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1 „The modern Art of historical Scholarship“ (Die moderne Kunst der Geschichtsschreibung) Ein Beispiel für eine subjektive Geschichtsdeutung: Tessa Hoffmann und die Armenierfrage „A lie travels round the world while Truth is putting on her roots“ (Eine Lüge reist um die Welt, während die Wahrheit gerade Ihre Stiefel anzieht) (Rev. C.H. Spurgeon) Tessa Hoffmann hat nach Ihrem Studium der Slawistik, Armenistik und Soziologie (1974) an verschiedenen Universitäten in Sankt Petersburg (Russland), Jerewan (Armenien) und Tbilissi (Georgien) geforscht. Nach Ihrer Promotion (1982) arbeitet Sie am Osteuropa-Institut an der Freien Universität Berlin. Als Sachbuchautorin und Herausgeberin hat Tessa Hoffmann zahlreiche Publikationen zur Geschichte, Kultur und Gegenwartslage Armeniens herausgegeben. Sehr intensiv widmete sich Tessa Hoffmann der Genozidforschung, der armenischen Diaspora, sowie der christlichen Minderheiten in der Türkei und im Südkaukasus. Sie angegiert sich ehrenamtlich als Armenien-Koordinatorin in der Gesellschaft für bedrohte Völker und ist die Vorsitzende der AGA e.V. (Arbeitsgruppe Anerkennung- Gegen Genozid, für Völkerverständigung e.V.). Zurzeit arbeitet Sie in der Minderheiten- und Migrationsforschung mit Schwerpunkt Ost- und Südosteuropa, sowie Südkaukasus. Tessa Hoffmann wurde für Ihre Arbeiten vom Armenischen Staat und der armenischen Diaspora gewürdigt. - Garbis Papazian-Preis der Armenian General Benevolent Union (New York), 1988 - Ehrenprofessur der Hrachia Ajarian-Universität (Jerewan), 2002 - Fridtjof nansen medaille des Nationalen Museums und Instituts des Armenischen Genozids (Jerewan), 2003 - Hakob Meghapart Medaille des nationalbibliothek der Republik Armenien (Jerewan), 2003 - Medaille für die Erforschung des Armenischen genozids, verliehen vom Nationalen Museum und Institut des Armenischen Genozids, Jerewan, 2005 Eines Ihrer wichtigsten Werke ist das Buch mit dem Titel: „Der Völkermord an den Armeniern vor Gericht- der Prozess Talat Pascha“. Als Umschlag des von Hoffmann in 1980 herausgegebenen Buches ist folgendes Bild mit dem Titel: „Türkische Barbarei: Eine Schädelpyramide in Westarmenien 1916/1917“ zu sehen. Die Fotografie des damaligen Türkischen Innenministers/Großwesirs Talat Pascha, der im Berliner Exil am 15 März 1921 vom Armenier Soghomon Tehlirian ermordet wurde, ist oben links zu sehen.

Die Moderne Kunst Der Geschichtsschreibung - Dr. a. Sak

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Die moderne Kunst der Geschichtsschreibungvon Ali Sak. 2009.Beispiele für subjektive Geschichtsdeutungen.

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    The modern Art of historical Scholarship (Die moderne Kunst der Geschichtsschreibung)

    Ein Beispiel fr eine subjektive Geschichtsdeutung: Tessa Hoffmann und die Armenierfrage

    A lie travels round the world while Truth is putting on her roots (Eine Lge reist um die Welt, whrend die Wahrheit gerade Ihre Stiefel anzieht) (Rev. C.H. Spurgeon)

    Tessa Hoffmann hat nach Ihrem Studium der Slawistik, Armenistik und Soziologie (1974) an verschiedenen Universitten in Sankt Petersburg (Russland), Jerewan (Armenien) und Tbilissi (Georgien) geforscht. Nach Ihrer Promotion (1982) arbeitet Sie am Osteuropa-Institut an der Freien Universitt Berlin.

    Als Sachbuchautorin und Herausgeberin hat Tessa Hoffmann zahlreiche Publikationen zur Geschichte, Kultur und Gegenwartslage Armeniens herausgegeben. Sehr intensiv widmete sich Tessa Hoffmann der Genozidforschung, der armenischen Diaspora, sowie der christlichen Minderheiten in der Trkei und im Sdkaukasus. Sie angegiert sich ehrenamtlich als Armenien-Koordinatorin in der Gesellschaft fr bedrohte Vlker und ist die Vorsitzende der AGA e.V. (Arbeitsgruppe Anerkennung-Gegen Genozid, fr Vlkerverstndigung e.V.). Zurzeit arbeitet Sie in der Minderheiten- und Migrationsforschung mit Schwerpunkt Ost- und Sdosteuropa, sowie Sdkaukasus.

    Tessa Hoffmann wurde fr Ihre Arbeiten vom Armenischen Staat und der armenischen Diaspora gewrdigt.

    - Garbis Papazian-Preis der Armenian General Benevolent Union (New York), 1988

    - Ehrenprofessur der Hrachia Ajarian-Universitt (Jerewan), 2002 - Fridtjof nansen medaille des Nationalen Museums und Instituts des Armenischen

    Genozids (Jerewan), 2003 - Hakob Meghapart Medaille des nationalbibliothek der Republik Armenien

    (Jerewan), 2003 - Medaille fr die Erforschung des Armenischen genozids, verliehen vom

    Nationalen Museum und Institut des Armenischen Genozids, Jerewan, 2005

    Eines Ihrer wichtigsten Werke ist das Buch mit dem Titel: Der Vlkermord an den Armeniern vor Gericht- der Prozess Talat Pascha. Als Umschlag des von Hoffmann in 1980 herausgegebenen Buches ist folgendes Bild mit dem Titel: Trkische Barbarei: Eine Schdelpyramide in Westarmenien 1916/1917 zu sehen. Die Fotografie des damaligen Trkischen Innenministers/Growesirs Talat Pascha, der im Berliner Exil am 15 Mrz 1921 vom Armenier Soghomon Tehlirian ermordet wurde, ist oben links zu sehen.

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    Bild 1: Trkische Barbarei: Eine Schdelpyramide in Westarmenien 1916/1917. Ausgabe 1980

    Auf den ersten Augenblick wirkt das Bild auf den Betrachter sehr erschreckend. Ein groer Haufen von Schdeln, darber kreisen die Geier und mittendrin der trkische Growesir Talat Pascha. Und sptestens nach dem Lesen der Bildunterschrift wird dem Leser die Gruel des Tates und der Tter dieser Barbarei klar verdeutlicht. Eine klug ausgedachte und zusammengestellte Komposition von Bildern, die dem Leser das Schrecken und die Verursacher klar machen sollen.

    Jahrelang war dieses Buch in dieser Version in den Buchlden zu kaufen. Bis der Historiker T. Atav, die gezielte Manipulation bezglich dieses Titelbildes erkannte und es in seinem in 1985 erschienen Buch An Armenien Falsification von 1985 thematisierte. Er deckte diesen Vorfall auf, ohne Tessa Hoffmann dabei namentlich als Verantwortliche zu nennen.

    War dies nur ein Versehen von Tessa Hoffmann? Tessa Hofmann hat das nicht rein zufllig oder unwissend gemacht. Vielmehr hat Sie wohl folgende Passage in den Akten des Auswrtigen Amtes gelesen: "[...] Am 10. und am 12. d. M. kamen je ein Zug von etwa 2000 verbannten Frauen und Kindern ber Ras-ul Ain zu Fuss in vllig erschpftem Zustande hier an, ein Zug der nur durch den Pinsel eines Wereschtschagin in seiner Grausamkeit htte wiedergegeben werden knnen.[...]" Quelle: PA-AA/BoKon/170; A53a, 5779, p. 7.10.1915;

    Hier nun das besagte Bild des russischen Malers Wereschtschagin:

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    Bild 2: links: lgemlde die Folgen des Krieges (1871/72) des russischen Malers Wassilij Wereschtschagin (1842-1904), rechts: Coverbild des von T. Hoffmann herausgegebenen Buches

    Interessanterweise ist das Coverbild in schwarz-wei dargestellt und nicht farbig, wie das Original. Sicherlich um den Eindruck einer Photographie zu vermitteln. Nachdem dieser wissenschaftliche Schwindel aufgedeckt wurde, lie Tessa Hofmann diese Fotomontage entfernen. Seltsamerweise wurde diese auch aus etlichen bereits gedruckten Auflagen entfernt, indem die Titelumschlge der Bcher in den Bibliotheken "verschwanden". Und schnell musste eine neue Ausgabe des Buches mit einem neuen Coverbild her:

    Bild 3: Ausgabe 1985

    Der Historiker Hermann Goltz behandelte diese Vorflle in den herausgegebenen Akten des internationalen Dr. Johannes-Lepsius-Symposiums 1986 an der Martin-Luther Universitt in Halle-Wittenberg und bezeichnete diese als erstaunlich und peinlich. Ist es wirklich nur erstaunlich und peinlich?

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    Ist dies nun ein Versehen oder ein gezielter Versuch der subjektiven Manipulation historischer Geschehnisse?

    Ist man gutmtig und unvoreingenommen knnte man sagen, Frau Hoffmann war hier ein Irrtum unterlaufen und Sie hat den Hinweis in den Akten des Auswrtigen Amtes falsch interpretiert. Liest man das Buch weiter findet man im Inneren folgendes Bild.

    Bild 4: Gefolterte und geschndete Armenierinnen. Fotografiert an der Strasse von Trapesunt nach Ersnga von einem deutschen Offizier.

    Wieder wird dem Leser das Leid der Armenier vor Augen gefhrt. Halbnackte und nackte Armenierinnen, die (von trkischen Soldaten) gefoltert und geschndet werden. Und ein deutscher Offizier fotografiert das Geschehen. Was fr eine Kaltbltigkeit des deutschen Offiziers? wrde man sich hier die Frage stellen.

    Recherchen haben aber ergeben, dass es sich auch bei diesem Bild wiederum um ein Gemlde handelt, und zwar von Paul-mile Boutigny (1854-1929) mit dem Namen Les Horreurs de la guerre (Das Schrecken des Krieges)

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    Bild 5: Paul-mile Boutigny (1854-1929) mit dem Namen Les Horreurs de la guerre

    Und wiederum ist das farbige Original als schwarz-weies Bild abgedruckt. Sptestens jetzt muss klar sein, dass Tessa Hoffmann die Bilder gezielt benutzt hat, um Ihrer Art der Darstellung der Ereignisse von 1916/17 Gewicht zu verleihen.

    Sind dies wirklich Einzellflle? Frau Tessa Hoffmann ist, wie Eingangs erwhnt, gleichzeitig die Vorsitzende der AGA e.V. (Arbeitsgruppe Anerkennung-Gegen Genozid, fr Vlkerverstndigung e.V.). Schauen wir uns nun ein weiteres Bild aus den Bilddokumenten dieser Gesellschaft an, angeblich von massakrierten Armeniern.

    Bild 6: Schdel von lebendig verbrannten Armeniern aus dem Dorf Ali-Srnan. Quelle: Armjanskij Centralnyj Komitet (Izd.): ,Albom armjan-beencev. Tiflis (um 1918) Ref. Nr.: 91 Aus aga-online.org

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    Der erste Eindruck dieses Bildes vermittelt wieder recht glaubwrdig die Brutalitt, mit denen die Armenier massakriert wurden, das ist auch der Sinn und Zweck der Bilddokumentenreihe der AGA. Im Folgenden sehen wir ein Bild aus der online Ausgabe der Deutschen Welle mit dem Titel Der Vlkermord an den Armeniern.

    Bild 7: Massengrab mit den Leichen getteter Armenier. Aus Deutsche Welle, dw-world.de 24.04.2005

    Das Bild 7 wurde gespiegelt und fand in der online Ausgabe der der Deutschen Welle im dw-world.de Verwendung. Die Copyrightrechte liegen bei der dpa (Deutsche Presse Agentur). Das Bild 6 stammt hchst wahrscheinlich aus einem armenischen Buch und ist auch armenisch mit einem Bildverweis vermerkt. Das eigentliche Problem ist aber, dass beide Bilder von beiden Anbietern aus dem Kontext gezogen, manipuliert und mit einem falschem Quellvermerk verwendet oder ungengend zitiert wurden.

    Im Bildvermerk vom tatschlichen Bild steht: Armjanskij Central'nyj Komitet (Izd.): ,Al'bom'' armjan'-beencev. Tiflis 1918. Das ist besonders deshalb interessant, da Tiflis seit Jahrzehnten nicht mehr im Osmanischen Reich angegliedert war, sondern seit 1801 im russischen Reich (heutiges Georgien) lag. Hier wird mit vorgegaukelten Bildern versucht, armenischen massakrierten mehr Gewichtung zu verleihen. Das besonders verwerfliche daran ist aber, das man stark annehmen muss, das es sich hier entweder um muslimische oder georgische Opfer handelt, mehrheitlich Aserbaidchaner oder Georgier, die in jener Zeit (Anfang des 19. Jahrhunderts) aus dem Kaukasusgebiet durch Armenier und Russen, massakriert oder vertrieben wurden, mit dem Ziel dort ein freies Armenien zu schaffen.

    Die Bestrebungen der Armenier auf ein freies und unabhngiges Gro-Armenien ist nicht auf die Zeit um 1800-1918 beschrnkt. Vielmehr setzt sich dies bis in unsere heutige Zeit durch. Als Beispiel sei die aktuelle Situation in Berg-Karabach (Aserbaidchan), wo ca. 20% des Asarbaidchanischen Territoriums vlkerrechtswidrig1 von Armeniern besetzt wird. Trotz mehrerer UN-Beschlsse weigert sich der Staat Armenien bis heute zur Freigabe der vlkerrechtswidrig besetzten Gebiete.

    1.UN Resolutionionen 824 (1993) 853 (1993), 874 (1993), 884 (1993). Ein Auszug aus dem Beschluss der Vereinten Nationen: .Expressing its serious concern that a continuation of the conflict in and around the Nagorny Karabakh region of the Azerbaijani Republic, and of the tensions between the Republic of Armenia and the Azerbaijani Republic, would endanger peace and security in the region, Noting with alarm the escalation in armed hostilities as consequence of the violations of the cease-fire and excesses in the use of force in response to those violations, in particular the occupation of the Zangelan district and the city of Goradiz in the Azerbaijani Republic, Reaffirming the sovereignty and territorial integrity of the Azerbaijani Republic and of all other States in the region...).

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    Ich mchte hier mit folgenden Bemerkungen schlieen: Die Nutzung von Bildmaterial zur Propagandazwecken ist ein allzu gern benutztes Hilfsmittel um die eigene Argumentation zu strken. Bilder sind aber subjektive Wahrnehmungen, die allzu leicht verflscht werden knnen. Beispiele sind die oben gebrachten Bildmaterialien. Die Nutzung derselben, speziell fr die anti-trkische Propaganda hat aber lange Tradition. Schon im 16. Jahrhundert wurden Bildmaterialien benutzt um die anti-trkische Propaganda und Angst unter der Bevlkerung zu verbreiten.

    Bild7: bersetzung der Bildunterschrift: Anti-Trkische Horror Propaganda hat eine gute Tradition. Um 1576 malte Jacopo Ligozzi ein grausames Miniaturbild mit dem Untertitel Mufti-l papa Delli Turchi (Ein Mufti als Papst der Trken) mit einem Monstrum. Es soll angedeutet werden, dass das religise Oberhaupt der Trken Herr ber Monster ist. (Aus: A Myth of Error: Europe, Turkey and public opinion, Prof. Erich Feigl, 1999, F.A. Herbig Verlag)

    Die subtilste Propaganda und die Verflschung historischer Ereignisse zu Gunsten der eigenen Klientel knnen niemals ber die Fakten hinwegtuschen.

    Angesichts der gezielten Verflschung bzw. Manipulierung von Daten sollten die Wissenschaftler zu einer ernsthafteren und mutigeren Kritik fhig sein als nur Peinlichkeit und Erstaunen auszusprechen. Ich mchte daher alle Beteiligten dazu aufrufen historische Ereignisse von unabhngigen Historikern analysieren zu lassen, um sich ein Bild von den tatschlichen Ereignissen machen zu knnen. Die Klrung historischer Ereignisse ist nicht Sache von Politikern, die vornehmlich Ihrem Whlerklientel verpflichtet sind, sondern von Historikern, die nur der Wissenschaft verpflichtet sein sollten. Im Sinne eines Dialogs mchte ich zudem an die beteiligten Parteien, die Trkei und Armenien appellieren sich an einem Tisch zu setzen und die Geschehnisse von 1917 von einem unabhngigen Historikergremium analysieren zu lassen.

    Zusammengestellt von Dr. A. Sak