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04/2012 Innovationspraxis Ein Managementbrief für Kunden und Interessierte zur Reflexion von Innovationsprojekten Die Krux der Entscheidung Themenschwerpunkt in dieser Ausgabe: Entscheidung ersetzt Unsicherheit durch Risiko Der richtige Zeitpunkt für eine Entscheidung Dipl. Ing. Otmar Stillhard

Die Krux der Entscheidung

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- Entscheidung ersetzt Unsicherheit durch Risiko - Der richtige Zeitpunkt der Entscheidung

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04/2012

Innovationspraxis Ein Managementbrief für Kunden und Interessierte zur Reflexion von Innovationsprojekten Die Krux der Entscheidung Themenschwerpunkt in dieser Ausgabe: • Entscheidung ersetzt Unsicherheit durch Risiko • Der richtige Zeitpunkt für eine Entscheidung

Dipl. Ing. Otmar Stillhard

04/2012

Die Krux der Entscheidung Entscheidungen in Innovationsprozessen haben eine grosse Tragweite für ein Unternehmen. Die zukünftige Prosperität wird durch die Definition von neuen Produkten und Innovationspro-grammen erheblich beeinflusst. Es lohnt sich, Gedanken zur Funktion und Wirkung von Ent-scheidungen festzuhalten. Ein Innovationspro-zess wird initiiert durch eine Idee. Sie bedeutet ein Szenario für eine zukünftige Neuerung mit wirtschaftlichem Erfolg. Vor einer Entscheidung zur Realisierung ist die Idee zu konkretisieren. und Informationen vom Markt über zukünftige Kunden sowie über Technologien zu gewinnen. Trotz gründlicher Recherchen und Grundlagen-arbeit bleibt eine Unsicherheit über den zukünf-tigen Erfolg bestehen. Die Ungewissheit ent-spricht einem Zustand im Nebel (Bild rechts). Konturen einer Lösung sind wahrnehmbar, eine Ungewissheit bleibt auch beim Vorliegen noch so guter Entscheidungsgrundlagen bestehen.

Der Soziologe Niklas Luhmann bietet eine Erklä-rung. Unsicherheit entsteht bei gleichzeitigem Vorhandensein von Wissen und Nichtwissen1. Fehlendes Wissen über die Zukunft kann nicht durch Wissen in der Gegenwart kompensiert werden.

Eine Entscheidung ersetzt Unsicherheit durch Risiko

Funktion einer Entscheidung

Die Entscheidung ersetzt Unsicherheit durch ein Risiko2. Es ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Projektergebnis zum Schlechten wenden wird und sich kein Erfolg einstellen wird. Kom-munizierte Entscheidungen im Innovationspro-zess sind Grundlagen für die weitere Entwick-lung und Realisierung eines Vorhabens. Die beauftragte Organisation hat nach der Ent-scheidung die Aufgabe, ihre Entscheidungen auf dem vorher getroffenen Beschluss abzustützen. Die Unsicherheit ist verschwunden, was in der systemischen Organisationstheorie als Unsi-cherheitsabsorption bezeichnet wird. Das Wis-sen um die Funktion eines Entscheides hilft Führungskräften. Sie können die Auswirkungen einer Entscheidung in einer weiteren Dimension bewerten. Führungskräfte haben für gute Entschei-dungen zu sorgen Viele Wissenschafter haben sich mit Entschei-dungsprozessen auseinandergesetzt. Eine Mehr-

heit der Ausarbeitungen befasst sich mit dem Prozess der Entscheidung der als Auswahl aus Optionen aufgefasst wird oder wie Entscheidun-gen zustande kommen. Vor dem Hintergrund der Innovationspraxis möchte ich mich eher auf die Funktion von Entscheidungen nach dem systemischen Ansatz konzentrieren und zwei Aspekte beleuchten. Entscheidungen werden erstens oft nicht bewusst und zweitens nicht im richtigen Zeitpunkt gefällt. Führungskräfte ha-ben für gute Entscheidungen zu sorgen. Das bedeutet nicht, dass sie immer selbst entschei-den müssen. Der Einbezug von Betroffenen erleichtert die Umsetzung. Die letzte Verant-wortung liegt aber immer bei der Führungs-kraft. Die beste Wahl genügt oft nicht Wichtige Entscheidungen in der Innovationspra-xis sind beispielsweise die Freigabe von Innova-tionsprojekten oder die Wahl von Konzepten. Erfahrene Führungskräfte wählen nicht einfach die beste der vorgelegten Optionen, sondern entscheiden nach den Chancen oder Risiken, die aus dem Entscheid resultieren. Entsprechen die Chancen und Risiken nicht den Ansprüchen und Wertvorstellungen, dann sind alle Optionen zu verwerfen und neue Entscheidungsgrundlagen zu entwickeln. Es lohnt sich, die Fragen zu stel-len, ob das Team zu vorsichtig gerechnet hat oder das schlimmste Negativszenario wirklich untersucht wurde.

In frühen Projektphasen muss mit wenigen Infor-mationen über die Zukunft entschieden werden (SMART DIGITAL von Grundfos).

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Ist ein Entscheid einmal gefällt, dann verhalten sich die Beteiligten so, als ob die Zukunft sicher wäre. Die Unsicherheit wird durch den Ent-scheid absorbiert. Anstelle der Entscheidungs-grundlagen wird nur noch die Schlussfolgerung kommuniziert und die resultierende Planungs-

sicherheit scheint für alle Beteiligten vorteilhaft. Die Festlegung auf die beste Option kann ver-heerende Folgen haben. Die beste Option kann Risiken beinhalten, die nicht getragen werden können. Die resultierende Planungssicherheit kann sich als trügerisch erweisen.

Der richtige Zeitpunkt für eine Entscheidung Zeitpunkt einer Entscheidung in frühen Projektphasen Eine weitere Klärung drängt sich zum Zeitpunkt einer Entscheidung auf. Soll ein Entscheid mög-lichst früh oder möglichst spät getroffen wer-den? In frühen Projektphasen wird oft zu schnell entschieden. „Denn sie fliegen wie mit Engelsflügeln auf den ersten besten Mist“ schrieb Erich Kästner3 und dieses Zitat passt zu den oft zu schnellen Konzeptentscheiden in frühen Projektphasen. Die mögliche Einflussnahme auf den Projekter-folg verringert sich mit dem Projektfortschritt (Bild). Die kumulierten angefallenen Kosten sind dagegen am Anfang noch sehr gering. So lohnt es sich, in frühen Projektphasen möglichst spät zu entscheiden, Unsicherheit auszuhalten und Beteiligte zu Kreativität und Recherchen anzuspornen. Nein zu sagen ist anspruchsvoller als Ja zu sagen. Der Philosoph Immanuel Kant hat sich zum Aufschieben oder Zurückhalten eines Urteils geäussert: „Sein Urteil nach Maximen zu sus-pendieren, dazu wird eine geübte Urteilskraft erfordert, die sich nur bei zunehmendem Alter findet. Überhaupt ist die Zurückhaltung unseres Beifalls eine sehr schwere Sache, teils weil un-ser Verstand so begierig ist, durch Urteilen sich zu erweitern und mit Kenntnissen zu berei-chern, teils weil unser Hang immer auf gewisse Sachen mehr gerichtet ist als auf andere“4. Die Zurückhaltung im Urteil gibt besseren Ideen eine Chance. Spät entscheiden bedeutet nicht Zeit zu ver-schwenden. Es geht darum, erfolgreiche Alter-nativen möglichst spät noch wählen zu können. Neue Entwicklungsmethoden berücksichtigen den Aspekt der späten Entscheidungsfindung. Mit Set Based Design werden beispielsweise parallel mehrere Lösungskonzepte entwickelt und möglichst spät wird das endgültige Konzept entschieden. In späteren Entwicklungsphasen gelten andere Prioritäten In der Realisierungsphase ist das Produktkon-zept entschieden. Es sind bereits erhebliche

Kosten angefallen. Der Einfluss einer Entschei-dung auf den Projekterfolg wird immer gerin-ger. Zudem sind Entscheidungen in der Reali-sierungsphase mehrheitlich Fachentscheide, die einfacher abzustützen sind. Dem Zeitgewinn und der Einsparung von Ressourcen ist das Risiko gegenüberzustellen. Erfahrene Fachex-perten können in vielen Fällen mit qualifizierter Intuition rasch richtige Entscheidungen treffen. Oft wird in dieser Projektphase jedoch zu spät entschieden. Unnötige Unsicherheiten in Ent-wicklungsteams und damit Verschwendung von menschlichen Ressourcen sind die Folge. Viel-leicht ist es ein Zwang zur Perfektion, der von Entscheiden abhält. Hier gilt es, Unsicherheiten rasch durch Entscheide zu absorbieren. Teams sind auf schnelle Entscheide, klare Kommunika-tion und damit auf Planungssicherheit angewie-sen. Erfahrene Führungskräfte sorgen für diese raschen Entscheidungen.

1 Luhmann N. Organisation und Entscheidung.

Suhrkamp. Frankfurt am Main; 2000 2 Fritz B. Simon. Einführung in die systemische

Organisationstheorie. Carl-Auer. Heidelberg; 2007

3 Kästner E. Sogenannte Klassefrauen. Gedicht 4 Kant I. Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen.

Königsberg; 1800 © Stillhard Management Services

Beeinflussbarkeit des Projekterfolgs und kumu-lierte Kosten in Funktion des Projektfortschritts.

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Dienstleistungen für Ihre Projekte Stillhard Management Services bietet Management und Ingenieurdienstleistungen für Ihre Innovationen. Sie profitieren von erfolgreichen Innovationsprojekten, Überbrückung in Notlagen, Neuausrichtung Ihrer Innova-tionsprozesse oder vom Erfolg Ihres individuellen Projektes. Jede Dienstleistung wird individuell auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet und von Otmar Stillhard persönlich bearbeitet. Stillhard Management Services Ofenbachstrasse 14 CH-8266 Steckborn +41 (0)52 761 30 40 [email protected] www.stillhard-ms.ch