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Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol in alkoholischen Getränken mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat durch Fotometrie und Redoxtitration in arbeitsteiliger Gruppenarbeit. Schriftliche Hausarbeit im Fach Chemie gemäß § 33 OVP-NRW von Dr. rer. nat. Arnold Schroeder Diplom-Physiker Studienreferendar für Physik und Chemie für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen Vorgelegt im Rahmen der zweiten Staatsprüfung im Mai 2005 am Studienseminar Jülich für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol in ... · Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol Dr. Arnold Schroeder - 3 - 1. Einleitung Am Anfang dieser Arbeit stand die Frage,

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Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol in alkoholischen Getränken

mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat durch Fotometrie und Redoxtitration in

arbeitsteiliger Gruppenarbeit.

Schriftliche Hausarbeit im Fach Chemie gemäß § 33 OVP-NRW

von

Dr. rer. nat. Arnold Schroeder Diplom-Physiker

Studienreferendar für Physik und Chemie für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen

Vorgelegt im Rahmen der zweiten Staatsprüfung im Mai 2005 am Studienseminar Jülich

für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

Dr. Arnold Schroeder - 2 -

Inhaltsverzeichnis:

1. EINLEITUNG __________________________________________________________ 3 2. DIDAKTISCHE UND METHODISCHE ÜBERLEGUNGEN _______________________ 4

2.1. BEDEUTUNG UND BEGRÜNDUNG DES THEMAS _______________________________ 4 2.2. DIE LERNSITUATION __________________________________________________ 6 2.3. METHODISCHE ÜBERLEGUNGEN UND PLANUNG ______________________________ 7 2.4. ZIELE DER ARBEIT UND DES VERBUNDENEN UNTERRICHTS ______________________ 8

3. DURCHFÜHRUNG______________________________________________________ 9 3.1. FACHWISSENSCHAFTLICHE GRUNDLAGEN __________________________________ 9 3.2. VORBEREITUNG DER REIHE ____________________________________________ 14 3.3. UMSETZUNG IM UNTERRICHT___________________________________________ 20

4. ZUSAMMENFASSUNG UND EVALUATION ________________________________ 26 5. KONZEPT FÜR DEN FÄCHERVERBINDENDEN UNTERRICHTSEINSATZ DER

FOTOMETRIE ________________________________________________________ 29 6. ABBILDUNGSVERZEICHNIS ____________________________________________ 31 7. LITERATURVERZEICHNIS______________________________________________ 32 8. ANHANG ____________________________________________________________ 34

8.1. UNTERRICHTSENTWÜRFE _____________________________________________ 34 8.2. PROBENBESCHREIBUNGEN ____________________________________________ 41 8.3. WEITERE ANLAGEN__________________________________________________ 42

Erstgutachter: StD Dr. Otto Günther

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

Dr. Arnold Schroeder - 3 -

1. Einleitung

Am Anfang dieser Arbeit stand die Frage, wie im Chemieunterricht des 11. Jahrgangs die Alkoholkonzentration in selber hergestelltem Birnenwein und daraus gebranntem Obstler didaktisch sinnvoll, aber auch ansprechend zu bestimmen sei. Die bekannte klassische Oxidation mit Kaliumdichromat ist nicht mehr im Schülerversuch einsetzbar (und ein Schülerversuch sollte es unbedingt sein!), andere Verfahren („Spindeln“, Destillieren usw.) besitzen wenig Charme, sind aufwändig oder ungenau.

Durch einen Hinweis stieß ich auf einen Artikel von Uwe Hilgers [Hil] aus dem Jahr 2003. Der (kurze) Titel lautete: „Die fotometrische Bestimmung von Alkohol“. Die dort beschriebene Idee der fotometrischen Konzentrationsbestimmung von Ethanol mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat erfüllt auf den ersten Blick in idealer Weise alle Ansprüche an ein mögliches Verfahren.

Allerdings zeigte ein zweiter, genauerer Blick und eine im Vorfeld durchgeführte Befragung zahlreicher Chemielehrer verschiedener Schulen, dass die Fotometrie nur eine sehr stiefmütterliche Behandlung im Unterricht genießt. Das Fotometer an der eigenen Schule (Gesamtschule Bergheim) erwies sich als ungebraucht, in anderen Schulen ergab sich ein ähnliches Bild (s. Kap. 2.4). Cer findet sich in den gängigen Schulbüchern lediglich im Periodensystem erwähnt, demzufolge ist Cer (IV)- Ammoniumnitrat in den allermeisten Sammlungen völlig unbekannt. Während der Artikel von [Hil] leicht den Eindruck erweckt, es handele sich hier um ein Standardverfahren in der Schulchemie, sieht die Realität anders aus.

Recherchiert man in den Standardwerken der anorganischen Chemie oder im Internet nach Cer, so stößt man immer wieder auf das Verfahren der Cerimetrie, also dem Einsatz von vierwertigen gelbem Cer als starkem Oxidationsmittel, welches sich bei der Reduktion entfärbt. Allerdings ist dieses Verfahren immer nur bei der Oxidation anorganischer Stoffe beschrieben und verwendet in der Regel Cer (IV)- Sulfat in schwefelsaurer Lösung. Da im sehr kurz gehaltenen Artikel von [Hil] keinerlei Hinweise auf die Mechanismen der Verfärbung im Zusammenhang mit Ethanol zu finden waren, tauchten immer neue Fragen und Unklarheiten auf.

Eine Literaturrecherche ergab, dass die Rotfärbung des Cer (IV)- Ammoniumnitrat bei Zugabe von Alkohol nichts mit Redoxreaktionen und damit auch nichts mit Cerimetrie zu tun hat, sondern viel mehr auf einer Komplexbildung basiert, wie sie bei anderen Cer (IV)- Salzen nicht eintritt. Damit standen zwei interessante mögliche Verfahren im Raum, wie sie in der Schulchemie bisher gar nicht oder nur sehr selten eingesetzt wurden. In Absprache mit Herrn Dr. Günther, dem Fachleiter für Chemie, wurden dann die Ideen zu dieser Arbeit konkretisiert. Am Ende standen zwei Kernfragen:

1. Eignet sich das Verfahren der Redoxtitration mit Cer (IV)- Salzen zur maßanalytischen Bestimmung der Alkoholkonzentration?

2. Eignet sich das Verfahren der Fotometrie mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat zum selben Zweck?

Das weiterführende Ziel dieser Arbeit ist es, bei prinzipieller Eignung eines oder beider Verfahren für den Einsatz im Schülerversuch die optimalen Randbedingungen für einen erfolgreichen praktischen Unterrichtseinsatz zu ermitteln und darzustellen - quasi als „Handreichung“ für die Planung und Durchführung des Chemieunterrichts. Die Lehrertätigkeit des Innovierens steht also im Mittelpunkt dieser Arbeit.

Im folgenden wird ausgeführt, wie durch entsprechende Voruntersuchungen, durch Literaturrecherche und durch Umsetzung im eigenen Unterricht eine fächerübergreifende, schülerorientierte Reihe entwickelt und evaluiert wurde, welche so in der heutigen Schulchemie praktisch nicht eingesetzt wird.

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2. Didaktische und methodische Überlegungen

2.1. Bedeutung und Begründung des Themas Der Lehrplan Chemie des Landes NRW fordert für die Stufe 11 als Themenfeld A verbindlich die Behandlung einer Reaktionsfolge aus der organischen Chemie und schlägt zu diesem Thema die Reihen „Vom Alkohol zum Aromastoff“ oder „Vom Traubensaft zum Essig“ vor [RL-LP CH Kap. 2.3].

In beiden Reihen nimmt der obligatorische Unterrichtsgegenstand der homologen Reihe der Alkanole und deren Oxidation zu Alkanalen und Carbonsäuren eine zentrale Rolle ein. Ethanol ist dabei nicht nur als typischer Vertreter der Stoffklasse Alkanole relevant, sondern knüpft (leider oft allzu sehr!) an die Lebenswelt und Alltagserfahrungen der Jugendlichen dieser Altergruppe an.

Die Bestimmung der Volumenkonzentration des Ethanols in alkoholischen Getränken erfüllt somit in besonderem Maße die Einbettung des Chemieunterrichts in einen lebensweltnahen Kontext der Schüler und besitzt eine hohe Exemplarität für die an erster Stelle in den Lehrplänen genannten zu vermittelnden „Fachlichen Qualifikationen“ der Stufe 11: Quantitatives, experimentelles Arbeiten...

Wie bestimmt man aber am besten im Schülerversuch die Volumenkonzentration? Anders gefragt: Welche Verfahren sind hinreichend genau, weder von den theoretischen Grundlagen her oder in der praktischen Durchführung zu aufwändig und besitzen eine hohe Relevanz und Exemplarität? Eine intensive Literaturrecherche führte zu den folgenden möglichen Verfahren:

1. Dichtemessung über das klassische „Spindeln“ mit der Alkoholwaage („Araeometrie“)

2. Enzymatische Verfahren (Alkoholdehydrogenase (ADH) katalysiert die Redoxreaktion zwischen Alkohol und Nicotinsäureamiddinucleotid NAD+.). Die Umsetzung kann dann auf verschiedenen Wegen, z.B. potentiometrisch aber auch fotometrisch nachgewiesen werden [Blu1].

3. Destillation und anschließende Massenbestimmung

4. Redoxtitration

5. Fotometrische Verfahren (Lichtabsorption durch Alkoholat- Komplexe)

Das Verfahren 1 ist relativ ungenau und vermittelt kein neues relevantes Fach- oder Methodenwissen. Dies wäre beim Verfahren 2 gegeben (zudem ist es sehr genau), aber aufgrund des erheblichen Aufwandes ist es ungeeignet für die Schule. Das Verfahren 3 wird zwar häufig eingesetzt, ist aber ausgesprochen zeitaufwändig. Somit bleiben noch die beiden letzten Verfahren:

Die Redoxtitration und die Fotometrie erfüllen beide prinzipiell sämtliche Voraussetzungen für einen sinnvollen und erfolgreichen Unterrichtseinsatz in der Oberstufe. Sie sind beide genau, weder theoretisch noch apparativ zu aufwändig, sie besitzen beide als Standardverfahren in der modernen Maßanalyse sowohl hohe Relevanz als auch (bei der Fotometrie) hohe Exemplarität für den Einsatz einer physikalischen Messmethode in der Chemie. Beide sind durch die Lehrpläne legitimiert.

Mit dem allgemein formulierten Ziel der Erlangung der allgemeinen Studierfähigkeit [RL-LP CH Kap. 1.1] ist untrennbar der Auftrag zu einer wissenschaftspropädeutischen Ausbildung [RL-LP CH Kap. 1.2] und der Befähigung zum fächerübergreifenden und -verbindenden Lernen verbunden [RL-LP CH Kap. 3.2].

Beide Verfahren sind aus den ausgeführten Gründen eindeutig propädeutisch. Besonders die Fotometrie lässt sich ideal auch fächerverbindend einsetzen, wie im Kapitel 4 ausgeführt wird.

Innerhalb eines Faches sind obligatorisch [RL-LP CH Kap. 2.1] in jeder Reihe die folgenden drei Bereiche abzudecken:

• Fachliche Inhalte

• Lernen im Kontext

• Methoden und Formen selbstständigen Arbeitens

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Diese Vorgaben wurden bei der Planung und Durchführung beachtet und erfüllt. Die fachlichen Inhalte sind in den folgenden Abschnitten näher beschrieben, der Kontextbezug wurde bereits oben erläutert und wird im folgenden als gegeben vorausgesetzt. Das Kapitel 2.3 behandelt im Rahmen der methodischen Überlegungen den dritten Punkt des selbstständigen Arbeitens.

2.1.1. Die Redoxtitration

Die Einführung des Begriffes der Oxidationszahlen am Anfang dieser Jahrgangsstufe 11 und die generelle große Bedeutung von Redoxreaktionen in der Chemie führten zu der Überlegung, dieses analytische Verfahren schon im 11. Jahrgang einzusetzen, obwohl es laut den Lehrplänen eher zu den Themen der 12. Jahrgangsstufe zählt. Die Oxidation von primären und sekundären Alkoholen ist den Schülern bekannt, außerdem wurden im laufenden Halbjahr mehrfach Säure-Base- Titrationen durchgeführt und daran stöchiometrisches Rechnen geübt. Der Transfer von Säure- Base- Reaktionen auf Redoxsysteme sollte so den Schülern eine erweiterte Perspektive bieten und das Verständnis vertiefen.

Das maßanalytische Verfahren der Redoxtitration zum Nachweis von Ethanol deckt mehrere Bereiche der Lehrplan- Obligatorik für den 11. Jahrgang ab:

• Organische Stoffklassen (Alkohole, Aldehyde, Ketone, Carbonsäuren, Ester)

• Oxidationszahlen

• Integrierte Wiederholung (stöchiometrisches Rechnen)

Aus fachsystematischer Sicht ist die Redoxtitration somit sehr gut im Unterricht der Stufe 11 einzusetzen. Dazu fordert sie in besonderem Maße sorgfältiges Arbeiten und experimentelles Geschick und erzieht somit im Schülerversuch zum selbstständigen Arbeiten.

Allerdings beinhaltet sie nicht wirklich Neues, sie ist also eher zur Sicherung und Vertiefung geeignet als zur Erarbeitung und Erschließung grundlegend neuer Themenfelder. Daher sollte sie in meiner Planung nur in Verbindung mit einem innovativeren Verfahren eingesetzt werden.

2.1.2. Die Fotometrie

Die Fotometrie ist den Schülern1 der Jahrgangsstufe 11 in der Regel unbekannt und scheint - nach der geringen Zahl entsprechender Publikationen und anhand nicht- repräsentativer Umfragen unter Kollegen - selten bis nie im Unterricht eingesetzt zu werden (siehe Kap. 2.4). Dabei weist sie in der quantitativen Analyse so zahlreiche Vorteile auf, dass dies kaum verständlich ist.

• Die Fotometrie ist ein genaues maßanalytisches Verfahren und erfüllt damit die Lehrplanvorgaben, welche explizit „Quantitatives, experimentelles Arbeiten“ in dem Jahrgang 11 fordern.

• Sie ist ein aktuelles und anerkanntes Verfahren.

• Fotometrie kombiniert eine physikalische Messmethode mit chemischen Untersuchungen, arbeitet also fächerverbindend [RL-LP CH 3.2].

• Schüler üben hier den Umgang mit relativ komplexen Messapparaturen und lernen mit Kalibrieren und Eichen zwei naturwissenschaftlich allgemein relevante Verfahren kennen.

• Anhand der Ermittlung einer unbekannten Probenkonzentration aus der Eichkurve werden die wichtigen mathematischen Begriffe der Inter- und Extrapolation erschlossen.

2.1.3. Zusammenfassung zu beiden Verfahren

Während eine Titration mehr den handwerklich- experimentellen Bereich betont, ist die Fotometrie abstrakter, die Technik deutlich komplexer. Sie spricht verstärkt den kognitiven Bereich an und ist

1 Hier und im folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit der Ausdruck „Schüler“ geschlechtsneutral verwendet.

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zudem das modernere Verfahren. Damit ist allerdings die Gefahr eines reinen „black box“- Versuches verbunden, bei welchem unreflektiert einzelne vorgegebene Arbeitsschritte abgearbeitet werden.

Sowohl die Fotometrie als auch die Redoxtitration sind prinzipiell unproblematisch im Schulalltag durchzuführen. Sie sind hinreichend genau und besitzen eine hohe Exemplarität für quantitative Analysen in der Chemie. Beide Verfahren sind im Prinzip wohl etabliert [MaRa, Seraf, SeKo] - oft wurden sie allerdings mit dem inzwischen im Schülerversuch wegen seiner Cancerogenität verbotenen Kaliumdichromat [Soe] durchgeführt. Als alternativer Stoff bietet sich das Lanthanid Cer an.

In dieser Arbeit werden die beiden Cer- Salze Cer (IV)- Ammoniumnitrat und als Cer (IV)- Sulfat auf ihre Eignung zur Bestimmung der Volumenkonzentration von Ethanol per Fotometrie und per Redoxtitration („Cerimetrie“) im Schülerversuch untersucht.

2.2. Die Lernsituation Auch wenn der Schwerpunkt dieser Arbeit in der Entwicklung und Evaluation geeigneter Experimente und Verfahren für den Chemieunterricht liegt, so sind doch die Erfahrungen im praktischen Einsatz unentbehrlich für die abschließende Bewertung, ob diese auch wirklich als Schülerversuche geeignet sind. Die Untersuchungen zu dieser Arbeit und die Umsetzung im eigenen Unterricht wurden im April und Mai 2005 durchgeführt.

2.2.1. Die Lerngruppe

Bei der „Testgruppe“ handelt es sich um einen Chemie-Grundkurs der Jahrgangsstufe 11 mit 22 Schülern an der Gesamtschule Bergheim. Dieser Kurs wird von mir im eigenen Unterricht (BdU) seit Beginn des Schuljahres mit drei Wochenstunden unterrichtet. Das Leistungsniveau ist überwiegend hoch, die Schüler sind erfahren im Experimentieren und geübt im stöchiometrischen Rechnen.

Das war bei der Übernahme des Kurses anders. Die Schüler stammen teilweise aus sogenannten G- Kursen, also aus den leistungsschwächeren Grundkursen des ab der 9. Klasse differenzierten Chemieunterrichts. Zwei Schüler haben von der Realschule gewechselt, zwei weitere Schüler wiederholen die Stufe. Chemie ist an unserer Schule obligatorisch, wenn das beliebte Fach Erdkunde als Leistungskurs gewählt wird. Dementsprechend gering waren zu Beginn des Schuljahres die Vorkenntnisse, aber auch das Interesse am Fach Chemie bei einem großen Teil der Schüler.

Das gemeinsame Erlebnis „Weinherstellung“ und „Schnapsbrennen“ im Dezember 2004 führte zu einem starken Motivationsschub im Kurs und hat die Lernatmosphäre spürbar verbessert. Es muss bei diesem sensiblen Thema natürlich permanent im Unterricht auf die Gefahren des Alkoholkonsums hingewiesen werden. Untrennbar damit verbunden ist die Frage nach der Alkoholkonzentration in bestimmten Getränken. Es stand immer wieder die Frage im Raum: „Wie viel Prozent hat denn nun unser Obstwein bzw. unser „Selbstgebrannter“?“ Diese Frage wurde bewusst offen gehalten und erst jetzt beantwortet.

2.2.2. Besonderheiten der Schulform Gesamtschule

Die besondere Lernsituation an einer Gesamtschule bringt es mit sich, dass einer großen Zahl von Sekundarstufe I- Schülern nur relativ wenige Oberstufenschüler gegenüber stehen. So finden sich an der Gesamtschule Bergheim trotz etwa 1.050 Schülern nur knapp 150 Schüler in der gesamten Sekundarstufe II. Entsprechend dieser geringen Schülerzahl fehlen Physik- und Chemie- Leistungskurse, die Grundkurse sind nur jeweils einfach besetzt. Da der Focus im Sekundarstufe I- Unterricht nicht in der Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe liegt (die Gesamtschulen erstellen eigene Lehrpläne mit besonderem Augenmerk auf den großen Teil der Schüler, die mit dem angestrebten FOR- Abschluss nach der 10. Klasse in ein Ausbildungsverhältnis eintreten wollen), verfügen nicht alle Schüler über dem Oberstufenunterricht angemessene Mathematikkenntnisse oder sind im Umgang mit komplexeren naturwissenschaftlichen Verfahren oder Apparaturen geübt.

Diese Situation erklärt, warum sich in der gut ausgestatteten Sammlung mehrere Geräte finden, welche bisher selten oder nie im Unterricht eingesetzt wurden. So ist es auch bei dem vorhandenen Leybold- Fotometer, welches im Rahmen dieser Arbeit erstmals im Unterricht Verwendung fand. Die Bedienungsanleitung fehlte teilweise, die Küvetten waren nicht staubdicht verpackt und entsprechend

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verschmutzt und es gab im Kollegium keinerlei Erfahrungswerte für den Einsatz des Verfahrens oder des Gerätes im Unterricht.

Die IT- Ausstattung in den naturwissenschaftlichen Räumen beschränkt sich auf einen veralteten PC mit Standard- Office1997- Applikationen und einen VGA- Beamer. Den Schülern stehen zwar prinzipiell PCs in einem gut ausgestatteten Rechnerraum zur Verfügung, dieser ist aber recht intensiv genutzt (daher kaum spontan verfügbar) und räumlich am anderen Ende der Schule angesiedelt, so dass der zeitliche Aufwand für Unterricht in diesem Raum relativ hoch ist.

Die benötigten Chemikalien Cer (IV)- Ammoniumnitrat und Cer (IV)- Sulfat fehlten in der Sammlung, genau wie der weiter unten beschriebenen Redoxindikator o- Phenanthrolin. Die vorhandene konzentrierte Salpetersäure war verunreinigt und konnte nicht eingesetzt werden.

Ein großer Teil der vorbereitenden Arbeit bestand daher auch im Organisieren. Die benötigten Chemikalien wurden von mir aus Zeit- und Etatgründen privat bestellt (Internetanbieter für Feinchemikalien: Omikron GmbH), die benötigte Bedienungsanleitung für das Leybold- Fotometer heruntergeladen und drei weitere Fotometer ausgeliehen.

2.3. Methodische Überlegungen und Planung Da das Experiment im Chemieunterricht unverzichtbarer Bestandteil und das zentrale Element jedes Chemieunterrichtes, ja sogar der gesamten Naturwissenschaft Chemie ist ([KoFaCh Kap. 14] und [Gue]), erübrigt sich eine ausführliche Begründung, warum die Innovierung, die Durchführung und die Evaluierung eines Schülerversuches die Kerninhalte dieser Arbeit darstellen. Neuere Erkenntnisse zu Sinn und Nutzen von Schülerversuchen finden sich im gleichnamigen Themenheft [PdN-PH].

Quantitativ- Analytische Verfahren im Schülerversuch fördern und fordern gleich mehrere Schlüsselqualifikationen der Schüler: Relativ komplexe Versuchsanleitungen müssen gründlich gelesen und verstanden werden, Materialien und Chemikalien müssen noch mehr als sonst sorgfältig und sauber präpariert werden, bei der Durchführung der Analysen ist exaktes Arbeiten unabdingbar für brauchbare Ergebnisse. Hier spiegelt sich ganz klar der Auftrag zur Erziehung wieder, welchen die Landesverfassung von NRW im §7 vorgibt.

Es gibt viele gute Gründe für eine Durchführung von Schülerversuchen in der Sozialform der Gruppenarbeit, besonders in kleinen Gruppen von 3-5 Schülern. So weist [Kro] darauf hin, dass diese Sozialform Schüler verstärkt zur Eigenständigkeit und Teamfähigkeit erzieht und die Schlüsselqualifikation „Kommunikationsfähigkeit“ fördert. [Mey] betont, dass Gruppenunterricht Schüler zum „selbstständigen Denken und Handeln“ ermutigt.

Neben diesen und zahlreichen weiteren guten pädagogischen Gründen für den Gruppenunterricht gibt es auch - zumindest im Chemieunterricht - bei der Durchführung von Schülerversuchen schlichte Sachzwänge, welche in der Regel lediglich nur die Entscheidung zwischen reinen Demonstrationsexperimenten und Schülerversuchen in Gruppenarbeit erlauben: Kaum eine Sammlung wird über genügend Fotometer verfügen, um Partner- oder gar Einzelarbeit bei den hier besprochenen Versuchen möglich zu machen. Selbst bei vergleichbar wenig aufwändigen Versuchen wie der Titration stoßen Ausstattung und Platz im Unterrichtsraum an ihre Grenzen. Gruppenarbeit stellt somit im Chemieunterricht in der Realität die einzige Möglichkeit für Schülerversuche dar und wird auch deshalb hier angewendet. Die Schülerversuche in dieser Arbeit wurden in arbeitsteiliger Gruppenarbeit durchgeführt, um zwei verschiedene Proben untersuchen zu können.

Die 22 Schüler des Kurses wurden in vier Gruppen aufgeteilt, das entspricht der Anzahl der vorhandenen Experimentierplätze im Unterrichtsraum. Die ursprüngliche Planung sah vor, dass jeweils zwei Gruppen mit dem Fotometer an unterschiedlichen Proben arbeiten und die beiden anderen entsprechende Proben titrieren. Anschließend sollte das Verfahren getauscht werden, also die bereits untersuchte Probe nun von jeder Gruppe mit dem anderen Verfahren analysiert werden. Wie weiter unten im Kapitel über die Vorbereitung und die entsprechenden Vorversuche ausgeführt wird, ist aber das Verfahren der Redoxtitration von Ethanol mit Cer (IV) hier nicht geeignet.

Daher wurde in der Durchführung abweichend von der ursprünglichen Planung nur das fotometrische Verfahren eingesetzt und entsprechend evaluiert. Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher auch nur auf die Planungsphase zur Fotometrie. Die Messungen sollen in arbeitsteiliger Gruppenarbeit durchgeführt werden, wobei vier Gruppen aus je fünf bis sechs Schülern experimentieren. Jeweils zwei Gruppen untersuchen die gleiche Probe. Die

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Auswertung, die Erstellung der Eichkurve und die Fehlerabschätzung werden wieder in Gruppenarbeit durchgeführt und die Ergebnisse dem Kurs unter Verwendung einer angemessenen Fachsprache und Einsatz eines PC mit Beamer präsentiert.

Durch die Durchführung der Experimente in Gruppenarbeit, den Einsatz von Computern bei der Auswertung und die Präsentation der Ergebnisse mit PC und Beamer erfüllt diese Planung die Umsetzung der in [RL-LP CH Kap. 2.1.3] ausführlich beschriebenen Methoden und Formen selbstständigen Arbeitens und erlaubt den Schülern besonders den Erwerb von:

• Handlungskompetenzen (Arbeitsorganisation, grafische Darstellung von Daten, Beachtung von Sicherheitsvorschriften)

• Sozialkompetenzen (Team-, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten)

• Medienkompetenzen

Nicht jede Unterrichtsstunde und nicht jede Reihe wird immer alle Vorgaben der Richtlinien gleichermaßen erfüllen können. So kann ein selbstständiges Erarbeiten des unbekannten Verfahrens der Fotometrie kaum erwartet werden. Hier muss der Lehrer in der vorbereitenden Phase zunächst Basiswissen vermitteln, wobei bewusst auch Lehrervortrag und das gelenkte Unterrichtsgespräch einzusetzen sind. Der - sparsam und an der richtigen Stelle eingesetzte - Lehrervortrag ist in besonderem Maße zur effektiven Vermittlung von gebündelten Sachinformationen geeignet und ist ...unentbehrlich, wenn der Lehrer ein neues Thema einführen und eine gemeinsame stoffliche Orientierungsgrundlage schaffen will... [wörtlich aus Kro, S. 64].

In meiner Planung der Unterrichtsreihe war für den Einstieg in das völlig neue Thema und zur Vermittlung des notwendigen Basiswissens daher eine einleitende, deutlich lehrerzentrierte Phase mit Lehrervortrag und gelenktem Unterrichtsgespräch zur Sicherung des neuen Stoffes, aber auch zur Verständnisüberprüfung vorgesehen. Dem folgen Durchführung, Auswertung und Ergebnispräsentation als Gruppenarbeit, bei welcher sich der Lehrer möglichst auf Beobachten beschränkt und nur bei wirklichem Bedarf Hilfestellung gibt.

Die Details der Planung der einzelnen Stunden finden sich im Kapitel 3.3.1 und als Unterrichtsentwürfe im Anhang.

2.4. Ziele der Arbeit und des verbundenen Unterrichts Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung, ob die maßanalytischen Verfahren der Redoxtitration und der Fotometrie sinnvoll im Chemieunterricht einsetzbar sind, wobei gleichzeitig Cer (IV)- Verbindungen als Alternative zum nicht mehr im Schülerversuch zugelassenen Kaliumdichromat untersucht wurden.

Beide Verfahren sind durch die Richtlinien und Lehrpläne für den Einsatz im Chemieunterricht des 11. Jahrgangs legitimiert und werden auch in den entsprechenden Schulbüchern teilweise ausführlich behandelt. Allerdings werden beide Verfahren selten im Unterricht eingesetzt, wie die geringe Zahl der entsprechenden Publikationen zeigt2 und es auch durch eine nicht- repräsentative Umfrage3 bestätigt wird. In Verbindung mit Cer (IV) konnte lediglich die eine Publikation [Hil] gefunden werden, aus der die Idee zu einem Teil dieser Arbeit stammt.

Die wahrgenommene Lehrerfunktion des Innovierens steht also in dieser Arbeit klar im Vordergrund. Folgende Fragen sollen dabei geklärt werden:

2 Eine umfangreiche Internet- Recherche ergab zwar zahlreiche Treffer bei der Suche nach „Cerimetrie“, wie das Verfahren der Redoxtitration mit Cer (IV) historisch bezeichnet wird. Allerdings handelte es sich ausnahmslos um die Maßanalyse anorganischer Verbindungen bzw. in einem Fall Ascorbinsäure [Blu3 und 4]. Sämtliche Publikationen stammten aus dem Hochschulbereich. Die Suche nach Foto- / Photometrie in Verbindung mit Ethanol führte nur zu wenigen brauchbaren Treffern, welche sich aber alle mit enzymatischen Verfahren beschäftigten. Eine weitere Recherche nach Ethanol in Verbindung mit Fotometrie in der aktuellen Ausgabe der Datenbank Schulpraxis 2004 führte wiederum zum Artikel von [Hil] als einziger Publikation. Cer wird in der Schulliteratur praktisch nicht erwähnt. 3 Von 7 befragten Gymnasien aus dem Regierungsbezirk Köln wurde in einem Fall Fotometrie im Unterricht eingesetzt. Cer fand sich in keiner Sammlung. Redoxtitrationen wurden nur in einer Schule durchgeführt (Jg. 12).

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1. Wie kann im Unterricht die Volumenkonzentration von Ethanol in Getränken am besten bestimmt werden?

2. Eignet sich das Verfahren der Redoxtitration mit vierwertigem Cer für den Einsatz im Chemieunterricht generell? Wenn ja: Welche Randbedingungen sind für die Bestimmung der Alkoholkonzentration geeignet?

3. Wie und unter welchen Bedingungen kann die Fotometrie erfolgreich im Unterricht eingesetzt werden? Wie gut eignet sich das Verfahren mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat als Indikator zur Bestimmung der Alkoholkonzentration?

4. Für welche Altersgruppen sind die Verfahren geeignet? Welche Lernvoraussetzungen sind zu schaffen, welcher Zeitbedarf ist einzukalkulieren?

In der Umsetzung im Unterricht sind neben der Evaluation der vorgeschlagenen Verfahren darüber hinaus verschiedene Lernziele der Reihe festzuhalten. Vorbehaltlich der positiven Ergebnisse aus der vorbereitenden Phase können diese Ziele so formuliert werden:

Die Schüler ....

1. wenden ihre vorhandenen Kenntnisse über Redoxreaktionen im Allgemeinen und die Oxidation primärer Alkanole auf das System Cer (IV) - Ethanol an.

2. transferieren ihr Wissen aus den Säure- Base- Titrationen vorhergehender Stunden auf das Verfahren der Redoxtitration und führen diese im Schülerversuch durch.

3. berechnen aus den erhaltenen Messwerten die Stoffmengen- und daraus die Volumenkonzentration von Ethanol in einer unbekannten Probe.

4. erwerben neues Wissen über die Fotometrie als aktuelles, maßanalytisches Verfahren und wenden in diesem Zusammenhang vorhandenes oder neu erarbeitetes physikalisches Wissen konkret in der Chemie an.

5. lernen die wichtigen messtechnischen Begriffe Kalibrieren und Eichen kennen und setzen diese neu erworbene Methodenkompetenz unmittelbar im Schülerversuch in der Praxis ein.

6. werten ihre Messungen unter Einsatz eines PC aus und stärken so ihre Medienkompetenz bei der Bestimmung der Volumenkonzentration.

Diese Ziele sind natürlich von allgemeiner Natur und stark von den Ergebnissen der vorbereitenden Phase abhängig. Das scheinbar vorrangige Ziel der Volumenkonzentrationsbestimmung ist in der Planung des Unterrichts eher Aufhänger und Motivationsinstrument.

3. Durchführung

3.1. Fachwissenschaftliche Grundlagen

3.1.1. Allgemeines über die verwendeten Chemikalien:

Das silbrigweiß glänzende Metall Cer mit der Ordnungszahl 58 und dem relativen Atomgewicht von 140u ist das reaktivste Element in der Reihe der Lanthanide [ausführliche Beschreibung s. UniFrb]. Cer kommt in Verbindungen als dreiwertiges (farbloses) Ce (III) oder - im Gegensatz zu den meisten anderen Lanthaniden - auch stabil als vierwertiges (gelb- oranges) Ce (IV)- Kation vor.

Neben verschiedenen technischen Einsatzgebieten [Wiki] ist Cer seit langem in der quantitativen Analyse überwiegend anorganischer Verbindungen, besonders für Fe(II)- Ionen und zur Nitratbestimmung verbreitet. Dabei wird die stark oxidierende Wirkung des vierwertigen Cer in Verbindung mit dem Entfärben bei dessen Reduktion ausgenutzt.

Das Normpotential des Ce3+/Ce4+ - Systems hängt infolge des ausgeprägten Hanges zur Komplexbildung, welche bei allen Lanthaniden zu beobachten ist, stark vom Milieu ab [HoWi]:

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Normpotentiale von Ce3+/Ce4+ in verschiedenen Säurelösungen (c(Säure) = 1 mol/l):

Perchlorsäure 1,70V Salpetersäure 1,61V Schwefelsäure 1,44V

Die beiden folgenden Eigenschaften des Cer begründen seine prinzipielle Eignung als Nachweismittel bei der quantitativen Analyse:

• Neigung zur Komplexbildung (wie bei den meisten Lanthaniden aufgrund ihrer hohen Ladung bei relativ niedrigem Ionen- Radius (Lanthanidenkontraktion [HoWi]))

• Starkes Oxidationsmittel im sauren Milieu

Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei verschiedene Cer (IV)- Salze eingesetzt:

Cer (IV)- Ammoniumnitrat (NH4+)2[Ce4+(NO3

-)6] (wissenschaftlich korrekter, aber schwerer lesbar ist der Name Diammoniumhexanitratocerat(IV). Hier im und folgenden wird die einfachere Variante verwendet.) ist eine (fast) unbekannte Alternative zum inzwischen im Schülerversuch aufgrund seiner Cancerogenität verbotenen Kaliumdichromat [Soe]:

Cer (IV)- Ammoniumnitrat: (NH4)2[Ce(NO3)6] Xi (nur für w=>20%), O R: 8-41 S: 17-26-39

Zugelassen für SI

Empfohlene Umgangshinweise: Schutzbrille tragen und von offenen Flammen fernhalten.

Cer (IV)- Ammoniumnitrat ist ein leicht wasserlösliches, gelb-oranges Salz, in welchem Ce 12fach koordiniert ist (alle 6 NO3

- - Ionen fungieren als 2zähnige Liganden [HoWi]). Im salpetersaurem Milieu bildet es mit Ethanol eine tiefrote Cer (IV)- nitratoalkoholat- Komplexverbindung vom Typ [Blu2]:

Ce4+[(NO3)x(HOCH2CH3)y] mit x, y <= 12

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Abbildung 1: Indikatorwirkung: links: salpetersaure Lösung von Cer (IV)- Ammoniumnitrat, c=0,1 mol/l (Ansatz N1). rechts: nach Zugabe von 1 ml Ethanol (absolut)

Als weiteres Cer- Salz wurde Cer (IV)- Disulfattetrahydrat [Ce4+(SO4-)2](H2O)4 (im folgenden nur als

Cersulfat bezeichnet) eingesetzt. Cersulfat ist ebenfalls ein gelbes, wasserlösliches Salz, welches aber im Gegensatz zum Cer (IV)- Ammoniumnitrat keine Alkoholatkomplexe bildet. Cersulfat ist ebenfalls problemlos im Schülerexperiment einzusetzen.

Cer (IV)- Disulfattetrahydrat: [Ce(SO4)2](H2O)4 Xi R: 36/38 S: 26

Zugelassen für SI.

Beide Salze sind im sauren Milieu starke Oxidationsmittel, entfärben sich bei der Reduktion des Cer (IV) und sind gut wasserlöslich.

3.1.2. Das Verfahren der Redoxtitration

Redoxtitrationen entsprechen weitgehend den in der Schulchemie viel häufiger eingesetzten Säure-Base- Titrationen. Erforderlich sind dabei zwei Reaktionspartner mit unterschiedlichen Redoxpotentialen, bei denen der Partner mit dem höheren Potential in oxidierter Form vorliegt und unter Elektronenaufnahme in seine reduzierte Form überführt wird. Dabei wird der „unedlere“ Reaktionspartner oxidiert.

Generell laufen also alle Redoxreaktionen zwischen Stoffen 1 und 2 nach dem folgenden Schema ab [ElChe]:

Red1 + Ox2 Red2 + Ox1

In Analogie zu Säure-Base- Reaktionen heißen Red1/Ox1 und Red2/Ox2 korrespondierende Redoxpaare. Das Prinzip der maßanalytischen Verfahren mittels Redoxtitrationen ist einfach und in der Literatur ausführlich beschrieben [UniUlm, FiFre, JaWe]. Man kennt seit langem die Iodometrie, die Manganometrie und die Cerimetrie, je nach Art des verwendeten Oxidationsmittels. Dabei können

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die Äquivalenzpunkte sowohl potentiometrisch erfasst werden als auch durch Farbumschlag eines geeigneten Redoxindikators sichtbar gemacht werden.

Die Redoxtitration sollte mit Cer (IV) als Oxidationsmittel und ohne Redoxindikator durchgeführt werden können. Dieses Verfahren [HoWi, FiFre] nutzt aus, dass Cer (IV) ein starkes Oxidationsmittel ist und sich bei der Reduktion entfärbt.

Die Normpotentiale des Redoxpaares Ce3+/Ce4+ betragen 1,61V in Salpetersäure (c=1mol/l) und 1,44V in Schwefelsäure (c=1mol/l), damit ist Cer (IV) ein vergleichbar starkes Oxidationsmittel wie Kaliumpermanganat und stärker als das früher häufig verwendete Kaliumdichromat.

Häufig eingesetzt wird die Cerimetrie bei der quantitativen Analyse von Fe (II)- Ionen. Hierbei wird das Fe (II) zum Fe (III) oxidiert, das Redoxpotential liegt mit 0,77V deutlich unter dem des korrespondierenden Cer- Paares. Da der Farbumschlag des Cer von gelb nach farblos relativ schlecht zu erkennen ist, setzt man dabei üblicherweise o- Phenanthrolin zu. Dieser Stoff ergibt zusammen mit dem zweiwertigen Eisen den als Ferroin bekannten Redoxindikator, welcher bei der Oxidation des Fe (II) einen reversiblen Farbumschlag von rot nach hellblau zeigt (zu Details s. [JaBla], [Omi] und besonders auch [UniUlm]).

Anhand des bis zum Farbumschlag verbrauchten Titrationsvolumens kann mit hoher Genauigkeit die Stoffmenge des oxidierten Stoffes berechnet werden. Die Reaktionsgleichung mit Ethanol lautet:

2 Ce4+ (gelb) + C2H5OH 2 Ce3+ (farblos) + CH3CHO + 2H+

Die Frage nach der Notwendigkeit eines Redoxindikators bei der Oxidation von Ethanol konnte von der Literatur nicht beantwortet werden. Prinzipiell sollte der Farbumschlag (genauer: die Entfärbung) des Cer (IV) ausreichen. Wie im Kapitel über die Reihenvorbereitung ausgeführt wird, ergaben sich auch aus diesem Punkt Schwierigkeiten.

3.1.3. Das Verfahren der Fotometrie

Das Verfahren der Fotometrie ist in der Literatur ausführlich beschrieben ([BeSchä], gut verständlich [FiFre], Überblick technische Details [FöKu]) und wird daher hier nur gestreift. Die Fotometrie untersucht Lösungen und Gase über die Messung der Lichtabsorption bei festen Wellenlängen, stellt also ein physikalisches Messverfahren dar.

Dringt monochromatisches Licht der Strahlungsleistung Φ0 in ein Medium (Gas oder Flüssigkeit) ein (nachdem bereits ein mehr oder wenig großer Teil der ursprünglichen Lichtintensität ΦQ der Strahlungsquelle an den unvermeidlichen Grenzflächen reflektiert wurde), so wird ein Teil dieses Lichtes im Medium absorbiert, ein weiterer Teil gestreut. Beides zusammen bezeichnet man als Extinktion E (Extinktion = Auslöschung).

Der Anteil des transmittierten Lichtes ΦT, welches aus dem Medium auf der anderen Seite wieder austritt, ist also um den reflektierten, den gestreuten und natürlich den absorbierten Anteil gegenüber der Strahlungsquelle reduziert (Energieerhaltungssatz).

Man erhält bei klaren Lösungen (unter der Annahme vernachlässigbarer Streuung!) das Lambert- Beer`sche Absorptionsgesetz für verdünnte Lösungen:

Lambert- Beer`sches Absorptionsgesetz:

ΦT = Φ0 e- ε c l

Dabei bedeutet:

Φ0 : Eintretende Lichtleistung

ΦT: Transmittierte Lichtleistung

ε: sog. Extinktionskoeffizient (Stoff- und i.A. λ- abhängige Konstante)

c: Stoffmengenkonzentration der Lösung

l: Länge des durchstrahlten Mediums

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Durch die Kalibrierung des Fotometers (ohne Probe bzw. mit einer Probe des reinen Lösungsmittels) werden Anteile des reflektierten Lichtes und der eventuellen Absorption des reinen Lösungsmittels im Gerät ausgeglichen sowie alle Messungen auf Φ0 normiert und damit vergleichbar. Dies ist in der Praxis nur möglich, wenn der reflektierte Anteil klein ist und das Lösungsmittel im benutzten Wellenlängenbereich keine Absorptionsbanden aufweist, also möglichst transparent ist. Es muss betont werden, dass bei allen durchgeführten fotometrischen Untersuchungen keine absoluten Strahlungsleistungen bestimmt werden, sondern immer nur relative Messungen im Vergleich zu Φ0 erfolgen.

Bei den Messungen zu dieser Arbeit wurde ausschließlich die Extinktion benutzt:

Extinktion E := ln (Φ0 / ΦT) := - ln T Transmissionskoeffizient T := ΦT / Φ0

Lambert- Beer: E ~ c

Bei hinreichend4 verdünnten Proben identischer Dicke und sonst identischen Eigenschaften ist also die Extinktion zur Stoffmengenkonzentration in der Probe direkt proportional. Zur Analyse einer unbekannten Konzentration ist es deshalb erforderlich, eine Eichkurve aufzunehmen.

Ethanol in wässriger Lösung zeigt im sichtbaren Bereich keine Absorption und führt somit zu keiner messbaren Extinktion bei fotometrischen Untersuchungen. Durch die Zugabe von Cer (IV)- Ammoniumnitrat und die daraus resultierende oben beschriebene Komplexbildung färbt sich die gelbe Lösung jedoch deutlich orangerot ein (s. Abb. 1). Das Verfahren der Fotometrie basiert also hier nicht auf der oxidierenden Wirkung der Cer(IV)- Ionen, sondern auf einer Komplexbildung im salpetersauren Milieu. Dies wird aber in [Hil] nicht erläutert, was in der Vorbereitung zu erheblichen Interpretationsproblemen führte. Die (hier störende!) oxidierende Wirkung scheint durch die Komplexbildung verlangsamt zu werden, ist aber nicht aufgehoben.

3.1.4. Die Fotometer

Dem Kurs standen insgesamt vier Fotometer zur Verfügung:

Lange Photometer LP2 2 Stück

• Wellenlänge 560nm (Gibson Filter) • erforderliche Küvetten- Füllvolumina: 20ml • Das LP2 zeigt unmittelbar die Extinktion an (wählbare Skala)

Leybold Digitales Spektralphotometer #667 349 1 Stück

• Wellenlänge variabel (drehbares Gitter) und zusätzlicher Farbfilter • alle Messungen bei 560nm und Gelbfilter durchgeführt • erforderliche Küvetten- Füllvolumina: 10ml • Das Leybold- Fotometer zeigt nach durchgeführter Kalibrierung nicht die Extinktion, sondern

die Transmission T = ΦT/Φ0 an. Diese muss noch nach E umgerechnet werden [FiFre]:

E = - ln (ΦT/Φ0) = - ln (T)

4 Was „hinreichend“ bedeutet, muss im Einzelfall durch Eichmessungen ermittelt werden. Für kleine c wird man zunächst im E-c- Diagramm eine Eichgerade erhalten. Mit wachsendem c weicht der Graph dann zunehmend von einer Geraden ab [FiFre], die Kurve „flacht ab“.

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Photometer Eigenbau Dr. Günther 1 Stück

• Messung im Standard- Reagenzglas als Küvetten- Ersatz möglich • Erforderliches Füllvolumen 10ml • Messung des Fotostroms durch externes Amperemeter

Gemessen wird der Fotostrom I, welcher der transmittierten Lichtintensität direkt proportional ist. Durch Normierung auf den Fotostrom I0 mit reinem Lösungsmittel und Logarithmieren ergibt sich die Extinktion und damit die Konzentration aus Vergleich mit der entsprechenden Eichgeraden:

Fotostrom I ~ ϕT <=> I / I0 = ϕT / ϕ0 <=> I / I0 = T und damit: E = - ln (I / I0)

Wo nicht anders beschrieben, wurden alle fotometrischen Messungen in dieser Arbeit mit dem Lange Photometer bei 560nm durchgeführt. Die Wellenlänge von 560nm hat sich als gut geeignet erwiesen, da sie mit der Gelbfärbung der Cer- Lösungen korrespondiert.

3.2. Vorbereitung der Reihe

3.2.1. Die Redox- Titration

Cer (IV) ist ein starkes Oxidationsmittel und oxidiert problemlos viele anorganische Stoffe wie Fe (II)- Ionen (siehe auch Kapitel über die fachwissenschaftlichen Grundlagen). In wässriger Lösung oxidieren Cer (IV)- Ionen die Ethanol- zu Ethanalmolekülen [Blu2]:

2 Ce4+ + C2H5OH 2 Ce3+ + CH3CHO + 2H+

Dabei entfärbt sich die gelbe Lösung in dem Maße, wie Cer (IV)- Ionen reduziert werden. Die entsprechende Reaktion findet sowohl mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat als auch mit Cer (IV)- Sulfat statt.

Üblicherweise wird das Verfahren der Cerimetrie mit schwefelsaurer Cer (IV)- Sulfat Lösung durchgeführt, auch wenn in [Chr] ausdrücklich Cer (IV)- Ammoniumnitrat genannt wird. In dieser Arbeit wurden beide Verbindungen versuchsweise eingesetzt.

Das Ergebnis war in beiden Fällen identisch negativ: Die Oxidation des Ethanols erfolgt wie in der Literatur beschrieben, der entstehende Acetaldehyd kann nach einiger Zeit am stechenden Geruch erkannt werden. Die Entfärbung der Cer (IV)- Salzlösung findet dabei gut erkennbar statt, sowohl im sauren als auch im neutralen Milieu.

Dennoch ist das Verfahren nicht zur quantitativen Analyse der Ethanolkonzentration geeignet! Es sind im wesentlichen drei Gründe, die dies verhindern:

1.) Der Farbumschlag ist nicht deutlich genug wahrzunehmen. Ein geeigneter Redoxindikator wie Ferroin wurde für das System nicht gefunden. o- Phenanthrolin wurde experimentell überprüft, bildet mit Cer- Ionen aber keinen farbigen Komplex.

2.) Die Oxidation erfolgt nicht nur bis zum Ethanal, sondern weiter bis zur Essigsäure. Die Ergebnisse aus einer Titration wären damit unsicher.

3.) Der Hauptgrund: Die Reaktionsgeschwindigkeit ist - im Gegensatz zur Oxidation anorganischer Stoffe - für jede Art von Titration im Schülerversuch inakzeptabel lang. Verschiedene Vorversuche (siehe Abbildungen 3 und 4) ergaben immer Reaktionszeiten im Stundenbereich. Selbst mit potentiometrischen Messverfahren könnte kein Äquivalenzpunkt im Zeitraum von 1 oder 2 Unterrichtsstunden erkannt werden.

Durch die zu geringe Reaktionsgeschwindigkeit bei der Oxidation des Ethanols durch Cer (IV)- Ionen ist das Verfahren der Cerimetrie, also der Stoffmengenbestimmung durch eine Redoxtitration mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat- oder Cer (IV)- Sulfat- Lösung nicht für die Schulchemie geeignet.

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3.2.2. Das fotometrische Verfahren

Die hier interessierende Volumenkonzentration ϕ von Ethanol in wässriger Lösung ist in guter Näherung proportional zur Stoffmengenkonzentration c des Ethanols (ϕ(Ethanol) ~ c(Ethanol)). Somit kann für die Extinktion E die Proportionalität E ~ ϕ angesetzt werden. Die Erstellung der Eichgeraden wird damit auch durch die Messung von E in Abhängigkeit von ϕ möglich.

Eichkurve (N1 plus absolutes Ethanol)

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0 5 10 15 20 25

Tropfen Ethanol

Extin

ktio

n

Abbildung 2: Eichkurve einer salpetersauren Lösung von Cer (IV)- Ammoniumnitrat bei Zugabe von Ethanol. Die Extinktion ist bei diesen kleinen Konzentrationen ϕ << 2% linear. Zusammensetzung N1 s. Anhang. Da die Schüler keine Fehlerrechnung durchführen, wurde auf Fehlerbalken verzichtet.

Zu beachten ist dabei, dass der entstehende Cer (IV)- Nitratoalkoholat- Komplex in dem Maße zerfällt, in welchem die Cer (IV)- Ionen die Ethanolmoleküle zu Aldehyd oxidieren und dabei selber zu Cer (III) reduziert werden. In der Praxis führt dies bei deutlichem Ethanolüberschuss zu einer vollständigen Entfärbung der Probe innerhalb von etwa 120min. Nach Zugabe der Probenlösung zur Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung muss daher unverzüglich die Messung durchgeführt werden. Die oxidierende Wirkung des Cer (IV) wirkt sich beim fotometrischen Verfahren störend aus!

Zahlreiche Vorversuche zeigten, dass die besten Resultate - sowohl was die Gültigkeit des Lambert- Beer`schen Gesetzes als auch die unerwünschte Entfärbung betrifft - bei Volumenkonzentrationen unter 2% in der fotometrisch untersuchten Probe erzielt werden. Dabei muss die Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung ebenfalls stark verdünnt werden, aber nicht soweit, dass Ethanol im Überschuss vorliegt. Bei einem deutlichen Ethanol- Überschuss werden nicht mehr alle Ethanolmoleküle in Komplexen gebunden, ergeben also keine Farbvertiefung. Dafür können sie besonders leicht oxidiert werden und beschleunigen so die Entfärbung.

Folgende stöchiometrische Betrachtung gibt einen Anhaltspunkt für die Stoffmengenverhältnisse:

ϕ(Ethanol) = 1% V(Ethanol) = 10ml Ethanol pro Liter Lösung

m(Ethanol) = 10ml * 0,78 g/ml = 7,8g Ethanol pro Liter Lösung

n(Ethanol) = m(Ethanol) / M(Ethanol) mit der Molaren Masse M(Ethanol) = 46g/mol:

n(Ethanol) = 0,17 mol pro Liter Lösung

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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c(Ethanol) = 0,17 mol/l maximale Konzentration alkoholischer Lösung in der Probe

Die Stoffmengenkonzentration c der zu untersuchenden Ethanollösung sollte nach den Voruntersuchungen unter 0,17 mol/l liegen. Bei der Untersuchung „typischer“ alkoholischer Getränke mit ϕ(Ethanol) = 4 - 40% ist also eine entsprechende Verdünnung um einen Faktor 4 - 40 erforderlich! Die Forderung, dass Ethanol nicht deutlich im Überschuss vorliegen darf und gleiche Volumina von alkoholischer Probe und Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung zusammengeführt werden sollen, führt zu folgender Abschätzung für die Cer(IV)- Lösung:

c(Cer (IV)) = 0,17 mol/l und mit M(Cer (IV)- Ammoniumnitrat) = 548 g/mol:

0,17 mol/l * 548 g/mol m(Cer (IV)- Ammoniumnitrat) = 93,16 g pro Liter Eine analoge Abschätzung für die verwendete 65%ige Salpetersäure (w(HNO3) = 0,65) unter der Annahme:

n(HNO3) = n(Cer (IV)- Ammoniumnitrat)

führt zu folgender überschlägigen Rechnung:

n(HNO3) = V(Säure) * c(Säure) = V(Säure) * m(HNO3) / M(HNO3)

und mit ρ(Salpetersäure) =1,5 g/ml sowie M(HNO3) = 63 g/mol erhält man:

c(HNO3) = 65% * 1.500 g/l / 63 g/mol = 15,5 mol/l = 100 * c(Cer (IV))

damit ist V(Salpetersäure) = 1/100 * V(Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung)

Somit ist beim Ansatz von 100ml der beschriebenen Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung die Zugabe von 1ml 65%iger Salpetersäure erforderlich. In der Praxis erzielten etwas höhere Konzentrationen bessere Ergebnisse.

Als beste Mischung für die Indikatorlösung erwies sich der Ansatz N3 mit c(Cer (IV)) = 0,09 mol/l und c(HNO3) = 0,3 mol/l. Dieser Ansatz wurde bei allen Schülerversuchen verwendet. Dabei wurde die ursprüngliche Probe auf eine Ethanolkonzentration ϕ (Ethanol) < 1% verdünnt und im gleichen Volumen mit der Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung zusammengegeben. Die detaillierten Probenbeschreibungen finden sich im Anhang.

Abbildung 3: Die Entfärbung der Proben durch die hier unerwünschte Redox- Reaktion. Jeweils links ist die reine Lösung N2 zum Vergleich abgebildet, rechts nach Zugabe von Ethanol im Überschuss. Die linke Aufnahme wurde unmittelbar nach Ethanolzugabe gemacht, die rechte nach 10min. Die fotometrische Untersuchung muss also möglichst schnell erfolgen.

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Abbildung 4: Vergleich von reiner Lösung N2 (links), unmittelbar nach Ethanolzugabe (Mitte) und 180min

nach erfolgter Ethanolzugabe (rechts). Deutlich erkennbar ist die völlige Entfärbung innerhalb von drei Stunden.

Eichkurven (N2 + Ethanol- Eichlösungen, je 20ml Gesamtvolumen)

0,000

0,100

0,200

0,300

0 2 4 6 8 10 12

Volumenprozent der Ethanol- Eichlösungen

Extin

tion

N2 1:9 verdünnt, 10mlN2 1:3 verdünnt, 10mlN2 1:3 verdünnt, 15ml

Abbildung 5: Vorversuche: Bei starker Verdünnung der Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösungen wird die Extinktion zu klein und führt zu Ablesefehlern. Außerdem verlassen alle Eichkurven bereits bei kleinen Alkoholkonzentrationen ϕ < 2% deutlich sichtbar den linearen Lambert- Beer`schen Bereich. Bei höheren Alkoholkonzentrationen fand zudem eine rasche Entfärbung statt.

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Abbildung 6: Gut zu erkennen: Zunehmende Einfärbung mit wachsender Ethanolkonzentration bei

Eichproben mit N3. Von links nach rechts: Reine N3- Lösung, 0.4 / 0.8 / 1.0 / 2.0 Volumenprozent Ethanol plus N3. Die gemessenen Extinktionen finden sich in Abb. 7.

Eichkurven (N3 + Ethanol- Eichlösungen, je 20ml Gesamtvolumen)

0,000

0,100

0,200

0,300

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

Volumenprozent der Ethanol- Eichlösungen

Extin

tion

Abbildung 7: Als bester Ansatz erwies sich N3. Bei kleinen Ethanolkonzentrationen in den Proben gilt das

Lambert- Beer`sche Gesetz und die Einfärbung (und damit die Extinktion) ist deutlich sicht- und messbar. Bereits bei 2 Volumenprozent flacht die Kurve ab, die Proportionalität zwischen E und ϕ ist nicht mehr gegeben. Ab dieser Konzentration ist die Entfärbung infolge der unvermeidlichen Redox- Vorgänge am Fotometer direkt zu beobachten.

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Mit dem Ansatz N3 wurde nach dem Lange- Fotometer auch das moderne Leybold- Fotometer kalibriert und eine Eichkurve aufgenommen. Dabei erwies sich das im Vergleich komplizierteste Gerät als nicht vorteilhaft. Die Lampe benötigt eine Aufwärmphase von mindestens 10min, bevor ein Nullabgleich erfolgen kann. Das direkte Ablesen der Extinktion ist trotz zahlreicher Anzeigefunktionen nicht möglich - entweder begnügt man sich mit Absorptions- und Transmissionskoeffizient und rechnet um, oder man muss die optional enthalten RS232- Schnittstelle nutzen und die Werte per EDV auswerten. Die Bedienungsanleitung erwies sich als ungenügend (s. Anhang).

Auf eine EDV- gestützte Erfassung und Auswertung der fotometrischen Daten wurde bewusst in dieser Arbeit verzichtet. Zum einen stand die Innovierung und Evaluation eines quantitativen Analyseverfahrens zur Alkoholkonzentrationsbestimmung im Vordergrund und nicht der Einsatz „neuer Medien“, zum anderen weisen die Fotometer für die Schüler, welche keinen Physikunterricht mehr haben, schon genügend „black box“- Charakter auf - dies sollte nicht noch verstärkt werden.

Am einfachsten in der Handhabung, völlig ausreichend in der Genauigkeit und für die Schüler am besten zu verstehen war das Eigenbaufotometer von Herrn Dr. Günther. Das Licht einer LED durchstrahlt ein handelsübliches Reagenzglas mit der Lösung und fällt auf eine Fotozelle. Die mittels eines handelsüblichen Amperemeters zu messende Stromstärke im mA- Bereich ist direkt proportional zur Lichtintensität. Normiert wird auf I0, also auf den Fotostrom mit reinem Lösungsmittel. Durch Logarithmieren erhält man unmittelbar die Extinktion E und damit die Eichkurve.

Eichkurve Leybold- Fotometer (N3 + Ethanol- Eichlösungen)

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

Volumenprozent der Ethanol- Eichlösungen

Extin

ktio

n E

(ber

echn

et a

us T

)

Abbildung 8: Eichkurve mit dem Leybold- Fotometer und Ansatz N3, wie alle Messungen bei 560nm

durchgeführt. E = - ln (T), T: Transmissionskoeffizient

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Eichkurve Eigenbau- Fotometer (N3 + Ethanol- Eichlösungen)

0,000

0,020

0,040

0,060

0,080

0,100

0,00 0,20 0,40 0,60 0,80 1,00 1,20

Volumenprozent der Ethanol- Eichlösungen

Extin

ktio

n E

(ber

echn

et a

us I)

Abbildung 9: Eichkurve mit dem Eigenbau- Fotometer und Ansatz N3, Extinktion aus normiertem Fotostrom

berechnet (E = - ln (I / I0).

3.3. Umsetzung im Unterricht Auch wenn der Schwerpunkt der Arbeit in der Innovierung neuer bzw. der Aufbereitung unbekannter Verfahren für den Einsatz im Schülerexperiment liegt, so kann natürlich die entscheidende Frage nach der Eignung nur durch einen entsprechenden Einsatz im Unterricht beantwortet werden (siehe auch Kapitel 2.2).

Aus den oben beschrieben Gründen wurde im Unterricht die Konzentrationsbestimmung von Ethanol nur mit dem Verfahren der Fotometrie und dem Indikator Cer (IV)- Ammoniumnitrat durchgeführt. Dabei ging es um die Klärung folgender Fragen:

1. Ist das Verfahren prinzipiell für den Einsatz im Schülerversuch geeignet?

2. Wenn ja, kann es auch in der Sekundarstufe I eingesetzt werden oder ist es auf den Oberstufenunterricht beschränkt?

3. Welche Parameter (Stoffmengenverhältnisse, Konzentrationen usw.) erzielen die besten Resultate? Wie viele Eichmessungen sind sinnvoll?

4. Welche Fotometer sind empfehlenswert? Reichen deren Bedienungsanleitungen?

5. Welcher Zeitbedarf ist für Vor- und Nachbereitung bzw. die Durchführung anzusetzen?

6. Damit verbunden die Frage: Wie tief sollte in technische Details und in das Lambert- Beer`sche Gesetz eingestiegen werden? Wie intensiv müssen die Mechanismen der Komplexbildung besprochen werden, damit die Schüler das Verfahrens verstehen?

Nach den umfangreichen Vorversuchen war die erste Frage bereits klar positiv beantwortet. Das Verfahren der Fotometrie ist ausgezeichnet für den Einsatz im Chemie- Unterricht der Sekundarstufe II geeignet. Im Kapitel über die Vorbereitung der Reihe sind die verschiedenen Probenansätze für die Indikatorlösung beschrieben, beste Ergebnisse erzielte der Ansatz N3 (s. Anhang) in Verbindung mit stark verdünnten Ethanolproben mit ϕ(Ethanol)<1%. Theoretisch ist zwar nur eine Eichmessung

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erforderlich (Ursprungsgerade bei sorgfältigem Kalibrieren per definitionem!), in der Praxis sind drei bis vier Eichmessungen sinnvoll, auch um eine Vorstellung von der Genauigkeit und den Grenzen des Verfahrens zu bekommen.

3.3.1. Planung des Unterrichts

Da die physikalischen Grundlagen der Fotometrie den meisten Schülern unbekannt waren, wurde in der Planung für die komplette Durchführung der Reihe einen Zeitbedarf von insgesamt 5h angenommen, aufgeteilt auf eine Doppelstunde (für die eigentliche Durchführung) und drei Einzelstunden (zwei vorbereitende für die Grundlagen der Fotometrie und die Komplexbildung, eine nachbereitende zur Präsentation der Eichgeraden und der ermittelten Probenkonzentration).

Einführung: Prinzipieller Aufbau des Fotometers

Grundlagen der Komplexbildung Erwarteter Zeitbedarf: 2 Stunden

Reflexion, Streuung und Absorption Aufbau eines Fotometers Extinktion und Lambert- Beer`sches Gesetz Prinzip der Kalibrierung Prinzip der Eichung Cer- Komplexe Durchführung: Ansetzen der Eichlösungen Kalibrieren anhand der Original- Bedienungsanleitungen

Aufnahme der Eichmessungen Verdünnen und Messen der Probe

Erwarteter Zeitbedarf: 2 Stunden (Doppelstunde) sorgfältige Protokollierung

Beachtung der Sicherheitsvorschriften Als Hausaufgabe: Ggf. berechnen der Extinktion Auftragen der Eichkurve (E gegen ϕ) mit Excel Grafische Bestimmung der Probenkonzentration

Auswertung und Ergebnispräsentation Erwarteter Zeitbedarf: 1 Stunde

Gruppenweise Präsentation der Eichkurven und der grafischen Konzentrationsbestimmung der unbekannten Probe per Beamer

Diskussion über Messgenauigkeit und mögliche Fehlerquellen

Erziehung zum kritischen Umgang mit eigenen, aber auch mit publizierten Messdaten durch ausführliche Besprechung der einsetzenden Entfärbung infolge der ablaufenden Oxidation und der Folgen für die Datenauswertung.

So schließt sich die Reihe „Vom Alkohol zum Aromastoff“ mit der Bestimmung der Volumenkonzentration des Alkohols in dem selbsthergestellten Wein und Obstler, mit deren Herstellung sie eröffnet wurde.

Die Unterrichtsentwürfe zu den einzelnen Stunden finden sich im Anhang.

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3.3.2. Durchführung des Unterrichts

Erste vorbereitende Stunde:

Der Einstieg in die Stunde und das Thema „Konzentrationsbestimmung“ erwies sich als gelungen und verlief wie geplant. In dieser Einführungsstunde bestätigte sich die Erwartung, dass die meisten Schüler des Kurses nur geringe Kenntnisse in Optik und Messtechnik haben. Dies gilt auch für die Schüler mit Physik als weiterem naturwissenschaftlichen Fach. Die Begriffe Reflexion, Streuung und Absorption wurden deshalb an der Tafel eingeführt, dabei entstand in etwa das erwartete Tafelbild 1.

Im folgenden Unterrichtsgespräch zur Vertiefung zeigte sich allerdings zur Überraschung des Lehrers, dass auch grundlegende physikalische Begriffe wie Intensität, Leistung, Energie, Wellenlänge usw. nur vage bekannt waren und häufig durcheinander benutzt wurden. Eine gründliche physikalische fachsystematische Aufbereitung hätte unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch genommen. Es wurde daher nochmals didaktisch stark reduziert und die Intensität als Maß für die Lichthelligkeit beschrieben, ohne weitergehende Erklärungen. Das Phänomen der Streuung wurde vernachlässigt.

Im Unterrichtsgespräch wurde die vermutete qualitative Abhängigkeit zwischen Transmission und Konzentration dann problemlos herausgearbeitet, allerdings vermutete kein Schüler einen exponentiellen Zusammenhang. Daher wurde auf der zweiten Tafel das Lambert- Beer`sche Gesetz sowie die Definition der Extinktion vorgegeben - wobei einige Schüler immer noch Schwierigkeiten mit den Begriffen exponentiell und logarithmisch zugaben. In einer weiteren didaktischen Reduktion wurde aus Zeitgründen nicht weiter auf die Exponentialgleichung, sondern auf die resultierende Konsequenz für den linearen Zusammenhang zwischen Extinktion und Konzentration eingegangen.

Der Zeitaufwand für diese vorbereitende Stunde war deutlich höher als erwartet, was auf lückenhafte physikalische und mathematische Grundkenntnisse aus der Sekundarstufe I zurückgeführt werden muss. Von den eingeplanten drei Teilzielen der Stunde wurden nur zwei erreicht, die Funktionsweise des Fotometers konnte nicht mehr besprochen werden. Damit wurde das Stundenziel in der 1. Vorbereitungsstunde nicht erreicht.

Zweite vorbereitende Stunde:

Nachdem die erste Stunde stark lehrerzentriert ablief und dort Unterrichtsformen wie Lehrervortrag und gelenktes Unterrichtsgespräch im Vordergrund standen, wurde die Planung für die zweite Stunde kurzfristig überarbeitet und unter dem Gesichtspunkt Schülerzentriertheit optimiert, um nicht dem Chemieunterricht Vorlesungscharakter zu geben. Allerdings erforderte der Einstieg aufgrund der offen gebliebenen Punkte nochmals einen kurz gehaltenen Lehrervortrag zum Funktionsprinzip des Fotometers. Hierbei wurde aber bewusst nur auf das unbedingt zum Verstehen des Versuches erforderliche Grundwissen eingegangen, das Tafelbild 3 wurde in dieser Form verwendet.

Interessante Details wie Methoden der Farbzerlegung, die Funktionsweise von Fotozellen oder Spiegelgalvanometern usw. konnten so nicht angesprochen werden. Man kann einwenden, dass diese Punkte sowieso alle besser im Physikunterricht aufgehoben seien - diese Frage wird im Kapitel 5 intensiv behandelt.

Im weiteren Verlauf der zweiten Vorbereitungsstunde wurde das Prinzip der Kalibrierung und der Eichung weitgehend fragend- entwickelnd eingeführt, hierbei kam ein großer Teil der Vorschläge von den Schülern. Der „Abgleich“ der Fotometer wurde sofort verstanden. Die Frage, ob besser mit reinem Wasser oder mit gelber Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung kalibriert werden sollte, wurde korrekt beantwortet.

Sehr erfreulich war dann, wie (abweichend von der Planung in einem freien Unterrichtsgespräch) von den Schülern die eigentliche Versuchsdurchführung mehr oder weniger komplett erarbeitet wurde. Hier zeigte sich die wachsende Erfahrung im experimentellen Arbeiten. Lediglich die Konzentrationen für die hypothetischen Eichlösungen wurden viel zu hoch angesetzt (entsprechend der vermuteten Schnapsstärke waren 10% bis 100%- Lösungen in der Diskussion) - auf die Idee der Verdünnung kamen die Schüler an dieser Stelle noch nicht. An dieser Stelle musste ich nur in Details korrigieren oder Hinweise geben.

Aus Zeitgründen und um die Schüler nicht zu überfordern, wurden Komplexverbindungen nur kurz angesprochen. Aus der aufgewendeten Zeit von nur etwa 5 min erkennt man, wie oberflächlich dieses interessante, aber anspruchsvolle Thema abgehandelt wurde. Im eingeführten Schulbuch findet sich ein ganzes Kapitel hierzu, dabei handelt es sich aber keinesfalls um Lernstoff des 11. Jahrganges. Cer wurde kurz als Element besprochen und dabei Grundlagen des Periodensystems wiederholt,

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seine Neigung zur Komplexbildung und die vorkommenden Oxidationszahlen (III) und (IV) erwähnt und die Grundlage des fotometrischen Verfahrens - also die Einfärbung einer Ethanollösung durch die Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Indikatorlösung - qualitativ demonstriert. Auf die Tatsache, dass Cer (IV) ein starkes Oxidationsmittel ist, wurde hingewiesen - ohne aber die Relevanz für das Messverfahren zu erörtern. Dies war der Planung entsprechend für die Auswertungsstunde vorgesehen.

Der Verlauf der 2. Vorbereitungsstunde entsprach weitgehend der Planung.

Für die Durchführung des Versuches erwiesen sich diese Reduktionen zwar als unkritisch und wurden von allen Schülern akzeptiert, bleiben jedoch etwas unbefriedigend (s. Zusammenfassung und Evaluation). Wie das Fotometer die Lichtintensität nun misst, oder - salopp ausgedrückt - was im Gerät eigentlich passiert, wurde nicht behandelt, genauso wenig wie die tieferen Gründe für die Indikatorwirkung. Es gab auch hierzu keinerlei Nachfragen, die Schüler scheinen keine Probleme mit derartigen „black boxes“ zu haben. Hier scheint mit der einzige, aber auch wesentliche Nachteil der Fotometrie im Chemieunterricht zu liegen.

Durchführung - Doppelstunde:

Die Kalibrierung, die Bestimmung der Extinktion verschiedener Eichlösungen zur späteren Erstellung der Eichkurve und die Untersuchung einer unbekannten Probe können völlig unproblematisch in einer Doppelstunde durchgeführt werden. Der gesamte Zeitbedarf inklusive der Herstellung der Eichlösungen und des Durcharbeitens der Bedienungsanleitungen lag bei etwa 80 min, so dass ohne Zeitdruck bereits in der Stunde mit den Hausaufgaben (Erstellen der Eichkurven und der Konzentrationsbestimmung der unbekannten Probe) begonnen werden konnte. Die Indikatorlösung N3 war bereits am Vortag vom Lehrer angesetzt worden. Dies ist unbedingt nötig, da hierbei mit konzentrierter Salpetersäure gearbeitet wird, welche nicht im Schülerversuch zulässig ist [Soe]. Durch die Zeitreserve war es zudem möglich, die zuletzt gemessene Probe im Fotometer zu belassen und nach einigen Minuten nochmals die Extinktion zu messen. Alle Gruppen haben dabei die Abnahme der Extinktion erkannt. Die Erklärung wurde in die Auswertungsstunde verschoben.

Als erzieherisch sehr wertvoll erwies sich eine „künstliche“ Verknappung der Indikatorlösung und der Probe. Von der Probe wurden nur jeweils 3-4ml ausgeteilt, was zunächst für Irritationen unter den Schülern sorgte. Ein Impuls des Lehrers zeigte Erfolg: Auf die Schülerfrage, wie denn mit so wenig Probenvolumen die Küvetten aufgefüllt werden könnten, genügte die Gegenfrage „Wie viele Prozent hat denn Schnaps und womit haben wir geeicht?“. Die Schüler erkannten sofort die Notwendigkeit der starken Verdünnung der Proben und haben den „richtigen“ Faktor 1:100 vorgeschlagen. Jede Gruppe bekam anschließend soviel N3- Lösung (Lange- Fotometer: 60ml, andere: 30ml), dass nur ein Fehlversuch abgedeckt wurde (4 Eichmessungen, 1 Probenmessung , 1 Reserve).

Die Schüler mussten also mit kleinsten Mengen sehr sorgfältig und exakt arbeiten, was auch ausgezeichnet funktioniert hat. Lediglich in einer Gruppe fehlten bei der letzten Messung knapp 2ml Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung, welche vom Lehrer „nachgeliefert“ wurden.

Nicht optimal war die Verwendung der Bedienungsunterlagen von Leybold (s. Anhang). Die originalen Anleitungen wurden in allen Gruppen bewusst eingesetzt, um die Lesekompetenz der Schüler zu stärken und sie an „echte“ Sachtexte zu gewöhnen. Da in jeder der Gruppen auch leistungsstarke Schüler waren, sollte - ganz im Sinne der Gruppenarbeit - selbstständiges Arbeiten gefordert und gefördert werden. Aber nicht nur beim Leybold- Fotometer, selbst beim einfachen Lange- Fotometer zeigten sich einige Schüler hierbei überfordert:

• Die beiden Lange- Fotometer unterschieden sich äußerlich in einem fehlenden Power- Drehknopf (der Schalter war bei einem Gerät im Regler integriert, laut Anleitung aber zusätzlich vorhanden) - die betroffene Gruppe suchte diesen immer noch, als andere schon mit der Messung begonnen hatten.

• Die Bedienungsanleitung des Leybold- Fotometers war derart unübersichtlich und kurz gehalten, dass diese Gruppe mehrfach Hilfe durch den Lehrer in Anspruch nehmen musste.

• Lediglich beim Eigenbaufotometer waren die Schüler völlig ohne externe Hilfestellung in der Lage, die komplette Messung anhand der kurzen, aber prägnanten Anleitung durchzuführen.

Hier empfiehlt es sich in der Regel, zu jedem verwendeten Fotometer eine individuelle Versuchsvorschrift zu verwenden oder zumindest die vorhandene kritisch zu prüfen und gegebenenfalls durch Hinweise zu ergänzen. Im Anhang findet sich eine exemplarisch für diesen Versuch überarbeitete Anleitung zum Leybold- Fotometer im Vergleich mit dem Original.

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Prinzipiell gehört zum Messverfahren auch der Ansatz der Eichlösungen durch die Schüler. Hierbei ergibt sich allerdings eine zusätzliche Fehlerquelle5 und der Materialeinsatz wird unverhältnismäßig hoch, wenn jede Gruppe eigene Eichlösungen ansetzt (hier: vier Gruppen mit je vier Eichlösungen). Daher ist es sinnvoller, die Eichlösungen von zwei Schülern (beispielsweise wie hier durch sehr ruhige Schülerinnen) für alle ansetzen zu lassen. Da die Eichlösungen hinterher mit der Indikatorlösung N3 im Verhältnis 1:1 gemischt werden, sollten von jeder Lösung 100ml hergestellt werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Verlauf dieser Doppelstunde vollkommen in Übereinstimmung mit der Planung verlief und die experimentelle Durchführung keinerlei Probleme aufwarf. Die Verlagerung der Sicherung in die Hausaufgaben erscheint unkritisch, weil genügend Zeit für eine intensive Vorbesprechung der Aufgaben zur Verfügung stand und alle Schülerfragen hierzu beantwortet werden konnten.

Auswertungsstunde:

In der Auswertungsstunde sollten laut Planung die Messwerte jeder Gruppe als Excel- Diagramm präsentiert werden. Jede Gruppe sollte dabei erläutern, wie sie die Eichgerade erstellt und daraus - grafisch oder rechnerisch - auf die unbekannte Konzentration geschlossen hat (Interpolation). Diese Auswertung war zusammen mit der Vervollständigung der Protokolle als Hausaufgabe aufgegeben worden.

Die Auswertungsstunde erwies sich völlig überraschend als ausgesprochen unbefriedigend. Zwar hatten alle Gruppen eine Eichgerade gezeichnet und den Alkoholgehalt der beiden ausgeteilten Proben im Rahmen der Messgenauigkeit richtig bestimmt, aber nur eine von vier Gruppen konnte ein Excel- Diagramm vorweisen, welches zudem nicht korrekt war! Bei den anderen wurden die Konzentrationen mehr oder weniger intuitiv abgeleitet, wobei zwei Gruppen parallel eine Probe untersuchten, welche durch Zufall genau die gleiche Extinktion zeigte wie die Eichprobe mit ϕ = 0,5% - fälschlicherweise glaubten die Schüler, dass sich damit weitere Überlegungen erübrigen würden und das Erstellen der Eichkurve unnötig sei.

Da das ausgezeichnete Lernklima in diesem Kurs ein sehr offenes Gespräch möglich macht, wurden in dieser Stunde die eigentlichen Ursachen für dieses für den motivierten Kurs unübliches Verhalten ermittelt, welche vermutlich auf die meisten Lerngruppen übertragbar sind:

Keiner der Schüler hatte bisher - allen Medienkompetenz- Vermittlungen, EDV- Kursen, Informatikunterricht usw. zum Trotz - selber ein Diagramm mit Excel erstellt! Sie hatten es immer nur gesehen - wussten also wieder lediglich als Konsumenten, dass es so etwas gibt... Die Hausaufgabe erschien somit auf den ersten Blick auch für die Schüler als einfach, fast schon trivial - und stellte doch in der Praxis eine ernstzunehmende Hürde da! Begriffe wie lineare Inter- und Extrapolation waren den Schülern ebenfalls unbekannt. Es ergab sich, dass zufällig dieses Verfahren genau parallel im Mathematikunterricht begonnen wurde, aber noch nicht wirklich vertraut war. Damit kam für die Schüler nur eine grafische Abschätzung in Frage.

In der Auswertungsstunde zeigte sich, dass implizit in der Planung der Vorstunde zu viel für die Hausaufgabe voraus gesetzt wurde. Die Auswertungsstunde wurde daher komplett wiederholt und die Erstellung der Eichkurven mit Excel gemeinsam erarbeitet. Die Schüler lernten dabei

• wie aus Spalten ein Diagramm entsteht

• wie in einem Diagramm mehrere Messreihen dargestellt werden

• wie mittels linearer Regression Trendlinien zu einzelnen Messwerten zugewiesen werden

• wie aus dem Diagramm ϕ graphisch abzuleiten ist (lineare Interpolation)

Die Medienkompetenz der Schüler wurde in dieser Stunde somit erheblich gesteigert.

5 In der Durchführung wurden die Eichlösungen zu Beginn der Doppelstunde durch zwei Schüler hergestellt, dabei wurde abweichend von der vorgesehenen 0,25%igen Ethanol- Eichlösung versehentlich eine Volumenkonzentration von 0,35% angesetzt. Glücklicherweise wurde das bereits während der Durchführung bemerkt und entsprechend in die Eichkurven übernommen.

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Das Ergebnis ist in der Abbildung 10 zu sehen. Dieses Diagramm wurde ausgedruckt und an die Schüler verteilt, welche dann grafisch die Probenwerte ableiteten. Diese sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Auf eine wissenschaftlich korrekte Fehlerrechnung wurde aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet. Die Genauigkeit der Methode wurde vielmehr aus der maximalen Abweichung einzelner Eichmesswerte von der Geraden abgeschätzt und von den Schülern als kleiner 10% (relativer Fehler) benannt. Die Ergebnisse stimmen also im Rahmen der Messgenauigkeit überein. Erst nachdem also das Vorgehen bei der Darstellung und der Auswertung der gemessenen Extinktionen mit Excel noch einmal gründlich besprochen worden war, konnte die Auswertung wie geplant ablaufen.

Schülermessungen

0,000

0,020

0,040

0,060

0,080

0,100

0,120

0,140

0,160

0,180

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

Volumenprozent der Ethanol- Eichlösungen

Extin

tion

Gruppe A: Lange

Gruppe B: Lange

Gruppe C: Leybold

Gruppe D: Eigenbau

Abbildung 10: Schülermessungen mit vier verschiedenen Fotometern - Eichkurven zur grafischer Ableitung

der Konzentration einer unbekannten Probe. Die Extinktionen der unbekannten Proben wurden bei ϕ = 0% eingezeichnet. Dieses Diagramm wurde gemeinsam im Unterricht erstellt und anschließend ausgedruckt. Jede Gruppe hat dann grafisch aus „ihrem“ Messwert die gesuchte Konzentration bestimmt.

Die gewonnen Ergebnisse, welche in der Tabelle 11 dargestellt sind, beweisen die Eignung des Verfahrens generell und im Schuleinsatz für den geplanten Zweck.

Die Planung der Auswertungsstunde erscheint auch im nachhinein als sinnvoll und machbar. Allerdings setzt diese Planung Excel- und Mathematikkenntnisse voraus, welche in dieser Lerngruppe nicht oder nur rudimentär vorhanden waren. Entweder wird in vergleichbaren Lerngruppen also entgegen dem Geist der Richtlinien auf den Einsatz von PC bei Datenauswertung und Ergebnispräsentation verzichtet oder es wird eine gründliche Excel- Schulung eingeplant.

In der Durchführung erwies sich die Planung nur für die Phase 2 als unkritisch. Die vorbereitende Phase 1 wurde zwar in zwei Stunden durchgeführt, sollte aber besser mit mindestens drei Stunden angesetzt werden, um intensiver auf die physikalischen Grundlagen eingehen zu können, welche einigen Schülern völlig fremd waren. Ideal und durchaus realisierbar wäre alternativ auch ein interdisziplinäres Vorgehen, abgestimmt zwischen Physik, Mathematik und Chemie (siehe Kapitel 5).

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Die Auswertung wäre besser gleich als Doppelstunde im Rechnerraum geplant worden - nach einer gründlichen allgemeinen Einweisung hätten dann die Schüler in Gruppen- oder besser noch Partnerarbeit die Messdaten grafisch darstellen und auswerten können.

Probe: Gruppe A: Gruppe B: Gruppe C: Gruppe D:

Birnenschnaps 52,5 Vol. % ------------ ------------ 59,4 Vol. %

Reines Destillat: ------------- 86,9 Vol. % 85,6 Vol. % -------------

Abbildung 11: Aus den Eichkurven grafisch ermittelte Probenkonzentrationen der vier Gruppen. Die Proben A

und D bzw. B und C sind identisch.

Weil [Hil] den Einsatz im Sekundarstufe I - Unterricht beschreibt, habe ich das Verfahren der Fotometrie probeweise auch in einem sehr leistungsstarken E- Kurs des 10. Jahrganges6 eingesetzt, allerdings in einer Art „Gemeinschaftsversuch“, in welchem alle Schülerinnen und der Lehrer gemeinsam an einem Aufbau experimentieren. Der zeitliche Aufwand war ursprünglich mit einer Doppelstunde veranschlagt, wobei ich die nochmals deutlich didaktisch reduzierten Grundlagen verstärkt fragend-entwickelnd „am Versuch“ besprechen wollte. Alle Eichlösungen usw. waren bereits fertig angesetzt, so dass die Messungen rasch durchgeführt werden konnten.

Der Versuch erwies sich als ungeeignet für diesen Jahrgang, obwohl die Schülerinnen unter Anleitung gute Ergebnisse erzielten. Der Grund war einfach: Die Schülerinnen hatten nicht die geringste Idee, wie das ganze Verfahren funktioniert! Da in der Alterstufe offenbar kaum Grundwissen über Optik und das mathematische Rüstzeug gar nicht vorhanden ist, wäre eine halbwegs sinnvolle Besprechung des Versuches mit einem nicht zu vertretenden Zeitaufwand verbunden gewesen.

Möglicherweise gibt es gymnasiale Klassen mit besseren Vorkenntnissen, aber selbst dann ist eine ausführliche Vorbereitung und / oder eine enge Kooperation zwischen Physik, Chemie und vor allem Mathematik erforderlich. Daher widerspreche ich [Hil], der das Verfahren für schon in der 10. Klasse sinnvoll einsetzbar hält! Die Fotometrie ist besser in der Oberstufe aufgehoben.

4. Zusammenfassung und Evaluation

Das Thema Alkohol und - damit untrennbar verbunden - dessen Konzentrationsbestimmung fügt sich so gut in die verschiedenen Kontexte des Themenfeldes A [RL-LP Ch Kap. 2.3.1] ein, dass man im Chemieunterricht des 11. Jahrgangs kaum daran vorbeikommt. Ob innerhalb der Reihe „Vom Traubensaft zum Essig“ oder als Einstieg in „Vom Alkohol zum Aromastoff“ - die eigene Weinherstellung und das „Brennen“ sind nach wie vor Renner im Chemieunterricht, nicht nur in der Oberstufe.

In dieser Arbeit wurden zwei unterschiedliche Verfahren untersucht, um die Volumenkonzentration von Ethanol in alkoholischen Getränken zu ermitteln. Beide Verfahren verwenden Cer (IV)- Salze. Während sich die Redoxtitration aufgrund der niedrigen Reaktionsgeschwindigkeit mit organischen Verbindungen als ungeeignet für die maßanalytische Bestimmung erwies, zeigte sich die Fotometrie in Übereinstimmung mit einer früheren Arbeit [Hil] als ausgezeichnetes Verfahren, auch und besonders im Einsatz in Schülerexperimenten.

1.) Das Verfahren der Redoxtitration ist ungeeignet zur Bestimmung des Ethanolgehaltes und vermutlich generell ungeeignet für quantitative Untersuchungen organischer Stoffe. 2.) Das Verfahren der Fotometrie mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat als Indikator zur maßanalytischen Untersuchung ist hervorragend für den Einsatz im Chemieunterricht des 11. 6 Gemeint ist der reine Mädchenkurs 10.1/4 (E) mit nur 19 Schülerinnen, welche zum größten Teil die Qualifikation für die Oberstufe anstreben.

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Jahrgangs geeignet, wie am Beispiel der durchgeführten Reihe „Volumenkonzentrationsbestimmung von Ethanol in alkoholischen Getränken“ gezeigt werden konnte. Der zeitliche Aufwand muss mit mindestens vier bis fünf Stunden angesetzt werden. Falls die theoretischen Grundlagen der Fotometrie und der Aufbau eines Fotometers vertieft behandelt werden und vor allem die Auswertung unter Einsatz des PC durchgeführt werden sollen, sind sieben Stunden realistisch, in beiden Fällen zuzüglich vor- und nachbereitender Hausausgaben.

Fasst man die Kernpunkte dieser Unterrichtsreihe zusammen, so ergeben sich folgende Schlüsselbegriffe in tabellarischer Darstellung:

Physikalische und technische Grundlagen:

Chemische Grundlagen: Mathematische und IT- Grundlagen:

Wellenoptik und Farbenlehre Komplexbildung Inter- und Extrapolation

Energieerhaltungssatz Redoxreaktionen Exponentialfunktion und Logarithmus

Lambert- Beersches Gesetz Grundlagen von Excel

Prinzip Fotozelle

Aufbau Fotometer

Oxidation primärer Alkohole Fehlerrechnung

Abbildung 12: Obligatorische bzw. (kursiv) sinnvolle Grundlagen zum erfolgreichen Einsatz der Fotometrie im Chemie- Unterricht

Die drei kursiv gedruckten Grundlagen sind nicht prinzipiell obligatorisch. In meinem Unterricht lege ich allerdings - besonders in den höheren Klassen - großen Wert auf einen sinnvollen PC- Einsatz, um dem Auftrag zur Vermittlung von Medienkompetenz gerecht zu werden. Die Erstellung der Eichgeraden mit Excel ist ein schönes und sinnstiftendes Beispiel, wie das Medium Computer in den naturwissenschaftlichen Unterricht zu integrieren ist. Daher ist der Punkt „Grundlagen von Excel“ in meinem Unterricht keine Option, sondern unbedingt erforderlich. Mit „Grundlagen“ sind auch das Erzeugen einfacher Diagramme, das Einfügen linear interpolierter Trendlinien und das Arbeiten mit mehreren Kurven in einem Diagramm gemeint.

Alle anderen Punkte sind nach meiner Einschätzung unbedingt entweder im Chemieunterricht selber oder aber in Zusammenarbeit mit den involvierten Fächern Physik, Mathematik und Informationstechnologie zumindest in den Grundlagen vor Versuchsdurchführung zu erarbeiten.

Der optimale Zeitraum zur Durchführung dieser Reihe ist die Phase, in welcher selber hergestellte alkoholische Getränke fertig vorliegen. Hier wurde der Spannungsbogen zwischen „Brennen“ und „Konzentrationsbestimmung“ sehr stark gedehnt - die Konzentrationsbestimmung schloss die Reihe.

4.1.1. Wahrgenommene Lehrerfunktionen

Die im Abschnitt zu den Zielen der Arbeit hervorgehobene Lehrerfunktion des Innovierens stellt das Kernziel dieser Arbeit da. Auch wenn eines der beiden untersuchten Verfahren sich als nicht geeignet für den Einsatz in der Schulchemie erwies, so wurde doch die Fotometrie für den Einsatz im Schülerversuch positiv evaluiert und eine frühere Publikation zu diesem Thema nicht nur im Prinzip bestätigt, sondern um konkrete Angaben zur optimalen Umsetzung ergänzt bzw. korrigiert.

Die Durchführung maßanalytischer Untersuchungen im Schülerexperiment ist in nuce immer auch Erziehung - nämlich zu sorgfältigem, exakten Arbeiten und zu Teamfähigkeit infolge der Methode der Gruppenarbeit. Durch die vorgenommene künstliche Verknappung der Indikatorlösung und der Proben mussten die Schüler mit kleinsten Mengen arbeiten. Hier wurde die Lehrerfunktion des Erziehens besonders deutlich.

Bei der Vorbereitung der Reihe, der Durchführung der Messungen und anschließenden Auswertung musste sehr komplexes Wissen vermittelt werden. Über verschiedene Medien (Tafel, PC mit Beamer)

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und unter wechselnden Sozialformen (Lehrervortrag, Unterrichtsgespräch, Schülerexperiment, arbeitsteilige Gruppenarbeit, offene Diskussion) wurden den Schülern grundlegende physikalische und chemische Grundkenntnisse sowie Sozial-, Medien und Kommunikationskompetenzen vermittelt. Die Lehrerfunktion des Unterrichtens ist somit in umfassendem Maße ausgefüllt worden.

Wie schon im Kapitel zur Lernsituation an unserer Schule ausgeführt wurde, steht in unserer Sammlung nur ein Fotometer zur Verfügung. Zu diesem fehlte die Gebrauchsanleitung, welche aus dem Internet heruntergeladen werden konnte. Ich habe drei weitere Fotometer ausgeliehen (freundlicherweise von Herrn Dr. Günther zur Verfügung gestellt). Da in unserer Sammlung keine Cer- Verbindungen vorhanden und die konzentrierte Salpetersäure verschmutzt war, habe ich diese Chemikalien über das Internet bei der Firma Omikron bestellt. Damit ist auch die Funktion des Organisierens und Verwaltens abgedeckt.

Damit habe ich in dieser Arbeit vier verschiedene Lehrerfunktionen ausgefüllt. Eine Beurteilung der Schüler fand im Rahmen des laufenden Unterrichtes natürlich permanent statt, es wurden aber keinerlei Fragebögen, Tests usw. eingesetzt. Da das Verfahren in dieser Form erstmalig im eigenen Unterricht eingesetzt wurde und mit Ausnahme von [Hil] nirgendwo so dokumentiert ist, erscheint das Sammeln von Erfahrungswerten dem Bewerten der Schüler vorrangig.

4.1.2. Kritische Anmerkungen

Das Verfahren der Fotometrie ist auf der einen Seite bestechend einfach und stringent, birgt aber immer die große Gefahr, das latent vorhandene Konsumverhalten der Schüler zu verstärken. Aus Schülersicht könnte die Reihe dann auch so ablaufen:

Man gibt einen unbekannten Stoff namens Cer (IV)- Ammoniumnitrat zur Probe und stellt eine Farbänderung fest, ohne den Grund zu kennen. Die Lösung kommt in ein Gerät namens Fotometer, welcher auf unbekanntem Weg eine merkwürdige Größe namens Extinktion ermittelt, welche irgend etwas mit dem Logarithmus zu tun hat. Aus dieser kann man dann durch Vergleich mit einer Eichkurve - welche anhand eines Rezeptes zustandgekommen ist - die gesuchte Probenkonzentration intuitiv abschätzen...

Das kann nicht Sinn des Chemieunterrichts sein und würde das Verfahren weit unter Wert verkaufen! Mit gründlicher Vorbereitung können die Schüler aus dieser Unterrichtsreihe sehr viel lernen. Wird die Reihe jedoch zu schnell durchgeführt oder ist - im Umkehrschluss - das Vorwissen der Schüler nicht genügend aufgebaut, so steht am Ende der Reihe lediglich eine Zahl: „Unser Birnenschnaps hat 55%.....“. Dann wäre es sinnvoller, diesen Wert gleich vorzugeben!

Anmerkung zum Artikel von Hilgers:

Die Idee zum Einsatz des fotometrischen Verfahrens mit Cer (IV)- Ammoniumnitrat geht wie eingangs beschrieben auf eine Publikation von U. Hilgers aus dem Jahre 2003 zurück [Hil]. Diese ist zum einen sehr kurz gehalten (so fehlt jeder Hinweis auf die entscheidende Komplexbildung als Indikatorreaktion), die Stoffmengenangaben zeigten zum anderen in den Vorversuchen keine befriedigenden Ergebnisse und einige Aussagen sind nicht ganz korrekt. So konnte in keinem Fall bei den angegeben Konzentrationen (!) beobachtet werden, dass „der rote Farbstoff“ (gemeint ist der Cer- nitratoalkoholat- Komplex) zerfällt und die „Lösung wieder gelb“ wird. Vielmehr findet immer eine vollständige Entfärbung infolge der (nicht erwähnten) Oxidation des Ethanols statt, solange die Stoffmengen annähernd ausgeglichen sind. Lediglich bei starkem Cer (IV)- Überschuss wird die Lösung wieder gelb - dann stößt aber das Lambert- Beer`sche Gesetz an seine Grenzen (s. eigene Eichmessungen).

Außerdem enthält der Artikel keinerlei Informationen zur Kalibrierung, die Eichgerade und die Mengenangaben für die Entfärbung fehlen genauso wie die Ergebnisse aus der Umsetzung im Unterricht. Der Hinweis auf einen erfolgreichen Einsatz in der Sekundarstufe I sind zudem zu hinterfragen (s. Zusammenfassung und Evaluation).

Dennoch muss betont werden, dass diese Veröffentlichung die einzig bekannte zur Fotometrie unter Einsatz von Cer (IV) überhaupt ist und ein sehr interessantes Verfahren für den Chemieunterricht erstmalig in dieser Form beschrieben hat.

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5. Konzept für den fächerverbindenden Unterrichtseinsatz der Fotometrie

Ideal wäre eine Vorgehensweise, welche die fachwissenschaftlichen Grundlagen zum Einsatz der Fotometrie interdisziplinär („fächerübergreifend“) unmittelbar vor deren Durchführung schafft. Wie in der Abb. 13 dargestellt, erfordert dies aber eine Koordination zwischen dem Chemieunterricht auf der einen und Physik, Mathematik und Informatik auf der anderen Seite - erschwert noch dadurch, dass kaum ein Schüler je alle vier Fächer gleichzeitig belegt hat. Dieser „ideale“ fächerübergreifende Unterricht könnte dann im Ablauf so aussehen:

Abbildung 13: Fächerverbindender Unterricht - Grundlagenvermittlung zum Verfahren

Je mehr „Spezialwissen“ bereits durch die entsprechenden Fächer bereitgestellt werden kann, um so besser. Das relevante Zeitfenster beträgt etwa ein bis vier Wochen vor der Reihe, da sonst erfahrungsgemäß zu viel vergessen wird. Doch wie vermittelt man die Lernvoraussetzungen, wenn die fächerübergreifende Zusammenarbeit aus Zeit- oder anderen Gründen nicht in allen Positionen möglich ist? Hier erscheinen vorbereitende Referate eine ideale Ergänzung! Besonders gut geeignet sind die vier Themen:

Farbenlehre, Funktionsweise Fotozelle, Lambert- Beer`sches Gesetz und Komplexbildung.

Hierzu sollten zwei Unterrichtsstunden ausreichen. Die restlichen Bereiche sind gegebenenfalls durch den Chemielehrer in einer weiteren Einzelstunde zu vermitteln. Der sichere Umgang mit Excel erfordert, dass die Schüler in Einzel-, maximal in Partnerarbeit, das Erstellen von Diagrammen üben. Dies geht nur im Informatikraum. Andere Unterrichtsmethoden wie Stationen- Lernen oder Gruppenpuzzle werden hier vermutlich an der Heterogenität der Themen und Lerngruppen scheitern.

Fotometrie zur Volumenkonzentrationsbestimmung von

Ethanol in alkoholischen Getränken

Physik: - Energieerhaltungssatz - Farbenlehre - Funktionsweise Fotozelle - Kalibrieren und Eichen - Lambert- Beer`sches Gesetz

Mathematik: - Logarithmus /

Exponentialfunktion - Inter- und Extrapolation

Informatik: Grundlagen Excel zur Messwertdarstellung und Analyse

Chemie: Komplexbildung

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Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ergibt sich für den beschriebenen Einsatz der Fotometrie im Chemieunterricht ein möglicher Ablaufplan wie folgt:

Abbildung 14: Möglicher Ablaufplan einer Reihe zur fotometrischen Konzentrationsbestimmung

Einstieg durch 4 Referate, jeweils mit Demonstrationsexperiment: 1. Farbenlehre und Farbzerlegung 2. Lambert- Beersches Gesetz 3. Funktionsweise Fotozelle 4. Komplexbildung

Lehrervortrag und Unterrichtsgespräch: 1. Aufbau Fotometer 2. Grundlagen Messtechnik 3. Besprechung der Versuchsdurchführung 4. Klärung offener Fragen

Durchführung als Schülerexperiment: 1. Je 2 Gruppen messen identische Probe 2. Protokollerstellung

Auswertung im Rechnerraum: 1. Excel - Schulung 2. Erstellung der Eichkurven 3. Grafische Bestimmung von ϕ der unbekannten Probe aus Eichkurve 4. anschließende Präsentation

2 Stunden, Sicherung durch Arbeitsblätter und kurzen Test

1 Stunde

2 Stunden (Doppelstunde!)

2 Stunden

Mögliche vorbereitende HA: Lese das Kapitel zur Fotometrie.

Gesamt: 7 Stunden

Mögliche sichernde HA: Beschreibe mit eigenen Worten die Begriffe „Kalibrieren“ und „Eichen“.

Mögliche sichernde HA: Stelle das Protokoll fertig und begründe das beobachtete Abnehmen der Extinktion mit der Zeit.

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6. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Indikatorwirkung: links: salpetersaure Lösung von Cer (IV)- Ammoniumnitrat, c=0,1 mol/l

(Ansatz N1). rechts: nach Zugabe von 1 ml Ethanol (absolut)______________________ 11 Abbildung 2: Eichkurve einer salpetersauren Lösung von Cer (IV)- Ammoniumnitrat bei Zugabe von Ethanol.

Die Extinktion ist bei diesen kleinen Konzentrationen ϕ << 2% streng linear. Zusammensetzung N1 s. Anhang._______________________________________________________ 15

Abbildung 3: Die Entfärbung der Proben durch die hier unerwünschte Redox- Reaktion. Jeweils links ist die reine Lösung N2 zum Vergleich abgebildet, rechts nach Zugabe von Ethanol im Überschuss. Die linke Aufnahme wurde unmittelbar nach Ethanolzugabe gemacht, die rechte nach 10min. Die fotometrische Untersuchung muss also möglichst schnell erfolgen._______________ 16

Abbildung 4: Vergleich von reiner Lösung N2 (links), unmittelbar nach Ethanolzugabe (Mitte) und 180min nach erfolgter Ethanolzugabe (rechts). Deutlich erkennbar ist die völlige Entfärbung innerhalb von drei Stunden. ____________________________________________________ 17

Abbildung 5: Vorversuche: Bei starker Verdünnung der Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösungen wird die Extinktion zu klein und führt zu Ablesefehlern. Außerdem verlassen alle Eichkurven bereits bei kleinen Alkoholkonzentrationen ϕ < 2% deutlich sichtbar den linearen Lambert- Beer`schen Bereich. Bei höheren Alkoholkonzentrationen fand zudem eine rasche Entfärbung statt.___ 17

Abbildung 6: Gut zu erkennen: Zunehmende Einfärbung mit wachsender Ethanolkonzentration bei Eichproben mit N3. Von links nach rechts: Reine N3- Lösung, 0.4 / 0.8 / 1.0 / 2.0 Volumenprozent Ethanol plus N3. Die gemessenen Extinktionen finden sich in Abb. 7. 18

Abbildung 7: Als bester Ansatz erwies sich N3. Bei kleinen Ethanolkonzentrationen in den Proben gilt das Lambert- Beer`sche Gesetz und die Einfärbung (und damit die Extinktion) ist deutlich sicht- und messbar. Bereits bei 2 Volumenprozent flacht die Kurve ab, die Proportionalität zwischen E und ϕ ist nicht mehr gegeben. Ab dieser Konzentration ist die Entfärbung infolge der unvermeidlichen Redox- Vorgänge am Fotometer direkt zu beobachten.______________ 18

Abbildung 8: Eichkurve mit dem Leybold- Fotometer und Ansatz N3, wie alle Messungen bei 560nm durchgeführt. E = - ln (T), T: Transmissionskoeffizient ___________________________ 19

Abbildung 9: Eichkurve mit dem Eigenbau- Fotometer und Ansatz N3, Extinktion aus normiertem Fotostrom berechnet (E = - ln (I / I0).______________________________________________ 20

Abbildung 10: Schülermessungen mit vier verschiedenen Fotometern - Eichkurven zur grafischer Ableitung der Konzentration einer unbekannten Probe. Die Extinktionen der unbekannten Proben wurden bei ϕ = 0% eingezeichnet. Dieses Diagramm wurde gemeinsam im Unterricht erstellt und anschließend ausgedruckt. Jede Gruppe hat dann grafisch aus „ihrem“ Messwert die gesuchte Konzentration bestimmt.________________________________________________ 25

Abbildung 11: Aus den Eichkurven grafisch ermittelte Probenkonzentrationen der vier Gruppen. Die Proben A und D bzw. B und C sind identisch. ________________________________________ 26

Abbildung 12: Obligatorische bzw. (kursiv) sinnvolle Grundlagen zum erfolgreichen Einsatz der Fotometrie im Chemie- Unterricht ___________________________________________________ 27

Abbildung 13: Fächerverbindender Unterricht - Grundlagenvermittlung zum Verfahren_______________ 29 Abbildung 14: Möglicher Ablaufplan einer Reihe zur fotometrischen Konzentrationsbestimmung ________ 30 Abbildung 15: Tafelbild 1 - Grundlegende physikalische Zusammenhänge _______________________ 35 Abbildung 16: Tafelbild 2 - Extinktion und das Lambert- Beer`sches Gesetz ______________________ 36 Abbildung 17: Tafelbild 3 - schematischer Aufbau des Fotometers _____________________________ 37 Abbildung 18: Tafelbild 4 - Durchführung des Experimentes _________________________________ 39 Abbildung 19: Tafelbild 5 - Hausaufgaben und Erläuterung hierzu _____________________________ 39

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7. Literaturverzeichnis

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http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/asch2/a-v-cer.htm [Chr] H. Christen: Grundlagen der organischen Chemie, Verlag Sauerländer-Diesterweg-Salle, Aarau 1977 [ElChe] Elemente Chemie II (eingeführtes Schulbuch), Ernst Klett Verlag, Stuttgart 2000 [FiFre] Fischer-Frerichs-Awe: Lehrbuch der Chemie für Pharmazeuten, Derdinand Enke Verlag, Stuttgart 1964 [FöKu] H. Försterling, H. Kuhn: Praxis der physikalischen Chemie, VCH, Weinheim 1985 [Gue] Webpage Dr. Otto Günther, Stand 09.05.05:

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Aulis Verlag Deubner & Co.KG, Köln 9/2003 [HoWi] Hollemann-Wiberg: Lehrbuch der anorganischen Chemie, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1976 [JaBla] Jander-Blasius: Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie,

S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1989) [KoFaCh] P. Pfeifer, B. Lutz, H.J. Bader et al: Konkrete Fachdidaktik Chemie, Oldenbourg Schulbuchverlag GmbH, München Neuauflage 2002 [Kro] B. Kroner, H. Schauer: Unterricht erfolgreich planen und durchführen,

Aulis Verlag Deubner & Co.KG, Köln 1997

[MaRa] C. Mariss, W. Rauh: Die quantitative Oxidation von primären und sekundären Alkoholen, PdN-Chemie, Aulis Verlag Deubner & Co.KG, Köln 2/2003

[Mey] H, Meyer: Unterrichtsmethoden II: Praxisband, Cornelsen Verlag Scriptor GmbH & Co.KG, Berlin 2003

[Omi] Webpage Omikron Feinchemikalien, Stand 23.04.05: http://www.omikron-online.de [PdN-PH] Themenheft Schülerversuche, PdN-PhiS 6/53 Aulis Verlag Deubner & Co.KG, Köln 9/2004

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[RL-LP CH] Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW (Herausgeber):

Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II - Gymnasium und Gesamtschule in NRW Chemie, Ritterbach Verlag, Frechen 1999

[RL-LP PH] Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW (Herausgeber):

Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II - Gymnasium und Gesamtschule in NRW Physik, Ritterbach Verlag, Frechen 1999

[SeKo] O. Serafimov, C. Kopp, S. Kruska: Photometrische und volumetrische Eisenbestimmung im Vergleich, PdN-Chemie, Aulis Verlag Deubner & Co.KG, Köln 8/1986

[Seraf] O. Serafimov et al: Citronensäure und Weinsäure in der photometrischen Analyse,

PdN-Chemie, Aulis Verlag Deubner & Co.KG, Köln 6/1986 [Soe] Landesinstitut für Schule: Liste zur Einstufung von Chemikalien gemäß der

Gefahrstoffverordnung, Soest 7/2003 [UniFrb] Webpage Universität Freiburg, Stand 10.0505: http://ruby.chemie.uni-freiburg.de/Vorlesung/metalle_7_1.html [UniUlm] Webpage Universität Ulm, Stand 23.04.05:

http://www.uni-ulm.de/uni/fak/natwis/anachem/Lehrveranstaltungen /Biol_4Sem/AnatP_redoxt_einf.pdf

[Wiki] Webpage Wikipedia, Stand 22.04.2005 http://de.wikipedia.org/wiki/Portal_Chemie

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8. Anhang

8.1. Unterrichtsentwürfe

Im folgenden sind die Lernziele und die tabellarischen Verlaufsplanungen sowie die erwarteten Tafelbilder zu den einzelnen Stunden der Reihe in verkürzter Form wiedergegeben.

Die Reihe war für fünf Unterrichtsstunden geplant, wobei zusätzlich vor- und nachbereitende Hausaufgaben eingesetzt wurden.

8.1.1. 1. Stunde - Vorbereitungsstunde

Stundenziel: Die Schüler verstehen das Prinzip der Fotometrie und erarbeiten daraus einen Versuchsvorschlag zur Konzentrationsbestimmung.

Teilziele: Die Schüler ....

TZ 1: ... wiederholen und vertiefen die bekannten Begriffe Reflexion, Streuung und Absorption und deren durch den Energieerhaltungssatz vorgegeben Beziehungen.

TZ 2: ....leiten hieraus den Begriff der Extinktion ab und erarbeiten anhand von Vorwissen und mit Hilfestellungen durch den Lehrer das Lambert- Beer`sche Gesetz.

TZ 3: .... lernen den vereinfachten Aufbau eines Fotometers kennen und beschreiben in eigenen Worten dessen Funktionsprinzip.

TZ 4: ... lernen die messtechnischen Verfahren Kalibrieren und Eichen kennen und wenden beide auf den Versuch an.

TZ 5: ... erarbeiten und präsentieren eine skizzierte Versuchsvorschrift zur Durchführung der späteren Messung.

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Messküvette mit Lösung,

Konz. c

Tabellarische Verlaufsplanung zur 1. Stunde

Unterrichtsphase: Inhalt: Unterrichtsform: Medien: LZ:

Einstieg

Lehrer stellt den Schülern bekannte Flasche mit dem „Selbstgebrannten“ auf das Pult. Während ein Teil der S. probieren möchte, fällt einem anderen Teil ein, dass wir noch messen wollten, wie stark der Schnaps sei...

Stummer Impuls

Problemstellung Auftrag an Klasse: Wie können wir den Alkoholgehalt messen? Offenes UG

Erarbeitung

Der L. nennt Fotometrie und wiederholt zunächst physikalisches Basiswissen aus der Sek I zu Reflexion, Streuung, Absorption usw.

Die S. erarbeiten gemeinsam mit L. den Begriff der Extinktion und das Lambert- Beer`sche Gesetz.

Gelenktes UG Tafel 1

Tafel 2

TZ 1

TZ 2

Erarbeitung Der Aufbau und das Funktionsprinzip eines Fotometers wird vorgestellt. LV Buch

Sicherung Die S. beschreiben Aufbau und Funktionsweise mit eigenen Worten. UG TZ 3

Abbildung 15: Tafelbild 1 - Grundlegende physikalische Zusammenhänge

Auftreffendes Licht von Quelle: Intensität ΦQ

Reflektiert: ΦR

in Probe: Φ0 eindringendes Licht!

Durchgehendes („transmittiertes“) Licht ΦT

λ

Grundlagen der Fotometrie (1):

Energieerhaltungssatz: ΦQ - ΦR - Φ0 = ΦT

T = ΦT / Φ0

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Abbildung 16: Tafelbild 2 - Extinktion und das Lambert- Beer`sches Gesetz

8.1.2. 2. Stunde - Vorbereitungsstunde

Aufgrund der offen gebliebenen Punkte aus der 1. Vorbereitungsstunde und der dort praktizierten Lehrerzentriertheit wurde die Planung der 2. Vorbereitungsstunde deutlich gestrafft. Das Stundenziel wurde dabei komplett übernommen.

Stundenziel: Die Schüler verstehen das Prinzip der Fotometrie und erarbeiten daraus einen Versuchsvorschlag zur Konzentrationsbestimmung.

Teilziele: Die Schüler ....

TZ 1: .... lernen den vereinfachten Aufbau eines Fotometers kennen und beschreiben in eigenen Worten dessen Funktionsprinzip.

TZ 2: ... lernen die messtechnischen Verfahren Kalibrieren und Eichen kennen und wenden beide auf den Versuch an.

TZ 3: ... erarbeiten und präsentieren eine skizzierte Versuchsvorschrift zur Durchführung der späteren Messung.

TZ 4: ... lernen den Begriff der Komplexbildung kennen und verstehen die Bedeutung von Cer (IV)- Ammoniumnitrat als Indikator für das fotometrische Verfahren.

Grundlagen der Fotometrie (2):

Definition: Auslöschung = „Extinktion“ E: ln [ Φ0 / ΦT ] = - ln(T)

E ~ Konzentration c Die Extinktion ist bei identischen Randbedingungen (Geometrie, Wellenlänge, Lösungsmittel) proportional zur Konzentration des absorbierenden Stoffes.

ΦT = Φ0 e- ε c l Lambert- Beer`sches Gesetz

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Tabellarische Verlaufsplanung zur 2. Stunde

Unterrichtsphase: Inhalt: Unterrichtsform: Medien: LZ:

Erarbeitung / Sicherung

Der Aufbau und das Funktionsprinzip eines Fotometers wird vorgestellt.

Die S. beschreiben Aufbau und Funktionsweise mit eigenen Worten.

LV / UG Tafel 3 TZ 1

Die Verfahren Kalibrieren und Eichen werden fragend- entwickelnd erarbeitet.

UG TZ 2

Die S. erarbeiten ein Grobkonzept für eine mögliche Versuchsdurchführung und stellen diese vor.

GA Tafel TZ 3 Erarbeitung

Komplexbildung, Cer (IV)- ammoniumnitrat als Indikator für Ethanol (Demonstrationsexperiment).

LV L. D. Exp. TZ 4

Sicherung Wiederholung Prinzip Fotometrie durch Lesen entsprechende Seiten im Buch als Hausaufgabe.

Hausaufgabe Lesen S. 27-29

Buch [ElChe]

Abbildung 17: Tafelbild 3 - schematischer Aufbau des Fotometers

Grundlagen der Fotometrie (3):

Weißes Licht

Filter

Mono-chroma-tisch

Küvette mit Lösung

Fotozelle

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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8.1.3. 3. und 4. Stunde - Durchführung

Stundenziel: Die Schüler messen die Extinktionen verschiedener Eichlösungen und einer unbekannten Probe.

Teilziele: Die Schüler ....

TZ 1: .... setzen vier verschiedene Eichlösungen an.

TZ 2: ... erarbeiten sich die Handhabung der Fotometer anhand der originalen Anleitungen.

TZ 3: ... kalibrieren die Fotometer.

TZ 4: ... bestimmen die Extinktionen von vier Eichlösungen und einer unbekannten Probe.

TZ 5: ... erstellen mit Hilfe von Excel die Eichkurve, bestimmen daraus die gesuchte Probenkonzentration und bereiten die Ergebnisse für eine Präsentation auf (Hausaufgabe).

Tabellarische Verlaufsplanung zur 3. und 4. Stunde (Doppelstunde) Unterrichtsphase: Inhalt: Unterrichtsform: Medien: LZ:

Problemstellung Auftrag: Messen der Alkoholkonzentration unseres selbstgebrannten Obstlers.

LV Tafel 4

Zwei S. setzen Eichlösungen an, die anderen bauen auf. TZ 1

Die jeweiligen Anleitungen werden gelesen und innerhalb der Gruppen besprochen.

GA TZ 2

Die S. kalibrieren die Fotometer a) ohne Küvette und b) mit reiner Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung.

TZ 3

Erarbeitung

Die S. messen die Extinktionen der Eichlösungen und der Probe (1:100 verdünnt).

S. Exp. in GA

TZ 4

Sicherung

Fertigstellung der Protokolle, Erstellen der Eichkurven mit Excel und grafische Bestimmung der Ethanolkonzentration der Proben als Hausaufgabe.

Hausaufgabe Tafel 5

PC (Excel) TZ 5

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Abbildung 18: Tafelbild 4 - Durchführung des Experimentes

Abbildung 19: Tafelbild 5 - Hausaufgaben und Erläuterung hierzu

Auftrag: Bestimmung der Alkoholkonzentration in unseren beiden Proben!

Vorgehen: 1) Kalibrieren: a) ohne Küvette b) mit N3 plus H2O (0% EtOH) 2) Eichen: 0,25% / 0,5% / 0,75% / 1,0% = ϕ(EtOH) 3) Probe messen

N3: 2,9g Cer (IV)- Ammoniumnitrat 50ml H2O 4ml Salpetersäure (65%)

Achtung: Immer V(N3) = V(Probe)! Leybold und Eigenbau: je 10ml, Lange je 20ml Volumen!

λ = 560nm

Hausaufgaben: Eichkurve erstellen (Excel!) Probenwert grafisch ermitteln Protokoll fertig stellen Jede Gruppe präsentiert!

E

ϕ

E(Probe)

ϕ(Probe)

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Dr. Arnold Schroeder - 40 -

8.1.4. 5. Stunde - Auswertung und Präsentation

Stundenziel: Die Schüler präsentieren ihre Ergebnisse und diskutieren mögliche Fehlerursachen.

Teilziele: Die Schüler ....

TZ 1: .... präsentieren in vier Gruppen ihre Eichkurven unter Einsatz von Excel und Beamer.

TZ 2: ... erläutern daran, wie die Alkoholkonzentration der unbekannten Probe bestimmt wurde.

TZ 3: ... stellen alle Eichmessungen in einem Diagramm zusammen und diskutieren deren Verlauf.

TZ 4: ... stellen die Probenkonzentrationen vergleichend gegenüber und diskutieren Fehlerquellen, Abweichungen und mögliche Verbesserungen für zukünftige Versuche.

Tabellarische Verlaufsplanung zur 5. Stunde Unterrichtsphase: Inhalt: Unterrichtsform: Medien: LZ:

Die S. präsentieren gruppenweise ihre Eichkurven per Beamer. TZ 1

Die S. erläutern daran, wie ϕ bestimmt wurde.

TZ 2

Die S. stellen alle Messungen in einem gemeinsamen Diagramm zusammen und diskutieren den Verlauf.

TZ 3

Die S. vergleichen die Ergebnisse der Probenkonzentrationen und diskutieren Fehlerquellen und Verbesserungsvorschläge.

SV / GA PC / Excel / Beamer

TZ 4

Sicherung

Fertigstellung der Protokolle, Erstellen der Eichkurven mit Excel und grafische Bestimmung der Ethanolkonzentration der Proben als Hausaufgabe.

Hausaufgabe Tafel 5

PC (Excel) TZ 5

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8.2. Probenbeschreibungen Preise bei Omikron Feinchemie, Stand 3/2005: Cer (IV)- Ammoniumnitrat: 16,95€ / 50g Cer (IV)- Sulfat: 8,60€ / 10g

8.2.1. Cer (IV)- Ammoniumnitrat- Lösung zur fotometrischen Untersuchung:

N1:

• 1,0g Cer (IV)- Ammoniumnitrat

• 50 ml H2O

• 2ml Salpetersäure (65%)

• Lösung bis kurz unter Siedepunkt erwärmen und 1h Stunde stehen lassen.

N2:

• 2,74g Cer (IV)- Ammoniumnitrat

• 50ml H2O

• 5ml Salpetersäure (65%)

• Lösung ohne Erwärmung 24h stehen lassen.

N3:

• 2,9g Cer (IV)- Ammoniumnitrat

• 50ml H2O

• 2ml Salpetersäure (65%)

• Lösung kurz aufkochen lassen und mindestens 1h stehen lassen.

8.2.2. Cer (IV)- Sulfatlösung für die Redoxtitration:

S1:

• 2,02g Cer (IV)- Sulfat

• 50ml H2O

• 5ml Schwefelsäure (konzentriert)

8.2.3. Die Proben

Birnendestillat: Reines Destillat aus selbst hergestelltem Birnenwein, destilliert unter Rückfluss ohne Verwendung des Vorlaufs und bis 90°C Siedetemperatur. Das Destillat brennt mit nahezu unsichtbarer Flamme und hat ein deutliches Birnenaroma, ist aber völlig klar.

Birnenschnaps:

Aus dem Destillat durch Mischung mit zweifach gefiltertem Birnenwein gewonnen. Das Mischungsverhältnis lag bei etwa 1:1, der Birnenschnaps hat ein stark fruchtiges Aroma und ist leicht eingefärbt. Die Mischung lässt sich entzünden, brennt aber mit sichtbarer gelber Flamme.

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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8.3. Weitere Anlagen

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Exemplarische reduzierte Bedienungsanleitung zum Leybold- Fotometer:

Die fotometrische Bestimmung der Ethanolkonzentration mit dem Leybold- Fotometer:

Verwendete Kontrollelemente: 2: Küvettenschacht nur für beiliegende Rundküvetten, nichts in den Schacht gießen! Küvetten ganz einführen und Deckel schließen. 6: Schalter Lampe (Rückseite!) auf „ein“ 8: Umschalter Transmission („Transparency“) und Absorption auf Mode = Transparency 9: Einstellung Wellenlänge (560nm) 12: Kalibrierung T=100% 13: Power und Kalibrierung T=0%

14: Filterwahl (für 560nm „gelb“) Nichts in den Küvettenschacht gießen!

Messvorschrift zur Bestimmung des Transmissionskoeffizienten T:

1. Fotometer mit 13 einschalten 2. Lampe mit 6 (Rückseite) einschalten 3. Mindestens 15min warmlaufen lassen 4. In dieser Zeit:

Wellenlänge mit 9 auf 560nm einstellen Filter mit 14 entsprechend auf „gelb“ Modus mit 8 auf „Transparency“ stellen

5. OHNE Küvette: Kalibrierung mit 13 auf T=0% 6. MIT Küvette: Kalibrierung mit 12 auf T=100% (Die Küvette ist dabei

mit 10ml Indikatorlösung plus 10ml Wasser zu befüllen) 7. Messung der Transmission der Eichproben und der unbekannten

Probe Küvetten jeweils mit 10ml Indikator- plus 10ml Eich-/Probenlösung befüllen.

Die Bestimmung des Volumenanteils von Alkohol

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Ich versichere, dass ich die vorliegende Hausarbeit selbstständig verfasst, keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt und die Stellen der Arbeit, die anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, in jedem einzelnen Fall unter Angabe der Quellen als Entlehnung kenntlich gemacht habe. Das Gleiche gilt auch für beigegebene Zeichnungen, Kartenskizzen und Darstellungen. Erftstadt, den 19.05.2005 _______________________________ (Dr. Arnold Schroeder)