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2014 Dr. Renate Grimmlinger. MSc Heimatmuseum Gablitz 1.05.2014 Die LAURENZIUS KAPELLE in Gablitz und der KONFLIKT aus 1642 - eine historische Spurensuche

Die LAURENZIUS KAPELLE in Gablitz und der KONFLIKT aus

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Page 1: Die LAURENZIUS KAPELLE in Gablitz und der KONFLIKT aus

2014

Dr. Renate Grimmlinger. MSc

Heimatmuseum Gablitz

1.05.2014

Die LAURENZIUS KAPELLE in Gablitz

und der KONFLIKT aus 1642 -

eine historische Spurensuche

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2 Dr. Renate Grimmlinger MSc Recherche zur Kapelle Stand 10/2013 - 4/2014

DANKSAGUNG Herzlicher Dank gebührt Frau Dr. Elisabeth Knapp, Mauerbach Herrn Dr. Johann Weißensteiner/Diözesanarchiv Wien Herrn Dr. Manfred Horner, Bayrisches Staatsarchiv München Herrn Mag. Dieter Halama, Pressbaum für die tatkräftige Unterstützung bei Transkriptionen, Interpretationen und Erklärungen!

Abbildungen am Deckblatt: Mauerbacher Wappen „1642“: Foto E. Knapp z.V.g. Kapelle in Gablitz. Riezelmayer (1820), von Mag. Halama z.V.g.

(c) Dr. Renate Grimmlinger, MSc Heimatmuseum Gablitz

Gablitz 2014

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3 Dr. Renate Grimmlinger MSc Recherche zur Kapelle Stand 10/2013 - 4/2014

VORWORT

Eines der Wichtigsten „Wahrzeichen“ jedes Ortes sind wohl die Kirchen und Kapellen. Deren

Geschichte ist zumeist sehr gut erforscht und bekannt.

Umso erstaunlicher ist es, dass mit der vorliegenden Recherche ein völlig neuer

Gesichtspunkt zur Entstehungsgeschichte der Gablitzer Laurenzius Kapelle vorliegt. Dies

wurde möglich, weil die Autorin in Archiven geforscht hat, anstelle von den seit 1820 bzw.

1834 bekannten Veröffentlichungen1 abzuschreiben.

Neu ist demnach, dass die „uralte Kapelle“, die „zum Gebet des Rosenkranzes diente“2 und

vor 1529 errichtet worden war, zumindest 1642 nachträglich „Laurenzius Khirchlein“ genannt

wurde. Und dass dieses Kirchlein 1529 offenbar nicht gänzlich zerstört wurde, wie aus den

Schreiben von Hans Wolffstrigl aus 1642 hervor geht. Diese Briefe sind im Landesarchiv

erhalten. Ebenso spricht dafür, dass sich „gotische Fußbodensteine3“ bis ins 20. Jahrhundert in

der Kirche erhalten hatten. Diese wurden anlässlich einer Renovierung unter dem bisherigen

Bodenbelag entdeckt und einige Fußbodensteine befinden sich im Gablitzer Heimatmuseum.

Der Rechtsstreit ging 1642 zu Gunsten der Kartause Mauerbach aus, und Wolffstrigl, der

damalige Eigentümer von Gablitz, verkaufte den Ort mit den 18 Untertanen (Häusern) 1648

an die Kartause.

Auch was die Bedeutung des Namens „Gablitz“ betrifft, so ist eine weitere Deutung möglich.

Diese fand sich im Museumsarchiv, schon von Berthold Weiss angefragt. Denn wenn sich

„Gablitz“ nicht von „jablice“ (wie bisher angenommen) sondern von „kaplize“ ableiten lässt,

dann bedeutet dies „Kleine Kapelle“. Und Orte mit dem Namen „Kaplitz“ gibt es einige im

heutigen Tschechien, z.B. bei Krumau, Budweis usw.!

Ich hoffe, dass diese Recherche einige interessiert und vielleicht noch weitere Erkenntnisse

aufzufinden sind. Genaueres könnte man vielleicht auch durch Untersuchung des Mauerwerks

erfahren.

Gablitz, 2012 bis 2014 Dr. Renate Grimmlinger MSc

1 (Darnaut, Vincenz / Bergenstamm, Aloys Edler von / Schützenberger, Aloys (Hrsg.): Kirchliche Topographie der Wiener-Erz-Diöcese. Ein Beitrag zur Kirchen-, Staats- und Culturgeschichte Oesterreichs. Zweyter Band enthält des Decanates Klosterneuburg im V. U. W. W. Zweyte Hälfte. (Kirchliche Topographie von Österreich. Zweyter Band). Wien, 1820), (Schweickhart von Sickingen Franz Xaver Josef: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten topographisch = statisch = genealogisch = historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreisviertel alphabethisch gereiht. Zweiter Band. Viertel unterm Wienerwald. Dritte ganz unveränderte Auflage. Wien Gedruckt bei den PP. Mecharisten, 1834) (Calvi, Primo: Darstellung des politischen Bezirkes Hietzing Umgebung durch umfassende Beschreibung aller Dörfer, Ortschaften, Kirchen, Schulen, Schlösser, Anstalten und bemerkenswerten Objecte. Wien 1901) 2 Schweickhart 3 Durch BDA bestätigt

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4 Dr. Renate Grimmlinger MSc Recherche zur Kapelle Stand 10/2013 - 4/2014

Geschichte der LAURENZIUS KAPELLE- eine Spurensuche recherchiert von Dr. Renate Grimmlinger 2013/14

Wann und von wem in Gablitz die erste Kapelle errichtet wurde, bleibt im Dunkeln der Geschichte verborgen. Interessant ist jedoch die Deutung des aus dem Slawischen stammende Namen von Gablitz: So gibt es einerseits die Erklärung4, dass sich Gablitz von jablice ableitet, was „Tröpfchenbach“ oder „Apfelbach“ bedeuten würde. Andererseits - wenn sich der Name von kaplice ableiten würde - was durchaus Berechtigung hätte, denn die alte Schreibweise war Gabliz5, Kepliz6, Gäblitz - so wäre die Bedeutung: Kleine Kapelle!7 Ob und wie sich die Geschichte der „uralten Kapelle“, der Laurenzius Kapelle, - „Lorenzi Capeln“, dem „Khirchel St. Lorenzen“ - aus Dokumenten rekonstruieren lässt, soll hier aufgezeigt werden. Die „uralte kleine Kapelle“ wird auch „Rosenkranzkapelle8“ bezeichnet. Sieghartskirchen9 gehörte zum Augustinerchorherrenstift Baumburg in Bayern, zur Diözese Passau, das vom 11. bis 18. Jahrhundert Diözesanrechte über weite Teile Niederösterreichs inne hatte. Gablitz gehörte ebenso zu Passau, in besitzrechtlicher Hinsicht aber zum Stift Freising10. Die Pfarre Sieghartskirchen umfasste zunächst ein sehr großes Gebiet, zu ihr gehörten auch die Orte Ried11 am Riederberg, Röhrenbach und St. Johannsberg. In allen diesen genannten Orten gab es schon am Beginn des 13. Jahrhunderts Kapellen bzw. Kirchen, ähnlich wird es wohl auch in Gablitz gewesen sein.12 Die Purkersdorfer Burgkapelle bestand schon vor 1333, und war somit auch eine der ältesten Pfarren im Wienerwald. Denn 1333 erwarben die Habsburger Purkersdorf mit Burg und Kirchlehen um 1000 Pfund Wiener Pfennige13, 1337 Gablitz um 500 Pfund Wiener Pfennige. In diesem Kaufvertrag sind ein Hof, eine Mühle, Fischteich, Wald und Abgaben der Bauern erwähnt. Möglicherweise hat damals schon eine kleine Kapelle bestanden, die ins Mittelalter zurückreicht. Dafür spricht das Laurentius- Patrozinium. Das Laurenzi-Patrozinium war vor vom 11. bis 13. Jahrhundert sehr beliebt und findet sich auch in Grenzgebieten.14 1339: Die Urkunde Herzog Albrechts II. von Osterreich vom 18.4. 133915 ist für die Geschichte von Gablitz sehr wichtig: „Gegenstand ist ..... die mit dem

4 Weigl et al. (1964): Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich 5 Hainricu[s] de Gabliz erwähnt um 1200, Traditionsbuch, Saalbuch Stift Klosterneuburg 6 Urkunde aus 1226, Joh. K. Wien U2 (1Q HKA, HA W 61, B 21 f 1a), in der Gablitz (replic) als Grenze erwähnt ist. „replic“ =„Kepliz“, lt. B.Weiss Anmerkung vom Universitätsarchiv, 7 Schreiben vom Staatlichen Zentralarchiv Prag vom 4.7.1986, Zl. SUA 1596/10-1986 an das Gablitzer Heimatmuseum: Gablitz sei auf „Kaplice“, was „kleine Kapelle“ bedeute, zurückzuführen. Es gibt mehrere Orte dieses Namens. Die Erklärung von Weigl, der Gablitz als „Tröpfchenbach“ bezeichnet, sei etymologisch falsch. Es wird weiters auf eine Marien-Wallfahrts-Kapelle in Kaplice aus 1257 hingewiesen, die an der Landstraße von Linz nach Prag gelegen ist (Profus 1949, S. 203 zitiert im o.a. Schreiben). 8 seit Schweickhart von Sickingen 1834 erwähnt, dass die 1529 zerstörte Kapelle „zum Gebet des Rosenkranzes“ diente, wird diese in nachfolgenden Veröffentlichungen als „Rosenkranzkapelle“ bezeichnet. 9 Lt. Dr. Weißensteiner/Diözesanarchiv Wien gehörte Sieghartskirchen zum Augustinerchorherrenstift Baumburg in Bayern, Diözese Passau. Mail vom 29.8.2012 und vom 11.11.2013 10 1060 mit Laabach erwähnt, Ollern 1033 Schenkung an Freising 11 In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts sind die Kuenringer als Besitzer der Burg Ried nachweisbar, die 1211 eine Loslösung ihrer Kapelle aus dem Pfarrverband von Sieghartskirchen erwirken. www.burgried.at Zugriff 4.4.2014 12 Dr. Johann Weißensteiner, Diözesanarchiv Wien, mail vom 11.11.2013 13 1 Pfund = 240 Pfennig 14 Dr. Johann Weißensteiner vom 11.11.2013 15 Original im BayHStA, Kloster Baumburg Urkunden 71. Es handelt sich dabei eine beschädigte, notarielle Abschrift vom 23. September 1669. Die Urkunde selbst ist auf "Dominica ante festum Ge[orgi].a Domini mill imo ccco tricesimo nono.

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Konsens von Propst und Konvent zu Baumburg als Patronatsherrschaft zu Sieghartskirchen vorgenommene tauschweise Übertragung der Güter, Zehent und Pfarrrechte zu Gablitz auf die naher gelegene Pfarrei Purkersdorf. Als Rekompens erhalt das Kloster das Recht, über die bisherigen 10 Fuder (Karratae) Wein hinaus weitere 10 Fuder auf dem Wasser - "in aqua" - zollfrei - "sine muta" - nach Baumburg zu bringen. Die Jahrtagstiftung bezieht sich auf den wenige Wochen vorher verstorbenen, in der Urkunde auch explizit so bezeichneten Bruder des Ausstellers.“16 Mit der Urkunde vom 3. Dezember 1357 erweitert Herzog Albrecht II. die Mautfreiheit des Klosters Baumburg von bis- her 20 Fuder17 Wein [10 von alters her, 10 ausdrücklich für die Übertragung der Pfarrrechte über Gablitz von Sieghartskirchen an „unsere“ (=landesfürstliche) Pfarre Purkersdorf] auf 30 Weinfuhren.18 1341 macht Bischof Albert von Passau über Ansuchen von Herzog Albrecht von Österreich einige passauische Lehen des Klosters Mauerbach zu freien Eigen- gütern, zur Entschädigung macht der Herzog die bisher freien Güter, das Dorf Gablitz und den Wald in Liebereck, zu Passauer Lehen.19 Die Habsburger hatten bereits Anfang des 14. Jahrhunderts systematisch den Wienerwald und Ortschaften aufgekauft: u.a. Mauerbach, Hütteldorf, Purkersdorf und Gablitz. 1313/16 gründete Friedrich das Kartäuser-Kloster in Mauerbach. 1337 verkaufen Jans der Greife und seine Frau Anna -mit Einwilligung des Lehensherrn Bischof Emicho von Freising-

„daz dorff Gaebelicz und den hoff“ und alles was dazugehörte an Herzog Otto den Fröhlichen. Im Vertrag ist Gablitz genau beschrieben: Es gab einen Hof, eine Mühle, einen Fischteich, Obstbäume, 13 Leiten (Abhänge) Wald, Wiesen .... Die abhängigen Bauern hatten 7,5 Pfund und Dienstbarkeiten wie 40 Hühner und 36 Laib Käse jährlich zu leisten.20 Während offenbar das Dorf Gablitz und seine Einwohner bereits 1341 zur Kartause Mauerbach gelangten, wurde der Hof, Äcker und die Mühle separat verliehen. 1410 verkauft Georgius Kreuzpecks den Hof, zwei Hofstätten und die Mühle in „Gäblitz“ um 70 Pfund Wiener Pfennig21 an Ulrich und Cecilia Missinger, die damit von Herzog Leopold belehnt werden.22 Nur ein Jahr später 1411 übergibt Missinger dem Prior und den Brüdern in Mauerbach den Hof, zwei Hofstätten und die Mühle in Gablitz.23 Damit sind das Dorf und der Hof mit der Mühle in Gablitz bis auf weiteres

bei der Kartause Mauerbach24- und das sollte bis 1621 so bleiben.

ausgestellt, somit auf 18.4.1339 lt. Schreiben von Dr. M. Horner, Bayr. Staatsarchiv vom 27.11.2013. Im Gablitzer Heimatmuseum wurde die Kopie dieser Urkunde von B. Weiss irrtümlich mit „1331“ beschriftet. 16 Kloster Baumburg Urkunde 111 im BayStA. Übersetzung von Dr. Schreiben von Dr. Manfred Horner, Bayrisches Staatsarchiv vom 3.12.2013. 17 1 Fuder = eine Weinladung, kann 900 bis 1800 Liter Wein bedeuten lt. Dr. Weißensteiner 18 Wir danken Dr. J. Weißensteiner für die Übersetzung und Interpretation vom 11.11.2013 19 Regest: Repertorium XIV/4. Bd. 1 Nr. 291, HHStA/MauerbachOCart/1341_XII_10 20 ZAHN, Codex Diplomaticus (=FRA II/35, Wien 1871) S. 253 Nr. 666 21 Wiedemann (1873) „Geschichte der Kartause Mauerbach“ in: BuMAlterthums Vereins, Bd. XIII, S.97. ÖStA W 89 f 146 22 http://www.laab-heimatmuseum.at/geschichte_von_laab_im_walde.htm, Zugriff 14.10.2012 23 Wiedemann (1873) „Geschichte der Kartause Mauerbach“ in: BuMAlterthums Vereins, Bd. XIII, S.96, ÖStA 89 fol 146 24 Zwischen 1621und 1648 gehören die 18 Häuser und Untertanen Gablitz der Sophie Strauß in Hadersdorf bzw. dem Wiener Ratsbürger Hans Wolfstrigl, der die Häuser mit Untertanen 1648 dem Prior bzw. dem Konvent in Mauerbach verkauft.

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6 Dr. Renate Grimmlinger MSc Recherche zur Kapelle Stand 10/2013 - 4/2014

Diplomatar des Klosters Mauerbach, OStA W 89, fol. 146

1529 Bekanntlich wurde das Gebiet um Purkersdorf beim Einfall der Osmanen von 1529 schwer heimgesucht, dabei wurden auch Kirche, Schloss und Pfarrhof in Purkersdorf und die Kapelle Gablitz schwer beschädigt. So blieb die Pfarre Purkersdorf lange Zeit unbesetzt.25 „Die Pfarre blieb auf Jahrzehnte hinaus verödet und der Pfarrhof in Schutt; das arme Waldvölkel lebte samt den Holzhackern in großer Anzahl und ohne Gottesfurcht ganz unchristlich.“26 Auch die Kartause Mauerbach wurde schwer beschädigt und das Kloster St. Maria in Paradiso am Riederberg zerstört. 1540 ist die „Capell Gablitz“ schriftlich erwähnt. Es heißt darin ausdrücklich, dass die Kapelle in Gablitz zur Pfarre Purkersdorf gehört: zu Purkersdorf „inkorporiert“ ist.27 1541 wütete die Pest. Der Wiederaufbau der 1529 zerstörten Orte konnte nur

langsam erfolgen. Die Türken hatten die Dörfer niedergebrannt, Menschen ermordet oder verschleppt, Elend und Armut zurückgelassen. Die Pest und andere Seuchen forderten weitere Opfer.28 Um 1550 lebten nur vier Mönche im Kloster Mauerbach.29 1565 sind in Gablitz 16 behauste Güter (untertänige Bauern) und 9 Züge (Ochsen- oder Pferdegespann) vermerkt30. 1570 konnte Purkersdorf die jährliche Besoldung von 100 Gulden Pfarrer Mathias Weinmann nicht bezahlen, er musste sich „mit Holzführen wie ein Holzknecht ernähren.“31

25 Text von Dr. J. Weißensteiner/Diözesanarchiv Wien, mail vom 11.11.2013 26 Schachinger (1934, S.251) 27 Handschrift_PP_245_Diözesanarchiv_Wien_fol_13v 28 vgl. Winna (1983) S. 17 29 http://de.wikipedia.org/wiki/Kartause_Mauerbach Zugriff 5.4.2014 30 Notiz von B. Weiss im Museumsarchiv

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1572 Waldordnung: Weisthümer32 (Weisung-Befehl) = Aufzeichnung der alten Gewohnheitsrechte, „Weisungen für die Gemeinde“33 Das Waldamt Purkersdorf hatte auch das „Waldgericht“ inne: Wer gegen die Waldordnung verstieß, wurde von der Herrschaft Purkersdorf bestraft. 1572 sind in Gablitz 15 Urlehen34 erwähnt und in den Waldamtsbüchern 5 Hütten. 1619 wurde die Kartause Mauerbach beim Einfall „böhmischer Kriegsvölker“ geplündert.35 Ob es auch Plünderungen in Gablitz gab, ist nicht überliefert. Zwischen 1621 - 1648 gehören die Bewohner in Gablitz nicht zur Kartause Mauerbach. Denn Kaiser Ferdinand II. überließ 1621 die „18 Untertanen“ (damit sind wohl die18 Häuser/Familien gemeint) Sophie Strauß von Hadersdorf.36

Die Zeit der Religionskriege, Reformation und Gegenreformation war sehr belastend. Auch die Kartause Mauerbach befand sich in Schwierigkeiten. Prior Georg Fasel (1616-1631) wurde von Kardinal Khlesl (Gegenreformation) berufen. Kaiser Ferdinand befreite die Kartause unter Prior Jodocus Schubert (1631- 1647) vom rückständigen Waldzins und von diversen Mautgebühren.37

1640 gelangt das Dorf Gablitz an den Steuerhändler Johann Wolff Strigl38 / Hans Wolffstrigl39, der sich 1641/42 um die Instandsetzung der „Lorenzi Capellen“ annimmt. Er berichtet40 der NÖ Regierung am 9.9.1641 die Situation in Gablitz und beschwert sich schriftlich über den Verwalter der Kartause, der die von seinen (Wolffstrigls) Arbeitern angebrachten Dachschindel von der Lorenzi-Kapelle wieder hinunter reißen habe lassen. Hans Wolffstrigl erwähnt41 ausdrücklich den Namen: „St. Laurenzi“, „Lorenzi Capellen“, „St. Lorenzen Khirchlein“, was wohl bedeutet, dass die Kapelle schon vor 1641 - vermutlich schon vor 1529 - so geheißen hat. Er erwähnt, dass die Kapelle, eine Filialkirche von Purkersdorf, auf dem von ihm gekauften und dem Waldamt gehörenden Grundstück steht. Die Kapelle sei nicht völlig zerstört, die Mauern existieren noch, aber nach der Messe sei „in der Mühl´ geläut geschenkt42“ worden. Für das Fest am Laurentius-Tag (10. August) sollte die Kapelle instand gesetzt sein, damit der

31 Schachinger (1934, S. 251) 32 Winter Gustav (Hg) 1886: Niederösterreichische Weisthümer im Auftrage der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. I. Theil: Das Viertel unter dem Wiener Walde. Wilhelm Braumüller k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler. Wien. 33 Winna F. (1984) S. 290 34 Viertel unter dem Wienerwald, Urbar Purkersdorf, Blatt 67, 68, 69 – Hofkammerarchiv Grillparzerakt. 1056/2.7 – 1572 35 Wiedemann S. 113 36 Regest: Repertorium XIV/4 Bd. 2 fol. 203. http://www.mom-ca.uni-koeln.de 37 ÖStA: HS W 89, fol.108, 109. Wiedemann (1873) „Geschichte der Kartause Mauerbach“ in: BuMAlterthums Vereins, Bd. XIII, S.113. 38 Regest: Repertorium XIV/4 Bd. 1 Nr. 1543 39 Hans Wolffstrigl war kaiserlicher Salzversilberer, Hausarmenleutladverwalter 1649-1657, Äußerer Rat 1648-1659, gestorben 23.9.1659 (in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 2000, Studien zur Wiener Geschichte: Die rekonstruierten Wiener Ratslisten 1641 – 1668“) 40 Die Schreiben befinden sich im NÖLA Klosterrat K 159/- (1) - „Gablitz, St. Laurentiuskapelle“ 41 NÖLA Klosterrat K 159/- (1) - Gablitz, St. Laurentiuskapelle 1641 42 in der Mühle im Brauhaus sei nach der Messe an die Leute Bier „ausgeschenkt“ worden

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Pfarrer mit der Prozession aus Purkersdorf kommen und die Messe in Gablitz lesen könne.43 Der Prior von Mauerbach habe zwar den Zehent kassiert und das Begräbnisgeld, aber mehr als 100 Jahre nichts unternommen, dass die Bevölkerung die Kapelle wieder benützen hätte können. Er (Wolffstrigl) habe die Mauern mit „treueherzig dargegebenen hilfefraichung“ der Gemeinde und durch Einhebung einer „khlainen Steir“ (kleinen Steuer) ausbessern und das Dach decken lassen, aber der Prior habe die Dachschindel wieder herunter reißen lassen. Dieses Schreiben wurde von Hans Wolffstrigl am 9.9. 1641 an die NÖ Regierung gesandt: Hochlöblich N. Ö. Regirung etc.

Genedig und hochgebiett undt Herrn. Demnach sich in dem vom Khay(serlichen) waldambt der frau Straußischen Wittib geschenkhten vnd hernach durch Khauff an mich gebrachten Dörffl Gablitz ain von der gemain daselbst hieuor erpautes aber durch den Erbfeindt ruinirtes Zu der Khay(serlichen) Pfarrkhirchen Burcker- storff gehöriges vnd auf dem khays(erlichen) Waldambt hievor aniezo aber mir gehörigen grundt stehendes sambt ainen darneben verhandnen freythöfl, ain ödes Vilial Khirchel St. Lorenzen genant, befindet, welches Ich neben der gmain souil alß die treüeherzig dargegebne hilffraichung, und khurze zeit hat zuegelassen, am alten gmeür widerumben außbesern, vnd eindeckhen lassen, damit zu Vortpflanzung der Catholischen Religion auch schuldtiger befürderung der Ehr des allerhöchsten und des h. khirchen Patrons, in ernentem Capellel auf ainem Portatula, ad interim biß zu völliger Stiftung, nit nur der gewöhnlich bißhero gehaltne Jarskhirchtag des h. Laurenzi mit Eßen vnd Trinkh: sondern dem Ambt der h. Mess, celebrirt wurde. bei herrn P. P. Priori, (welcher des Zehnts alda, vnd begrebnus gelt, genisst. wortes, und khaines andern man sich getröß. Als man aber wolgedachten herrn P. P. Priori, auf anerbotne gebeüesführung die von selbigem begerten aber den Undterthanen unerschwinglichen Pawuncosten abgeschlagen, und so dann durch mich und die gmain mit etwaß zusammenbringung ainer khlainen Steir, daß alte gmeür außgebeßsert, vnd eingedeckht worden, Ist nicht allain der verwilligt und verkhündtigte Gottesdienst wie auch das pauen eingestelt, sondern nechst verwichenem Freytag, Herr P: Schaffer, aus dem Closter, mit etlichen Portohnen gewaffneter an statt der jenigen Procession so hiruor het gehalten werden an iezo khomen vnd hochgeehrtes new eingedeckhtes Lorenzi Capeln Tach angefangen durch die bei sich habenden Zimerleüth zu besteigen und in gegen warth meiner vorhandenen Maurer und Tagwercher daß Tachwerch zu ruinirn, vnd da Sye nicht so starckh inen abgehalten44, wenig oder nichts am Tagwerch stehen sondern, maistenthails eingeschlagen worden wer. Wann dann dises Khirchen gebeü nicht zu suechung

43 Lt. Dr. Weißensteiner/Diözesanarchiv Wien wurde die Messe in Orten wie Gablitz nur am Patroziniumstag gelesen. 44 D. h. die Maurer und Tagwerker des Hans Wolfstrigl waren nicht stark genug, die Leute des Priors von Mauerbach an ihrem Vorgehen zu hindern - Anmerkung von Dr. Weißensteiner

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ainihes Pfennig Interesse45, sondern zu befürderung der Ehr Gottes, auch Vortpflanzung der h(eiligen) Catholischen Religion allain angesehen, obwolen auch das Closter Maurbach den Zehent vil lange Jar der Pfarrer auch das begrebnuß gelt genossen, so ist doch weder erpawung der capeln, noch einfridung deß freythoffes diese 100 Jar über gedacht, und das noch mer ist, die Catholisch Religion befördert, Auch deren vil in unrechten Glauben gestorben, vnd thails noch alda im leben verhandten sein. Alß habe Ich, (weilen der allerhöchst sowol von weltlich alß Geistlichen obrigkhait, wegen seiner undergebnen am jüngsten g[eric]ht Rechenschafft zuthun begert, da etwo ain oder mer Seelen umb dieser verhinderten Andacht willen, leiden mechten. fürs erst vor Gott, und der Welt hirmit protestirt haben, das Ich an mir nichts erwundten lassen wollen, vnd hieran unschuldtig bin. Und firs ander den alda an disem Gottsheüsl auch mir und denen treüherzigen Stifftern, neben so gar beiseitssezung des höchsten Tribunals, und von Gott gesezten lieben Obrigkhait, verüebenten aigenthettigen grossen unerhörten Gewaltt, despect, und schaden, belangen thuot. Habe ich solches obligenter schuldtigkhait nottrungentlich (weil es nicht main Persohn allain concernirt 46) Eür Gnaden Ich zu dero gnädiger wissenschafft, zu fürkehrung ain und anderer geziementer mitlen hochschmerzlich anfüegent Clagen vnd zu dero Vätterlichen gnaden, genzlich hiemit bevelhen wollen. Eurer Gnaden.

Underthenig: gehorsamber H. Wolffstrigl Ma(nu prop)ria Hannsen Wolffstrigl, khay(serlicher) Die(ner) und Salzversilberer alhie nottrungentlich gehorsambes anz[eigen]... Con[tra] Herrn P. P. Priori, Cardeiser ordens zu Maurbach etc. Durch selbigen erWisene hierin vermelte gewaltthätigkhaiten betr(effend) Reg[ierung] verordnen zu inquisitions Commisarien ex officio, herrn Marthin Hafner, und herrn Johann von Hittendorff der Rechten

D.rn, beede Ires Mittels47, denen würdet hiemit auferlegt, daß sie förderlich nach Gäbliz verraisen, uber daß was fürgangen alles vleiß inquiriren, und volgendts den befundt der sache mit guetachten berichten, Beynebens würdet dem Priori und Schaffner zu Mauerbach alles ernsts auferlegt, sich inmittelst48 allen verrern Gewaltthätigkhaiten gewißlichen zu enthalten. ex off. Cito Wien , 9. 7ber49 641 Commißariorum Relation in Sachen einen erwißenen Gewalt mit hinwegreißung deß Neü eingedekhten Dachs an S. Laurentii Capellen zu Gablitz betr(efflend) 19. December 1641. Die Sache wurde aufgenommen, Kommissäre reisten nach Gablitz um ein Gutachten zu erstellen. Dem Prior und Schaffer von Mauerbach wurde aufgetragen, sich von „weiteren Gewalttätigkeiten zu enthalten.“ Doch am 22. Mai 1642 muss sich Wolffstrigl neuerlich an die Regierung wenden und ersuchen, dem Prälaten zu Mauerbach „zu bevelchen, daß Er Verglichenermasßen inuermeltes kirchel

45 D. h., Wolfstrigl wollte mit dem Kirchenbau keinen einzigen Pfennig Gewinn machen.- Anmerkung Dr. Weißensteiner 46Betrifft. 47 „Aus ihrer Mitte“,.d. h. Mitglieder der nö. Regierung, nö. Regierungsräte 48 In der Zwischenzeit 49 = September

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bauen undt sich weiter nit anma(h)nen laßßen solle.“ Der Prior habe in unverantwortlicher Weise nichts getan und er - Wolffstrigl - habe Sorge, dass am Kirchweihfest (10. August) das Kirchlein immer noch nicht fertig sei: Höchlöblich N. Ö. Regirung. etc. Genedig und Hochgebiettundt Herrn, Was sich auf den geüebten vnd hochstraffmeßigen gewalt an dem Lorenzer Gottsheüsl zu Gäblitz, gegen denen von Eür Gnaden abgeordneten hochansehenlichen Herrn Com(m)isarien, Herr P: P: Priori zu Mauerbach verwichenes Jar, der wider erpauwung deß Capellels anerbotten, daß werden selbig Zweifels ohne in gnädiger obacht haben. Wann aber die maiste Zeit beraith verflossen, und das vest des h(eiligen) Lorenzi herbei khombt, von Pau Materialien aber noch nichts zuegeführt worden, daß also an heür sowoln als verwichenes Jar, der h(eilige) Gottesdienst, und andacht bei der gemain, vnd Pfarrmenig unverantworttlich verhindert, und die gemüether noch mer verstürzt werden mechten. Als hab solches Eür Gnaden Ich zu dero wissenschaft, und ex officio der verrern Verordnung gehorsamblich anfüegen, vnd deroselben zu beharlichen gnaden mich gehorsamblich bevelhen wollen. Eür Gnaden. undterhenig: gehorsamber H: Wolffstrigl Ma(nu prop)ria

Gotische Fußbodensteine der Kapelle mit Brandspuren aus 1529, im 20. Jahrhundert bei Renovierung der Kirche unter den Steinen entdeckt

Foto RG

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11 Dr. Renate Grimmlinger MSc Recherche zur Kapelle Stand 10/2013 - 4/2014

Anders sieht den Fall die Kartause Mauerbach. Im Diplomatar der Kartause Mauerbach50 findet sich folgender Text:

Eodem Anno fuit sacellum sanctorum Laurentii ac Brunonis in Gäbliz expensis Cartusiae Maurbacensis absque

ullius alterius subsidio in proprio Cartusiae fundo construcum, quod Anno 1529 a Turca in cineres redactum, uti

rudera caemiterii /

Gäblicensis testantur; quod adeo Parochia Purkerstoffensis, hactenus a Cartusia Maurbacensi administrata, si

Serenissimae Domus Austriacae decreto proprium Pastorem successu temporis habere contingeret, nullum jus in

praefatum sacellum quaere possit, sola cura animarum et caemiterii administratione parocho proprio, uti

praefertur, competente.

Übersetzung des Textes von Dr. J. Weißensteiner/Erzdiözese Wien: Im selben Jahr [1643] wurde die Kapelle der heiligen Laurentius und Bruno in Gablitz auf Kosten der Kartause Mauerbach, ohne Beihilfe irgendeines anderen, auf Eigengrund der Kartause errichtet; sie war im Jahr 1529 von den Türken in Asche gelegt worden, wie die Reste des Gablitzer Friedhofes / bezeugen. Daher hat die Pfarre Purkersdorf, die bis jetzt von

der Kartause Mauerbach verwaltet wird, wenn sie nach dem Beschluss des hochedlen Hauses

Österreich im Lauf der Zeit wieder einen eigenen Pfarrer haben wird, kein Recht auf die

vorgenannte Kapelle, da dem zuständigen Pfarrer nur die Seelsorge und die Verwaltung des

Friedhofs, wie berichtet, zusteht. Der Konflikt bzw. Rechtsstreit um die Kapelle geht zu Gunsten der Kartause aus.

In einem 1750 angelegten Indexbuch der Kartause Mauerbach, Archiv des Prokuraten, findet sich zu 1642 zur „Capellen zu Gablitz“ folgender Hinweis:

50 ÖStA W 89 f. 108 und 109

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„Einweichung [Einweihung] der Capellen zu Gablitz gebühret dem Herrn Prelaten zu Maurbach, ita

das von Regierung untern 2. Juny 1642 ergangene Decret N. 24 et fasc. 39 51

An und in der Kirche ist das Mauerbacher Wappen mit der Jahreszahl„1642“ angebracht. Der rechte Teil des Schildes (links für den Betrachter) sollte rot weiß rot sein, weiß auch der Untergrund unter dem „M“.

Mauerbacher Wappen an der Gablitzer Kirche und Kirchengasse (Haus Hauptstr.19)

linkes Foto: E. Knapp, rechtes Foto RG

1643 Am 3. März 1643 findet die Einweihung der Gablitzer Kapelle durch Weihbischof Bartholomäus in „hon. ss. Laurentii et Brunonis“52 statt.

Riezelmaier (1820): Von Mag. Halama z.V.g.

Um die Gablitzer Kapelle war ein Friedhof angelegt, der 1642 in Verwendung war.

51 Archivindex Kartause Mauerbach aus 1750, Seite 10, Zugriff 11.11.2013 Transkription Dr. Elisabeth Knapp http://www.manuscriptorium.com/apps/main/en/index.php?request=show_tei_digidoc&docId=rec1284115070_8&client= 52 Wiedemann (1873) „Geschichte der Kartause Mauerbach“ in: BuMAlterthums Vereins, Bd. XIII, S.115

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1644 war der Rechtsstreit endgültig entschieden. Demnach habe auch nicht das Waldamt Purkersdorf die Dorfobrigkeit in Gablitz, sondern die Kartause Mauerbach. Weiters darf von der Kartause ein Wirtshaus in Gablitz errichtet werden.53 Tatsächlich wird dieses aber erst nach 1648 erbaut, wie aus dem Vermerk über die Ausgaben hervorgeht. Darüber, was die Kartause Mauerbach für die Gablitzer Laurenzius-Kapelle ausgegeben hatte, konnte nichts aufgefunden werden.

„Dorff Obrigkeit, zu Gablitz und Erbauung eines Würths Hauß allda ungehindert, auch in der Mühl vorhin jederzeit geläuthgebet worden, gebühret dem Stifft Maurbach, und hat sich das Kayl. Wald Amt auch keines Dorff Obrigkeitlichen actus anzunehmen. Ita die Commissarien Relation und der Ratificirte Vergleich zwischen dem Stifft Maurbach Ca Johan Wolff Strigl de dato 20ten Aug... und 3ten 7bris 1644.“ 54 1648 Hans Wolfstrigl, Ratsbürger zu Wien55, und seine Ehefrau verkaufen Prior Johann von Mauerbach und seinem Konvent 18 Untertanen im Dorf Gablitz.56

nach 1648 werden unter Prior /Prälat Johann IV. Werner (1647-1678), der u.a. die Kartause fertigstellt und andere umfangreiche Bauvorhaben durchgeführt hatte, auch das „Wirthshaus zu Gablitz“ um 5000 fl. errichtet.57 In der Folge wird es als „Stiftstaffern“ bezeichnet. Das Mauerbacher Wappen befindet sich über dem Tor des Hauses Hauptstr. 19 in der Kirchengasse.

53 Archivindex Kartause Mauerbach aus 1750. Seite 8 und 9, (N 22 fasc 33) 54 Archivindex Kartause Mauerbach aus 1750. Seite 8 und 9, (N 22 fasc 33) http://www.manuscriptorium.com/apps/main/en/index.php?request=request_document&docId=rec1284115070_8&mode=&client= Zugriff 11.11.2013 Transkription Dr. Elisabeth Knapp und Mag. Dieter Halama 55 Richard PERGER (2000, S 55-125): Die rekonstrierten Ratslisten 1641-1668 in: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, Nr. 56/2000, Selbstverlag Verein für Geschichte der Stadt Wien, Wien: 2000. geht hervor, dass Hans Wolffstrigl kaiserlicher Salzversilberer und Hausarmeleutverwalter 1649-1656 war, im Äußeren Rat 1648-1659, + 1659. 56 Regest: Repertorium XIV/4 Bd. 1 Nr. 1551 57 Wiedemann (1873) „Geschichte der Kartause Mauerbach“

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. Zu 1657 findet sich eine Eintragung im Indexbuch der Kartause Mauerbach, das erst 1750 angelegt wurde. Dieser Index bezieht sich auf das Archiv des Prokuraten, das neben Rechnungen und Prozessakten folgende Hinweise auf das „Brauhaus zu Gablitz“ und zu Untertanen:

Abhandlung und Licitirung des Breyhauß zu Gäblitz gebührt dem Stift Maurbach

vid. fasc. 4058

Collectirung deren unterthanen zu Gablitz de anno 1657. findet sich aine handlung, wo daß Kayl. N.O. vice Dom Amt Von denen dazumahlen neu erbauten 6. Häusern die Steuer, und Lands anlägen obschon selbe mit denen gründen von der N.O. Landschafft eingeleget zu Collectiren vermeinet. fasc. 36.59

1659 kommen der „Tatz“ (Schanksteuer) zur Kartause Mauerbach 1693 verkaufen die N.Ö. Landschafts Verordneten dem Kloster Mauerbach die Urbar-Steuer von Gablitz um 475 Gulden60. 1782 Bis zur Auflösung der Kartause 1782 bleiben die Bewohner des Dorfes Gablitz Untertanen der Kartause Mauerbach. Waldarbeiter, Hüttler sind dem kaiserlichen Waldamt untertan

58 HHStA, Hs. R 162, Archivindex um 1750 angelegt: http://www.manuscriptorium.com/apps/main/en/index.php?request=show_tei_digidoc&docId=rec1284115070_8&client= Seite 1 Zugriff am 17.11.2013 Transkription von Dr. Elisabeth Knapp, Mauerbach 59 http://www.manuscriptorium.com/apps/main/en/index.php?request=show_tei_digidoc&docId=rec1284115070_8&client= S.8 17.11.2013 Transkription von Dr. Elisabeth Knapp, Mauerbach und Mag. Dieter Halama 60 Regest: Repertorium XIV/4 Bd. 1 Nr. 1632

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1787 ist die „Laurenzikapelle bey Purkersdorf“ im Verzeichnis der „Nebenkirchen und Kapellen, zweytens Verzeichniß“ im Stiftsarchiv Klosterneuburg erwähnt.61

Ausschnitt aus einem Ölbild im Gablitzer Heimatmuseum. Unbekannter Maler Gablitzer Ansicht vmtl. mit „Stiftstaverne“ vor 1820,

(Im Katasterplan aus1820 ist die Taverne bereits als Vierkanthof eingezeichnet)

Schweickhart von Sickingen 1834, Ausschnitt (Archiv)

61 Zl. K 755/Nr. 1 - Notiz im Museumsarchiv v. B. Weiss

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J-J. Kirchner, X.A. von F. Matoloni, in: Neue Illustrirte (sic!) Zeitung, Illustrirtes Familienblatt. Nr. 16/1874, S.3

Postkarte (Archiv) mit Entwurf der neuen Kirche um 1902,

die offenbar nicht unumstritten war, wie der Text auf dieser Postkarte beweist: „Dieses ist unser altes trautes Kirchlein!“ (links) „Und jene soll unsere neue Kirche werden?“

Robert Kolar um 1920: Gablitzer Ansicht mit Kapelle und Blick auf Hochbuch (Original im Museum) Foto: Gerhard Glazmaier

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Der Schwerpunkt dieser Recherche lag bei der Gablitzer „Laurenzius Kapelle“ und dem Verhältnis der Kartause Mauerbach zu dieser Kapelle. Entscheidend war auch die Auffindung der Briefe aus 1641 und 1642 von Hans Wolffstrigl. Diese Recherche ergibt eine etwas andere Sichtweise und ist daher etwas abweichend zu anderen Veröffentlichungen z.B. aus 1820 (Darnaut, Vincenz / Bergenstamm, Aloys Edler von / Schützenberger, Aloys (Hrsg.): Kirchliche Topographie der Wiener-Erz-Diöcese. Ein Beitrag zur Kirchen-, Staats- und Culturgeschichte Oesterreichs. Zweyter Band enthält des Decanates Klosterneuburg im V. U. W. W. Zweyte Hälfte. (Kirchliche Topographie von Österreich. Zweyter Band). Wien, 1820), aus 1834 (Schweickhart von Sickingen Franz Xaver Josef: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten topographisch = statisch = genealogisch = historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreisviertel alphabethisch gereiht. Zweiter Band. Viertel unterm Wienerwald. Dritte ganz unveränderte Auflage. Wien Gedruckt bei den PP. Mecharisten, 1834) oder aus 1901 (Calvi, Primo: Darstellung des politischen Bezirkes Hietzing Umgebung durch umfassende Beschreibung aller Dörfer, Ortschaften, Kirchen, Schulen, Schlösser, Anstalten und bemerkenswerten Objecte. Wien 1901) Die weitere Geschichte der Kapelle bzw. der Kirche St. Laurentius ist rasch erzählt: 1887 Gründung des Kirchenbau-Komitees zum Bau einer größeren Kirche unter dem Protektorat von Fürsterzbischof Josef Cölestin Gangelbauer. Friedrich Freiherr von Schmidt62 (1825-1891) hatte sich bereit erklärt, kostenlos die Pläne zu zeichnen. Kaiser Franz Joseph I. und andere Mitglieder des kaiserlichen Hauses standen auf der Spendenliste, wie auch Rosalia Bodingbauer aus Gablitz mit 2000 Gulden. Der Kirchenbau wurde auf etwa 12.000 Gulden geschätzt. 63 1902 erfolgte die Konstituierung des Kirchenbauvereins „Zum Hl. Laurentius“ Die Kirche sollte nun nach Plänen von Clemens Holzmeister (1886-1983)64 errichtet werden. Aufgrund des ersten Weltkrieges und wegen weiterer finanzieller Probleme kommt es dann doch nicht zum Bau der neuen Kirche. 1924-28 wird die Kapelle zur „Krieger-Gedächtniskirche“ erweitert. 1937 wird Gablitz eigenständige Pfarre. Pfarrer: Karl Baumhauer 1963 Errichtung eines Mahnmals für die Gefallenen beider Weltkriege und Bau eines neuen Kirchturms (Anbau an die Kirche). 1971 erfolgte der Umbau und die Neugestaltung des Altarraums 2000 Pfarrer „Laurent“ Msgr. Mag. Dr. Laurent Lupenzu-Ndombi und seit 1.10.2012 auch Pfarrmoderator der Pfarre Mauerbach! So schließt sich der Kreis wieder. Gablitz, 1.5.2014 Dr. Renate Grimmlinger MSc

62 Nach seinen Plänen wurde das Wiener Rathaus errichtet, auch mehrere Kirchen, u.a. 63 Notiz von B. Weiß - siehe auch Primo Calvi (1901/ 172ff) 64 Nach seinen Plänen wurde das Festspielhaus Salzburg gebaut, in den 1920iger Jahren auch mehrere Kirchen

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Literatur Hundt Friedrich Hector Graf von (Hsg) (1879): Das Cartular des Klosters Ebersberg. Aus dem Fundationsbuche des Klosters unter Erörterung der Abtreihe, dann des Überganges der Schirmvogtei auf das Haus Scheyern-Wittelsbach, sowie des Vorkommens von Mitgliedern dieses Hauses. Aus den Abhandlungen der k bayr. Akademie der Wissenschaften. III.ClXIV.Bd.III.Abth. Verl. der k. Akad., München: 1879 Opll, Ferdinand /Fischer, Karl (Hrsg.).Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 2000, Studien zur Wiener Geschichte: Die rekonstruierten Wiener Ratslisten 1641 – 1668. Wien: 2000 Schachinger Anton (1934): Der Wienerwald. Forschungen zur Landeskunde in NÖ. Verein für Landeskunde NÖ. Wien: 1934 Schlintner Kurt, Stadtgemeinde Purkersdorf (Hsg) (1996): Kleine Ortsgeschichte Purkersdorfs I. (Chronik und Überblick) Von den allerersten Anfängen bis zum allgemeinen Wiederbeginn am 1. September 1954. Abriß in 6 Abschnitten und 20 Kapiteln. Purkersdorf: Stadtgemeinde Schweickhart von Sickingen Franz Xaver Josef: Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser, Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten topographisch = statisch = genealogisch = historisch bearbeitet und nach den bestehenden vier Kreisviertel alphabethisch gereiht. Zweiter Band. Viertel unterm Wienerwald. Dritte ganz unveränderte Auflage. Wien Gedruckt bei den PP. Mecharisten, 1834 Viertel unter dem Wienerwald Gaaden bis Klosterneuburg Band 2 (1831, 1834): Gablitz, Hochbuch. Band 3 (1831): Laabach Traditionsnotiz im Saalbuch von Klosterneuburg aus dem 12. Jahrhundert Weigl Heinrich, Seidelmann Roswitha, Lechner Karl (1964): Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Winna Friedrich (1983): Purkersdorfer Häuserchronik 1572 bis 1819 (bis 1978) und die Schicksalsjahre 1683 (Türkennot) und 1713 (Pest). Selbstverlag der Stadtgemeinde Purkersdorf mit Unterstützung der Kulturabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung. Purkersdorf: 1983 Winter Gustav (Hg) 1886: Niederösterreichische Weisthümer im Auftrage der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. I. Theil: Das Viertel unter dem Wiener Walde. Wilhelm Braumüller k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler. Wien: 1886 sowie Forschungen in den in den Fußnoten angegebenen Archiven wie Bayrisches Staatsarchiv München Diözesanarchiv Wien, Landesarchiv Wien Österreichisches Staatsarchiv Bilder waren im Museumsarchiv Gablitz vorhanden bzw. wurden solche von Gerhard Glazmaier, Mag. Dieter Halama und von Dr. Elisabeth Knapp zur Verfügung gestellt.