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;rahrgng lS~.'l Freie Verein. bayer: Vertr. angew. Chemle. 7~ gatmar. ~ J aueh Chromgelb nachweisen zu kSnnen. Bei den yon uns aus gef~rbten Fen- cheln isolirten Farbstoffen ist es uns hie m0glich gewesen, Chrom bezW. Blei naehweisen zu k0nnen. Die Ausffihrunff des Farbens, die Neumazln-Wender an Ort and Stelle zu beobachtenGelegenheit butte, geschieht in der Weise, dass man den Fenehel zuniichst mit Wasser durchfeuchtet, lufttrocken werden l~isst, and dann mit dem Farbstoff, dem zur besseren Anhaftung etwas Fett beigegeben wnrde, durch- sch~ufelt. Wir geben heute kurz folgende Methoden zum Nachweis yon gef~trbten Fencheln an: 1. Untersuchung mit der Lupe. Bei ungefarbter Waare heben sich die Rippen deutlieh yon den Th~tlchen ab; bei gefarbter Waare sieht man hingegen in den Th~lehen den Farbstoff regellos zerstreut liegen, sodass infolge dessen die Uebergange zu den Rippen undeutlich erscheinen. 2. Schiittelt man ca. 5 ccm Fenebel mit 25 ccm 96 ~ Alkohol eine Minute kr~ftig durch und l~tsst dann stehen, so ist der Alkohol Anfangs triibe and griin gef~trbt. Nach l~tngerem Stehen setzt sich der Farbstoff auf tlen Fenehel als grtiner Ueberzug ab, der sieh beim leichten Schwenken des Reagensrohres wolkenartig hebt. 3. Isolirung des Farbstoffes. Etwa 50 g Fenchel werden mit Wasser ab- gewasehen und darauf in der Sehiittelmasehine kr~tftig mit ca. 100 ccm absolutem Alkohol geschiittelt. Den dureh ein Sieb abgegossenen triiben Alkohol lasst man absitzen und filtrirt den Farbstoff ab. Dureh das Wasehen mit Wasser wird Erde and Pflanzenpulver beseitigt; Farbe geht dabei jedoch nicht ver- loren, da diese mit Hilf'e yon Fett aufgetragen ist. '4. Die quantitative Bestimmung derMenge der gefarbten KSrner gesehieht dutch Auslesen derselben mit I;Iilfe der Lupe. ES folgt der Vortrag: Die gerichtliche Chemic des Sulfonals. Voll C. Kippenberger- Kairo. I. Isolirung des Snlfi)nals and seine Trennung von anderen in der gerichtlieh-chemischen Analyse haupts~e]flich in Betraeht kommenden organischen Giftstoffen. Die LSslichkeitsverh~tltnisse des Sulfbnals sind in der Literatur dahinlautend angegeben, d~ss 500 Th. Wasser, 15 Th. siedendes Wasser, 133 Th. Aether~ 65 Th. kalter Alkohol, 2 Th. siedender Alkohol je i Th. Sulfonal zu 10sen ver- m0gen, aus welchen L0sungen das Sulfonal durch Verdampfcn der Fliissigkeit in farblosen, dicken prismatischen Krystallen yon neutraler Reaktion zuriick- bleibt. Dementspreehcnd ist die ]solirung des Sulibnals in geriehtlich-chemischen

Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

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;rahrgng lS~.'l Freie Verein. bayer: Vertr. angew. Chemle. 7~ �9 g a t m a r . ~ J

aueh Chromgelb nachweisen zu kSnnen. Bei den yon uns aus gef~rbten Fen-

cheln isolirten Farbstoffen ist es uns hie m0glich gewesen, Chrom bezW. Blei naehweisen zu k0nnen.

Die Ausffihrunff des Farbens , die N e u m a z l n - W e n d e r an Ort and Stelle zu beobachtenGelegenheit butte, geschieht in der Weise, dass man den Fenehel

zuniichst mit Wasser durchfeuchtet, lufttrocken werden l~isst, and dann mit dem

Farbstoff, dem zur besseren Anhaftung etwas Fett beigegeben wnrde, durch- sch~ufelt.

Wir geben heute kurz folgende Methoden zum Nachweis yon gef~trbten Fencheln an:

1. Untersuchung mit der Lupe. Bei ungefarbter Waare h e b e n sich die Rippen deutlieh yon den Th~tlchen ab; bei gefarbter Waare sieht man hingegen in den Th~lehen den Farbstoff regellos zerstreut liegen, sodass infolge dessen

die Uebergange zu den Rippen undeutlich erscheinen. 2. Schiittelt man ca. 5 ccm Fenebel mit 25 ccm 96 ~ Alkohol eine

Minute kr~ftig durch und l~tsst dann stehen, so ist der Alkohol Anfangs triibe and griin gef~trbt. N a c h l~tngerem Stehen setzt sich der Farbstoff auf tlen Fenehel als grtiner Ueberzug ab, der sieh beim leichten Schwenken d e s Reagensrohres wolkenartig hebt.

3. Isolirung des Farbstoffes. Etwa 50 g Fenchel werden mit Wasser ab-

gewasehen und darauf in der Sehiittelmasehine kr~tftig mit ca. 100 ccm absolutem

Alkohol geschiittelt. Den dureh ein Sieb abgegossenen triiben Alkohol lasst man absitzen und filtrirt den Farbstoff ab. Dureh das Wasehen mit Wasser

wird Erde and Pflanzenpulver beseitigt; Farbe geht dabei jedoch nicht ver- loren, da diese mit Hilf'e yon Fett aufgetragen ist.

'4. Die quantitative Bestimmung derMenge der gefarbten KSrner gesehieht dutch Auslesen derselben mit I;Iilfe der Lupe.

ES folgt der Vortrag:

Die gerichtliche Chemic des Sulfonals. V o l l

C. Kippenberger- Kairo.

I. Isol i rung des Snlfi)nals and seine Trennung von anderen in der gerichtlieh-chemischen Analyse haupts~e]flich in Betraeht kommenden

organischen Giftstoffen.

Die LSslichkeitsverh~tltnisse des Sulfbnals sind in der Literatur dahinlautend angegeben, d~ss 500 Th. Wasser, 15 Th. siedendes Wasser, 133 Th. Aether~ 65 Th. kalter Alkohol, 2 Th. siedender Alkohol je i Th. Sulfonal zu 10sen ver-

m0gen, aus welchen L0sungen das Sulfonal durch Verdampfcn der Fliissigkeit in farblosen, dicken prismatischen Krystallen yon neutraler Reaktion zuriick-

bleibt. Dementspreehcnd ist die ]solirung des Sulibnals in geriehtlich-chemischen

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76 Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemie. fZeitschr, f. Untersachung Ld, N a h r . - u. Genussmlttel.

Fallen in den Lehrbttchern so vorgeschrieben, dass die Untersuchungsobjekte

mit heissem Alkohol extrahirt und aus dem Filtrate der Extraktionsfliissigkeit das Sulfonal durch Verdampfung des L6sungsmittels gewonnen werde. Eine

anschliessende Behand]ung mit~ kochendem Wasser, Verdunstung der heiss ill- trirten L0sung und Umkrystallisiren des Verdampfungsriickstandes aus koehen-

dem Alkohol soll die Reinigung des Pr,'tparates erzielen.

Arbeitet man nach diesem, yon eiuem Buche in das andere aufgenommenen Speeialverfahren, so erhRlt man, wenn es sich in dem betreffenden Unter-

suchungsobjekte um einigermaassen grosse Mengen Sulfonal handelt, Praparate, die zweifetlos Sulfonal enthalten, die aber bestiindig so sehr mit organisehen

Verunreinigungen behaftet sind, dass das Sulfonal durch die ihm speeifischen

Eigensehaften mi t E x a k t h e i t nieht identifieirt werden kann. Es sei hervorgehoben, dass man aus einfachen Gemischen wie Zucker

oder Mehl und Sultbnal auf diesem Wege selbstversttindlieh mi~ Leichtigkeit

ein reines Priiparat erzielen kann. Derartige Aufgaben, wie sie gelegentlieh unter der Signatur ,,gerichtlich-chemische Arbeiten" in der Literatur erseheinen,

sind pharmaceutisch-ehemisehe Uebungen, aber keine solche, denen die Ana-

logie der gerichtlich-chemisehen Praxis zu Grunde liegt. Will man eine Methode f~ir die gerichtlich-chemisehe Analyse aufhtellen, so muss man auch yon den in diesem Speeialfaeh als normal geltenden Verh~tltnissen ausgehen und in diesem Falle die Isolirung des Giftes aus Leichenmaterial sieh zur Aufgabe stellen.

Welt besser ist es daher nach K o b e r t ' s Angabel) , das yon Alkohol be- freite Organextrakt mit Aether auszusehtitteln.

Das ffihrt zur Er0rterung der Frage, wie sich Sulfbnal bei der Benutzung

der versehiedenen, in der Literatur bekanntcn Isolirungsverfahren verh~tlt. Nach dem bekannten Verfahren yon D r a g e n d o r f f (wasserige Extraktion) wird man jeweilig eine Menge Sulfonal isoliren, die dem LOsungsverhiiltniss dieses Pr~-

parats in Wasser entspricht; nach dem ebenso gut bekannten Verfahrcn yon

S t a s - O t t o wird bei geniigender Extraktion die Gesammtmenge des Sultbnals in L0sung ttbergefiihrt werden, und bei dem seit wenigen Jahren in der Praxis

eingeftihrten Verfahren yon K i p p en b e r g e r'-') (Extraktion mit w~sseriger Glyceringerbs~ture) riehtet sich die Ueberffihrung des Sulfonals in die Extrak- tionsflfissigkeit nach dem Mischungsverh~tltniss yon Wasser und Glycerin. Naeh

meinen Untersuchungen 10sen 100 g Glycerin in der Kiilte 0,24 g Sulfonal; arbeitet

man unter Erw~trmen des LOsungsmittels, so werden grOssere Mengen gclOst, (tie sich aber beim Erkalten zum Theil wieder ausscheiden. Glycerin 10st also

wenig besser als Wasser und man wird nach dem Verf'ahren yon K i p p e n b e r g e r ebensoviel Sulfonal in LOsung iiberffihren als nach dem Verfahren yon D r a g e n -

d o r f f . Itier wie dort ist nach Identificirung des Sulfonals zur Extraktion

1) Kobert, Lehrbuch der lntoxikati,)n(~n S. 5,90. ~) Das Verfahrcn ist im Americ. Journ. of Pharmacy 1896, 68~ 378 yen ~age lvoe r t

durch u unter Zugruudelegung der in der Pra• gcgebenen FMIe als vorzffgliehe Mcthode bezeichnet.

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Jahzgang 1899.] Ja_n~ar. J Freie Verein. bayer. Vertr. augow. Chemie. 77

d e r Gesammtmenge des Sulfonals aus dem Untersuchungsobjekte ein Speeial- verfahren anzuschliessen, wie dies ffir einige andere Giftstoffe - - z. B. Cantha-

ridin - - bekanntermaassen ebenfalls nOthig ist. Ich sehliesse in der Praxis bei geriehtlieh-chemischen Untersuchungen in jedem Falle, ob naeh der Methode yon

D r a g e n d o r f f , S t a s - O t t o oder K i p p e n b e r g e r gearbeitet wurde, ein Special-

verfahren zur Isolirung der Gesammtmenge des eharakterisirten Giftstoffes an und habe in fast allen Fallen, also auch bei der Methode S t a s - O t t o , immer noch Reste des Giftstoffes isoliren kOnnen.

Die Wahl der zur Ausschfittelung des Sulfonals dienenden Flilssigkeit aus der nach der einen oder anderen Methode gewonnenen Flfissigkeit richtet sieh wieder nach den jeweiligen L0sungsverhaltnissen. Nach meinen Untersuchungen 10sen an Sulfonal:

100 cera Benzol (Siedepunkt 80--82 ~ 8,01 g] in der Warme lOsen

,, ,, Petroli~ther ,, 30--50 ~ 0,0(; - ![ aUe besser;

,, ,, Chloroform 32,5 !

ausserdem 10st Toluoi wie auch Aceton das Sulfonal in betrachtlichen Mengem Die Acetonl0sung scheidet das Sulfonal beim Vermischen mit nieht allzugrossen

Mengen Wasser nieht ab. Ffir Aether ist das LOsungsverh~ltniss oben ange- geben. Tetrachlorkohlcnstoff 10st es schwer.

Danach nimmt Chloroform das Sulfonal am leichtesten auf. Ohne

Zahlenbelege fiir die LOslichkeit des Sulfonals in Chloroform hat gelegentlieh

T h o r n s das Sulfonal in das Ausschfittelungssystem der Methode yon K i p p e n - b e r g e r eingereiht, wonach in Phase II - - Behandlung der saueren w~isserigen LOsung mit Chloroform - - alles Sulfonal in die Ausschtittelungsfltissigkeit iibertritt 1).

Ich wfirde reich mit diesem Vorschlage einverstanden erklaren, wenn mich

nieht die folgende auf Grund vielseitiger praktiseher Erfahrung gesttitzte An- sieht davon abhielte: Ist tier Ted eincs Individuums thats~tehlieh dureh ein organisches Gift erfolgt, so wird dieses - - soweit bis zum heutigen Tage die Statistik es lehrt - - fast aussehliesslich aus einem Alkaloid, Glykosid oder einem

Bitterstoff bestehen und man hat mit den sogenannten ,,neueren Arzneimitteln"

nur als zufi~lligen, durch die Verabreichung medikamentOser Misehungen dem

KOrper einverleibten Substanzen za rcchnen. Aus diesem Grunde ist es gut, fiir die sogenannten ,,neueren Arzneimittel", soweit sic Niehtalkaloide sind,

w e n n mOgl i eh eine besondere Ausschiittelungsphase zu sehaffen, um damit gleiehzeitig eine Trennung yon den Alkaloiden und, was noch wichtiger ist,

auch eine solche yon den in der exakten Einzelisolirung so viele Schwierigkeiten

bietenden Glykosiden zu bewirken. Soweit ieh auf Grund wissenschaftlicher

Versuehe den Ueberblick ffewonnen habe, dfirfte hierzu das Benzol geeignet scin. Fiir Sulfonal giebt das oben angegebene LOsliehkeitsverhaltniss den Beleg

') Ber. deutsch, pharm. Ge~. 1896~ 6, 282.

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78 Freie Veroin. bayer. Vertr. angew. Cimmio. lZeitschr. L Lntersuchung Ld. N a h r . - u . Genussmitte l .

der Brauehbarkeit und das Experiment lasst erkennen, dass Benzol der wasse-

rigen SulfonatlCisung dureh mehrmalige Aussehfittelung alles SuLfonal entzieht. In tier Methode yon K, i p p e n b e r g e r reiht sich die Ausschiittelung also an die mit'te!s Petl-olather an u n d es ist dabei zu beraeksichtigen, dass die Petrolather-

extraktion geringe, ffir die Analyse wohl z u n l i e h s t nicht zu beriieksiehtigende Mengen Sulibnal in sich aufnimmt. Toluol, das yon mir ebenfalls nach dieser Richtung hin in Anwendung gcbracht wurdc, eignet sich durch den hohen Siede-

punkt dieser Fliissigkeit (]11 ~ weniger gut. Hat die allg~meihe Analyse die Gegenwart yon Sulfonal im Untcrsuehungs-

0bjekte festgestellt und handelt es sioh sodann um die quantitative Isolirung

des Sulfonals, so verfahre ich in der fotgenden Weise: Das trockene oder sehwach feuchte Untersuchungsmaterial - -Fl / iss igkei ten

sind vorher einzudampfen - - wird entweder mit Chloroform o~Ier mit B e n z o l

in der Warme des Wasserbades extrahirt; die Extraktionsfliissigkeit wird yore festen Material dureh Filtration getrennt und der Destillation unterworfen. Der

Riiekstand, nunmehr mehrere Male mit kleineren Mengen Petrollither behan- delt - - es genfigen hierzu je 2--4 ccm - - lasst in diesen Fett, etwa vorhan-

denen Farbstoff, als Verunreinigung hier geltende andere K6rper und nur

Spuren-Sulfonals iibertreten, wahrend ein reines, sehneeweisses Praparat zurtickbleibt.

Enthalten die Organtheile Cholesterin, so bedarf es der Trennung des Sulfonals yon diesem K6rper, der bekanntlich in Alkohol, Aether, Sehwefel- kohlenstoff, Chloroform leicht und auch in Benzol nicht unbedeutend 16slieh

ist. Man ftihrt alsdann da s Sulfonal durch Behandlung mit Wasser in L~sung

fiber und sehtittelt es aus dieser wasserigen L6sung dureh Chloroform oder Benzol aus. Auf diese Weise werden auch cventuell vo rhandene Xanthin-

k6rper, die in Wasser gar nicht oder sehr schwer 16slieh sind, vom Sulfonal getrennt. Eine Trennung der Xanthink6rper wurde aber auch schon dureh die Art der Extraktion und die Reinigung der isolirten Substanz bewirkt, da dicse

Ktirper in Benzol unl6slieh oder schwer 15slich und in Petrollither ziemlieh leicht 16slieh sind.

Diese Methode babe ich an Kadavern yon mit Sutfonal vergifteten Thicren, wie auch an yon diesen Thieren abgegebenen Exkrementen vielfach in Anwen-

dung gebracht und damit einwandsfreie Resultate erzielt.

Hat man eine Flfissigkeit, in der Sulfonal neben Zersetzungsprodukten

yon Leichenmaterial vorhanden ist, so ffihrt in vielen Fallen die Behandlung mit Gerbsaure zum Ziele. Sulfonal bleibt dabei in L(isung und kann alsdann mit Chl()rofbrnl aus dieser saueren L6sung ausgeschiittelt werden. Die Be-

handlung mit Gerbsaure kann auch zur Trennung einiger anderer G i f t s t o f f e - wie z. B. Digitalin, Heltebore~'n - - benutzt werden. Hat man Su]fonal gleieh-

zeitig mit Alkaloiden isolirt, so volizieht sieh die Trennung yon diesen leieht durch Ftillung der Alkaloide in der saueren LSsung mit Jodjodkalium. Sulfonal bleibt dabei in L~isung, wahrend die abgesehiedenen jodwasserstoff-

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sauren Alkaloidsuperjodide in Aceton gelOst und aus dieser LOsung die Alkaloid-

b'asen naeh dem yon mir gegebenen Verfahren ~) isolirt werden kOnnen. Die ftir die Isolirung des Sulfonals in d e r geriehtlieh-chemischen Analyse

nieht unwichtige Beobaehtung, dass fettes 0el das Sulfonal ! n d e r K~tlte in nur sehr geringen Mengen aufnimmt, in der WRrme indessen d as Sulfonal in nieht

unerheblicher Menge 10st und den grOsseren Theil des gelOstcn Sulfonals nach Erkalten nur schr langsam, hRufig erst innerhalb mehrerer Tage abzugeben pflegt, s~i ebenfalls erw~hnt.

In dem yon H i l g e r und T a m b a vorgesehlagenen Verfahren der Tren-

nung yon PtomaTnen and Alkaloiden mittels Oxals,'turelOsung ~) bleibt Sulfonal dauernd in LOsung.

II. Charakterisirung des Sulfonals.

Sulfonal ist Diltthylsulibndimethylmethan (C H3)o. C (SO~. C~ Hs)~, das ge-

ruchlose, neutral reagirende Krystalle darstellt, die nach den Meisten gesehmak- los, nach Einigen schwach bitter sind.

Die Charakterisirung dieses KOrpers auf ehemisehem Wege ist sehr schwierig. Nach den Literaturangaben sind die Eigenschaf'ten des Sulfonals folgende:

Kalte koncen~rirte Schwefelstture, kochende koncentrirte Salpeters/s Brom, wie koehcnde AlkalihydroxydlOsung sind ohne Einwirkung.

Als Schmelzpunkt des Sulfonals wird iibereinstimmend 125--126 ~ an- gegeben, wenn man davon absieht, dass B a u m a n n ihn einmal bei 130--131 ~ liegend angegeben hat, welche 3Iittbeilung aber spiiterhin yon ihm sclbst korrigirt wurde. Gegen 300 o vcrfliichtigt sich das Sulfonal und sollen dabei nach Angabe Einiger nur geringe Zersetzungen stattfinden.

Zur Identificirung des Sulfonais ist yon Vulp ius 3) vorgeschlagen worden, das Prttpaxat mit der doppelten Menge Cyankalium zu misehen und alsdann zu erhitzen. Es SoD dabei ein penetranter Merkaptangeruch auftrcten und das restirende Produkt nach dem durch SalzsRure erfoigten Ansliuern mit Eisenchlorid die Rhodanreaktion (Ferrirhodanid) ergeben. Schon nach diesem Autor zersetzt sich Sultbnal, ffir sich allein erhitzt, ebenfalls, wenn auch -- wie Vulpius angiebt -- der Geruch nach Merkaptan nieht so intensiv auftritt als wie beim Erhitzen des mit Cyankalium vermischten Praparates.

R i t s e r t hat, um das Arbeiten mit geschmolzenem Cyankalium zu vermeiden, die Abspaitung des Merkaptans dureh andere reducirende Mittel zu bewirken ver- sucht4). Dazu benutztes ik'isch gef~tlltes Eisenoxydulhydrat, Natriumamalgam, trockenes Alkalihydroxyd blieben erfolglos; Pyrogalluss~ture indessen ffihrte zum Ziele. Man erhitzt 0,1 bis 0,2 g der Substanz im Reagensrohr, bis aus der wasserhellen, fliissigen Masse GasblRschen aufsteigen (280~), fRgt dann eiu wenig" Pyrog'allussRure (0,05

i) Zeitschr. anal. Chem. 1896, 35, 407 bezw. 414; oder Grundlagen ffir dan Nachweis yon Giftstoffen. Jul. Springer 's Verlag, Berlin, S. 78.

~) Arch. d. Pharm. 1887, 225, 408. a) Pharm. Centralh. 1887, 28; 245--246. 4) Pharm. Ztg: 1888~ 33, 312.

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[ Zeitschr. fi Untersuchnng 80 Frelc Verein. bayer. Vertr. angew. Chemic. Ld. 1~ahr.- u. Oenu~smittel.

bis 0,1 g) hinzu, worauf sich die Fli issigkeit braun f~lrbt und Merkaptandlimpfe von ihr ausgestossen werden. Ebensogut wie Pyrogallussi iure eignet sich Galluss~ure, da diese bei 2100 unter Abspaltung" yon Kohlensaure in Pyrogallussiture i ibergeht.

Nach C. S c h w a r z ~) zersetzt sich das Sulfonal bei Gegenwart yon Kohlenpulver unter Bildung yon Merkaptan und saueren D~tmpfen; die gleiche Zersetzung finder nach ihm durch Erhitzen des Sulfonals fiir sich allein schon statt.

Nach U n g e r ~) tritt bcim Erhitzen yon gleichen Theilen Sulfonal und Milchsaure ein leichter But tersauregerueh auf. Fi ig t man der Sehmelze Wasser zu, so entsteht eine wcisse, beim Erw~irmen sich 15sende Ausseheidung. Sulfonal und Weins~ture schmelzen zu einer dicken, sieh leicht br~tunenden Flt issigkeit , naehdem erst weisse Krystal le sublimiren. Bei weiterem Erhitzen destiliirt eine S~ture, die ein wenig ]Ssliches BIeisalz giebt.

W e f e r s - B e t t i n k 3) l~tsst zur Identificirung des Sulfonals das P rapara t mit etwas Eisenpulver erw~rmen; es soll ein knoblauchar t iger Geruch entstehen and der Riick- stand, mit verdi innter Salzs~ure behandelt, Schwefeiwasserstoff entwiekeln.

Naeh S t r o b e l 4) tritt Merkap~angeruch beim Erhitzen von Sulfonal mit Zink- chlorid ein.

Auch Erhitzen mit troekenem Natriumacetat (20-fache Menge des angewandten Sulfonals) soll zu einer Zersetzung fiihren, bei weleher Merkaptan und Schwefelwasserstoff auftreten, welch letzterer dureh Schwarzung eincs mit BleiacetatlSsung" g'etr~tnkten Papier- streifens sich zu erkennen giebt; gleichzei~ig wird ein mit NitroprussidnatriumlSsung benetzter Streifen violcttroth gefiirbt.

Mangansuperoxyd, wie andererseits aueh Natr iumamalgam sollen unter analogen Bedingungen ebenfalls zur Bildung des Merkaptang'eruehes fiihren; im er~tcren Falle enth~tlt die Schmelze Mangansulfat~).

Al l en d iesen Reak t ionen ist mi th in die B i l dung yon M e r k a p t a n gcme insam.

Wenn man nun d ie e inze lnen Versuche j e w e i l i g in i b rem Chemismus n~her ver-

folgt, so f inder man Un te r sch i ede , die fiic den e x a k t e n A n a l y t i k e r yon g rosse r

B e d e u t u n g sind. Zunachs t sei z u g e s t i m m t , dass bei a l l en R e a k t i o n e n ein auf

den Geruchss inn sehr u n a n g e n e h m und sehr empf ind l ich e i n w i r k e n d e s P r o d u k t

ents teht . Ande re r se i t s konn te b e o b a c h t e t werden , dass be i a l l eu R e a k t i o n e n d ie

Ze r se t zung erst bei e ine r T e m p e r a t u r s ta t t f indet , in d e r das Su l fona l in Dampf-

form i ibe rgeh t und also n icht e twa schon in de r S c h m e l z t e m p e r a t u r des P r a p a -

ra tes s ta t t f indet .

A r b e i t e t man in de r v o r g e s c h r i e b c n e n Weise mi t N a t r i u m a e e t a t , so k a n n

man aueh d ie b r a u n s c h w a r z e F~trbung e ines mi t B le i aee t a t lSsung getr~inkten,

am obe ren Ende des Reagens roh re s e ingeff ihr ten Pap ie r s t r e i f ens und dic roth-

v io le t te F~irbung e ines mi t a l k a l i s c h e r N i t r o p r u s s i d n a t r i u m l 5 s u n g b e h a n d e l t e n

Pap ie r s t r e i f cns beobach ten .

J) Pharn~. Z~g. 1888, 8:~, 405. ~) Pharm. Centrlh. 1889, 30. No. 3; Pharm. Ztg. 1889, 34:, 92. 3) Chem. Zig. 1889, 13, h'cp. 289. ') Ch(.m. Centrlbl. 1897, II, 1088. ~) ] ) r a g e n d o r f f , die g(~richllich-~'hl, m. Frmittelung von Gift(~i~. 4..Aufl. S. 112; Schae r

und Z (' n (, t t i, A nhdtung zu analvtis('h-~:hemischen Uebungsar]:)citen S. 56.

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Jahrgang 1899. 7 J a n u a r . _1 Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemie. 81

Schmilzt man mit Cyankalium, so wird der in der gleichen Weisc in An-

wendung tretende, mit BleiacetatlOsung getrtinktc Streifen z u m e i s t gelb ge- ft~rbt. Diese Erscheinung deutct auf Merkaptan, indem sich bier Bleimerkaptid

gcbildet haben kann. Ein mit alkalischcr Nitroprussidnatriuml6sung bcnetzter Streifen nimmt dann orangerothe F~irbung an, und auch diese Reaktion kann durch Merkaptan hervorgerufen worden sein.

In der Absicht, das Merkaptan zu isoliren, habe ieh die Reaktion unter besonderen Vorsiehtsmaassregeln angestellt, so, dass die Zusammenstellung

des Apparatcs es gestattete, die gasf6rmig entweichcnden Produkte iu Absorptionsgefitssen, wozu mit je 5 Kugeln erweiterte Pelig'otr6hrcn dienten,

aut~uf~mgen. Es b~ilt sehr sehwer, das Merkaptan yon den anderen bei dieser Reaktion sieh bildenden Produkten glatt zu trennen. Eine Waschung" der in

Dampfform entweichcnden Pro4ukte durch Clllorbaryuml6sung kann eine Tren-

nung yon schwefliger Saute, Schwcfelsiiure, sowie einigen anderen K6rpern be- wirken, man muss dann abcr aueh diese L6sung besti~ndig auf eine erhOi~te

Teinperatur bringen, um eventucll sieh k~ Merkaptan wicder zu verdampfcn. Als Absorptionsfltissigkeit ffir das Merkaptan seheint eine wttsse-

rige Silbernitratl6sung die zweckdicnliehste zu scin. Es scheidet sich Merkaptan- silber aus, das auf dem Filter gesammelt wird. Bei dieser Reaktion destillirt

aber aueh massenhaft Cyanwasserstoffsi~ure iibcr, die in Form des Silbersalzes ebenfalls zur Abschcidung gelangt. Beide Verbindungen sind in Cyankalium-

16sung 16slich. Bei der Reaktion in geringer Mengc entstehendes schwarzes Silbersulfid kann zumeist meehanisch getrennt werdcn, da sich dasselbc erst

dutch einc gcgen Eudc der Reaktion eutstandene Sehwefclverbindung bildet

und sich dann an den Wandungen dcr ersten Kugel fcstsetzt. In der mit Cyan- kalium bewirkten LSsung litsst Nitroprussidnatrium (alkalisch) die rothviolette

F~trbung sehr seh6n entstehen~), wiihrend die yon D 6 n i g e s in dig aualytische Chemic eingcftihrte 2) und sp~tterhin yon R ubn e r3) in einer Reihe physiologisch-

chemischer Versuche sowie noch jiingst yon Morr i s ~) beim Nachweise geringer Mengen durch Bakterien producirten Merkaptans mit so gutem Erfolge benutzte Isatinschwefels~iurereaktion (Griinf~trbung) nur sehr schwach auftritt (es ent-

wickelt sich dabei Cyanwasscrstoff, daher inl Freicn arbeiten!).

Wurde das Produkt anstatt in Silbernitratl6sung in Alkoho] geleitet, so" h~ttte eventuell gebildetes Merkaptan sieh in diescm 16sen mtissen; jedoch habe

ieh mit derartigen L6sungen dig flit Merkaptan charakteristischen Reaktionen, unter denen ich: Blauf~irbung einer alkoholischen Eisenchloridl6sung (Ra t hk e s)),

z) Cyank;dium des llamlels in wSsscriger LSsung mit Nitroprussidnatriuml6sung versetzt, f~rbt sich schwach rosa: (liese Fiirl)ung ptlegt aber bahl zu verschwinden und kann durch ihre Schwi~che cim~ Verwechselung kaum entslehen lassen.

u) Compl. rend. 1889, 108, 350. a) IIygien. Rundschau 1893, 8, 525; Chem. Ccnlrbl. 1893, I[, 536 und 1894, T, 90. ~) Arch. f. ]lygicne 1897: 80, 310. ~ Aim. (!ht!nl. 1)harlu. 161, 148.

~. 99. 6

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8~ Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemic. I-Zeitschr' f" Untersuchung [d . ~ ' a h r . - u. Genussmitte l .

Rothf~trbung einer alkalisehen Nitroprussidnatriuml6sung GrfinP~trbung von Isatinschwefels~ture (DSniges) nenne, stets nur mit absolut zweifelhaftem Re-

sultate erhalten. Die exakte Trennung des Merkaptans yon anderen bci diescr Reaktion

auftretenden Produkten wiirde cinch wescntlichen Fortsehritt in der analytischen

Chemic des Sulfonals bedeuten. Mit dcm Sehmelzrtiekstand gelingt die Reaktion auf Schwefelverbindung

durch alkalische Nitroprussidnatriuml6sung (purpurviolette Ftirbung, die schnell

roth, dann allmi~hlich missfarbig wird) sehr sch6n; weuiger gut l~tsst sich die in der Liter~ttur angegebene Reaktion auf Sulfoeyanalkaliverbindung durch

Versetzen der anges~tuerten L6sung mit Eisenchlorid (siche oben) beobachten, da wohl durch die bei der hohen Temperatur bewirkte Reaktion sowohl Cyan- kalium wie eventuell gebildetes Sulfbeyankalium zum gr6sseren Theile zur Zer-

setzung gelangt. Angenommen nun, dass sieh bei dcr Erhitzung des Sulfonals mit Natrium-

acetat, wie bei der mit Cyankalium (Vulp ius ) thatsachlich Merkaptan bilde, kann ich diescr Behauptung nieht zustimmen, wenn Sulfonal mit Eisenpulver

( W e f e r s - B e t t i n k ) oder mit Mangansuperoxyd oder mit Natriumamalgam oder mit Pyrogallussi~ure (R i t s e r t ) erhitzt wird. Hier tritt zwar regelmi~ssig auch

ein penetranter Geruch auf, dicser riihrt indessen sieherlieh nicht speciell yon Merkaptan, sondern yon andercn Produkten her.

Bei der Behandlung mit Mangansuperoxyd bleibt ein tiber das Reaktions- produkt gehaltener, mit BleiacetatlOsung getr~tnkter, wie aueh ein mit Nitro-

prussidnatriuml0sung befeuehteter Pat)ierstreifen ohne Farbenwechsel. Beim langsamen Erhitzen mit Eisenpulver kann man zun~tchst die Bildung

eines gelben (iligen Destillates beobachten, das beim Erkaltel~ krystallinisch erstarrt. Mit Bleiacetat|Cisung wie mit Nitroprussidnatriuml(isung bef'cuchtete Papierstreifen wechseln dureh die unter dem Einflusse dcr Rcaktionswirkung zwischen Eiscn und Sulfonal auftretenden dampffOrmigen Produkte ihre Farbe

nicht. Bei der Reaktion wird zumtchst eine Reduktion des Sulfonals erzielt

und wie ich gelegentlich land, gelingt diese Reaktion weitaus besser, wenn man mit M a g n e s i u m p u l v e r arbeitet.

tIierzu mische man die Substanz mit der etwa zweii'achen Menge Magne- siumpulver, gebe das Gemisch in einen trockenen Reagircylinder und erhitze fiber direkter Flamme, dabei den Reagircylinder etwas schief haltend. Es wcrden

weisse Nebel aufsteigen, die hauptsi~chlich aus saueren Produkten (namentlich

schwefliger S~ture) bestehen; gleichzeitig setzt sich, nicht welt vom erhitzten Ge- miseh entfernt, ein gelbes Oel an. Nach vollst~ndiger Bcendigung der Reaktion lasse man erkalten; das gelbe Oel erstarrt alsdann zu einem in Wasser sehr wenig, in Alkohol rcichlieh ]Sslichen, krystallinischen 1)rodukt. W~ihrend der

Rcaktion ist ein penetranter Geruch bemerkbar, der atlch dem erw~thnten

Sublimat eigen ist und voraussichtlich durch dieses hervorgcrufen wurde. Papierstreifen, die je mit w~isseriger Bleiacetat-, Nitroprussidnatrium- und mit

Page 9: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

Jahrgang 1899.'~ Januar. J Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemie. 83

alkoholiseher Eisenehloridl5sung benetzt sind, werden nicht gefarbt. Leitet man die bei der Reaktion entweiehenden Produkte in w~sserige Silbernitrat-

16sung (wie oben bei der Reaktion mit Cyankalium besehrieben), so entsteht

anfangs in ganz geringer Menge ein weisslicher Niederschlag, alsbald aber tritt die Bildung yon sehwarzem Silbersulfid ein, das in reiehlicher Mcnge zur Ab- scheidung gelangt.

Ich habe das bei tier Reaktion ZR erhaltende Sublimat wiederholt gesam- melt und vcrsucht, dessert Zusammensetzung und Konstitution zu ermitteln.

Die Analysen liessen erkennen, dass bei der Rcaktion keine einheitlich zu-

sammengesetzten Produkte entstehen; es geht aber aus verschiedenartigen Versuehen hervor, dass hier Thioderivate des Acetons vorliegen. Ich denke

mir den Verlauf der Reaktion daher so, dass aus dem Sulfonal zuniichst Mer- kaptol entsteht, das dann seinerseits dureh troekenc Destillation in Aethylsnlfid

und ausserst heftig rieehendes Thioaeeton zerf~tllt:

(CI:[:~)~. C. (SO~. C~ II~)~ -~- 8 H = (CI[3)~. C. (SC~ 1[5)~ -}- 4R~ 0 ( e l l a ) 2 . C . (SC~ Ho)~ ~ (CI[~)~ CS -t- (C~ tI~),~ S.

ein fach geschwe- feltes Aceton.

An Stelle der Verbindung (CH3)~ CS k0nnen aber auch je nach dem Er- hitzungsgrad und den durch das Reaktionsgefiiss gegebenen Oberflachen des

Gemisehes andere Thioacetonc, z. B. Dithio-, Trithioaceton (C3 H6 S)~ und (C3 H6 S)3, sowie auch mehrfach gesehwefelte Thioacetone, wie z. B. Tetrathiopenton C,5 H.2s $4, Duplodithiaeeton (C3 H,~ S~)o entstehen, und sehon dadurch erkliirt sich die Un-

gleiehmttssigkeit in den analytischen Resultaten des Sublimates. Sammelt man das Sublimat, 10st es in Alkohol und dampft diese Fltissig-

keit auf dem Wasserbade mit Sehwefelkohlenstoff ein, so resultiren Produkte, d i e einen noch penetranteren Geruch zu haben seheinen. Deren eingehende

Analyse habe ieh unterlassen, da sic ftir den gerichtlieh-chemischen Nachweis des Sulfonals keinen besonderen Werth haben dtirften, obwohl sic von allgemeinem

wissensehaftlichen Interesse sein werden. Allgemein ausgedriickt ffihrt also die Erhitzung eines Gemenges yon

Sulfonal mit Magnesiumpulver zu einem Sublimat, das aus widerlieh riechenden

Sulfiden verschiedenartiger Zusammensetzung besteht, wobei Thioalkohole, wenn iiberhaupt, so nur Spuren vorhanden sind, das in der W~irme 51artig erscheint

und beim Erkalten krystallinisch erstarrt, in Wasser wenig 15slich und in Alkohol 10slieh ist. Beim Erhitzen yon Sulfonal ftir sich tritt eine analoge Erseheinung nieht ein.

Auf Grund exakter Beobaehtungen und einer Reihe analytischer Befunde komme ich zu dem Schlusse, dass eine ',thnliche Reaktion arch dann stattfindet, wenn man das Sulfonal mit anderen redueirenden Reagentien behandelt. Es

fiihrte reich dies arch zu folgender Reaktion: Giebt man Sulfbnal in einen Reagircylinder, ffigt w e n i g Wasser und als-

dann nach und naeh Sttiekehen reinen metallischen Natriums hinzu, wobei man w~ihrend der Reaktion den Inhalt des Cylinders sehwaeh bewegt, so dass der Ober-

6*

Page 10: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

84 Freie Verein. b,'tycr. Vertr. angcw. Chcmio. [zei~scnr. f. Untersuchung Ld. N a h r . - u , G e n u s s m i t t e l .

flRche des suspend i r t en Sulfonals j ewe i l i g die gf inst igste Beding 'ung zur R e a k t i o n

g e g e b e n ist, so ents teh t cine F l i i s s igke i t , d ie nach Zusatz yon Sa lzsaure beim Er-

h i tzen Schwefe lwassers tof f abg ieb t , de r an t ier Schw~trzung eines mi t Ble iace ta t -

16sung be feuch te tcn Pap ie r s t r c i f ens zu e r k e n n e n ist. L6st man das Reakt ions-

p r o d u k t in Alkohol , f t igt Salzs}ture hinzu und crhitzt , so t r i l l die Rcak t ion nocb

deu t l i che r aufi Quecks i l be r ch lo r i d ruff in de r a lkoho l i schen F l i i s s igke i t al lmith-

l ich eine k r y s t a l l i n i s e h e A b s c h c i d u u g hervor .

Es wi rd sich h ier g e b i l d e t h a b e n : e inerse i t s durch Reduk t ion Merkapto l ,

d a n e b e n ande re r se i t s a b e t auch Nat r iumsul f id , sowie T h ioa lkoho l e und Sulfide.

Die R e a k t i o n ge l ing t bc i A n w e n d u n g yon viel Wa sse r , in dem al les

Sulfonal gel6s t ist, uur ~tusserst schwach, man w e n d e d a h e r j e w e i l i g Sul fonal in

Suspens ion mi t n u t sehr wen ig W a s s e r an.

R e d u k t i o n s v e r s u c h e mi t H y d r o x y l a m i n und solche mi t H y d r a z i n f t ihrten

zu k e i n e m in de r ge r i ch t l i ch -chemischen A n a l y s e v e r w e r t h b a r e n Resul ta te .

Bcim Erh i tzen von Sulfonal mit M a n g a n s u p e r o x y d eudl ich schein t w e d e r

(lie bei dem C y a n k a l i u m g e m i s c h , noch die bei de r M a g n e s i u m e i n w i r k u n g ein-

t r e t cnde Reak t ion aufzut re tcn . Man e rha l t h ier eine Menge weisser , s a u e r

r e a g i r e n d e r D~tmpfc und als S u b l i m a t zunitchst ein schneeweisscs P roduk t , n ie

a b e r den be i Magnes ium beobach te t en ge lben KSrper . Ein t )ene t ran ter Geruch

ist aueh h ier deu t l i ch w a h r n e h m b a r .

Auf Grund e x a k t c r Beobach tungen und a n a l y t i s c h e r Befunde nehIne ieb

an, dass hier un t e r d e m K o n t a k t de r Sauers toff a b g e b e n d e n , also o x y d i r c n d

w i r k e n kSnnenden Subs tanzen aus deu du rch die E rh i t zung e n t s t a n d e n e n Zer-

f a l l p roduk t en des Sulfonals sich O x y d a t i o n s p r o d u k t e d e r Th ioace tone - - Thio-

a c e t o n o x y d e - - b i lden , die ih rerse i t s ebenfa l l s e ineu d u r c h a u s pene t r an t en Ge-

ruch abgebeu . Auch diese P r o d u k t e nehmcn bci de r B e h a n d l u n g ih rc r a lkoho-

l i schen L6sung mi t Schwefe lkohlens tof f noch Schwefbl in sich au f und stel len

a l sdann ~tusserst hef t ig r i e chende K 6 r p e r dar . D a n e b e n wi rd vorauss ich t l i ch

auch die B i l dung yon a n d e r e n Su l fonde r iva t en s ta t t f inden.

T h i o d e r i v a t e de r Ketone, wie die a n g e d e u t e t e n T h i o a c e t o n o x y d e , s ind in

de r L i t e r a t u r yon W i l l g e r o d t , sowie yon B a u m a n n uud ] : r o m m e bc-

schr ieben w o r d e n ' ) .

An Stel le des ~ f i m g a n s u p e r o x y d e s wand te ich mit gtinstiffem Er tb lge an :

B a r y u m s u p e r o x y d , B ] e i s u p e r o x y d, P l a t i n schwarz und s a lpe t r i g sau re s Alka l i ,

we lche s~immtlich noch s ichere r zu r eag i r en scheinen als M a n g a n s u p e r o x y d uud

j eden fa l l s schon ve rm6ge ih re r ]e ichteren Rc inhe r s t e l l ung dem Mangansu ) ) e roxyd

gegcnf ibe r bei d ieser Reak t ion den u ve rd iencn .

Bei de r Reak t ion nach R i t s e r t , in we l c he r Pyrogalluss:~iure a u g e w e n d c t

wird , schein t mi r de r R e a k t i o n s v e r l a u f eiu t ihnl icher zu sein. Die Reak t ion

wi rd h ic r so zu erkl~tren sein, dass sich un te r d e m Zert 'al le dc r Py roga lh t s -

sliure des R e d u k t i o n s p r o d u k t des Sulfonals, Merkapto l , b i lde t und dass dieses

i) Bet. deulsch, chem. G~,s. 18~7, 20, "2467 und 1889, 22, 1035, 10-15 und "-'2592--2599.

Page 11: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

gahrgaag 1899.'] Freie Verein. b'~yer. Vertr. angew. Chemie. 85 .Tanuar . _1

alsdann sich zu Thioacetonoxyden zersetzt, vielleicht auch, dass sich d a n e b e n Thioaceton bildet; rcines Thioaccton konnte ich jedenfalls niemals mit Be-

stimmtheit ~lachweisen. Merkaptan wird auch in dieser Reaktion entweder Ear

nicht oder in nur minimalen .'~[cngen gebildet. Desglcichen ware die MOglich- keit nicht ausgeschlossen, dass sich intermedi~tr athansulfonsaurcs (athylsulfon-

sautes) Salz bildet, ein Produkt, das seincrseits aber bei der Erhitzung zu schwefligsaurem und schwefelsaurem Salz umgewandelt wird, wobei ein leichter Mercaptangerueh wahrnehmbar ist~). Ueber das Reaktionsgemisch geh~tngte,

mit Bleiacetat, h'itroprussidnatrium oder alkoholischer Eisenchloridl0sung be- netzte Papierstreifen erleiden keine FarbenverKnderung. - -

Die Niehtspaltbarkeit des Sulfonals durch w a s s e r i g e A e t z a l k a l i l 0 s u n g ist bckannt; ihre wisscnschaftliche Begriindung diirfte aus den umfangreiehen

Arbeiten yon S t u f f e r hervorgchen, der fiber die Verscifbarkeit der Sulfone eingehende Studien gcmaeht hate). Nach diescn hKngt die Verscifbarkeit der

Sulfone nicht yon der versehiedenen Konstitution der Sulfogruppe, sondern yon der Steliung der Sulf'ogruppe im Molekiil und yon sense im Molekiil vor-

handencn Atomkomplexen ab. Erganzungen hierzu sind yon A u t e n r i c t h 3 ) , yon Ot to 4) und von B a u m a n n ~) gegeben.

Sehmilzt man Sulibnal mit Aetzalkali im Silbertiegel zusammen, so miissen

natiirlich Ver~tnderungen eintreten und es crscheint bei theoretiseher Ueber- legung yon vornhercin nieht unwahrscheinlich, dass beim Abbau des Sulibnals Produkte durch Alkali gebunden werden, die zu charakteristischen Reaktionen

sollten verwerthet werden kOnnen. Das Experiment liisst aber erkennen, dass sieh fiir die gerichtlich-ehemisehc Analyse verwerthbare Resultate, die speciell

auf Sulfonal hindeuten, hierbei kaum erreichen lassen werden k0nnen. Das-

selbe gilt fiir den Fall, wenn man das Sultbnal zun~tchst mit einem reduciren- den Mittel - - wie z. B. dem oben benutzte Magnesiumpulver - - vermiseht und

dann mit Alkali sehmilzt. In beiden Fallen nimmt die Sehmelze zun~ehst eine

braune Farbe an, wird dana hellcr und es rcsultirt im ersten Falle (Sulfonal .-t-Alkalihydroxyd) eine weisse Schmelze, die viel schwefligsaures und schwefel-

sautes Alkali enth~tlt und frei ist yon Schwefclwasserstoff abgebenden KOrpern; im letzteren Falle (Sulfbnal-4-Magncsiumpulver-4-Actzalkali) erhalt man ein

mehr oder wenigcr stark gefiirbtes Produkt, das neben Magnesium auch oft unzerstOrten Kohlenstoff enthalt, helm Behandeln mit S~ture reiehlich schweflige

S~ure abgiebt und mit dem zumeist die Sehwefelwasserstoffreaktion mit Bleiacetat-Papier gelingt. Weder in der einen noch in der an deren Sehmelze

konnte Merkaptan naehgewiesen werden, dessen V o r h a n d e n s e i n - besonders

l) Siehe auch die in neuester Zeit erschienene Arbeit yon i . Rosenheim und O. Lieb- knecht: Uet)er alkylschwefligsaure Salze. Ber. deutsch, chem. Ges. 1898, 31, 405 bezw. 410.

~) Ber. deutsch, chem. Ges. 1890, 28, 1408--1414 und 3226--3241. ~) Ber. deutsch, chem. Ges. 1891, 24, 166--172 und 1512--1519. 4) Ber. deutsch, chem. Ges. 1891, 24, 1832--1836. 5) Ber. deutsch, chem. Ges. 1891, 24, 2272--2277.

Page 12: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

86 Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemie. I-Z~ f ' Untersllchung Ld. N a h r . - u . G e u u s s m i t t e L

im ers ten F a l l e - - als Mercat) t id theore t i sch ke ine besondcre U e b c r r a s e h u n g

gebo ten h a b e n wt t rdc ~). Sofern dieses in te r imis t i sch g e b i l d e t w o r d e n sei, dfirf te

es in t t thansul f insaures A l k a l i u m g e w a n d e l t worden se in , aus d e m sich durch

die r e d u c i r e n d e E i n w i r k u n g des Magnes iums A l k a l i s u l f h y d r a t , bezw. Alka l i -

sulfid schr le ich t zu b i l d e n v e r m a g . Ohne Magnes ium dfirfte zun~chst d ie

B i l dung yon su l fonsauren Sa lzen wahrsche in l i ch sein.

Erh i t z t man das Gemisch yon Sulfbnal und A i k a l i h y d r o x y d nu r so lange ,

bis d ie Schmclze eine r0 th l iehe F a r b e a n g e n o m m e n ha t - - was sich sehr le icht

beobach ten l~tsst - - und l aug t d a n n den e twas c rka l t e t en R t t cks tand mi t W a s s e r

aus, so g ieb t die f i l t r i r te L0sung mit E i sench lo r id Schw~trzung, mi t Nitro-

p r u s s i d n a t r i u m ro thv io le t t e F~irbung und mi t SRure (SalzsRure) Schwefe lab-

scheidung, Reak t ionen , we lche d ie G e g e n w a r t yon Sulf iden (Schwefe la lka l i ) an-

zeigcn. Diese R e a k t i o n l~isst sich als R e a g e n s r o h r v e r s u c h aueh mi t nu r sehr

wen ig Sulfonal r ech t gu t durchf i ih ren . - -

Die a n d a u c r n d e B e h a n d l u n g des Sulfonals mi t k o n c e n t r i r t e r S a l z -

s~ture u n t e r s e h w a e h e m D r u c k f i ihr te zu ke inem in de r ge r i ch t l i eh -chcmischen

A n a l y s e des Sul fbnals v e r w e r t h b a r e n Resul ta te .

I l L Das Su l fona l im th ie r i schen , bezw. mensch l i chen Ki i rpe r .

Meine f iber d ie V e r t h e i l u n g des Su l ibna l s im th ie r i schen K 0 r p e r unter -

n o m m e n e n Versuche b e z w e c k c n ke ineswegs die L0sung de r chemisch-phys io lo-

g i schen W i r k u n g des Sulfonals zu ve r suchen , sondern h a b e n l ed ig l i ch das Ziel

gehabt , e inen U e b e r b l i c k da r t i be r zu gewinnen , in w e l c he r Weise d e r Ger ichts-

c h e m i k e r be i d e r U n t e r s u c h u n g yon Le ichen v o r z u g e h e n haben wird , wenn das

I n d i v i d u u m vorauss ich t l i ch e iner Su l fona lve rg i f t ung un te r lag . Zu dem Z w e c k e

habe ich U n t e r s u c h u n g e n anges te l l t

1. mi t e inem ca. 8 k g schweren Hunde , de r zun~chs t 3 g Sulfonal , a m

a n d e r n T a g e 7 g Sul fonal mi t den Speisen zu sieh nahm. Nach wc i t e ren

48 S tunden er fo lg tc A b t 0 d t u n g des Th ie res mi t Kuge l schuss .

2. mi t e inem e twa 6 k g schweren I Iunde , dem an dre i a u i b i n a n d e r folgen-

den T a g e n je 2 g Su l ibna l b e i g e b r a c h t wurden . W~thrend d ieser Zei t w u r d c

de r Koth und ze i twcise de r [ [a rn untersucht . Dann erfolgte 4 T a g e l a n g Pause

und h i e r au f wi~hrend s ieben T a g e n E i n g a b e yon j e 2 g Sulfonal . Die Unter-

suchung des Kothes und des Harns w u r d e d a b e i for tgesetzt . Die T 0 d t u n g des

e ine s t a r k e I n t o x i k a t i o n ze igenden Thie res er folgte mit Kuge l schuss "24 S tunden nach d e r le tz ten Su l fona le ingabe .

3. mi t e ine r 5,4 k g schweren Hi ind in , welche bere i t s naeh au f 2 T a g e

v e r t h e i l t e r E i n g a b e yon 4 g Sulfonal s t a r k e V e rg i f t ungse r s c hc inunge n zu cr-

k e n n e n gab und desha lb sofort e rschossen wurde .

1) ~o llaben z. IL Sen c k i und S c]l on b e n k ~ Methyhnerkaptan aus Ehveiss und Leim durch einstiindiges ~Erhitzen mi! Aetzka5 auf 280 o erh:tlrell. Das ~enraptid wird "flso bei dieser Temperatur nicht zersetzt. (Arch. des selene, biolog, l:mbli(es par l'inslitut imp6rial de mSdic, exp6riment. "~ St. P6tershourg, 1~ 315.)

Page 13: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

Jahrgang 189th~ �9 l a n u a r . J Freie Ve.reir~. bayer. Vcrir. ~ngew. Chemic. 87

4. mit einer ausgewachsenen Ziege, welche an 3 aufeinandcrfolgenden Tagen je 2 g Sulfonal, dann an einem Tage 4 g Sulfonal, hierauf 6 Tage lang

je 5 g Sulfbnal uud nun eine Dosis yon 7 g SuKbnal mit dem Grtinfutter zu sich nahm. Es konnte nur ganz schwaehe Intoxikation bcobachtct werden. T~iglich wurden Milch und Harn untersucht.

5. mit zwei Kaninchen, die 4 Tage lang abwechselnd an einem Tage 1 g,

am andern 2 g Sulfonal einnahmcn. Die Thiere zcigtcn alsdann heftige Ver- giftungsersehcinungcn und wurden mit Chloroform abget(idtet. Es gclangte der Harn zur Untersuchung.

6. mit Urinen, abgegeben von Mensehen, die durchschnittlich ti~glieh je 2 g Sulfonal als schlafgebendcs Mittel eingenommen hatten.

Das Resultat dcr Untersuchungen mitsammt den in der Literatur sieh vorfindenden Angaben mag in folgender kurzcn Uebcrsicht wiedergegeben werden:

M a g e n : Zur Isolirung des Sulfonals wurdc das oben in Abschnitt I angegebene Specialvci'fahren unter Anwendung yon Benzol als Extraktions-

mittel angewendet, nachdem sich die andcren iu der Literatur angegebenea

Isolirungsmcthodcn dieses Giftstoffes bei diesen den in der Praxis gegebenen FKllen analogen Untersuchungen nicht bew~thrt hattcn. In allen F~tllen der ersten drei Vcrsuchsreihcn rcsultirte eine krystallinische weisse Substanz, die

durch dic in Abschnitt I I gcgebenen Reaktionserschcinungen chemisch als Sulibnal mit Sicherheit erkannt wcrden konnte. Hervorgehoben muss noch

werdcn, dass sich in Versuch 2, trotz dcr lange Zeit andauernden Sulfonal- eingaben, im ganzen Magcn nur nahezu 0,25 g Sulibnal unzersetzt vorfand.

B lu t : Die spektralanalytische Untersuchung hattc kcin bemcrkenswerthcs Rcsultat, das auf Vcr~tnderung dcs Blutes, nachwcisbar dutch diese Art der Untersuchung, zurtickzuffihren war.

Beim Versuche der Isolirung eventuell vorhandenen Sulfonals wurde, wie im Abschnitt I yon mir angegcbcn, verfahren - - Eindampfung des Blutcs unter

Zusatz yon weniff Salzs~urc, Extraktion mit Bcnzol, Trennung mit t)etrol - ~tther - - ; cs wurden aus je 100 ecm Blut zwischen 0,07--0,12 g eincr Substanz isolirt, welche die ftir Sulfonal eharakteristischen Reaktionen deutlich zu er- kcnnen gab.

Normales mensehliches Blut und solches yon durch vegetabilische Kost ern~thrten Thieren in analoger Weise behandelt, gab minimale Spuren yon kleinen Krystiillchen, die aber schon durch die ~tusserst geringe Menge ganzlich

unbedeutcnd ftir die Untersuchunff der mit Sul/bnal intoxicirten Organtheile sind. Ihre Untersuchung nach Isolirung aus einer grossen Menge Blut

ergab, dass diese Substanz die fiir Sulfonal charakteristischen Reaktionen n i c h t theilt.

Es sci bier wie in Abschnitt 1 betont, dass die im Blute vorkommenden Xanthinbasen durch die Behandlung mit Petroliither voraussichtlich ganzlieh entfernt worden sind.

Page 14: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

8 8 Freie Verein. b~tyer. Vertr. angew. Chcmie. [zeltsct~r. f. Untersuchnng k d . Nahr.- ~.I. ()euuss|nitLel.

Milch : Die in Versuch 4 von der Ziege abgegcbene Milch wurde mit

ausgegliihtem Sand eingedampft und der Verdampfungsrfickstand mit Benzol extrahirt. Beim Abdestilliren des Benzols hinterblieb das flfissige Fett; krystal- linische K0rper konntcn in diesem nie wahrgenommen werden. Dieser Ver-

dampfun~'sr~ckstand wurde mit warmem Wasser gesch~:ittelt, die w~isserige L0sung abgetrennt, nach dem Erkalten filtrirt und alsdann mit Chloroform

ausgeschiittelt. Der Verdunstungsriickstand dcr ChloroformlSsung unterlag der

Reinigung mit Petrol~tthcr. In der nach den ersten - - geringen - - Eingaben yon Sulfonal untersuehten Milch konnten auch nicht Spuren yon Sulfonal naeh- gewiesen werden. Nach Eingabe von 4 g Sulfbnal begann sieh eine absolut ge-

ringe M e n g e - - S p u r e n - Sulfonals vorzufinden, die nach Eingabe yon 5 g Sulfonal sich in kaum bemerkenswerther Weise steigertc.

W~thrcnd in dell erstcn Tagen des Versuchs je 350 bis 500 ccm Milch yon

der Ziege abgegeben wurdcn, verminderte sich dcren Absonderung spatcr auf 125 bis 200 ccm t~tglich. Die w~ihrend der ganzen Versuchsdauer der Ziege eingegebene Sulfonalmenge betrug 47 g, die w~thrend derselben mit

tier Milch abgegebene Sulfonalmenge 0,0247, also eine Menge, dic in der ge- riehtlich-chemischen Analyse kaum in Betracht zu ziehen sein dttrfte.

t I e r z : Die Untersuchung batte, wie vorauszusehen war, dasselbe Re- sultat wie das mit Blut erziclte. Es ergab sich hier die Nothwendigkeit der Reinigung des naeh meiner in Abschnitt I angegebenen Methode in sehr ge-

ringer Menge isotirten Sulfonals -- 0,06 bis 0,09 g --, welche, wie ebenfalls deft angegeben, durch LOsen in erwii, rmtem Wasser und Ausschtitteln der filtrirten

Fliissigkeit mit Chloroform vollzogen wurde.

L e b e r : Es wurden jeweilig ganz geringe Mengcn - - 0,07 bis 0,1 g - - un- zersetzten Sulfonals isolirt. Der Arbeitsgang war der gleiche wie bei tier Unter-

suehung des Herzens. K o t h : Versuch dcr Isolirung des Sulfonals aus dem eingetroekneten

Kothe, wobei hervorzuheben ist, dass sich nach der Extraktion mit Benzol die

Anwesenheit yon nieht unbedeutenden Mengen Cholcsterin in dieser Extrak- tionsfltissigkeit dutch Versuche jedesmalig mit Bestimmtheit konstatirt werden konnte und dass deren Entfernung dutch 1)etrol~tther fast vollsttindig, durch die alsdann erfo]gende Bebandlung mit Wasser und durch das Ausscbiitteln mittels

Chloroform - - wie in Abschnitt I angegeben - - glatt bewirkt werden konnte.

Sultbnal wurde im Kothc in nur minimalen, bei der gerichtlich-chemischen Analyse g~tnzl ieh zu vernachl~ssigcnden Mengen vorgefunden.

Es wurden auch specielle Untersuchungen auf Merkaptan durchgeftihrt,

derart, (lass die noch t~uchte Kothmasse direkt nach der Abgabe mit Benzol extrahirt, die filtrirte Extraktionsfltissigkcit destillirt, das Destillationsprodukt

mit koneentrirter Alkalilauge eingedampft und tier Rfiekstand nach Zusatz yon Oxalsii, urc auf Merkaptan untersucht wurde. Es fanden sich im Koth unzweifel- haft geringe Mengen Merkaptans vet.

Page 15: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

Jahrgang 1899.~ Januar. J Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemic. 89

Die angeffibrten Unte rsuchungen ergeben zun/ichst die Brauchbarkei~ des

yon mir im Abschnit t I ftir das Sulfbnal in Specialf/illen gegebcnen Isolirungs-

verfahrcns und lassen sodann erkennen, dass der Gcrichtschelniker bei der Un tc r suchung dcr Leichenthei le fast ausschliesslich auf die Unte r suchung des

Magens nebst Inhal t und des Darmcs angewiesen sein wird. Blut und blut- reiche K6rperthei le k o m m e n crst in zweitcr Linie in Beri icksichtigung, k6nnen

aber immerhin in zweifelhaften F/~llen yon Wicht igkci t werden. Die b e i h o h e r Sulfonaleingabe in die Milch i ibcrtretende Sulfonalmenge ist so gering, dass sie vom Gerichtschemiker vernachl/issigt werden kann. Das ira Koth yon

mir vorgefundene Merkaptan hat f(ir den Ger ichtschcmiker sozusagcn gar keine

Bedeutung, denn Merkaptan ist in ger inger Menge wicderhol t auch im normalen menschl ichen Koth vorgefunden worden. Wohl da r f es als wahrscheinl ieh an-

gesehen werden, dass der Merkaptangeha l t des Kothes durch hohe, andaue rnde

Sul tbnaleingaben in g c r i n g e r Menge erh6ht werdcn k a n n , doch ist anzu- nehmen, dass in den moisten F~illcn, in welchen nur mittelgrosse Doscn Sulib- nals zur Eingabe gelangten, die weitere Zers t6rung der Umwand lungsp roduk t e

des Sulfonals - - sci es durch Oxydat ion, sei es durch Rcdukt ion - - b e r e i t s beim Passiren des Darmkana les crfolgt scin wird.

Die in der Li tera tur vorhandenen Angaben fiber die Umwandlungs- p rodukte des Sulfonals im thierischen, bezw. menschl ichen K6rper sind fast

durcbgehends mit Bezug auf die im Harn auf t re tcnden abnormen Verh/iltnisse

aufgestell t worden; nur D r a g c n d o r f f ~) ~tussert sich in seinem Lchrbuche d a h i n l a u t e n d , dass sich das Sulfonal als eine schr bcst~tndige Verb indung im

K6rper zicmlich weir verfolgen lassen wird. Meine Versuche haben das Gegen- theil dieser Ansicht e rgcben und cs ist vorauszuschen, dass cine intensive Zer- se tzung des Sulfonals di rekt nach Verlasscn des menschl iehen Magens be-

ginnt, vielleieht theilwcise auch schon in diesem vol lzogen wird.

Nach B a u m a n n ' s ~) Ang'aben geht Sulfonal als solchms in den I I a r n nicht fiber, sondern es wird in leicht ]Ssliche und ziemlich best~tndige Schwefelverbindung'en iiber- geffihrt, wodurch die Mmng'e der gepaarten und ung'epaarten Schwmfmlsi~ure im Harn nicht zunimmt, die Gesammtschwei'elausscheiduug" jedoch in erhcblicher Weise gesteig'ert wird. K a s t s) hat bei scinen Untersuchung'en ~thnliche Resulmte erzielt. Nach den Untersuchungmn von S m i t h 4) findet sich nach Sulfonaleingabm im Hal~n Aethyl- sulfosaure.

J o l l e s :') fand im menschlichen Harn nach Sulfonaleingaben einc Vermehrung- der praformirtmn und hauptsacblich auch mine solcbe der gebundenen Schwefels~ture; gleicb- zeitig konnte mr dis Geg'enwart gering'er Mengmn unver~indertmn Sulfonals konstatiren.

FrShner ' ; ) g'iebt an, dass das Sulfonal bei P f a n z e n f r e s s e r n ( P f e r d und Rind)

l) Die gerichtlich-chemische Evmittehmg yon Giften. 4. Aufl., 1895, S. 111. ') Ther~q)eut. Mt,uatshefle 1888, 2. November; Pharm. Ztg. 1888, 88, 730. ~) Arch. f. experim. P'lthologie und l'harmakologie 1893, 31, 69-84. 4) Therapeu(. Monatsh. 1888, 2, 507. ~) Plmrm. Post 1891, 24, 1123--1128. ~) Arch. fiir Thierheilkunde 1888, 14, 118--125.

Page 16: Die gerichtliche Chemie des Sulfonals

[Zeltschr. L Ulltersllehullg 90 Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemie. I_~l. Nahr.- u. C, enus smn te l .

als solches naeh E ingabe grosser Meng'en im Harn unzersetz t erscheint, wobei nebenher

auch die Zersctzung" eines Thei les des Sulfonals zu Sulfes~uren stattfindcn kSnne.

K o b e r ~) konsta t i r te in e inem Falle yon Sulfonalvergif tung" des Eint re ten yon

H~tmoglobinurie. Dcr lYrin enthiel t reichlich Eiweiss und Forme lemen te , wclche die

Diag'nose einer schweren Nierenaffekt ion sicherten. Der aus dem ]Iarn durch Alkohol

gefitl l te Farbstoff erg'ab die H~iminkrystalle; im Uebr igen wurden g'leiehe Resul ta te

erziel t wie die yon B a u m a n n ang 'cgebenen. Nach A n g a b e n in L( ib i s eh's~) t i andbuch trit t diese Nierenaffekt ion bei m~issigen

])oscn Sulfonals nicht ein. Naeh ihm wirkt das in des Blut au fgenommene

Sulfonal allm~hlich zersctzend au f das H~imog'lobin ein und es ist im Urin das Auf-

t re ten yon I Iamatoporphyr in zu beobachten ( S t o k v i s a ) , S a l k o w s k i * ) , H a m m a r s t e n S ) ,

J o l l e s 6 ) . Letzteres sell sich schon dutch die dunkel ro the F~irbung" des Urins zu er-

kenncn geben. Nach S a l k o w s k i wird t I amatoporphyr in in dem Urin abgcschieden,

indem man ihu mit e iner Mischung' fiillt, die aus g'leichcn Volumen 10% - ige r Chlor-

baryumlSsung' und g'es~ittigter BarytlSsung' bcstcht. Dcr abfiltrirte Niederschlag wird

mit wenig" salzs~urehalt ig 'em Alkohol ausgezogen, der sich dabei violet t bis kirsch-

roth f~J, rb~. . I o l l e s (i. c.) cmpfichlt, d(m Nicderschlag zun~i(,hst wiederhol t mit Wasser ,

dann mit absolutem Alkohol auszuwaschen und schliesslich mit e inem erwP, rmten Ge-

misch yon 10 ccm absolutem Alkohol und 6 bis 8 Tropfen Salzsiiure, auszuziehen. Die

Flf issigkei t zeigt das ffir H~imatoporphyrin in sauerer LSsung' charakter is t ische Spekt rum,

wobei nach K r a t t e r T) stets zuerst das brei tere und dunklere Band in der Mitre zwischen

D und E, und dann der schw~ichere unmi t te lbar vor D g 'e legene Streifen auftri t t .

Zinkstaub und Na t ron lauge ffihrt zu eincm ffir des Urobi l in charakter is t i schem Spek- trumS); der dabei ents tandene KSrper sell abe t mit dcm Urobi l in nicht idcntisch sein9).

Setzt man nur Alkali hinzu, so wird die Fa rbc der Flf issigkeit meist rothbraun, selten

bleibt sic violett ; sit; zeigt a lsdann das ffir H~matoporphyr in in a lkal ischer LSsung

charakter is t i sche Spekt rum, des aus 4, bei passender Verd i innung 5 Absorpt ionsstreifen

besteht , yon denen nach H o i ) p c - S e y l e r TM) der crste zwisehen C mid D, nahe an D,

der zweite und dri t te zwischen D und E, j cder einer dicser Linicn nahe, der vicr te yon b bis F, diese beiden Linien an den l~lindern einschlicssend, g'eleg'en ist. K r a t t e r

(1. c.) beschreibt dieses Spek t rum derart , dass die v ier Strcifen nicht al ternirende, sondern graduel l veto rothen bis zum viole t ten Ende s tc igende lntensit~iten zeig 'en; ferner reicht

nach ihm des zwci te au f 1) geleg 'ene Band n u t mit c inem schwachen Schat ten fiber D

g e g e n C hinaus und ist des Band yon b nach F bin bre i tcr und intensiver . Das Auf t rc ten yon Hi imotoporphyr in im I-Iarn ist aber kc ineswegs immer auf

Sulfonalvergif tung" zu beziehen. So land es Q u i n c k e auch in eineln scheinbar nor-

melon ][arn und So l ) e r nh e i m berichtet i iber einen Fal l yon H~iinotoporphyrinurie,

1) Cenlralbl. f. klhl. Medicin 13, 185--88. 2) ])i~ ii(;ut21'eI1 Arzncinfittel. 4. Autl. J6. 3) Neederl. Tydschr. v. (kq,eesk. 1889., 2~ 413. ~) Zeitsehr. f. physiol. Chem. 1891, 18, 286--810. 5) Skandhmv. Arch. L Physi,,log. 1891, 3, 319. s) Pharm. Post 1891, 24, 1123--1128. 7) Viertcljahresschr. fib" gerichll. ~Iedicin 1892 ~3), 4, 62 ) --75. s) ] i o p p e - S e y l e , ' . B,,'. deulsch, chem. Gt!s. 1874, 7, 1066. 9) N o b ~ l , in I'~](iger's Arch. ff~r die g,'s. t'hysiologie 1887, 501.

~0) Handbuch d~'r ph)siol, urtd pathol,,g', c}t<.m..knalys~, 6. Autl., 222.

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Jahrgang 1899. 7 Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemic. 91 Januar. J

welche in Folge eines ansehnliehen II;tmatoms auftrat und mit dem Versehwinden des- selben aufhiirte.

B r e s s l a u e r , wie auch J o I l e s (l. c.), beobachmten bei chronischen Sulfonatver- giftung'en im Harn das Auftreten g'rSsserer Mengcn Indikans~).

Es sei auch die yon H ( ; n o q u c an Thierversuchcn beobachtcte, durch Sulfonal- eingabe bewirkte Pupi l lenverengung erw~hnt.

In den yon mi r anges te l l t en Versuchen w u r d e n die w~thrend des L e b e n s

yon den T h i e r e n a b g c g e b e n e n H a r n m c n g e n , sowic die de r t t a r n b l a s c de r ge-

tSd te ten T h i c r e c n t n o m m e n c n I t a r n c zun/~chst specie l l au f die G e g c n w a r t un-

v e r a n d e r t e n Sul fonals un t c r sueh t und dazu de r H a m mit wcn ig ausgeg l t ih t em,

r e inem Sand zur T r o c k e n e g e b r a c h t und d ieser Rf icks tand naeh dem im Abschn i t t I

yon mi r a n g e g e b e n e n S p e e i a l v e r f a h r e n de r I so l i rung des Sul fonals behandel t~) .

Mit S i c h e r h e i t n a c h w e i s b a r e Mengen Su l ibna l s konn te ich w e d e r be i

den yon F l e i s c h k o s t noch yon v e g e t a b i l i s c h e r Kos t sich e r n a h r e n d e n T h i e r e n

erhal tcn , d a g e g e n gel.ang es mir, in de r in g l e i chc r Wci se e r fo lg ten U n t e r s u c h u n g

yon e twa 20 L i t e r Urin, d e r yon Menschen nach Su l fona l c inga be n o r m a l e r

Dosis a b g e g e b e n w o r d e n w a r , e ine ganz gc r inge Menge e ine r Subs t anz zu iso-

l i ren, die nach ihren chemischen R e a k t i o n s e r s c h e i n u n g e n als Sul fonal c h a r a k t e -

r i s i r t w e r d e n konnte . Auch de r in Versuch 4 yon de r Z iege und de r in Ver-

such 5 yon den K a n i n e h e n a b g e g e b e n e Ur in enth ie l t e ine k a u m b e m e r k e n s -

wer the Spur Sul fona l , sodass die yon F r 6 h n e r oben e i t i r te A n g a b e f iber d e s

V o r k o m m e n von unver~tnder tem Sul ibna l im H a r n d e r init v e g e t a b i l i s c h e r Kos t

s ich erni~hrenden Th ie r e doeh wohl wesen t l i ch eingeschr~tnkt w e r d e n muss.

Naeh m e i n e m Daff i rha l ten bes teh t b i e r i i b e r h a u p t ke in Un te r sch icd zwisehen mi t

b e i d e r l e i Ar t en yon Kos t sieh ern~threnden I n d i v i d u e n und es dfirfte bei ge-

r i ch t l i eh -ehemisehen U n t e r s u c h u n g e n d iese ~tusserst ge r i nge im I I a r n s ich

vo r f indende Menge Sulfonals naeh i n n e r l i e h e m G e b r a u e h e - - ob mi t o d e r

ohne I n t o x i k a t i o n s e r s c h e i n u n g beg le i t e t - - ganz ausse r Aeht zu lessen sein.

Eine we i t e r e spec ie l l e Pr f i fung de r H a r n c a u f A e e t o n g e h a l t e rgab j e w e i l i g

dessen A b w e s e n h e i t ; d ie theore t i sehe E r w l i g u n g hii t te se ine G e g e n w a r t als

A b s p a l t u n g s p r o d u k t des Sulfonals n ich t als unmOglich e r sche inen lessen.

H i n g e g e n konn te ich die G e g e n w a r t e rh6hte r Mengen I n d i k a n s fast best~tndig

mi t a l l e r Bes t immthe i t naehweisen .

Der V o r s i t z e n d e g ieb t sodann e inen Rf i ckb] i ck f iber die b i she r ige T h a t i g k e i t de r Kommiss ion zur B e a r b e i t u n g e iner We ins t a t i s t i k ffir das deu t sche Reich , be r i ch te t i n sbesonde re f iber die letzte S i tzung d ieser Kommiss ion vom 24. und 25. J u n i 1898 zu Metz und ve r l i e s t d ie da se lb s t aufges te l l t en Resolu t ionen :

1. Die Kommission zur Bearboilung ([er Weinstafistik erklS~rt sich oinstimmig gegen die yon versehiedenen Seiten beffirwortete Abschaffung tier sogenanuten Grenzzahlen, da diese besfimmte und saehlieh ganz richtige Anhaltspunkte fiir eine einheitliehe Beurtheilung des

1) Wiener medic. B1. 1891. S. 3 und 19. ~) Eine direkte Ausschfltte[ung der Hala~e durch Benzol oder Chloroform wird durcb.

(lie dabei fast stets eintretende Emulsionsbildung umnSglich gemaeht.

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Weines bilden and als solche for den Vcrke[~r mit Weia unentbehrlicb geworden sind, und da ferner in der Autstellung solcher Grenzzaltlen die einzige MSglichkeit liegen diirfte, ohne behSrd~ lithe Kel]erkontrolle einer 5bermiissigen Verl~ngerung tier Weine wirksam entgegenzutrcten.

2. Auch eine Aenderung jener Grenzzahlen, sei kS durch deren allgemeine ]ZrhShung, sei es dure]~ eine Festsetzung in verschicdcner Iliihe nacl~ Maassgabe einzelner, bestilnmt abge- grenzter Weinbaubezirke h~.lt die wei,lstaristische Kolnmission nicht f(ir angezeigt.

3. Eber, s~ bestimmt: wie (tie Kommission sich gegen die Beseitigung der Grenzz~dAen ausspricht, wendet sic sich abet auch gegen die viel verbreitete missverstiindliche UebersrMtzuzg (Ier Grenzzahleu.

In Bestiitigung der sehon im Jahre 189P~ in Mainz, sowie der 1896 in Wiesbaden ge- fassten Beschltisse bctont sie auf's Entschiedenste, class es dem Sinne des \Veingesetzes voll- sl~indig zawiderlSuft, die Grenzzahlen als einziges Kriterium der Zulassigkeit eines Weines anzusehen, sondern dass die Grenzzahlea iiberhaupt nur heranzuziehen sind, wenn die Voraus- setzung zutrifft, (lass das za beurtheilende Getrgnk Wein im Sinne des w 3 des Gesetzes vom 9,0. April 1899, ist.

Es geniigt deshalb zur Beurtheilung eines \Veines dun-haus nicht, nur (tie drei, in der Bekanntmachung des Bundesraths yore 9,9. April 1892 aufgeffthrten Zahlen zu bestimmen, sondern es muss eine :msfiihrliehe Analyse tier Beurtheihmg zu Grunde gelegt werden.

4. Die Kommissi,m erbli~:kt einen aassichtsvollen Weg zur Beseitigung vorhandener Missstsnde and nalnentlich zur Verhiitung des Missbrauchs der Grenzz~dAen in dem Ausbau der wissensctmftlichell Orundlagen fiir (tit Beurdmihmg der Weine, un(t zwar zun~i.chst in folgeuden Richtungen :

A. Den wiclltigsten un,l entseheidenden Graud ffir (tie Zulassigkeit des Gallisirens bihtet dig Nothwendigkeit einer Herabsetzung iiberm/issig hoher Siiure i,n Wein. Umgekehrt muss daher eine zu weilgehende Verminderung der S/tul'e als ein hrauchbares Merkmal dafflr ange- sehen werden, dass gelegentlich der Zuckerung eine fil,enniissige, und dahe," im Sinne des Gesetzes unzui~ssige Vermehrun a" stattgefunden hat.

Auf Grand tier diesbez6.glichen Ausf(itmmgen yon Dr. IV[bslinger und tier vorgenom- menen Sichtung des gesammten stadstisehen Materiales gelangt die Kommission zu dem Vor- schlage, neben der Begrenzung yon ]~xtrakt, Mineralstofl'en und ~2xtrakirest .inch eine gesetz- liche Begrenzung des Si~uregehaltes ~tuf folgender Grundlage als wfinschenswerth hinzustellen:

,Bei Wein, tier n~eh seiner Benet, r, ung einem inlSndisehen Weinb.rugebiete entsprechen soil, daft durch den Zusatz w,[sseriger ZuckerlSsung der naeh Abzug des saueren Antheiles der Weinsii.ure (d. h. der gesammten freien Weins~ure und der |].Mfte der halbgebundenen Weins~iure) and nach Abzug der auf Weinsi~.ure umgerechneten flSchtigen Siiure verbleibende Gehalt an freier SSure nicht nnter 0,9,8 g in 100 ccm Wein herabgesetzt werden, sofern der Gesammtgehalt an Extrakt nicht wenigstens 1,7 g in 100 ecru betriigt."

Durch eine derartige Bestimmung w(irden nicht blos die einfach O)erstreckten Weine, sondern auch (tie g'rosse Mehrzahl der Trester-, He.fen-, R.osinen- und Kunstweine, sowie der durch Yersehnitt mit letzter~n ,analysenfest" gemachten 5berstreckten Weine zugleich getroffen werden.

B. Fib' die Entscheidung der ]:'rage, ob ein n a c h w 1 des Weingesetzes verbotener Glycerinzusalz vorliegt, sind in frflheren Sitzungen der Kommission bereits vorliiufige Anhalts- punkte aufgestellt worden. Da inzwist;hen beziiglich des Alkohol-Glyce,'in-VerhSltnisses u. s. w. auch bei gallisirten Weinen geniigende Erfahrangen vorliegcn, so fasst die Kommission nuninehr folgenden Beschluss:

Als mit Glye(;rin versei:zt ist ein Wein zu beanstanden, wenn bei eineln 0,5 g in 100 ecru ftbersteigenden Gesammtglyceringehalt a) der Extraktrest naeh Abzug der nicht flfichtigen S/~ure zu mehr als ~/a aus Glycerin besteht, oder b) das Ver- hrdtniss yon Glycerin zu Alkohol mehr als 10,5:100 und der Gesammtextrakt nicht mindestens 1,8 in 100 ecru betrSgt.

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Jahrgaug 1899.'] Za,,ar. J Freie Verein. bayer. Vertr. angew. Chemie. 9 3

C. Na(.h den Ausffihrungen yon ])r. Barth-Colmar wird ~uch dem folgenden Beur- theilungsprineip zugestimmt:

Weine, welche auf dem "Wege auerkannter I~:ellerbeh~mdlnng ausser den Traubensaft- bestandtheilen und den Zuekerverg'ahrungsprodukte.n ;inch Treslerbestandthei[o in ihrem Extrakt aufgenommen haben, miissen sehon ohne die aus (tea Trcstern gelfsten Bestandtheile den An- fordernngen der Bundesrathsbekanntmachung veto 29. April 1892 genfigen, und zwar miissen sic in Folge (ler Tresterauslaugung wenigsl~ns um die ffinffache Menge des m~chgewiesenen Gerb- stoffgehaltes fiber den untersten Extraktgehaltsgrenzen jener Bun(lesr~thsbekanntmachung stehen. Weine, weh:he (liese Anforderung nicht erfiillen, sind zu beanstanden. Vovaussetzung fiir (lie Anwendbarkeit dieses Beurtheihmgsmedus ist eine him'eichen(l genaue Gerbsloffbestiinmungs- methode.

Die wm Ber t h vorgeschlagene lnodificirte kolorimetrische Methode kann erst ~tuf Grund genauerer Ausarbeilung und nachdem auch anderwcitige Erfahrungen fiber sic vorliegen definitiv zu diesem Zweckc empfohlen werden.

D e r V o r s i t z e n d c e r such t d ie H e r r e n Dr. M O s l i n g e r - N e u s t a d t a / H . und Dr. B a r t h - C o l m a r , d ie Begr f indung de r v o r s t c he nde n Bcschlt isse zu fiber- nehmcn.

Ueber eine neue Grundlage zur Beurtheilung gezuckerter (gallisirter) Weine.

Yon

Dr. M i i s l i n g e r - N e u s t a d t a. d. Haa rd t .

M . H . ] ) e r a bes t ehenden W e i n g e s e t z e , haup t sach l i ch abc r den dazu er-

l assenen Aus f f ih rungsbes t immungen des Bundesra thes , ist in nc ue re r Zei t e ine

s t a r k c Gegnersch~f t e rwachsen , und zwar w e n i g e r au f wisscnsch~f t l icher Seitc,

als au f Seite d e l j e n i g e n P r a k t i k e r , (lie da g l auben , ftir gewisse une r f r eu l i ehe

E r sehe inungen des W e i n m a r k t e s das Weingese t z und die B u n d e s r a t h s b e s t i m m u n -

gen ve ran twor t l i ch m a e h e n zu sollen.

I n sbesonde re s ind die sog. Grenzzah len G e g e n s t a n d zah l r e i che r Angriffe

geworden , die s ich bis zu dem Rufe nach Abschaf fung ve rd i ch t e t en , ohne dass

i ibr igens , dies sei g le ich v o r w e g b e m e r k t , yon i rgend e ine r Seite e rns tha f te

Vorseh lage zu de ren Ersa tz durch e twas Besseres he rvo rge t r e t en w~tren. I n

d iesem K a m p f e g e g e n die Grenzzah len sp ie len wi r thsehaf t l i ehe Ges i eh t spunk te

die obers te Rolle. Al le in rac ine heutig'e Aufga be an d ieser Ste l le k a n n es n ich t

sein, des F i i r und Wid(;r des We ingese t ze s veto wi r thschaf t l i chen S t a n d p u n k t e

aus zu b e l e u e h t e n , , f a r uns k a n n es sich v i e l m e h r nu r d a r m n hande ln , die

wis senschaf t l i ehen G r u n d l a g e n de r Bes t immungen des Weingese t zcs zu prt i fen,

und fai ls d iese ]e tz teren sieh nicht mehr als gen t igend erweisen, Vorsehl~tge zur

Besse rung zu maehen .

U e b e r die N o t h w e n d i g k e i t de r Z u c k e r u n g bei c inem sehr e rheb l i ehen

The i l e de r e inhe imischen R e b p r o d u k t e h icr ein W o r t zu ver l i e ren , e r sche in t

anges ieh ts de r k l ima t i s chen Verh~i.ltnisse de r deu t sehen W e i n b a u g e b i e t e i iber-

flfissig. In Be r i i cks i eh t igung a l le r dab in z i e l enden F o r d e r u n g e n r a t i one l l e r

W e i n t e c h n i k und de r be rech t ig t en Anspr i iehe des We in k o n s u m i r e n d e n Publ i -