl.
Kompetenzwahr-
nehmung im Unterricht(Posttest)
0,51
0,50 0,52
0,14
0,220,400,12
0,20
0,45
0,15
0,08 (p = 0,069)
0,16
0,08 (p = 0,072)
0,50
Ausbildungsinteresse(Pretest)
MathematikIQLesen
Fachwissen(Pretest)
40,4% Var. Aufkl.
Fachwissen(Posttest)
44% Var. Aufkl.
Werkstattklima(Posttest)
Intrinsische Motivation
im Unterricht(Posttest)
27,4% Var. Aufkl.
Kompetenzwahr-
nehmung im Unterricht(Posttest)
0,51
0,50 0,52
0,14
0,220,400,12
0,20
0,45
0,15
0,08 (p = 0,069)
0,16
0,08 (p = 0,072)
0,50
222
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und Psychologie
Strukturgleichungsmodell: Prädiktoren der Fachkompetenz
(Elektroniker)
MathematikIQLesen
Fachwissen(Pretest)
30,9% Var. Aufkl.
Fachwissen(Posttest)
43,1% Var. Aufkl.
Instruktionsklarheit
Werkstatt(Posttest)
Expertenkultur
Werkstatt(Posttest)
0,28
0,28 0,27
0,21
0,11 (p=0,052)0,44
0,36
0,09 (p = 0,063)
0,33
0,69
MathematikIQLesen
Fachwissen(Pretest)
30,9% Var. Aufkl.
Fachwissen(Posttest)
43,1% Var. Aufkl.
Instruktionsklarheit
Werkstatt(Posttest)
Expertenkultur
Werkstatt(Posttest)
0,28
0,28 0,27
0,21
0,11 (p=0,052)0,44
0,36
0,09 (p = 0,063)
0,33
0,69
223
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und Psychologie
5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde
Zusammenstellung von Metaanalysen über
Determinanten der Schulleistung
Determinanten Anzahl der Studien Durchschnittliches r
Soziale Kontextbedingungen 153 .18
Beziehung zu Gleichaltrigen 12 .19
Häusliche Umwelt 118 .31
Konsum von Massenmedien 23 -.06
Schule 781 .12
Ziele und Politik 307 .12
Organisation (z.B. Klassengröße,
traditionelle oder offene Klassenzimmer)
372 -.02
Lernumwelt 201 .26
Lehrer 329 .21
Lehre (Instruktion) 1854 .22
Quantität 110 .38
Qualität 41 .47
Lehrmethoden 1763 .17224
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5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde
Zusammenstellung von Metaanalysen über
Determinanten der Schulleistung
Determinanten Anzahl der Studien Durchschnittliches r
Spezielle Instruktionsmethoden 2541 .14
Individualisierung 467 .07
Computerunterstützung 557 .15
Tutorensysteme 218 .25
Zielereichendes Lernen 106 .25
Hausaufgaben 44 .21
Instruktionsmedien 657 .14
Schülermerkmale 1455 .24
kognitive 484 .44
affektive 355 .12
Lernstrategien 714 .28
Bekräftigungslernen 76 .49
Remediales Lernen 97 .30
Quelle: Helmke, A./Weinert, F.E.: Bedingungsfaktoren schulischer Leistungen. In: Weinert, F.E. (Hrsg.):
Psychologie des Unterrichts und der Schule. Göttingen u.a. 1997, S.78225
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Anforderungswechsel
Vollständigkeit der Aufgabe
Wichtigkeit der Aufgabe
Autonomie
Rückmeldung
5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde
Das Motivationspotential und dessen Beitrag zur
Varianzaufklärung der Lernmotivation
zusammengefasst
Motivationspotential
Varianzaufklärung der
Lernmotivation
1. Lj. – 38%
2. Lj. – 20%
3. Lj. – 7%Quelle: Hardt u.a. 1996, S.239, 136ff. 226
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5.4 Exkurs: Ausgewählte empirische Befunde
Einfluss auf die Lernmotivation – Zentrale Variablen
• Kompetenzerleben
• soziale Einbindung
• Autonomie erleben
• angemessenes Anforderungsniveau
• Klarheit der Instruktion
• Relevanzzuschreibung
• wahrgenommenes inhaltliches Interesse beim Lehrenden
227
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und Psychologie
Anhang
Ergänzende Beispiele zum Lernfeldkonzept
228
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Übersicht: Lernfelder für den Ausbildungsberuf
Mechatroniker/In (1)
Lernfelder Zeitrichtwerte in h
1.Jahr 2.J 3.J
1 Analysieren von Funktionszusammenhängen in
mechatronischen Systemen
40
2 Herstellen mechanischer Teilsysteme 80
3 Installieren elektrischer Betriebsmittel unter
Beachtung sicherheitstechnischer Aspekte
100
4 Untersuchen der Energie- und Informationsflüsse in
elektr., pneumat. und hydraul. Baugruppen
60
5 Kommunizieren mit Hilfe von
Datenverarbeitungssystemen
40
229
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Übersicht: Lernfelder für den Ausbildungsberuf
Mechatroniker/In (2)
Lernfelder Zeitrichtwerte in h
1.Jahr 2.J 3.J
6 Planen und Organisieren von Arbeitsabläufen 40
7 Realisieren von einfachen mechatronischen
Komponenten
100
8 Design und Erstellen mechatronischer Systeme 140
9 Untersuchen des Informationsflusses in komplexen
mechatronischen Systemen
80
10 Planen der Montage und Demontage 40
230
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Übersicht: Lernfelder für den Ausbildungsberuf
Mechatroniker/In (3)
Lernfelder Zeitrichtwerte in h
1.Jahr 2.J 3.J
11 Inbetriebnahme, Fehlersuche und Instandsetzung 160
12 Vorbeugende Instandhaltung 80
13 Übergabe von mechatronischen Systemen an
Kunden
60
Summen 320 280 420
Quelle: berufsbildung 57, Juni 1999, 53.Jg., S. 37231
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Beispiel: Lernfeld 1 - Ausbildungsberuf Mechatroniker/In (1)
Lernfeld 1: Analysieren von Funktionszusammenhängen in mechatro-
nischen Systemen (Schul-/Ausbildungsjahr 1; Zeitrichtwert 40h)
Angestrebte Kompetenzen (1):
• Funktionszusammenhänge analysieren
• Vorschriften und Regelwerke bei der Untersuchung technischer
Anlagen anwenden
• Technische Unterlagen, auch in englischer Sprache, als
Kommunikationsmittel einsetzen
• Funktionszusammenhänge in Wirkungsplänen dokumentieren
232
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Beispiel: Lernfeld 1 - Ausbildungsberuf Mechatroniker/In (2)
Angestrebte Kompetenzen (2):
• Datenverarbeitung zur Aufbereitung von Arbeitsergebnissen nutzen
• Lösungen im Team erarbeiten, bewerten und präsentieren
• Ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigen
Mögliche Lernsituationen:
• Erstellung einer Betriebsanleitung eines mechatronischen Gerätes
• Erstellung eines Werbeprospektes einer mechatronischen Anlage
• Optimierung und Modifizierung einer mechatronischen Anlage nach
Kundenvorgaben
233
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und Psychologie
Erkenntnisse aus der pädagogischen Psychologie zum Zusammenhang
zwischen Unterrichtsformen und Kompetenzentwicklung
• Variable Formen der direkten Instruktion werden als besonders geeignet für
den Erwerb von Sachwissen ausgewiesen.
• Formen des situierten Lernens und didaktische Strategien der Projektarbeit,
des Gruppenunterrichts und des kreativen Übens werden als besonders
wirksam erachtet, um den Erwerb lebenspraktischen Anwendungswissens zu
fördern.
• Unterrichtliche Methoden des selbstständigen Lernens, die gezielte
Ermöglichung subjektiver Lernerfahrungen und der angeleitete Aufbau
metakognitiver Einsichten werden als vorteilhaft eingeschätzt, um den Erwerb
metakognitiver Kompetenzen und Lernstrategien zu fördern.
• Ein variables Instrumentarium erkenntnis- und erlebnisintensiver Methoden
werden für die Förderung des Erwerbs von kognitiv-motivationalen Handlungs-
und Wertorientierungen als notwendig eingeschätzt.
(vgl. Weinert 2000, S. 46)
234
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und Psychologie
7. Ausgewählte Ergebnisse zur Effektivität von Lehrmethoden
Ausgewählte Befunde der Lehr-Lernforschung
235
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7. Ausgewählte Ergebnisse zur Effektivität von Lehrmethoden
Ausgewählte Befunde der Lehr-Lernforschung
236