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Kommunikationswissenschaft Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht. Eine Befragung der Nutzer von rivva.de Hausarbeit zur Erlangung des Grades eines Magister Artium der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Westfalen Vorgelegt von Markus Bertling aus Haselünne 2010

Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

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Eine Befragung der Nutzer von rivva.de.Die durch das World Wide Web entstandene Informationsflut wirft die Frage auf, wodurch im Internet verlässliche Orientierung gewährleistet werden kann. Insbesondere das Potential technischer Orientierungsangebote ist weitgehend unerforscht. Die vorliegende Arbeit untersucht exemplarisch die Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de aus Nutzersicht. Dazu wurden in einer quantitativen Studie 491 Fragebögen einer Online-Befragung analysiert und interpretiert. Das Angebot von rivva.de vermag etablierte Orientierungsangebote nicht zu ersetzen. Vielmehr besetzt der Dienst als Ergänzung zu bisherigen Angeboten eine eigene Nische als vornehmliches Orientierungsangebot über Diskussionen innerhalb der Blogosphäre und der deutschsprachigen Twitter-Landschaft. Dabei wird rivva.de nicht explizit als journalistisches Format angesehen, sondern als zusätzliches Orientierungsangebot neben diesen rezipiert, welches Dank seiner Quellenvielfalt eine multiperspektivische Sichtweise auf einzelne Themenkomplexe ermöglicht.

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Page 1: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

Kommunikationswissenschaft

Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren

aus Nutzersicht.

Eine Befragung der Nutzer von rivva.de

Hausarbeit zur Erlangung des Grades eines Magister Artium der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Westfalen

Vorgelegt von Markus Bertling

aus Haselünne 2010

Page 2: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

Inhalt

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Inhalt Abstract 3!1. Einleitung 4!2. Hintergründe 6!

2.1 Habitualisierte Internetnutzung 6!2.2 Aktive Nutzer des Social Web 8!2.3 Die Informationsexplosion 11!

3. Technische Orientierungsleistungen 15!3.1 Orientierungsleistungen im Internet 18!

3.1.1 Journalistische Orientierungsangebote im Internet 20!3.1.2 Partizipative Orientierungsangebote im Internet 23!3.1.3 Technische Orientierungsangebote im Internet 26!

3.2 Technische Internetaggregatoren als funktionale Äquivalente? 28!3.2.1 Leistungsfähigkeit technischer Internetaggregatoren 29!3.2.2 Folgen technischer Orientierungsangebote 32!

3.3 Remediation durch technische Orientierungsangebote? 35!3.4 Charakterisierung des technischen Orientierungsangebotes rivva.de 38!

4. Forschungsfragen 41!4.1 Forschungsleitende Frage 41!4.2 Weiterführende Forschungsfragen 41!

5. Methodik 49!5.1 Konzeption der Untersuchung 49!5.2 Erstellung und Durchführung der Umfrage 49!5.3 Analyse der Stichprobe 51!5.4 Treatment-Check 51!5.5 Methodisches Vorgehen im Hinblick auf die Fragestellung 53!

5.5.1. Unabhängige Variable 55!5.5.1.1 Rezeptionsart und -häufigkeit 55!5.5.1.2 Ausmaß der Selektivität 55!5.5.1.3 Dauer der Nutzung von rivva.de 56!

5.5.2. Abhängige Variablen 57!5.5.2.1 Erwartung einer Orientierungsleistung im Social Web 57!5.5.2.2 Wahrnehmung einer Orientierungsleistung von rivva.de 57!5.5.2.3 Bewertung einer Orientierungsleistung von rivva.de 58!5.5.2.4 Erwartung journalistischer Orientierungsleistung von rivva.de 58!5.5.2.5 Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches Angebot 59!

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Inhalt

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5.5.2.6 Bewertung der Orientierungsleistung journalistischer Angebote 59!5.5.2.7 Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de 60!5.5.2.8 Kritische Rezeption des Angebotes von rivva.de 60!5.5.2.9 Evaluation der Reaktionen auf eigene Beiträge 60!

5.5.3. Intervenierende Variablen 61!5.5.3.1 Erfassung eigener Beiträge 61!5.5.3.2 Journalistischer Hintergrund 61!5.5.3.3 Bekanntheit der Autoren 62!

5.6 Vorgehensweise bei der Auswertung der Erhebungsdaten 62!6. Ergebnisse der Onlinestudie 67!

6.1 Forschungsfrage 1 67!6.2 Forschungsfrage 2 69!6.3 Forschungsfrage 3 70!

6.3.1 Forschungsfrage 3a 73!6.3.2 Forschungsfrage 3b 75!6.3.3 Forschungsfrage 3c 76!

6.4. Forschungsfrage 4 77!6.4.1 Forschungsfrage 4a 77!6.4.2 Forschungsfrage 4b 79!6.4.3 Forschungsfrage 4c 80!

6.5 Forschungsfrage 5 81!6.5.1 Forschungsfrage 5a 81!6.5.2 Forschungsfrage 5b 83!6.5.3 Forschungsfrage 5c 84!

6.6 Ergebnisübersicht 85!7. Fazit 87!

7.1 Diskussion der Ergebnisse 87!7.2 Limitation der Studie 94!7.3 Weiterführende Forschung 96!

8. Schlussbetrachtung 98!9. Literaturverzeichnis 99!10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 107!

10.1 Tabellen 107!10.2 Abbildungen 107!10.3 Websites 108!

11. Eidesstattliche Versicherung 109!12. Anhang: Elektronische Daten zur Magisterarbeit 110!

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Abstract

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Abstract Die durch das World Wide Web entstandene Informationsflut wirft die Frage auf, wodurch im

Internet verlässliche Orientierung gewährleistet werden kann. Insbesondere das Potential

technischer Orientierungsangebote ist weitgehend unerforscht. Die vorliegende Arbeit untersucht

exemplarisch die Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de aus

Nutzersicht. Dazu wurden in einer quantitativen Studie 491 Fragebögen einer Online-Befragung

analysiert und interpretiert. Das Angebot von rivva.de vermag etablierte Orientierungsangebote

nicht zu ersetzen. Vielmehr besetzt der Dienst als Ergänzung zu bisherigen Angeboten eine

eigene Nische als vornehmliches Orientierungsangebot über Diskussionen innerhalb der

Blogosphäre und der deutschsprachigen Twitter-Landschaft. Dabei wird rivva.de nicht explizit als

journalistisches Format angesehen, sondern als zusätzliches Orientierungsangebot neben diesen

rezipiert, welches Dank seiner Quellenvielfalt eine multiperspektivische Sichtweise auf einzelne

Themenkomplexe ermöglicht.

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1. Einleitung

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1. Einleitung In Zeiten veränderter Mediennutzung, erodierender Anteile klassisch journalistischer

Informationsvermittlung und einer zeitgleich anschwellenden Informationsflut im Internet stellt

sich die Frage, wie zukünftig verlässliche Orientierung in einer komplexen

Informationsgesellschaft gewährleistet werden kann. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu

untersuchen, auf welche Art technische Internetaggregatoren welche Ausprägungen von

Orientierungsleistungen bereitstellen können. Die folgenden Denkanstöße sollen für die in dieser

Magisterarbeit aufgespannte Thematik sensibilisieren und der Einleitung in das komplexe

Themenfeld dienen.

Nicht nur der konstante Rückgang hinsichtlich der Reichweiten deutscher Tageszeitungen (vgl.

BDZV 2009), sondern beispielsweise auch die Forderung Hubert Burdas nach staatlicher

Subventionierung der bisher auf Unabhängigkeit bedachten Verlage (vgl. Burda 2009) indizieren

tiefe Verunsicherungen professioneller Informationsanbieter aufgrund des durch das Internet

hervorgerufenen Wandels. Die Verlagerung der Informationssuche ins Internet hat gravierende

Auswirkungen auf die bis vor Kurzem übliche Bereitstellung von Orientierungsleistungen durch

professionelle Vermittler. Die daraus erwachsenden Veränderungen werden beständig evidenter.

Clay Shirky, Assistenzprofessor für Neue Medien an der New York University, benennt im Essay

„Newspapers and Thinking the Unthinkable“ das Dilemma der Verlage:

„It makes increasingly less sense even to talk about a publishing industry, because the core problem

publishing solves — the incredible difficulty, complexity, and expense of making something

available to the public — has stopped being a problem.“ (Shirky 2009b)

In Analogie zur Revolution des Buchdrucks verdeutlicht Shirky die Ratlosigkeit angesichts der

Entwicklungen. Der bisher bekannten gesellschaftlich gewünschten – wirtschaftlich jedoch

langfristig kaum tragbaren – Vermittlung des Journalismus per Zeitungsangebot der Verlage

prophezeit er das baldige Ende, ohne Alternativen nennen zu können. Stattdessen postuliert er

eine Phase vielfältiger Experimente, aus denen sich langfristig eine Lösung für die Vermittlung

gesellschaftlich relevanter Informationen heraus kristallisieren werde.

Frank Schirrmacher, Journalist und Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,

bemerkt in seinem Buch ‚Payback’, er komme nicht mehr mit. „Das Verhältnis meines Gehirns

zur Informationsflut ist das der permanenten würdelosen Herabwürdigung.“ (Schirrmacher 2010:

14). Er sieht sich einer nicht zu bewältigenden Informationsflut gegenüber, befürchtet gar den

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1. Einleitung

5

Verlust der Kontrolle über die eigenen Gedanken und Handlungen (vgl. ebd.: 54). In einem

Portrait spricht Frank Westphal, Entwickler des technischen Internetaggregators rivva.de, davon,

die „lernende Zeitung“ zu erschaffen, „eine Frank-Schirrmacher-Maschine, die umso besser wird,

je länger man sie benutzt“ (Michal 2010). Er möchte die gefürchtete Informationsflut durch die

von Schirrmacher verschmähten Maschinen nutzbar und vor allem handhabbar machen.

Westphals erster Entwurf dieser Maschine ist der technische Internetaggregator rivva.de. Das

Angebot erfasst automatisiert in Weblogs und beim Microblogging-Dienst Twitter verlinkte

Artikel und sortiert diese nach Diskussionsstand und Aktualität. Es bietet somit ein technisch

vermitteltes Angebot zur Orientierung im World Wide Web.

Die durch das Internet entstandene Informationsflut sowie die Hoffnung auf

Beherrschbarkeit dieses Problems durch technische Hilfen spannen das in dieser Arbeit

beleuchtete Forschungsfeld auf. Es ist fraglich, wodurch im langfristig zentralen Medium Internet

verlässliche Orientierung gewährleistet werden kann. Das neu erzeugte Ausmaß an Kontingenz

bei der Auswahl von Orientierungsangeboten gebietet für kommunikationswissenschaftliche

Forschung den Blick auf bisher noch ungenügend untersuchte Alternativen zu bisher etablierten

Vermittlungsformen von Kommunikation. Die vorliegende Arbeit untersucht aus diesem Grund

exemplarisch die Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de aus

Nutzersicht.

Wie leistungsfähig ist dieser technische Vermittler? Wer nutzt das Angebot von rivva.de?

Können journalistische Orientierungsleistungen durch technische Vermittlung erbracht oder gar

substituiert werden? Diesen Fragen will die vorliegende Ausarbeitung nachgehen. Dazu werden

zunächst Hintergründe und theoretische Grundlagen technischer Orientierungsangebote und

angrenzender Themenfelder analysiert. Anschließend werden die methodische Konzeption, die

Durchführung der Studie und die erzielten Ergebnisse dargestellt. Im Fazit werden Schlüsse aus

den dargelegten Forschungsergebnissen gezogen, Kritikpunkte an der realisierten Erhebung

beschrieben und auf Anknüpfungspunkte weiterer Forschung verwiesen. Die Arbeit schließt mit

der zusammenfassenden Schlussbetrachtung.

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2. Hintergründe

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2. Hintergründe Bevor die vorliegende Magisterarbeit auf das Hauptthema abhebt, soll in den folgenden

Abschnitten die Basis für die anschließenden Ausführungen gelegt werden. Es werden daher

zunächst die grundsätzlich tangierten Themenbereiche nachvollzogen.

Dazu wird die Entwicklung der allgemeinen Internetnutzung in Deutschland nachvollzogen.

Tiefergehend wird anschließend die Gruppe der aktiven Nutzer des ‚Social Web’ analysiert. Mit

der Ausbreitung des World Wide Web sowie insbesondere der Partizipation einer Vielzahl von

Nutzern geht ein massiver Anstieg an verfügbaren Informationen einher. Die Auswirkungen

einschließlich der Chancen und Probleme, die diese Informationsflut hervorruft, werden

abschließend multiperspektivisch beleuchtet.

2.1 Habitualisierte Internetnutzung Im Jahr 2009 zeigt sich eine weiterhin zunehmende Verbreitung des Internets in Deutschland.

Zentrale Studien belegen neben den seit Jahren steigenden Nutzungszahlen zudem die

Tradierung der Internetnutzung.

Im Jahr 2009 nutzen laut ARD/ZDF-Onlinestudie 67,1 Prozent der deutschen Bevölkerung

ab dem 14. Lebensjahr zumindest gelegentlich das Internet – dies entspricht einer Steigerung von

1,3 Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2008 (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 335). Die

(N)Onliner-Studie der Initiative D21 verortet die Nutzungszahlen bei analoger Ausgangsbasis

leicht höher bei 69,1 Prozent und bescheinigt eine Zunahme der Nutzung um vier Prozent zum

Vorjahr (vgl. Initiative D21 e.V. 2009: 10). Die eher kommerziell ausgerichtete Studie der

Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. bemisst die Zahl der Onlinenutzer in Deutschland

mit 68,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das Gros der Nutzerschaft, nämlich 67,1 Prozent der

Gesamtbevölkerung, gehöre zum „weitesten Nutzerkreis“1 (AGOF 2009: 5). Mit mehr als zwei

Dritteln der deutschen Bevölkerung nutzt somit der Großteil der Bürger das Internet – mit

durchweg steigenden Nutzungszahlen2. Betrachtet man zudem die Durchdringung in den

1 Erfasst werden in dieser Gruppe „Personen, die innerhalb der letzten drei Monate das Internet mindestens einmal

genutzt haben“(AGOF 2009: 5).

2 Entsprechend der Zahlen der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 weist die ARD/ZDF-Offlinestudie 2009 einen Anteil

von 32,9 Prozent der Bevölkerung ohne Internetzugang aus (vgl. Gerhards / Mende 2009: 365).

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2. Hintergründe

7

einzelnen Altersschichten, lässt sich auf lange Sicht die umfassende Etablierung auf gesamter

Bevölkerungsbreite erwarten (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 336).

Neben dem beständigen Anstieg der Onlinenutzerschaft ist insgesamt die Tradierung der

Internetnutzung zu konstatieren. Die Habitualisierung im Sinne täglicher Einbindung in die

Medienroutine wird angesichts der Zahlen zur regelmäßigen Nutzung evident3. Diesen Schluss

legen auch die Daten zur langfristigen Erfahrung mit dem Internet nahe. Täglich nutzen 71,6

Prozent der Onliner das Internet (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 336). Eine geringfügig größere

Nutzergruppe kann auf mehr als drei Jahre Onlinenutzung zurückblicken – 73,5 Prozent aller

Internetnutzer besitzen seit mindestens 2006 einen Internetzugang (vgl. AGOF 2009: 10). Neben

der langfristigen und täglichen Nutzung erhöht sich im Jahr 2009 außerdem die tägliche

Verweildauer im Internet. So untermauert der Anstieg um 16 Minuten auf 136 Minuten pro Tag

im Vergleich zum Jahr 2008 die These der Habitualisierung dementsprechend auch mit Blick auf

die Nutzungsintensität (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 339).

Das Internet gehört damit im Alltag der Nutzer zum gängigen Medienrepertoire4 – ein Teil

der Nutzerschaft gibt sogar an, das Internet sei ihr Primärmedium:

„Heute sehen bereits 34 Prozent der Onliner das Internet als ihr „Primär-Medium“ an, um sich im

Alltag zurechtzufinden, aber nur 25 bzw. 24 Prozent schreiben diese Eigenschaft dem Fernsehen

oder der Tageszeitung zu. Auch als Informationsmedium […] geben 33 Prozent der Onliner dem

Internet vor allen anderen Medien den Vorzug.“ (van Eimeren / Frees 2009: 337)

Analog zu dieser Aussage verlagert sich auch die Informationssuche der Nutzer zunehmend ins

Internet. Mit einem Anstieg um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr bemühen 59 Prozent

aller Befragten der ARD/ZDF-Onlinestudie – und damit ein zunehmend größerer Teil der

Nutzer – Internetquellen bei der Suche nach aktuellen Informationen (vgl. van Eimeren /Frees

2009: 341). Dabei wird zudem eine im Vergleich zum bisherigen Medienkonsum gravierende

Änderung verdeutlicht:

3 „Die aktuelle Internetentwicklung in Deutschland ist – anders als in den letzten Jahren – weniger durch die

wachsende Internetverbreitung als durch die zunehmende Einbindung des Internets in den Alltag der Menschen

gekennzeichnet.“ (van Eimeren / Frees 2009: 335)

4 Siehe dazu auch Meyen et al. 2009: 520ff.

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2. Hintergründe

8

„Werden Nachrichten online rezipiert, stammen diese häufig nicht von speziellen Nachrichten-

Websites, sondern es werden die Newsangebote von Providern und Suchmaschinen beim Einstieg

und Surfen ‚mitgenommen’.“ (van Eimeren / Frees 2009: 341)

Die hier tendenziell aufgezeigten Auswirkungen lassen auf einen tiefgreifenden Wandel im

Konsum von Informationen schließen – einhergehend mit einem allgemeinen sozialen Wandel5.

Auf diese Bedürfnisse zugeschnittene Angebote finden beständig weitere Verbreitung (vgl.

Kretzschmar 2009: 343ff.). Die ubiquitäre Beschaffung und Bereitstellung von Informationen

wird demnach in den kommenden Jahren zunehmen (vgl. ebd.: 346f.). Eine weitere

Intensivierung der – dann vornehmlich mobilen – Nutzung lässt sich vor diesem Hintergrund

prognostizieren (vgl. BITKOM 2010).

Eine charakteristische Nutzergruppe des World Wide Web soll nun gesondert betrachtet

werden – die Gruppe der aktiven Nutzer des ‚Social Web’. Wie die folgende Analyse zeigen wird,

tragen sie aufgrund ihres Umgangs mit den Möglichkeiten des Internets hauptsächlich zu den

vorstehend beschriebenen Nutzungsveränderungen bei.

2.2 Aktive Nutzer des Social Web Die aktiven Nutzer des ‚Social Web’ heben sich durch ihre Nutzungsgewohnheiten vom

durchschnittlichen Internetnutzer klar ab. Dieses Kapiel legt den Fokus auf ihre Rolle bei der

Evolution des World Wide Web vom konsumorientierten Medium hin zu einer interaktiven

Plattform für kommunikativen Austausch.

Der Begriff ‚Social Web’ bedarf dabei einer genauen Klärung. Auszugehen ist zunächst vom

durch O’Reilly (2005) geprägten Terminus ‚Web 2.0’ als Beschreibung einer neuartigen

5 „Mit der Flexibilisierung der Menschen in der Zeit- und Raumdimension verändert sich die Situation der

Mediennutzung. Neben den traditionellen Medien und ihren starren Vorgaben für ihre Nutzung entsteht auch das

Bedürfnis nach flexibleren Medien, die dem sozialen Wandel eher gerecht werden.“ (Kretzschmar 2009: 342)

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2. Hintergründe

9

Generation von Anwendungen, Angeboten und Diensten im World Wide Web6. In der

ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 wird dieser Begriff ebenfalls genutzt:

„Unter dem Schlagwort ‚Mitmachnetz’ beschreibt Web 2.0 nun vielfältige Möglichkeiten der

Partizipation, die Chance zum aktiven Austausch und zur Beteiligung. […] [D]as Web 2.0 propagiert

vielmehr einen grundlegenden Wandel im Umgang mit dem WorldWideWeb.“ (Busemann /

Gscheidle 2009: 356)

Der Begriff ‚Web 2.0’ ist jedoch für eine fundierte Analyse kritisch zu hinterfragen. Der zentrale

Gedanke dieser Veränderung – „Jeder Nutzer ist potenzieller Sender, der Inhalte in das Netz

einspeisen und mit anderen Inhalten verknüpfen kann“ (Schmidt 2008: 21) – fand bereits vor

O’Reillys Ausführungen im World Wide Web in verschiedenen kollaborativen Diensten

Anwendung7. Zudem deutet die Versionierung des Begriffs einen Bruch zu einem vorherigen

‚Web 1.0’ an, der so nicht stringent nachvollziehbar sei (vgl. ebd.). Daher bietet der Begriff ‚Social

Web’ eine exaktere, geeignetere Bezeichnung des veränderten Umgangs mit dem World Wide

Web:

„Aus kommunikationssoziologischer Sicht erscheint die Bezeichnung ‚Social Web’ besser geeignet,

weil sie zum Ersten keine Unterscheidung zeitlicher Phasen enthält, zum Zweiten auf das World

Wide Web als zunehmend universaler Dienst des Internets verweist und zum Dritten den

grundlegenden sozialen Charakter desjenigen Bereichs des Internets betont, der Kommunikation

und anderes aufeinander bezogenes Handeln zwischen Nutzern fördert, also über die Mensch-

Maschine-Interaktion hinausgeht.“ (Schmidt 2008: 22)

Die in der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 unterschiedenen Angebote des Social Web8 weisen im

Vergleich eher geringe Nutzungszahlen für einzelne Dienste aus. Während Videoportale, private

Communitys und die Wikipedia einen beständigen Zuwachs an Nutzern verzeichnen, werden die

6 Die zentralen Merkmale der im Begriff ‚Web 2.0’ vereinten Veränderungen und Prämissen nennt O’Reilly:

„Services, not packaged software, with cost-effective scalability, control over unique, hard-to-recreate data sources

that get richer as more people use them, trusting users as co-developers, harnessing collective intelligence,

leveraging the long tail through customer self-service, software above the level of a single device, lightweight user

interfaces, development models, AND business models“ (O’Reilly 2005)

7 Ein Beispiel dafür ist das 2005 bereits lange in der Nutzung befindliche Usenet.

8 Dies sind Weblogs, Wikipedia, Foto- und Videocommunitys, Soziale Netzwerke/Communitys, Soziale

Lesezeichensammlungen (vgl. Busemann / Gscheidle 2009: 357f.)

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2. Hintergründe

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restlichen Angebote von einer weitaus geringeren Anzahl an Onlinern genutzt und sind „eher für

Partikularinteressen relevant“ (Busemann / Gscheidle 2009: 358). Bezeichnend ist vor allem, dass

die meisten Nutzer als passive Rezipienten die Inhalte nur konsumieren. Der höchste Grad an

Beteiligung wird in privaten Communitys erzielt – die dort veröffentlichten Inhalte bleiben

jedoch meist auf den eigenen Freundeskreis beschränkt (vgl. ebd.: 361f.).

Die zwar im Verhältnis geringe Anzahl aktiver Nutzer bedeutet in ihrer Gesamtheit dennoch

einen massiven Zuwachs aktiver Inhaltsproduzenten jenseits der Akteure professioneller

Orientierungsangebote wie beispielsweise Journalisten. Das breite Angebot an Social Web-

Diensten wird vornehmlich durch die Nutzer mit Inhalten befüllt. Der Wandel des vormals

passiven Nutzers zum Produser, der Informationen sowohl konsumiert als auch selbst

bereitstellt, wird von Bruns (2007) postuliert. Es stellt sich die Frage, inwiefern – und auch

welche – Nutzer im World Wide Web diese Rolle als Produser ausfüllen.

Eine Analyse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2006 (Gerhards / Klingler / Trump 2008) verortet

fünf Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung als regelmäßige, (fast) tägliche Nutzer des Social

Web. Die demografischen Daten dieser Gruppe heben sich vom durchschnittlichen Onliner

deutlich ab:

„Die Gruppe der regelmäßigen Web-2.0-Nutzer weist [.] demografisch typische Merkmale von

‚Pionieren’ auf dem Gebiet der Nutzung von Informations-, Unterhaltungs- und

Kommunikationselektronik auf: Die Nutzer sind tendenziell jünger, gebildeter, finanziell besser

ausgestattet und häufiger männlich als die übrigen Nutzer des Internets. Sollte diese Gruppe

‚Trendsetter’ oder ‚Early Adopter’ sein, kann ihr Nutzungsverhalten als modellhaft für die

zukünftige Nutzung des Internets auch weiterer Nutzerschichten angesehen werden.“ (Gerhards /

Klingler / Trump 2008: 135)

Diese Prognose muss einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Fraglich ist, ob das

Nutzungsverhalten der ‚Early Adopter’ tatsächlich ein Vorbote für späteres allgemein

habitualisiertes Nutzungsverhalten ist9. Zu beobachten ist in einzelnen Fällen die Tradierung von

9 Diese Konzeption der „Early Adopter“ legt wiederum eine homogene Struktur und Verhaltensweise der Gruppe

zugrunde, die so nicht zwingend gegeben ist.

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2. Hintergründe

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Verhaltensweisen, welche durch frühe Nutzer eines Dienstes eingeführt wurden10. Da ‚Early

Adopter’ späteres Nutzungsverhalten vorleben können, ist eine eingehende Betrachtung ihres

Verhaltens durch wissenschaftliche Forschung für Prognosen zukünftiger Entwicklungen

gewinnbringend. Die Betrachtung dieser Nutzergruppe erscheint zudem lohnenswert, da sie als

aktive Vertreter des Social Web eine potentielle Alternative zu professionellen

Orientierungsangeboten stellen, wie die in Kapitel 3 folgenden Betrachtungen zeigen werden.

Die Gruppe der ‚Early Adopter’ nutzt eine Vielzahl an Angeboten, die auf von Nutzern

generierten Inhalte basieren und auf gesunkene Barrieren zur Veröffentlichung von Inhalten

zurückzuführen sind. Durch die Vielzahl neuer Angebote ergibt sich eine Informationsflut im

World Wide Web, mit der die Internetnutzer bei der Informationssuche konfrontiert werden.

Diese Erkenntnis schlägt eine Verbindungslinie zu den Problemen, die sich aus der im Internet

rasant angestiegenen Informationsvielfalt ergeben.

2.3 Die Informationsexplosion Mit der zunehmenden globalen Verbreitung des World Wide Webs stieg die Diversifikation der

Angebote und damit die Menge an Informationen11 in den vergangenen Jahren im Vergleich zur

Zeit vor der massenhaften Adaption des Internets massiv an:

„Considering the quantity of content on the World Wide Web alone — over 175 million existing

Web sites and three million more going online each month (Netcraft, 2008) — it is clear that the

information environment is a crowded place, and becoming more so at a rapid pace.“ (Wichowski

2009)

Das rapide Wachstum hält dabei beständig an12, so dass die Menge an verfügbaren Informationen

– auch zu partiellen Themenbereichen – für den einzelnen Nutzer nicht zu bewältigen ist.

Niedrige Einstiegsbarrieren zur Publikation im World Wide Web verschärfen das Problem

10 Es wurden mittlerweile zentrale Elemente des Microblogging-Dienstes Twitter – wie die Erwähnung anderer

Twitter-Nutzer aufgrund der beständigen Nutzung durch ‚Early Adopter’ des Dienstes – offiziell eingebunden, die

von Unternehmensseite zunächst nicht geplant waren. (http://blog.twitter.com/2007/05/are-you-twittering-

me.html)

11 Eine nähere Betrachtung des Begriffs der Information wird aus kontextuellen Gründen in Kapitel 3

vorgenommen.

12 „By 2011, the digital universe will be 10 times the size it was in 2006.“ (Gantz 2008: 2)

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2. Hintergründe

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zusätzlich – neben professionelle Informationsanbieter aus dem Print- und TV-Bereich treten

Unternehmen und Privatpersonen.

Partizipative Angebote wie Weblogs werden in Deutschland nur von einer vergleichsweise

geringen Anzahl an Nutzern in Anspruch genommen (vgl. Busemann / Gscheidle 2009: 360).

Die nur grob bestimmbare Zahl aktiver Autoren von Weblogs lag Ende 2008 bei etwa 125.000

Personen13 (vgl. Schmidt / Frees / Fisch 2009: 50f.), die ARD/ZDF-Onlinestudie geht 2009 von

ca. 1,3 Millionen bloggenden Onlinern aus (vgl. Busemann / Gscheidle 2009: 360). Diese Zahlen

zeigen trotz ihrer hohen Varianz, dass sich die Anzahl der Personen, die Inhalte zur öffentlichen

Diskussion beitragen, im World Wide Web massiv erhöht hat. Der „endlose[.] Strom an

Neuigkeiten“ (Neuberger 2009b: 188) reißt dadurch niemals ab. Die Zahl der

Informationsanbieter, vor allem aber die Zahl der Mediatoren, erhöht sich im World Wide Web

massiv14. Die durch den limitierten physischen Raum einer Zeitung gegebene Frage, was

veröffentlicht werden kann, wendet sich durch den übermäßig vorhandenen digitalen Raum für

Informationen ins Gegenteil: „The future presented by the internet is the mass amateurization of

publishing and a switch from ‚Why publish this’ to ‚Why not?’“ (Shirky 2008: 60).

Dementsprechend findet teils eine Disintermediation15, teils eine Remediation der

Vermittlungsleistungen statt, da dem Nutzer als Mitglied des Publikums eine signifikant erhöhte

Zahl an Vermittlern sowie direkt zugänglichen Quellen zur freien Auswahl zur Verfügung stehen.

Diese prinzipielle Zugänglichkeit einer nicht überschaubaren Informationsmenge birgt sowohl

Chancen als auch Risiken:

„Ein Informationsdilemma mag es schon immer gegeben haben, aber es wird durch die global sich

entwickelnden elektronischen Informationsmärkte […] zu einem grundsätzlichen Problem

moderner Gesellschaften: Auf der einen Seite verspricht die Informationsgesellschaft eine in der

Menschheitsgeschichte bislang nicht gekannte Ausweitung der verfügbaren Informationsräume (das

Wissen der Welt auf Mausklick), auf deren Grundlage im Prinzip jedermann sein Leben in all

seinen professionellen, öffentlichen und privaten Belangen informationell abgesichert bestreiten

können sollte. Auf der anderen Seite macht die Ausweitung der Informationsräume (konkret in der

13 Die Anzahl von 125.000 Nutzern ist in Schmidts Analyse die konservativste Schätzung. Eine weitere Schätzung

geht von knapp einer Million deutschsprachiger Weblogs aus (vgl. Schmidt / Frees / Fisch 2009: 51).

14 Siehe dazu insbes. Kapitel 2.2

15 Vgl. Shapiro 1999: 188ff.

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2. Hintergründe

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Ausgestaltung globaler Informationsmärkte) diese so komplex, daß [sic!] niemand behaupten kann,

sie auch nur annähernd zu beherrschen.“ (Kuhlen 1999: 22)

Die durch das World Wide Web hervorgerufene Vielfalt auf Anbieterseite und die einhergehende

Disintermediation delegieren das Selektionsproblem von der Anbieter- auf die Rezipientenseite16.

Eine zentral organisierte Klassifizierung der vorhandenen Inhalte findet – im Gegensatz zu etwa

der Vorauswahl von Informationen in Redaktionen – nicht notwendigerweise statt (vgl.

Weinberger 2007: 16).

Ein zentrales Problem stellt die durch diese Gegebenheiten erweiterte Kontingenz der

Selektionsentscheidung und ihre erfolgreiche Bearbeitung dar.17 Die in den klassischen Medien

von Anbietern ausgeübte Rolle des ‚Gatekeepers’, der für sein Publikum über die Relevanz von

Informationen entscheidet, wird im Internet durch den eigenständig möglichen Zugriff auf

Informationen entbehrlich (vgl. Bruns 2005: 11ff.). Der Rezipient steht vor der Schwierigkeit,

diese Unterscheidung selbst zu treffen:

„Das Grundproblem des Informationsmanagements, wie nämlich in der unüberschaubaren Vielfalt

vorhandener Informationen und Kanäle das jeweils Relevante identifiziert werden kann, stellt sich

durch die gesenkten Schwellen zur Veröffentlichung von Texten, Videos oder Podcasts noch

schärfer.“ (Schmidt 2008: 33)

Die erhöhte Anzahl verfügbarer Quellen bedeutet daher nicht automatisch eine verbesserte

Informationslage für den Rezipienten (vgl. Bruns 2009: 110). Die Schwierigkeit für den einzelnen

Nutzer, verfügbare Informationen zu bewerten, relevante Informationen herauszustellen und in

diesem Prozess die zeitliche Komponente – und damit die sinnvolle Menge an zu

konsumierenden Informationen – zu kontrollieren, offenbart sich als drängendes Problem im

praktikablen Umgang mit dem World Wide Web:

„The real problem has less to do with the new media versus the old – an already blurry distinction

– and more with what happens to us, the audience, when we’re increasingly trying to evaluate a

deluge of data for ourselves.“ (Shapiro 1999: 189)

16 Weiterführend Neuberger 2004: 7ff.

17 „Das gegenwärtige Informationsproblem ist wohl kaum Unterinformation, sondern Überinformation, besser

wohl: zu viel nicht beurteilbare Information und damit im Ergebnis dann doch wieder Unterinformation.“

(Kuhlen 1999: 24)

Page 15: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

2. Hintergründe

14

Das virulente Problem der Informationsflut betrifft somit jeden Nutzer des World Wide Web.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung untersuchen die in Kapitel 3 ausgeführten

Überlegungen zu technischen Orientierungsleistungen die Möglichkeiten einer technisch

durchgeführten Aggregation relevanter Inhalte und damit einer effizienten Evaluation der

Informationsflut.

Page 16: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

15

3. Technische Orientierungsleistungen Zu Beginn dieses Kapitels sollen grundlegende Fragen geklärt werden: Was ist Orientierung?

Wann und warum ist Orientierung notwendig? Wodurch erfolgt Orientierung? Was ist eine

Orientierungsleistung?

Der Begriff ‚Orientierung’ wird in wissenschaftlichen Diskursen zumeist nicht

problematisiert, sondern als ontologischer „Letzt- und Grundbegriff“ (Stegmaier 2007: XV)

vorausgesetzt. Als grundlegender Begriff dieser Magisterarbeit bedarf ‚Orientierung’ jedoch einer

genauen Definition. ‚Orientierung’ soll nach Stegmaier verstanden werden als die „Leistung, sich

in einer Situation zurechtzufinden, um Handlungsmöglichkeiten auszumachen, durch die sich die

Situation beherrschen lässt“ (Stegmaier 2007: 2). Diese Definition umfasst eine Vielzahl von

Bereichen und Situationen, in denen Orientierung notwendig oder sinnvoll ist18. Im Kontext

dieser Arbeit soll der Fokus auf der sozialen Orientierung einzelner Individuen liegen.

Im täglichen Leben ist soziale Orientierung ein entscheidendes Kriterium, um soziale

Anschlussfähigkeit sicherzustellen. Jedes Individuum benötigt zur Reduktion von Komplexität bei

der Bearbeitung von Kontingenz19 Orientierung durch das soziale Umfeld. Eine erfolgreiche

Bearbeitung der Kontingenz gelingt dem einzelnen Individuum nur im Abgleich mit dem sozialen

Umfeld. Dieser Abgleich entfaltet sich durch ein Netz an kollektiven Unterstellungs-

Unterstellungen und kollektiven Erwartungs-Erwartungen, die auf Basis individueller

Wirklichkeitsmodelle und Kulturprogramme als gemeinsame, sozial verbindliche Grundlage

wahrgenommen werden (vgl. Schmidt 2003: 34ff.):

„[K]ognitive Systeme überspringen gewissermaßen die Unmöglichkeit, sich gegenseitig durch

direkte Intervention zu steuern, indem sie sich an selbst konstruierten Steuerungsgrößen

orientieren, die sie für sozial effektiv und legitim halten.“ (Schmidt 2003: 47)

Durch soziale Orientierung sichert jedes Individuum folglich seine soziale Anschlussfähigkeit.

Das Individuum orientiert sein Handeln am Handeln anderer und löst somit

18 Stegmaier führt etwa geografische, pragmatische, kommunikative, sexuelle, berufliche/schulische, ökonomische,

politische, rechtliche, wissenschaftliche, künstlerische, religiöse, moralische und ethische Orientierung an

(Stegmaier 2007: 34f.).

19 Der Begriff „Bearbeitung von Kontingenz“ meint die Antwort auf die Frage, welche Handlung (oder im

Schmidtschen Duktus „Setzung“) aktuell Sinn und somit sozial folgenreiche Anschlusshandlungen ermöglicht.

Page 17: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

16

Anschlusshandlungen aus. Dabei erfolgt die Orientierung in zwei Richtungen, die Selbst- und die

Fremdorientierung – denn jede Zielorientierung dient anderen Individuen zugleich als Option

zur Selbstorientierung (vgl. Schmidt 2003: 102). In diesem Zusammenhang fungiert

Kommunikation als Orientierungs-Orientierung, als „reflexive[r] Prozess, in dem

Kommunikationspartner sich gegenseitig Orientierungsangebote machen, die systemspezifisch

genutzt werden (können)“ (Schmidt 2003: 69).

Betrachtet man vor dem abstrakten Hintergrund der Kommunikation als Orientierungs-

Orientierung die Orientierungsmöglichkeiten im Alltag, so wird – insbesondere mit Blick auf die

in Kapitel 2.3 beschriebene Informationsflut – nicht nur die Notwendigkeit sozialer

Orientierung, sondern auch die Vielzahl kontingenter Möglichkeiten zur sozialen Orientierung

deutlich. Neben das unmittelbare soziale Umfeld tritt eine Unsumme an weiteren

Orientierungsangeboten. Die Nutzbarkeit dieser Angebote soll durch den Begriff der

Orientierungsleistung genauer festgelegt werden. Dazu bedarf es zunächst einer genauen

begrifflichen und inhaltlichen Erklärung: Was ist eine Orientierungsleistung?

Der diffuse Begriff der Orientierung erschwert die Definition eines konkreten Begriffs der

‚Orientierungsleistung’. So definiert Stegmaier (s.o.) die Orientierung selbst bereits als Leistung,

zentriert in seinen Ausführungen jedoch das Individuum als Leistungserbringer. Eine

Orientierungsleistung kann gerade im Hinblick auf soziale Orientierung als Güte der

angebotenen Orientierung beschrieben werden. Im Rahmen dieser Arbeit soll vor diesem

Hintergrund eine konkrete Definition des Begriffs festgehalten werden:

Eine Orientierungsleistung ist die Bereitstellung aktuell subjektiv relevanter

Informationen für einen Rezipienten.

Im Gegensatz zu Stegmaiers Definition der Orientierung bezieht sich der Leistungsaspekt hier

nicht auf eine vom Individuum selbst erbrachte Leistung, sondern auf die rezipierten

Informationen – also auf eine für das Individuum bereitgestellte Leistung. Die Beurteilung der

Relevanz und Aktualität einer Information – und somit die Beurteilung der Orientierungsleistung

– erfolgt durch Zuschreibungen des Rezipienten. Eine Orientierungsleistung ist

dementsprechend durch subjektive Askription nur individuell bestimmbar. In Anlehnung an

Neuberger et al. (Neuberger / Nuernbergk / Rischke 2009b: 200) sowie Kohring (2001: 81)

lassen sich jedoch Gütekriterien für eine Orientierungsleistung postulieren. So sollte eine

Orientierungsleistung an sich aktuell, durch periodische Vermittlung universal und öffentlich zugänglich

Page 18: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

17

sein sowie durch eigenständige Bereitstellung autonom vermittelt werden. Entscheidend ist darüber

hinaus die Mehrsystemzugehörigkeit der vermittelten Information (vgl. Kohring 2006: 168f.).

Durch diese Gütekriterien wird zudem die Relevanz der Information gesichert – und diese so zur

Orientierungsleistung für den Rezipienten. Die Betrachtung möglicher bereitstellender Instanzen

wird in den folgenden Kapiteln vorgenommen.

Der Begriff der Information bedarf zum vollständigen Verständnis der obigen Definition

einer genaueren Betrachtung. Kuhlen definiert Information als in Daten repräsentiertes Wissen,

das sich auf eine aktuelle Benutzungssituation bezieht (vgl. Kuhlen 1999: 138f.). Seine

Beschreibung kumuliert in der pragmatischen Beschreibung von Information als „Wissen in

Aktion“ (Kuhlen 1999: 139). Diese Festlegung soll auch für die Definition der

Orientierungsleistung Anwendung finden.

Die hier beschriebenen sowie die im späteren Verlauf der Arbeit untersuchten

Orientierungsleistungen werden in einer allgemein zugänglichen Öffentlichkeit bereitgestellt. Zu

diesen Orientierungsleistungen der Öffentlichkeit merkt Neidhardt an:

„Orientierungsleistungen [der Öffentlichkeit] bestehen darin, daß [sic!] Öffentlichkeit erkennbar

macht, welche Probleme sozial virulent sind und welche Problemlösungen aus welchen Gründen

bei wem auf hinreichende Akzeptanz stoßen – und welche nicht. Öffentlichkeit informiert über die

soziale Valenz und die Entscheidbarkeit von ‚issues’, indem sie bestimmte Optionen aggregiert,

andere (sei es in der Mitte, sei es an den Extremen vorhandener Meinungsspektren) ausschaltet oder

marginalisiert, auf Kompromißzonen [sic!] verweist oder aber Widersprüche verstärkt, also

Auskunft gibt sowohl über Alternativen als auch über deren öffentliche Akzeptanz.“ (Neidhardt

2005: 26 f.)

Sein Modell von Öffentlichkeit umfasst drei Akteursklassen, die voneinander unterschieden

werden: Sprecher, Publikum sowie Vermittler als Bindeglied zwischen den beiden ersten

Akteursklassen (vgl. ebd.: 19f.). Neidhardt nimmt hier – insbesondere bei der Rolle des

Vermittlers – die Massenmedien in den Blick. Im Internet erhöht sich die Zahl der Sprecher, vor

allem aber die Zahl der Mediatoren enorm (vgl. Kapitel 2.3). Die Diversifikation der von

Neidhardt beschriebenen Öffentlichkeit steigert sich somit in hohem Maße, da dem Nutzer –

also einem Mitglied des Publikums – die Wahl des Vermittlers freisteht. Einen wichtigen Hinweis

zum Unterschied zwischen im Zusammenhang mit klassischen Massenmedien verstandener

Öffentlichkeit und der im Social Web entstehenden Öffentlichkeit gibt Schmidt:

Page 19: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

18

„Öffentlichkeit [ist] nicht mehr per se mit gesellschaftlicher Relevanz gleichzusetzen [.] (wie im

professionell betriebenen Journalismus), sondern [wird] im Social Web vor allem aufgrund der

potentiellen Zugänglichkeit für alle interessierten Personen gesucht [.], selbst wenn dies nur eine

kleine Gruppe ist.“ (Schmidt 2008: 32)

Nachdem die in den folgenden Abschnitten genutzten Begriffe generell definiert wurden, erfolgt

nun die Untersuchung der einzelnen relevanten Teilbereiche von Orientierungsleistungen im

Internet.

3.1 Orientierungsleistungen im Internet Einhergehend mit der Popularisierung des World Wide Web und dem steigenden Zugang

innerhalb der Gesellschaft ist eine Veränderung im Informationsverhalten der Nutzer

festzustellen. Neben der zunehmenden Habitualisierung der Nutzung lässt sich auch eine

Verschiebung im Mediennutzungsverhalten konstatieren (siehe Kapitel 2.1). Insbesondere der

jüngere Teil der Nutzerschaft zeigt eine gravierende Neujustierung im Informationsverhalten, wie

eine qualitative Studie der Associated Press verdeutlicht:

„Younger consumers are not only less reliant on the newspaper to get their news; they also

consume news across a multitude of platforms and sources, all day, constantly.“ (The Associated

Press 2008: 5)

Die Studie erhob die Nutzungsgewohnheiten von 18 Probanden und lässt daher kaum

Rückschlüsse auf eine – wie auch immer normierte – Grundgesamtheit zu. Allerdings wird dieser

qualitative Befund durch Erkenntnisse der quantitativen Studie „State of the media 2010“

zumindest für den amerikanischen Raum bestätigt:

„The American news consumer is increasingly becoming a grazer, across both online and offline

platforms. On a typical day, nearly half of Americans now get news from four to six different

platforms – from online to TV to print and more, according to new research from PEJ and the Pew

Internet and American Life Project. Within the online universe the same pattern holds true. People

graze across multiple websites for their news. Only 21% say they tend to rely primarily on one

destination; only a third even say they have a favorite news website (35%) among those they use.“

(PEW 2010)

Page 20: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

19

Die Rezipienten nutzen somit eine breite Basis an Wegen, um sich zu informieren. Unter diesen

Optionen wird das World Wide Web angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung langfristig

zum zentralen Informationsmedium werden20.

Verlässliche Orientierungsleistungen im Internet werden damit beständig wichtiger. Neben

professionelle Vermittler von Orientierungsleistungen treten im World Wide Web weitere –

sowohl partizipative als auch technische – Vermittlungsangebote. Dabei ergibt sich eine

umfassende Spannweite von Orientierungsleistungen zu allgemein relevanten Informationen bis

hin zu spitzen, persönlich relevanten Themen21. Es lässt sich ein Wandel in der Art der

Informationsselektion durch die Anbieter von Orientierungsangeboten feststellen: „An die Stelle

harter Selektionsentscheidungen tritt die empfehlende Orientierung und revidierbare Auswahl“

(Neuberger 2009a: 49).

Zudem erweitert sich der Kreis der Anbieter im Netz. Konstatierte Gerhards bereits 2001 für

die Entwicklung moderner Gesellschaften zwischen 1960 und 1989 den „Aufstand des

Publikums“ (vgl. Gerhards 2001: 167), so verstärkt sich diese Tendenz durch die Ausbreitung des

Internets darüber hinaus. Die ehemals deutlicher getrennten Rollen von Publikum und

Leistungserbringer wandeln sich zunehmend:

„Die Rechte und Inklusionsansprüche der Laien sind im Verhältnis zu den Autoritätsrollen in fast

allen Bereichen gestiegen, die Reduktion auf einen recht selektiven Rollenzuschnitt ist aufgeweicht

worden.“ (Gerhards 2001: 167)

Einhergehend mit der Verschiebung der Publikums- und Leistungsrollen22 bildet sich im Internet

eine integrierte Öffentlichkeit, die verschiedene Öffentlichkeitsebenen verknüpft23. Der dabei

entstehende, für alle Nutzer erreichbare ‚Long Tail’ (Anderson 2007) bedeutet unter anderem die

20 Beide Studien erfassen den amerikanischen Markt. Analoge Entwicklungen lassen sich jedoch auch für den

deutschen Markt annehmen.

21 Als extreme Pole dieser Spannweite seien hier Angebote wie das öffentlich-rechtliche Angebot der Tagesschau

(http://www.tagesschau.de) oder Spiegel Online (http://www.spiegel.de) im Vergleich zur Suchmaschine Google

(http://www.google.de) genannt. Während die Tagesschau und Spiegel Online eine breite Auswahl an

Informationen bereitstellt, liegt das Hauptaugenmerk für Google darauf, die für eine spezifische, spitze

Suchanfrage wichtigsten Treffer vorsortiert nach Relevanz auszugeben.

22 Siehe auch Kapitel 2.2

23 weiterführend Neuberger 2009a: 41ff.

Page 21: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

20

Aufweichung der Bindung an klassische Vermittler, wie Neidhardt sie für die kommunikative

Öffentlichkeit konzipiert. Aus der potentiellen Disintermediation von Informationen resultiert

jedoch nicht die vollständige Auflösung der Vermittlerposition. Vielmehr findet eine Remediation

durch neue Akteure statt:

„With low barriers to entry, markets for products and services will expand and, without some

guidance from intermediaries, become increasingly cluttered and difficult to navigate. […] [T]hey

should be intermediaries whose judgment and reputation we can count on. Some of these trustees

may be traditional commercial outlets who have found a presence online. Others may be new digital

intermediaries that aggregate and compare information.“ (Shapiro 1999: 191f.)

Folgt man den Ausführungen Neubergers, so stellen sich im Hinblick auf diese verschiedenen

Intermediäre, insbesondere auch im Hinblick auf „partizipative und technisierte

Kommunikationsformate“ (Neuberger 2009a: 60) diverse Fragen für die Vermittlung von

Orientierungsleistungen im Internet:

„Inwieweit fühlen sich Nutzer im Internet quantitativ und qualitativ überfordert? Wie groß ist die

Nachfrage nach Leistungen von Vermittlern im Internet? Welche konkreten Erwartungen richten

sich an sie? Wie beurteilen Nutzer die Leistungen von professionellen, partizipativen und

technischen Vermittlern? Können aus ihrer Sicht Laienkommunikatoren und Technik den

professionellen Journalismus ersetzen?“ (ebd.: 62)

Bevor diese Fragen in der empirischen Untersuchung eingehend erforscht werden, sollen die

angesprochenen Kommunikationsformate, ihre Prämissen, Chancen und Risiken im Internet

beleuchtet werden. Wer kann entsprechende Orientierungsleistungen erbringen? Welches

Angebot bietet den Nutzern relevante Informationen, die soziale Anschlussfähigkeit garantieren?

3.1.1 Journalistische Orientierungsangebote im Internet Journalistische Orientierungsangebote im Internet zeichnen sich durch bestimmte Merkmale aus.

Im Sinne einer angebotsbezogenen Definition sind dies die bereits erwähnten Gütekriterien

Aktualität, Universalität, Periodizität, Publizität sowie redaktionelle Autonomie (vgl. Neuberger /

Nuernbergk / Rischke 2009b: 200). Auch im World Wide Web werden diese Merkmale durch

journalistische Orientierungsangebote erfüllt. Als zu Beginn des Kapitels festgelegte

Gütekriterien für Orientierungsleistungen und generell als Element journalistischer

Anforderungen sollen die Kriterien auch für die folgenden Betrachtungen partizipativer und

Page 22: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

21

technischer Orientierungsangebote der Leitfaden sein, anhand dessen die Leistungsfähigkeit der

Angebote untersucht wird.

Der klassische Journalismus steht im World Wide Web vor vielfältigen Problemen. Am

schwerwiegendsten erscheint hierbei der Verlust der Rolle des Gatekeepers24: Durch die

integrierte Öffentlichkeit des Internets (vgl. Neuberger 2009a: 41) wandelt sich das vormals

bestehende Informationsmonopol vergleichsweise weniger Veröffentlichungen in ein Übermaß

an Informationsmöglichkeiten. Die „Kontrolle darüber, welche Inhalte aus den

Produktionsprozessen in Druck- und Funkmedien an die Öffentlichkeit gelangen“ (Bruns 2009:

107) ist durch das World Wide Web an allen drei Stufen des Nachrichtenprozesses nicht mehr

möglich25. Neben dem Verlust dieser Kontrolle über die Veröffentlichung von Informationen

stellt auch der Kontrollverlust über die Anschlusskommunikation ein gravierendes Problem dar.

Medienkritische Angebote wie etwa Watchblogs beobachten Journalisten bei ihrer täglichen

Arbeit, stellen Fehler in der journalistischen Arbeit heraus (vgl. Neuberger / Nuernbergk /

Rischke 2009a: 136) und untergraben damit Deutungshoheit und Autorität anerkannter

Orientierungsangebote. Zudem stehen journalistische Angebote vor dem Problem der

ausreichenden Refinanzierung26. Maßnahmen zur Effizienzsteigerung bei klassischen

Tageszeitungen bedrohen den Journalismus als solchen (vgl. Bird 2009: 294).

Abseits der beschriebenen Risiken und Probleme, welche die Veränderungen durch das

Internet für den Journalismus implizieren, ergeben sich auch etliche Chancen, den klassischen

Journalismus durch typische Elemente des World Wide Web anzureichern und zu stärken27. Nicht

24 „[G]atekeeping simply refers to a regime of control over what content is allowed to emerge from the production

processes in print and broadcast media[.]“ (Bruns 2005: 11)

25 Bruns benennt diese Stufen als den Nachrichteneingang und -ausgang sowie die Inkludierung von Antworten

durch Vorselektion (vgl. Bruns 2009: 109).

26 Hier lässt sich an mehreren Punkten ansetzen: Fehlende Werbeeinnahmen, da ehemalige Werbepartner im Internet

durch Targetingmaßnahmen effizienter anderweitig werben; schlechte Monetarisierungsmöglichkeiten für Online-

Angebote, da diese durch Marktzwang frei angeboten werden; massive Kostensenkungen für Wettbewerber durch

Loslösung von teuren Druck- und Lieferungsprozessen der Tageszeitung bei Erstellung und Verbreitung eines

Onlineangebotes.

27 Vgl. dazu beispielsweise das Essay „The birth of Way New Journalism“ von Quittner (1995): „Go as deep or stay

as shallow as you want within a piece. Start with a headline version of a story and link deeper. Hell, you can click

right back into the archives and put any event into historical perspective.“

Page 23: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

22

zuletzt sind trotz aller Möglichkeiten zur Umgehung des Journalismus auch im World Wide Web

klassisch journalistische Orientierungsleistungen notwendig:

„Auch im Internet bleiben Vermittlungsaufgaben zu erfüllen: Weil die Fülle der Informationen im

Internet und ihre unsichere Qualität den einzelnen Nutzer tendenziell überfordern, besteht

weiterhin Bedarf an einer prüfenden und selektierenden Instanz.“ (Neuberger 2009b: 197)

Journalistische Angebote im Internet stellen dabei keine eigenständige Kategorie innerhalb des

Journalismus dar, sondern adaptieren ausgehend von zentralen Strukturen des Journalismus

spezifische, medienbezogene Merkmale (vgl. Malik / Scholl 2009: 193). Visionen eines

funktionierenden Online-Journalismus28 zeigen dabei verschiedene Möglichkeiten zur

fortschreitenden Entwicklung auf. Neben der Ablösung des Gatekeepings durch das

Gatewatching (Bruns 2005) kann die Öffnung des Journalismus hin zu mehr Nutzerpartizipation

einen gewinnbringenden Beitrag zur Weiterentwicklung des Journalismus durch Wertschätzung

des Leserwissens liefern. Die Idee des ‚partizipativen Journalismus’29 zeigt diesen Weg auf – und

passt sich den geänderten Bedingungen im World Wide Web30 an. Die verstärkte Einbindung

haben die Leser in Teilen anhand partizipativer Formate wie Weblogs bereits selbständig und

unabhängig von professionellen Angeboten vorangetrieben.

Über all diesen Überlegungen steht jedoch stets das Problem der Refinanzierung

professioneller journalistischer Orientierungsangebote:

„Es ist der Journalismus, der das Spannungsverhältnis zwischen Medienfreiheit, Partizipation und

Regulierungsverzicht auf der einen Seite, quantitativer und qualitativer Überforderung auf der

anderen Seite austarieren soll. Zumindest ist er als Korrektiv öffentlicher Kommunikation

gesellschaftlich wünschenswert. Teilen muss man allerdings die Skepsis von Siegfried Weischenberg

[…], ob sich die Gesellschaft ‚trotz zunehmender Marktorientierung diese Kompetenz etwas kosten

lässt’.“ (Neuberger 2008a: 56)

28 Zur Definition siehe Malik / Scholl 2009: 170 ff.

29 „Partizipativer Journalismus beteiligt die Nutzer zumindest am Prozess der Inhaltsproduktion, wird außerhalb der

Berufstätigkeit ausgeübt und ermöglicht die aktive Teilhabe an der Medienöffentlichkeit.“ (Engesser 2008: 66)

30 „A highly centralized media system had connected people ‚up’ to big social agencies and centers of power but not

‚across’ to each other. Now the horizontal flow, citizen-to-citizen, is as real and consequential as the vertical one.“

(Rosen 2006)

Page 24: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

23

Im Folgenden soll nun der Blick auf Formate außerhalb eines journalistischen Umfeldes gerichtet

werden. Es ist fraglich, welche Orientierungsleistungen des Journalismus partizipative Angebote

übernehmen können.

3.1.2 Partizipative Orientierungsangebote im Internet Partizipative Orientierungsangebote finden im World Wide Web insbesondere bei der in Kapitel

2.2 beschriebenen Gruppe der aktiven Social Web-Nutzer Anklang. Diese Angebote

verdeutlichen den Wandel der ehemals reinen Rezipienten von Medienangeboten zu eigentätig

aktiven Produsern (vgl. Bruns 2007). Dabei lassen sich diverse voneinander differenzierbare

Dienste klassifizieren. Neben der Gruppe der Weblog-Autoren können auch Nutzer von

Microblogs und Social Bookmarking-Diensten eigenständig oder als Gesamtheit

Orientierungsleistungen vermitteln31.

Die im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Merkmale der Aktualität, Universalität,

Periodizität, Publizität sowie der redaktionellen Autonomie können dabei zumeist nur in Teilen erfüllt

werden. Insbesondere der Anspruch auf Universalität ist bei Veröffentlichungen einzelner

Personen nicht haltbar. Prinzipiell ist bei Angeboten des Social Web, die darauf abzielen, von

anderen Internetnutzern gelesen zu werden, Publizität durch die Zugänglichkeit des Angebotes

zu unterstellen. Die von Schmidt (2008: 32) angeführte Definition von Öffentlichkeit offenbart

jedoch eine generell andere Herangehensweise an die Veröffentlichung: Prinzipielle

Zugänglichkeit geht nicht mit breiter Leserschaft einher. Die Merkmale der Aktualität und

Periodizität sind zudem nicht zwingend gegeben, da der Veröffentlichungsrhythmus dem

jeweiligen Anbieter obliegt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass eigeninitiativ schreibende

Autoren redaktionelle Autonomie genießen.

Eine eingehende Betrachtung des Reifegrades der deutschsprachigen Blogosphäre

systematisiert Weblogs in drei Kategorien: Freizeitblogger, semiprofessionelle Blogger und

professionelle Blogger (Berendt / Schlegel / Koch 2008: 81). Sowohl in dieser Analyse als auch

bei einer früheren Betrachtung des Phänomens ‚Weblog’ (Schmidt 2006: 42ff.) wird deutlich, dass

die Mehrheit der Weblog-Autoren keineswegs journalistische Ziele mit ihren Veröffentlichungen

verfolgen. Die Betrachtung von Weblogs unter journalistischen Kriterien ergibt dementsprechend

31 Zwar entstehen auch in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder studiVZ von Nutzern erstellte Inhalte, diese sind

jedoch nicht prinzipiell öffentlich zugänglich. Daher werden Soziale Netzwerke von dieser Betrachtung

ausgeschlossen.

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3. Technische Orientierungsleistungen

24

eine nur geringe Anzahl deutschsprachiger Angebote, die dieser Prüfung standhalten können (vgl.

Neuberger / Nuernbergk / Rischke 2009b: 220 f.)32.

Ein gravierendes Problem partizipativer Orientierungsangebote ist der fehlende ethische

Gesamtrahmen etwa für Betreiber von Weblogs33. So dienen beispielsweise journalistische

Nachrichtenfaktoren, Normen oder Berichterstattungsmuster nur selten als Leitfaden zur

Erstellung von Beiträgen. Zudem existiert keine verbindliche ethische Grundlage, wie sie im

Journalismus gegeben ist:

„Bei laienjournalistischen Blogs handelt es sich auch aus normenanalytischer Sicht nicht um

Journalismus; zum Teil sind die medienethischen Standards der professionellen Publizistik

unbekannt, zum Teil werden sie programmatisch verneint, und zum Teil sind ethische

Qualitätsstandards ohne journalistische Berufsprivilegien gar nicht erreichbar.“ (Beck 2008: 76)34

Die Rezeption partizipativer Orientierungsangebote erfordert darüber hinaus ein hohes Maß an

Medienkompetenz, um die jeweilige Quelle kritisch bewerten zu können. Als zentrale Punkte für

die Handlungsfähigkeit des Medienpublikums sind daher Kritikfähigkeit und entsprechende

Souveränität im Umgang mit Quellen zwingend notwendig (vgl. Trepte / Reinecke / Behr 2008:

529)35.

Angebote im Bereich Social Bookmarking36 bieten zweierlei Arten von Orientierungsleistung:

einerseits die persönlich gespeicherten Seiten als Orientierungsleistung für das direkte Umfeld, 32 Aus dem ursprünglichen Sample von 97 Weblogs verblieben letztendlich 18 journalistisch relevante Angebote.

Mittlerweile dürften jedoch einige neue Weblogs entstanden sein, die einer Überprüfung ebenfalls standhalten

könnten. Die Schnelllebigkeit der Blogosphäre erweist sich hier als fundamentales Problem bei längerfristig

angelegten Forschungsvorhaben.

33 Weblog-Autoren sind zumindest an allgemein verbindliche rechtliche Beschränkungen gebunden, die auch bei

Veröffentlichungen im Internet greifen.

34 Die Frage, inwiefern Weblog-Autoren – wollen sie langfristig erfolgreich sein – durch ihre Rolle an soziale

Gepflogenheiten gebunden sind und Sanktionierungen bei Fehlverhalten befürchten müssen, kann im Rahmen

dieser Arbeit nicht geklärt werden.

35 Die Autoren bleiben dabei jedoch die Antwort schuldig, wie die breite Masse an Nutzern eine solche

Kritikfähigkeit erlernen soll.

36 Zum Beispiel als weltweite Angebote ‚Digg’ oder ‚delicious’ sowie im deutschsprachigen Bereich ‚Mister Wong’

und ‚Linkarena’.

Page 26: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

25

andererseits als Auswertung die aggregierte Summe an Empfehlungen aller Nutzer des jeweiligen

Dienstes. Diese Auswertung – von Wichowski (2009) mit dem Stichwort ‚folksonomies’ benannt

– fällt jedoch bereits in den Bereich technischer Orientierungsleistungen und wird daher im

folgenden Kapitel weitergehend betrachtet.

Kritiker des Social Web bemängeln neben den bereits genannten Problemen zudem weitere

negative Aspekte partizipativer Angebote. Die Meinungsäußerung in partizipativen Angeboten

findet – etwa im Vergleich zur demoskopischen öffentlichen Meinung – in einem unregelmäßigen

Gefälle zugunsten von Elite-Akteuren statt (vgl. Schweiger / Weihermüller 2008: 555). Darüber

hinaus warnt Lovink davor, dass nicht zwangsläufig altruistische Motive bei der Erstellung

partizipativer Angebote im Vordergrund stehen:

„Statt eines Bemühens um inhaltliche Qualität und eine Kultur des Schreibens, Tagebuchführens

und Reflektierens ist ein gnadenloser Konkurrenzkampf um maximale Aufmerksamkeit zu

beobachten, die wiederum an der Anzahl von Links und Friends gemessen wird.“ (Lovink 2008: 29)

Die Problematik qualitativ ungenügender Beiträge wird dadurch verschärft, dass zumeist

Amateure partizipative Angebote betreiben, die nicht um eine umfassende journalistische

Darstellung ihres Themenbereiches bemüht sind. Es bleibt fraglich, inwiefern Amateure über die

entsprechende Kompetenz verfügen, um äquivalente Leistungen zu professionellen Angeboten

zu erbringen (vgl. Keen 2008: 45ff.). Somit verwundert es nicht, dass eine Analyse der

Blogosphäre auf ‚Focal Points’, also ‚Scharniere’ zwischen partizipativen und professionellen

Angeboten, nur wenige positive Ergebnisse hervorbringt (vgl. Holler / Vollnhals / Faas 2008:

109).

Vor dem Hintergrund der Anforderungen an Orientierungsleistungen können diese Angebote

somit – insbesondere im Vergleich zu journalistischen Angeboten – keine umfassende

Orientierungsleistung bereitstellen37. Diese Einschätzung betrifft einerseits die einzelnen

Angebote an sich, die oftmals nicht dauerhaft ansprechende Orientierungsleistungen bereitstellen

können. Andererseits kann zwar die Masse der partizipativen Angebote eine umfassende

Orientierungsleistung anbieten – diese ist jedoch durch die Vielzahl qualitativ eher

37 Vielmehr lassen sich partizipative Orientierungsangebote als Hinweisgeber und Dialogplattformen professionell

vermittelter Orientierungsangebote erfassen: „In fact, much of what these blogs do is push readers to other

information that they would not have otherwise read. We would therefore argue that, far from supplanting the

professional news media, they provide an important secondary market for its material.“ (Reese et al. 2007: 257)

Page 27: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

26

minderwertiger Beiträge nicht klar ersichtlich. An diesem Punkt setzen technische

Orientierungsangebote an, die im folgenden Kapitel beleuchtet werden.

3.1.3 Technische Orientierungsangebote im Internet Technische Aggregatoren haben als Filter die Möglichkeit, Unmengen an Beiträgen aus dem

gesamten Informationsangebot im World Wide Web zeitnah automatisiert zu scannen und nur

relevante Informationen auszugeben (vgl. Anderson 2007: 129). Die Art der

Informationsgewinnung und -aufbereitung lässt dabei unterschiedliche Vorgehensweisen zu,

welche die Leistungen vieler Produser nutzbar machen. Bruns (2007) inkludiert vier Strategien38,

mit denen die Potentiale vorhandener Datenmengen ausgeschöpft werden. Die in der

vorliegenden Untersuchung betrachteten Angebote entsprechen der Vorgehensweise des

„Harnessing the Hive“ (a.a.O.)39, indem vorhandene Informationen durch zusätzliche Daten

angereichert und in Ausschnitten präsentiert werden (siehe auch Schmidt 2008: 28). Dadurch

wird das Werk der einzelnen Autoren nicht in Gänze kopiert, sondern durch die empfehlende

Erwähnung und Verlinkung eher aufgewertet, statt durch den Aggregator für eigene Zwecke

vereinnahmt zu werden

Dieser vor allem zeitliche Vorteil gegenüber menschlicher Aus- und Bewertung von Inhalten

versetzt technische Aggregatoren in die Lage, Orientierungsangebote für Nutzer bereitzustellen.

Gemäß der Studie „Project for Excellence in Journalism 2010“ haben Aggregatoren in den USA

bereits einen Anteil von 27 Prozent unter den meistgenutzten Nachrichtenseiten:

„Four of the top six news sites are either pure aggregator sites (Yahoo and Google News) or

include a strong element of aggregation with some editing or original content (MSNBC and

AOL).“ (PEW 2010)

38 Die Strategien, die Bruns beschreibt, sind: ‚Harnessing the Hive’, also die Verwertung von Teilen einer

Veröffentlichung in Kooperation mit der Grundgesamtheit und unter Beachtung fairer Verwendungs- und

Zitationsregeln; ‚Harvesting the Hive’ meint die Aufbereitung der verfügbaren Ressourcen für den vereinfachten,

meist kommerziellen Einsatz; ‚Harbouring the Hive’ beschreibt die Bereitstellung einer Plattform, auf der

Produser ihre Inhalte einstellen, verwalten und teilen können – stets mit der Gefahr verbunden, durch schrittweise

Monopolisierung an eine zentrale Plattform gebunden zu werden (z.B. Flickr als Bilderverwaltung); ‚Hijacking the

Hive’ als Beschränkung der Nutzungsfreiheit fremd produzierter Inhalte, um eigene finanzielle Vorteile zu

erwirtschaften (vgl. Bruns 2007).

39 Herz (2005: 327ff.) führt diesen Begriff als Vorgehensweise in der Videospielentwicklung ein – er lässt sich analog

auf das Vorgehen technischer Orientierungsangebote übertragen.

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3. Technische Orientierungsleistungen

27

Legt man die bereits beschriebenen journalistischen Merkmale zugrunde, so zeigt sich, dass –

abgesehen von redaktioneller Autonomie – alle postulierten Eigenschaften automatisiert

bereitgestellt werden können40. Ob technische Aggregatoren im Sinne redaktioneller Autonomie

agieren können, lässt sich nur unzureichend klären – letztendlich wäre eine genaue Analyse der

Bewertungsweise sowie der aggregierten Quellen notwendig41. Diese Problematik erwähnt bereits

Kuhlen:

„Suchverfahren des Information Retrieval sind zunächst wertfreie und interessenlose Software, die

aber durch den Einsatz von Filtertechniken manipuliert werden können. Kann man sich darauf

verlassen, daß [sic!] die Suchmaschinen der Yahoo, Alta Vista interessenfrei, unmanipuliert die zu

indexierenden Dokumente durcharbeiten und wirklich all das und nur das nachweisen, was aktuell

benötigt wird?“ (Kuhlen 1999: 77)

Technische Orientierungsangebote sind in verschiedensten Ausprägungen und

Publikationsformen auffindbar. Sie erfüllen vornehmlich die Rolle des von Bruns beschriebenen

Gatewatchers (vgl. Bruns 2005: 18), der veröffentlichte Informationen begutachtet, strukturiert

und aufbereitet. Der Großteil der Angebote zeichnet sich dadurch aus, dass keine vollständigen

Artikel präsentiert, sondern Verweise auf weitere Seiten angeboten werden42. Somit sind

technische Orientierungsangebote zumeist in der Rolle des Intermediärs43 – und nehmen eine zu

professionellen (sowie auch partizipativen) Angeboten anders gelagerte Rolle ein. Bruns

charakterisiert technisch aggregierte Angebote daher auch mit dem Wood-Test44:

„Would the news on a Website look fundamentally different if users did not participate in its

information gathering processes? The answer for most of the gatewatcher sites […] is a resounding

‚yes’.“ (Bruns 2005: 24)

40 Neuberger begründet die Zulässigkeit dieses Vergleichs wie folgt: „Zwar sind die Rankingkriterien geheim, weil

aber die redaktionelle Nachrichtenauswahl simuliert werden soll, lässt sich der Output an journalistischen

Standards messen.“ (Neuberger 2009a: 74). Weiterführende Betrachtungen in Kapitel 3.2.1

41 Weiterführend Kuhlen 1999: 77ff.

42 Diese Eigenschaft gilt sowohl für Social Bookmarking-Seiten wie Digg oder delicious als auch für vollständig

automatisierte Angebote wie Google News oder nachrichten.de sowie Crowdsourcing-Portale wie reddit.com

43 „Da sie lediglich eine Bündelungsfunktion übernehmen und keine eigenen Inhalte erzeugen, agieren sie als Broker

auf der zweiten Stufe der Wertschöpfungskette der Medienbranche.“ (Kink / Hess 2007: 303)

44 Dieser Name entstand in Anlehnung an Cliff Wood, Redakteur der Technologienachrichtenseite Slashdot.org

Page 29: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

28

Technische Internetaggregatoren nutzen oftmals eine übermäßig hohe Anzahl an Quellen, um

relevante Ergebnisse auszugeben. Etliche Angebote vertrauen dabei auf ihre Nutzerbasis, binden

also die Partizipation der Masse als grundlegendes Element ein:

„The idea that readers, by voting en masse on which stories and events are most interesting or

important, are now becoming a kind of editorial collective force is embodied in Web 2.0

companies, from giants like Google to more recent entrants like Digg and Memeorandum.“

(Nisenholtz 2008: 130f.)

Nutzer können bei diesen Angeboten partizipieren, indem sie für sie relevante Artikel mit einem

– wie auch immer gearteten – Hinweis versehen. Die somit verteilten Stimmen für einzelne

Artikel ergeben in der Masse letztendlich den Output des technischen Aggregators.

Technische Orientierungsangebote sind in der Lage, zumindest Teilleistungen journalistischer

Dienste zu übernehmen. Dabei stellt sich die Frage, ob technische Internetaggregatoren diese

Angebote möglicherweise sogar als funktionale Äquivalente ersetzen können.

3.2 Technische Internetaggregatoren als funktionale Äquivalente? Wie die Betrachtungen der vorhergehenden Kapitel zeigen, sind technische Internetaggregatoren

im Vergleich zu partizipativen Formaten eher geeignet, die Ansprüche professioneller

Orientierungsangebote zu erfüllen. Hierbei sollte jedoch in Betracht gezogen werden, dass sich

technische Formate zumeist auf einer Metaebene über den einzelnen partizipativen Formaten

bewegen und diese in ihr Orientierungsangebot einschließen. Bevor eine eingehende Betrachtung

technischer Internetaggregatoren erfolgt, sollen diese genauer definiert werden. Kuhlens

Ausführungen zu Informationsmaschinen bieten eine wertvolle Grundlage:

„Informationsmaschinen sind in einem allgemeineren Verständnis nichts anderes als

programmierbare Rechner, die das ganze Spektrum von Mikroprozessoren bis hin zu

Hochleistungsgroßrechnern umfassen. [Sie sind] formal definierte Apparate, Computer, die ihre

Operationen entsprechend formal durchführen, d.h. sie nehmen Daten von der Außenwelt auf,

verarbeiten diese mit ihren internen oder von anderen Rechnern ausgeliehenen Programmen,

benutzen dazu auch eigene Daten und liefern Ergebnisse, die oft genug wieder als Eingaben für

neue Verarbeitungsprozesse dienen. Die Operationen sind dabei weitgehend anwendungsneutral[.]“

(Kuhlen 1999: 104)

Page 30: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

29

Unter diese Definition lassen sich folglich auch technische Internetaggregatoren fassen. Es soll

nun geklärt werden, ob – und wenn ja inwiefern – die Orientierungsleistungen professioneller

Anbieter durch technische Aggregatoren ersetzt werden können.

3.2.1 Leistungsfähigkeit technischer Internetaggregatoren Durch die Simulation des journalistischen redaktionellen Outputs lassen sich technische

Orientierungsangebote entsprechend an den Orientierungsleistungen professioneller Angebote

messen. Wie in Kapitel 3.1.3 dargelegt, erfüllen technische Internetaggregatoren etliche

Merkmale professioneller Orientierungsangebote. Diese sollen zunächst einer genauen Analyse

unterzogen werden.

Durch das automatisierte Vorgehen bei der Auswertung von Quellen ist Aktualität durch

technische Internetaggregatoren generell gewährleistet45. Ob ein technischer Internetaggregator

in der Lage ist, Universalität im Angebot zu gewährleisten, hängt zum einen von der

Quellenbasis, zum anderen jedoch auch von der Definition der Universalität ab. Ausgehend von

der Fähigkeit technischer Aggregatoren, massenhaft Quellen zu beurteilen, dürften technische

Orientierungsangebote als thematische Offenheit gedachte Universalität garantieren. Denkt man

Universalität als möglichst vollständige Abdeckung eines Themenbereichs, so können auch hier

technische Aggregatoren durch umfassende Quellenanalysen Universalität erreichen. Durch

beständige Aktualisierung der Ergebnisse erlangen technische Orientierungsangebote das

Merkmal der Periodizität. Der zeitliche Rhythmus der Aktualisierung kann dabei je nach Angebot

variieren, geschieht häufig aber unmittelbar mit Aufruf des Angebotes. Die Publizität eines

technischen Orientierungsangebotes ist durch die generelle Erreichbarkeit als Onlineangebot

gegeben. Einschränkungen können hier für personalisierte Angebote46 bestehen. Wie bereits

erwähnt, kann die redaktionelle Autonomie technischer Orientierungsangebote nicht ohne

Weiteres versichert werden (vgl. Kapitel 3.1.3). Zusammenfassend ist jedoch davon auszugehen,

dass die für journalistische Orientierungsleistungen festgelegten Merkmale durch technische

Orientierungsangebote prinzipiell erfüllt werden können.

Eine wichtige Einschränkung technischer Aggregatoren – insbesondere zu den bei Neuberger

et al. analysierten Angeboten (vgl. Neuberger / Nuernbergk / Rischke 2009b: 213) – ergibt sich

aus der Rolle des Intermediärs. Technische Orientierungsangebote bieten als Vermittler zumeist 45 Der in der Verarbeitung generell genutzte technische Standard RSS (‚Really Simple Syndication’) zeichnet jede

Informationseinheit (Artikel o.Ä.) mit einem Erstellungsdatum aus.

46 Personalisierte Angebote schränken durch persönliche Präferenzen das jeweilige Angebot genauer ein.

Page 31: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

30

nur Weiterleitungen zu anderen Angeboten, jedoch keine eigenen vollständigen Artikel an.

Dennoch wird ihnen eine entscheidende Rolle bei der Informationssammlung und -aufbereitung

zugeschrieben:

„Aggregators, if not originating content, are still a critical element of the online ecosystem, helping

news consumers navigate and organize an ever-expanding volume of news content produced both

by professional journalists and individuals.“ (PEW 2010)

Technische Aggregatoren versuchen – im Gegensatz zu menschlichen Bewertungsmaßnahmen –

Zusammenhänge herzustellen, die auf technischen Merkmalen wie Erscheinungsdatum,

Wortähnlichkeit und Verlinkung von Inhalten basieren. Insbesondere die Auswertung von

Verlinkungsstrukturen ist im World Wide Web die zentrale Vorgehensweise47. Dies wirft die Frage

auf, welche Bedeutung ein Link als technisches Merkmal in sich trägt. Zumindest bei von

Menschen gesetzten Links lässt sich Intention unterstellen. Sie enthalten somit ein soziales

Element:

„Yet very few people would create hyperlinks purely for their own use. Instead, the create them to

help others navigate an information space in a way that they themselves would. They use them to

express social relationships in a public space for others to see. They share hyperlinks as gifts –

through e-mail and instant messages that share information and laughs – and so reinforce existing

relationships. […] In essence, since the very inception of the World Wide Web, the hyperlink has

acted as a social element.“ (Adamic 2008: 227)

Betrachtet man Links auf Basis dieser Aussage als Empfehlungen, so bedeutet die Auswertung

dieser Elemente eine durch technische Mittel sichtbar gemachte Orientierungs-Orientierung. Ein

vielversprechender Effekt dieses Vorgehens ist die Emergenz kollektiver Gedankengänge48.

Durch die Auswertung einer hohen Zahl persönlicher Empfehlungen lässt sich ein kollektives

Meinungsbild erzeugen:

„With the ability to see hyperlinks within a larger networked structure, we have already begun to

understand that, en masse, they reflect deep social and cultural structures – a kind of collective

unconscious.“ (Halavais 2008: 39)

47 So lässt sich etwa für in Weblog-Artikeln enthaltene Links feststellen: „Because of the very timely nature of in-

post-citations, they can be used to filter the most interesting content on a daily basis“ (Adamic 2008: 231)

48 Im Sinne der von Surowiecki (2005) beschriebenen „Weisheit der Masse“.

Page 32: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

31

Durch die Gegebenheiten des Internets kann technischen Orientierungsangeboten eine

multiperspektivische Darstellung von Themen gelingen (vgl. Bruns 2009: S: 119). Das kollektive

Meinungsbild kann durch die breite Grundlage an Einzelmeinungen zudem den Anschein der

Objektivität bieten (vgl. Webster 2008: 28). Diese Feststellung wirft die Frage auf, inwiefern

technische Orientierungsangebote als algorithmische Mediatoren (Rieder 2004) mit Merkmalen

wie Objektivität49 oder anderen, menschlichen Eigenschaften beschrieben werden können.

Insbesondere das Problem des Vertrauens in die Orientierungsleistung nicht-menschlicher

Akteure muss geklärt werden50. Denkt man die Idee der algorithmischen Mediatoren fort, so

stellt sich die Frage, inwiefern sich das Konzept des Systemvertrauens (vgl. Kohring 2001: 61ff.)

auf technische Internetaggregatoren übertragen lässt. Der von Shirky vorgestellte Entwurf einer

„Algorithmic Authority“ (Shirky 2009a) zeigt einen möglichen Denkweg:

„[A]lgorithmic authority handles the “Garbage In, Garbage Out” problem by accepting the garbage

as an input, rather than trying to clean the data first; it provides the output to the end user without

any human supervisor checking it at the penultimate step; and these processes are eroding the

previous institutional monopoly on the kind of authority we are used to in a number of public

spheres, including the sphere of news.“ (Shirky 2009a)

Vertrauen in technische Aggregatoren ist als mehrdimensionaler Prozess zu beschreiben. Neben

das generelle Vertrauen in die Fähigkeit des Programmierers, ein leistungsfähiges Angebot

bereitzustellen, treten die Nutzungserfahrungen sowie die Bekanntheit der verlinkten Quellen

und ihrer Autoren. Durch diese Merkmale können Nutzer Vertrauen zur Orientierungsleistung

eines technischen Angebotes aufbauen – sie dienen als Indikatoren für die Potentiale der

Orientierungsleistung des Dienstes (vgl. Kuhlen 1999: 101ff.).

Da technische Orientierungsangebote nicht nur für Endnutzer, sondern auch für Redaktionen

in der Vielzahl von Informationen relevante Artikel und Quellen ausfindig machen können,

lassen sich vormals langwierige Rechercheaufgaben schneller und vor allem effizienter lösen. Die

technische Aggregation von Informationen kann somit professionellen Orientierungsangeboten

gewinnbringende Erkenntnisse liefern. Zudem lassen sich Zusammenhänge zwischen Daten

durch die inhaltliche Auswertung und die Analyse von Netzwerkeffekten genauer analysieren. Die

49 Objektivität wird hier synonym zum Begriff der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit gedacht.

50 So kann nach Kohring Vertrauen nur in einer Relation zwischen sozialen Akteuren existieren (vgl. Kohring 2004:

132).

Page 33: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

32

multiperspektivische Darstellung von Themen im Internet kann sich für eine zeitnahe Erhebung

von Tendenzen und Einstellungen im Sinne der Meinungsforschung als hilfreich erweisen.

Die bisherigen Betrachtungen lassen den Schluss zu, dass die technische Aggregation einer

Vielzahl einzelner Orientierungsleistungen die Darstellung einer übergreifenden Orientierungs-

Orientierung ermöglicht. Technische Orientierungsangebote bündeln die massenhaft

vorhandenen Orientierungs-Orientierungen zu einer Meta-Orientierungs-Orientierung in einer

Art und einem Umfang, der für menschliche Vermittler aufgrund der Informationsmenge nicht –

zumindest nicht zeitnah und somit aktuell relevant – zu bewältigen wäre.

3.2.2 Folgen technischer Orientierungsangebote Während im vorherigen Kapitel die Leistungsfähigkeit – und damit das Potential – technischer

Orientierungsangebote im Vordergrund stand, soll nun auf negative Folgen technisch

vermittelter Informationen eingegangen werden. Dabei liegt der Fokus auf den Gefahren, welche

durch automatisierte Vorgänge in der Informationsverarbeitung auftreten können. Diese eher

pessimistische Sichtweise soll den Blick kritisch auf die rasanten Entwicklungen im Bereich

technischer Informationsverarbeitung richten und für die Probleme sensibilisieren.

Neben allen Vorteilen, die technische Orientierungsangebote angesichts der zu bearbeitenden

Informationsmassen haben, werden Schwachpunkte evident, welche die Leistungsfähigkeit der

Angebote mindern. So sind etwa menschliche Konzepte wie Ironie oder Sarkasmus für

Maschinen kaum erkennbar51, weshalb Inhalte unter falschen Prämissen zugeordnet werden

könnten. Nicht nur die fehlerhafte Zuordnung durch die Aggregation selbst, sondern auch Fehler

in der Bezeichnung der Inhalte durch Nutzer können gravierende Folgen haben, die

fortwährende Beobachtung benötigen:

„The limitations and promises of folksonomies are often discussed in terms of the practice: how

things are tagged, by whom, and guided by what motivations. These questions will undoubtedly be

subject to empirical study and answered in time.“ (Wichowski 2009)

Werden neben professionellen Orientierungsangeboten auch partizipative Angebote in der

technischen Aggregation erfasst, so besteht die Gefahr, durch einseitige Verlinkungen der

51 Zur Zeit arbeiten Forscher jedoch bereits an Algorithmen, die solche Konzepte durch Maschinen erkennbar

machen: „We found some strong features that recognize sarcastic utterances, however, a combination of more

subtle features served best in recognizing the various facets of sarcasm.“ (Tsur / Davidov / Rappoport 2010: 8)

Page 34: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

33

partizipativen Angebote nur einheitliche Meinungsäußerungen zu aggregieren52. Es lassen sich

Isolationseffekte bis hin zu einer Fragmentierung in Teilöffentlichkeiten vermuten (vgl. Adamic

2008: 234f.). Eine weiterführende Betrachtung innerhalb der amerikanischen politischen

Blogosphäre verdeutlicht die dynamische Struktur der Blogosphäre, die sich je nach Thema

schnell anpassen kann (vgl. ebd.: 236f.). Somit ist nicht von klar abgeschotteten

Teilöffentlichkeiten, sondern eher von Ad-hoc-Öffentlichkeiten auszugehen, die durch agile

Vernetzung schnell sichtbar werden. Hier greift zudem das Konzept der „Weak Ties“

(Granovetter, 1973), die als schwache Bindungen helfen, sozialer Fragmentierung vorzubeugen.

Sie garantieren auch in homogenen Gruppen Verbindungen zu anderen Meinungen und

verhindern damit vollständige soziale Isolation. Meinungen und Informationen diffundieren über

schwache Bindungen in verschiedenste Gruppen. Auf diesem Weg werden Menschen mit

Einstellungen konfrontiert, die ihren eigenen widersprechen. Ob durch technische

Orientierungsangebote aggregierte Links die Rolle der zwischenmenschlichen schwachen

Bindungen adaptieren können, bleibt jedoch fraglich (vgl. Prior 2008: 259ff.).

Bedenkt man die Gefahren einer potentiellen Fragmentierung bei ungenügender

Heterogenität der betrachteten Quellen, so lassen sich auch Verstärkereffekte53 durch die

technische Aggregation vermuten. Ausschlaggebend für diese Effekte ist die Zusammensetzung

der Quellen des Aggregators. Bei heterogenen Quellen sind Verstärkereffekte als

unwahrscheinlich anzusehen. Liegt jedoch eine homogene Quellenbasis vor, so ergibt sich die

potentielle Gefahr, von der in Kapitel 3.2.1 beschriebenen multiperspektivischen Betrachtung in

die Darstellung einseitiger Meinungen umzuschwenken.

Wenn technische Aggregatoren durch Fehler in der Programmierung oder Missinterpretation

der aggregierten Quellen falsche Zusammenhänge herstellen, können gravierende

Fehlinformationen Verbreitung finden. Durch die einmal in Gang gesetzte automatisierte

Bewertung können insbesondere in sensiblen Themenbereichen, etwa dem Finanzsektor, kleine

Fehler folgenreiche Entwicklungen nach sich ziehen. Die automatisierten Vorgänge in der

Informationsverarbeitung betreffen dann nicht nur die Bereitstellung von Informationen für

Rezipienten, sondern können gravierende Auswirkungen auch auf finanzielle Entwicklungen

52 Ob Isolationseffekte tatsächlich auftreten, ist jedoch umstritten: „This fragmentation debate remains unresolved

because of the limited empirical data available. The two sides currently support their contentions by way of a very

small pool of observations. Measurements also tend to be used selectively.“ (Dahlberg 2007: 831)

53 Verstärkereffekte treten auf, wenn bereits prominent platzierte Artikel durch eben diese Platzierung weitere

Empfehlungen erhalten. Sie verhindern dadurch das Nachrücken weiterer, aktuellerer Artikel.

Page 35: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

34

haben. Zur Illustration möglicher Kettenreaktionen soll in gebotener Kürze ein bereits

geschehenes Beispiel dargestellt werden. Ein veralteter Artikel einer amerikanischen

Onlinezeitung wurde aufgrund fehlender Daten nach sechs Jahren automatisiert mit dem

Tagesdatum versehen, was eine fatale Entwicklung nach sich zog:

„United Airlines, eine der weltgrößten Fluggesellschaften, melde Konkurs an, wurde die

Tageszeitung Sun Sentinel aus Florida zitiert. Der Börsenkurs von United brach um 75 Prozent ein.

In zwölf Minuten wurden mehr als eine Milliarde Dollar vernichtet. Dabei hatte United gar nicht

Konkurs angemeldet. Die Meldung war sechs Jahre alt und wurde aus Versehen von einem

Computerprogramm, mit dem Google die Website der Zeitung durchsuchte, als neu ausgegeben.“

(Schuler 2008) 54

Durch Schnelllebigkeit im Medienkonsum kann sich die ungenügende Informationstiefe bei der

Lektüre von Nachrichten als problematisch erweisen. Dieser Effekt wird insbesondere durch

technische Orientierungsangebote begünstigt, die – einerseits aus Gründen der Übersichtlichkeit,

andererseits aufgrund rechtlicher Beschränkungen des Zitatrechts – nur kurze Ausschnitte von

Artikeln aufführen. Hinweise für dieses Nutzerverhalten sind bereits gegeben:

„Younger generations especially begin their news consumption through search. There are signs that

more and more people are ending it there as well, deciding that all they need is the headline, byline

and first sentence of text. In short, news consumers young and old get a good deal of news

without ever actually clicking on the story. If this cursory read is deemed valuable – or valuable

enough – it could send content producers back to the drawing board for both their content and

financial strategies.“ (PEW 2010)

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass sich neben der Vielzahl der in Kapitel 3.2.1

dargelegten Vorteile auch negative Aspekte technischer Orientierungsangebote zeigen. Die

Nutzung dieser Angebote erfordert insbesondere die bereits in Kapitel 3.1.2 erwähnte

54 Die – nicht zu stoppende – Kettenreaktion lässt sich im Nachhinein rekonstruieren. Durch den in der späten

Nacht erfolgten einmaligen Aufruf des betreffenden Artikels gelangte dieser in die „Meist gelesen“-Liste einer

amerikanischen Tageszeitung. Aus dieser wurde der ohne Datumsangabe eingestellte Artikel von Google News

erfasst. Der Crawler versah den Artikel mit dem tagesaktuellen Datum, wodurch die Meldung am Folgetag im

Dienst großes Aufsehen erregte. Nachdem ein Investmentunternehmen die Meldung verbreitete, wurden

wiederum automatisiert Verkäufe der Aktie angestoßen.

Page 36: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

35

Medienkompetenz, deren Vermittlung und Erwerb als entscheidender Faktor und neuralgischer

Punkt zur erfolgreichen Nutzung neuartiger Orientierungsangebote anzusehen ist.

3.3 Remediation durch technische Orientierungsangebote? Im Anschluss an die Darstellung der Potentiale und Gefahren technischer Internetaggregatoren

soll in diesem Kapitel geklärt werden, ob technische Orientierungsangebote die Aufgaben

professioneller Anbieter übernehmen und damit als neuartige Intermediäre auftreten können. Als

Schlüsselfrage für die weitere Betrachtung ergibt sich somit: Findet eine Remediation durch

technische Orientierungsangebote statt?

Abgesehen von wenigen und nur grob bestimmbaren Nutzungszahlen ist der tatsächliche

Einfluss technischer Orientierungsangebote auf die Orientierung von Nutzern des World Wide

Web fraglich (vgl. Neuberger 2009a: 75). Bisher geben nur wenige Studien Aufschluss über das

tatsächliche Potential technischer Orientierungsangebote. Überdies sind diese Studien häufig auf

amerikanische Angebote beschränkt – die Vergleichbarkeit zum deutschsprachigen Teil des World

Wide Web kann nicht gewährleistet werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die

Erkenntnis, dass sich nur ein geringer Teil der amerikanischen Nutzerschaft exklusiv über

technische Orientierungsangebote informiert, die Nutzermeinungen aggregiert wiedergeben –

und darüber hinaus wahrscheinlich professionelle journalistische Orientierungsangebote

konsultiert:

„For now, the percentage of Americans who rely exclusively on news from user-driven sites is just a

fraction of what it is for mainstream news sites. And in this increasingly fragmented era, many who

visit Digg, Del.icio.us and Reddit may also be reading the online versions of The New York Times

and The Wall Street Journal.“ (PEW 2007: 14)

Bruns beschreibt in seiner Analyse zu kollaborativer Nachrichtenproduktion diverse technische

Orientierungsangebote, die partizipative Inhalte aggregieren und zugänglich machen. Der von

ihm dargestellte tiefgreifende Wandel schließt weder den professionellen Journalismus als

zukünftige Informationsquelle aus, noch resultiert er in einer vollkommenen Dominanz

partizipativer oder technischer Orientierungsangebote (vgl. Bruns 2005: 307ff.). Vielmehr wird

eine Evolution des Journalismus beschrieben, die Bruns zu dem Schluss führt, auch technische

und partizipative Orientierungsangebote seien unter den Begriff Journalismus zu fassen:

Page 37: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

36

„If there are aims which journalism still subscribes to, then we should no longer hesitate to

recognize the sites we have encountered here as a form of journalism, and one which is needed

now more than ever.“ (Bruns 2005: 317)

Technische Orientierungsangebote werden somit nicht als Substitut, sondern als Ergänzung zur

bisherigen professionellen Vermittlung dargestellt. Ähnliche Schlüsse lässt eine Untersuchung

von Social News-Angeboten55 im deutschsprachigen Raum zu. Sie zeigt neben großem

Entwicklungspotential auch die bereits existente Leistungsfähigkeit56 der Dienste (vgl. Rölver /

Alpar 2008: 326). Diese genügt bisher jedoch nicht, um in Konkurrenz mit dem Angebot

klassischer Massenmedien – also professionellen Orientierungsangeboten – zu treten:

„In ihrer Wirkung erzielen Social News die gesetzten Ziele, können aber gleichsam im Wettbewerb

um gute Nachrichten zusätzliche Funktionen übernehmen. Diese reichen von einer möglicherweise

unintendierten Verbreitung redaktioneller Inhalte der Internetpräsenzen klassischer Massenmedien

bis zur Hervorhebung unbekannter Internetquellen. Von einer echten Konkurrenz zum Angebot

klassischer Medien kann hier allerdings keine Rede sein.“ (Rölver / Alpar 2008: 326)

Die kritische Betrachtung des englischsprachigen Angebots Digg durch Goode (2009)

problematisiert die postulierte Demokratisierung der Orientierungsangebote anhand quantitativer

anstatt qualitativer Kriterien wie dem Nachrichtenwert. Goode kritisiert, dass es durch

partizipative Elemente zu einer Verzerrung zugunsten populärer, jedoch zulasten wichtiger

Beiträge, die durch Journalisten eher selektiert werden, kommen kann. Eine Analyse des

Abstimmungsverhaltens auf der Seite verdeutlicht, dass sie nicht zwingend die breite Meinung

55 Bei Social News-Angeboten verschwimmt die Grenze zwischen partizipativen und technischen

Orientierungsangeboten: „Social News sind Web 2.0-Anwendungen, die auf die dynamische, nutzergenerierte

Auswahl und Verteilung von Nachrichten gerichtet sind. Ihre Inhalte berücksichtigen dabei die sozialen Kontexte

ihrer Nutzer und bilden durch soziale Rückkopplungsprozesse und die Ausnutzung von Skalen- und

Netzwerkeffekten ein effizientes Konstrukt zur weitestgehend redaktionsautonomen und partizipientenkonformen

Auswahl, Evaluation und Allokation von Nachrichten.“ (Rölver / Alpar 2008: 301)

56 „Wie gezeigt werden konnte, sind Social News geeignet, aus einem dispersen Nachrichtenangebot interessante und

relevante Informationen herauszufiltern. Damit dieser Effekt eintritt, ist es allerdings erforderlich, zunächst einen

entsprechend großen Mitgliederstamm aufzubauen und geeignete Anreize zur Beitragsgenerierung zu setzen. Ist

die kritische Masse erst einmal erreicht, können kollektive Selektionsmechanismen ihre volle Wirkung entfalten.“

(Rölver / Alpar 2008: 326)

Page 38: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

37

der Nutzerschaft abbildet57. Goode bewertet Digg dennoch aufgrund der angestoßenen

Diskussionen um neue Beiträge als wertvolles Orientierungsangebot (vgl. Goode 2009: 1296).

Wie in den vorhergehenden Betrachtungen dargestellt, sind technische Orientierungsangebote

insbesondere im Hinblick auf die Beherrschung und Handhabbarkeit der Informationsflut

gegenüber menschlicher Sortierung bevorteilt. Es zeigt sich jedoch schon bei der Betrachtung der

nur spärlich vorhandenen Analysen, dass eine vollständige Remediation durch technische

Orientierungsangebote weder erwartbar noch sinnvoll erscheint. Da diese Angebote überdies vor

allem auf Input durch professionelle und / oder partizipative Angebote angewiesen sind, können

technische Orientierungsangebote voraussichtlich als Ergänzung, jedoch nicht als Ersatz für

professionelle Orientierungsangebote angesehen werden. Eine fortlaufende Prüfung der

Angebote auf verschiedenen Wegen sollte nach Festlegung qualitativer Merkmale einen Vergleich

zwischen professionellen und rein technisch erstellten Orientierungsangeboten ermöglichen.

Zudem sollte die Leistungsfähigkeit technischer Aggregatoren fortwährend beobachtet und

bewertet werden – schon aufgrund des zu erwartenden gesteigerten Einflusses technischer

Angebote auf die zukünftige Informationsvermittlung58.

Das in dieser Arbeit gewählte Vorgehen zeigt eine weitere Möglichkeit auf. Während etwa

professionelle Vermittler zur Selbstreflexion fähig und somit befragbar sind, sollte die

Orientierungsleistung eines technischen Aggregators neben der Betrachtung durch

57 „A logical extension shows that the top 100 Digg Users have contributed 14,249 stories to the homepage, or

56.41%. At Digg, a very select group of users is dominating the popular homepage content. Far from being a mass

of opinion, Digg is instead showing, primarily, the content opinions of just a few, select folks.“ (Fishkin 2006)

58 Vgl. dazu Rieder (2004): „Im Inneren der digitalen Netze arbeitet schon heute Software, die Informationen nicht

nur nach fixen Schemata überträgt, sondern klassifiziert, strukturiert, bewert[et, sic!], filtert, kommuniziert und

erzeugt – und das in vielen Fällen autonom und lernfähig.“ (ebd.: 40). Zur Idee des Semantic Web bemerkt

Herman: „ The Semantic Web is about two things. It is about common formats for integration and combination

of data drawn from diverse sources, where on the original Web mainly concentrated on the interchange of

documents. It is also about language for recording how the data relates to real world objects. That allows a person,

or a machine, to start off in one database, and then move through an unending set of databases which are

connected not by wires but by being about the same thing.“ (Herman 2010)

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3. Technische Orientierungsleistungen

38

Außenstehende vor allem durch die Bewertung der Nutzer eines Dienstes evaluiert werden59.

Daher richtet der empirische Teil dieser Arbeit den Blick auf die Nutzerschaft des technischen

Blog- und Nachrichtenaggregators rivva.de. Im Folgenden soll eine kurze Betrachtung des

Dienstes diese Auswahl begründen.

3.4 Charakterisierung des technischen Orientierungsangebotes rivva.de Der Blog- und Nachrichtenaggregator rivva.de versucht laut Eigenaussage des Entwicklers Frank

Westphal „einen gewichteten Schlagzeilenüberblick über die deutschsprachige Blog- und Online-

Medienlandschaft zu liefern“60. Der Dienst vereint als technisches Orientierungsangebot

professionelle und partizipative Angebote, da die Seite als Meta-Angebot die dispersen Beiträge

und Reaktionen aus einem Pool von Blogs, Nachrichtenseiten und Twitterfeeds aggregiert und

nach Aktualität, Diskussionsintensität sowie weiteren Parametern61 einordnet:

„Die Plattform bündelt tagesaktuell Beiträge, die in der deutschsprachigen Blogosphäre populär

sind, das heißt stark verlinkt werden. Dabei werden nicht alle verfügbaren Weblogs überwacht,

sondern es existiert eine Datenbank mit derzeit etwa 2.700 deutschsprachigen Blogs und

redaktionell erstellten Angeboten sowie etwa 800 englischsprachigen Quellen.“ (Schmidt / Frees /

Fisch 2009: 54)

Laut aktuelleren Angaben des Entwicklers Frank Westphal erfasst die Seite mittlerweile 4.500

deutschsprachige sowie 1.050 zumeist englischsprachige Quellen, außerdem sind ca. 250.000

Twitter-Accounts erfasst, von denen etwa 54.000 aktiv getrackt werden62. Diese Quellen bilden

die Grundlage für die auf der Startseite präsentierten Artikel. Die Quellenbasis wird durch

Verlinkungen von Seiten durch bereits vorhandene Quellen beständig gepflegt und aktualisiert.

59 Beer fordert drei Blickrichtungen bei der Erforschung neuartiger Orientierungsangebote: die Untersuchung der

Anwendungen und Organisationen hinter diesen, die Struktur der genutzten Software inklusive ihrer Algorithmen

sowie die Auswirkungen auf die Nutzer der Angebote (vgl. Beer 2009: 998). Auch Neuberger verweist auf die

Notwendigkeit der Nutzerbefragung (vgl. Neuberger 2008b: 28f.)

60 http://rivva.de/about

61 Die entsprechenden Parameter wollte Entwickler Frank Westphal im privaten Gespräch zum Schutz vor Plagiaten

nicht näher offenlegen.

62 Stand: August 2010.

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3. Technische Orientierungsleistungen

39

Dementsprechend können Seiten auch wieder aus dem Index herausfallen. Durch die

Ausrichtung der Website liegt die – zu überprüfende – Vermutung nahe, dass hauptsächlich aktive

Nutzer des Social Web den Dienst verwenden. Im November 2009 wurde rivva.de von über

22.000 Seitenbesuchern in Anspruch genommen63.

Das Angebot wirft als Bindeglied zwischen professionell und partizipativ erstellten

Orientierungsangeboten aus der technischen Warte den Blick auf das von Neuberger eingeführte

Beziehungsdreieck zwischen Profession, Partizipation und Technik (vgl. Neuberger 2009a: 60f.).

Das Potential des Dienstes liegt somit in einer möglichen Remediation für die Nutzer – sie

erhalten den Überblick zu aktuell diskutierten Themen über diverse professionelle und

partizipative Angebote hinweg. Ausschlaggebend für diesen Überblick ist die Verlinkung der

Beiträge untereinander, da erst durch sie eine direkte Verknüpfung geschehen kann. Da rivva.de

sich darauf verlegt, die meist diskutierten Artikel auf der Startseite aufzuführen, ist folglich eine

vollständige Auflistung aktuell aus professioneller Sicht relevanter Themen wie etwa im Online-

Angebot des Spiegels oder der Tagesschau nicht zwingend gegeben. Die Möglichkeit, zu

gesonderten Ressorts Inhalte abzurufen, mindert diesen Umstand zumindest für die

vorhandenen Themenbereiche.

Im Sinne des Identitäts- und Beziehungsmanagements, die Schmidt neben dem

Informationsmanagement als Funktionen des Social Web postuliert (vgl. Schmidt 2008: 23f.),

lässt sich rivva.de auch für die Evaluation der Reaktionen auf eigene Beiträge nutzen. Sofern das

vom Nutzer betriebene Angebot von rivva.de berücksichtigt wird, lassen sich für jeden Artikel die

erfassten Reaktionen sowie die zum Artikel verfassten Twitter-Nachrichten einsehen.

Legt man die in Kapitel 3 festgelegten Gütekriterien für eine Orientierungsleistung zugrunde,

so wird der Großteil dieser Kriterien durch das Angebot von rivva.de erfüllt. Da rivva.de im

Internet frei abrufbar ist, ist die Publizität des Angebotes per se gesichert. Zudem wird das auf

der Startseite aufgezeigte Themenspektrum mehrmals täglich überarbeitet, so dass auch die

Aktualität der Themen gewährleistet ist. Diese fortlaufende Aktualisierung ergibt darüber hinaus

eine regelmäßige Erneuerung des Dienstes und somit Periodizität. Die Abdeckung eines

möglichst breiten Themenspektrums im Sinne der Universalität kann jedoch nicht gewährleistet

werden – dazu wäre der Dienst auf eine entsprechend breite Berichterstattung und Diskussion

63 Angabe aus den Daten des Dienstes Google Analytics, der laut Seitenbetreiber Frank Westphal bis zum November

2009 in der Seite eingebunden war.

Page 41: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

3. Technische Orientierungsleistungen

40

innerhalb des Quellenpools angewiesen. Auch die redaktionelle Autonomie kann durch

Unkenntnis der Programmierung nicht grundsätzlich angenommen werden.

Natürlich stellt sich die Frage, warum ausgerechnet der Dienst rivva.de betrachtet werden soll.

Die vorliegenden Arbeit leistet einen Beitrag zur Grundlagenforschung hinsichtlich technischer

Aggregationsdienste. Da im Rahmen einer Magisterarbeit eine international angelegte Studie

weder realisierbar noch sinnvoll eingrenzbar erscheint, ist die Beschränkung auf einen Dienst aus

dem deutschsprachigen Raum für dieses Forschungsvorhaben angebracht. Zudem vereint

rivva.de als technischer Internetaggregator professionelle und partizipative Angebote und

befindet sich daher auf der Schnittstelle zwischen klassischen Angeboten und neuartigen

Publikationsformen. Das Angebot ist im deutschsprachigen Teil des World Wide Web momentan

eine Ausnahmeerscheinung und auf Basis der Vorüberlegungen als weitgedachte Lösung ein

Vorreiter auf dem Gebiet technisch vermittelter Orientierungsangebote. Diese Gründe waren bei

der Auswahl des Angebotes ausschlaggebend. Im nachfolgenden Kapitel werden die

Forschungsfragen zur Nutzung von rivva.de dargestellt, die sich aus den Betrachtungen der

Sekundäranalyse deduzieren lassen.

Page 42: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

41

4. Forschungsfragen In Anlehnung an die Sekundäranalyse sowie bisherige wissenschaftliche Evidenzen und

Konzepte lassen sich differenzierte Forschungsfragen zur näheren Untersuchung der

Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de ableiten. Die vorliegende

Studie ist im Bereich der Grundlagenforschung anzusiedeln. Es wurden Forschungsfragen

konzipiert, die vor allem auf die Gewinnung deskriptiver Erkenntnisse zu Auswirkungen der

Nutzung von rivva.de abzielen. Sie sollen im Folgenden aufgeführt und näher erläutert werden.

4.1 Forschungsleitende Frage Das Hauptinteresse dieser Arbeit besteht darin, die Orientierungsleistung des technischen

Internetaggregators rivva.de von den Nutzern des Dienstes beurteilen zu lassen, da diese die

verlässlichsten Aussagen zur Orientierungsleistung des Angebotes treffen können. Daher ergibt

sich als forschungsleitende Frage:

Wie beurteilen aktive Nutzer des Social Web die Orientierungsleistung des

technischen Internetaggregators rivva.de?

Aus dieser übergeordneten Frage ergeben sich die im nächsten Kapitel beschriebenen

weiterführenden Forschungsfragen. Die forschungsleitende Frage beinhaltet als Prämisse, dass

die Nutzer des Dienstes aktiv an der Gestaltung des Social Web teilnehmen. Diese Voraussetzung

bedarf zunächst der Überprüfung. Für den Treatment-Check ergibt sich somit folgende Frage:

Nimmt die Nutzerschaft von rivva.de als Produser aktiv an der Gestaltung des

Social Web teil?

4.2 Weiterführende Forschungsfragen In Anlehnung an die leitende Fragestellung ergeben sich zwölf spezifischere untergeordnete

Forschungsfragen, welche die einzelnen Dimensionen der Nutzung und der

Orientierungsleistung des technischen Internetaggregators rivva.de sowie deren vielfältige

Beziehungen zueinander multiperspektivisch beleuchten.

Page 43: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

42

Bei der rezeptiven Nutzung des Dienstes ist die Orientierungsleistung das ausschlaggebende

Kriterium. Die Leistungsfähigkeit des Dienstes definiert sich über die Orientierungsleistung, die

rivva.de für den Nutzer erbringt. Gemäß der in Kapitel 3 vorgenommenen Definition von

Orientierungsleistungen steht dementsprechend die Frage im Fokus:

Frage 1: Nehmen Nutzer von rivva.de eine Orientierungsleistung durch das

Angebot wahr?

Durch diese deskriptive Forschungsfrage soll zunächst grundsätzlich geklärt werden, ob die

Nutzer von rivva.de durch den Dienst eine Orientierungsleistung wahrnehmen.

Das Konstrukt der Wahrnehmung einer Orientierungsleistung erweist sich dabei als sehr

komplex. Aus diesem Grund wird neben der grundsätzlichen Wahrnehmung der

Orientierungsleistung im Fragebogen auch eine spezifischere Unterscheidung zwischen den

Dimensionen der Orientierung zu allgemein und zu persönlich relevanten Themen sowie der

Wahrnehmung der Aggregationsleistung des Dienstes getroffen. Die allgemeine

Orientierungsleistung wird dabei verstanden als Leistung zu für die Allgemeinheit als relevant

wahrgenommenen Themen – dies meint vor allem die in Massenmedien wie der Tagesschau oder

dem Spiegel behandelten Themen. Die persönliche Orientierungsleistung beschreibt die Leistung

zur Vermittlung von Themen, die von persönlichem Interesse des Nutzers sind. Zudem soll die

Wahrnehmung der Orientierungsleistung durch die Aggregation der Seite – als prinzipielles

Alleinstellungsmerkmal des Dienstes gegenüber anderen Angeboten – einer genauen Analyse

unterzogen werden. Diese separierte Betrachtung ermöglicht eine differenzierte Evaluation der

Wahrnehmung von Orientierungsleistungen.

Frage 2 : Erwarten die Nutzer von rivva.de vom Angebot eine Orientierungsleistung

für das Social Web?

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Nutzer des Dienstes eine Orientierungsleistung für das

Social Web erwarten und in welchen Dimensionen diese Erwartungen valent werden. Da rivva.de

zum größten Teil partizipative Angebote aggregiert, stellt sich die Frage, inwiefern eine

Orientierungsleistung zu diesen Quellen erwünscht wird. Die Aggregation dieser spezifischen

Informationen zeichnet rivva.de als Dienst aus und grenzt ihn von anderen – beispielsweise

Page 44: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

43

journalistischen Angeboten – ab. Der Fokus der Frage hinsichtlich der Erwartungen einer

Orientierungsleistung liegt auf den vom Dienst vornehmlich aggregierten Weblog- und

Twitterfeeds.

Es ist zu vermuten, dass sich hohe Erwartungen an eine Orientierungsleistung für das Social

Web ergeben, da die Erfassung partizipativer Dienste in dieser Kombination ein

Alleinstellungsmerkmal von rivva.de ist. Eine entsprechende Erwartungshaltung seitens der

Nutzer scheint somit logisch.

Frage 3: Wie beurteilen Nutzer die Orientierungsleistung des Angebots von

rivva.de?

Unterstellt man den Nutzern von rivva.de eine hinreichende Medienkompetenz, so sollten sie in

der Lage sein, die Orientierungsleistung des Dienstes zu beurteilen. Im Rahmen der Beurteilung

der Orientierungsleistung werden Substitutionspotentiale, die Qualität der aggregierten Quellen,

die Breite der dargestellten Themenbereiche sowie eine eventuelle qualitative Überlegenheit

gegenüber professionellen Angeboten erfasst.

Zudem soll diese Forschungsfrage den Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung

der Orientierungsleistung untersuchen. Es ist denkbar, dass Personen mit haupt- oder

nebenberuflicher journalistischer Tätigkeit die Orientierungsleistung des Angebotes aufgrund

ihrer beruflichen Erfahrung und berufsbedingter Reflexion zum Thema kritischer einschätzen als

Nutzer ohne journalistische Erfahrung.

Weiterhin wird im Zusammenhang mit der Bewertung der Orientierungsleistung überprüft, ob

die Erfassung eigener Beiträge die Evaluation des Angebots beeinflusst. Möglicherweise schätzen

Personen, deren Beiträge erfasst werden, die Orientierungsleistung von rivva.de als besser ein, da

sie eine größere persönliche Nähe zum Dienst wahrnehmen. Es ist vorstellbar, dass diese User

den Dienst automatisch besser beurteilen, da sie ihre eigenen Beiträge als qualitativ hochwertig

einschätzen und diesen Eindruck auf die anderen aggregierten Beiträge übertragen.

Auch die Variable ‚Bekanntheit von Autoren’ könnte einen intervenierenden Einfluss auf die

Beziehung zwischen Nutzung und Bewertung der Orientierungsleistung ausüben. Innerhalb der

Page 45: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

44

deutschen Blogosphäre existiert eine Vielzahl an langfristig bekannten, zentralen Weblogs64. Es ist

anzunehmen, dass diese zentralen Weblogs einer großen Anzahl der bei rivva.de gegenwärtig

aktiven Nutzer des Social Web bekannt sind. Die meisten dieser Weblogs tragen zum Agenda

Setting innerhalb der deutschen Blogosphäre bei65. Durch die Kombination der Bekanntheit

dieser Autoren einhergehend mit dem Wissen um ihre Art und Kompetenz der

Informationsvermittlung wird die Orientierungsleistung von rivva.de vermutlich anders

eingeschätzt, als bei völliger Unbekanntheit der Autoren aggregierter Artikel.

Frage 3a: Unterscheidet sich die Bewertung der Orientierungsleistung in

Abhängigkeit der Rezeptionsart und -häufigkeit von rivva.de?

Das Orientierungsangebot von rivva.de lässt sich auf verschiedene Arten rezipieren. Neben dem

direkten Aufruf der Seite werden sowohl ein RSS-Feed als auch ein Twitteraccount mit neu auf

der Startseite erscheinenden Artikeln befüllt. Diese Vermittlungswege unterliegen verschiedenen

Prämissen, die kurz erläutert werden sollen. Der direkte Aufruf der Seite liefert dem Leser einen

direkten Überblick über alle aktuell aggregierten Themen. Er findet dort zudem eine Auflistung

der meist verlinkten Videos sowie der populärsten Twitternachrichten. Diese

Aggregationsleistung wird nur bei direktem Aufruf der Seite angezeigt und findet über die

anderweitigen Vermittlungswege nicht statt. Der RSS-Feed der Seite lässt eine zeitlich größere

Beobachtungsspanne zu. Wird der vollständige RSS-Feed der Seite gelesen, so kann der Rezipient

dort auf Themen stoßen, die im Moment der Lektüre bereits von der Startseite des Angebotes

verdrängt wurden. Der RSS-Feed leitet den Nutzer jedoch nur auf die zum Artikel gehörige

Unterseite, so dass der aktuelle Gesamtüberblick nicht präsentiert wird. Die Rezeption per

Twitter erfolgt hingegen zumeist zufällig, sofern der Twitterfeed nicht eigens beobachtet wird66.

Auch dort wird nicht auf die Gesamtübersicht, sondern auf die zum jeweils betreffenden Artikel

gehörige Unterseite verwiesen. Es ist somit zu erwarten, dass die Bewertung der

Orientierungsleistung bei Rezeption via Twitter schlechter eingestuft wird als per RSS-

64 Die verlässlichste Rangfolge deutscher Weblogs bieten die „Deutschen Blogcharts“

(http://deutscheblogcharts.de/). Sie weisen für einen Großteil der hoch platzierten Blogs Verweildauern von

mindestens 100 Wochen in der Auflistung aus.

65 Siehe dazu auch die Analyse des Leitmedien-Index bei rivva.de (Schmidt 2010).

66 Dieses Vorgehen wäre im Vergleich zum Abonnement des RSS-Feeds jedoch wenig sinnvoll.

Page 46: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

45

Abonnement oder per direktem Aufruf der Seite. Der tatsächliche Einfluss der Rezeptionsart auf

die Bewertung der Orientierungsleistung soll daher betrachtet werden.

Zudem stellt sich die Frage nach dem Einfluss der Nutzungshäufigkeit auf die Bewertung von

rivva.de. Es erscheint naheliegend, dass mit einer häufigeren Nutzung eine bessere Bewertung der

Orientierungsleistung einhergeht. Zum einen kennen sich User mit einer höheren

Nutzungsfrequenz wahrscheinlich besser mit dem Angebot und dessen Aufbereitung aus. Zum

anderen erscheint es plausibel, dass sie die für sie relevanten Themen bei den durch rivva.de

aggregierten Quellen aktiver verfolgen und daher einen größeren und langfristigeren Überblick

über die jeweiligen Themen besitzen. Dadurch wiederum könnten sie neue Artikel besser

einordnen als sporadische Nutzer des Angebotes. Dieser Erfahrungsunterschied könnte

Differenzen in der Bewertung der Orientierungsleistung bedingen.

Frage 3b: Unterscheidet sich die Bewertung der Orientierungsleistung in

Abhängigkeit des Ausmaßes der Selektivität in der Rezeption seitens der Nutzer

von rivva.de?

Den Nutzern von rivva.de steht prinzipiell offen, in welcher Informationstiefe sie das Angebot

rezipieren. Unter Ausschnitten aus den jeweiligen Hauptartikeln werden die Reaktionen auf die

Beiträge, die im Artikel verlinkten Seiten sowie die zum Artikel abgesetzten ‚Tweets’ aggregiert.

Fraglich ist, ob die Bewertung der Orientierungsleistung positiver ausfällt, wenn über den

Hauptartikel hinaus auch weiterführende, sich auf den Artikel beziehende Reaktionen gelesen

werden. Die aktive Rezeption verlinkter Quellen statt beiläufiger Rezeption kurzer Ausschnitte

kann den Nutzern weiterführende Aspekte eines Themas aufzeigen. Durch die umfassendere

Information vermag die Bewertung der Orientierungsleistung positiv beeinflusst zu werden. Die

Frage untersucht neben der gesamten Selektivität über Hauptartikel und Reaktionen hinweg

gesondert die Selektivität bezüglich der Hauptartikel und der Reaktionen, um auch dort

eventuelle Unterschiede der Bewertung der Orientierungsleistung festzustellen. Folglich soll

durch diese Frage das in Kapitel 3.2.2 beleuchtete Problem ungenügender Informationstiefe

basierend auf der Nutzerschaft von rivva.de untersucht werden.

Page 47: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

46

Frage 3c: Unterscheidet sich die Bewertung der Orientierungsleistung in

Abhängigkeit der Dauer der Nutzung von rivva.de?

Wie in Kapitel 3.2.1 dargestellt, kann eine fortlaufende Nutzung durch den Erfahrungsgewinn

Vertrauen in die Orientierungsleistung auch technischer Dienste bilden. Es lässt sich daher

erwarten, dass Nutzer durch eine längerfristige Nutzung von rivva.de die Orientierungsleistung

besser einschätzen werden als weniger erfahrene Nutzer des Dienstes. Die Bewertung

langfristiger Nutzer sollte positiver ausfallen, da das Angebot bei langfristig negativer Erfahrung

nicht weiter genutzt werden würde.

Frage 4a: Erwarten die Nutzer von rivva.de vom Angebot eine journalistische

Orientierungsleistung?

Als Aggregationsdienst versucht rivva.de laut Beschreibung des Entwicklers Frank Westphal,

einen „einen gewichteten Schlagzeilenüberblick über die deutschsprachige Blog- und Online-

Medienlandschaft“67 zu bieten. Ein Blick auf die „Leitmedien“ der Seite68 zeigt, dass unter den

aggregierten Seiten neben zahlreichen Weblogs auch professionelle Nachrichtenangebote

vorhanden sind. Es stellt sich die Frage, ob die Nutzer aufgrund dieser Inkludierung vom

Aggregationsdienst eine journalistische Orientierungsleistung erwarten. Hierzu sollen die für

Orientierungsleistungen beschriebenen Gütekriterien der Aktualität, Universalität, Publizität und

Relevanz angelegt werden69.

Insbesondere bei dieser Fragestellung vermag sich ein potentieller Einfluss eines eventuellen

journalistischen Hintergrunds einstellen, so dass dieser bei der Untersuchung explizit einbezogen

wird. Es ist zu erwarten, dass journalistisch tätige Nutzer weitaus geringere Erwartungen an eine

journalistische Orientierungsleistung von rivva.de haben als Nutzer ohne journalistische

Erfahrung, da sie journalistische Vermittlung eher professionellen Orientierungsangeboten

zuschreiben.

67 Vgl. http://rivva.de/about

68 Die „Leitmedien“ erfassen die aggregierten Seiten, welche in den letzten 100 Tagen die meisten Hauptartikel für

die Startseite des Angebotes veröffentlicht haben.

69 Die Periodizität des Angebotes ist durch die automatisierte fortlaufende Aktualisierung per se gegeben.

Page 48: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

47

Frage 4b: Wird rivva.de durch die Nutzer als journalistisches Angebot

wahrgenommen?

Neben der Frage, ob eine journalistische Orientierungsleistung erwartet wird, lässt sich die Frage

stellen, ob die Nutzer von rivva.de das Angebot mit journalistischen Leistungen in Verbindung

bringen. Es ist zu erforschen, ob die Nutzerschaft dem Dienst Eigenschaften wie Aktualität oder

Universalität zuschreibt. Auch hier dürfte ein journalistischer Hintergrund Einfluss auf die

Konnotationen der Nutzer haben. Erwartbar ist erneut eine kritischere Wahrnehmung seitens

journalistisch tätiger Nutzer.

Frage 4c: Wird die Orientierungsleistung der technischen Aggregation durch den

Nutzer besser bewertet als die Orientierungsleistung journalistischer Angebote?

Ein entscheidender Aspekt bei der Frage nach Remediation durch technische

Orientierungsangebote ist die Bewertung der Orientierungsleistung im Vergleich zu

professionellen Angeboten. Ob rivva.de als technisches Orientierungsangebot bessere

Bewertungen erzielen kann als professionell journalistische Angebote, soll daher mit dieser

Forschungsfrage untersucht werden.

Frage 5a: Verändert die Nutzung von rivva.de das Rezeptionsverhalten

journalistischer Angebote?

Nach den Fragen mit Bezug zu journalistischen Kriterien bietet es sich an, zu untersuchen,

inwiefern das Angebot von rivva.de als technischer Vermittler das Rezeptionsverhalten der

Nutzer ändert. Zu erforschen ist, ob durch den möglichen Einfluss auf das Rezeptionsverhalten

eine Remediation durch den technischen Aggregator stattfindet, oder ob keine Veränderungen zu

verzeichnen sind. Es ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit der Rezeption von rivva.de ein

einflussreicher Faktor hinsichtlich der veränderten Rezeption anderer Angebote ist. Bei Personen,

die rivva.de mindestens täglich nutzen, hat der Dienst einen festen Platz im Medienrepertoire. Da

auch bei häufigerer Nutzung eines Dienstes das Zeitbudget zur Medienrezeption allgemein

gleichbleibt, sollte sich eine gesunkene Nutzung hinsichtlich einiger Medienangebote einstellen.

Page 49: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

4. Forschungsfragen

48

Frage 5b: Werden die auf rivva.de aggregierten Inhalte kritisch rezipiert?

Bedenkt man die in Kapitel 3.2.2 betonte Bedeutsamkeit der Medienkompetenz im Umgang mit

neuartigen Orientierungsangeboten, so muss zwingend die kritische Rezeption der dargebotenen

Inhalte evaluiert werden. Dies umfasst zum Einen die Bekanntheit der Autoren von auf rivva.de

aufgeführten Seiten. Zum Anderen soll die Informationstiefe der Rezeption bei dem Nutzer

unbekannten Angeboten, die bei rivva.de aggregiert werden, untersucht werden. Es stellt sich die

Frage, ob die Nutzer ihnen unbekannte Seiten bedenkenlos rezipieren oder ob sie sich eingehend

mit den Autoren sowie den jeweiligen Seiten beschäftigen. Hinzu kommt die Evaluation der

Intensität, mit der sich die Nutzer von rivva.de über ein Thema informieren, das bei rivva.de

aufgeführt wird. Es ist zu klären, ob sie die Recherche auf die im Angebot aufgeführten Quellen

beschränken oder darüber hinaus eigeninitiativ tätig werden.

Frage 5c: Dient rivva.de den Nutzern als Instrument zur Evaluation der Reaktionen

auf eigene Beiträge?

Neben den rein rezeptiven Möglichkeiten des Angebotes lässt rivva.de auch die Evaluation von

Reaktionen auf eigene Beiträge zu, wodurch Nutzer den Erfolg eigener Veröffentlichungen

nachvollziehen können. Es ist fraglich, ob – und wenn ja, in welcher Intensität – der Dienst in

dieser Funktion in Anspruch genommen wird.

Page 50: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

49

5. Methodik Bevor die Ergebnisse der Online-Befragung dargestellt und interpretiert werden, soll im

Folgenden ein zusammenfassender Überblick über die Methodik des Forschungsvorhabens

gegeben werden.

5.1 Konzeption der Untersuchung Da die Befragung in einem durch wissenschaftliche Forschung kaum bestellten Feld durchgeführt

wurde, soll die Erhebung mittels quantitativer Methoden eine belastbare Grundlage für

weiterführende Forschung legen. Die breit angelegte Evaluation von Nutzerdaten anstelle

vereinzelter Meinungen aus qualitativen Interviews soll zudem die Vergleichbarkeit zu anderen

Studien gewährleisten – so etwa den Abgleich der Nutzerschaft mit den Ergebnissen zukünftiger

Erhebungen zur Internetnutzung in Deutschland.

Die Untersuchung eines online-affinen Publikums legte die Konzeption als Online-Befragung

nahe. Zudem war die Nutzung der untersuchten Website – und damit ein eigener Online-Zugang

– zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie. Die Durchführung der Erhebung

im Internet bedeutete somit keine Ausgrenzung potentieller Teilnehmer, sondern war vielmehr

logische Konsequenz des zugrunde liegenden Forschungsvorhabens70.

5.2 Erstellung und Durchführung der Umfrage Der standardisierte Fragebogen stellt eine Operationalisierung der in Kapitel 4 aufgeführten

Forschungsfragen dar, die sich wiederum aus den Ergebnissen der Sekundäranalyse ableiten

lassen. Nach Generierung des Fragebogens mit Hilfe der Software „EFS Survey“ wurden einige

optische Anpassungen an das Layout der untersuchten Website vorgenommen. Die Teilnehmer

der Befragung sollten dadurch eine vertraute, an den Untersuchungsgegenstand angelehnte

Umgebung vorfinden.

70 „Das Internet ist als Technik und Organisationsform gleichzeitig Methode bzw. Instrument (Fragebogen),

Kommunikationskanal (Vertrieb) und Forschungsgegenstand (Nutzung, Rezeption, Produktion von

Internetinhalten). Online-Befragungen sind dann besonders sinnvoll, wenn alle drei Komponenten

zusammenkommen, wenn also das Internet und seine Nutzer auch der Forschungsgegenstand selbst sind.“ (Scholl

2009: 53)

Page 51: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

50

Um den Fragebogen auf Verständlichkeit, Logik und eventuelle fehlerhafte Filterführungen zu

testen, wurden sowohl ein automatisierter71 als auch ein manueller Pretest mit 14 Personen

durchgeführt72. Nach Überarbeitung des Fragebogens wurde dieser am Montag, den 17. Mai 2010

für die Teilnahme freigegeben. Er war bis Dienstag, den 8. Juni 2010 insgesamt 22 Tage frei

geschaltet.

Die Bekanntmachung des Fragebogens erfolgte im Sinne der Schneeballtechnik (vgl.

Diekmann 2006: 346f.) über diverse öffentliche Online-Plattformen. Neben einem Blogeintrag in

meinem privaten Weblog73 veröffentlichte auch der Seitenbetreiber von rivva.de, Frank Westphal,

einen entsprechenden Hinweis im Rivva-Blog74. Zudem wurde ein Link zum Fragebogen über

den gesamten Befragungszeitraum auf der Startseite von rivva.de angezeigt. Außerdem wurde der

Link via Microblogging-Dienst Twitter publiziert. Insbesondere zum Start der Umfrage erfolgte

eine rasante Verbreitung des Links, vor allem über persönlich bekannte andere Twitter-Nutzer.

Zusätzlich wurden den Teilnehmern nach Beenden der Umfrage Links angeboten, welche die

Verbreitung der Studie über den eigenen Twitter- oder Facebook-Account ermöglichten.

Die Majorität der Teilnehmer partizipierte während der ersten Tage der Freischaltung an der

Umfrage. Eine Woche vor Abschluss der Befragung wurden die Nutzer über die oben genannten

Wege über das baldige Ende der Erhebung informiert, wodurch die Teilnehmerzahl noch einmal

stark anstieg.

An der Umfrage nahmen insgesamt 1306 Probanden teil. Im Hinblick auf den

Untersuchungsgegenstand wurden zunächst die Nichtnutzer aus der Stichprobe gefiltert. Von

den verbleibenden 778 Probanden wurden weitere 283 Teilnehmer ausgeschlossen, da sie die

Beantwortung vorzeitig abbrachen. Vier weitere Fälle wurden aufgrund von Inkonsistenzen im

Antwortverhalten ausgeschlossen. Dementsprechend lagen zur Auswertung n=491 Fälle vor. Die

durchschnittliche Bearbeitungszeit lag bei 14:48 Minuten. Die genaue Ausschöpfungsquote ist

nicht ermittelbar, da die exakte Anzahl der Personen, die von der Umfrage wussten, nicht

bekannt ist.

71 EFS Survey erlaubt die beispielhafte Befüllung mit Daten, um fehlerhafte Filterführungen zu erkennen.

72 Die Pretester nahmen nicht an der endgültigen Online-Umfrage teil, um Vorprägungen und eventuelle

Verzerrungen durch Bekanntheit des Fragebogens auszuschließen.

73 http://bertdesign.de/wissenleben/meine-magisterarbeit-umfrage-zu-rivva-de

74 http://blog.rivva.de/archives/2010/5/17/chasing_waterfalls/

Page 52: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

51

5.3 Analyse der Stichprobe Die vorliegende Stichprobe kann keinen Anspruch auf Repräsentativität der Nutzerschaft von

rivva.de erheben. Mit einem Anteil von 88,8 Prozent (n=429) ist der Großteil der Teilnehmer

männlich, mit 11,2 Prozent (n=54) sind die weiblichen Teilnehmer in der Minderheit. Von acht

Personen liegen keine Angaben zum Geschlecht vor.

Das offen erfragte Alter wurde für die Analyse in die von der ARD/ZDF-Onlinestudie

genutzten Altersgruppen gruppiert75. Der größte Anteil der Befragten, nämlich 38,1 Prozent

(n=184) ist 20 bis 29 Jahre alt. Direkt danach folgen die 30-39-Jährigen mit einem Anteil von 35,8

Prozent (n=173). Die drittgrößte Gruppe der 40-49-Jährigen fällt mit einem Anteil von 18,8

Prozent (n=91) bereits deutlich ab. Nur geringe Anteile weisen schließlich die 13-19-Jährigen (2,9

Prozent, n=14), die 50-59-Jährigen (3,7 Prozent, n=18) sowie die über 60-Jährigen (0,6 Prozent,

n=3) auf. Mit 76,8 Prozent ist der Großteil der Nutzer demnach unter 40 Jahre alt. Auch bei

diesem Merkmal liegen von acht Personen keine Angaben vor.

Die befragten Nutzer weisen ein überaus hohes Bildungsniveau auf. 52,6 Prozent (n=255) der

Befragten besitzen einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss. Weitere 30,1 Prozent

(n=146) haben das Abitur als höchsten anerkannten Bildungsabschluss erworben. Rechnet man

die Teilnehmer mit Fachabitur (8,0 Prozent, n=39) und Promotion (3,3 Prozent, n=16) hinzu, so

verfügen 94 Prozent der Teilnehmer über einen überdurchschnittlich hohen formalen

Bildungsabschluss. Die Stichprobe zeigt, dass die Nutzer von rivva.de der Kategorie der ‚Early

Adopter’ sehr genau entsprechen.

5.4 Treatment-Check Mittels eines Treatment-Checks wurde zunächst auch hinsichtlich ihres

Mediennutzungsverhaltens die postulierte Voraussetzung überprüft, dass die Nutzer von rivva.de

als Produser aktiv an der Gestaltung des Social Web teilnehmen.

75 Die leichte Diskrepanz im untersten Segment erklärt sich durch einen 13-jährigen Teilnehmer, der nicht aus

Altersgründen aus der vorliegenden Stichprobe ausgeschlossen werden sollte.

Page 53: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

52

Tabelle 1: Nutzung von Social Web-Angeboten

Angebot N fehlend Mittelwert Standardabweichung

Wikis 488 3 2,5 1,104

Videoportale 486 5 2,68 1,114

Social Networks 487 4 2,33 1,736

Fotosammlungen 489 2 3,96 1,278

Weblogs 485 6 1,61 0,962

Microblogging 491 0 2,33 1,789

Social Bookmarking 482 9 3,99 1,772

Virtuelle Spielewelten 489 2 5,42 1,190

Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1=mehrmals täglich, 2=täglich, 3=mehrmals wöchentlich, 4=wöchentlich, 5=seltener, 6=nie

(fehlender Wert)

Zunächst wurde die Nutzung verschiedener Angebote des Social Web erfasst. Dort stechen vor

allem Weblogs, Social Networks sowie Microblogging-Dienste heraus. Diese Angebote werden

vom Großteil (85,8 Prozent) der Befragten mindestens täglich genutzt. Für Social Networks liegt

dieser Wert bei 68,1 Prozent, einen ähnlichen Wert erreicht die Nutzung von Microblogging-

Diensten (67,2%).

Unter den Teilnehmern befüllen 86,76 Prozent der Gesamtheit, also 426 Befragte, ein eigenes

Weblog oder einen eigenen Twitteraccount. Die Verweildauer im Internet ist in dieser

Nutzergruppe (n=425, fehlend: 1) mit der mehrmals täglichen Nutzung des Internets durch 80,2

Prozent der Nutzer ungewöhnlich hoch. Zudem verbringen 70,5 Prozent dieser Nutzer mehr als

drei Stunden täglich im Internet (n=426).

Eine genauere Betrachtung ergibt, dass von der Gesamtzahl der Weblog-Betreiber (n=317)

insgesamt 65,2 Prozent ihr Weblog mindestens wöchentlich mit neuen Inhalten befüllen. Eine

weitaus größere Gruppe von 80,9 Prozent (n=397) der insgesamt Befragten nutzt den

Microblogging-Dienst Twitter. Dem Format entsprechend erhöht sich die Frequenz der

veröffentlichten Beiträge auf dieser Plattform im Vergleich zu Artikeln in Weblogs stark. Von

n=396 Befragten geben 54,8 Prozent (n=217) an, mindestens täglich eine Nachricht per

Microblog zu publizieren, weitere 19,9 Prozent (n=79) nutzen den Dienst mehrmals wöchentlich.

Page 54: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

53

Die angegebenen Leserzahlen weisen sowohl bei den Weblog-Betreibern als auch bei den

Twitter-Nutzern eine dem Long Tail entsprechende Verteilung auf. Während nur wenige Befragte

über eine Vielzahl an Bloglesern76 oder Twitter-„Followern“77 verfügen, schreibt der Großteil der

jeweiligen Befragten in beiden Diensten für eine geringe Zahl an Lesern.

Abbildung 1: Verteilung der Leserzahlen bei Weblogs und Twitter

Quelle: Eigene Darstellung; X-Achse: Anzahl der Probanden; Y-Achse: Anzahl der Leser

Insgesamt bestätigt der Treatment-Check, dass die befragten Nutzer von rivva.de als Produser

aktiv an der Gestaltung des Social Web beteiligt sind. Der hohe Anteil an Weblog-Betreibern und

Twitter-Nutzern, die zudem größtenteils regelmäßig und hochfrequent Beiträge veröffentlichen,

entspricht auch unter Einbezug des Internetnutzungsverhaltens im Hinblick auf Altersstruktur,

Geschlecht und Bildungsgrad geradezu idealtypisch dem in Kapitel 2.3 beschriebenen Typen des

‚Early Adopters’.

5.5 Methodisches Vorgehen im Hinblick auf die Fragestellung Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Frage nach der Wahrnehmung und Beurteilung der

Orientierungsleistung des technischen Internetaggregators rivva.de durch aktive Nutzer des

Dienstes. Um die wahrgenommene Orientierungsleistung und deren Bewertung untersuchen und

messen zu können, wurden unabhängige, abhängige und intervenierende Variablen mit diversen

Items im Fragebogen operationalisiert.

76 3,5 Prozent – also n=10 Weblog-Betreiber mit mehr als 800 täglichen Lesern

77 5,9 Prozent – also n=20 Twitternutzer mit mehr als 700 ‚Followern’

Page 55: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

54

Ausgehend von der grundsätzlichen Fragestellung dieser Arbeit leitet sich daher das folgende

Forschungsmodell als Grundlage der Forschungsfragen ab:

Abbildung 2: Das Forschungsmodell

Quelle: Eigene Darstellung

Als unabhängige Variable fungiert in der Untersuchung die Nutzung des Angebotes von rivva.de.

Dabei unterscheidet sich die Nutzung von rivva.de durch Rezeptionsart und -häufigkeit, Ausmaß

der Selektivität innerhalb des Dienstes sowie die Dauer der Nutzung des Angebotes.

Die abhängigen Variablen sind die Erwartung einer Orientierungsleistung für das Social Web,

die Wahrnehmung und Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de, die Erwartung einer

(journalistischen) Orientierungsleistung sowie die Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches

Angebot. Zudem treten die Wahrnehmung und Bewertung der Orientierungsleistung

journalistischer Angebote, das Rezeptionsverhalten dieser Angebote, die kritische Rezeption des

Angebotes von rivva.de sowie die Evaluation der Reaktionen auf eigene bei rivva.de aggregierte

Beiträge als abhängige Variablen auf.

Page 56: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

55

Zu berücksichtigen sind weiterhin die intervenierenden Variablen der Erfassung eigener

Beiträge, des journalistischen Hintergrundes sowie der Bekanntheit der bei rivva.de aufgeführten

Autoren. Sie können – wie auch die soziodemographischen Daten – moderierenden Einfluss auf

die Beziehung zwischen der Nutzung und den abhängigen Variablen haben.

5.5.1. Unabhängige Variable Hauptinteresse dieser Untersuchung sind mögliche Auswirkungen der Nutzung von rivva.de auf

die Wahrnehmung und Beurteilung der Orientierungsleistung des Dienstes und anderer Dienste

sowie die eventuelle Veränderungen der Mediennutzung. Somit liegt die Nutzung von rivva.de als

unabhängige Variable allen weiteren Evaluationsschritten zugrunde. Im Datensatz wird die

Nutzung von rivva.de in der Variable v_1 erfasst. Für alle Fälle des analysierten Datensatzes

(n=491) ist der Wert positiv (v_1=1).

Die unabhängige Variable der Nutzung enthält zudem einige tiefer gehende Ausprägungen,

die im Folgenden in gebotener Kürze dargestellt werden.

5.5.1.1 Rezeptionsart und -häufigkeit

Die Rezeptionshäufigkeit wird in Abhängigkeit der Rezeptionsart in den Items v_47 (Direkter

Seitenaufruf), v_48 (Abruf per RSS-Feed) sowie v_49 (Abonnement des Twitterfeeds) mittels

einer sechs-stufigen Skala78 erfasst.

Da die Zusammenfassung der Items in diesem Fall wenig gewinnbringend erscheint, werden

diese separat betrachtet, um fundiertere Aussagen treffen zu können. Um die Analyse der

Nutzungshäufigkeit für weiterführende Betrachtungen zu vereinfachen, wurden die Items in die

Variablen v_47_häufigkeit (n=484, Mw!1,67, Sd!0,55), v_48_häufigkeit (n=458, Mw!2,44,

Sd!0,86) und v_49_häufigkeit (n=464, Mw!2,31, Sd!0,92) umcodiert. In diesen wird zwischen

(mindestens) täglicher, (mindestens) wöchentlicher und seltenerer Nutzung unterschieden.

5.5.1.2 Ausmaß der Selektivität

Das Ausmaß selektiver Rezeption der Inhalte von rivva.de wurde separat für Hauptartikel und für

auf Hauptartikel verweisende Reaktionen erfasst. Die Selektivität in der Rezeption von

Hauptartikeln wurde mit den Items v_84 (wenn auf Artikel verweisende Seiten bekannt), v_85

(bei großer Anzahl verweisender Blogs), v_86 (bei großer Anzahl verweisender Tweets) sowie

78 1=mehrmals täglich, 2=täglich, 3=mehrmals wöchentlich, 4=wöchentlich, 5=seltener, 6=nie

Page 57: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

56

v_87 (bei Interesse am behandelten Thema) erfasst. Die Selektivität hinsichtlich der unter den

Hauptartikeln aufgeführten Reaktionen wurde mittels der Items v_89 (bei Bekanntheit

verweisender Seiten), v_90 (bei häufigen thematisch passenden Beiträgen einer Seite), v_91 (bei

professionellen Medien) sowie v_92 (bei Interesse am Thema des Hauptartikels) erfragt. Die

Zustimmung zu den Aussagen zur Selektivität konnte auf einer fünfstufigen Skala (1= „immer“;

5= „nie“) differenziert angegeben werden.

In der Reliabilitätsanalyse aller Items ergab sich ein Cronbachs !-Wert von 0,82, so dass die

genannten Items im Index selektivität_gesamt (n=469, Mw!2,56, Sd!0,64) zusammengefasst

wurden. Aufgrund eines zu geringen Cronbachs !-Wertes konnten nicht alle Items zur

Selektivität bei Hauptartikeln zusammengefasst werden. Eine zusätzliche Reliabilitätsprüfung

ergab, dass sich die Items v_84, v_85 und v_86 mit einem Cronbachs !-Wert von 0,74 in den

Index selektivität_hauptartikel (n=481, Mw!2,8, Sd!0,81) vereinen lassen konnten79. Zudem

konnten die Items für die Selektivität bei Reaktionen auf Hauptartikel in einem eigenen Index

selektivität_reaktionen (n=475, Mw!2,7, Sd!0,8) zusammengefasst werden (Cronbachs !!0,82).

Anschließend wurden die drei Indizes für weitere Analysen dichotomisiert80. Es ergaben sich

die drei verdichteten Indizes selektivität_gesamt_dichotomisiert (n=109),

selektivität_hauptartikel_dichotomisiert (n=166) sowie selektivität_reaktionen_dichotomisiert

(n=147).

5.5.1.3 Dauer der Nutzung von rivva.de

Die Dauer der Nutzung von rivva.de wurde im Item v_46 anhand vorgegebener halbjähriger

Intervalle seit dem ersten Halbjahr 2007 erfasst. Die Analyse der deskriptiven Daten offenbarte

eine regelmäßige Verteilung auf die abgefragten Zeiträume. Dies legte die Gruppierung der

Ausprägungen im Item v_46_gruppiert nach vollständigen Jahren nahe.

79 Das Item v_87 – „Ich lese Hauptartikel, wenn mich das behandelte Thema interessiert“ – erwies sich bei der

Analyse der deskriptiven Daten als zu generisch (n=486, Mw=1,28, Sd=0,6).

80 Die Werte bis 2 (hohe Selektivität) wurden in die Ausprägung 1 umcodiert, die Werte ab 4 (geringe Selektivität) in

die Ausprägung 2. Alle dazwischen liegenden Werte bedeuten eine in keine Richtung sonderlich ausgeprägte

Selektion von Artikeln. Diese Werte wurden in der Analyse daher vernachlässigt.

Page 58: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

57

5.5.2. Abhängige Variablen Es ist anzunehmen, dass sich die Nutzung von rivva.de auf diverse Erwartungs-, Einstellungs-,

Wahrnehmungs- und Bewertungsvariablen auswirkt. Zur Beantwortung der Forschungsfrage

werden die folgenden abhängigen Variablen (AV) analysiert.

5.5.2.1 Erwartung einer Orientierungsleistung im Social Web

Die Erwartung einer Orientierungsleistung im Social Web durch rivva.de wird durch die Items

v_63 (innerhalb der Blogosphäre) und v_64 (innerhalb des Microbloggingdienstes Twitter)

erfasst. Beiden Items liegt eine fünfstufige Skala mit den Extremwerten 1 („Stimme voll und ganz

zu“) und 5 („Stimme überhaupt nicht zu“) zugrunde. Die separate Betrachtung der beiden Items

bietet sich an, da differenzierte Erwartungen in Bezug auf Weblogs und Twitter zu vermuten

sind.

5.5.2.2 Wahrnehmung einer Orientierungsleistung von rivva.de

Die Wahrnehmung einer Orientierungsleistung von rivva.de beinhaltet die Dimensionen Vielfalt,

Aktualität, Vollständigkeit sowie Universalität. Dabei wurde die Wahrnehmung der Orientierung

zu allgemein relevanten Themen, zu persönlich relevanten Themen sowie zur

Aggregationsleistung des Dienstes mittels einer fünfstufigen Skala mit Ausprägungen von

„stimme voll und ganz zu“ (=1) bis „stimme überhaupt nicht zu“ (=5) erfasst.

Die Items v_50 (Vielfalt), v_51 (Universalität), v_52 (Vollständigkeit) sowie v_53 (Aktualität)

erfassten dabei die Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu allgemein relevanten Themen und

konnten aufgrund eines zulässigen Cronbachs !-Wertes (!0,74) im gemeinsamen Index

wahrnehmung_orientierungsleistung_allg zusammengefasst werden (n=464, Mw!2,63, Sd!0,79).

Die Items v_57 (Universalität), v_59 (Vollständigkeit) sowie v_60 (Aktualität) ermittelten die

Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu persönlich relevanten Themen und konnten

ebenfalls aufgrund eines ausreichenden Cronbachs !-Wertes (!0,71) im gemeinsamen Index

wahrnehmung_orientierungsleistung_pers (n=458, Mw!2,43, Sd!0,76) zusammengefasst

werden.

Page 59: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

58

Darüber hinaus wurde durch die Items v_78, v_79, v_80, v_81, v_82 und v_8381 die

Wahrnehmung der Aggregationsleistung von rivva.de erfasst. Auch für die Items zur

Aggregationsleistung ließ sich bei einem Cronbachs !-Wert von 0,74 ein gemeinsamer Index

wahrnehmung_orientierungsleistung_aggregationsleistung (n=396, Mw!2,15, Sd!0,58) bilden.

Außerdem wurde ein allgemeiner Index „Wahrnehmung Orientierungsleistung“ (m=371,

Mw= 2,35, Sd= 0,55) erstellt. Basierend auf einem Cronbachs !-Wert von 0,83 war es zulässig,

alle 13 Items zusammenzufassen, um eine Variable für den allgemeinen Überblick zu generieren.

5.5.2.3 Bewertung einer Orientierungsleistung von rivva.de

Die Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de wurde in den Items v_54 („rivva.de ersetzt

für mich die Tageszeitung“), v_55 („rivva.de ersetzt für mich Nachrichtenportale“), v_56

(„rivva.de ist besser als professionelle Nachrichtenangebote“), v_58 („rivva.de behandelt eine zu

enge Auswahl an Themenbereichen“) , v_61 („rivva.de ersetzt für mich themen- und

fachspezifische Angebote“) und v_82 („rivva.de aggregiert die zum jeweiligen Thema wichtigsten

Quellen“) erfasst. Die Items v_54, v_55 sowie v_61 sind für die Analyse relevant, da einer

Ersetzung des jeweiligen Angebotes durch rivva.de eine qualitativ bessere Bewertung der

Plattform zugrunde liegen muss. Bei allen Items konnte die Zustimmung auf einer fünfstufigen

Skala (1= „stimme voll und ganz zu“; 5= „stimme überhaupt nicht zu“ bzw. für Item v_82 1=

„trifft voll und ganz zu“; 5= „trifft überhaupt nicht zu“) abgestuft werden.

Nach Umkodierung von v_58 konnten die Items aufgrund eines Cronbachs L-Wertes von

0,71 im gemeinsamen Index bewertung_orientierungsleistung (n=385, Mw!3,27, Sd!0,76)

zusammengefasst werden.

5.5.2.4 Erwartung journalistischer Orientierungsleistung von rivva.de

Durch die Items v_62, v_65, v_66, v_67, v_68 und v_69 wurde die Erwartung einer

journalistischen Orientierungsleistung erfragt. Dabei wurden die für journalistische Angebote

ausschlaggebenden Dimensionen der Aktualität (v_62, v_67) sowie der Universalität (v_65, v_66,

81 v_78 = Aktualität; v_79 = Reaktionen helfen bei Einschätzung des Hauptartikels ; v_80 = Reaktionen ordnen

Hauptartikel in passenden Kontext; v_81 = zusätzliche Informationen zum Hauptartikel durch aufgeführte

Reaktionen; v_82 = Aggregation der wichtigsten Quellen; v_83 = Aufführen unbekannter Themenaspekte

Page 60: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

59

v_68, v_69) erfasst82, zudem wurde in v_70 die Relevanz der Plattform für die Themenauswahl

im eigenen Weblog abgefragt. Das Ausmaß an Zustimmung zu den einzelnen Aussagen konnte

auf einer fünfstufigen Skala (1= „stimme voll und ganz zu“; 5= „stimme überhaupt nicht zu“)

differenziert angegeben werden.

Die Items ließen sich aufgrund eines zu geringen Cronbachs !-Wertes von 0,56 nicht

zusammenfassen. Auch eine Aufteilung in die Untergruppen Aktualität sowie Universalität ergab

keine ausreichenden Werte in der Reliabilitätsanalyse. Für die weiterführende Betrachtung wurden

die Items daher einzeln analysiert.

5.5.2.5 Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches Angebot

Die Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches Angebot wurde in den Items v_50 (vielfältige

Themenauswahl), v_51 (Überblick über allgemein relevante Themen), v_52 (Vollständigkeit des

dargebotenen Meinungsbildes) und v_53 (Aktualität der Themen) erfasst. Auch diese Variable

wurde mittels fünfstufiger Skala (Ausprägungen analog zu Kapitel 5.5.2.4) erfasst.

Die Reliabilitätsanalyse ergab einen Cronbachs !-Wert von 0,74, so dass die Items im Index

wahrnehmung_journ_angebot (n=464, Mw!2,63, Sd!0,79) zusammengefasst dargestellt werden

können.

5.5.2.6 Bewertung der Orientierungsleistung journalistischer Angebote

Die Bewertung der Orientierungsleistung journalistischer Angebote wurde in den Dimensionen

der Orientierung zu allgemein relevanten sowie zu persönlich relevanten Themen abgefragt.

Dabei wurden die journalistischen Angebote unterteilt in professionelle Nachrichtenangebote

(v_30, v_38), Nachrichtenportale (v_31, v_39) und themen-/fachspezifische Angebote (v_32,

v_40). Basierend auf einer mehrstufigen Skala mit den Ausprägungen 1= „sehr gut“; 5=

„überhaupt nicht“ konnten differenzierte Beurteilungen erfasst werden.

Da nur die Betrachtung der einzelnen Items – insbesondere im Vergleich zur Bewertung der

Orientierungsleistung von rivva.de – einen Erkenntnisgewinn verspricht, wurden die Werte nicht

in einem gemeinsamen Index zusammengefasst. Stattdessen wurden die deskriptiven Daten der

einzelnen Items für eine vergleichende Analyse herangezogen. 82 Die darüber hinaus relevanten Dimensionen journalistischer Orientierungsleistung (Periodizität und Publizität)

sind durch das regelmäßig aktualisierte, öffentlich zugängliche Angebot bei rivva.de per se gegeben. Sie wurden

daher im Fragebogen nicht vertiefend thematisiert.

Page 61: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

60

5.5.2.7 Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de

Eine Veränderung des Rezeptionsverhaltens anderer Angebote neben rivva.de wurde anhand

zweier Konstrukte erfasst. Die vollständige Ersetzung professioneller Angebote aufgrund der

Nutzung von rivva.de wurden mittels der Items v_54 (Tageszeitung), v_55 (Nachrichtenportale)

und v_61 (themen- und fachspezifische Angebote) erfasst. Die Angaben konnten erneut auf

einer fünfstufigen Skala abgestuft werden (1= „stimme voll und ganz zu“; 5= „stimme überhaupt

nicht zu“). Die Aussagen zur Substituierung anderer Angebote durch rivva.de konnten aufgrund

des Cronbachs !-Wertes von 0,74 im Index rezeptionsverhalten_ersetzung_angebote (n=459,

Mw!3,68, Sd!1,03) zusammengefasst werden.

Neben der Frage der Ersetzung wurde das veränderte Nutzungsverhalten für verschiedene

Webangebote durch die Items v_96 (Professionelle Nachrichtenangebote), v_97

(Nachrichtenportale), v_98 (Themen- und fachspezifische Angebote), v_99 (einzelne Weblogs),

v_100 (Foren), v_101 (Soziale Netzwerke), v_102 (Social Bookmarking-Dienste) sowie v_103

(Suchmaschinen) abgefragt. Mögliche Veränderungen wurden anhand einer sechsstufigen Skala83

erfasst. Mittels dieser Skala konnten feinere Abstufungen gemacht werden, da es nicht nur um

absolute Ersetzung, sondern auch um geringfügig variierende Nutzung ging. Da auch in diesem

Fall lediglich die separate Betrachtung der Einzelitems zielführend und aussagekräftig sein kann,

wurde kein gemeinsamer Index angestrebt.

5.5.2.8 Kritische Rezeption des Angebotes von rivva.de

Mit den Items v_71 (Informationsbeschaffung über unbekannte Seiten), v_72 (Eigene Recherche

zu bei rivva.de gelisteten Themen), v_73 (vornehmlich Lektüre von Artikeln professioneller

Medien), v_74 (vornehmlich Lektüre von Artikeln aus Weblogs) sowie v_75 (Unterscheidung

zwischen Artikeln aus Weblogs und aus professionellen Medien) wurde das Maß an kritischer

Rezeption der Inhalte auf einer fünfstufigen Skala (1= „immer“; 5= „nie“) abgefragt. Die Items

ließen sich aufgrund zu geringer Cronbachs !-Werte nach thematischen Gesichtspunkten sortiert

nicht zusammenfassen. Daher wurden alle Items separat betrachtet.

5.5.2.9 Evaluation der Reaktionen auf eigene Beiträge

Ob sich Nutzer von rivva.de darüber informieren, inwiefern und wie eigene Beiträge von anderen

Weblogbetreibern oder Twitternutzern aufgegriffen werden, erfassten die Items v_107

83 1= „nutze ich häufiger“; 2= „nutze ich gleich häufig“; 3= „nutze ich seltener“; 4= „nutze ich nicht mehr“; 5=

„habe ich nie benutzt“; 6= „kann ich nicht beurteilen“

Page 62: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

61

(Information über Anzahl verlinkender Blogs), v_108 (Information über Anzahl verlinkender

Tweets), v_109 (Evaluation von Reaktionen auf thematisch zugeordnete fremde Artikel) und

v_110 (Vergleich der Reaktionen auf eigene Artikel und thematisch verwandte Artikel)84. Um

differenzierte Antwortmöglichkeiten zu erlauben, wurde eine fünfstufige Skala (1= „immer“; 5=

„nie“) eingesetzt. Aufgrund eines Cronbachs !-Wertes von 0,96 ließen sich die Items in einem

gemeinsamen Index zur Reaktionsevaluation zusammenfassen.

5.5.3. Intervenierende Variablen Die Beziehung zwischen unabhängiger Variable und abhängigen Variablen kann durch

intervenierende Variablen beeinflusst werden. Diese werden im Folgenden kurz dargestellt.

5.5.3.1 Erfassung eigener Beiträge

Ob eigene Beiträge von rivva.de erfasst werden, wurde jeweils für das eigene Weblog (v_16,

n=106 erfasste Weblogs) sowie den eigenen Twitteraccount (v_21, n=79 erfasste

Twitteraccounts) erhoben. Um zwischen Nutzern, deren Beiträge erfasst werden, und Nutzern,

deren Beiträge nicht erfasst werden, zu unterscheiden, wurde in mehreren Schritten das Item

beiträge_erfasst_cod berechnet85.

Darüber hinaus wurde die Häufigkeit der Beitragserfassung (v_105, v_106) in den Variablen

v_105_cod und v_106_cod dichotomisiert („häufig“ und „eher häufig“ = 1 vs. „eher selten“ und

„selten“ = 2).

5.5.3.2 Journalistischer Hintergrund

Ein eventueller journalistischer Hintergrund wurde im Item v_120 abgefragt. Da für die

Auswertung vor allem ein haupt- oder nebenberuflicher Hintergrund – unabhängig von aktueller

84 Diese Frage wurde nur Probanden gestellt, die angaben, dass ihre Artikel bereits aufgegriffen wurden.

85 Zunächst wurden v_16 und v_21 jeweils umkodiert in ja=1 sowie restliche Angaben=2. Die

Antwortmöglichkeiten waren in beiden Items „ja“, „nein“ sowie „weiß nicht“. Diese Items (twitter_erfasst,

weblog_erfasst) wurden im Item beiträge_erfasst zusammengefasst. Dieses Item wurde wiederum umkodiert in

das Item beiträge_erfasst_cod, indem die Ausprägungen 2 und 3 dem Wert 1 (Beiträge des Weblogs und/oder bei

Twitter erfasst) zugewiesen wurden, die Ausprägung 4 dem Wert 2 (keine Beiträge erfasst).

Page 63: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

62

oder vergangener Tätigkeit – interessant war86, wurden die Werte im Item v_120_gruppiert nach

hauptberuflichem (n=45), nebenberuflichem (n=89) und keinem (n=251) journalistischen

Hintergrund zusammengefasst.

5.5.3.3 Bekanntheit der Autoren

Die Items v_76 (Bekanntheit der Weblogautoren, n=490, Mw!2,81, Sd!0,89) und v_77

(Bekanntheit der Twitternutzer, n=483, Mw!3,44, Sd!0,97) erfassten eine mögliche vorherige

Bekanntheit der Autoren von auf rivva.de aggregierten Beiträgen. Als Antwortoption wurde eine

fünfstufige Skala (1= „immer“; 5= „nie“) genutzt. Beide Items wurden dichotomisiert87. Bei

großer Bekanntheit wurde der Wert 1, bei Unbekanntheit der Wert 2 vergeben.

5.6 Vorgehensweise bei der Auswertung der Erhebungsdaten Alle statistischen Auswertungen der Stichprobe wurden mit dem Datenanalyseprogramm PASW

durchgeführt. Das Signifikanzniveau liegt für alle Forschungsfragen bei der für

sozialwissenschaftliche Forschung gängigen Grenze von 0,05 (Signifikanz " 0,05)88. Im Folgenden

wird das Vorgehen bei der Auswertung der einzelnen Forschungsfragen nachvollzogen.

Forschungsfrage 1 untersucht, ob die Nutzer eine Orientierungsleistung durch rivva.de

wahrnehmen. Hierzu werden zunächst die deskriptiven Daten des zusammengefassten Index

wahrnehmung_orientierungsleistung ausgewertet. Hinsichtlich einer möglichen Auswirkung der

Nutzungshäufigkeit auf die Wahrnehmung werden T-Tests bei unabhängigen Stichproben mit

den zusammengefassten Indizes v_47_häufigkeit (direkter Aufruf), v_48_häufigkeit (RSS-

Abonnement) und v_49_häufigkeit (Twitter-Abonnement) berechnet. Bei diesen Betrachtungen

sind allein die Ausprägungen 1 ((mehrmals) tägliche Nutzung) und 2 ((mehrmals) wöchentliche

86 Der journalistische Hintergrund kann – unabhängig von vergangener oder aktueller Erfahrung – immer als

prägend erachtet werden. Das Ausmaß journalistischer Erfahrung ist in diesem Zusammenhang wichtiger als die

zeitliche Distanz zwischen Befragungszeitpunkt und letzter journalistischer Tätigkeit.

87 Hierbei wurde der mittlere Wert (3) aufgrund der neutralen Aussage der Ausprägung nicht in die Umkodierung

einbezogen.

88 Siehe weiterführend Diekmann 2006: 587f.

Page 64: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

63

Nutzung) der intervenierenden Variable ausschlaggebend89. Sollten sich signifikante Unterschiede

zwischen den Gruppen ergeben, wird die Korrelation zwischen der jeweiligen Variable und dem

Wahrnehmungsindex berechnet. Sofern sich ein signifikanter Zusammenhang ergibt, ist darüber

hinaus die Regression zu betrachten, welche die Richtung der Kausalität überprüft. Zu beachten

sind vor allem die Werte des Regressionskoeffizienten (b), des standardisierten

Regressionskoeffizienten (Beta) sowie des Determinationskoeffizienten (R2), der die erklärte

Varianz der abhängigen Variable angibt.

In einer tiefer gehenden Analyse werden zusätzlich die Wahrnehmung der allgemeinen und

persönlichen Orientierungsleistung sowie der Orientierungsleistung der Aggregationsleistung in

die Auswertung einbezogen. In einem ersten Schritt werden die deskriptiven Daten evaluiert.

Weiterhin werden die Auswirkungen der Nutzungshäufigkeit auf die Wahrnehmung der einzelnen

Ausprägungen der Orientierungsleistung in T-Tests mit unabhängigen Stichproben untersucht.

Analog zum oben beschrieben Vorgehen fließen auch hier nur die Ausprägungen 1 und 2 in die

Analyse ein. Bei signifikanten Unterschieden wird die Korrelation betrachtet sowie – falls nötig –

eine Regressionsanalyse durchgeführt.

Ob die Nutzer von rivva.de eine Orientierung im Social Web durch das Angebot erwarten,

ermittelt die Forschungsfrage 2. Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden die deskriptiven

Daten der Items v_63 (Überblick über aktuelle Themen der Blogosphäre) und v_64 (Überblick

über aktuell bei Twitter diskutierte Themen) betrachtet.

Forschungsfrage 3 umfasst neben der übergeordneten Frage zur Bewertung der

Orientierungsleistung von rivva.de drei weitere untergeordnete Forschungsfragen. Zur

Beantwortung der übergeordneten Forschungsfrage werden die Häufigkeitsverteilungen des

Items bewertung_orientierungsleistung analysiert. Weitergehende Erkenntnisse liefert die

Betrachtung der deskriptiven Daten des zusammengefassten Index zur Bewertung der

Orientierungsleistung.

89 Die Beschränkung auf diese beiden Gruppen ergibt sich durch die Analyse der Nutzungshäufigkeiten über die

einzelnen Kanäle (Direkter Aufruf, RSS-Abonnement, Twitter): Von allen Befragten nutzen n=464 Nutzer von

rivva.de, also 94,5 Prozent der Gesamtheit, den Dienst über einen der Kanäle mindestens wöchentlich. Somit

umfasst die eigentliche Beschränkung auf zwei Gruppen fast alle Befragten, zudem liegt das Hauptaugenmerk der

Befragung auf den regelmäßigen Nutzern. Diese werden so optimal erfasst.

Page 65: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

64

Zudem wird der Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung der

Orientierungsleistung anhand der Gruppenvariable v_120_gruppiert (hauptberuflicher,

nebenberuflicher oder kein journalistischer Hintergrund) untersucht90.

Ein möglicher Einfluss der Erfassung eigener Beiträge auf die Bewertung der

Orientierungsleistung wird mit einem T-Test bei unabhängigen Stichproben mit dem Item

beiträge_erfasst_cod untersucht. Um zu überprüfen, ob die Häufigkeit erfasster Beiträge

eventuelle Effekte verstärkt, werden die Items „Häufigkeit Erfassung als Hauptartikel“ (v_105)

und „Häufigkeit Erfassung als verweisender Artikel“ (v_106) dichotomisiert und die

Ausprägungen 1= „(eher) häufig erfasst“ und 2= „(eher) selten erfasst“ als Gruppenvariablen

(v_105_cod, v_106_cod) mit T-Tests für unabhängige Stichproben analysiert.

Die Bekanntheit der Autoren kann ebenfalls einen moderierenden Einfluss auf die Bewertung

der Orientierungsleistung haben. Daher wird jeweils ein T-Tests für unabhängige Stichproben mit

den dichotomisierten Items v_76 (Blog-Autoren bekannt) und v_77 (Twitter-Nutzer bekannt)

durchgeführt. Bei beiden Variablen werden die Werte 1= „(fast) immer“ und 2= „(fast) nie“ als

Gruppenvariablen zugrunde gelegt. Anschließend wird durch Filtern des Datensatzes die

Signifikanz der Differenz von v_76_dichotomisiert und v_77_dichotomisiert in T-Tests mit

einfachen Stichproben untersucht91.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage 3a werden die Auswirkungen der Rezeptionsart auf

die Bewertung der Orientierungsleistung durch T-Tests mit unabhängigen Stichproben überprüft.

Die T-Tests werden mit den gruppierten Items v_47_häufigkeit (direkter Zugriff),

v_48_häufigkeit (RSS-Feed) sowie v_49_häufigkeit (Twitter) in den Ausprägungen 1=

„(mehrmals) täglich“ und 2= „(mehrmals) wöchentlich“ als Gruppenvariablen vorgenommen.

Zudem wird die Bewertung der Orientierungsleistung zwischen den einzelnen Rezeptionsarten

durch T-Tests bei einfachen Stichproben verglichen92.

90 Zur Untersuchung des Einflusses dieser intervenierenden Variable ist keine Filterung des Datensatzes notwendig,

da die Ausprägung „Nutzung von rivva.de“ für alle Fälle den Wert 1=ja besitzt. Dies gilt im Folgenden auch für die

intervenierenden Variablen „Erfassung der Beiträge“ und „Bekanntheit der Autoren“.

91 Hier wird der jeweils korrespondierende Mittelwert als Testwert eingesetzt.

92 Hierzu wurde der Datensatz mit einem Filter für die häufigsten Nutzer der jeweiligen Rezeptionsart belegt. Die T-

Tests enthielten schließlich als Testwert die Mittelwerte der Bewertung durch die häufigsten Nutzer der anderen

Rezeptionsarten.

Page 66: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

65

Die Forschungsfrage 3b wird ebenso mit T-Tests für unabhängige Stichproben analysiert.

Dazu werden die Ausprägungen 1= „hohe Selektivität“ und 2= „geringe Selektivität“ der Indizes

zur gesamten Selektivität, zur Selektivität bei Hauptartikeln und zur Selektivität bzgl. der

Reaktionen herangezogen. Sollten sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen ergeben,

wird die Korrelation zwischen der jeweiligen Variable und dem Bewertungsindex berechnet.

Darüber hinaus wird bei signifikantem Zusammenhang die Regression betrachtet.

Um zu evaluieren, ob die Nutzungsdauer von rivva.de eine Auswirkung auf die Bewertung

hat, werden T-Tests bei unabhängigen Stichproben vorgenommen. Als Gruppevariablen

fungieren die einzelnen Altersausprägungen des Index v_46_gruppiert (1=2007, 2=2008,

3=2009, 4=2010), als abhängige Variable der gebildete Index zur Bewertung der

Orientierungsleistung. Dabei werden alle Gruppierungen untereinander verglichen.

Die Forschungsfragen 4a und 4b werden zunächst durch die Analyse der deskriptiven Daten

der einzelnen Items beantwortet. Weitergehende Analysen umfassen für beide Forschungsfragen

die Überprüfung des Einflusses journalistischer Erfahrung. Für Forschungsfrage 4a wird dies bei

den beiden positivsten (v_65, v_69) und dem negativsten Item (v_68) untersucht93, für

Forschungsfrage 4b wird der Index wahrnehmung_journ_angebot herangezogen. Es werden

jeweils T_Tests bei unabhängigen Stichproben für die einzelnen Items und die jeweiligen

Ausprägungen der gruppierten Variablen zum journalistischen Hintergrund durchgeführt.

Forschungsfrage 4c nutzt T-Tests bei einfachen Stichproben, um eventuelle

Bewertungsunterschiede zwischen der Orientierungsleistung von rivva.de und der

Orientierungsleistung journalistischer Angebote aufzudecken. Als Testitems fungieren der

Mittelwert der Bewertung einerseits sowie die Items zur Bewertung journalistischer Angebote

(prof. Nachrichtenangebote (v30 und v38), Newsportale (v31 und v39) sowie themen- und

fachspezifische Angebote (v32 und v40)) andererseits. Die Mittelwertvergleiche wurden dabei

sowohl für die Bewertungen im Hinblick auf den allgemeinen Nachrichtenüberblick als auch

hinsichtlich des Überblicks zu persönlich relevanten Themen durchgeführt.

93 Nach Betrachtung der Mittelwerte aller Items zur Erwartung journalistischer Orientierungsleistung zeigt sich, dass

die Nutzer nicht unbedingt journalistische Orientierungsleistung erwarten, sondern eher Wert auf alternative und

unbekannte Themen legen. Aus diesem Grund wurden nachfolgend nur noch die angegebenen Items v_65, v_69

(Bedeutende Quellen / unbekannte Themen) sowie zum Vergleich v_68 (von professionellen Nachrichtenmedien

behandelte Themen) analysiert. Zudem ist es im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich, jedes Item

gesondert in allen Einzelheiten zu betrachten.

Page 67: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

5. Methodik

66

Um die in Forschungsfrage 5a abgefragte Veränderung des Rezeptionsverhaltens anderer

Angebote zu beurteilen, werden die deskriptiven Daten der einzelnen Items analysiert. Zur

Beurteilung der Signifikanz der Veränderung werden zudem T-Tests bei einer Stichprobe für

jedes Item mit dem Testwert 2 (keine Änderung im Nutzungsverhalten) durchgeführt. Darüber

hinaus wird der Einfluss der Nutzungshäufigkeiten von rivva.de auf das veränderte

Rezeptionsverhalten anderer Angebote pro Item durch T-Tests bei unabhängigen Stichproben

durchleuchtet. Ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen, wird die

Korrelation zwischen der jeweiligen Variable und der Bewertung berechnet sowie – falls

notwendig – eine Regressionsanalyse zur Überprüfung der Kausalrichtung durchgeführt.

Zur Beurteilung der in Forschungsfrage 5b erforschten kritischen Rezeption von rivva.de

werden zunächst die deskriptiven Daten der einzelnen Items untersucht. Zudem wird der

Einfluss der intervenierenden Variable „Rezeptionsart und –häufigkeit“ durch T-Tests mit

unabhängigen Stichproben nachvollzogen. Auch hier erfolgen die Berechnung der Korrelation

sowie die Analyse der Regression, falls die Untersuchung signifikante Ergebnisse liefert.

Forschungsfrage 5c wird durch die Betrachtung der deskriptiven Daten des Index

evaluation_reaktionen beantwortet.

Page 68: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

67

6. Ergebnisse der Onlinestudie In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse der Untersuchung gegliedert nach den

einzelnen Forschungsfragen vorgestellt.

6.1 Forschungsfrage 1 Die erste Forschungsfrage soll die Wahrnehmung einer Orientierungsleistung durch rivva.de

seitens der Nutzer genauer untersuchen. Die Betrachtung der deskriptiven Daten zeigt, dass die

Orientierungsleistung des Angebotes mit einem Mittelwert von 2,35 zumindest tendenziell

wahrgenommen wird. Die Standardabweichung von 0,55 verdeutlicht zudem, dass von einer

relativ hohen Konsistenz in den Einschätzungen der Befragten auszugehen ist.

Um die Auswirkungen der Nutzungshäufigkeit auf die Wahrnehmung der

Orientierungsleistung zu untersuchen wurde dieser Zusammenhang durch T-Tests überprüft. Die

Ergebnisse der Tests werden im Folgenden zur erleichterten Übersicht tabellarisch aufgeführt:

Tabelle 2: Wahrnehmung der Orientierungsleistung nach Nutzungsart und -häufigkeit

Frequenz der Aufrufe N Mw Sd MwDiff Signifikanz

Direkter Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 205 2,2585 0,47478

(mehrmals) wöchentlich 115 2,3922 0,54476 0,1337

0,022

signifikant

Abonnement per RSS-Feed

(mehrmals) täglich 86 2,2093 0,4275

(mehrmals) wöchentlich 27 2,3476 0,47819 0,1383

0,157 nicht

signifikant

Abonnement der Twitternachrichten

(mehrmals) täglich 118 2,1239 0,45247

(mehrmals) wöchentlich 21 2,6886 0,66238 0,5647

0,000

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die T-Tests zeigen, dass sowohl beim direkten Aufruf der Website als auch beim Abonnement

der Twitternachrichten des Angebotes ein signifikanter Unterschied in der Wahrnehmung der

Orientierungsleistung vorliegt.

Page 69: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

68

Der Pearsons rp-Wert für die Beziehung zwischen der Häufigkeit des direkten Aufrufs und der

Wahrnehmung der Orientierungsleistung beträgt 0,2 (zweiseitig signifikante Korrelation auf dem

Niveau von 0,01). Die Berechnung der Regression bestätigt die angenommene Richtung (b!0,16;

Beta!0,2). Die Wahrnehmung der Orientierungsleistung nimmt somit durch häufigeren direkten

Aufruf der Seite zu.

Ähnliche Ergebnisse liefert die Betrachtung der Korrelation zwischen der Häufigkeit des

Empfangs von Twitternachrichten des Angebotes und der Wahrnehmung der

Orientierungsleistung. Mit einem Pearsons rp-Wert von 0,25 (zweiseitige signifikante Korrelation

auf dem Niveau von 0,01) lässt sich ein Zusammenhang konstatieren. Die angenommene

Richtung der Korrelation wird durch die Regressionsberechnung (b!0,15; Beta!0,25) bestätigt.

Die Orientierungsleistung wird damit auch bei häufigerer Lektüre der Twitternachrichten des

Dienstes eher wahrgenommen.

Die tiefgreifendere Analyse zur Wahrnehmung der Orientierungsleistung erfolgte durch die

Einteilung der Wahrnehmung in drei Dimensionen: Die Wahrnehmung der Orientierungsleistung

zu allgemeinen Themen (Mw=2,63), die Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu persönlich

relevanten Themen (Mw=2,43) sowie die Wahrnehmung der Orientierungsleistung durch die

Aggregationsleistung der Seite (Mw=2,15). Diese Mittelwerte wurden zunächst in T-Tests bei

einer Stichprobe untereinander verglichen.

Tabelle 3: Wahrnehmung der allgemeinen und persönlichen Orientierungsleistung sowie der Orientierungsleistung

durch die Aggregationsleistung des Angebotes

Art der Orientierungsleistung N Mw Sd MwDiff Signifikanz

Allgemeine Orientierung 464 2,6266 0,7904

Persönliche Orientierung 458 2,4338 0,76363 0,1928 0,000 signifikant

Allgemeine Orientierung 464 2,6266 0,7904

Aggregationsleistung 396 2,1536 0,58103 0,473 0,000 signifikant

Persönliche Orientierung 458 2,4338 0,76363

Aggregationsleistung 396 2,1536 0,58103 0,2802 0,000 signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die nach Betrachtung der Mittelwerte der drei Dimensionen bereits erwartbaren Unterschiede in

der Wahrnehmung der Orientierungsleistung werden durch die T-Tests bestätigt. Die

Page 70: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

69

Orientierungsleistung wird durch die Aggregationsleistung der Seite am ehesten wahrgenommen.

Zudem wird auch die Orientierungsleistung zu persönlich relevanten Themen signifikant besser

wahrgenommen als die Orientierungsleistung zu allgemein relevanten Themen – diese wird von

den Nutzern am schlechtesten eingeschätzt.

Schließlich wurden die einzelnen Wahrnehmungsdimensionen der Orientierungsleistung

abhängig von Nutzungsart und -häufigkeit genauer untersucht. Die hierzu durchgeführten

T-Tests ergaben signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen. Bei häufigerem

Zugriff via RSS-Feed und Twitter wurde die Orientierungsleistung zu allgemeinen Themen

besser wahrgenommen als im Fall eines selteneren Zugriffs. Gleiches gilt für die Wahrnehmung

der Orientierungsleistung zu persönlichen Themen beim Zugriff per Twitter sowie für die

Wahrnehmung der Orientierungsleistung durch die Aggregationsleistung der Seite bei Rezeption

durch direkten Aufruf der Seite und Abonnement der Twitternachrichten. Eine Prüfung auf

bivariate Zusammenhänge zeigte für alle Fälle signifikante Korrelationen zwischen der

Nutzungshäufigkeit und der jeweiligen Wahrnehmungsdimension Die Berechnungen der

Regression bestätigten für alle Befunde die prognostizierte Richtung: Die häufigere Nutzung

wirkte sich in allen Teilgruppen positiv auf die Wahrnehmung der Orientierungsleistung aus94.

6.2 Forschungsfrage 2 Um zu beantworten, ob die Nutzer von rivva.de von der Website eine Orientierungsleistung für

das Social Web erwarten, erfolgt die Analyse der deskriptiven Daten getrennt nach Erwartungen

bezüglich eines Überblicks über die Blogosphäre95 und bezüglich bei Twitter diskutierter

Themen.

Die Betrachtung zeigt, dass die Nutzer vor allem für die Blogosphäre einen aktuellen

Themenüberblick massiv erwarten. Von den Befragten stimmen 93,6 Prozent mindestens zu,

ganze 69 Prozent der Befragten stimmen der Aussage „voll und ganz“ zu. Dementsprechend liegt

94 Die für diese Betrachtung durchgeführten T-Tests, Korrelations- und Regressionsberechnungen können den der

Arbeit in digitaler Form angefügten PASW-Outputs entnommen werden. Eine Auflistung dieser Ergebnisse wäre

ob der vergleichsweise spitzen Fragestellung und angesichts der räumlichen Grenzen dieser Magisterarbeit nicht

gewinnbringend.

95 Mit „Blogosphäre“ ist – vor allem durch die Ausrichtung des Dienstes auf den deutschsprachigen Bereich – vor

allem das deutschsprachige Netzwerk von Weblogs gemeint. Dementsprechend werden auch vornehmlich

deutschsprachige bei Twitter diskutierte Themen von rivva.de erfasst.

Page 71: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

70

der Mittelwert bei 1,39 – also im Rahmen sehr starker Zustimmung. Die Standardabweichung

(0,67) verweist dementsprechend zusätzlich auf eine hohe Übereinstimmung in den gegebenen

Antworten.

Für einen Überblick über aktuell bei Twitter diskutierte Themen zeigen sich hingegen eher

Erwartungstendenzen. 64,8 Prozent der Befragten stimmen der Aussage mindestens zu, etwa ein

Drittel (33,5 Prozent) äußern absolute Zustimmung. Diese zurückhaltendere Erwartung wird

durch den Mittelwert von 2,23 belegt. Die Standardabweichung bestätigt mit 1,18 zudem eine

breitere Streuung im Antwortverhalten.

Die Nutzer von rivva.de erwarten dementsprechend vor allem eine Orientierungsleistung

innerhalb der Blogosphäre, zeigen aber ebenso – wenn auch in abgeschwächter Form – Interesse

an einer Orientierungsleistung zu bei Twitter diskutierten Themen.

6.3 Forschungsfrage 3 Die Untersuchung der deskriptiven Daten des zusammengefassten Index zur Bewertung der

Orientierungsleistung ergibt einen Mittelwert von 3,27 bei einer durchschnittlichen Streuung der

gegebenen Antworten von 0,76.

Die Daten zeigen, dass die zusammengefasste Bewertung der Orientierungsleistung von

rivva.de nur mittelmäßige Werte erreicht – der Mittelwert deutet eine leichte Tendenz zu einer

ungenügenden Bewertung an. Zur genaueren Betrachtung werden daher die deskriptiven Daten

der einzelnen im Index enthaltenen Items betrachtet, um tiefere Einblicke in die Bewertung

einzelner Kategorien zu erlangen.

Page 72: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

71

Tabelle 4: Bewertung der Orientierungsleistung nach einzelnen Items getrennt

Item N Fehlend Mw Sd

Rivva.de ersetzt die Tageszeitung 474 17 3,89 1,273

Rivva.de ersetzt Nachrichtenportale 479 12 3,59 1,294

Rivva.de ist besser als professionelle Nachrichtenportale 458 33 3,27 1,176

Rivva.de ersetzt themenspezifische Angebote 472 19 3,59 1,218

Rivva.de aggregiert die zu einem Thema wichtigsten Quellen 425 66 2,47 0,895

Rivva.de behandelt eine breite Auswahl an Themenbereichen 466 25 3,1245 1,17389

Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1= „Stimme voll und ganz zu“; 5= „Stimme überhaupt nicht zu“

Die dargestellten Ergebnisse verdeutlichen, dass die Nutzer von rivva.de den Aggregationsdienst

nicht unbedingt als Ersatz für Tageszeitungen, Nachrichtenportale oder themenspezifische

Angebote nutzen. So findet die Aussage, rivva.de könne die Tageszeitung ersetzen, bei 46,6

Prozent der Befragten überhaupt keine Zustimmung. Zudem wird das Angebot im Vergleich zu

professionellen Nachrichtenangeboten nicht besser, sondern tendenziell negativer bewertet.

Die Nutzer bewerten jedoch die Aggregationsleistung der Seite eher positiv – 56,9 Prozent der

Befragten stimmen der Aussage, der Dienst aggregiere die wichtigsten Quellen zum jeweiligen

Thema, mindestens zu. Zudem wird die Themenauswahl des Angebots als einigermaßen breit

gefächert angesehen.

Bedenkt man, dass Nutzer mit journalistischem Hintergrund aus beruflichen Gründen die

Orientierungsleistung eines Angebotes vermutlich kritischer beurteilen können, so liegt der

Vergleich zwischen haupt- und nebenberuflich tätigen Journalisten und anderen Nutzern nahe.

Insbesondere lässt sich auf Basis der Ergebnisse bei Neuberger / Nuernbergk / Rischke (2009c:

269ff.) erwarten, dass die Orientierungsleistung eines (vornehmlichen) Weblog- und Twitter-

Aggregators durch Journalisten deutlich negativer bewertet wird als durch normale Nutzer. Diese

Vermutungen wurden durch T-Tests bei unabhängigen Stichproben für alle drei Gruppen

untersucht:

Page 73: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

72

Tabelle 5: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung der Orientierungsleistung

Journalistische Erfahrung n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Hauptberuflich 45 3,4481 0,77429

Nebenberuflich 89 3,3502 0,7031

0,09796 0,522 0,478 nicht

signifikant

Hauptberuflich 45 3,4481 0,77429

Ohne Erfahrung 251 3,2085 0,77008

0,23965 0,715 0,056 nicht

signifikant

Nebenberuflich 89 3,3502 0,7031

Ohne Erfahrung 251 3,2085 0,77008

0,14169 0,146 0,113 nicht

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die Ergebnisse weisen für keines der untersuchten Paare signifikante Zusammenhänge zwischen

journalistischer Erfahrung und der Bewertung der Orientierungsleistung auf. Somit hat

journalistische (Vor-)Erfahrung unter den Befragten keine Auswirkungen auf die Bewertung der

Orientierungsleistung von rivva.de.

Da anzunehmen ist, dass die Bekanntheit der Autoren und demzufolge das Wissen um ihre

Art und Kompetenz der Informationsvermittlung die Bewertung einer Orientierungsleistung von

rivva.de beeinflussen kann, wurden eventuelle Differenzen untersucht. Die Ergebnisse der zur

Überprüfung der Forschungsfrage durchgeführten T-Tests ergeben folgende Werte:

Tabelle 6: Einfluss der Bekanntheit von Autoren auf die Bewertung der Orientierungsleistung

Bekanntheit der Autoren n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Autoren aggregierter Weblogs

Große Bekanntheit 185 3,1973 0,73821

Kaum Bekanntheit 67 3,4403 0,73952

0,243 0,932 0,023

signifikant

Aggregierte Twitternutzer

Große Bekanntheit 45 3,0606 0,73693

Kaum Bekanntheit 251 3,3913 0,78696

0,33074 0,658 0,002

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die Ergebnisse zeigen, dass die Bekanntheit der Autoren einen signifikant positiven Einfluss auf

die Bewertung der Orientierungsleistung hat.

Page 74: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

73

Nicht alle Rezipienten des Aggregationsdienstes sind selbst im Social Web aktiv (vgl. Kapitel

5.3, Analyse der Stichprobe). Die Anzahl der Nutzer, die eindeutig wissen, dass ihre Beiträge vom

Dienst erfasst werden, ist demgegenüber nochmals geringer. Dies legt die Vermutung nahe, dass

diese Nutzergruppe die Orientierungsleistung des Dienstes besser einschätzt als Nutzer, deren

Beiträge nicht – zumindest nicht wissentlich – erfasst werden. Der Vergleich der Bewertung

zwischen Probanden, deren Accounts erfasst werden, und dem Rest ergab jedoch keine

signifikante Differenz:

Tabelle 7: Bewertung der Orientierungsleistung durch Probanden in Abhängigkeit der Beitragserfassung

N Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Beiträge erfasst 119 3,1807 0,73601

Beiträge nicht erfasst 266 3,3089 0,76680 0,12822 0,699

0,12 nicht

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die Bewertungen sind als statistisch gleich anzunehmen, auch wenn die Mittelwerte eine leicht

bessere Bewertung der Orientierungsleistung in Abhängigkeit der Erfassung eigener Beiträge

nahelegen. Aufgrund der statistischen Gleichheit muss jedoch konstatiert werden, dass die

Aggregation eigener Beiträge für die befragten Nutzer keine Auswirkungen auf die Einschätzung

der Orientierungsleistung hat.

Zusätzlich zum Vergleich der beiden oben genannten Gruppen wurde ein eventueller Einfluss

der Häufigkeit erfasster Beiträge untersucht. Die durchgeführten T-Tests bei unabhängigen

Stichproben ergaben keine signifikanten Unterschiede bei Probanden, deren Weblog oder

Twitter-Account (eher) häufig oder (eher) selten erfasst wurde.

6.3.1 Forschungsfrage 3a Ob die Bewertung der Orientierungsleistung von der Rezeptionsart und -häufigkeit des Dienstes

abhängt, wurde durch Forschungsfrage 3a ermittelt. Die Ergebnisse wurden zur erleichterten

Einsicht in tabellarischer Form aufbereitet:

Page 75: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

74

Tabelle 8: Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit auf die Bewertung der Orientierungsleistung

Rezeptionshäufigkeit n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Bewertung der Orientierungsleistung bei direktem Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 211 3,1359 0,76599

(mehrmals) wöchentlich 111 3,3754 0,66873 0,2395 0,024

0,006

signifikant

Bewertung der Orientierungsleistung bei Abonnement des RSS-Feeds

(mehrmals) täglich 96 3,1215 0,64865

(mehrmals) wöchentlich 28 3,3512 0,90306 0,2297 0,006

0,218 nicht

signifikant

Bewertung der Orientierungsleistung bei Abonnement der Twitter-Nachrichten

(mehrmals) täglich 122 3,0314 0,702

(mehrmals) wöchentlich 23 3,7391 0,88758 0,7077 0,111

0,001

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Für den Einfluss der Nutzungshäufigkeit bei direktem Aufruf der Seite sowie dem Abonnement

der Twitternachrichten auf die Bewertung der Orientierungsleistung ergeben sich signifikante

Ergebnisse. Die Analyse der Korrelation ergibt für den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit

des direkten Aufrufs der Seite und der Bewertung der Orientierungsleistung einen Pearsons rp-

Wert von 0,2 (zweiseitige signifikante Korrelation auf dem Niveau von 0,01). Der

Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Rezeption bei Twitter und der Bewertung der

Orientierungsleistung wird durch einen Pearsons rp-Wert von 0,19 (zweiseitige signifikante

Korrelation auf dem Niveau von 0,01) bestätigt. Die Überprüfung der Regression belegt die

vermutete Richtung des Kausalzusammenhangs. (Direkter Aufruf: b!0,21; Beta!0,2; R2!0,04;

Twitter: b!0,15; Beta!0,19; R2!0,04). Allerdings ist in beiden Fällen der Anteil erklärter Varianz

sehr gering, was auf weitere prägende Einflussvariablen verweist.

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Orientierungsleistung bei direktem Aufruf der Seite

sowie beim Abonnement der Twitternachrichten durch häufigere Nutzung besser bewertet wird.

Für das Abonnement des RSS-Feeds der Seite zeigen sich keine signifikanten Unterschiede in der

Bewertung zwischen (mehrmals) täglicher und (mehrmals) wöchentlicher Nutzung.

Eventuelle Unterschiede zwischen den Rezeptionsarten wurden mit T-Tests bei einfachen

Stichproben überprüft. Einzig zwischen dem direkten Aufruf der Seite und dem Abonnement

der Twitter-Nachrichten ließ sich ein signifikanter Unterschied feststellen (MwDiff!0,1,

Page 76: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

75

Signifikanz=0,04996). Personen, die via Twitter die Inhalte von rivva.de mindestens täglich

rezipieren, bewerten demnach die Orientierungsleistung der Seite signifikant besser als Personen,

die die Inhalte mindestens täglich per direktem Aufruf der Seite lesen.

6.3.2 Forschungsfrage 3b Die Auswirkungen des Grades an Selektivität bei der Rezeption von rivva.de auf die Bewertung

der Orientierungsleistung wurden in Forschungsfrage 3b untersucht. Die tabellarische Übersicht

gibt Auskunft über die Forschungsergebnisse:

Tabelle 9: Auswirkungen der Selektivität auf die Bewertung der Orientierungsleistung

Grad der Selektivität n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Selektivität allgemein

Lektüre vieler Quellen 77 3,0649 0,74837

Lektüre weniger Quellen 11 4,0606 0,57866

0,9957 0,101 0,000

Selektivität bei Hauptartikeln

Lektüre vieler Quellen 93 3,1093 0,76869

Lektüre weniger Quellen 44 3,6098 0,7479

0,5005 0,648 0,000

Selektivität bei Reaktionen auf Hauptartikel

Lektüre vieler Quellen 91 3,1172 0,74224

Lektüre weniger Quellen 27 3,6173 0,69923

0,5001 0,714 0,002

Quelle: Eigene Darstellung

Für alle untersuchten Dimensionen ergibt sich ein signifikanter Unterschied zwischen der

Bewertung der Orientierungsleistung abhängig vom Grad der Selektivität. Ein moderater

Zusammenhang wird durch eine Untersuchung der Korrelation für alle drei Fälle bestätigt: Die

Regressiondaten bestätigen zudem für alle Fälle einen kausalen Zusammenhang in vermuteter

Richtung..

96 Um Missverständnisse zu vermeiden, wurde dieser Signifikanzwert auf drei Nachkommastellen genau angegeben.

Page 77: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

76

Tabelle 10: Berechnung der Korrelation und Regression für den Zusammenhang zwischen Selektivität und

Bewertung der Orientierungsleistung

Berechnete Items Korrelation Regression

rp Signifikanz b Beta R2

Selektivität gesamt und Bewertung 0,261 0,000 0,341 0,261 0,068

Selektivität Hauptartikel und Bewertung 0,238 0,000 0,229 0,238 0,057

Selektivität Reaktionen und Bewertung 0,206 0,000 0,214 0,206 0,043

Quelle: Eigene Darstellung

Alle Selektivitätsdimensionen zeigen also: Je intensiver die einzelnen Quellen gelesen werden,

desto besser wird die Orientierungsleistung von rivva.de eingeschätzt. Die Selektivität bei der

Rezeption von rivva.de hat somit deutliche Auswirkung auf die Bewertung der

Orientierungsleistung.

Weitere Berechnungen zu einem eventuellen moderierenden Einfluss der Bekanntheit von

Autoren auf die Beziehung zwischen Selektivität und Bewertung der Orientierungsleistung

ergaben keine statistisch signifikanten Differenzen97. Somit bleibt die Bekanntheit der Autoren

ohne Einfluss auf die Beziehung zwischen Selektivität des Nutzers und Bewertung der

Orientierungsleistung.

6.3.3 Forschungsfrage 3c Seit dem Start des Angebotes im ersten Halbjahr 2007 hat rivva.de zunehmenden Zuspruch

erfahren. Zu untersuchen ist in diesem Zusammenhang, inwiefern die Dauer der Nutzung des

Dienstes Auswirkungen auf die Bewertung der Orientierungsleistung hat. Der Vergleich der nach

Einstiegsjahr unterteilten Nutzergruppen ist in der folgenden Tabelle festgehalten:

97 Es ließ sich eine lediglich minimal bessere Bewertung der Orientierungsleistung feststellen, sofern die Autoren

bekannt waren. Allerdings liegt keiner der untersuchten Werte auch nur annähernd in einem statistisch

signifikanten Bereich, weshalb eine Gleichheit der Mittelwerte anzunehmen ist.

Page 78: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

77

Tabelle 11: Bewertung der Orientierungsleistung in Abhängigkeit der Nutzungsdauer

Nutzungsbeginn n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

2007 98 3,2891 0,76266

2008 103 3,1408 0,73977

0,14834 0,667 0,163 nicht signifikant

2007 98 3,2891 0,76266

2009 135 3,3247 0,77168

0,03558 0,558 0,727 nicht signifikant

2007 98 3,2891 0,76266

2010 40 3,3417 0,75386

0,05255 0,883 0,712 nicht signifikant

2008 103 3,1408 0,73977

2009 135 3,3247 0,77168

0,18391 0,281 0,063 nicht signifikant

2008 103 3,1408 0,73977

2010 40 3,3417 0,75386

0,20089 0,629 0,115 nicht signifikant

2009 135 3,3247 0,77168

2010 40 3,3417 0,75386

001698 0,774 0,901 nicht signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Keiner der Vergleiche liefert signifikante Unterschiede in der Bewertung der

Orientierungsleistung. Die Dauer der Nutzung von rivva.de hat somit keinen nachweisbaren

Einfluss auf die Bewertung der Orientierungsleistung.

6.4. Forschungsfrage 4 Die unter Forschungsfrage 4 gefassten Teilfragen betrachten die Erwartungen und Bewertungen

des Aggregationsdienstes rivva.de im Hinblick auf journalistische Leistungen. Die Ergebnisse

werden getrennt nach Teilfragen wiedergegeben.

6.4.1 Forschungsfrage 4a Forschungsfrage 4a thematisiert Erwartungen einer journalistischen Orientierungsleistung an

rivva.de. Die Variationsbreite der Ergebnisse umfasst etwa 25 Prozent der Skalenwerte der

positiven bis mittelmäßigen Bewertungen. Die Daten der relevanten Items werden zunächst in

übersichtlicher Form dargestellt:

Page 79: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

78

Tabelle 12: Erwartung journalistischer Orientierungsleistung

Item N fehlend Mw Sd

Umfassende Darstellung aktueller Nachrichten 475 16 2,88 1,246

Aggregation aller bedeutenden Quellen eines Themas 469 22 2,14 1,023

Ausgewogenes Meinungsbild zu behandelten Themen 477 14 2,52 1,2

Sortierung der Inhalte entsprechend ihrer Aktualität 467 24 2,32 1,082

Themen professioneller Medien behandeln 467 24 3,08 1,076

Bisher unbekannte Themen behandeln 476 15 1,93 0,937

rivva.de dient der Themensuche für das eigene Weblog 409 82 2,91 1,492

Quelle: Eigene Darstellung

Die Daten verdeutlichen, dass die Nutzer von rivva.de nicht zwingend eine journalistische

Orientierungsleistung erwarten. Vielmehr wird verlangt, dass neue und zu professionellen

Angeboten alternative, dem Nutzer noch unbekannte Themen behandelt werden. Auf umfassend

dargestellte aktuelle Nachrichten im Sinne klassischer journalistischer Vermittlung, aber auch auf

rivva.de als Quelle für Themen zur eigenen Verwertung, legen die Nutzer wenig Wert. Die

Sortierung nach Aktualität sowie die Abbildung eines ausgewogenen Meinungsbildes werden von

den Nutzern tendenziell erwartet. Hier spiegelt sich die Schwierigkeit der gleichzeitigen

Darstellung der Aktualität und der intensiv diskutierten – eventuell älteren – Themen wider.

Großen Wert legen die Nutzer außerdem auf eine möglichst vollständige Aggregation von aus

ihrer Sicht bedeutenden Quellen zu einem Thema.

Einen gewichtigen Einfluss auf die Erwartung journalistischer Orientierungsleistung könnten

berufliche Erfahrungen im Journalismus haben. Der Vergleich der Erwartungen unter Beachtung

eines eventuellen journalistischen Hintergrunds der Befragten ergab keinerlei signifikante

Unterschiede zu den oben dargestellten Befunden. Somit bleibt eine journalistische Vorprägung

ohne erkennbaren Einfluss. Keine der Gruppen hat eine erhöhte Erwartung einer

journalistischen Orientierungsleistung an das Angebot98.

98 Die Ergebnisse der zugehörigen T-Tests können dem Anhang entnommen werden. Eine Auflistung der einzelnen

Ergebnisse erscheint aufgrund des Befundes sowie der Länge dieser Magisterarbeit wenig sinnvoll.

Page 80: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

79

6.4.2 Forschungsfrage 4b Die Wahrnehmung des Dienstes als journalistisches Angebot lässt sich anhand des

zusammengefassten Index evaluieren: Der Mittelwert von 2,63 bei einer normalen Streuung im

Antwortverhalten (Standardabweichung 0,79) zeigt, dass rivva.de von den Nutzern tendenziell als

journalistisches Angebot wahrgenommen wird. Wie in der vorangehenden Forschungsfrage 4a

stellt sich auch hier die Frage des Einflusses journalistischer Erfahrungen. Die Ergebnisse der

entsprechenden T-Tests werden im Folgenden aufgeführt:

Tabelle 13: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Wahrnehmung als journalistisches Angebot

Journalistische Erfahrung n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Hauptberuflich 54 2,8472 0,89471

Nebenberuflich 106 2,6887 0,76828

0,15854 0,277 0,27 nicht

signifikant

Hauptberuflich 54 2,8472 0,89471

Ohne Erfahrung 304 2,5658 0,77222

0,28143 0,224 0,033 signifikant

Nebenberuflich 106 2,6887 0,76828

Ohne Erfahrung 304 2,5658 0,77222

0,12289 0,945 0,158 nicht

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die Analyse der T-Tests zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen der Wahrnehmung von

rivva.de als journalistisches Angebot bei (ehemals) hauptberuflich tätigen Probanden und

Teilnehmern ohne journalistische Erfahrungen. Es zeigt sich, dass Nutzer ohne journalistische

Erfahrung den Dienst eher als journalistisches Angebot wahrnehmen als die hauptberuflich

journalistisch tätigen Nutzer. Der Mittelwert nebenberuflich journalistischer Probanden liegt

zwischen dem hauptberuflicher Publizisten und nicht journalistisch geprägter Personen. Dies legt

die Folgerung nahe, dass mit stärkerer journalistischer Prägung eine schlechtere Wahrnehmung

der Orientierungsleistung durch rivva.de einhergeht. Da die Mittelwertdifferenzen zwischen

neben- und hauptberuflichen Journalisten und zwischen nebenberuflichen Publizisten und

Personen ohne Erfahrung in diesem Bereich aber nicht signifikant ist, müssen die Werte als

statistisch gleich angenommen werden. Es besteht daher keine Wahrnehmungsdifferenz für

Page 81: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

80

nebenberufliche Journalisten im Vergleich zu den anderen Gruppen. Lediglich der Unterschied

zwischen hauptberuflichen und Nicht-Journalisten offenbart signifikant verschiedene Werte99.

6.4.3 Forschungsfrage 4c Um zu beantworten, ob Nutzer von rivva.de die Orientierungsleistung der Seite besser

einschätzen als die Orientierungsleistung professioneller Medien, wurden T-Tests bei einfachen

Stichproben mit folgenden Ergebnissen durchgeführt:

Tabelle 14: Bewertungsunterschiede Orientierungsleistung rivva.de und professionelle Angebote

Items n Mw Sd MwDiff Signifikanz

Orientierungsleistung zu allgemeinen Themen

Professionelle Nachrichtenangebote 485 1,66 0,807

Rivva.de 385 3,2693 0,75878

1,6093 0,000

signifikant

Nachrichtenportale 442 2,11 0,962

Rivva.de 385 3,2693 0,75878

1,1593 0,000

signifikant

Themen- und Fachspezifische Angebote 486 2,52 1,141

Rivva.de 385 3,2693 0,75878

0,7493 0,000

signifikant

Orientierungsleistung zu persönlich relevanten Themen

Professionelle Nachrichtenangebote 484 2,75 1,09

Rivva.de 385 3,2693 0,75878

0,5193 0,000

signifikant

Nachrichtenportale 441 2,78 1,06

Rivva.de 385 3,2693 0,75878

0,4893 0,000

signifikant

Themen- und Fachspezifische Angebote 482 1,55 0,734

Rivva.de 385 3,2693 0,75878

1,7193 0,000

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die Ergebnisse zeigen, dass für alle verglichenen Gruppierungen signifikante Ergebnisse erzielt

werden. Es lässt sich daher feststellen, dass sowohl die Orientierungsleitungen zu allgemein

99 Es ist aber denkbar, dass die Differenzen der nebenberuflichen Probanden bei einer größeren Stichprobe

signifikant werden würden.

Page 82: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

81

relevanten Themen als auch zu persönlich relevanten Themen durch journalistische Angebote

signifikant besser eingeschätzt werden als durch rivva.de.

6.5 Forschungsfrage 5 Die unter Forschungsfrage 5 gruppierten Teilfragen betreffen den Umgang der Nutzer mit dem

Angebot rivva.de sowie die Auswirkungen des Dienstes auf die Nutzung anderer Angebote im

World Wide Web.

6.5.1 Forschungsfrage 5a Das veränderte Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de durch die Nutzung des

Dienstes wird in Forschungsfrage 5a untersucht. Die Daten aus den T-Tests zeigen folgende

Ergebnisse:

Tabelle 15: Veränderung im Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de

Veränderung der Nutzung von… N fehlend Mw Sd Signifikanz

Professionellen Nachrichtenangeboten 446 45 2,27 0,579 0,00 (sign.)

Nachrichtenportalen 376 115 2,39 0,688 0,00 (sign.)

Themen-/fachspezifische Nachrichtenangebote 443 48 1,98 0,536 0,425

Einzelnen Weblogs 456 35 1,7 0,743 0,00 (sign.)

Foren 381 110 2,38 ,0657 0,00 (sign.)

Sozialen Netzwerken 384 107 1,9 0,536 0,00 (sign.)

Social Bookmarking-Diensten 294 197 2,2 ,0595 0,00 (sign.)

Suchmaschinen 436 55 2,03 0,397 0,118

Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1= „Nutze ich häufiger“; 2= „Nutze ich gleich häufig“; 3= „Nutze ich seltener“; 4= „Nutze ich

nicht mehr“; 5= „Habe ich nie benutzt“; 6= „Kann ich nicht beurteilen“

Wie aus der Tabelle hervorgeht, konnten signifikante Ergebnisse für fast alle Items festgestellt

werden. So werden professionelle Nachrichtenangebote, Nachrichtenportale, Foren und Social

Bookmarking-Dienste seit der Nutzung von rivva.de laut Aussage der Befragten signifikant

seltener genutzt. Einzelne Weblogs und soziale Netzwerke werden hingegen signifikant häufiger

frequentiert.

Page 83: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

82

Die Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen dem Rezeptionsverhalten anderer

Angebote und der Nutzungsart und -häufigkeit von rivva.de ergibt folgende signifikante

Ergebnisse:

Tabelle 16: Zusammenhänge zwischen verändertem Rezeptionsverhalten anderer Angebote und der Rezeptionsart

und -häufigkeit von rivva.de

Nutzung rivva.de n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Professionelle Nachrichtenangebote und direkter Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 234 2,32 0,618

(mehrmals) wöchentlich 129 2,2 0,506

0,119 0,000 0,049

signifikant

Professionelle Nachrichtenangebote und Abonnement per RSS-Feed

(mehrmals) täglich 107 2,4 0,597

(mehrmals) wöchentlich 31 2,16 0,523

0,241 0,006 0,033

signifikant

Nachrichtenportale und direkter Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 197 2,49 0,712

(mehrmals) wöchentlich 114 2,29 0,591

0,203 0,001 0,007

signifikant

Weblogs und direkter Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 239 1,65 0,789

(mehrmals) wöchentlich 134 1,84 0,696

-0,183 0,001 0,02

signifikant

Suchmaschinen und direkter Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 223 2,08 0,468

(mehrmals) wöchentlich 130 1,96 0,23

0,119 0,000 0,001

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die Betrachtung zeigt, dass die Nutzungshäufigkeit von rivva.de insbesondere bei direktem

Aufruf der Seite einen Einfluss auf die Rezeption anderer Angebote hat. So werden

professionelle Nachrichtenangebote, Nachrichtenportale sowie Suchmaschinen bei (mehrmals)

täglichem Aufruf der Website seltener genutzt als bei nur (mehrmals) wöchentlichem Aufruf.

Weblogs hingegen werden im Vergleich häufiger genutzt. Zudem werden professionelle

Nachrichtenangebote auch bei (mehrmals) täglicher Lektüre des rivva.de-RSS-Feeds seltener in

Anspruch genommen als bei nur (mehrmals) wöchentlicher Lektüre.

Page 84: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

83

6.5.2 Forschungsfrage 5b Eine eher kritische Nutzung des Aggregationsdienstes legt die in Kapitel 3.1.2 dargelegte

Ausrichtung von rivva.de auf die hauptsächlich aggregierte Publikationsform Weblog nahe. Eine

Übersicht der deskriptiven Daten aller unter dem Gesichtspunkt kritischer Rezeption erfassten

Items bietet die folgende Tabelle:

Tabelle 17: Kritische Rezeption der bei rivva.de aggregierten Inhalte

Item N fehlend Mw Sd

Informationen über unbekannte Seiten einholen 488 3 2,92 1,114

Recherche über aggregierte Quellen hinaus 486 5 2,77 1,076

Lese vornehmlich Artikel professionelle Medien 484 7 3,58 0,707

Lese vornehmlich Artikel aus Weblogs 485 6 2,24 0,834

Unterscheidung zw. prof. Medien und Weblogs 487 4 2,67 1,333

Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1=intensive Auseinandersetzung mit unbekannten Quellen; 5=keine Auseinandersetzung mit

unbekannten Quellen

Es zeigt sich, dass vornehmlich Artikel aus Weblogs statt Artikel professioneller Medien gelesen

werden. Diese Feststellung wird durch einen T-Test bei einer Stichprobe (Signifikanz=0,00)

bestätigt, liegt aufgrund der vermehrten Aggregation von Weblogs gegenüber professionellen

Medien aber nahe. Der Befund könnte jedoch auch als Indikator für die Wahrnehmung von

Weblogs als Alternativmedien zum klassischen Journalismus gedeutet werden100. Die restlichen

Items streuen um den Skalenmittelwert 3, zeigen jedoch jeweils eine minimale Tendenz zu

kritischer Nutzung. Weitere Überprüfungen hinsichtlich der Nutzungsart und -häufigkeit zeigen

folgende signifikante Ergebnisse:

100 Diese Vermutung lässt sich anhand des vorliegenden Datensatzes nicht sicher bestätigen und bedarf weiterer

Untersuchungen.

Page 85: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

84

Tabelle 18: Kritische Rezeption in Abhängigkeit der Nutzungsart und -häufigkeit von rivva.de

Nutzung rivva.de n Mw Sd MwDiff Levene Signifikanz

Themenrecherche über rivva.de hinaus bei direktem Aufruf der Seite

(mehrmals) täglich 245 2,55 0,933

(mehrmals) wöchentlich 145 2,882 1,127

-0,194 0,023 0,002

signifikant

Information zu unbekannten Seiten bei Abonnement der Twitter-Nachrichten

(mehrmals) täglich 143 2,72 1,01

(mehrmals) wöchentlich 29 3,14 0,99

-0,42 0,938 0,045

signifikant

Vornehmlich Lektüre von Artikeln aus Weblogs bei Abonnement der Twitter-Nachrichten

(mehrmals) täglich 142 2,13 0,792

(mehrmals) wöchentlich 28 2,54 0,999

-0,41 0,013 0,02

signifikant

Quelle: Eigene Darstellung

Die bei rivva.de dargestellten Seiten werden – auch unter Beachtung der Nutzungsart und

-häufigkeit – nicht sonderlich kritisch rezipiert. Nur in drei von 24 Fällen ergaben sich

signifikante Differenzen. Die gesteigerte Nutzung der Seite geht somit nur minimal und eher bei

Zugriff via Twitter mit weiterführenden Themenrecherchen bei anderen Angeboten einher.

6.5.3 Forschungsfrage 5c Da rivva.de als Aggregationsdienst einen Großteil an Reaktionen auf veröffentlichte Artikel auf

der jeweiligen Übersichtsseite zum Artikel aufführt, ließe sich der Dienst auch als

Evaluationsinstrument für den Erfolg eigener Artikel nutzen. Die Betrachtung der deskriptiven

Daten des Index evaluation_reaktionen gibt darüber Aufschluss.

Von den Befragten nutzen 37,9 Prozent (n=108) rivva.de nie zur Evaluation der Reaktionen

auf eigene Beiträge. 27,7 Prozent der befragten Nutzer tun dies hingegen häufig bis immer.

Insgesamt ist rivva.de bei den Nutzern mit einem Mittelwert von 3,41 eher kein etabliertes Tool

zur Evaluation der Reaktionen auf eigene Beiträge. Die starke Streuung der Antworten bei dieser

Frage wird zusätzlich durch den hohen Wert der Standardabweichung (1,47) untermauert.

Page 86: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

85

6.6 Ergebnisübersicht Die ermittelten Ergebnisse werden zur vereinfachten Übersicht in der folgenden Tabelle noch

einmal zusammengefasst und verdichtet dargestellt:

Tabelle 19: Übersicht Forschungsergebnisse

Forschungsfrage Ergebnis

1: Wahrnehmung einer Orientierungsleistung durch

rivva.de

Die Nutzer von rivva.de nehmen tendenziell eine

Orientierungsleistung durch das Angebot wahr. Die

Wahrnehmung der Orientierungsleistung erzielt für die

Aggregationsleistung der Seite die besten Werte, gefolgt

von der persönlichen und der allgemeinen

Orientierungsleistung.

2: Erwartung einer Orientierungsleistung für das Social

Web

Die Nutzer von rivva.de erwarten sehr stark eine

Orientierungsleistung über aktuell diskutierte Themen

der Blogosphäre. Ein Überblick über bei Twitter

diskutierte Themen wird nur partiell erwartet.

3: Bewertung der Orientierungsleistung durch rivva.de

Die Nutzer von rivva.de bewerten die

Orientierungsleistung des Dienstes tendenziell leicht

negativ. Die Bekanntheit von Autoren hat einen

positiven Einfluss auf die Bewertung, während die

Erfassung eigener Beiträge ohne Einfluss bleibt.

3a: Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit auf die

Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de

Eine häufigere Nutzung des Dienstes per direktem

Aufruf der Seite oder Abonnement der Twitter-

Nachrichten geht mit einer besseren Bewertung der

Orientierungsleistung einher. Dies gilt jedoch nicht für

das Abonnement des RSS-Feeds.

3b: Einfluss der Selektivität in der Rezeption auf die

Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de

Je mehr Quellen gelesen werden, desto positiver wird

die Orientierungsleistung der Seite bewertet.

3c: Einfluss der Nutzungsdauer auf die Bewertung der

Orientierungsleistung von rivva.de

Die Nutzungsdauer des Dienstes hat keinen Einfluss

auf die Bewertung der Orientierungsleistung.

Page 87: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

6. Ergebnisse der Onlinestudie

86

4a: Erwartung journalistischer Orientierungsleistung

durch rivva.de

Die Nutzer erwarten tendenziell eine journalistische

Orientierungsleistung durch das Angebot, legen aber

zumeist Wert auf die Orientierung zu unbekannten

Themen und die Aggregation bedeutender Quellen zu

einem Thema.

4b: Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches

Angebot

Die Nutzer von rivva.de nehmen den Dienst tendenziell

als journalistisches Angebot wahr. Nutzer ohne

journalistischen Hintergrund nehmen rivva.de eher als

solches wahr als hauptberuflich tätige Journalisten.

4c: Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de

im Vergleich zu professionellen Angeboten

Professionelle Orientierungsangebote werden

hinsichtlich der Orientierungsleistung grundsätzlich

besser bewertet als rivva.de.

5a: Veränderung des Rezeptionsverhaltens anderer

Angebote

Weblogs werden tendenziell häufiger genutzt.

Nachrichtenportale, Foren, professionelle

Nachrichtenangebote und Social Bookmarking-

Angebote werden hingegen seltener konsultiert. Bei

themen- und fachspezifischen Angeboten sowie

Suchmaschinen zeigen sich keine Veränderungen in der

Nutzung.

5b: Kritische Rezeption der bei rivva.de aggregierten

Quellen

Die Nutzer von rivva.de zeigen ein eher unkritisches

Rezeptionsverhalten, eine kritische Überprüfung der

Inhalte findet kaum statt.

5c: rivva.de als Evaluationsinstrument Rivva.de wird von den Nutzern nur marginal als

Evaluationsinstrument genutzt.

Quelle: Eigene Darstellung

Page 88: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

87

7. Fazit Im Folgenden werden zunächst die Ergebnisse der Studie diskutiert und interpretiert.

Anschließend wird auf Beschränkungen der Studie eingegangen und das Vorgehen innerhalb der

Arbeit kritisch reflektiert. Schließlich werden Ansätze für die weiterführende Forschung benannt.

7.1 Diskussion der Ergebnisse Die Nutzer von rivva.de nehmen eine Orientierungsleistung durch rivva.de nur tendenziell wahr

und zeigen in dieser Einschätzung hohe Konsistenz. Die Wahrnehmung der

Orientierungsleistung verbessert sich bei häufigerem direkten Aufruf sowie häufigerer Lektüre

der Twitter-Nachrichten, jedoch nicht bei häufigerem Konsum des RSS-Feeds. Dies lässt sich

durch die Zeitabhängigkeit der verschiedenen Rezeptionsarten erklären. Die fortwährend

aktualisierte Startseite bietet bei häufigerem Aufruf eine höhere Informationsfülle aufgrund der

regelmäßigen Themenfluktuation. Die häufigere Lektüre der Twitter-Nachrichten bedeutet

zwangsläufig eine bessere Wahrnehmung der Orientierungsleistung: Im Microblogging-Dienst

verschwinden die Nachrichten von rivva.de bei seltenerer Nutzung zunehmend in der Vielzahl

von Mitteilungen, erscheinen vice versa aber bei häufigerer Nutzung entsprechend zahlreicher.

Das RSS-Angebot der Seite ist hingegen zeitunabhängiger. Dort werden die neuesten auf der

Startseite aufgeführten Artikel aufbereitet. Diese sind für einen längeren Zeitraum im Feed

enthalten, so dass eine seltenere Nutzung nicht dazu führt, Themen zu verpassen. Die

Orientierungsleistung bleibt somit bei seltenerer Nutzung gleichwertig erhalten.

Die genauere Untersuchung der Wahrnehmung der Orientierungsleistung bringt einen

Unterschied zwischen den einzelnen Dimensionen hervor. So wird die Orientierungsleistung zu

allgemein relevanten Themen nur leicht tendenziell wahrgenommen. Der Umstand, dass rivva.de

nicht – wie etwa professionelle Orientierungsangebote – alle tagesaktuell relevanten Themen

abdeckt, kann diesen Befund erklären. Die Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu

persönlich relevanten Themen ist im Vergleich besser als zu allgemein relevanten Themen. Da die

Nutzerbasis vornehmlich aus aktiven Nutzern des Social Web besteht – die an der Erstellung des

Angebotes durch eigene Beiträge beteiligt sind – dürften diese auf den Seiten potentiell Themen

finden, an denen sie interessiert sind. Es ist fraglich, warum trotz dieser Ausrichtung der Seite nur

Tendenzen in der Wahrnehmung emergent wurden. Eine mögliche Erklärung wäre die breite

Streuung von Interessen, welche das Angebot in Gänze nicht für alle Nutzer befriedigend

aufarbeiten kann. Da der Dienst zunächst nicht personalisierbar ist, wird auch in der sehr spitzen

Page 89: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

88

Nutzerschaft der kleinste gemeinsame Nenner an Themen aufgezeigt. Fraglich bleibt, ob Nutzer

des zur Zeit der Erhebung noch neuartigen Angebotes ‚Rivva Social’101 die Orientierungsleistung

der Website zu persönlich relevanten Themen besser einschätzen.

Die beste Wahrnehmung der Orientierungsleistung kann die Aggregationsleistung des

Angebotes verzeichnen. Diese bezieht sich auf die von rivva.de bereits erfassten Artikel. Die

Auswertung zeigt, dass die Nutzer mit der Quellenbasis relativ und mit der Abdeckung der

aggregierten Themen sehr zufrieden sind. Beachtet man die tendenziell gegebene Vermeidung

von Extremwerten in Befragungen, so zeigt der erzielte Mittelwert (Mw=2,15) eine durchaus

positive Wahrnehmung, die noch über Restpotential verfügt. Die Wahrnehmung der

Orientierungsleistung durch die Aggregationsleistung des Dienstes untermauert die Vermutung,

dass nicht alle Interessengebiete der Nutzer von rivva.de erfasst werden – schließlich sind sie mit

der vorgefundenen Orientierungsleistung des Dienstes und den bereitgestellten Informationen

zum jeweiligen Thema grundsätzlich zufrieden. Die Wahrnehmung der Orientierungsleistung

ließe sich durch die Aufnahme weiterer Themenbereiche vermutlich steigern. Betrachtet man die

einzelnen Wahrnehmungsdimensionen in Abhängigkeit der Rezeptionsart und -häufigkeit, so

ergibt sich eine recht diffuse Befundlage. Tendenziell zeigt sich, dass der häufigere Zugriff auf

den Dienst auch für die spezifischere Beobachtung der einzelnen Dimensionen eine erhöhte

Wahrnehmung der Orientierungsleistung bewirkt. Die deskriptive Analyse verdeutlicht, dass

Nutzer, die rivva.de häufig per Twitter oder RSS-Feed nutzen, auch andere

Rezeptionsmöglichkeiten in Anspruch nehmen. Die Betrachtung der einzelnen Rezeptionsarten

ist in diesem Punkt somit nicht trennscharf und von eingeschränkter Aussagekraft.

Eindeutig fallen die Befunde für die Erwartung einer Orientierungsleistung für das Social Web

aus. Mit hoher Konsistenz erwarten die Nutzer einhellig eine Orientierungsleistung über aktuelle

diskutierte Themen der Blogosphäre. Eine Orientierungsleistung zu aktuell bei Twitter

diskutierten Themen wird weniger stark erwartet, zudem zeigt sich dort eine breite Streuung in

der Erwartungshaltung der Nutzer. Diese Orientierungsleistung ist allerdings kein originäres Ziel

des Dienstes, vielmehr hat der Microblogging-Dienst unterstützende Wirkung bei der

Aggregation der Diskussionen102.

101 Rivva Social verknüpft die aggregierten Artikel des Dienstes mit dem Twitterstream des jeweiligen Nutzers. In den

Service fließt dadurch die – durch Verlinkung ausgedrückte – Empfehlung der vom Nutzer als relevant erachteten

Twitter-Nutzer ein.

102 Vgl. dazu http://blog.rivva.de/archives/2009/3/14/message_in_a_bottle/

Page 90: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

89

Die Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de fällt bei mäßiger Streuung der Aussagen

tendenziell leicht negativ aus. Es zeigt sich, dass rivva.de keine anderen Dienste ersetzen kann.

Vor allem wird das Angebot nicht besser als professionelle Nachrichtenangebote bewertet.

rivva.de aggregiert in den Augen der Befragten jedoch die wichtigsten Quellen zu behandelten

Themen. Die Themenbreite schätzen die Nutzer als mittelmäßig ein – was der Quellenbasis

zuzuschreiben ist, die bei breiter gestreuter Ausrichtung einen entsprechenden Einfluss auf das

Themenspektrum ausüben könnte103.

Während journalistische Erfahrungen keinen Einfluss auf die Bewertung der

Orientierungsleistung von rivva.de haben, zeigt sich ein positiver Einfluss der Bekanntheit der

Autoren, die bei rivva.de aufgeführt werden. Es lässt sich vermuten, dass die Bekanntheit der

Autoren – und damit das Wissen über die jeweilige Kompetenz des Autors – sowie die

persönliche Verbundenheit und wahrgenommene Nähe zu den Verfassern ein positives Urteil

bewirken, das sich entsprechend auf den Intermediär rivva.de auswirkt. Die Erfassung eigener

Beiträge zeigt überraschenderweise keine Auswirkungen. Die Nutzer sind also gleichermaßen

kritisch bei der Bewertung der Orientierungsleistung, unabhängig vom eigenen Beitrag zum

Angebot. Anhand der Ergebnisse liegt allerdings nahe, dass sich bei höheren Fallzahlen ein

statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen ergeben könnte. Ohne Einfluss auf

die Orientierungsleistung bleibt auch die Häufigkeit der Erfassung eigener Beiträge.

Analog zu den Befunden zur Wahrnehmung der Orientierungsleistung stellen sich die

Befunde zur Bewertung der Orientierungsleistung hinsichtlich der Rezeptionsart und -häufigkeit

dar. Während eine häufigere Nutzung per direktem Aufruf und via Twitter-Abonnement die

Bewertung der Orientierungsleistung verbessert, hat die Rezeptionshäufigkeit des RSS-Feeds

keine Auswirkungen auf die Bewertung. Verwunderlich erscheint die bessere Bewertung der

Orientierungsleistung bei häufigerer Nutzung via Twitter als bei häufigerer Nutzung per

Direktaufruf der Website. Eine mögliche Erklärung wäre, dass Abonnenten der Twitter-

Nachrichten generell Anhänger des Dienstes sind, die die Orientierungsleistung besser bewerten.

Zu beachten ist aber auch, dass häufige Twitternutzer den Dienst zumeist über anderweitige

Kanäle ebenfalls häufig nutzen. Aufgrund dieser Tatsache sind nur vage Aussage zulässig, eine

eindeutige Kausalität kann nicht postuliert werden.

103 Diese Problematik ist auch dem Entwickler von rivva.de, Frank Westphal, bewusst: „Ein Fluss (ein Rivva) kann

nie höher steigen als seine Quelle(n)“ (Michal 2010).

Page 91: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

90

Rezipieren die befragten Nutzer eine erhöhte Anzahl an Quellen, so bewerten sie die

Orientierungsleistung der Website besser als Nutzer, die nur wenige Quellen aufrufen. Beachtet

man die generelle Zufriedenheit der Nutzer mit den aggregierten Quellen zu behandelten

Themen, so erscheint der Befund aufgrund der erhöhten Informationstiefe als logische

Konsequenz. Die Bekanntheit von Autoren bleibt ohne moderierenden Einfluss auf den

Zusammenhang zwischen Grad der Selektivität und Bewertung der Orientierungsleistung.

Die Dauer der Nutzung von rivva.de hat keine Wirkung auf die Bewertung der

Orientierungsleistung. Diese Erkenntnis lässt zwei Schlüsse zu. Einerseits ließe sich das Angebot

als so schnell erfassbar und intuitiv nutzbar interpretieren, dass eine gesteigerte Nutzungsdauer

keinen weiteren Einfluss auf die Bewertung haben kann. Gegen diese Interpretation spricht

jedoch die nicht hinreichend gute Beurteilung der Orientierungsleistung. Vielmehr lässt sich

andererseits schließen, dass sich auch für erfahrene Nutzer keine positive Bewertung durch die

Nutzungserfahrung und genaue Kenntnis des Angebotes einstellt. Dieser Punkt könnte durch die

Personalisierung des Angebotes und eine damit verknüpfte Lernfähigkeit104 verbessert werden.

Eine journalistische Orientierungsleistung wird durch die Nutzer von rivva.de nur tendenziell

erwartet – die Bewertung der erhobenen Items zeigt dabei eine hohe Varianz. Die Betrachtung

der einzelnen Aussagen verdeutlicht, dass vor allem bisher unbekannte Themen durch den Dienst

gefunden werden sollen. Zudem erwarten die Nutzer die Aggregation aller bedeutenden Quellen

zu einem Thema. Tendenziell soll das Angebot ein ausgewogenes Meinungsbild darstellen sowie

die Themen nach Aktualität sortiert auflisten. Der Wunsch, rivva.de als Themenquelle sowie als

Quelle für die umfassende Information über aktuelle Nachrichten zu nutzen, ist nur mit minimal

positiver Tendenz vorhanden. Die Nutzer erwarten darüber hinaus nicht zwingend die

Behandlung von Themen professioneller Orientierungsangebote. Das Angebot soll aus

Nutzersicht keine professionellen Angebote substituieren, sondern zusätzlich zu deren Beiträgen

neue Themenkomplexe herausstellen und zu diesen die wichtigsten Quellen zusammenführen.

Ein eventueller journalistischer Hintergrund beeinflusst die Erwartungshaltung der Nutzer nicht.

Auch Nutzer ohne journalistische Vorkenntnisse erheben keinen Anspruch auf rivva.de als

journalistisches Angebot – die Nutzer von rivva.de sind sich scheinbar relativ genau darüber im

Klaren, was sie vom Angebot erwarten können.

104 Die Lernfähigkeit könnte durch die Evaluation der tatsächlich gelesenen sowie der selbst per Twitter oder Weblog

verwerteten Artikel erzielt werden. Eine treffende Vorauswahl der aggregierten Beiträge, die zudem bei dauerhafter

Nutzung beständig verfeinert und angepasst werden könnte, wäre so möglich.

Page 92: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

91

Mit leicht positiven Tendenzen zeigt sich die Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches

Angebot. Die Befunde gehen einher mit der Erwartungshaltung der Nutzer – die nur gering

vorhandenen Erwartungen an eine journalistische Orientierungsleistung durch rivva.de werden

aus Sicht der Nutzer erfüllt. Dabei moderiert die journalistische Erfahrung diese Wahrnehmung.

Probanden ohne Vorerfahrung im journalistischen Bereich nehmen rivva.de eher als

journalistisches Angebot wahr als hauptberuflich journalistisch tätige Befragte. Es ist zu

vermuten, dass diese Nutzer aufgrund persönlicher Involvierung und Reflexion zum Thema

journalistischer Orientierungsleistungen das Angebot kritischer betrachten. Die Einschätzung der

im Nebenberuf journalistisch tätigen Probanden liegt zwischen den beiden bereits beschriebenen

Werten, erzielt jedoch keine statistische Signifikanz. Dieses Ergebnis unterstützt die Vermutung,

dass mit zunehmender journalistischer Erfahrung eine erhöht kritische Wahrnehmung

einhergeht. Die nicht signifikanten Ergebnisse für nebenberuflich journalistisch tätige Probanden

können durch methodische Ursachen, namentlich die Größe der Stichprobe, erklärt werden.

Vergleicht man die Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de mit der Bewertung

professioneller Orientierungsangebote, so zeigt sich sowohl für allgemein relevante als auch für

persönlich relevante Themen durchweg eine bessere Bewertung der professionellen Angebote.

Für allgemein relevante Themen werden journalistische Nachrichtenangebote mit Abstand als am

besten geeignet angesehen. Analog dazu bekunden die Befragten die beste Orientierungsleistung

zu persönlich relevanten Themen durch themen- und fachspezifische Angebote. Dieser Befund

erscheint als weiterer Beleg für die Erkenntnis, dass rivva.de nicht als Substitut für professionelle

Angebote, sondern als ergänzender Service wahrgenommen wird.

Das Rezeptionsverhalten anderer Angebote wird durch die Nutzung von rivva.de größtenteils

verändert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wirken in sich konsistent und bestätigen

vermutete Einflüsse. Die Lektüre einzelner Weblogs steigert sich durch die Nutzung von rivva.de

tendenziell – was durch die hauptsächliche Aggregation dieser Angebote logisch erscheint. Der

Befund, dass soziale Netzwerke seit der Nutzung von rivva.de häufiger besucht werden, lässt in

diesem Zusammenhang hingegen keine logische Erklärung zu. Vielmehr ist davon auszugehen,

dass allgemein die Nutzung dieser Netzwerke gestiegen ist und kein direkter Zusammenhang mit

dem Angebot von rivva.de vorliegt. Die Nutzung themen- und fachspezifischer Angebote wird

durch die Nutzung von rivva.de nicht signifikant verändert. Die bereits geäußerte Vermutung,

dass rivva.de nicht alle für den Leser relevanten Themenbereiche abdeckt, kann auch diesen

Befund erklären. Wie Surowiecki analog für das tiefere Wissen einzelner Gruppenmitglieder im

Vergleich zur Gesamtleistung beschreibt (Surowiecki 2005: 5), werden die Nutzer bei persönlich

relevanten Themen vermutlich spezifischere, von rivva.de nicht erfasste Angebote kennen, die sie

Page 93: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

92

für einen besseren Überblick konsultieren. Eine ebenfalls unveränderte Nutzung lässt sich für

Suchmaschinen konstatieren. Diese erfüllen generell einen anderen Zweck als rivva.de. Der eher

ungeleiteten Rezeption zur Gewinnung eines Themenüberblicks bei rivva.de steht das spitze

Informationsbedürfnis und meist die Beantwortung einer spezifischen Frage – oft unabhängig

vom aktuellen Tagesgeschehen – bei der Nutzung einer Suchmaschine gegenüber.

Eine Abnahme in der Nutzungsintensität seit der Nutzung von rivva.de konstatieren die

Nutzer für vier Angebote. Social Bookmarking-Dienste verzeichnen eine leicht gesunkene

Rezeption durch die Befragten. Zwar aggregieren auch diese Dienste aus den Empfehlungen

einzelner Nutzer die aktuell vorherrschenden Themen – diese Angebote führen jedoch im

Gegensatz zu rivva.de nur isolierte Nutzermeinungen zu einzelnen Artikeln zusammen, während

rivva.de darüber hinweg die Diskussion zu diesen Artikeln und somit die Einordnung in einen

Kontext bereitstellt. Auch professionelle Nachrichtenangebote werden von den Befragten

tendenziell seltener genutzt. Diese leichte Verschiebung kann durch den Umstand erklärt werden,

dass rivva.de auch diese Quellen in der Aggregation aufführt und sie daher von einigen Nutzern

nicht mehr gesondert aufgerufen werden. Die größten Veränderungen im Rezeptionsverhalten

geben die Befragten für Foren und Nachrichtenportale an. Bei der Nutzung von Foren lässt sich

vermuten, dass der Überblick über ein Thema bei rivva.de aufgrund der positiv eingeschätzten

Quellenaggregation genügt und die Nutzer daher den Eindruck erhalten, keine weiteren

Meinungen aus Expertenforen zu den Themen zu benötigen. Allerdings könnte auch ein

genereller Rückgang bei der Nutzung von Foren der Grund für das Ergebnis sein. Die

zurückgehende Nutzung von Nachrichtenportalen erscheint bei einer Betrachtung der

Unterschiede zwischen diesen und rivva.de logisch. Während Nachrichtenportale wie Google

News Themen nach Ähnlichkeit in der Berichterstattung gruppieren, bildet rivva.de über diese

Darstellung hinaus die Diskussion zu einem Thema ab. Es ist zu vermuten, dass die Nutzer diese

Aggregationsleistung als Mehrwert ansehen und daher vornehmlich rivva.de statt bisher genutzter

Nachrichtenportale aufrufen.

Betrachtet man in diesem Zusammenhang den Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit, so

lassen sich nur wenige signifikante Befunde feststellen. Die Rezeption per Twitter bleibt ohne

Einfluss auf andere Angebote. Da der Microblogging-Dienst an sich keinen vollwertigen Ersatz

für die aufgeführten anderen Angebote darstellen kann, ist dieses Ergebnis schlüssig. Ein

häufigerer direkter Aufruf der Seite kann das Rezeptionsverhalten anderer Angebote zwar

verändern, dieser Einfluss ist aber nicht zwingend gegeben. Vermutlich hängt dort die veränderte

Rezeption stark vom individuellen Nutzungsverhalten ab, so dass vorerst kein

verallgemeinerbarer Einfluss angenommen werden kann. Die signifikante Veränderung des

Page 94: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

93

Rezeptionsverhaltens von professionellen Angeboten durch häufigere Lektüre des RSS-Feeds

könnte durch den Eindruck eines bereits erworbenen Überblicks über Themen erklärt werden,

bedarf aber ebenfalls einer genaueren Untersuchung. Da von insgesamt 24 Tests nur fünf

signifikante Ergebnisse aufweisen, müssen die Einflüsse der Rezeptionsart und -häufigkeit in

Zukunft noch genauer untersucht werden. Aktuell lässt sich lediglich feststellen, dass die

Rezeptionsart und –häufigkeit die bereits vorhandene Veränderung des Nutzungsverhaltens

anderer Angebote verstärken können, aber nicht zwingend dazu beitragen müssen. Genaue

Bedingungen für einen solchen Einfluss müssen in weiterführender Forschung geklärt werden.

Im Hinblick auf die in Kapitel 3.2.2 angesprochene Bedeutsamkeit der Medienkompetenz

scheint eine kritische Rezeption der aggregierten Quellen von rivva.de zur angemessenen

Einschätzung der Artikel notwendig. Die Analyse der Umfrage zeigt, dass vornehmlich – und

wohl durch die Aggregationsleistung der Seite bedingt – Weblogs rezipiert werden. Die Nutzer

von rivva.de treffen dabei nur tendenziell eine Unterscheidung zwischen Weblogs und

professionellen Orientierungsangeboten. Die ausbleibende eindeutige Differenzierung deutet

darauf hin, dass Nutzer die aggregierten Quellen als eher gleichwertig behandeln. Über die bei

rivva.de aggregierten Quellen hinaus findet nur tendenziell eine Recherche weiterer Quellen statt

– was bei der positiven Einschätzung der Aggregationsleistung nicht weiter verwundert. Da

jedoch zu unbekannten Seiten nur teilweise weiterführende Informationen eingeholt werden, lässt

sich resümieren, dass die befragten Nutzer das angebotene Repertoire an Themen meist ohne

weitere kritische Überprüfung rezipieren.

Untersucht man den Grad kritischer Rezeption in Abhängigkeit von Rezeptionsart und

-häufigkeit, so sind von 24 Tests nur drei Ergebnisse signifikant, die in keinem direkten Verhältnis

logisch interpretierbar wären. Es ist möglich, dass diese Ergebnisse methodisch begründet oder

auf statistische Zufälle zurückzuführen sind. Die Resultate lassen die generelle Annahme zu, dass

der häufigere Zugriff bestehende Tendenzen verstärken kann. Unter welchen Bedingungen eine

solche Verstärkung erfolgt, lässt sich aus den vorliegenden Ergebnissen nicht ableiten.

Als Evaluationsinstrument wird rivva.de von den Nutzern eher marginal genutzt. Zwar zeigen

die Ergebnisse eine hohe Streuung, so dass 27 Prozent der Nutzer diese Möglichkeit in Anspruch

nehmen. Zur Evaluation eigener Beiträge sind jedoch wesentlich effizientere, primär auf

Evaluation bedachte Tools einsetzbar, während diese Option bei rivva.de eher ein Nebenprodukt

der Aggregation darstellt. Die Evaluation der Beiträge ist für den Dienst keine originäre Aufgabe,

die daher nicht prominent präsentiert wird. Zudem ist mit an Sicherheit grenzender

Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die 27 Prozent der Befragten, die rivva.de zur

Page 95: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

94

Evaluation nutzen, diese Option ob der bloßen Existenz nutzen und darüber hinaus effizientere

Tools für die Erfolgsmessung eigener Beiträge einsetzen.

Die forschungsleitende Frage zur Beurteilung der Orientierungsleistung des technischen

Internetaggregators rivva.de durch seine Nutzer lässt sich angesichts der zusammengetragenen

Befunde nun beantworten. Die Nutzer sehen rivva.de als alternatives und ergänzendes

Orientierungsangebot neben professionellen und partizipativen Angeboten, das hauptsächlich

einen Überblick über aktuelle Themen der Blogosphäre und der deutschsprachigen

Twitter-Landschaft gibt. Die Orientierungsleistung des Dienstes wird dabei – insbesondere im

Vergleich zu anderen, professionellen und positiv bewerteten Angeboten – als mittelmäßig

eingeschätzt. Diese Beurteilung erscheint aufgrund der von den Nutzern hauptsächlich

angeforderten Orientierungsleistung über das Social Web und nicht etwa über die allgemeine

Nachrichtenlage als nachvollziehbar. Klassische journalistische Orientierungsleistungen werden

weder übermäßig stark erwartet noch wahrgenommen.

7.2 Limitation der Studie Jede wissenschaftliche Arbeit muss Einschränkungen hinsichtlich der Aussagekraft der erzielten

Untersuchungsergebnisse hinnehmen. Eine vollständige Abbildung und Erfassung des

Untersuchungsgegenstandes ist – vor allem im begrenzten Rahmen einer Magisterarbeit – nicht

möglich. Daher sollen die Limitationen der vorliegenden Studie kurz beschrieben werden.

Da zum behandelten Bereich bisher nur rudimentäre Forschungserkenntnisse vorliegen – und

zu rivva.de im Speziellen keinerlei Daten existieren – war die Konzeption als Grundlagenstudie

zwingend notwendig. Um alle Aspekte des Themas hinreichend zu beleuchten, war eine rigidere

Einschränkung des untersuchten Gegenstandes auf eine sinnvolle Art und Weise nicht möglich –

auch wenn dadurch der Fragebogen sehr umfangreich und detailliert ausfiel. Der Konflikt

zwischen breit angelegter Grundlagenforschung und spitzer Betrachtung einzelner Details wurde

in dieser Studie evident.

Die vorliegende Erhebung kann keinerlei Anspruch auf Repräsentativität erheben. Zum Einen

ist die genaue Anzahl der Nutzer von rivva.de nicht ermittelbar und durch wissenschaftlich

ungenügende Datensammlungen105 nur grob bestimmbar. Zum Anderen lässt die Selbstselektion

105 Nicht für die Analyse nutzbar gemacht werden konnten vorliegende Nutzungsdaten des Dienstes Google

Analytics, da sie für eine wissenschaftliche Betrachtung nicht verlässlich genug sind.

Page 96: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

95

der Nutzer keine verlässlichen Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zu. Aufgrund der in

Kapitel 5.2 dargestellten Verbreitungsstrategien ist jedoch davon auszugehen, dass der

Grundstock der Personen, die rivva.de häufig nutzen, in der Zeit der Feldphase von der Umfrage

erfahren und – aufgrund von persönlichem Interesse106 – an ihr teilgenommen hat. Zudem

verweist die hohe Anzahl an Teilnehmern an der Studie auf die Verbundenheit der Nutzer zum

Angebot von rivva.de. Daher sind die Ergebnisse der Studie dennoch als aussagekräftige Befunde

einzuschätzen. Die interne Validität der Studie wird durch die homogenen und vergleichbaren

Gruppen innerhalb der Umfrage nicht gemindert.

Während die Wahrnehmung der Orientierungsleistung in mehreren Dimensionen erfasst

wurde, konnte die Bewertung der Orientierungsleistung aus forschungspragmatischen Gründen

nicht mehrdimensional erhoben werden. Wie bereits ausgeführt, war der Fragebogen in der

endgültigen Version sehr umfangreich. Eine weitere detailreiche Segmentierung einzelner

Bereiche hätte den Fragebogen auf unzumutbare Länge erweitert – schon in der endgültig

genutzten Form lag die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei etwa 15 Minuten. Zudem wäre die

Auswertung weiterer Forschungsfragen und Dimensionen en detail im Rahmen der Arbeit nur

auf Kosten anderer Bereiche (verkürzte Darstellung der Theoriegrundlagen oder der Methodik)

möglich und daher nicht wünschenswert gewesen.

Eine grundlegende Entscheidung bei der zwangsläufig rigiden Gestaltung des Fragebogens

erwies sich im Nachhinein als Fehler: Der Beschluss, Rezeptionsart und -häufigkeit des Dienstes

in einer gemeinsamen Variable zu kombinieren, führte zwar einerseits zur Reduktion der

Fragenanzahl, bedeutete jedoch bei der Auswertung eine zusätzliche Hürde durch letztendlich

konfundierte Daten zu beiden erhobenen Dimensionen. Während Einflüsse der

Rezeptionshäufigkeit relativ eindeutig zurückgeführt werden konnten, waren die Einflüsse der

Rezeptionsart nur grob bestimmbar, da Überschneidungen hinsichtlich der Zugriffsart möglich

waren. Diese Items hätten im Nachhinein gesondert in Art und Häufigkeit getrennt abgefragt

werden müssen.

Teilweise lagen bei einzelnen Variablen zu geringe Varianzen vor, etwa in der Soziodemografie

der Nutzer. Eine detaillierte Untersuchung des Einflusses dieser Variablen ist daher nicht möglich

– was bedauerlich ist, jedoch außerhalb persönlichen Einflusses liegt.

106 Diverse Rückmeldungen und Fragen zur Umfrage, insbesondere über den Microblogging-Dienst Twitter oder per

E-Mail, lassen diesen Schluss zu.

Page 97: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

96

7.3 Weiterführende Forschung Aus den in Kapitel 7.2 dargestellten Limitationen ergibt sich der Bedarf an weiterführender

Forschung zu technischen Orientierungsleistungen im Internet. Notwendige und sinnvolle

Erweiterungen der vorliegenden Arbeit sollen im Folgenden kurz dargelegt werden.

Generell benötigt der weitläufig genutzte Begriff der ‚Orientierung’ – ähnlich wie der

Kommunikationsbegriff – in der Kommunikationswissenschaft eine tiefergehende theoretische

Fundierung. Es verwundert, dass eine Vielzahl an Autoren den Begriff der ‚Orientierung’

unreflektiert und ohne grundlegende Definition übernimmt, anstatt ihn zunächst theoretisch

untermauert einzuführen. Die in Kapitel 3 dargelegten philosophischen Ausführungen

Stegmaiers zum Terminus bilden eine wertvolle Grundlage zur Begriffsbestimmung. Gerade für

die Verwendung des Begriffs in kommunikationswissenschaftlicher Forschung wäre eine

eingehende Diskussion des Terminus ‚Orientierung’ jedoch wünschenswert.

Das noch junge, sich rasant entwickelnde Feld der technischen Informationsverarbeitung

bedarf zunächst grundsätzlich eingehender wissenschaftlicher Betrachtung. Es ist zu erwarten,

dass in diese Richtung operierende Dienste zunehmenden Zuspruch finden werden. Die

Untersuchung der Potentiale sowie Leistungsfähigkeit ist – gerade im Vergleich zu klassischen

Ansätzen der Informationsvermittlung – zur Einstufung und Bewertung auch für Endnutzer

wertvoll. Bereits jetzt wird eine Vielzahl innovativer Ansätze in Anspruch genommen107, die in

ihren Grundprinzipien tiefgreifende Veränderungen für die Informationsvermittlung und

insbesondere den klassischen Journalismus und seine Arbeitsweisen bedeuten können. Diese

sollten langfristig untersucht werden, um Entwicklungen eindeutig nachvollziehen zu können.

Die mittlerweile verfügbaren technischen Möglichkeiten erlauben es, neben

Nutzerbefragungen auch die Potentiale von Anwendungen nutzbar zu machen, die

Nutzerverhalten automatisiert auswerten. Denkbar wäre ebenfalls, nicht nur einzelne Websites zu

107 Als Beispiele seien hier genannt: ‚Feedafever’ als intelligenter Parser von RSS-Feeds

(http://www.feedafever.com/); die Anwendung ‚Flipboard‘ für Apples iPad, welche den ‚Social Graph’ des

Nutzers (namentlich die per Twitterstream und Facebook geteilten Links des eigenen Umfelds) scannt

(http://www.flipboard.com/); das rivva.de-eigene Angebot ‚Rivva Social’, das diskutierte Artikel aus der Twitter-

Timeline des Nutzers aggregiert und mit aktuell allgemein diskutierten Themen vereint

(http://blog.rivva.de/archives/2010/1/4/float_on/); die Twitter-Link-Aggregatoren ‚paper.li’ (http://paper.li/)

und ‚twittertim.es’ (http://twittertim.es/), die bei Twitter eingestellte Links der eigenen Timeline oder im Service

eingestellte Links zu bestimmten Schlagwörten im Format einer Tageszeitung aufbereiten.

Page 98: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

7. Fazit

97

erforschen, sondern gesamte Bewegungsabläufe einzelner Nutzer im World Wide Web zu

Forschungszwecken auszuwerten108. In diesem Zusammenhang können interdisziplinäre Ansätze

gewinnbringende Impulse liefern. Der Forschungsbereich der Netzwerkanalyse verspricht

wertvolle Anknüpfungspunkte109.

Die Entwicklung von Weblogs als potentielle kritische Alternativmedien zum klassischen

Journalismus sollte zudem fortlaufend beobachtet werden. Durch die hohe Fluktuation der

Angebote sowie die zunehmende Akzeptanz als zusätzliche Publikationsform auch unter

Journalisten110 ist zumindest in Teilbereichen eine erhöhte Qualität und somit eine erhöhte

Relevanz einzelner Angebote zu erwarten. Sowohl die Qualität als auch die Relevanz dieser

Angebote sollte langfristig beobachtet werden.

Die in dieser Arbeit ermittelten Befunde sollten durch langfristig angelegte Studien

fortwährend überprüft und abgesichert werden, um Vergleiche über die Zeit zu erlauben und die

Entwicklung der Nutzung nachvollziehen zu können. Der Vergleich zu anderen Angeboten

durch Erhebung der Wahrnehmung und Bewertung der Orientierungsleistung dieser Angebote

wäre darüber hinaus ein lohnenswertes Forschungsunterfangen. Angebotsintern wäre – vor allem

durch die detaillierte Aufteilung an Themenbereichen auf rivva.de – eine Untersuchung der

Bewertung der Orientierungsleistung in den einzelnen Teilbereichen und hinsichtlich des

Angebots ‚Rivva Social’ sinnvoll. Somit könnte die genaue Interessenlage der Nutzer – und damit

die Einschätzung zu einzelnen Themenbereichen – exakter bestimmt werden. Eine weitere

Aufgabe für weiterführende Forschung wäre die Klärung der genauen Einflusspotentiale der

Zugriffsart, die im Rahmen dieser Arbeit leider nicht gewährleistet werden konnte.

108 Hierzu bedarf es natürlich der Zustimmung der Nutzer sowie datenschutzrechtlicher Absicherung.

109 Wertvolle Hinweise zum Potential der Verknüpfung relationaler Inhalts- und empirischer Netzwerkanalyse bietet

Adam (2008). Zudem können Konzeptionen wie das Rhizom der postmodernen Theoretiker Gilles Deleuze und

Félix Guattari (Deleuze / Guattari 1977: 11ff.) als Denkansätze im Zusammenhang mit Verlinkungsstrukturen im

Internet nutzbar gemacht werden.

110 Exemplarisch sei hier auf einige von Journalisten geführte Weblogs verwiesen: http://www.sprengsatz.de/

(Michael Spreng, ehemaliger Journalist und Wahlkampfmanager Edmund Stoibers zum politischen Geschehen in

Berlin), http://augengeradeaus.net/ (Thomas Wiegold, ehemals Focus, zu Bundeswehr, Verteidigungs- und

Sicherheitspolitik), http://fussballist.de/ (Roland Eitel, ehemaliger Journalist, als Berater des DFB zu

Fußballthemen rund um die deutsche Nationalmannschaft), http://tribuenenblog.abendzeitung.de/ (Christian

Jakubetz für die Münchener Abendzeitung zum Thema Fußball), http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ (Stefan

Niggemeier, Medienjournalist, zu verschiedenen Aspekten des Medienbetriebs).

Page 99: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

8. Schlussbetrachtung

98

8. Schlussbetrachtung Das ursprüngliche Forschungsinteresse der Arbeit – inwiefern kann ein technischer Aggregator

Orientierungsleistungen bereitstellen und bisherige, zumeist professionelle

Orientierungsangebote ersetzen – wurde vor dem Hintergrund der Veränderungen in der

Medienlandschaft und ihrer Auswirkungen auf das Nutzerverhalten zunächst theoretisch

eingehend beleuchtet. Die anschließende Befragung der Nutzer des technischen

Internetaggregators rivva.de konnte die übergreifende Forschungsfrage auch in zahlreichen

Detailfragen weitgehend klären.

Das Angebot von rivva.de vermag etablierte Orientierungsangebote nicht zu ersetzen.

Vielmehr besetzt der Dienst als Ergänzung zu bisherigen Angeboten eine eigene Nische als

vornehmliches Orientierungsangebot über Diskussionen innerhalb der Blogosphäre und der

deutschsprachigen Twitter-Nutzerschaft. Dabei wird rivva.de nicht explizit als journalistisches

Format angesehen, sondern als zusätzliches Orientierungsangebot neben diesen rezipiert,

welches Dank seiner Quellenvielfalt eine multiperspektivische Sichtweise auf einzelne

Themenkomplexe ermöglicht.

Im Pretest zur Umfrage wurde von einer Teilnehmerin geäußert, ein Dienst wie rivva.de wäre

für allgemein relevante Nachrichten äußerst sinnvoll. Die fortschreitende Entwicklung im Bereich

der technischen Aggregation sowie beständige Fortschritte des Semantic Web lassen die Prognose

zu, dass ein entsprechendes Angebot in wenigen Jahren bereitgestellt werden kann. Die

Leistungsfähigkeit technischer Orientierungsangebote wird in den nächsten Jahren vermutlich

soweit entwickelt werden, dass diese Orientierungsleistungen in einer Vielzahl von Facetten

bereitstellen können. Eine vielversprechende Möglichkeit mit großem Potential stellt die

Symbiose technischer und menschlicher Informationsauswahl dar – für das hier untersuchte

Angebot von rivva.de hat Entwickler Frank Westphal diesen Schritt bereits angekündigt111.

Vergessen sollte man bei dieser Aussicht jedoch nie die Grundlage dieser Angebote:

Professionell erstellter Input wird – neben partizipativen Angeboten – langfristig die

entscheidende Stütze für technische Orientierungsangebote bleiben.

111 Siehe dazu: http://blog.rivva.de/archives/2010/5/2/die_mensch-maschine/ – die händische Themenauswahl

war bisher jedoch nur selten ersichtlich.

Page 100: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

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Page 108: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

107

10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

10.1 Tabellen Tabelle 1: Nutzung von Social Web-Angeboten 52!Tabelle 2: Wahrnehmung der Orientierungsleistung nach Nutzungsart und -häufigkeit 67!Tabelle 3: Wahrnehmung der allgemeinen und persönlichen Orientierungsleistung sowie der Orientierungsleistung

durch die Aggregationsleistung des Angebotes 68!Tabelle 4: Bewertung der Orientierungsleistung nach einzelnen Items getrennt 71!Tabelle 5: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung der Orientierungsleistung 72!Tabelle 6: Einfluss der Bekanntheit von Autoren auf die Bewertung der Orientierungsleistung 72!Tabelle 7: Bewertung der Orientierungsleistung durch Probanden in Abhängigkeit der Beitragserfassung 73!Tabelle 8: Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit auf die Bewertung der Orientierungsleistung 74!Tabelle 9: Auswirkungen der Selektivität auf die Bewertung der Orientierungsleistung 75!Tabelle 10: Berechnung der Korrelation und Regression für den Zusammenhang zwischen Selektivität und

Bewertung der Orientierungsleistung 76!Tabelle 11: Bewertung der Orientierungsleistung in Abhängigkeit der Nutzungsdauer 77!Tabelle 12: Erwartung journalistischer Orientierungsleistung 78!Tabelle 13: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Wahrnehmung als journalistisches Angebot 79!Tabelle 14: Bewertungsunterschiede Orientierungsleistung rivva.de und professionelle Angebote 80!Tabelle 15: Veränderung im Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de 81!Tabelle 16: Zusammenhänge zwischen verändertem Rezeptionsverhalten anderer Angebote und der Rezeptionsart

und -häufigkeit von rivva.de 82!Tabelle 17: Kritische Rezeption der bei rivva.de aggregierten Inhalte 83!Tabelle 18: Kritische Rezeption in Abhängigkeit der Nutzungsart und -häufigkeit von rivva.de 84!Tabelle 19: Übersicht Forschungsergebnisse 85!

10.2 Abbildungen Abbildung 1: Verteilung der Leserzahlen bei Weblogs und Twitter 53

Abbildung 2: Das Forschungsmodell 54

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10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

108

10.3 Websites Die folgende Liste führt die in der Arbeit als Beispiele genannten, nicht als Quellen in der

Bibliographie angeführten Websites auf:

- Alta Vista: http://www.altavista.com/

- AOL: http://www.aol.com

- Augen geradeaus: http://augengeradeaus.net/

- Del.icio.us: http://www.delicious.com/

- Deutsche Blogcharts: http://deutscheblogcharts.de/

- Digg: http://digg.com/

- Facebook: http://www.facebook.com/

- Feed A Fever: http://www.feedafever.com/

- Flickr: http://www.flickr.com/

- Flipboard: http://www.flipboard.com/

- Fussballist: http://fussballist.de/

- Google: http://www.google.de/

- Google Analytics: http://www.google.de/analytics/

- Google News: http://news.google.de/

- Linkarena: http://linkarena.com/

- Memeorandum: http://memeorandum.com/

- Mister Wong: http://www.mister-wong.de/

- MSNBC: http://www.msnbc.msn.com/

- Nachrichten.de: http://www.nachrichten.de/

- New York Times: http://www.nytimes.com/

- Paper.li: http://paper.li/

- Rivva: http://rivva.de/

- Reddit: http://reddit.com/

- Slashdot: http://slashdot.org/

- Spiegel: http://www.spiegel.de/

- Sprengsatz: http://www.sprengsatz.de/

- Stefan Niggemeier: http://stefan-niggemeier.de/blog/

- studiVZ: http://www.studivz.net/

- Tagesschau: http://www.tagesschau.de/

- Tribünenblog: http://tribuenenblog.abendzeitung.de/

- Twitter: http://twitter.com/

- Twittertim.es: http://twittertim.es/

- Yahoo: http://www.yahoo.com/

Page 110: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

11. Eidesstattliche Versicherung

109

11. Eidesstattliche Versicherung Hiermit versichere ich, dass ich die Magisterarbeit selbstständig verfasst, sie noch in keinem

anderen Prüfungsverfahren vorgelegt, keine anderen als die in der Arbeit aufgeführten Quellen

benutzt und sämtliche Zitate und Entlehnungen kenntlich gemacht habe.

________________________ _____________________________________________ (Datum, Ort) (Unterschrift)

Page 111: Die Orientierungsleistung technischer Internetaggregatoren aus Nutzersicht

12. Anhang: Elektronische Daten zur Magisterarbeit

110

12. Anhang: Elektronische Daten zur Magisterarbeit Die Daten-CD befindet sich auf der Innenseite des rückwärtigen Mantelteils. Sie enthält folgende

Daten:

- Die vollständige Magisterarbeit im PDF-Format

- Den Fragebogen im PDF-Format

- Den Variablenkatalog im PDF-Format

- Den bereinigten Datensatz als PASW-Datei

- Die PASW-Outputs geordnet nach Forschungsfragen