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4. MARZ x922 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. I. JAHRGANG. Nr. io 483 nahme von Phosphat ziehen. Dieser Hilfe steht auf einer andern Stufe als die mannigfachen zum Zwecke der Leistungs- steigerung angewandten Reizmittel. Sie bedeutet tediglich eine Unterstfitzung yon schon physiologisch wirksamen Fak- toren. Ob jedoeh ~berhaupt die Anwendung einer solchen Hilfe yore sportlichen Standpunkt aus zu rechtfertigen ist, darauf m6chte ich hier nicht eingehen. Die Frage nach dem Wirkungsmechanismus soll an dieser Stelle nieht n~iher er6rtert werden. Es ist natfirlich gerade bei der Steigerung der muskul~ren Leistungsfiihigkeit durch- aus denkbar, dal3 das Phosphat im wesentlichen durch Be- schleunigung des Wiederaufbaus des Lactaciclogens, der Be- triebssubstanz der Muskulatur, wirkt. Es dart a])er auch nicht die M6glichkeit aul3er acht gelassen werden, dat3 bei der beobachteten kr/iftigenden und leistungssteigernden Wir- kung des Phosphates auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Namentlieh k6nnte hier auf eine gewisse ~hnliehkeit zwischen Phosphatwirkung und Arsenikwirkung hingewiesen werden. Freilich ist yon vorneherein die Wirkung der Phosphors~iure, die ein unbedingt notwendiger, t~glich dem Organismus in erheblicher Menge zugeffihrter Nahrungsbestandteil ist, v611ig anders zu bewerten als die in ihren gr6J3eren Gaben giftigen Wirkungen des Arseniksl). Die Ergebnisse dieser Arbeit sind jedenfalls bedeutungs- roll genug, um einer eingehenden Nachprfifung unterzogen zu werden. Dabei ist Wert darauf zu legen, dal3 die hier angewandte Menge nicht oder nur in sehr vorsiehtiger Weise fiberschritten wird. Auch ist zu beachten, dab das pr. Natriunl- phosphat spiitestens um die 1Kittagsz~it genommen wird, da Einnahme am Nachmittag oder Abend zu Schlafst6rungen ffihren k6nnte. Seine Zufuhr kann entweder in Form einer etwa 2proz. L6sung, der man im Bedarfsfalle etwas Zucker oder Saccharin hlnzuffigen kann, oder in Form yon Tabletten erfolgen.2). KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. 0BER DIE WIRKUNGSURSACHE DES HIRTENTASCHELKRAUTS. Von i. HEFFTER und S. G. ZONDEK. Als Ersatz ffir das ~teure Secale cornutum wird vielfach auch das Hirtent~schelkraut (Capsella Bursae Pastoris) emp- fohlen. Den galenischen Pr~paraten kommt eine auch experi- mentell nachgewiesene wehenerregende Wirkung zu. Es ist aber noch nicht gelungen, die wirksamen Bestandteile der Pflanzen zu isolieren und chemisch zu bestimmen. Die einen g]auben an wirksame Amine, andere wieder ffihren die Wirkung auf anorganische Salze (Kaliumsalze) zurfick. Auffallend ist, dab der Wirkungswert aul3erordentlich stark schwankt. I~OCHMANN hat sogar beobachtet, daI3 das Hirten- t~ischelkraut mitunter gar heine Wirkung hat. Unsere Unter- suchungen scheinen die Frage nach der Wirksamkeit dcr Pflanze auf eine andere Grundlage zu stellen. ])as I-tirten- tiischelkraut wird h~ufig (Prof. GILG hat uns darauf aufmerk- sam gemacht) yon einem Pilz befallen, n~mlich dem Cystopus candidus (weiBer Blasenrost). Dieser Pilz w~ichst zum Tell auf der Oberfl~che der Pflanze, zum Teil w~ichst er auch in die Pflanze hinein, so daI3 es nicht ganz leicht ist, festzustellen, ob die Pflanze pilzfrei ist oder nicht. Die Untersuchung yon zwei Sorten Hirtent~ischelkraut, yon denen die eine/iul~eflich einen st~irkeren Pilzgehalt zeigte als die andere, ergab keinen Unterschied in der Wirkung. Doch ist dieser Versuch nicht beweisend, da unbekannt ist, wieviel yon dem Pilz nach innen gewaehsen war. ~Der Pilz w,ichst aber auch auf anderen Pflanzen, so z. B. der ,,Arabis albidus", einer weft verbrei- teten Crueifere. Prof. GILO hat uns yon der Arabis albidus pilzfreies und stark pilzha!tiges Material zur Verffigung gestellt. Wir stellten aus ihnen w~sserige Auszfige her und suchten ihren etwaigen Gehalt an wehenerregenden Stoffen dutch Versuche am isolierten Meerschweinchenuterus zu be- stimmen. Dabei zeigte sich, da2 die pilzhaltige Pflanze schon in retafiv kleinen Mengen auf den Uterus stark erregend wirkte (noch st~irker als das Hirtent~ischelkraut), w~ihrend der Pilz- freien fast gar keine Wirkung zukam. Es besteht also die M6glichkeit, dal3 auch bei der Wirkung des Hirtent~ischel- krauts der Pilz eine grotle Rolle spielt. Jedenfalls wgre dann am leiehtesten zu erkl~iren, weshatb das Kraut mitunter gar nicht wirkt. Wir teilen unsere Versuehsergebnisse nur unter dem n6tigen Vorbehalt mit, da wir noch nicht soviel Material untersucht haben, um uns ein endgfiltiges Urteil erlauben zu k6nnen. Der ausffihfliche Bericht wird in einem Archly er- scheinen. (Aus dem Pharmakologisehen Ins~itut der UniversitSt Berlin. ) DIE BEEINFLUSSUNG DER BLUTK(SRPERCHEN- SENKUNGSGESCHWINDIGKEIT DURCH REIZSTOFFE 3). Von HANNS L6HR. Zun~chst gait es festzustellen, ob bei normalen Menschen erheblichere Tageschwankungen in der Senkungsgeschwindig- keit der roten Blutk6rperchen bestehen. Es wurden zu diesem Zwecke die yon LINZE~I~I~R angegebenen Senkungsr6hrchen verwandt und die Sedimentierung bis zu 18 mm verfolgt. Es ergibt sich nun die Tatsache, dab in der Tat die Schwan- kungen nicht erheblicher Natur sind und auch durch die Nahrungsaufnahme oder gar durch bestimmte Nahrungs- gruppen in keiner Weise beeinflul3t werden, wie dies frfiher B~3SCHER behauptete. Sodann erhielten die Versuchspersonen Reizstoffe der verschiedensten Art eingespritzt. Wir benutz- ten in der Hauptsache Eiwefl3k6rper, Milch, Caseosan, Pferde- serum, Autoserum, ferner koUoidale Silberpr/~parate, schliel3- lich noch Adrenalin und Pilocarpin. Nach Feststellung der zur Zeit bei der Versuchsperson bestehenden Senkungs- geschwindigkeit wurde unmittelbar nach der ersten Blut- entnahme der Reizstoff verabfolgt. Sodann wurde den Patienten anfangs stfindlich Blur zur Sedimentierung ent- nommen, sp~terhin aber nach allgemeingfiltiger Feststellung des Besehleunigungsbeginns konnte man sich mit einer gerin- geren Zahl yon Blutproben begniigen. Zuns wurde analog meiner frfiheren Versuche fiber Steigerung des Titers yon Typhusagglutininen dutch unspezifische Reize der Einflul3 yon intramu*kulSr injizierten Eiweil3k6rpern auf die Sen- kungsgeschwindigkeit untersucht. In fast allen F/illen sehen wir nach ungef~ihr 2 Stunden eine Beschleunigung der Sedi- menfierung. Bei einigen F~illen trat die Beschleunigung in sp~terer Zeit auf, 3--4 Stunden. Es liegt also ein weitgehender Parallelismus mit der Typhusagglutininsteigerung durch un- spezi]ische Reize vor, der zeitliche Realctionsablau] ist hirer der- selbe wi~ dort. Die Beschleunigung dauerte ungef~hr 8--1o Tage an. Diese Ergebnisse decken sich mit den Untersuchun- gen STARLINGERS, der nach Eiweittinjektionen den Fibrinogen- spiegel schon nach 2 Stunden erh6ht sah, diese Erh6hung dauerte auch mehrere Tage an. Bei endoveni~ser Verabreichung des Reizk6rpers (Caseosan) trat die Senkungsbeschleunigung ebenso prompt, aber noch ]riiher ats bei intramuskul~rer Injektion auf. Die kolloidalen Silberpr~iparate Dispargen und Kollargol verhalten sich nicht wesentlich anders als die eigenttichen Eiweittpr~iparate, wenn auch lange nicht mit x) Sehr rasche und erhebliche Gewichtssteigerungen nach Arsenik slnd beschrieben u. a. bei GIES, Arch. f. exper. PathoL u. Pharm. 8: x877. 2) Das prim. Natrlumphosphat wird in der notwendigen reinen Form yon den Che- mischen Werken vorm. H. u. E. Albe~t in Biebrieh a. Rh. unter der Bezeichnung , ,Reeresal" in den Handel gebraeht. 3) Erscheint ausffihrlich in der Zeitschrift ffir die gesamte exper. Medizin.

Die Beeinflussung der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Durch Reizstoffe

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4. MARZ x922 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. I. JAHRGANG. Nr. io 483

nahme von Phosphat ziehen. Dieser Hilfe steht auf einer andern Stufe als die mannigfachen zum Zwecke der Leistungs- steigerung angewandten Reizmittel. Sie bedeu te t tediglich eine Unterstfitzung yon schon physiologisch wirksamen Fak- toren. Ob jedoeh ~berhaupt die Anwendung einer solchen Hilfe yore sportlichen Standpunkt aus zu rechtfertigen ist, darauf m6chte ich hier nicht eingehen.

Die Frage nach dem Wirkungsmechanismus soll an dieser Stelle nieht n~iher er6rtert werden. Es ist natfirlich gerade bei der Steigerung der muskul~ren Leistungsfiihigkeit durch- aus denkbar, dal3 das Phosphat im wesentlichen durch Be- schleunigung des Wiederaufbaus des Lactaciclogens, der Be- triebssubstanz der Muskulatur, wirkt. Es dart a])er auch nicht die M6glichkeit aul3er acht gelassen werden, dat3 bei der beobachteten kr/iftigenden und leistungssteigernden Wir- kung des Phosphates auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Namentlieh k6nnte hier auf eine gewisse ~hnliehkeit zwischen

Phosphatwirkung und Arsenikwirkung hingewiesen werden. Freilich ist yon vorneherein die Wirkung der Phosphors~iure, die ein unbedingt notwendiger, t~glich dem Organismus in erheblicher Menge zugeffihrter Nahrungsbestandteil ist, v611ig anders zu bewerten als die in ihren gr6J3eren Gaben giftigen Wirkungen des Arseniksl).

Die Ergebnisse dieser Arbeit sind jedenfalls bedeutungs- roll genug, um einer eingehenden Nachprfifung unterzogen zu werden. Dabei ist Wert darauf zu legen, dal3 die hier angewandt e Menge nicht oder nur in sehr vorsiehtiger Weise fiberschritten wird. Auch ist zu beachten, dab das pr. Natriunl- phosphat spiitestens um die 1Kittagsz~it genommen wird, da Einnahme am Nachmittag oder A b e n d zu Schlafst6rungen ffihren k6nnte. Seine Zufuhr kann entweder in Form einer etwa 2proz. L6sung, der man im Bedarfsfalle etwas Zucker oder Saccharin hlnzuffigen kann, oder in Form yon Tablet ten erfolgen.2).

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N .

0BER DIE WIRKUNGSURSACHE DES HIRTENTASCHELKRAUTS.

V o n

i . HEFFTER und S. G. Z O N D E K .

Als Ersatz ffir das ~teure Secale cornutum wird vielfach auch das Hirtent~schelkraut (Capsella Bursae Pastoris) emp- fohlen. Den galenischen Pr~paraten kommt eine auch experi- mentell nachgewiesene wehenerregende Wirkung zu. Es ist aber noch nicht gelungen, die wirksamen Bestandteile der Pflanzen zu isolieren und chemisch zu bestimmen. Die einen g]auben an wirksame Amine, andere wieder ffihren die Wirkung auf anorganische Salze (Kaliumsalze) zurfick. Auffallend ist, dab der Wirkungswert aul3erordentlich stark schwankt. I~OCHMANN hat sogar beobachtet, daI3 das Hirten- t~ischelkraut mitunter gar heine Wirkung hat. Unsere Unter- suchungen scheinen die Frage nach der Wirksamkeit dcr Pflanze auf eine andere Grundlage zu stellen. ])as I-tirten- tiischelkraut wird h~ufig (Prof. GILG hat uns darauf aufmerk- sam gemacht) yon einem Pilz befallen, n~mlich dem Cystopus candidus (weiBer Blasenrost). Dieser Pilz w~ichst zum Tell auf der Oberfl~che der Pflanze, zum Teil w~ichst er auch in die Pflanze hinein, so daI3 es nicht ganz leicht ist, festzustellen, ob die Pflanze pilzfrei ist oder nicht. Die Untersuchung yon zwei Sorten Hirtent~ischelkraut, yon denen die eine/iul~eflich einen st~irkeren Pilzgehalt zeigte als die andere, ergab keinen Unterschied in der Wirkung. Doch ist dieser Versuch nicht beweisend, da unbekannt ist, wieviel yon dem Pilz nach innen gewaehsen war. ~Der Pilz w,ichst aber auch auf anderen Pflanzen, so z. B. der ,,Arabis albidus", einer weft verbrei- teten Crueifere. Prof. GILO hat uns yon der Arabis albidus pilzfreies und stark pilzha!tiges Material zur Verffigung gestellt. Wir stellten aus ihnen w~sserige Auszfige her und suchten ihren etwaigen Gehalt an wehenerregenden Stoffen

d u t c h Versuche am isolierten Meerschweinchenuterus zu be- stimmen. Dabei zeigte sich, da2 die pilzhaltige Pflanze schon in retafiv kleinen Mengen auf den Uterus stark erregend wirkte (noch st~irker als das Hirtent~ischelkraut), w~ihrend der Pilz - freien fast gar keine Wirkung zukam. Es besteht also die M6glichkeit, dal3 auch bei der Wirkung des Hirtent~ischel- krauts der Pilz eine grotle Rolle spielt. Jedenfalls wgre dann am leiehtesten zu erkl~iren, weshatb das Kraut mitunter gar nicht wirkt. W i r teilen unsere Versuehsergebnisse nur unter dem n6tigen Vorbehalt mit, da wir noch nicht soviel Material untersucht haben, um uns ein endgfiltiges Urteil erlauben zu k6nnen. Der ausffihfliche Bericht wird in einem Archly er- scheinen. (Aus dem Pharmakologisehen Ins~itut der UniversitSt Berlin. )

DIE BEEINFLUSSUNG DER BLUTK(SRPERCHEN- SENKUNGSGESCHWINDIGKEIT DURCH

REIZSTOFFE 3). V o n

HANNS L6HR.

Zun~chst gait es festzustellen, ob bei normalen Menschen erheblichere Tageschwankungen in der Senkungsgeschwindig- keit der roten Blutk6rperchen bestehen. Es wurden zu diesem Zwecke die yon LINZE~I~I~R angegebenen Senkungsr6hrchen verwandt und die Sedimentierung bis zu 18 mm verfolgt. Es ergibt sich nun die Tatsache, dab in der Tat die Schwan- kungen nicht erheblicher Natur sind und auch durch die Nahrungsaufnahme oder gar durch bestimmte Nahrungs- gruppen in keiner Weise beeinflul3t werden, wie dies frfiher B~3SCHER behauptete. Sodann erhielten die Versuchspersonen Reizstoffe der verschiedensten Art eingespritzt. Wir benutz- ten in der Hauptsache Eiwefl3k6rper, Milch, Caseosan, Pferde- serum, Autoserum, ferner koUoidale Silberpr/~parate, schliel3- lich noch Adrenalin und Pilocarpin. Nach Feststellung der zur Zeit bei der Versuchsperson bestehenden Senkungs- geschwindigkeit wurde unmit te lbar nach der ersten Blut- entnahme der Reizstoff verabfolgt. Sodann wurde den Patienten anfangs stfindlich Blur zur Sedimentierung ent- nommen, sp~terhin aber nach allgemeingfiltiger Feststellung des Besehleunigungsbeginns konnte man sich mit einer gerin- geren Zahl yon Blutproben begniigen. Zuns wurde analog meiner frfiheren Versuche fiber Steigerung des Titers yon Typhusagglutininen dutch unspezifische Reize der Einflul3 yon intramu*kulSr injizierten Eiweil3k6rpern auf die Sen- kungsgeschwindigkeit untersucht. In fast allen F/illen sehen wir nach ungef~ihr 2 Stunden eine Beschleunigung der Sedi- menfierung. Bei einigen F~illen t ra t die Beschleunigung in sp~terer Zeit auf, 3--4 Stunden. Es liegt also ein weitgehender Parallelismus mit der Typhusagglutininsteigerung durch un- spezi]ische Reize vor, der zeitliche Realctionsablau] ist hirer der- selbe wi~ dort. Die Beschleunigung dauerte ungef~hr 8--1o Tage an. Diese Ergebnisse decken sich mit den Untersuchun- gen S T A R L I N G E R S , der nach Eiweittinjektionen den Fibrinogen- spiegel schon nach 2 Stunden erh6ht sah, diese Erh6hung dauerte auch mehrere Tage an. Bei endoveni~ser Verabreichung des Reizk6rpers (Caseosan) t ra t die Senkungsbeschleunigung ebenso prompt, aber noch ]riiher ats bei intramuskul~rer

�9 Injektion auf. Die kolloidalen Silberpr~iparate Dispargen und Kollargol verhalten sich nicht wesentlich anders als die eigenttichen Eiweittpr~iparate, wenn auch lange nicht mit

x) Sehr rasche und erhebliche Gewichtssteigerungen nach Arsenik s lnd beschrieben u. a. bei GIES, Arch. f. exper. PathoL u. Pharm. 8: x877. 2) Das prim. Natrlumphosphat wird in der notwendigen reinen Form yon den Che- mischen Werken vorm. H. u. E. Albe~t in Biebrieh a. Rh. unter der Bezeichnung , ,Reeresal" in den Handel gebraeht. 3) Erscheint ausffihrlich in der Zeitschrift ffir die gesamte exper. Medizin.

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solcher Schnelligkeit und Sicherheit, was zum guten Tell auf dem beigegebenen SehutzeiweiBkolloid beruht. Weiterhin injizierten wir analog unseren frfiheren Versuchen Organ- prgiparate und zwar Adrenalin und Pilocarpin. Man sieht auch nach Adrenalin eine geringe Besehleunigung eintreten, nie- reals aber eine Hemmung durch Pilocarpin, sondern eher eine Beschleunigung. Von einer Beeinflussung der Sedimentierung dutch das parasympathische System kann keine Rede sein, ebensowenig wie die Typhusagglutinine sich durch das sympathische Nervensystem im Experiment nicht in ihrer Titerh6he gndern lassen, was hier im Gegensatz zu I~OSENTHAL und I-IoLzER nu t kurz erw~ihnt set. Endlich set noeh fiber den

R I F T . I. J A H R G A N G . Nr. I o 4. M~RZI922

EinfluB yon Bluttrans]uslonen bet ]31utkrankheiten auf die Senkungsgeschwindigkeit berichtet. ]3ei einer Perniciosa wurde die bestehende starlce t3eschleunigung dutch eine Ver- wandtenbluttransfusion yon einem halben Liter Blut deutlich gehemmt. In einem anderen Falle (myeloisehe Leuk~imie) lieI3 sich dutch eine Transfusion nieht s tammverwandten Blutes die Senkungsbeschleunigung nicht stabilisieren. Es lieB sieh aber hierbei ein groBer Zerfall yon roten Blutk6rper- chen ieststellen, was sich u. a. dutch eine sehr erhebliche Urobilinreaktion im Harne dokumentierte. (Aus der Medizi- nischen Universit~itsklinik Kiel, .Direktor: Pro]essor Schitten- helm).

P R A K T I S C H E RICHTLINIEN IN DER BEHANDLUNG DER FINGER-

EITERUNGEN 1). Yon

Prof. Dr. FRITZ H~RTEL, Oberarzt. Aus der Chimrg; Univ.-Klinik Halle a./S. (Dir.: Prof. VOELCKER.)

M. H. ! Wenn ich heute vor Ihnen das Gebiet der Finger- eiterungen aufrolle, so hoffe ieh nicht nur Ihr sachliches Inter- esse als ~.rzte, sondern aueh Ihr pers6nliehes Interesse zu erregen. Denn kein Stand ist wohl yon den Folgen der Finger.- eiterungen so schwer bedroht als der unsrige. Infolge der hohen Virulenz des Infektionsmaterials zeichnen sich bekanntlich die Fingereiterungen d e r Arzte dutch b6sartigen, hart- n~ckigen und heimtfickisehen Verlauf aus. Ich kann Ihnen im Rahmen eines kurzen Vortrages nicht die gesamte Patho- logie darstellen und m6ehte reich begnfigen, einige Streif- lichter auf die einzelnen Formen und die modernen Fort- schritte der chirurgischen Behandlung zu werfen.

Wie Sie wissen, kann d i e Infektion folgende Wege ein- schlagen: Sie kann fiber die Formen des subcutanen und tiefen Panari t iums zur Phlegmone f/ihren, diese zur Sepsis, oder sie umgeht diesen gestaffelten Instanzenweg und ffihrt sogleich unter Vermitt lung der Lymphwege zur septischen Allgemein- infektion. Ersteres Verhalten finder sich h&ufiger an der schwielenreichen Hand des Arbeiters, w~hrend der zweite Modus sich h~ufiger bet den Infektionen der Arzte darbietet.

Gehen wir zun~ehst auf die panaritialen Formen der Finger- eiterungen ein, so m6chte ich folgende praktiseh wichtige Gruppen auseinanderhalten: Paronychien und Nagelpanarifien Subcutane Panarifien und Schwielenabscesse ) oberfi~chliche; Sehnenscheidenpanaritien der Finger Knochen- und Gelenkpanaritien Hohlhandphlegmone tiefe Eiterung. Sehnenscheidenphlegmone

Die Paronychien und Nagelpanaritien geh6ren zu den cutanen Panarit ien, zeichnen sieh abet dutch ihren lang- wierigen und hartn~ckigen Verlauf aus. Sie entstehen aus kleinen L~sionen nnd Rhagaden des Nagelfalzes, und eine sorgsame Nagelpflege bildet die beste Prophylaxe Die Ent - fernung des erkrankten Nagels ffihrt zwar zur endgiltigen Heilung, macht aber den Finger f fir mehrereWochen gebraUchs- unf~hig. Die neueren Bestrebungen sind daher darauf ge- richter, die Paronychien unter Erhal tung des Nagels zu heilen. Dies gelingt auch in der Mehrzahl der F~lle. Es muB abet be- betont werden, d a b mit den gew6hnlichen Verb/inden mit Salbe; essigsaurer Tonerde usw. das nie gelingt und man nach Verschleppung des u doch schlieBlich den Nagel opfern m u B . - - Wirksam dagegen ist die Durchf/ihrung einer ener- gisehen und konsequenten Hyper~miebehandlung. So emp- fahl JosEPH die ]3IEasche Stauung mit Bindengummi um die Fingerbasis, der Finger bleibt ohne Verband. GUNDERMANN s taut mit einem zirkulgren Heftpflasterstreifen, behandelt ebenfalls verbandlos und ffigt mehrmals t~iglich heiBe ]3~der hinzu. Vorzfigliches leistet die alte Behandlung mit Queck- �9 silbersalben, wie "sie auch SCH6NE empfiehlt. Ich wende mit

~) Nach einem im V. d. &rzte, Halle, gehaltenen Vortrag.

ERGEBNISSE. Erfolg ein Verfahren an, das ich auf Empfehlnng von DENKS am eigenen Leibe erprobt habe, und das ich als Okklusions- verband mit grauer Salbe bezeichnen m6chte. Der Nagel- falz wird dick mit Ung. cin. bestrichen und ohne Mull mit Pilaster verklebt. Der Finger wird in schweren Fitllen durch eine Schiene ruhig gestellt. Der Verband bleibt 8 Tage liegen. Es komrnt durch die Wirkung der Salbe und der fenchten Kammer zu lebhafter Reaktion, aber die Eiterung versiegt, es treten gesunde Granulationen im Nagelfalz auf und der Nagel bleibt erhalten. Diese I3ehandlung ffihrte auch zum Ziele bet ether kfirzlich yon KUMMER und JoH. VOLIK1VIANN bc- schriebenen chronischen Abart des Paronychiums, welehe mit halbmondf6rmiger Sehwellung des 'Nagelwalls, aber ohne st~rkere Eiterung einhergeht.

Liegt die Eiterung unter dem Nagel, so soll man auch nieht sogleich den Nagel opfern, sondern durch teilweise Trepana- tion den Herd freilegen und die Ausheilung dutch Hyper~mie herbeiffihren. Nur muf3 man w0hl beachten, dab die Parony- ehia sub ungue der Ansdruck eines Knochenpanaritiums sein kann, in solchen FXllen muB der Nagel geopfert werden.

Die subcutanen Panaritien entstehen in den pallisaden- artig angeordneten Fetttr~ubchen der Fingergreiffl~chen und Schwielen. Sie schreiten infolge dieser Anordnung in verti- kaler Richtung in die Tiefe und ffihren stets zu umschriebe- ner Nekrose, so dab ein Pfropf entsteht ~ihnlich wie beim Furunkel. Die Eiterung breitet sich im subcutanen Gewebe aus oder oberflgchlich zwischen den Sehichten der dicken Epidermis. Die Cutis wird zumeist nur an einer punktf6r- migen Stelle durchbrochen, so entstehen sanduhr- und hemden- knopff6rmige Eiterherde. Die Diagnose des Sitzes ist durch diese Verhi~ltnisse versehleiert, ferner dadurch, dab das ent- zfindliche Odem sich auf dem Dorsum st~irker ausbreitet. Die Diagnose ist oft erst nach Abtragung der vorhornten Epi- dermis exakt zu stellen.

DaB die einzig richtige Behandlung der subcutanen Pana- ritien in der frfihzeitigen Er6ffnung besteht, ist allgemein anerkannt. A b e t die Art dieser Er6ffnung ist yon gr6Bter Wichtigkeit. Die Incision des subcufanen Panari t iums ist ein Eingriff, der in der Praxis h~ufig nieht ergiebig genug aus- geffihrt und nicht sachgern~13 nachbehandelt wird, so dab die Infektion weiterschreitet und wichtige tiefe Gebilde er- greift. Die h~ufig gefibte Art, an der Stelle des Schmerzes auf gut Glfick einzuschneiden, bis Eiter kommt und die Wund- r~inder mit der Kornzange zu sperren, muB als fehlerhaft be- zeichnet werden.

Zun~chst muB man sich dutch Abtragen der verhornten Epidermis in tangentialer Richtnng (Planieren nach RIEDEL) nach Art des Hfihneraugenschneidens den Herd freilegen. Dies kann ohne An~sthesie geschehen. D a n n sieht man meist in Form einer punktf6rmigen Veri/irbung die Kuppe des Pfropfs und hat somit exakt seinen Sitz. Es ist nun sehr wichtig, sich fiber die Ausdehnung der Nekrose ein genaues Bild zu verschaffen. Dies ist nur unter Blufleere m6glich, ZUR VERTH excidiert ein ovales Stfick der Haut. KLAPP emp- fiehlt, auch die Cutis tangential abzutragen, doch opfert man dadurch unn6tig gesundes Gewebe. Nach Incision im Chlor- i~thylrausch oder Spray wird die Wunde auseinandergezogen,