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Die Lieder des Fürsten Wizlaw von Rügen The Songs of the Minnesinger, Prince Wizlaw of Rügen (Univers. of North Carolina Studies in the Germanic Languages and Literatures Nr 59.) by Thomas Wesley; Barbara Garvey Seagrave Review by: Ewald Jammers Fontes Artis Musicae, Vol. 16, No. 1/2 (1969 JANUAR-JUNI), pp. 77-78 Published by: International Association of Music Libraries, Archives, and Documentation Centres (IAML) Stable URL: http://www.jstor.org/stable/23505086 . Accessed: 17/06/2014 07:14 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . International Association of Music Libraries, Archives, and Documentation Centres (IAML) is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Fontes Artis Musicae. http://www.jstor.org This content downloaded from 194.29.185.230 on Tue, 17 Jun 2014 07:14:55 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die Lieder des Fürsten Wizlaw von Rügen

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Die Lieder des Fürsten Wizlaw von RügenThe Songs of the Minnesinger, Prince Wizlaw of Rügen (Univers. of North Carolina Studies inthe Germanic Languages and Literatures Nr 59.) by Thomas Wesley; Barbara Garvey SeagraveReview by: Ewald JammersFontes Artis Musicae, Vol. 16, No. 1/2 (1969 JANUAR-JUNI), pp. 77-78Published by: International Association of Music Libraries, Archives, and Documentation Centres(IAML)Stable URL: http://www.jstor.org/stable/23505086 .

Accessed: 17/06/2014 07:14

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COMPTES-RENDUS / BESPRECHUNGEN / REVIEWS 77

Die Lieder des Fürsten Wizlaw von Rügen

Mit großem Dank muß man begrüßen, daß die

beiden Autoren eine schöne Monographie den

Liedern des Fürsten Wizlaw von Rügen gewid met haben, so, wie diese Lieder sie verdienen als

das Beste, was von der Musik des deutschen

Minnesangs des 13. Jahrhunderts — neben Neid

harts von Reuental Melodien — überliefert ist*.

Wir erhalten in dem schön ausgestatteten Buche

zunächst einen Überblick über die politische Lage des Fürstentums Rügen zwischen den großen Mächten Dänemark und Brandenburg und den

kleineren Nachbarstaaten, über die kulturelle Ent

wicklung des Landes seit seiner Christianisierung und Germanisierung und über die Familie und das

Leben des politisch nicht sehr erfolgreichen, da

für aber den Idealen des Adels und der Pflege von Dichtung und Musik sehr ergebenen Herr

schers. Die nächsten Kapitel unterrichten den

Leser über die Begriffe der Minne und des Minne

sangs, wobei die an sich für Wizlaw unwichtigen

Ausführungen über den Leich nicht befriedigen können. Interessant ist, wie bei aller Liebe zur

Landschaftsschilderung nichts von der eigenartigen

Rügener Landschaft sichtbar wird, sondern immer

wieder die Topoi der üblichen Minneliedland

schaft wiederkehren (S. 61). Es werden dann die

Sprüche (die unter Berufung auf Ettmüller (1852)

und Pyl (1872) von dem jungen Wizlaw, und

zwar unter dem Einfluß des fast unbekannten und

nicht faßbaren bürgerlichen Dichters, „Der Unge

larde" entstanden sein sollen) und die Minne lieder erörtert, einschließlich der Eigenheiten der

Melodien. Es folgen Faksimiletafeln der einschlä

gigen Seiten der Jenaer Liederhandschrift und eine

Wiedergabe der Werke, d. h. der Texte mit eng lischer Nachdichtung und der Melodien in moder

ner Notenschrift. Eine umfangreiche Bibliographie und einige Register beschließen die Veröffent

lichung. Bedauerlicherweise sind aber den Verfas

sern wichtige Abhandlungen zur Rhythmik des

Minnesangs, so die von H. Husmann, oder das

* Thomas Wesley and Barbara Garvey

Scagrave: The Songs of the Minnesinger, Prince Wizlaw of Rügen. Chapel Hill: The Univ.

of North Carolina Press 1968, 156 S. 8°. (Uni

vers. of North Carolina Studies in the Germanic

Languages and Literatures Nr 59.)

Buch von B. Kippenberg (Der Rhythmus im Min

nesang, 1962) entgangen. Vielleicht darf der Rezensent daher auch erwähnen, daß seine eigenen Studien zu den Melodien der Jenaer Liederhand schrift (ZfMw 7/1925) wie zur Musik des Minne

sangs überhaupt (Ausgewählte Melodien des M.s.,

1963) den Autoren unbekannt geblieben sind. Das

erschwert natürlich die Berichterstattung, da der

Rezensent unmöglich jetzt seine Anschauungen über die Melodien im Gegensatz zu der der Ver

fasser vorführen kann. Die Rezension würde

negativer wirken als das Buch es verdient. So sei

mehr berichtet als erörtert und auf das letzt

genannte Buch des Rezensenten hingewiesen. Am meisten interessiert in dieser Monogra

phie natürlich die Wiedergabe der Melodien. Die

Autoren scheinen abhängig zu sein von R. Tay lor und H. Anglès. Für das Verhältnis von Text

und Musik sehen sie (S. 44) folgende Möglich keiten: 1. Der Text bestimmt den Rhythmus, in

dem jede Silbe den gleichen Dauerwert erhält: das ergibt einen Rhythmus etwa im Sinne eines

Vt- oder 4/4-Taktes. 2. Die betonten Silben er

halten einen Längenwert, so daß ein 3/4-Takt ent

steht. Das Gegenstück zum 4/4-Takt, der 6/4-Takt,

fehlt. Sind die Autoren in dieser Formulierung von R. Taylor abhängig, so übertragen sie doch

ein Minnelied mit dem Rhythmus | J J |. Die

melismatischen Lieder werden nach dem Prinzip

übertragen, daß die unmelismatischen Silben mit

einem J, die einzelnen Töne der Melismen da

gegen mit je einem d wiedergegeben werden. Bei

dieser theoretischen Darstellung wird nicht er

örtert, ob Sprüche und Lieder irgendwie rhyth misch sich unterscheiden. Die Übertragungen zei

gen aber, wenn man von den melismatischen Ge

sängen absieht, daß die Lieder bis auf die zwei

ersten, die merkwürdigerweise einstrophisch sind,

einen klaren gleichmäßigen Rhythmus besitzen,

dessen Ordnung durch Taktstriche und Angaben der „Taktart" sofort sichtbar gemacht wird. An

ders verhalten sich die Sprüche (und die erwähn

ten zwei Minnelieder) : Bei ihnen sind die Hebun

gen und Senkungen des Textes nicht gleichmäßig

geordnet, so daß sie oft in Widerspruch mit einer

alternierend gedachten Musik geraten können.

Die Autoren verzichten daher meist auf die Hin

zufügung von Taktstrichen, oder aber sie lassen

4/4- mit SU- und SA-Takten wechseln, was im

Prinzip auf das Gleiche hinausläuft. Der Rezen

sent würde, um wenigstens kurz seine Auffassung

anzudeuten, davon ausgehen, daß bei den Sprü

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dien, die dem Rezitativ nahestehen, nur der

Schlußakzent der Verse unbedingt zu beaditen ist,

während sonst der Iktus der Musik nicht so stark

ist, daß sein Widerstreit mit den Wortakzenten

störend wirkt, wie das ja vom Meistergesang und

für alle Textarten bei den französischen und pro venzalischen Melodien üblich ist. Das bedeutete

also, daß die Melodien der Sprüche, von den

Schlußakzenten abgesehen, nicht immer rhyth misch fest gestaltet sind, daß Varianten zwischen

den Stollen oder Strophen durchaus gegeben sind

(vielleicht in Einzelfällen sogar bewußt herbei

geführt worden sind) und daß nicht in allen Fällen

eine Korrektur des Textes mit dem Ziele einer

gleichmäßigen alternierenden Ordnung erforder

lich ist. In dieser Hinsicht hebt sich die neue

Publikation von der Ausgabe der Jenaer Lieder

handschrift durch Holz, Saran und Bernoulli er

freulich ab, die den Eindruck erweckte, als seien

alle Probleme gelöst. Natürlich bleibt möglich, daß bei einer niederdeutschen Textfassung manche

Differenzen zwischen Text und Melodierhythmus

verschwinden, und es ist also durchaus denkbar,

daß Wizlaw niederdeutsch gedichtet hat (S. 78).

Das Minnelied 2, von dem nur eine Strophe vorhanden ist, wird als eine Introduktion zu zwei

verloren gegangenen Strophen betrachtet. Da es

aber im Bau von den eigentlichen Minneliedern

abweicht und den Sprüchen ähnelt, möchte der

Rez. es als eine spruchartige Introduktion zu dem

folgenden Minnelied betrachten. Dieses Lied 3

aber betrachtet Gennrich als ein Kontrafakt, und

der Rez. möchte es in gleicher Weise als eine sehr

umgestaltete Übernahme einer fremden Weise —

etwa des Ungelarden — betrachten (vgl. den oben

erwähnten Artikel des Rez. in ZfMw 7/1925), zumal auch seine Tonalität stark pentatonisdi ist

im Gegensatz zur Wizlawschen Tonalität. Was

diese betrifft, so sind die Melodien nicht so klar

auf die Kirchentonarten zu verteilen, wie die

Autoren das möchten (S. 74). Weder wird den c

Liedern mit der Angabe Jonisch = moderne Groß

terztonart gedient, noch können die G-Lieder mit

b als mixolydisch bezeichnet werden, noch die

a-Lieder mit ihren vielen b als äolisch gelten. Was

Wizlaw kennzeichnet, ist vielmehr eine merkwür

dige Vorliebe für die Kleinterz cba / ahc, sowohl

in c- wie in a-Liedern, die zusammen mit den

vielen E-Liedern eine sehr melodisch weiche Ein

stellung des Komponisten bekundet. Warum im

Minnelied 12 im Gegensatz zu allen sonstigen neueren Übertragungen dieses Liedes mit Auftakt

begonnen wird: „Loy/bere", bleibt unerfindlich.

Die erste Silbe trägt in allen Stollen und Strophen einen Wortakzent, und das Ergebnis dieser Über

tragung sind unerklärbare Dreitaktgruppen inmit

ten von viertaktigen Perioden. Aber welche Über

tragungen blieben ohne Zweifel? Und so sind auch diese Zweifel nicht geeignet, den Wert des

Buches herabzusetzen. Ewald Jammers

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