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Die Elemente der Nerven und Ganglien des inneren Ohres

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Page 1: Die Elemente der Nerven und Ganglien des inneren Ohres

(Aus dem Institut fiir Anatomie und Histologie der Kgl. Ung. Franz Josef- Universit~t in Szeged-Ung~rn [Direktor: Dr. F. Kiss, o. 6. Professor].)

Die E lemente der Nerven und Ganglien des inneren Ohres.

Von Dr. I. Ernyei, Unix~.-Assistent.

Mit 3 Text~bbildungen.

(Ei~wegangen am 16. Juni 1936.)

Bei der Durehsicht des einschl~gigen Schrifttums kann man fest- stellen, dab es trotz der sehr zahlreichen morphologisehen Unter- suehungen ~uf diesem Gebie~e bisher noch nicht, gelungen ist, in bezug auf die QuMit~t der Nerven und GgngIien des inneren Ohres eine Ent- scheidung zu linden, obwohl die Klgrung dieser Frage sowohl in mot- phologischer wie auch in physiologischer und pathologischer Hinsicht sehr wiehtig witre. Es ersehien mir d~her berechtigt, tiber diesen Gegen- stand bei jungen Tieren - - Meersehweinchen, Katzen, Hunden - - mit Hilfe neuester histologischer Verfahren Untersuehungen auszuftihren.

Bei meinen Nachforsehungen interessierten mieh besonders zwei Fragen: 1. Gibt es im inneren Ohre sympathisehe Fasern, falls solehe vorhanden sind, in welehem Mengenverh/~ltnis stehen markhaltige und marklose Fasern zueinander ? 2. Wie sind die Zellen des Ganglion vesti- bulare und des Ganglion eoehleare besehaffen ?

Das naeh der T6tung der Tiere frisch entnommene Material wurde - - naeh dem Verfahren yon Wittmaack und De Castro - - entspreehend fixiert und entkalkt und hierauf naeh Apdthy-Bacsich in Zelloidin-Paraffin doppelt eingebettet. Die angefertigten L/ings- und Querschnitte be- handelten wir zum Teil mit dem prolongierten Osmiumverfahren yon F. Kiss, zmn Teil wurden sie versilbert - - naeh R. y Cajal-De Castro - - und mit Goldehlorid naehbehandelt (nach Lenhossd/c).

Aus dem N. aeustieus - - s. labyrinthicus - - entspringt bekanntlieh der N. vestibularis proximalis, dessen Stamm sieh in drei Aste teilt: 1. Ramus ampullaris horizontalis, der zur Ampulle des horizontalen Bogenganges zieht. 2. Ramus ampullaris superior zur Ampulle des oberen vertikalen Bogenganges. 3. gamus utrieularis (der stgrkste) zur Maeula utrieuli. Von dem letzteren zweigt ein kleiner Seitenast zur Maeula saeeuii ab (Volt 1907, De Butler 1924). D~s distale Ende des Nerven zerf/tllt aberm~ls in drei Aste: 1. R~mus ampullaris inferior (posterior) zur Ampulle des hinteren vertikalen Bogenganges. 2. Ein Ast zur Maeula saeeuli und 3. ein kleiner Ast - - Ramus eoehlearis - - zum N. eoehlearis. Uber den letzteren herrseht die Ansieht, dab er nieht st/~ndig bzw. nieht bei allen Tieren zu finden sei. Van Oort (1919) konnte diesen Ast auger

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beim Menschen noch bei einigen Affensrten, bei Fells, bei Caprs hircus und bei Mus rs t tus nschweisen. Kolmer gelsng der N~chweis bei Meer- schweinehen, bei Ziegen und bei einem 7 Monste slten mensehlichen Fetus. Ieh konnte diesen kleinen Ast bei sgmtliehen yon mir unter- suchten Tieren sntreffen, so d~13 ich snnehmen zu diirfen glsube, d~13 diese Verbindung zwischen dem N. vestibulsris und N. coehle~ris bei S~ugetieren regelmgl~ig vorhsnden sei.

In den erwghnten Nervenbiindeln weisen die Fssern eine diinne Mark- scheide suf. Neben den m~rkhsltigen Nervenbiindeln in der Ngchbar- schgft der Gef~Be fsnd ich such einige aus msrklosen Fssern bestehende

Abb. 1. Ein gemisch te r As t des N. vest ibnlar is (Hund). Prolongicr tc Osmiumver fahren .

Nervenbiindel. Innerhslb der einzelnen Nervenbtindel zeigen die Nerven- fgsern mehr-weniger psrsllelen Verl~uf. Nicht selten konnte ich jedoch such Fssern finden, die innerhsib der Biindel divergieren oder einsnder iiberqueren. Bei der Abgsbe des Seitensstes zeigten die innerhslb des Biindels befindlichen F~sern ein eigenartiges Verhslten : Die in den Seiten- sst ~bzweigenden F~sern ents tsmmten zum grol3en Teil dem axialen Anteil des Biindels und gelsngten n~ch einer fast reehtwinkligen Ab- weiehung in den 8eitensst, w~Lhrend blof~ wenige F~sern derselben Seite des Nervenbtindels nsch geringer Abweichung in den Seitenast ab- zweigten (Abb. 1).

Dss in den S tsmm den Nerven eingeschsltete Gsnglion vestibulsre zeigte sowohl in den mit Osmium behsndelten, wie such in den ver- silberten 8chnitten strukturell grof3e ;~hnlichkeit mit den spinslen G~n- glien und zw~r nicht bloI~ deshglb, well seine Zellen die GrSf~e der Zellen

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der kleineren spinalen Ganglien erreiehten (Bielschowslcy und Briihl 1907, R. y Ca]al 1904, Kolmer 1925), sondern aueh deshalb, weil hier ebenso zweierlei Zellen zu linden sind wie in den Spinalganglien: 1. runde oder ovMe, grol3e, helle und 2. kleine, multipolare, dunkle Zellen (Abb. 2).

In bezug auf das Mengenverh/tltnis der beiden Zellenarten zueinander lieferten mir die wertvollsten und interessantesten Befunde jene Sehnitte, bei denen auch die aus dem Ganglion austretenden Nerven~ste zu sehen waren. An der Hand dieser Sehnitge konnte ieh die Ganglienzellen innerhalb der einzelnen Nerven~ste nahezu bis zur Ampulle der Boden- g~tnge bzw. bis zur Eintrittsstelle in den Utrieulus oder Saeculus

Abb. 2. Ganglienzellen des Ganglion ves t ibu lare (Hund). d helle, b dunkle Zellen. Prolongier te Osmiumver fahren .

verfolgen. Bei der eingehenderen Untersuchung der in diesen Anfangsteilen der Nervengste vorhandenen G~nglienzellen konnte ieh mieh d~von fiberzeugen, dub sieh das Mengenverh/iltnis dieser beiden Zellenarten in diesen Asten i~ndert. Wghrend n~mlieh in der Mitre des Ganglions die beiden Zellenarten in etwa gleiehen Mengen vorhanden sind, do- minieren im Ramus ampullaris superior mehr die hellen, im Ramus utrieularis mehr die dunklen Zellen.

Bei der Untersuehung der Struktur jener Nerven~ste, die yon dem Ganglion vestibulare zu der Crista der Ampulle der Bogenggnge ziehen, konnte ieh linden, dab aus den am Boden der Crista vertaufenden Nervenbiindeln haupts~ehlich an den beiden R~ndern der Crista mark- haltige und zum Teil sehon marklose Fasern in einem nahezu reehten Winkel in die eigenttimlieh knorpelartige, bindegewebige Grundsubstanz abzweigen. Von diesen l%sern behalten die markhalt igen (mit donner

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Markseheide) ihre Markseheide bis zur unteren Grenze des Sinnes- epithels. Hier verlieren sie jedoeh ihre Markseheide und bilden nunmehr als marklose Fasern eigenartige Gefleehte mit unregelmS, gigen Ver- zweigungen. Die aus diesen Geflechten entspringenden sehr diinnen Endf/tserehen umhtiilen becherartig die Basis der Zellen des Sinnes- epithels und ziehen in den Spalten zwisehen den Epithelzellen bis zur oberen Grenze des Epithels.

Die markhaltigen Fasern des Nervenastes, der zur Maeula utriculi zieht, lassen in der am Boden der Maeula befindliehen, ziemlieh sehwaeh entwiekelten, bindegewebigen Grundsubstanz pinselartige Verzweigung erkennen. Hier besitzen die Fasern noeh ihre Markscheide, die yon diesen ausgehenden Fasern sind jedoch marl, los. Diese mark]osen Fasern bilden an der unteren Grenze der Sinneszellen ein Gefleeht mit unregehnS~gigen Verzweigungen, aus dem sehr diinne Endf/~serehen in der giehtung naeh dem Epithel abgehen.

Die Innervation der Schnecke wird dutch das im Duetus eoehlearis gelegenem Ganglion eochleare (s. spirale) zusammen mit dem aus dem- selben entspringenden N. cochlearis sowie dem oben erw/~hnten kleinen Ast - - Ramus eoehlearis - - des N. vestibularis besorgt.

Die im Ganglion eochleare gruppenweise liegenden, voneinander dutch sehm~lere oder breitere Bindegewebsstreifen und Blutgef/tBe ge- trennten Ganglienzellen sind bedeutend kleiner als jene des Ganglion vestibulare. Naeh den bisherigen Untersuehungsergebnissen handelt es sieh bier durehwegs um bipolare Zellen: der eine Fortsatz desselben zieht als Faser des Coehlearis dureh die zentrale H6hle des Modiolus zum Stamm des N. aeustieus, der andere dureh den Kanal der Lamina spirMis ossea als peripheriseher Fortsatz zur Lamina spiralis membranaeea.

In meinen mit Osmium behandelten bzw. versilberten L~ngs- und Quersehnitte konnte ieh iln Gegensatz zu den bisherigen Ergebnissen im Ganglion eoehleare zweierlei Ganglienzellen naehweisen: kleinere, dunkler gefS~rbte, bi- oder multipolare Zellen mit randst/~ndigem Kern und gr6gere - - ~ber noch immer bedeutend kleinere als die hellen Zellen des Ganglion vestibulare - - rundliehe hell gef~rbte Zellen mit zentral gelegenem grogem Kern und gekSrntem Protoplasma (Abb. 3). Die Zahl der dunklen Zellen ist grSger als jene der hellen. Dieses Mengen- verhs der Zellen s sieh weder innerhalb des Ganglions noeh im Anfangsteil der aus dem Ganglion entspringenden kteinen Nerven- b/indel.

Der zum Ganglion ffihrende Teil des N. aeustieus isg bekanntlieh in Perineurium geh/illt und mit Sch,wannsehen Zellen reiehlieh versehen. Bei der genaueren Untersuehung der Struktur dieses Nervenabsehnittes zeigte sieh, dag die Nervenfasern diinne Markseheiden besitzen.

Die kleinen postganglionS, ren Nervenbfindel ziehen dutch die Kan/~le der Lamina spiralis ossea hindureh zur Lamina spiralis membranaeea,

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wobei sie allm~thlieh diinner werden. Aueh diese Biindelehen enthalten markhaltige Fasern, welehe jedoeh bier sehon diinner sind als vor dem Ganglion. Die stark zusammengepressten Fasern der dutch die engen Foramina nerving der Habenula perforata hindurehziehenden kleinen Aste sind fast durehwegs marklos, markhaltige Fasern sind hier blog vereinzelt zu sehen. Sowohl an den L/ings- wie aueh an den Quer- sehnitten ersehienen zwisehen diesen Fgserehen vereinzelte dunkelgef/~rbte Ganglienzellen. Die his zum Corti-Organ gelangten, nunmehr marklosen

Abb . 3. Gangl icnzel len des Gangl ion spira le (I~und). (~ helle, b dnnk le Zel len. P r o ! o n g i e r t e O s m i u m v e r f a h r e n .

Nervenf/~serehen bilden ein Gefleeht, aus dem End~stchen zu den Sinnes- zellen abgehen.

In dem Ramus eochlearis, der die Verbindung zwisehen dem N. vesti- bularis und dem N. eoehlearis herstellt, konnte ieh markhaltige Fasern linden. Neben den markhaltigen Nervenbiindeln in der Naehbarsehaft der Gefi~ge land ieh aueh einige aus marklosen Fasern bestehende Nerven- biindel. In der Naehbarsehaft der im Modiolus vorhandenen Gef~ge waren aueh in kteinere Gruppen angeordnete, marklose ;Fasern zu linden, die offenbar sympathisehen Ursprungs sind und die Aufgabe haben, die Gef/tge zu innervieren (Bovero). Naeh Spiegel und Demetriades (1926) gelangen diese sympathischen Fasern wahrseheinlieh mit der A. laby- rinthiea in die Sehneeke und d/irften dem Nervengefleehg des Cireulus arteriosus Willisi entstammen, der den Endapparat des Plexus earo- ~ieus internus darstellt. Diese kleinen Nervenbiindel beweisen, da6 die

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Fasern des N. sympathieus aueh in die Schneeke gelangen. Meiner An- sieht nael~ beim Meehanismus der k l i n i s eh fiir eine vasomotorische Erseheinung gehaltenen, vom N. vest ibularis unabhs blo6 in der Sehnecke vor sieh gehenden, physiologiseh sowie pathologiseh wiehtigen Reflexvorgs die sympathisehen Elemente besitzen eine wesent- liehe Rolle.

Zusammenfassung. 1. Bei versehiedenen Tieren wurden aus dem inneren Ohre Serien-

schnit te angefertigt, die teils mi t dem prolongierten Osmiumverfahren, teils mi t dem Versi lberungsverfahren behandel t wurden. Sowohl an den L~ngs- wie auch an den Quersehni t ten konn ten im N. vestibularis markhal t ige (d/innseheidige) Fasern gefunden werden. Im Ganglion vestibulare gibt es zweierlei Ganglienzellen: gr66ere, helle und kleinere, dunk]e Zellen.

2. Im N. eoehlearis gibt es Fasern mit d/ inner Markscheide. I n der Naehbarschaft der Gef~ge f inden sieh Nerven, die NoB aus marklosen Fasern bestehen. Das Ganglion eoehleare enth/~lt zweierlei Ar ten yon Ganglienzellen: hellere und dunkle Zellen. Es erseheint wahrseheinlieh, dag an dem Meehanismus der vasomotorisehen Labyrinthref lexe die marklosen Fasern des N. sympathieus einen wesentliehen Anteil nehmen.

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