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Über die Bestimmung von Galois-gruppen Citation for published version (APA): Birkner, P. (2004). Über die Bestimmung von Galois-gruppen. Universität Paderborn. Document status and date: Gepubliceerd: 01/01/2004 Document Version: Uitgevers PDF, ook bekend als Version of Record Please check the document version of this publication: • A submitted manuscript is the version of the article upon submission and before peer-review. There can be important differences between the submitted version and the official published version of record. People interested in the research are advised to contact the author for the final version of the publication, or visit the DOI to the publisher's website. • The final author version and the galley proof are versions of the publication after peer review. • The final published version features the final layout of the paper including the volume, issue and page numbers. Link to publication General rights Copyright and moral rights for the publications made accessible in the public portal are retained by the authors and/or other copyright owners and it is a condition of accessing publications that users recognise and abide by the legal requirements associated with these rights. • Users may download and print one copy of any publication from the public portal for the purpose of private study or research. • You may not further distribute the material or use it for any profit-making activity or commercial gain • You may freely distribute the URL identifying the publication in the public portal. If the publication is distributed under the terms of Article 25fa of the Dutch Copyright Act, indicated by the “Taverne” license above, please follow below link for the End User Agreement: www.tue.nl/taverne Take down policy If you believe that this document breaches copyright please contact us at: [email protected] providing details and we will investigate your claim. Download date: 28. Jun. 2021

Über die Bestimmung von Galois-gruppen · Über die Bestimmung von Galoisgruppen Diplomarbeit im Fach Mathematik Institut für Mathematik, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik

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  • Über die Bestimmung von Galois-gruppen

    Citation for published version (APA):Birkner, P. (2004). Über die Bestimmung von Galois-gruppen. Universität Paderborn.

    Document status and date:Gepubliceerd: 01/01/2004

    Document Version:Uitgevers PDF, ook bekend als Version of Record

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    Download date: 28. Jun. 2021

    https://research.tue.nl/en/publications/uber-die-bestimmung-von-galoisgruppen(810130e1-27aa-4302-9d10-546f1765371e).html

  • Über die Bestimmung von Galoisgruppen

    Diplomarbeit im Fach Mathematik

    Institut für Mathematik, Fakultät für Elektrotechnik,

    Informatik und Mathematik, Universität Paderborn

    eingereicht bei

    Dr. rer. nat. C. Nelius

    vorgelegt von

    Peter Birkner

    Paderborn, 20. Juli 2004

  • Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig

    verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.

    Ort, Datum Unterschrift

  • Inhaltsverzeichnis

    Einleitung 6

    1 Grundlagen 12

    1.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    1.2 Fakten über endliche Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    1.3 Polynom-Faktorisierung über endlichen Körpern . . . . . . . . . . . 18

    1.4 Symmetrische Gruppe, Permutationen und Zyklen . . . . . . . . . . . 22

    1.5 Symmetrische Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

    1.6 Die Diskriminante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

    1.7 Fakten aus der Galois-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

    2 Das Verfahren von Dedekind 37

    2.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

    2.2 Der Satz von Dedekind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

    2.3 Die Dichtesätze von Frobenius und Tschebotarev . . . . . . . . . . . 46

    2.4 Die Implementierung des Dedekind-Verfahrens . . . . . . . . . . . . 48

    3 Imprimitivität 60

    3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

    3.2 Blöcke und imprimitive Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    4 Die Resolventen-Methode 66

    4.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

    4.2 Resolventen und Bahnlängen-Partitionen . . . . . . . . . . . . . . . . 67

    4.3 Tschirnhausen-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

    4.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

    4.5 Die Implementierung der Resolventenmethode . . . . . . . . . . . . 75

    Datenmaterial 79

    Literaturverzeichnis 89

    3

  • Symbolverzeichnis

    N Menge der natürlichen Zahlen

    N0 Menge der natürlichen Zahlen inkl. Null

    Z Menge der ganzen Zahlen

    Q Menge der rationalen Zahlen

    R Menge der reellen Zahlen

    C Menge der komplexen

    Fpn Endlicher Körper mitpn Elementen, wobeip eine Primzahl ist

    Zp RestklassenringZ modulopZ

    K× Einheitengruppe des KörpersK

    R(X1, . . . , Xn) Quotientenkörper des PolynomringsR[X1, . . . , Xn]

    Sn Symmetrische Gruppe vom Gradn

    An Alternierende Gruppe vom Gradn

    Sym(M) Menge aller Permutationen der MengeM

    Gal(L : K) Galoisgruppe der Körpererweiterung L über K

    GalQ(f) Galoisgruppe des Polynomsf über dem KörperQ

    ord(G) Ordnung der GruppeG

    ord(σ) Ordnung der vonσ erzeugten Untergruppe

    (G : U) Index der UntergruppeU in der GruppeG

    char(R) Charakteristik des RingesR

    deg(f) Grad (engl. degree) des Polynomsf

    ggT(f, g) Größter gemeinsamer Teiler der Polynomef undg

    D(f) Formale Ableitung des Polynomsf

    K(α) Adjunktion des Elementsα zum KörperK

    [L : K] Grad der KörpererweiterungL überK

    4

  • kern(ϕ) Kern (engl. kernel) der Abbildungϕ

    im(ϕ) Bild (engl. image) der Abbildungϕ

    σ = (a1 . . . an) σ ist ein Zykel der Längen

    [n1, . . . , nk] Notation eines Zykeltyps. Die zugehörige Permutation läst sich

    als Produkt vonk Zyklen der Längenn1 bisnk darstellen

    G̃ Die zur GaloisgruppeG isomorphe Untergruppe derSn

    ε(σ) Signum (auch Vorzeichen) der Permutationσ

    syl(f, g) Sylvester-Matrix der Polynomef undg

    res(f, g) Resultante der Polynomef undg

    disc(f) Diskriminante des Polynomsf

    < σ > Die vonσ erzeugte Untergruppe

    Res(F, f) Das zuF undf gehörende Resolventenpolynom

    5

  • Einleitung

    Die Galoistheorie ist ein Teilgebiet der Körpertheorie und beschäftigt sich mit den Ga-

    loiserweiterungen eines KörpersK, sowie den zugehörigen Automorphismengruppen.

    Der Hauptsatz der Galoistheorie stellt einen Zusammenhang zwischen den Untergrup-

    pen der Galoisgruppe und den Zwischenkörpern der entsprechenden Galoiserweite-

    rung her. Die Begründung dieser Theorie geht im Wesentlichen auf E. Galois [Gal62]

    zurück, der sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Lösbarkeit von algebraischen

    Gleichungen beschäftigte. Dies entwickelte sich später zu einer der wichtigsten An-

    wendungen dieser Theorie. Eine moderne und heute gebräuchliche Version des Be-

    weises stammt von E. Artin [Art65].

    Eine weitere wichtige Anwendung der Galoistheorie ist die geometrische Konstruktion

    mit Zirkel und Lineal, insbesondere die Konstruktion des regelmäßigenn-Ecks. Dieses

    ist genau dann mit Zirkel und Lineal konstruierbar, wennn die Form

    n = 2k · p1 · p2 · . . . · pr (k ≥ 0, r ≥ 0)

    hat, wobeip1, p2, . . . , pr paarweise verschiedene Fermat’sche Primzahlen sind. Die

    bisher bekannten Fermat’schen Primzahlen sind3, 5, 17, 257, 65537. Der deutsche Ma-

    thematiker C. F. Gauß entdeckte am 29. März 1796 als Erster, dass das regelmäßige

    17-Eck mit Zirkel und Lineal konstruierbar ist. Später wurden z. B. das regelmäßige

    257-Eck durch F. J. Richelot im Jahr 1832 und das regelmäßige 65537-Eck von 1879

    bis 1889 durch J. Hermes mit Zirkel und Lineal konstruiert.

    E. Galois beschäftigte sich mit der Frage, ob jede algebraische Gleichung durch Ra-

    dikale lösbar ist. In moderne Sprache übersetzt, kann man sagen, er fand heraus, dass

    ein nicht konstantes Polynomf über einem KörperK der Charakteristik0 durch Ra-

    dikale lösbar ist, falls die Galoisgruppe vonf überK auflösbar ist. N. H. Abel zeigte

    1824, dass es für algebraische Gleichungen vom Grad 5 und höher keine allgemeinen

    Lösungsformeln gibt. E. Galois konnte wenige Jahre später konkrete irreduzible Poly-

    nome vom Grad 5 ausQ[X] angeben, die nicht durch Radikale lösbar sind.

    6

  • Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Berechnung von Galoisgruppen irre-

    duzibler Polynome überQ. Erste Arbeiten dazu gehen auf R. Dedekind, B. L. van der

    Waerden [Wae66] und I. Schur [Sch20] zurück. Modernere Ansätze gibt es z. B. von

    H. Cohen [Coh93], der alle Galoisgruppen für ganzzahlige Polynome bis zum Grad

    7 erfasst hat, oder von J. McKay und T. Mattmann [MM97], die eine Methode für

    irreduzible, rationale Polynome bis zum Grad 8 angegeben haben. Auch L. Soicher

    [Soi81, SM85] hat praktische Verfahren beschrieben, um die Galoisgruppe eines ratio-

    nalen Polynoms zu bestimmen. R. Stauduhar [Sta73] hat mittels relativer Resolventen

    Methoden entwickelt, um Galoisgruppen von Polynomen vom Grad kleiner gleich 7

    zu berechnen.

    Ist L : K eine Galoiserweiterung, so istL der Zerfällungskörper eines nicht konstan-

    ten, separablen Polynoms ausK[X]. Im FallK = Q ist jedes nicht konstante Polynom

    separabel. Damit erhält man jede Galoiserweiterung überQ als Zerfällungskörper ei-

    nes Polynomsf ∈ Q[X] vom Grad größer Null. Die Galoisgruppe dieser Erweiterungwird dann Galoisgruppe vonf überQ genannt.

    Die Elemente der Galoisgruppe eines irreduziblen Polynomsf vom Gradn sind Körper-

    Automorphismen, die die Nullstellen vonf permutieren. Die Galoisgruppe ist daher

    eine Permutationsgruppe der Nullstellen und somit isomorph zu einer UntergruppeG̃

    derSn. In dieser Arbeit werden Galoisgruppen von irreduziblen Polynomen berechnet.

    In diesem Fall ist̃G eine transitive Gruppe.

    Mit den in dieser Arbeit beschriebenen Methoden kann die Galoisgruppe vonf ohne

    Kenntnis der Nullstellen bestimmt werden. Im Gegensatz dazu arbeitet R. Stauduhar

    [Sta73] mit relativen Resolventen und approximiert die Nullstellen vonf numerisch.

    In dieser Arbeit werden drei Methoden zur Bestimmung von Galoisgruppen behan-

    delt, die eine strukturelle Gemeinsamkeit besitzen: Jedes der Verfahren arbeitet mit

    einer Liste der in Frage kommenden Gruppen. Das Polynomf, dessen Galoisgruppe

    bestimmt werden soll, wird auf Eigenschaften untersucht, die es erlauben, diese Liste

    zu reduzieren. Enthält die Liste nur noch ein Element, ist die Galoisgruppe vonf ge-

    funden. Enthält sie mehr als ein Element, kann das Verfahren mit anderen Parametern

    wiederholt oder in Kombination mit einer anderen Methode durchgeführt werden. Die

    drei Verfahren werden in den Kapiteln zwei bis vier behandelt.

    Bevor eines der drei Verfahren auf die Liste der möglichen Gruppen angewendet wird,

    7

  • ist es sinnvoll, die Diskriminante vonf ∈ Q[X] zu berechnen. Mit ihrer Hilfe kannfestgestellt werden, ob die Galoisgruppe vonf eine Untergruppe der alternierenden

    GruppeAn ist oder nicht. Durch diese Unterscheidung fällt die Liste der zu untersu-

    chenden Gruppen schon von Anfang an kürzer aus.

    In Kapitel 2 wird das Verfahren von Dedekind behandelt. Dies wurde im Jahr 1930 von

    B. L. van der Waerden in seinem BuchModern Algebrapräsentiert. In vielen moder-

    nen Artikeln und Büchern wird ihm das Verfahren daher zugeschrieben. Tatsächlich

    wurde es aber mindestens vierzig Jahre vorher von R. Dedekind in seinen Vorlesungen

    vorgestellt (vgl. Einleitung von [Sch20]).

    Die Grundidee besteht darin, dass die Faktorisierung des Polynomsf ∈ Z[X] mo-dulo einer Primzahlp eine Permutation der Galoisgruppe vonf überQ liefert. Die

    Faktorisierung modulop bedeutet in diesem Zusammenhang, dass manf als Polynom

    über dem endlichen KörperFp bzw.Zp betrachtet und in irreduzible Faktoren zerlegt.

    Die Grade dieser Faktoren bilden ein Gradmustera1, . . . , ar. Dedekind hat gezeigt,

    dass die Galoisgruppe vonf überQ eine Permutation enthält, deren Zykeltyp gerade

    [a1, . . . , ar] ist.

    Das Ziel dabei ist es, so viele verschiedene Zykeltypen zu finden, dass die Galoisgrup-

    pe identifiziert werden kann oder dass einige Gruppen aus der Liste entfernt werden

    können, sodass sich die Zahl der Kandidaten reduziert. Man beginnt mit der Liste aller

    transitiven Untergruppen derSn, fallsn der Grad vonf ist. Die transitiven Untergrup-

    pen derSn samt Zykeltypen und deren Häufigkeiten haben G. Butler und J. McKay

    bis einschließlich Grad 11 zusammengestellt [BM83]. Um das oben genannte Ziel zu

    erreichen, müssen möglichst viele verschiedene Zykeltypen gefunden werden. Daher

    wird die Faktorisierung vonf überFp mit verschiedenen Primzahlen durchgeführt.

    Praktische Versuche haben gezeigt, dass die Menge der Primzahlen kleiner als 100

    häufig ausreicht, um die Liste der Kandidaten sehr schnell zu reduzieren, oder sogar

    schon die Galoisgruppe vonf direkt zu bestimmen. Für weitere Überlegungen bezüg-

    lich der Primzahlmenge, siehe Abschnitt 2.3 (Dichtesatz von Tschebotarev).

    Ein Nachteil dieser Methode ist, dass die symmetrische Gruppe nicht aus der Liste

    entfernt werden kann, da sie mindestens eine Permutation jedes Zykeltyps enthält. Um

    dieses Problem zu lösen, wendet man eines der anderen zwei Verfahren auf die ver-

    bleibenden Gruppen an und versucht so, diese zu unterscheiden.

    Für dieses Verfahren wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Programm für das Com-

    8

  • puteralgebrasystem Maple(a) erstellt, das eine Erweiterung der Maplefunktiongalois

    darstellt. Maple in der Version 9 ist in der Lage, Galoisgruppen irreduzibler Polyno-

    me überQ in einer Unbestimmten bis zum Grad 9 zu berechnen. Das hier erstellte

    Programm ist für den Grad 11 konzipiert und kann die oben beschriebene Methode

    automatisch auf irreduzible Polynome anwenden. Für dieses Programm wurde die Li-

    stegroupsaus dem Zusatzpaketgaloisum die Zykeltypverteilungen für den Grad 11

    erweitert. Dem Programm kann als Parameter eine Obergrenze für die Primzahlen an-

    gegeben werden. Dadurch können Laufzeit und Genauigkeit variiert werden.

    Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Imprimitivität transitiver Gruppen. Diese ist eine

    weitere Eigenschaft, mit der die transitiven Untergruppen derSn unterschieden wer-

    den können. Betrachtet man die Operation der Galoisgruppe eines Polynomsf auf der

    Menge seiner Nullstellen, so gibt es disjunkte Zerlegungen dieser Nullstellenmenge in

    Blöcke. Ist in einer dieser Zerlegungen ein nicht trivialer Block enthalten, so ist die

    Anzahl der Blöcke ein weiteres Merkmal, um die Galoisgruppe vonf von den transi-

    tiven Untergruppen derSn zu unterscheiden.

    Die Existenz der nicht trivialen Blöcke kann mit Hilfe von Zerlegungen des irredu-

    ziblen Polynomsf nachgewiesen werden. Gibt es nämlich zwei Polynomeg und h

    mit deg(g),deg(h) < deg(f), deren Hintereinanderausführung vonf geteilt wird,

    so ist die Galoisgruppe vonf imprimitiv und besitzt deg(g)-viele Blöcke. Mattmann

    [Mat92] hat die Imprimitivitätsblöcke für die transitiven Untergruppen derS8 tabelliert

    (s. auch Anhang). Mit Tabellen dieser Art ist es dann möglich, die Galoisgruppe vonf

    von den anderen transitiven Untergruppen zu trennen. Der Erfolg des Verfahrens hängt

    also von den Zerlegungen des Polynomsf ab. Um diese zu finden, kann man Compu-

    teralgebrasysteme verwenden. Die Programme MuPAD(b) und Maple sind z. B. in der

    Lage, Zerlegungen der Formf = g ◦ h zu finden. Wie man sieht, ist dies eine starkeEinschränkung, da es natürlich weitaus mehr Zerlegungen der Formf | g◦h gibt. Aberselbst für Zerlegungen mit Gleichheit kann z. B. Maple in der Version 9 nicht garantie-

    ren, alle möglichen Zerlegungen zu finden.

    In Kapitel 4 wird die Resolventenmethode (auch Methode der absoluten Resolventen)

    behandelt. Die Ergebnisse dieses Kapitels basieren hauptsächlich auf den Arbeiten

    von L. Soicher [Soi81], L. Soicher und J. McKay [SM85] sowie T. Mattmann und J.

    McKay [MM97]. Die Resolvente (auch Resolventenpolynom) wird in Abhängigkeit

    von f bzw. dessen Nullstellen und einem multivariaten PolynomF berechnet. Wird

    (a)Waterloo Maple Inc., http://www.maplesoft.com(b)MuPAD Forschungsgruppe, Universität Paderborn, http://www.mupad.de

    9

  • sie in irreduzible Faktoren zerlegt, erhält man ein Gradmuster, das mit der Bahnlän-

    genpartition (engl. orbit length partition) der Nullstellenmenge vonf übereinstimmt.

    Diese Partition dient wiederum der Unterscheidung der Galoisgruppe vonf von an-

    deren transitiven Untergruppen derSn. J. McKay und E. Regener [MR85] haben die

    Bahnlängenpartitionen bis zum Grad 11 einschließlich tabelliert (vgl. Anhang).

    Eine wichtige Voraussetzung für das Verfahren ist, dass die Resolvente quadratfrei

    ist. Nur in diesem Fall stimmen Gradmuster der faktorisierten Resolvente und Bahn-

    längenpartition überein. Um die Voraussetzung im nicht quadratfreien Fall zu erfüllen,

    kann man eine geeignete Tschirnhausen-Transformation auff anwenden. Die Existenz

    einer passenden Transformation wird in dieser Arbeit bewiesen. Da dieser Beweis aber

    nur die Existenz und nicht die Konstruktion der Transformation liefert, verwendet man

    gewisse Standard-Transformationen. In der Praxis liefern diese meist schon nach ei-

    ner Anwendung die gewünschte quadratfreie Resolvente. Das Computeralgebrasystem

    Maple verwendet z. B. diese Standard-Transformationen.

    Für die Resolventenmethode wurde im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls ein Maple-

    Programm erstellt. Grundlage dabei ist ein Baum, der alle möglichen Bahnlängenpar-

    titionen für den Grad 11 enthält. Der Baum ist so aufgebaut, dass der erste Hauptast

    alle Untergruppen derA11 und der andere Hauptast alle übrigen Untergruppen derS11enthält. In diesen Ästen findet dann die eigentliche Identifizierung der Galoisgruppe

    mit Hilfe des Gradmusters der faktorisierten Resolvente statt.

    Die einzelnen Verfahren zur Unterscheidung der transitiven Gruppen hängen sehr vom

    Grad des Polynomsf ab. Beispielsweise besitzt die GruppeS11 nur 8 transitive Unter-

    gruppen. Diese lassen sich schon alleine mit der Diskriminante und den Gradmustern

    der 2-Mengen-Resolvente unterscheiden. Soll die Galoisgruppe eines Polynoms vom

    Grad 8 berechnet werden, müssen die 50 transitiven Untergruppen derS8 unterschie-

    den werden. In diesem Fall ist eine Kombination der drei Methoden sehr sinnvoll.

    Neben der Bestimmung der Galoisgruppe eines vorgegebenen Polynoms spielt auch

    das sogenannte Umkehrproblem (engl. inverse problem of Galois theory) eine große

    Rolle in der Galoistheorie. Dabei geht es u. a. um die Frage, ob sich jede endliche

    Gruppe als Galoisgruppe einer Körpererweiterung vonQ darstellen lässt. Diese Frage

    wurde im Jahr 1892 von D. Hilbert gestellt (vgl. [Hil92]). Von ihm und E. Noether

    gibt es die ersten Überlegungen zu dieser Frage, die bis heute nicht vollständig beant-

    wortet werden kann. I. R. Shafarevich [Sha54] hat bewiesen, dass sich jede endliche,

    auflösbare Gruppe als Galoisgruppe einer Galoiserweiterung vonQ realisieren lässt.

    10

  • Y. Eichenlaub [Eic96] sowie G. Malle und B. H. Matzat [MM99] haben vollständi-

    ge Resultate für Permutationsgruppen bis zum Grad 11 angegeben. J. Klüners und G.

    Malle [KM00] haben diese Ergebnisse um alle 477 transitiven Gruppen vom Grad 12

    bis 15 erweitert und entsprechende Polynome in ihrer Arbeit angegeben.

    Abschließend noch ein paar Worte zum Leben von E. Galois: Er wurde lediglich 21

    Jahre alt und starb an den Folgen eines Duells, dem er sich wahrscheinlich aus Liebe

    zu Stephanie-Felice du Mote stellte. Das Bemerkenswerte an dieser Geschichte war

    jedoch, dass er die Nacht vor dem Duell damit verbrachte, sein gesamtes algebraisches

    Wissen aufzuschreiben. Diese Manuskripte sind heute noch verfügbar, doch auf Grund

    seiner Handschrift nicht vollständig zu entziffern. Interessanterweise bekam sein Werk

    erst vierzig Jahre nach seinem Tod die verdiente Aufmerksamkeit, als der französische

    Mathematiker C. Jordan ein umfangreiches Lehrbuch veröffentlichte, welches die Auf-

    lösungstheorie algebraischer Gleichungen in geschlossener Form darstellte.

    Evariste Galois (1811–1832)

    11

  • Kapitel 1

    Grundlagen

    1.1 Überblick

    Dieses Kapitel stellt wichtige Hilfsmittel für die drei Hauptkapitel über die Bestim-

    mung der Galoisgruppe zur Verfügung. Es beginnt mit endlichen Körpern und der

    Faktorisierung von Polynomen über endlichen Körpern. Danach werden einige Be-

    griffe aus der Gruppentheorie wiederholt, wie zum Beispiel Zyklus und Permutation.

    Im darauf folgenden Abschnitt wird der Hauptsatz über symmetrische Funktionen be-

    handelt. Daran schließt sich ein Abschnitt über die Diskriminante von Polynomen an.

    Mit Hilfe der Diskriminante kann leicht festgestellt werden, ob ein Polynom mehrfa-

    che Nullstellen besitzt. Im letzten Teil dieses Kapitels werden wichtige Fakten aus der

    Galoistheorie behandelt. Dazu gehört u. a., dass die Galoisgruppe eines irreduziblen

    Polynoms transitiv ist und dass man die Galoisgruppe als Untergruppe der symmetri-

    schen Gruppe betrachten kann, d. h. die Galoisgruppe ist isomorph zu einer Untergrup-

    pe derSn.

    1.2 Fakten über endliche Körper

    Ein Schiefkörper heißtendlich, wenn er nur endlich viele Elemente besitzt. Nach dem

    Satz von Wedderburn ist die Multiplikation in endlichen Schiefkörpern immer kom-

    mutativ. Daher ist die Multiplikation in den endlichen Körpern, die in dieser Arbeit

    verwendet werden, ebenfalls immer kommutativ.

    Bekanntlich ist der RestklassenringZ/pZ ein Körper, fallsp eine Primzahl ist. Dies ist

    das einfachste Beispiel für einen endlichen Körper mitp Elementen. Dieser wird im

    Folgenden mitFp bezeichnet.

    12

  • Die Menge der invertierbaren Elemente eines endlichen Körpers bildet eine multi-

    plikative Gruppe, die sogenannte Einheitengruppe. Daher können die Ergebnisse der

    Gruppentheorie hier benutzt werden. Dazu gehört zum Beispiel der folgende Satz, der

    noch häufiger in dieser Arbeit benötigt wird.

    Satz 1.1

    SeiG eine endliche Gruppe mit neutralem Elemente. Dann gilt

    aord(G) = e für allea ∈ G.

    Beweis

    Siehe z. B. [FS83], Seite 33f., Korollar 1.11.9. �

    Betrachtet man Polynome über (endlichen) Körpern, so stellt sich die Frage nach deren

    Nullstellen bzw. nach deren Linearfaktoren. Sind die Nullstellen eines Polynoms nicht

    im Grundkörper enthalten, so sind sie in einem Erweiterungskörper enthalten.

    Definition 1.2

    Es seiK ein Körper undf ∈ K[X] ein nicht konstantes Polynom. Ein Erweiterungs-körperZ von K heißtZerfällungskörpervon f überK, wennf überZ in Linear-

    faktoren zerfällt undZ bzgl. dieser Eigenschaft minimal ist, d. h.f zerfällt über kei-

    nem echten Zwischenkörper vonZ : K. Der Zerfällungskörper vonf überK ist damit

    der kleinste Erweiterungskörper vonK, über demf in Linearfaktoren zerfällt.

    Nun stellt sich die Frage, ob ein Polynom überhaupt einen Zerfällungskörper besitzt.

    Die Antwort liefert der folgende Satz.

    Satz 1.3

    Ist K ein Körper undf ∈ K[X] ein nicht konstantes Polynom, so gibt es einenZerfällungskörper vonf überK.

    Beweis

    Siehe [FS83], S. 141, Satz 2.2.8 (1). �

    Die Definition und der vorige Satz gelten für beliebige, also auch für unendliche Kör-

    per. Es schließt sich die Frage an, ob ein Polynom mehr als einen Zerfällungskörper

    besitzen kann und – wenn dies so ist – in welcher Verbindung diese zueinander stehen.

    13

  • Bemerkung 1.4

    Ist K ein Körper undf ∈ K[X] ein nicht konstantes Polynom, so sind nach [FS83],S. 141f., Satz 2.2.8 (2) je zwei Zerfällungskörper vonf überK isomorph zueinander.

    Daher kann man vondemZerfällungskörper sprechen. Er ist in dieser Hinsicht also

    eindeutig.

    Ein wichtiger Begriff im Zusammenhang mit endlichen Körpern ist die Charakteristik.

    Sie wird z. B. bei der Definition des Frobenius-Automorphismus und für den bino-

    mischen Lehrsatz bei endlichen Körpern benötigt. Um die Charakteristik zu definie-

    ren, betrachtet man die folgende Abbildung: SeiR ein Ring mit Einselement1R und

    fR : Z→ R, z 7→ z · 1R. Dann istfR ein Ringhomomorphismus und der Kern vonfRist ein Ideal inZ. Da jedes Ideal inZ ein Hauptideal ist, gibt es genau einn ∈ N0 mitkern(fR) = Zn = (n).

    Definition 1.5

    SeienR undfR wie oben definiert. Dann heißt die eindeutig bestimmte Zahln ∈ N0mit kern(fR) = (n) dieCharakteristikvonR. Man schreibtn := char(R).

    Beispiele:char(Fp) = p, char(Q) = 0, char(R) = 0

    Um einen Überblick über die verschiedenen endlichen Körper zu bekommen, wird der

    Struktursatz für endliche Körper bewiesen. Zunächst aber ein Lemma, das im Beweis

    des Struktursatzes benötigt wird.

    Lemma 1.6

    Seienp eine Primzahl undK ein endlicher Körper mitpn (n ∈ N) Elementen. Dannzerfällt das Polynomf := Xp

    n −X ∈ K[X] wie folgt:

    Xpn −X =

    ∏a∈K

    (X − a).

    Beweis

    Die EinheitengruppeK× vonK hatpn − 1 Elemente, da alle von Null verschiedenenElemente invertierbar sind. Mit Satz 1.1 gilt daherap

    n−1= 1 ∀ a ∈ K×. Daraus folgt

    sofortapn − a = 0 ∀ a ∈ K, d. h.a ist eine Nullstelle vonf . Damit folgt:∏

    a∈K

    (X − a)∣∣ f.

    14

  • Wegen deg(f) = |K| = pn und Normiertheit vonf folgt die Behauptung. �

    Satz 1.7 (Struktursatz für endliche Körper)

    Zu jeder Primzahlp und zu jeder natürlichen Zahln > 0 gibt es bis auf Isomorphie

    genau einen Körper mitpn Elementen.

    Beweis

    (Existenz)

    SeiZ der Zerfällungskörper von

    f := Xpn −X ∈ Fp[X]

    in einem algebraischen Abschluss vonFp. Die formale Ableitung vonf ist D(f) =

    pnXpn−1 − 1 = −1. Daraus folgt sofort

    (D(f)

    )(a) 6= 0 ∀ a ∈ Fp, was bedeutet, dass

    f nur einfache Nullstellen besitzt, die insbesondere paarweise verschieden sind (vgl.

    [FS83], S. 155, Lemma 3.4.4 und Lemma 3.4.5). Damit besitzt die Menge

    S := {a ∈ Z | apn − a = 0} ⊆ Z

    genaupn Elemente. Die MengeS ist ein Unterkörper vonZ, denn es gilt:

    (i) 0 ∈ S, 1 ∈ S

    (ii) Für a, b ∈ S gilt nach dem binomischen Lehrsatz

    (a− b)pn = apn − bpn = a− b,

    denn für jedesi ∈ {1, . . . , p− 1} ist die Zahlp ein Teiler des Binomialkoeffizi-enten

    (pi

    ). Es gilt also(a− b)pn − (a− b) = 0. Daraus folgt(a− b) ∈ S.

    (iii) Für a, b ∈ S mit b 6= 0 gilt (ab−1)pn = apnb−pn = ab−1. Daher istab−1 ∈ S.

    Das Polynomf zerfällt schon über dem KörperS, da dieser alle Nullstellen vonf

    enthält. DaZ der Zerfällungskörper vonf ist, mussZ = S gelten, weilZ der klein-

    ste Erweiterungskörper vonFp ist, in demf in Linearfaktoren zerfällt. Damit gilt

    |Z| = |S| = pn. Somit istS ein Körper mitpn Elementen.

    (Eindeutigkeit)

    SeiK ein beliebiger Körper mitpn Elementen. Dann besitztK die Charakteristikp

    und enthältFp als Unterkörper. Nach Lemma 1.6 istK der Zerfällungskörper vonf ∈Fp[X]. Nach Bemerkung 1.4 sind alle Zerfällungskörper vonf isomorph zueinander.

    Also sind insbesondereK undZ isomorph. Damit gibt es bis auf Isomorphie genau

    einen Körper mitpn Elementen. �

    15

  • Der Struktursatz stellt also sicher, dass es zu jeder Primzahlp undn > 0 einen endli-

    chen Körper mitpn Elementen gibt. Außerdem sind je zwei solcher Körper isomorph

    zueinander. Im folgenden wird daher ein beliebiger Körper, derpn Elemente besitzt,

    mit Fpn bezeichnet. Somit werden alle Körper dieser Bauart mitFpn identifiziert.

    Das folgende Lemma wird im Beweis des Satzes von Dedekind (2.4) in Kapitel 2

    benötigt. Mit diesem Hilfsmittel können die Linearfaktoren eines normierten und ir-

    reduziblen Polynoms überFp bestimmt werden, falls eine Nullstelle des Polynoms

    bekannt ist.

    Lemma 1.8

    Sei p eine Primzahl undf ∈ Fp[X] ein irreduzibles und normiertes Polynom vomGradn ∈ N. Dann zerfälltf überFpn vollständig in Linearfaktoren und lässt sich inder Form

    f =n−1∏j=0

    (X − αpj)

    darstellen, wennα eine beliebige Nullstelle vonf in Fpn ist.

    Beweis

    Seiα eine Nullstelle vonf in einem Erweiterungskörper vonFp. Das Polynomf ist

    normiert und irreduzibel überFp. Daraus folgt, dassf das Minimalpolynom vonα

    überFp ist. Es gilt [Fp(α) : Fp] = deg(f) = n = [Fpn : Fp]. Damit sindFp(α) und

    Fpn zwei Körpererweiterungen vonFp, die denselben Grad besitzen. Betrachtet man

    sie alsFp-Vektorräume, so haben sie die gleiche Dimension, was die Existenz eines

    Vektorraum-Isomorphismus impliziert. Daher istFp(α) ein Körper mitpn Elementen

    und wird nach voriger Bemerkung mitFpn identifiziert.

    Es ist zu zeigen, dass mitα auchαp, αp2, . . . , αp

    n−1Nullstellen vonf in Fp(α) sind.

    Seienbi ∈ Fp undbn = 1 die Koeffizienten vonf mit

    f =n∑

    i=0

    biXi.

    Dann gilt

    f(αp) = αpn + bn−1αp(n−1) + . . .+ b1α

    p + b0,

    und mit Satz 1.1 folgt:

    f(αp) = αpn + bpn−1αp(n−1) + . . .+ bp1α

    p + b0,

    16

  • denn die von Null verschiedenen Elemente vonFp bilden eine multiplikative Gruppe

    der Ordnungp − 1, mit bp−1 = 1 ∀ b ∈ F×p , woraus sofortbp = b ∀ b ∈ Fp folgt.Wendet man den binomischen Lehrsatz für Körper der Charakteristikp an, ergibt sich

    f(αp) = (αpn + bn−1αp(n−1) + . . .+ b1α

    p + b0)p = f(α)p = 0,

    d. h.αp ist eine Nullstelle vonf . Damit sind alleα, αp, αp2, . . . , αp

    n−1Nullstellen von

    f . Es bleibt noch zu zeigen, dass alle diese Nullstellen paarweise verschieden sind.

    Angenommen, für zwei dieser Nullstellen gelte

    αpj

    = αpk

    für 0 ≤ j < k ≤ n− 1.

    Potenzieren mitpn−k ergibt

    αpj(pn−k) = αp

    k(pn−k) = αpn

    = α.

    Daher istα eine Nullstelle des PolynomsXpj+n−k − X. Wie im Beweis von Satz 1.7

    istFpj+n−k der Zerfällungskörper dieses Polynoms. Also gilt die Inklusion

    Fpn = Fp(α) ⊆ Fpj+n−k ,

    und somitn ≤ j + n − k. Subtrahiert mann und addiertk ergibt sichk ≤ j, wasein Widerspruch zur Voraussetzungj < k ist. Also ist die Annahme falsch, und alle

    Nullstellen vonf sind paarweise verschieden. �

    Der nächste Satz bildet die Grundlage für die Faktorisierung eines Polynoms überFp,

    die im nächsten Abschnitt behandelt wird (siehe Stufe 2: Zerlegung in verschiedene

    Grade).

    Satz 1.9

    Für eine natürliche Zahld ≥ 1 und eine Primpotenzq = pn (n ∈ N) ist das PolynomXq

    d − X ∈ Fq[X] gleich dem Produkt aller normierten und überFq irreduziblenPolynome ausFq[X], deren Gradd teilt.

    Beweis

    Siehe [GG99], Seite 356. �

    Alle normierten und irreduziblen Polynome, deren Graded teilen, sind als Faktoren

    im angegebenen Polynom enthalten. Dies wird bei der Faktorisierung von beliebigen

    17

  • Polynomen ausgenutzt, indem der größte gemeinsame Teiler des im Satz angegebenen

    Polynoms und des zu faktorisierende Polynoms berechnet wird. Ist dieser Teiler un-

    gleich dem Ausgangspolynom, ist ein echter Teiler gefunden. Das Verfahren wird im

    nächsten Abschnitt genauer erklärt.

    Satz 1.10

    Jeder endliche Körper ist vollkommen.

    Beweis

    Siehe [FS83], Seite 164, Korollar 4.1.9. �

    Für vollkommene KörperK gilt, dass jedes nicht konstante Polynomf ∈ K[X] überK separabel ist. Dies wiederum bedeutet, dass jeder irreduzible Faktor vonf in sei-

    nem Zerfällungskörper nur einfache Nullstellen besitzt. Istf irreduzibel überK, so

    sind alle Nullstellen vonf paarweise verschieden. Somit treten bei der Zerlegung von

    f in Linearfaktoren keine Vielfachheiten auf.

    Der nächste Satz ist ein weiteres Hilfsmittel für den folgenden Abschnitt. Das Ergebnis

    wird im Beweis von Lemma 1.12 benötigt.

    Satz 1.11

    Seienp eine Primzahl undn > 0. Dann ist die Einheitengruppe des endlichen Körpers

    Fpn zyklisch.

    Beweis

    Siehe [Bos96], Seite 125, Satz 5 bzw. Seite 117, Lemma 13. �

    1.3 Polynom-Faktorisierung über endlichen Körpern

    Im Gegensatz zu Polynomen überZ oderQ lassen sich Polynome über endlichen Kör-

    pern relativ schnell und einfach faktorisieren. Hier wird ein mehrstufiges Verfahren

    für eine Primpotenzq = pk beschrieben, um ein normiertes Polynomf ∈ Fq mitdeg(f) = n in normierte, irreduzible Faktoren zu zerlegen.

    Dabei werden maximalO(nM(n)log(qn)) arithmetische Operationen inFq benötigt

    (vgl. Theorem 14.14 in [GG99]). Hierbei bedeutetM(n) die Anzahl von Operationen

    in Fq, die nötig sind, um zwei Polynome vom Gradn zu multiplizieren. Wird zum

    Beispiel die Multiplikation nach Schönhage und Strassen [SS71] benutzt, kann man

    18

  • M(n) durchO(n log(n) log logn) ersetzen.

    1. Stufe: Das Polynom wird quadratfrei

    Über einem Körper der Charakteristik0 genügt eine Polynomdivision vonf durch

    den größten gemeinsamen Teiler vonf und der formalen Ableitung vonf , um ein

    quadratfreies Polynom zu erhalten. Der quadratfreie Teil vonf ist dann:

    f̂ :=f

    ggT(f, f ′).

    Bei Körpern der Charakteristikp 6= 0 ist es schwieriger, den quadratfreien Teil zu be-rechnen. T. Lange [Lan98], Abschnitt 3.3, hat einen Algorithmus angegeben, der diese

    Aufgabe mitO(M(n)log(n)+ log(q/p)(n+ log(n)) Operationen inFq löst. Er basiert

    auf Ideen von Musser [Mus71] und Yun [Yun76].

    Um die Notation zu vereinfachen, wird im Folgenden das quadratfreie Polynomf̂ wie-

    der mitf bezeichnet.

    2. Stufe: Zerlegung in verschiedene Grade

    Das Ziel in Stufe 2 ist die Zerlegung in verschiedene Grade, d. h. es sollen nur die-

    jenigen Faktoren zusammengefasst werden, die den gleichen Grad besitzen. Sei etwa

    f = p1 · . . . ·pr die vollständige Faktorisierung vonf ∈ Fq[X] in irreduzible Faktoren,dann ist die Zerlegung in verschiedene Grade das Produkt:

    f =n∏

    j=1

    ∏deg(pi)=j

    pi =n∏

    j=1

    gj.

    Dabei ist das Polynomgj ist das Produkt aller Faktorenpi, welche den Gradj besitzen.

    Nach Satz 1.9 istXq − X das Produkt aller normierten, irreduziblen Polynome ausFq[X] vom Grad 1. Berechnet mang1 := ggT(Xq −X, f), so istg1 das Produkt allernormierten, irreduziblen Faktoren vonf , die den Grad1 besitzen. Setzt manf1 :=

    f/g1 (hier ist die Polynomdivision gemeint) und fährt mitg2 := ggT(Xq2 − X, f1)

    fort, so istg2 das Produkt aller normierten, irreduziblen Faktoren vonf , die den Grad

    2 besitzen, dennf1 enthält keine Faktoren vom Grad1 mehr. Nun wiederholt man die-

    se Berechnung sukzessive, bisfk = 1 ist (für ein k ∈ {1, . . . , n}), d. h. bisf keineweiteren Faktoren mehr enthält, und erhält die gewünschte Zerlegungf = g1 · . . . · gn.Lässt man die Faktorengj weg, die gleich1 sind, so ist die Zerlegung von der Form

    f = g1 · . . . · gr für ein r ≤ n.

    19

  • Um die Berechnung effizienter zu machen, reduziert man die Potenzen vonX jeweils

    modulof , d. h. man berechnethj := Xq remf stattXq, vgl. Algorithmus 14.3 in

    [GG99], Seite 357. Dort wird auch eine Laufzeitanalyse des Algorithmus durchge-

    führt.

    3. Stufe: Zerlegung in gleiche Grade

    Im letzten Schritt werden die Faktorengj, die im vorigen Schritt berechnet wurden,

    faktorisiert. Dazu benötigt man folgendes Lemma.

    Lemma 1.12 ([GG99], Lemma 14.7)

    Seiq eine ungerade Primpotenz undS := {a ∈ F×q | ∃ b ∈ F×q mit a = b2} die Mengealler Quadrate inF×q . Dann gilt:

    (a) S ist eine multiplikative Untergruppe vonF×q vom Index 2,

    (b) S = {a ∈ F×q | a(q−1)/2 = 1} =: S ′,

    (c) a(q−1)/2 ∈ {−1, 1} für allea ∈ F×q .

    Beweis

    (a) Durch Nachrechnen stellt man sofort fest, dassS eine Gruppe ist. Die Abbildung

    ϕ : F×q → F×q , b 7→ b2 ist, wie man leicht nachprüft, ein Gruppenhomomorphis-mus mit kern(ϕ) = {−1, 1} und im(ϕ) = S. Nach dem Homomorphiesatz fürGruppen istF×q /kern(ϕ) isomorph zuS. Daraus folgt

    |S| =|F×q |

    |kern(ϕ)|=|F×q |

    2.

    Also gilt (F×q : S) =|F×q ||S| = 2.

    (b) Man prüft leicht nach, dassS ′ eine Untergruppe vonF×q ist. Es gilt die Inklusion

    S ⊆ S ′, denn

    (b2)(q−1)/2 = bq−1 = bord(F×q ) = 1 für alle b2 ∈ S mit b ∈ F×q .

    Nach Satz 1.11 istF×q zyklisch. Seib ∈ F×q ein Erzeuger vonF×q . Dann giltbq−1 = 1 undb(q−1)/2 6= 1. Daher istb nicht inS ′ enthalten. Also istS ′ eine echteUntergruppe vonF×q und kann nicht vom Index1 sein. Daraus folgt(F

    ×q : S

    ′) =

    2, und somitS = S ′.

    (c) Nach Satz 1.1 gilt(a(q−1)/2

    )2= aq−1 = 1 für alle a ∈ F×q , da ord(F×q ) = q − 1.

    Daher ista(q−1)/2 ∈ kern(ϕ) = {−1, 1}. �

    20

  • Im vorangegangenen Schritt wurdef in r Faktoreng1, . . . , gr zerlegt. Dabei besitzen

    alle irreduziblen Faktoren vongj (1 ≤ j ≤ r) den gleichen Grad. Das Ziel in diesemSchritt ist es,gj in diese irreduziblen Faktoren zu zerlegen. Um die Notation zu verein-

    fachen, seig ein Faktor der Zerlegungf = g1 · . . . · gr mit deg(g) = m. Das Polynomg enthaltek irreduzible Faktorenp1, . . . , pk vom Gradd. Damit giltm = kd für den

    Grad vong mit k ≥ 2. Verwendet man den Chinesischen Restsatz, so erhält man denfolgenden Ring-Isomorphismus:

    χ : Fq[X]/(g)∼=−→ Fq[X]/(p1)× . . .× Fq[X]/(pk).

    Da pi für i = 1, . . . , k irreduzibel ist und den Gradd besitzt, istFq[X]/(pi) ein Kör-

    per mit qd Elementen. Nach dem Struktursatz für endliche Körper (vgl. Satz 1.7) ist

    Fq[X]/(pi) isomorph zuFqd .

    Für a ∈ Fq[X]/(g) ist χ(a) =(χ1(a), . . . , χk(a)

    )mit χi(a) := a modpi. Ange-

    nommen, für eina ∈ Fq[X]/(g) existieren zwei Indizesi 6= j mit χi(a) = 0 undχj(a) 6= 0. Dann ist ein echter Teiler vong gefunden, denna modpi ist ein Vielfachesvonpi.

    Nach Teil (a) des vorigen Lemmas ist die Menge der Quadrate eine Untergruppe vom

    Index 2, d. h. Quadrate und Nichtquadrate kommen gleich häufig vor. Potenziert man

    ein Elementa ∈ Fq[X]/(g) mit e := qd−12

    , so gilt mit qd statt q nach Teil (c) des

    Lemmas:ae ∈ {−1, 1} für allea ∈ (Fqd)× ∼=(Fq[X]/(pi)

    )×. Nach Teil (b) des Lem-

    mas ista ∈(Fq[X]/(pi)

    )×ein Quadrat genau dann, wenn giltae = 1. Da Quadrate

    und Nichtquadrate gleich häufig auftreten, kommen die folgenden „Muster“ ebenfalls

    gleich häufig vor:

    χ(ae) = χ(a)e =(χ1(a)

    e, . . . , χk(a)e)

    := (e1, . . . , ek) ∈ {−1, 1}k.

    Sei a ∈(Fq[X]/(g)

    )×. Falls nicht alle Komponenten vonχ(ae) gleich sind, so ist

    mindestens eine Komponente vonχ(ae − 1) gleich Null, aber nicht alle Komponentensind gleich Null. Dann ist ggT(ae − 1, g) ein echter Teiler vong. Man erhält einenFehlschlag, fallse1 = . . . = ek. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist

    2

    2k=

    1

    2k−1≤ 1

    2, dak ≥ 2.

    Damit kann man den folgenden randomisierten Algorithmus mit einer Wahrscheinlich-

    keit kleiner 12

    für „Fehlschlag“ angeben:

    21

  • Eingabe: Ein quadratfreies, normiertes Polynomg ∈ Fq[X] vom Gradm > 0, wobeiq eine ungerade Primpotenz ist und ein Teilerd vonm, sodass alle irreduziblen Fakto-

    ren vong den Gradd besitzen.

    Ausgabe:Ein echter normierter Teilerh ∈ Fq[X] vong oder „Fehlschlag“.

    1. choosea ∈ Fq[X]/(g) with 0 < deg(a) < m at randomif a ∈ F then return „Fehlschlag“

    2. g1 := ggT(a, g)

    if g1 6= 1 then returng1

    3. computeb := a(qd−1)/2 remg

    4. g2 := ggT(b− 1, g)if g2 6= 1 andg2 6= f then returng2 else return „Fehlschlag“

    Insgesamt erhält man mit diesen drei Schritten eine vollständige Zerlegung vonf in

    normierte, irreduzible Faktoren mit der LaufzeitO(nM(n)log(qn)).

    1.4 Symmetrische Gruppe, Permutationen und Zyklen

    Durch den Satz von Dedekind in Kapitel 2 wird die Existenz von Permutationen, die

    als Produkte von Zyklen dargestellt werden können, nachgewiesen. Um den Umgang

    mit diesen Begriffen zu vereinfachen, folgen in diesem Abschnitt einige wesentliche

    Definitionen und Ergebnisse aus diesem Zusammenhang.

    Definition 1.13

    Ist M eine nichtleere Menge, so wird jede bijektive Abbildungσ : M → M alsPer-mutationvonM bezeichnet. Die Menge aller Permutationen vonM wird mit Sym(M)

    abgekürzt. Die Untergruppen dieser Menge heißenPermutationsgruppen.

    Ist M = {1, 2, . . . , n} für ein n ∈ N, so ist Sym(M) die symmetrische GruppevomGradn und wird mitSn bezeichnet.

    Satz 1.14

    WennM eine nichtleere Menge ist, bildet Sym(M) zusammen mit der Hintereinan-

    derausführung von Abbildungen eine Gruppe.

    Der folgende wichtige Satz nimmt eine Klassifizierung endlicher Gruppen vor. Die Un-

    tergruppen der symmetrischen Gruppe können als Prototypen aller endlichen Gruppen

    22

  • angesehen werden. Die Untersuchung endlicher Gruppen kann daher auf die Unter-

    gruppen derSn beschränkt werden.

    Satz 1.15 (Cayley)

    Jede Gruppe mitn ∈ N Elementen ist isomorph zu einer Untergruppe derSn.

    Beweis

    SeiG eine endliche Gruppe der Ordnungn. Füra ∈ G sei la : G → G, x 7→ ax dieLinkstranslation vona. Die Abbildung

    l : G→ Sym(G), a 7→ la

    ist, wie man leicht nachrechnet, ein Homomorphismus. Wegen

    kern(l) = {a ∈ G | l(a) = idSym(G)}= {a ∈ G | ax = x ∀ x ∈ G}= {e} (e ist das neutrale Element vonG)

    ist l injektiv und, da Sym(G) endlich ist, auch surjektiv. Daher istl ein bijektiver Ho-

    momorphismus, also ein Isomorphismus. Daraus folgt, dassl(G) eine zuG isomorphe

    Untergruppe von Sym(G) ∼= Sn ist. �

    Definition 1.16

    SeienM eine nichtleere Menge undσ ∈ Sym(M). Dann nennt manσ einenZyklusder Längek, falls paarweise verschiedene Elementea1, a2, . . . , ak ∈M existieren, mit

    σ(a1) = a2, σ(a2) = a3, . . . , σ(ak−1) = ak, σ(ak) = a1 und

    σ(x) = x für alle Elementex ∈M \ {a1, a2, . . . , ak}.

    In diesem Fall schreibt man auchσ = (a1, a2, . . . , ak) oderσ = (a2, a3, . . . , ak, a1)

    usw., je nach Startpunkt. Ein Zyklus der Länge2 heißtTransposition.

    Definition 1.17

    SeienM eine nichtleere Menge,σ = (a1, a2, . . . , ak) und τ = (b1, b2, . . . , bl) zwei

    Zyklen in Sym(M). Dann heißenσ undτ disjunkt, falls die Mengen{a1, a2, . . . , ak}und{b1, b2, . . . , bl} disjunkt sind.

    Satz 1.18

    Jede Permutation der GruppeSn lässt sich darstellen als ein endliches Produkt von

    23

  • disjunkten Zyklen.

    Beweis

    Siehe [FS83], Seite 42, Satz 2.4.3 (1). �

    Satz 1.19

    Ist n ≥ 2, so lässt sich jede Permutation derSn als ein Produkt von Transpositionendarstellen.

    Beweis

    Siehe [FS83], Seite 42, Satz 2.4.3 (3). �

    Definition 1.20

    Ist n eine natürliche Zahl und istσ ∈ Sn eine Permutation, so bezeichnet

    ε(σ) :=∏

    1≤i

  • Beispiele:

    Die folgenden Polynome sind symmetrische Polynome:

    ε1 := X1 + · · ·+Xn,ε2 :=

    ∑i

  • z1, . . . , zn in seinem Zerfällungskörper, so heißt

    disc(f) :=∏

    1≤i

  • Korollar 1.28

    Seif ∈ Z[X] ⊆ Q[X] ein Polynom vom Gradn ∈ N und seip eine Primzahl. Danngilt

    disc(f) = νp(disc(f)

    ).

    Aus Definition 1.25 folgt, dass ein Polynom mehrfache Nullstellen besitzt, wenn sei-

    ne Diskriminante gleich Null ist. Um festzustellen, ob ein Polynom überZp, für eine

    Primzahlp, mehrfache Nullstellen besitzt, muss man die Diskriminante des Polynoms

    mit Null modulop vergleichen. Die Gleichheit liegt genau dann vor, wenn die Diskri-

    minante ein Vielfaches vonp ist.

    1.7 Fakten aus der Galois-TheorieDefinition 1.29

    Ein Paar(L,K), bestehend aus einem KörperL und einem UnterkörperK von L,

    heißtKörpererweiterung. Man schreibt häufigL : K statt(L,K).

    Definition 1.30

    SeienK ein Körper undL : K eine Körpererweiterung. Ein Körperautomorphismus

    σ : L→ L heißtK-linear, fallsσ(a) = a ∀ a ∈ K.

    Definition 1.31

    (a) SeiL : K eine Körpererweiterung. Die Menge

    Gal(L : K) := {σ : L 7→ L |σ ist einK-linearer Körperautomorphismus}

    heißtGaloisgruppeder KörpererweiterungL : K.

    (b) Seienf ∈ K[X] ein nicht konstantes Polynom undZ der Zerfällungskörper vonf über K. Dann heißt

    GalK(f) := Gal(Z : K)

    dieGaloisgruppevonf überK.

    Satz 1.32

    Seienp eine Primzahl undn ∈ N. Dann ist die Galoisgruppe der KörpererweiterungFpn : Fp zyklisch und wird erzeugt vom Frobenius-Automorphismus

    σ : Fpn → Fpn , x 7→ xp.

    27

  • Beweis

    SeiG := Gal(Fpn : Fp). Der Frobenius-Automorphismus lässt den PrimkörperFpvonFpn elementweise fest, denn ausxord(Fp) = xp−1 = 1 für allex ∈ Fp folgt sofortσ(x) = xp = x für alle x ∈ Fp. Damit istσ nach Definition 1.31 (a) einFp-linearerKörperautomorphismus und daher ein Element vonG.

    Es bleibt noch zu zeigen, dassσ ein Element der Ordnungn ist, d. h.σn = idG und

    σk 6= idG für alle k < n. Dazu zeigt man, dass die Potenzenσ, σ2, . . . , σn−1 desFrobenius-Automorphismus paarweise verschieden sind:

    Nach Satz 1.11 ist die Einheitengruppe vonFpn zyklisch mit Ordnungpn − 1. Seia ∈ Fpn ein Erzeuger dieser Gruppe. Dann gilt für allei ∈ N :

    σi(a) = api

    .

    Daraus folgt füri, j ∈ {0, 1, . . . , n− 1} mit i 6= j :

    σi(a) 6= σj(a), dennapi 6= apj wegenpi, pj < pn − 1.

    Also gilt σi 6= σj. Somit sind die Potenzenσ0, σ1, . . . , σn−1 des Frobenius-Automorphismuspaarweise verschieden, und mit Satz 1.1 gilt:

    σn(x) = (xp)n = xnp

    = x für allex ∈ Fpn ,

    dennFpn ist eine Gruppe der Ordnungpn − 1. Also istσn = idG. �

    Definition 1.33

    Es seienG eine Gruppe mit neutralem Elemente undM eine Menge. Eine Abbildung

    π : G×M →M, (g, x) 7→ π(g, x)

    heißtOperationvonG aufM , falls gelten:

    (a) π(e, x) = x für allex ∈M ,

    (b) π(g1 ◦ g2, x) = π(g1, π(g2, x)) für alleg1, g2 ∈ G und für allex ∈M .

    Man schreibt fürπ(g, x) auch abkürzendgx.

    Für einx ∈M wird die MengeGx := {gx | g ∈ G} alsBahn(auch Orbit) vonx unterG bezeichnet.

    28

  • Beispiel: Die Galoisgruppe eines Polynomsf operiert auf der Menge der Nullstellen

    vonf durch Permutation.

    Definition 1.34

    SeienM eine nichtleere Menge undU eine Untergruppe von Sym(M). Dann bezeich-

    net manU als transitiv, falls es zu beliebigen Elementena, b ∈ M eine Permutationσ ∈ U gibt, mitσ(a) = b.

    Beispiele:Sn ist transitiv fürn ≥ 1, undAn ist transitiv fürn ≥ 3.

    Der nächste Satz wird im Beweis von Satz 1.36 (b) benötigt.

    Satz 1.35

    Es seienK1 undK2 Körper,ϕ : K1 → K2 ein beliebiger Körperisomorphismus undΦ : K1[X] → K2[X] der zugehörige Isomorphismus der Polynomringe. Weiterhin seif ∈ K1[X] ein nicht konstantes Polynom. IstZ1 der Zerfällungskörper vonf überK1undZ2 der Zerfällungskörper vong := Φ(f), so gibt es einen Körperisomorphismus

    ψ : Z1 → Z2 mit:

    (a) ψ|K1 = ϕ

    (b) ψ bildet die Menge der Nullstellen vonf in Z1 auf die Menge der Nullstellen von

    g in Z2 ab.

    Beweis

    Siehe [FS83], Satz 2.2.6. �

    Satz 1.36

    SeienK ein Körper undf =n∑

    i=0

    aiXi ∈ K[X] ein Polynom vom Gradn ∈ N. Dann

    gilt:

    (a) Die Galoisgruppe vonf überK ist isomorph zu einer Untergruppe derSm für ein

    m ≤ n = deg(f).

    (b) Ist f irreduzibel und separabel überK, so ist die Galoisgruppe vonf überK

    isomorph zu einertransitivenUntergruppe derSn.

    Beweis

    (a) SeienZ der Zerfällungskörper vonf überK, G die Galoisgruppe vonf über

    K undσ ∈ G. Ist m ≤ n die Anzahl der paarweise verschiedenen Nullstellen

    29

  • z1, . . . , zm vonf , so ist die NullstellenmengeNf vonf einem-elementige Menge.

    Die Abbildungσ bildet die MengeNf auf sich selbst ab, denn für jede Nullstelle

    z ∈ Nf gilt:

    f(σ(z)) =n∑

    i=0

    ai σ(z)i =

    n∑i=0

    ai σ(zi) =

    n∑i=0

    σ(ai zi) = σ(f(z)) = σ(0) = 0,

    weil σ einK-Automorphismus ist undf(z) = 0 gilt. Also ist auchσ(z) ∈ Nf .Damit gilt die Inklusionσ(Nf ) ⊆ Nf , sogar die Gleichheit, daNf endlich istundσ injektiv. Daher istσ, eingeschränkt auf die MengeNf , eine Bijektion und

    ein Element von Sym(Nf ). Diese Gruppe ist isomorph zuSm, daNf einem-

    elementige Menge ist. Es ist noch zu zeigen, dass die Abbildung

    ψ : G→ Sym(Nf ), σ 7→ σ|Nf

    ein injektiver Gruppenhomomorphismus ist. Dassψ ein Gruppenhomomorphis-

    mus ist, ist leicht nachzuprüfen. Für die Injektivität vonψ beweist man für alle

    σ, τ ∈ G:σ(zi) = τ(zi) ⇒ σ = τ ∀ i ∈ {1, . . . ,m}.

    Es seien alsoσ(zi) = τ(zi) undL := {x ∈ Z |σ(x) = τ(x)}. Dann geltenzi ∈ Lfür alle i ∈ {1, . . . ,m} undK ⊆ L, daσ(x) = x = τ(x) für jedesx ∈ K.Man prüft leicht nach, dassL ein Zwischenkörper vonZ : K. Er ist der kleinste

    Erweiterungskörper vonK, der alle Nullstellenz1, . . . , zm enthält. Daraus folgt

    L = K(z1, . . . , zm) = Z und damitσ = τ . Also ist die Abbildungψ ein injektiver

    Gruppenhomomorphismus, und damit istG isomorph zu einer Untergruppe von

    Sym(Nf ) bzw.Sm.

    (b) Das Polynomf ist nach Voraussetzung irreduzibel und separabel überK, so-

    wie vom Gradn. Es besitzt dahern paarweise verschiedene Nullstellen; also

    |Nf | = n. Verwendet man Teil (a) mitm = n, so istG := GalK(f) isomorphzu einer Untergruppe derSn. Es bleibt noch zu zeigen, dass diese Untergruppe

    transitiv ist. DaG nach Teil (a) isomorph zu dieser Untergruppe ist, genügt es zu

    zeigen, dassG transitiv ist, d. h. dass zu je zwei Nullstellenα, β ∈ Nf ein% ∈ Gexistiert mit%(α) = β.

    SeienZ der Zerfällungskörper vonf überK undEα : K[X] → Z, g 7→ g(α)der Einsetzungshomomorphismus. Dann gilt: kern(Eα) = (f), daf irreduzibel

    ist, und im(Eα) = K[α] = K(α). (Analog fürEβ)

    30

  • K[X]/(f) ist ein Körper, daf irreduzibel ist. Nach dem Homomorphiesatz für

    Ringe gilt:K[X]/(f) ∼= K(α) mit E∗α : K[X]/(f) → K(α), [g] 7→ g(α).

    K(β) = Im(Eβ) �Eβ

    K[X]Eα - Im(Eα) = K(α)

    K[X]/(f)

    ν

    ?

    ∼=E∗α

    -�

    ∼=E ∗β

    Analog istE∗β : K[X]/(f) → K(β) ein Ring- und daher ein Körperisomorphis-mus. Sei% : K(α) → K(β) definiert durch%(x) :=

    (E∗β ◦ (E∗α)−1

    )(x) für alle

    x ∈ K(α). Dann ist die Abbildung% ein Körperisomorphismus, da sie die Hin-tereinanderausführung von zwei Körperisomorphismen ist.

    Um zu beweisen, dass% ein Element der GaloisgruppeG ist, welchesα auf β

    abbildet, bleibt noch zu zeigen:

    (a) %(a) = a ∀ a ∈ K,

    (b) %(α) = β,

    (c) % lässt sich aufZ fortsetzen.

    Beweis

    (a) Für allea ∈ K gilt: %(a) = E∗β((E∗α)−1(a)) = E∗β([a]) = a.

    (b) Es gilt%(α) = E∗β((E∗α)

    −1(α)) = E∗β([X]) = β, dennE∗α([X]) = α.

    (c) Satz 1.35 liefert einen Körperisomorphismusψ : Z → Z, der, eingeschränktaufK(α), mit % übereinstimmt, wenn manK1 = K(α), K2 = K(β), ϕ = %

    undΦ = idK1[X] setzt. Damit istg = f . Weiterhin giltZ = Z1 = Z2, da die

    Adjunktion der jeweils verbliebenen Nullstellen vonf zuK(α) bzw.K(β)

    denselben ZerfällungskörperZ ergeben. �

    Bemerkung

    Im vorigen Satz wird die Existenz einer zur Galoisgruppe vonf überK isomorphen

    Untergruppe derSn nachgewiesen. Die Elemente der Galoisgruppe permutieren die

    Nullstellen vonf . Die Nummerierung der Nullstellen sei ab jetzt fest vorgegeben,

    denn die zur Galoisgruppe isomorphe Gruppe hängt von dieser Nummerierung ab.

    31

  • Definition 1.37

    SeiG die Galoisgruppe eines nicht konstanten Polynomsf vom Gradn ∈ N übereinem KörperK. Dann bezeichnẽG die in Satz 1.36 erklärte zuG isomorphe Unter-

    gruppe der symmetrischen Gruppe. Istf irreduzibel und separabel überK, so ist hier

    dieSn gemeint. In jedem anderen Fall ist dieSm für einm ≤ n gemeint.

    Istσ ∈ G und sindzi, zj zwei Nullstellen vonf , so istσ̃ die entsprechende Permutationin G̃, d. h. es gilt

    σ(zi) = zj ⇔ σ̃(i) = j.

    Definition 1.38

    SeienK ein Körper unda1, . . . , an Elemente ausK. Dann bezeichnet

    V (a1, . . . , an) := det

    1 a1 a

    21 . . . a

    n−11

    1 a2 a22 . . . a

    n−12

    ......

    ......

    1 an a2n . . . a

    n−1n

    dieVandermonde’sche Determinanteder Elementea1, . . . , an.

    Lemma 1.39

    Für einen KörperK und Elementea1, . . . , an ∈ K gelten:

    (a) V (a1, . . . , an) =∏

    1≤i

  • Determinante nicht und das Signum vonσ ist ε(σ) = 1. Im ungeraden Fall gilt

    ε(σ) = −1.

    (c) Nach (a) istV (a1, . . . , an) =∏

    1≤i

  • und mit den Bezeichnungen aus Definition 1.37 ergibt sich

    V (zeσ(1), . . . , zeσ(n)) = V (z1, . . . , zn) für σ̃ ∈ G̃.Mit Lemma 1.39 (b) erhält man dannε(σ̃) = 1 (6= −1 wegen char(K) 6= 2), wasσ̃ ∈ An zur Folge hat. Damit ist̃G eine Untergruppe derAn.

    Ist umgekehrtG̃ eine Untergruppe derAn, so giltε(σ̃) = 1 für ein beliebiges̃σ ∈ G̃.Mit Lemma 1.39 (c) gilt dann:

    σ(V (z1, . . . , zn)

    )= V

    (σ(z1), . . . , σ(zn)

    )= V (zeσ(1), . . . , zeσ(n))

    (1.39b)= ε(σ̃) · V (z1, . . . , zn)

    (V or.)= V (z1, . . . , zn).

    Daraus folgtV (z1, . . . , zn) ∈ K, und mit 1.39 (a) ergibt sich:[V (z1, . . . , zn)

    ]2=

    ∏1≤i

  • Man stellt fest, dassg(x) die Form

    x3 + px+ q

    hat, wobeip, q ∈ K sich aus den Koeffizienten vonf ergeben.

    Für eine Nullstelleui ∈ Z gilt

    g(ui +b

    3) = f(ui +

    b

    3− b

    3) = f(ui) = 0.

    Also ist ui eine Nullstelle vonf genau dann, wennui + b3 eine Nullstelle vong ist.

    Damit erhält man

    disc(g) =∏

    (u1 +b

    3− u2 −

    b

    3)2 (u2 +

    b

    3− u3 −

    b

    3)2 (u1 +

    b

    3− u3 −

    b

    3)2

    =∏

    (u1 − u2)2 (u2 − u3)2 (u1 − u3)2

    = disc(f).

    Sindv1, v2, v3 die Nullstellen vong in einem Zerfällungskörper, so gilt:

    (x− v1)(x− v2)(x− v3) = g(x) = x3 + px+ q,

    und mit den Wurzelsätzen des Vieta:

    v1 + v2 + v3 = 0

    v1v2 + v1v3 + v2v3 = p

    −v1v2v3 = q.

    Davi eine Nullstelle vong ist, gilt für i = 1, 2, 3:

    v3i = −pvi − q.

    Mit (vi − vj)2 = (vi + vj)2 − 4vivj, den obigen Gleichungen und der Definition derDiskriminante erhält man die Behauptung disc(g) = disc(f) = −4p3 − 27q2. �

    Eine ähnliche Überlegung ist in [FS83], Seite 232 zu finden.

    Beispiel

    Das Polynomf := x3 − 3x + 1 ∈ Q[X] ist nach dem Irreduzibilitätskriterium vonEisenstein irreduzibel und separabel überQ, daQ vollkommen ist. Die Diskriminante

    35

  • von f ist −4(−3)3 − 27(1)2 = 108 − 27 = 81, was ein Quadrat inQ ist. Nach Satz1.40 ist daher die Galoisgruppe vonf isomorph zu einer transitiven Untergruppe von

    A3, also isomorph zuA3.

    36

  • Kapitel 2

    Das Verfahren von Dedekind

    2.1 Überblick

    In diesem Kapitel wird eine Methode vorgestellt, mit der es möglich ist, die Galoisgrup-

    pe eines irreduziblen Polynomsf mit ganzzahligen Koeffizienten von den transitiven

    Untergruppen derSn zu unterscheiden. Das Verfahren basiert darauf, dass die

    Richard Dedekind (1831–1916)

    verschiedenen transitiven Gruppen häufig auch verschiedene

    Zykelstrukturen besitzen, die eine Unterscheidung ermögli-

    chen. Wie bei den Methoden in den späteren Kapiteln, arbei-

    tet das Verfahren mit einer Kandidatenliste möglicher Grup-

    pen, die immer dann reduziert werden kann, wenn man ei-

    ne Gruppe gefunden hat, die nicht die gleiche Zykelstruk-

    tur wie GalQ(f) besitzt. Die Reduktion kann fortgeführt

    werden, wenn man das Verfahren mit anderen Parametern

    auf die verbliebenen Kandidaten anwendet. Im optimalen

    Fall bleibt nur eine Gruppe übrig, welche dann die gesuchte

    Galoisgruppe vonf ist.

    Die hier beschriebene Methode geht auf R. Dedekind zurück, der sie erstmalig in sei-

    nen Vorlesungen öffentlich vorgestellt hat. B. L. van der Waerden [Wae66] beschreibt

    dieses Verfahren in seinem BuchModern Algebra, ohne R. Dedekind dabei namentlich

    zu nennnen.

    Hier zunächst ein etwas genauerer Überblick über die Methode:

    Aus Kapitel 1 ist bekannt, dass man die Galoisgruppe eines irreduziblen Polynoms als

    eine transitive Untergruppe derSn, also als eine Permutationsgruppe, ansehen kann.

    Deren Permutationen können als Produkte von Zyklen dargestellt werden. Die Anzahl

    37

  • und die Länge der Zyklen einer Permutation bestimmt deren Zykeltyp. Das Ziel bei

    diesem Verfahren ist es, die Zykeltyp-Verteilung der gesuchten Galoisgruppe zu er-

    mitteln, d. h. die verschiedenen Zykeltypen und deren Häufigkeiten zu finden, um die

    Galoisgruppe von den anderen transitiven Gruppen zu unterscheiden.

    Um nun diese Zykeltyp-Verteilung zu bestimmen, benutzt man den Satz von Dede-

    kind: Faktorisiert man das Polynomf über dem KörperFp mit einer Primzahlp, die

    die Diskriminante vonf nicht teilt, so liefert das Gradmuster der irreduziblen Faktoren

    einen Zykeltyp, der in der Galoisgruppe vonf vorkommt.

    Wiederholt man diese Faktorisierung mit anderen Primzahlen, so erhält man weite-

    re (jedoch nicht notwendigerweise verschiedene) Zykeltypen, sowie deren Häufigkei-

    ten, damit die Unterscheidung der Galoisgruppe vonf von den anderen transitiven

    Gruppen leichter fällt. Später in diesem Kapitel wird man mit Hilfe des Satzes von

    Tschebotarev sehen, dass man keine konkrete Primzahlmenge angeben kann, um die

    vollständige Zykeltyp-Verteilung der Galoisgruppe zu erhalten.

    Um das Vorgehen etwas anschaulicher zu machen, folgt hier ein einfaches Beispiel:

    Es soll die Galoisgruppe des Polynomsf = X4 − 10X2 + 4 ∈ Z[X] , aufgefasst alsPolynom überQ, bestimmt werden. Dazu wirdf überFp faktorisiert, wobeip eine

    Primzahl kleiner als 1000 ist, die die Diskriminante vonf nicht teilt. Die Diskriminan-

    te vonf ist 451584 und wird nur von den Primzahlen2, 3 und7 geteilt. Es bleiben also

    noch 165 der 168 Primzahlen kleiner als 1000 übrig.

    Über dem KörperZ/5Z ∼= F5 ergibt sich folgende Faktorisierung:

    f ≡ (x+ 1)(x+ 2)(x+ 3)(x+ 4) (mod 5).

    Dies impliziert die Existenz eines Zykels vom Typ[1, 1, 1, 1], da das Gradmuster der

    Zerlegung gerade1, 1, 1, 1 ist.

    Über dem KörperZ/11Z ∼= F11 erhält man:

    f ≡ (x2 + 5x+ 2)(x2 + 6x+ 2) (mod 11).

    Also existiert mindestens ein Zykel vom Typ[2, 2].

    Faktorisiert manf über allen 165 Körpern der BauartZ/pZ und zählt die Gradmuster

    38

  • der einzelnen Faktorisierungen, ergibt sich Folgendes:

    Es treten mindestens zwei verschiedene Gradmuster bzw. Zykeltypen auf, es können

    jedoch noch weitere existieren. Der Zykeltyp[1, 1, 1, 1] kann 38-mal, der Zykeltyp

    [2, 2] 127-mal gezählt werden. Dies ergibt eine relative Häufigkeit von0.230 bzw.

    0.770. Vergleicht man dieses Ergebnis nun mit Tabelle 4c aus [BM83], sieht man,

    dass es sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit um die Gruppe 4T2(a) handelt. Diese

    enthält genau die hier gefundenen Zykeltypen mit einer fast genau übereinstimmenden

    Zykeltyp-Verteilung:

    Zykeltyp gemessene Häufigkeittatsächliche Häufigkeit[1, 1, 1, 1] 0.230 0.250

    [2, 2] 0.770 0.750

    Tabelle 2: Zykeltyp-Verteilung beip ≤ 1000

    Nach dem Satz von Tschebotarev konvergieren die gemessenen Häufigkeiten gegen

    die tatsächlichen, fallsp gegen Unendlich läuft. Man kann also die tatsächlichen Häu-

    figkeiten beliebig gut annähern, wenn man nur genügend viele Primzahlen benutzt.

    2.2 Der Satz von Dedekind

    Bevor der Satz von Dedekind formuliert wird, werden zu Anfang dieses Abschnitts

    einige Schreibweisen eingeführt, die häufig verwendet werden:

    Es seiK ein beliebiger Körper.

    X := (X1, X2, . . . , Xn), Y := (Y1, Y2, . . . , Yn)

    F0 :=∏

    σ∈Sn

    (Z − (Xσ(1)Y1 +Xσ(2)Y2 + . . .+Xσ(n)Yn)

    )∈ K[X, Y , Z]

    Für einσ ∈ Sn undF ∈ K[X,Z] bedeutetσXF die Permutation der UnbestimmtenX1, . . . , Xn in F .

    Lemma 2.1

    SeienK ein Körper undf ∈ K[X] ein normiertes und irreduzibles Polynom von Gradn ∈ Nmit paarweise verschiedenen Nullstellenz1 . . . , zn, die im ZerfällungskörperLvon f überK enthalten sind. Bezeichnet manF mit F0(X, z1, . . . , zn, Z) ∈ L[X,Z],so gilt:

    (a)Die transitiven Untergruppen derSn werden hier wie in [BM83] bezeichnet.

    39

  • (a) F ∈ K[X,Z].

    (b) Kann manF als ein Produkt von irreduziblen FaktorenFi ∈ K[X,Z], etwaF =F1F2 . . . Fr, darstellen und istG := GalK(f), so gilt G̃ = {σ ∈ Sn |σXFi = Fi}für jedesi ∈ {1, 2, . . . , r}.

    Beweis

    (a) Für ein beliebigesσ ∈ Sn gilt:

    Xσ(1)Y1 +Xσ(2)Y2 + . . .+Xσ(n)Yn = X1Yσ−1(1) +X2Yσ−1(2) + . . .+XnYσ−1(n).

    Also istF0 ∈ (K[X,Z])[Y ] symmetrisch inY1, . . . , Yn und lässt sich nach Satz1.23 als ein Polynom inε1(Y ), . . . , εn(Y ) mit Koeffizienten ausK[X,Z] darstel-

    len. Geht man nun vonF0 zuF über, indem man die UnbestimmtenYi durch die

    Nullstellenz1, . . . , zn vonf ersetzt, werden die Elementeεi(Y ) zu εi(z1, . . . , zn)

    für i ∈ {1, . . . , r}. Diese sind Elemente ausK, da sie nach Gleichung (1.1) ausdem Abschnitt über symmetrische Polynome bis auf ein Vorzeichen mit den Ko-

    effizienten vonf übereinstimmen. Daher istF ein Polynom inεi(z1, . . . , zn) ∈ Kfür i ∈ {1, . . . , n} mit Koeffizienten ausK[X,Z]. Daraus folgt die Behauptung.

    (b) Der Beweis stammt aus [Ste89], Theorem 18.3, und erfolgt hier für den Faktor

    F1. Die anderen Fälle werden analog gezeigt. Zur Abkürzung gelten folgende

    Notationen:

    β :=n∑

    i=1

    Xizi ∈ L[X],

    σXβ :=n∑

    i=1

    Xσ(i)zi, σzβ :=n∑

    i=1

    Xizσ(i) für alleσ ∈ Sn.

    Damit geltenσzβ = σ−1X β undσXβ 6= τXβ, falls σ 6= τ , da nach Voraussetzung

    alle Nullstellenz1, . . . , zn vonf paarweise verschieden sind.

    FürF gilt in L[X,Z]:

    F :=∏

    σ∈Sn

    (Z − σXβ) =∏

    σ∈Sn

    (Z − σzβ).

    Nach Voraussetzung istF = F1F2 . . . Fr eine Zerlegung in irreduzible Faktoren

    in K[X,Z]. In dem RingL[X,Z] kann man die FaktorenFj für j ∈ {1, . . . , r}darstellen als:

    Fj =∏σ∈Sj

    (Z − σXβ) ∈ L[X,Z],

    40

  • wobeiSn die disjunkte Vereinigung vonS1, . . . , Sr ist. Die Mengen seien so ge-

    wählt, dass idSn ∈ S1 gilt. Daraus folgt, dassZ − β ein Teiler vonF1 in L[X,Z]ist. Die MengeS1 ist gleichĜ := {σ ∈ Sn |σXF1 = F1}, denn:

    S1 = {σ ∈ Sn |Z − σXβ ist ein Teiler vonF1}= {σ ∈ Sn |Z − β ist ein Teiler vonσ−1X F1}= {σ ∈ Sn |σ−1X F1 = F1}= Ĝ.

    Um die Behauptung zu beweisen, wird gezeigt, dassG̃ = S1 gilt. Dazu sei

    H :=∏σ∈ eG

    (Z − σzβ) =∏σ∈ eG

    (Z − σXβ).

    Es giltH ∈ K[X,Z], denn die Koeffizienten vonH bleiben unter jedem Auto-morphismusτ ∈ G invariant. Daher sind alle Koeffizienten ausK. Es ist klar,dass das PolynomH ein Teiler vonF in L[X,Z] = L[X][Z] ist. Daher gilt dies

    auch inL(X)[Z].

    Die PolynomeF undH sind ausK[X,Z] = K[X][Z]. Daher kann man Division

    mit Rest inK(X)[Z] durchführen, daK(X) der Quotientenkörper vonK[X] ist

    und daH normiert ist. Es gilt:

    F = H ·H1 +H2

    mit eindeutig bestimmten PolynomenH1, H2 ∈ K(X)[Z]. In L(X)[Z] gilt dann:

    F = H ·H1 +H2

    und

    F = H ·H ′ mit H ′ =∏

    σ∈Sn\ eG(Z − σzβ).

    Daraus folgtH1 = H ′ undH2 = 0, da die DarstellungF = H ·H1 +H2 eindeutigbestimmt ist. WegenH1 ∈ K(X)[Z] folgt H ′ ∈ K(X)[Z]. Also istH ein TeilervonF in K(X)[Z] wegenF = H ·H ′ in K(X)[Z].

    Das PolynomH ist sogar ein Teiler vonF in K[X][Z], dennK(X) ist der Quo-

    tientenkörper vonK[X], F,H ∈ K[X][Z], H ′ ∈ K(X)[Z] undH ist primitiv(vgl. [FS83], Lemma 4.5.4 b). AlsoH|F undH ·H ′ = F1 . . . Fr. Damit istH das

    41

  • Produkt einiger irreduzibler FaktorenFj vonF , denn die Zerlegung in irreduzible

    Elemente ist in dem faktoriellen RingK[X,Z] eindeutig. Da idSn in Ĝ ist, ist

    Z − β ein Teiler vonH. Der FaktorF1 enthält ebenfalls den LinearfaktorZ − β.Es folgtF1|H in K[X,Z] und daher ergibt sicĥG ⊆ G̃.

    Sei umgekehrtγ ∈ G̃. Dann gilt:

    γXF1 =∏σ∈S1

    (Z − γXσXβ) =∏σ∈S1

    (Z − γ−1z σXβ)

    = γ−1z∏σ∈S1

    (Z − σXβ) = γ−1z F1.

    Die Abbildungγ−1z permutiert die Nullstellenz1, . . . , zn. Da aber die Koeffizi-

    enten vonF1 ausK sind, bewirktγ−1z nichts aufF1. Daraus folgtγ−1z F1 = F1,

    sodass sichγ−1z ∈ Ĝ und damitγz ∈ Ĝ ergibt, alsoG̃ ⊆ Ĝ.

    Insgesamt folgt die Gleichheit̃G = Ĝ. �

    Der nun folgende Satz zeigt, dass unter den geforderten Voraussetzungen an das Poly-

    nomf die Galoisgruppe vonf eine Untergruppe der Galoisgruppe vonf ist. Dieses

    Ergebnis ist ein wichtiges Hilfsmittel für den Beweis des Dedekind’schen Satzes. In

    diesem Satz wird die Existenz einer speziellen Permutation in der Galoisgruppe vonf

    nachgewiesen. Das hier folgende Ergebnis zeigt, dass diese Permutation ebenfalls in

    der Galoisgruppe vonf enthalten ist.

    Satz 2.2

    Es seienf ∈ Q[X] ein normiertes und irreduzibles Polynom vom Gradn ∈ N mitganzzahligen Koeffizienten und mit Nullstellenz1, . . . , zn im Zerfällungskörper vonf

    überQ undp eine Primzahl, die die Diskriminante vonf nicht teilt. Sindf = f modp,

    G1 = GalQ(f) undG2 = GalZp(f), so istG̃2 eine Untergruppe voñG1.

    Beweis

    Das PolynomF0 ∈ Z[X,Z, Y ] =(Z[X,Z]

    )[Y ] ist symmetrisch in den Unbestimmten

    Y1, Y2, . . . , Yn. Nach Satz 1.23 lässt sichF0 als Polynom inε1(Y ), . . . , εn(Y ) mit Koef-

    fizienten ausZ[X,Z] darstellen. Ersetzt man inF0 die UnbestimmtenY1, . . . , Yn durch

    die Nullstellenz1, . . . , zn vonf , so erhält man ein neues PolynomF , dass sich analog

    als Polynom inε1(z1, . . . zn), . . . , εn(z1, . . . zn) mit Koeffizienten ausZ[X,Z] darstel-

    len lässt. Daraus folgtF ∈ Z[X,Z], da die Elementeε1(z1, . . . zn), . . . , εn(z1, . . . zn),abgesehen vom Vorzeichen, die ganzzahligen (!) Koeffizienten vonf sind (vgl. Glei-

    42

  • chung (1.1) aus Abschnitt 1.5).

    Nach Voraussetzung teiltp nicht die Diskriminante vonf . Nach Korollar 1.28 gilt da-

    her disc(f) 6= 0. Also hatf keine mehrfachen Nullstellen, d. h. alle Nullstellen sindpaarweise verschieden. Diese Nullstellen seien mitv1, . . . , vn bezeichnet, und sind im

    Zerfällungskörper vonf überZp enthalten.

    Die Koeffizienten vonf sind gleichε1(z1, . . . zn), . . . , εn(z1, . . . zn), wenn man deren

    Vorzeichen außer Acht lässt. Daraus folgt, dass die Koeffizienten vonf , wieder ohne

    Berücksichtigung des Vorzeichens, gleichε1(z1, . . . zn), . . . , εn(z1, . . . zn) sind. Nach

    Gleichung (1.1) aus Abschnitt 1.5 können die Koeffizienten vonf aus den Nullstellen

    berechnet werden. Diese sind bis auf das Vorzeichen:ε1(v1, . . . vn), . . . , εn(v1, . . . vn).

    Da die Koeffizienten eines Polynoms eindeutig bestimmt sind, gilt:

    εi(v1, . . . vn) = εi(z1, . . . zn) für i = 1, . . . , n. (2.1)

    Sei nunG0 das gleiche Polynom wieF0, aber aufgefasst über dem KörperZp, also

    G0 ∈ Zp[X,Z, Y ] =(Zp[X,Z]

    )[Y ]. Dann istG0 symmetrisch in den Unbestimm-

    tenY1, . . . , Yn und lässt sich als Polynom inε1(Y ), . . . , εn(Y ) mit Koeffizienten aus

    Zp[X,Z] darstellen. Analog zuF0 werden inG0 die UnbestimmtenY1, . . . , Yn durch

    die Nullstellen vonf ersetzt und das neue Polynom mitG bezeichnet. Genau wie

    oben lässt sichG als Polynom inε1(v1, . . . vn), . . . , εn(v1, . . . vn) mit Koeffizienten aus

    Zp[X,Z] darstellen. Nach Gleichung (2.1) könnenεi(v1, . . . vn) durchεi(z1, . . . zn) er-

    setzt werden. Daraus folgt

    G = F modp, (2.2)

    denn die Darstellungen in den elementarsymmetrischen Polynomen vonF0 undG0sind modulop gleich.

    Der RingZ ist ein Hauptidealbereich. Nach [FS83], Satz 4.3.5 auf Seite 108, ist jeder

    Hauptidealbereich faktoriell, also auchZ. Nach dem Satz von Gauß (vgl. z. B. [FS83],

    Seite 115, Satz 4.5.6 und Seite 166, Korollar 4.5.7) ist jeder Polynomring in endlich

    vielen Unbestimmten überZ faktoriell, also auchZ[X,Z]. Daher besitztF eine Zer-

    legung in irreduzible Faktoren, etwaF = F1F2 . . . Fr mit Fi ∈ Z[X,Z].

    Der FaktorFi := Fi modp kann trotzdem reduzibel sein. Sei deshalbF1,1 ein beliebi-

    ger irreduzibler Faktor vonF1 in Zp[X,Z] undσ ∈ G̃2. Das PolynomG ∈ Zp[X,Z]besitzt auch eine Zerlegung in irreduzible Faktoren inZp[X,Z]. Einer dieser Faktoren

    43

  • ist F1,1. Daraus folgt mit Lemma 2.1 (b):

    σXF1,1 = F1,1, (2.3)

    daG̃2 die Galoisgruppe vonf überZp ist. Daraus folgtσXF1 = F1, da Gleichung (2.3)

    für jeden irreduziblen Faktor vonF1 gilt.

    Das Polynomf hat paarweise verschiedene Nullstellen. Daher sind alle Linearfakto-

    ren, und damit auch alle Nullstellen vonG, paarweise verschieden. Nach Gleichung

    (2.2) gilt dies auch fürF = F modp. Daher sind alle FaktorenF1, . . . , Fr paarweise

    verschieden, und ausσXF1 = σXF1 = F1 folgt σXF1 = F1.

    Die FaktorenFi sind irreduzibel inZ[X,Z] und inQ[X,Z], daQ der Quotientenkör-

    per vonZ ist (vgl. [Kun94], Satz 5.4). Außerdem sind alle Nullstellen vonf paarwei-

    sese verschieden, daf ∈ Q[X] separabel ist. Daraus und ausσXF1 = F1 folgt mitLemma 2.1 (b) sofortσ ∈ G̃1. Damit ergibt sich die Behauptung̃G2 ≤ G̃1. �

    Lemma 2.3

    Seienp eine Primzahl undf ∈ Fp[X] ein normiertes Polynom vom Grad> 0 mitdisc(f) 6= 0. Dann existiert eine Zerlegung vonf in irreduzible Faktoren, etwa

    f = f1 · . . . · fr,

    wobei die Faktorenf1, . . . , fr ∈ Fp[X] paarweise verschieden sind.

    Beweis

    Da Fp[X] ein faktorieller Ring ist, existiert eine Zerlegungf = f1 · . . . · fr in ir-reduzible Faktoren. Es bleibt noch zu zeigen, dass diese paarweise verschieden sind.

    Angenommen, fürr ≥ 2 seien zwei Faktoren gleich, etwafk undfl mit k 6= l. Die-se sind irreduzibel und haben jeweils einen Grad> 0. Daher habenfk und fl eine

    gemeinsame Nullstelle im Zerfällungskörper vonf überFp. Also besitztf eine mehr-

    fache Nullstelle in seinem Zerfällungskörper, was ein Widerspruch zur Voraussetzung

    disc(f) 6= 0 ist. �

    Satz 2.4 (Dedekind)

    Sei f ∈ Z[X] ⊆ Q[X] ein normiertes und irreduzibles Polynom vom Grad> 0.Existiert zu einer Primzahlp, die die Diskriminante vonf nicht teilt, eine Zerlegung

    vong := f ∈ Zp[X] = Fp[X] in irreduzible Faktoren, etwa

    g = g1 · . . . · gr,

    44

  • wobeig1, . . . , gr ∈ Fp[X] paarweise verschiedene, irreduzible und normierte Polyno-me sind undnj := deg(gj), dann enthält̃GalQ(f) mindestens eine Permutation, die

    sich als Produkt vonr Zyklen mit den Ordnungenn1, . . . , nr darstellen lässt.

    Beweis

    Nach Voraussetzung istp kein Teiler von disc(f). Daraus folgt disc(f) modp 6= 0.Mit Korollar 1.28 gilt dann disc(g) = disc(f) 6= 0. Damit sind die Voraussetzungendes vorigen Lemmas erfüllt, und es existiert eine Zerlegungg = g1 · . . . · gr, wobeig1 . . . gr ∈ Fp[X] normiert, irreduzibel und paarweise verschieden sind.

    Es seixi ∈ Fpni eine Nullstelle vongi für ein i ∈ {1, . . . , r}. Dann ist die Nullstel-lenmengeNgi von gi nach Lemma 1.8 gleich{xi, x

    pi , . . . , x

    pni−1

    i }. Die GaloisgruppeG von g überFp operiert auf der NullstellenmengeNg von g und wird nach Satz 1.32

    vom Frobenius-Automorphismusσ : Fpn → Fpn , x 7→ xp erzeugt. Daraus folgt

    G = < σ > = {σn |n ∈ Z}.

    Die Bahn vonxi unterG ist daher:

    Gxi = {τ(xi) | τ ∈ G}= {τ(xi) | τ ∈ < σ >}= {σn(xi) |n ∈ Z}.

    Die letze Menge ist gleich{xi, xpi , . . . , xpni−1

    i } = Ngi, da sich alle anderen Elementewegenxp

    ni

    i = xi wiederholen (vgl. 1.8). Damit ist die Bahn vonxi unterG gleich der

    Nullstellenmenge vongi, alsoGxi = Ngi für alle i ∈ {1, . . . , r}.

    Wegen

    σ(xi) = xpi , σ(x

    pi ) = x

    p2

    i , . . . , σ(xpni−1

    i ) = xi ∀ i ∈ {1, . . . , r}

    bildetσ die Elementexi, xpi , x

    p2

    i , . . . , xpni−1

    i zyklisch aufeinander ab. Aus Satz 1.36 (b)

    folgt, dassG isomorph zu einer UntergruppẽG von Sn ist. Es sei% : G → G̃ derzugehörige Gruppenisomorphismus. Mit den Bezeichnungen aus 1.37 bildet% jedesσ

    auf σ̃ ab mit

    σ̃(k) = l ⇔ σ(zk) = zl,

    falls zk undzl zwei Nullstellen vong sind. Die Nullstellenxi, xpi , x

    p2

    i , . . . , xpni−1

    i von

    45

  • gi seien mitai1 , ai2 , . . . , aini−1 bezeichnet. Dann gilt:

    σ(ai1) = ai2 , σ(ai2) = ai3 , . . . , σ(aini−1) = ai1

    genau dann, wenn

    σ̃(i1) = i2, σ̃(i2) = i3, . . . , σ̃(ini−1) = i1,

    d. h.σ̃ enthält einen Zyklus der Längeni. Da die Bahnen vonxi unterG und damit die

    NullstellenmengenNgi von g paarweise disjunkt sind, enthältσ̃ deshalbr Zyklen der

    Längen1, . . . , nr. Also lässt sich̃σ als Produkt vonr paarweise disjunkten Zyklen der

    Längen1, . . . , nr darstellen.

    Nach Satz 2.2 ist̃G eine Untergruppe voñGalQ(f), also istσ̃ in G̃alQ(f) enthalten.

    Daraus folgt die Behauptung. �

    2.3 Die Dichtesätze von Frobenius und Tschebotarev

    Im vorigen Abschnitt wurde die Existenz von bestimmten Zykeltypen in der Galoisgrup-

    pe nachgewiesen, wenn man das Polynom überFp faktorisiert. Nun stellt sich die Fra-

    ge, welche Primzahlen neue Zykeltypen liefern, d. h. welche bzw. wie viele Primzahlen

    notwendig sind, um alle Zykeltypen der Galoisgruppe zu bestimmen. Bei konkreten

    Berechnungen erhält man häufig schon mit einer relativ kleinen Menge von Primzah-

    len alle Zykeltypen. Dies ist aber nicht generell so. Jeder Primzahlmenge kann ein Wert

    zugeordnet werden, der Dichte genannt wird. Dieser kann mit Informationen aus der

    Zykeltypverteilung verglichen werden, sodass man weiß, wie gut die Primzahlmenge

    gewählt ist. Die hier folgenden Dichtesätze werden zeigen, dass die Dichte der Menge

    aller Primzahlen mit den Werten aus den Tabellen im Anhang übereinstimmt. Da es

    aber unmöglich ist, das Polynom modulo aller Primzahlen zu faktorisieren, ist es not-

    wendig, gut gewählte Primzahlmengen zu verwenden.

    Hier zunächst der Begriff der Dichte:

    Definition 2.5

    Ist S eine Menge von Primzahlen, so bezeichnet der Grenzwert der Folge

    an :=|{p ∈ S | p ≤ n}||{p ∈ P | p ≤ n}|

    für n→∞

    46

  • dieDichte(auch natürliche Dichte) vonS.

    Aus der Zykeltypverteilung im Anhang dieser Arbeit, z. B. Tabelle 4 für den Grad 11,

    kann man die Häufigkeit der Zykeltypen ablesen. Beispielsweise enthält die Gruppe

    11T5 den Zykeltyp13, 24 absolut 55-mal. Dividiert man diese Zahl durch die Ordnung

    von 11T5, erhält man die relative Häufigkeit dieses Zykeltyps.

    Der nun folgende Satz zeigt, dass die Dichte aller Primzahlen, für die die Galoisgruppe

    eine Permutation mit dem entsprechenden Zykeltyp enthält, gleich der relativen Häu-

    figkeit des Zykeltyps ist.

    Satz 2.6 (Frobenius, aus [SL96])

    Seienf ∈ Z[X] ein normiertes Polynom mit disc(f) 6= 0 und P die Menge allerPrimzahlen, für dief eine Zerlegung vom Typn1, n2, . . . , nt wie in Satz 2.4 besitzt.

    Dann ist die Dichte vonP gleich 1|G| multipliziert mit der Anzahl der Zyklen vom Typ

    (n1, n2, . . . , nt) ausG.

    Nun wird untersucht, wie dieses Ergebnis bei der Berechnung der Galoisgruppe ge-

    nutzt werden kann. Die Methode zur Bestimmung der Galoisgruppe arbeitet wie folgt:

    Es wird eine Menge von Primzahlen bestimmt, z. B. die ersten 1000 Primzahlen. Dann

    wird mit Hilfes des Dedekind’schen Satzes für jede Primzahl untersucht, welchen Zy-

    keltyp die Galoisgruppe des Polynoms enthält. Diese absoluten Häufigkeiten werden

    durch Division durch die Anzahl der Faktorisierungen in relative Häufigkeiten umge-

    rechnet. Bei diesem Verfahren entsteht eine Liste vom Zykeltypen und zugehörigen re-

    lativen Häufigkeiten. Diese Liste bzw. der Vektor der relativen Häufigkeiten kann nun

    mit den relativen Häufigkeiten aus der Tabelle im Anhang oder mit den ausführliche-

    ren Tabellen aus [BM83] verglichen werden. Dabei kann man z. B. den euklidischen

    Abstand des berechneten Häufigkeitsvektors und den Häufigkeitsvektoren aus den Ta-

    bellen bestimmen. Ist die gewählte Primzahlmenge gleich der Menge aller Primzahlen,

    so ist dieser Vektorabstand gleich Null. Da dies praktisch aber unmöglich ist, kann man

    die Gruppe auswählen, deren Häufigkeiten den geringsten euklischen Abstand zum be-

    rechneten Häufigkeitsvektor hat.

    Je größer die zuvor gewählte Primzahlmenge ist, desto größer ist die Wahrscheinlich-

    keit, die richtige Gruppe gefunden zu haben. Dieses Verfahren liefert aber nur mit

    einer bestimmten Wahrscheinlichkeit die richtige Galoisgruppe. Man kann die Wahr-

    scheinlichkeit erhöhen, indem man die Primzahlmenge vergrößert. Dennoch gibt es

    keine 100-prozentige Sicherheit, die richtige Gruppe identifiziert zu haben. Bei kon-

    47

  • kreten Berechnungen mit Grad 11 hat sich jedoch gezeigt, dass schon bei der Menge

    der Primzahlen≤ 25 sehr gute Ergebnisse erzielt werden, vgl. Implementierung desVerfahrens im nächsten Abschnitt.

    Der Dichtesatz von Tschebotarev ist eine Verallgemeinerung des vorigen Satzes. Hier

    sind nicht die verschiedenen Zykeltypen von Interesse, sondern die Konjugationsklas-

    sen der Gruppe. Dennoch kann man diesen Satz genauso wie den vorigen anwenden,

    da zwei Permutationen genau dann vom gleichen Zykeltyp sind, wenn sie in der glei-

    chen Konjugationsklasse enthalten sind.

    Satz 2.7 (Tschebotarev, aus [SL96])

    Seif ∈ Z[X] ein normiertes Polynom mit disc(f) 6= 0. Weiter seiG := Gal(f) dieGaloisgruppe vonf , aufgefasst als Untergruppe derSn. Es seiC eine Konjugations-

    klasse vonG. Nun seiP die Menge aller Primzahlen, die die Diskriminante vonf

    nicht teilen und für dieσp ∈ C ist. Dann hat die MengeP die Dichte |C||G| .

    σp ist dabei die Permutation, die man bei der Zerlegung modulop in Satz 2.4 erhält.

    2.4 Die Implementierung des Dedekind-Verfahrens

    Um das eben betrachtete Verfahren von Dedekind zu veranschaulichen, folgt hier ein

    Maple-Programm, dass exemplarisch für Polynome vom Grad 11 die Galoisgruppe

    nach dem oben beschriebenen Verfahren berechnet.

    Das Programm ist auf der beiliegenden CD-ROM als dedekind.mws enthalten. Das

    Programm wurde mit Maple 9 entwickelt, jedoch in einem Maple 8-kompatiblen For-

    mat abgespeichert, sodass es auch mit dieser Version problemlos läuft.

    Das Programm wird mitrestart initialisiert. Dann wird das Paketcombinat ge-

    laden, aus dem die Funktionenpartition undnumbpart benötigt werden.

    > restart;

    > with(combinat):

    Hier die erste HilfsprozedurgetCycleType: Diese Prozedur berechnet den zur

    Faktorisierung vonf modulop gehörenden Zykeltyp bzw. das Gradmuster der ein-

    zelnen Faktoren. Als Parameter werden ein Polynom in der Unbestimmtenx und eine

    Primzahl erwartet. Die Ausgabe ist eine Liste.

    48

  • > getCycleType := proc(f, p)

    > local a, b;

    > a := modp1(ConvertIn(f,x),p);

    > a := modp1(Factors(a), p);

    > b := a[2];

    > RETURN(op(sort(map(proc(x) RETURN(modp1(Degree(x[1]),p)); end proc,b),‘>‘)));

    > end proc:

    Diese zweite Hilfsprozedur berechnet den Abstand zweier Vektoren der Längen in der

    L2-Norm. Sie wird später benutzt, um den Vektorabstand zwischen dem tatsächlichen

    und dem berechneten Häufigkeitsvektor zu ermitteln. Die Eingaben sind zwei Vektoren

    a undb sowie deren Längen. Die Ausgabe ist eine positive reelle Zahl.

    > extDiff := proc(a, b, n)

    > local tmp, i;

    > tmp := 0;

    > for i from 1 to n do

    > tmp := tmp + (a[i]-b[i])^2;

    > od;

    > RETURN(sqrt(tmp));

    > end proc:

    Hier beginnt die eigentliche ProzedurextGalois . Ihre Eingaben sind ein Polynom

    f in der Unbestimmtenx, eine obere Grenzem, sodass alle Primzahlen kleinerm

    berücksichtigt werden, und die Boole’sche Variableverbose . Ist dieser gleichtrue ,

    so erhält man eine ausführliche Ausgabe der Berechnungen, beifalse wird nur das

    Ergebnis ausgegeben.

    > extGalois := proc(f, m, verbose)

    >

    > local extGroups, degf, disc, sq, alt, grps, possible,

    > possgrps, ctList, ct, j, primes, b, p, shape, e, rm, i, grp,

    > grpleft, L, anz, result, V, tmp1, tmp2;

    Der Algorithmus setzt natürlich die Irreduzibilität vonf voraus. Ist diese nicht gege-

    ben, bricht das Programm mit einem Fehler ab. Zur Erinnerung: Die Galoisgruppe von

    f überQ ist genau dann eine transitive Untergruppe derSn, wennf irreduzibel über

    Q ist.

    > if irreduc(f) true then error "Polynomial ist not irreducible" fi;

    Als nächstes wird die TabelleextGroups erzeugt. Sie basiert auf der von Maple mit-

    gelieferten Tabellegalois/groups . Dies wird um die Informationen für den Grad

    11 erweitert. Sie enthält dann die Zykeltyp-Verteilung aller transitiven Untergruppen

    der S11. Die Informationen stammen hauptsächlich aus [BM83]. In den acht Listen

    (dieS11 hat genau acht transitive Untergruppen) ist der erste Eintrag die Kurzbezeich-

    nung der Gruppe wie in [BM83], der zweite Eintrag ist die Ordnung der Gruppe und

    49

  • der dritte ist die Zykeltyp-Verteilung, genauer gesagt, die relative Häufigkeit der ver-

    schiedenen Zykeltypen. Weiterhin ist diese Tabelle in zwei Teile aufgeteilt. Der erste

    Teil ist extGroups[11,1] und enthält alle ungerade Untergruppen, der zweite Teil

    extGroups[11,0] enthält die gerade Untergruppen.

    > extGroups := ‘galois/groups‘:

    > extGroups[11,1] := {

    > ["11T2",22,{}, [0,0,0,0,11/22,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,10/22]],

    > ["11T4",110,{},[0,0,0,0,11/110,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,44/110,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,44/110,10/110]],

    > ["11T8",11!,{},[55/11!,990/11!,6930/11!,17325/11!,10395/11!,330/11!,

    > 9240/11!,69300/11!,138600/11!,34650/11!,18480/11!,

    > 184800/11!,277200/11!,123200/11!,123200/11!,1980/11!,

    > 41580/11!,207900/11!,207900/11!,138600/11!,831600/11!,

    > 415800/11!,554400/11!,207900/11!,623700/11!,415800/11!,

    > 11088/11!,166320/11!,498960/11!,166320/11!,443520/11!,

    > 1330560/11!,443520/11!,997920/11!,997920/11!,798336/11!,

    > 55440/11!,554400/11!,831600/11!,1108800/11!,1108800/11!,

    > 1663200/11!,1330560/11!,237600/11!,1425600/11!,712800/11!,

    > 1900800/11!,1425600/11!,831600/11!,2494800/11!,1663200/11!,

    > 2217600/11!,2217600/11!,3991680/11!,3628800/11!]]}:

    > extGroups[11,0] :={

    > ["11T1",11,{},[0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 10/11]],

    > ["11T3",55,{},[0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,0,44/55,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,10/55]],

    > ["11T5",660,{},[0,0,0,55/660,0,0,0,0,0,0,0,0,0,110/660,0,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,264/660,0,0,0,0,110/660,0,

    > 0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,120/660]],

    > ["11T6",7920,{},[0,0,0,165/7920,0,0,0,0,0,0,0,0,0,440/7920,0,0,0,0,0,0,

    > 0,0,0,990/7920,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,0,1584/7920,0,0,0,

    > 0,1320/7920,0,0,0,0,0,0,0,0,1980/7920,0,0,0,0,1440/7920]],

    > ["11T7",19958400,{},[0,990/19958400,0,17325/19958400,0,330/19958400,0,

    > 69300/19958400, 0, 34650/19958400, 18480/19958400,0,

    > 277200/19958400,123200/19958400,0,0,41580/19958400,

    > 0,207900/19958400,0,831600/19958400,0,0,207900/19958400,

    > 0,415800/19958400,11088/19958400,0,498960/19958400,

    > 0,443520/19958400,0,443520/19958400,0,997920/19958400,

    > 798336/19958400,0,554400/19958400,0,0,1108800/19958400,

    > 1663200/19958400,0,237600/19958400,0,712800/19958400,

    > 1900800/19958400,0,0,2494800/19958400,0,2217600/19958400,

    > 0,0,3628800/19958400]]}:

    Hier wird geprüft, obf wirklich den Grad 11 besitzt. Weiter wird die Diskriminante

    von f berechnet. Wie in Satz 1.40 bewiesen, ist die Galoisgruppe vonf genau dann

    eine Untergruppe derA11, wenn die Diskriminante vonf ein Quadrat inQ ist. Ist dies

    der Fall, so wird die Hilfsvariablealt gleich0 gesetzt, sonst gleich1. Damit reduziert

    sich die Liste der Kandidaten schon fast um die Hälfte.

    50

  • > degf := degree(f);

    >

    > if degf 11 then error "Polynomial has not degree 11"; fi;

    >

    > disc := discrim(f,x);

    > sq := issqr(disc);

    > if (sq) then alt:=0 else alt:=1 fi;

    >

    > ######## grps ist eine Arbeitskopie von extGroups.

    > grps := extGroups:

    >

    > ######## possible ist eine Liste, die nur die transitiven Untergruppen

    > ######## enthält, die für f in frage kommen, d.h. nur Untergruppen von

    > ######## S11, die gerade sind, falls alt=0, und ungerade, falls alt=1.

    > possible := grps[degf,alt]:

    > possgrps := ‘galois/short‘(possible);

    > if verbose then print("Possible groups: ", possgrps); fi;

    Hier wird eine Liste mit allen möglich Zykeltypen für den Grad 11 erzeugt. Die Matrix

    ct enthält für jeden Zykeltyp einen Eintrag mit 5 Feldern. Dort werden später die

    absoluten und relativen Häufigkeiten eingetragen.

    > ctList := partition(degf):

    >

    > ct := matrix(nops(ctList), 5):

    > for j from 1 to nops(ctList) do

    > ct[j,1] := j;

    > ct[j,2] :=