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(Aus der Universit~ts-KinderklinikWiirzburg. -- Prof. Dr. Rietschel.) Die Perspiratio insensibilis beim S~iugling. I. Zur Physiologie der Perspiratio insensibilis beim S~ugling. Von Priv.-Doz. Dr. de Rudder. Mit 4Abbildungen im Text. (Eingegangen am, 28. Dezem~er 1927.) Aufgabe der vorliegenden Untersuchungen war die Ermittlung ;,ener Faktoren, welche die PerspirationsgrSBe unter physiologischen Bedingungen beim S~ugling bestimmen. Auf Ermittlung unphysio- logischer Beeinfluf~barkeit und soleher durch krankhafte Zust~nde wurde prinzipiell zun~chst verzichtet, diesbeziigliehe im Gang befind- liche Untersuehungen sollen sp~ter berichtet werden. Unter ,,Perspiratio insensibilis" wurde der ,,unmerkliche Gewiehts- verlust" verstanden, d.h. die dutch Wasser. und Kohlensdureabgabe sowohl dutch Lunge als Haut er]olgende Gewichtsabnahme. Diese Defi- nition ist die allgemein gebr~uchliehe, wenn auch nicht ausschliel~liehe (so wurde auch die alleinige Wasserabgabe durch die Haut mit diesem Namen belegt). Alle bisherigen Messungen der Perspiration beim Saugling litten unter 2 erheblichen Mangeln: 1. Infolge erforderlicher grol~er Wagezeiten, innerhalb deren Stuhl- und Urinentleerungen nieht zu vermeiden waren, ging die Differenz des Fiillungszustandes yon Darm und Blase zwischen dem Beginn und dem Ende der Wagung als eine vollstandig unbekannte FehlergrSl~e in den gefundenen Wert der Wasserabgabe mit ein. 2. Die Beobaehtung yon Schwankungen der Perspiration innerhalb kleinerer Zeitteilchen war unmSglich; solche Schwankungen sind aber mit Sicherheit zu erwarten. B~ide Mtingel muflten durch die M6glichkeit der genauen Wdgung innerhalb kleiner Zeitabschnitte, d.h. dutch Zerlegung der gesamten Per. spiration in eine grofle Zahl yon ,,Perspirationsdi]/elentialen" zu be- seitigen sein. Zur erforderlichen feinen W~gung diente eine nach eigenen An- gaben (in Anlehnung an die Benedictschen Erwachsenenwagen) durch

Die Perspiratio insensibilis beim Säugling

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Page 1: Die Perspiratio insensibilis beim Säugling

(Aus der Universit~ts-Kinderklinik Wiirzburg. -- Prof. Dr. Rietschel.)

Die Perspiratio insensibilis beim S~iugling.

I. Zur Physiologie der Perspiratio insensibilis beim S~ugling. Von

Priv.-Doz. Dr. de Rudder.

Mit 4 A b b i l d u n g e n im Text.

(Eingegangen am, 28. Dezem~er 1927.)

Aufgabe der vorliegenden Untersuchungen war die Ermittlung ;,ener Faktoren, welche die PerspirationsgrSBe unter physiologischen Bedingungen beim S~ugling bestimmen. Auf Ermittlung unphysio- logischer Beeinfluf~barkeit und soleher durch krankhafte Zust~nde wurde prinzipiell zun~chst verzichtet, diesbeziigliehe im Gang befind- liche Untersuehungen sollen sp~ter berichtet werden.

Unter ,,Perspiratio insensibilis" wurde der ,,unmerkliche Gewiehts- verlust" verstanden, d.h. die dutch Wasser. und Kohlensdureabgabe sowohl dutch Lunge als Haut er]olgende Gewichtsabnahme. Diese Defi- nition ist die allgemein gebr~uchliehe, wenn auch nicht ausschliel~liehe (so wurde auch die alleinige Wasserabgabe durch die Haut mit diesem Namen belegt).

Alle bisherigen Messungen der Perspiration beim Saugling litten unter 2 erheblichen Mangeln:

1. Infolge erforderlicher grol~er Wagezeiten, innerhalb deren Stuhl- und Urinentleerungen nieht zu vermeiden waren, ging die Differenz des Fiillungszustandes yon Darm und Blase zwischen dem Beginn und dem Ende der Wagung als eine vollstandig unbekannte FehlergrSl~e in den gefundenen Wert der Wasserabgabe mit ein.

2. Die Beobaehtung yon Schwankungen der Perspiration innerhalb kleinerer Zeitteilchen war unmSglich; solche Schwankungen sind aber mit Sicherheit zu erwarten.

B~ide Mtingel muflten durch die M6glichkeit der genauen Wdgung innerhalb kleiner Zeitabschnitte, d.h. dutch Zerlegung der gesamten Per. spiration in eine grofle Zahl yon ,,Perspirationsdi]/elentialen" zu be- seitigen sein.

Zur erforderlichen feinen W~gung diente eine nach eigenen An- gaben (in Anlehnung an die Benedictschen Erwachsenenwagen) durch

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de Rudder: Die Perspiratio insensibilis beim S~ugling. I. 405

d ie W a g e n f i r m a S a u t e r - E b i n g e n ( W i i r t t e m b c r g ) k o n s t r u i e r t e B a l k e n -

w a g e m i t e ine r G e n a u i g k e i t y o n 50 mg. Das I n s t r u m e n t s t e l l t e ine

~ r r e t i e rba re , fe ine Mf inzwage d~r, d e r e n r e c h t e Scha le d u r c h e incn aus-

t a r i e r t e n g roBen D r a h t k o r b m i t B e r t e r s e t z t ist. Das wesen t l i chc d c r

K o n s t r u k t i o n ist aus Abb . 1 ohne wei te res e r s i ch t l i chL

Methodik. ])er in dem Drahtkorb mit Polster (wie gew6hnlich gewickelt und nur leicht zu-

gedeckt) liegende S~ugling wird mi~ dem ganzen , ,Bert" in kurzen Zwischcnri~umen yon 5--10--15 Min. (je nach der gerade beste- henden Perspirations- gr6i~e) genau gewogen, Zeit nach Minuten (auf 1/2 Min. genau) und Ge- wicht notiert. Als Zeit der W~gung gilt der Mo- men~ des eben beobach- teten Einspielens der Wagenzunge um den Nullpunkt. Gleichzeitig wird an einem neben der Wage stehenden Psy- chrometer die psychro- metrische Differenz und die Zimmertemperatur zur Bestimmung der mo- mentanen Luftfeuchtig- keit notiert. Ebenso wird der w~hrend der vergan- genen Whgezei~ durch- schnittlich bestandene Ruhezustand des Kin- des gebucht (z. B. schli~ft ruhig, unruhig - - wach, ruhig - - wach, bewegt sich etwas - - unruhig - - sehreit zuweilen, fortge- Abb. 1. Balkenwage zur Messung der Perspiration beim Situgling. setzt U. dgl.) und etwaige ]3esonderheiten (Husten, :Niesen) notiert. In kurzen Zwischenr~umen wird kurz und ohne erheblichere EntblSBung des Kindes nachgesehen, ob das Kind noch trocken liegt. Ist solches nicht mehr der Fall, so wird das Kind auf dem Tisch frisch ge- wickelt und neuerdings mit Bert gewogen (evtL auch inzwischen die KSrpertempe- ratur bestimmt). Die letzte Wi~gedifferenz vor dem Wickeln wird nur gezhhlt und verwertet, wenn ihr Perspirationskoeffizient (siehe unten) sich dem der vorange- gangenen Wi~gedifferenz angleicht. Besteht ein grSBerer Unterschied, so wird sie gestrichen, da mSglicherweise eine zu groBe Differenz infolge Verdunstens von Urin oder yon Stuhlfeuchtigkeit w~hrend der letzten Minuten bedingt sein kSnnte.

1 Die Anschaffung der Wage ermSglichte die Gesellschaft zur ~'Srderung der Wissenschaften an der Universit~t Wiirzburg, woftir auch an dieser Stelle noch- reals gedankt sei.

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406 de Rudder :

Einmal k6nnen so 1/ingere, gleiehartige Perioden (z. B. ruhiger Sehlaf) maxin~al ]ange ausgenutzt werden, ohne dab ein Urin- oder Stuhlfehlcr entsteht. Dann wird durch diese Methode kurzzeitiger Differenzwagungen (50--70 in 10--12 Stun- den Versuehszeit) der gesamte Gewichtsverlust sozusagen in eine grol3e Zahl yon ,,Perspirationsdifferentialen" zerlegt. Letztere k6nnen dann nach der versehieden- sten Riehtung zu gr613eren, hinsichtlich eines gemeinsamen Gesichtspunktes zu- sammengeh6rigen Perioden zusammengestellt (summiert) werden, Perioden kurz- dauernder Unruhe ausgeschieden werden u. dgl. Beipiel: Whhrend eines 12stiin- digcn Versuehes hat das Kind insgesamt 5 S~unden ruhig gesehlafen. Zwisehen- liegende Perioden yon Unruhe seheiden in der Reehnung aus. Aus dem Protokoll ersieht man welter den in diesen 5 Stunden erfolgten unmcrklichen Gewiehts- verlust, der nun vollkommen frei yon Stuhl- und Urinfehler ist. Man kann so den ,,reetlen mittleren Stunclenverlust" daraus berechnen. Diese 5 Stunden zeffallen abet aul3erdem in eine grol~e Zahl yon einze]nen W/~gedifferenzen, angenommen in 30. Ffir jede Wagedifferenz I~B$ sich gesondert ein ,,Perspirationskoe//izient" berechnen, d.h. eine Zahl, welche angibt, wieviel Gramm die Perspiration be- ~ragen wtirde, wenn sie w~hrend einer Stunde gleichfOrmig in dcr wahrend der letzten Minuten beobachteten St~rke verlaufen wiirde. Diese Zahl gibt dann ein genaues Bild von den innerhalb der 5 Stundcn erfolgenden Schwankungen der Perspiration. Man kann sie auf statistischem ~Vege (durch Berectmung der,,Streu: ung um den Mitteiwert 'q) zusammenfassen und damit zahlenm~l]ig priifen, ob die Schwankungen innerhalb der 5 Stunden groBe oder kleine waren, ob also etwa im Sehlaf die Perspiration eine gleichm/il3ige war oder nieht, bzw. ob sie etwa durch andere Faktoren beeinfluBt worden ist.

Kritik der Methodik: Zun~chst ist es klar, dal] durch Ermittlung yon Wage- differenzen, wie eingangs schon erw~hnt, die Wasserabgabe und die Kohlens/~ure- abgabe abzfiglich des aufgenommenen Sauerstoffs zusammen bestimmt wird, wie das im Begriif der Perspiration aueh enthalten. Schwenkenbecher schl~gt dafiir die prazisere Bezeichnung ,,unmerklicher Gewiehtsverlust" vor. Der ent- stehende Fehler ist sehr gering ~.

Der Wdiffe/ehler selbst kommt nur fiir die einzelne W~gedifferenz und den zugeh5rigen Perspirationskoeffizienten in Betraeht, er betr/igt bei der Genauig- keit der Wage nur einige Prozent (die Zahl schwankt natfirlich mit der ab- soluten GrSl3e der festgestellten W/igedifferenz). Dieser W/~gefehler geht in die ,,Streuung" mit ein.

Fiir die Ermittlung des reellen mittleren Stundenverlustes ist der W~gefehler schon vSllig belanglos, er wird dutch die Summierung fortintcgriert, denn dieses Mittel wird durch die einzelnen W~gedifferenzen nur wenig beeinfluflt. Es entsteht durch- weg dutch die Zusammenfassung einer ganzen Gruppe yon EinzelwKgungem

Methodenkritisch besteht dann ein Unterschied zwischen diesem mittlereu Stundenverlust und dem mittleren Perspiration~koeHizienten. Ersterer ist, wie schon der Name ,,reelt" ausdr~icken sol|, eine ~ats~chlieh gefundene GrSl3e. Der mittlere Perspirationskoeffizient wiirde aber errechnet eben als Mittel der verschiedenen

1 Die Streuung als bestes SchwankungsmaB ergibt sich bekanntlich als Quadratwurzel aus dem mittlcren Quadrat aller Abweichungen vom Mittelwert.

2 Der Anteil des Wassers am ,,unmerklichen Gewichtsverlust" betrhgt beim S/iugling 90--95%, da dessen respiratorischer Quotient durchweg kleiner als 0,8 (sehr nahe an 0,722, fiir welchen Weft das Gewicht des aufgenommenen O2 gleich dem Gewieht des ausgeschiedenen C02 ist, der ,,unmerkliche Gewiehts- verlust" also identiseh mit dem Wasserverlust wird). (Schwenkenbecher [Isen- schmid], Sitz.-Ber. der Gcsellsch. zur BefSrderung der ges. Naturwissensch. z . Marburg, Bd. 62, S. 166, 1927 and Med. Klinik, Jg. 14, S. 1128, 1918.)

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Die Perspiratio insensibilis beim Saugling. I. 407

- - sit venia verbo - - ,,momentanen Stundenverluste" auf Grund der einzelnen Wagediiferenzen und ihrGr zugehSrigen Zeiten. Wenn also etwa wahrGnd einer Zeit yon 10 Min. der PGrspirationsko~fizient 12 g gefunden wurde und zwisGhen einer weiteren Periode von 20 ~lin. 16 g, so betriige das Mittel hieraus ]4 g, ohne Riicksieht darauI, dab 2 Perioden versehiedener Bauer verglichen werden. Der Koeffizient sell ja nur einGn Einblick in die vorkommenden Schwankungen der Perspiration geben. Ffir die Praxis ist dieser UntersGhied der beiden Mittelwerte m.E. jedoch zu vernacMassigen, es wurde daher die Streuung der Perspirations- koeffizienten bereehnet vom mittleren reellen Stundenverlust aus. Eine l~ber- Ieinerung der ReehGnmethodik sehien unangebracht, we es sich um die Bestim- mung einer biologisehen Gr6Ile handelt, deren sigher vorhandene Fehler und Un- regelm&l]igkeiten auf ganz anderem Gebiete als auf rechnerischem liegem Die vor- stehende Bemerkung sehien nur n6~ig im Interesso der Klarheit und um Ein- wanden nach dieser Hinsieht zu begegnen.

Naeh diesGr Kritik der W/igemethodik als solcher ist noch eine weitere n6tig hinsichtlich mSglicher Fehler der vollsffindigen Er/assunff des Gewichtsverlustes. Der ,,Urin- und Kotfehler", der abe friiheren Untersuchungen in sti~rkstem MaBe belastete, ist, wie eingangs sehon erwi~hnt, vollkommen ansgesohaltet. Trotzdem bleiben noch Ginige, wenn auch kleine Fehler zu Gr6rtern. Solche waren zuniiehst in dem Umstande zu sehen, dab dab Kind zugedeekt, werm auoh nur Ieieht zu- gedeekt gewogen wird. v. Pla~ndler hat auf diesen Umstand gelegentlieh kritischer Wtirdlgung frfiherer Versuche hingewiesen und betont, dab sich um den Kfrper eine wasserdampfreichere Schicht ausbfldet, welche die weitere Wasserdampfabgabe dureh die bedeekten HautstGl|en verhindern oder doch hemmen mul~. Dieser Fehler bleibt fiir die Ermittlung der Perspirationskoeffizienten bestehen, SOWGit nicht dutch das oftmalige leiehte 0ffnen der Decke zum Zweeke der Urinkontrolle eine Abdun- stung diGses Wassers Grfolgt. Aber dieser Wagefehler scheint bei der hier geiibten Methodik minimal zu sein. Denn wiire er bedeutend, so miiflten die Perspirations- koeffizienten zu Anfang einer W/igeperiode, also naeh dem frischen Wickela und Zudecken, gesetzmaflig kleiner sein als dig sp/~teren, da bei ihrer Ermittlung Wasser zun~Ghst in der Deeke zurfiekgehalten wird. Das trifft nun keineswegs zu und es Grschein~ bGrGchtigt, diesen Fehler zu vernaehl~ssigen. Ftir die Bestimmung des mittleren reellen Stundenverlustes aber kann man den Fehler in vielen Fallen ausgleichen, indGm man naeh einiger Zeit eine Differenzw/igung einsehiebt, die nach Aufdecken des Kindes ffir die Dauer yon 8--10 Min. gewonnen ist. Ein Perspirationskoeffizient wird ftir diese Differenzwagung nieht ermittelt, da er sinnlos hoch ware, wohl aber wird der festgesteUte Verlust bei der Bereohnung des S~uudenverlus~es mi~ in Reehnung gesetz~. Grol] is~ aueh dieser Fehler niobe. Er betrug beispielsweise bei einem Kinde nach einem fiber 2stfindigem Sehlafe ohne zwischenliegende Lfif~ung des Bettes am Ende der Periode nach Abdunstung (und ohne da/3 das Kind nab lag) erst etwa 2 g (naeh sehatzungsweisem Abzug des GewiehtsvGrlustes, den das Kind wahrend der Abdunstungszeit yon 10 Min. neuerdings Grlcidet).

Somit sind aueh diese Fehler nieht erheblich. Man k6nnte daran denken, sie dureh Nacktwagung ganz auszusehtieflen. Aber einmal ist es night mfglich, stundenlange Nacktw/igungeu bei einem Saugling durchzuffihren ohne eine un- physiologisehe Zimmer~empera~ur, andererseits ist ja aueh das Nackfliegen Gin fiir den Saugling durchaus unphysiologiseher Zustand in dem auf die Dauer,~ganz andere Hautreize mit ganz anderer Hautdurehblutung und -temperatur die .Per- spiration beeinflussen wiirden. Kuzdauernde NackSwagungen ergaben fibrigens keine wesentlicl~en Untersehiede der Perspirationskoeffizienten yon solehen bei 4eicht bedecktem K6rpcr.

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408 de Rudder:

Wie a u s den spateren Tabellen zu ersehcn, wurde jeweils auch die zugc- ~fihrte Nahrungsmenge berficksich~ig~. Dabei wurde Ar~ der Nahrung und die zugefiihrte Menge in Kubikzentimeter (nicht in Gramm [!]) angegeben, da die Zubereitung flfissiger Nahrungen prak~isch wohl durchweg in Kubikzentimeter erfolgt. Man k6nnte daran denken, durch Trockensubstanzbestimmungen die zugofiihrfe Wassermenge genauer zu bestimmen. Darauf wurde indes verzichtet, da solches nur zu einer scheinbaren Steigerung der Genauigkeit fiihrt, solange wit nicht auch das Oxydationswasser in Rechnung s~ellen k6nnen, das der K6rper in der Nahrung zugefiihrt erhi~lt. Dariiber wlssen wir aber nur einen Sch~tzungs- wert fiir den Erwachsenen, n~mlioh 12 g pro 100 K~l. Umsatz. Fiir den Saugling ist nichts Genaueres bekannt, auch wohl genau im Einzelfall nicht zu ermitteln. Da die 5Ienge des Oxydationswassers jedenfalls ~fich~ unbetri~chtlich ist, bleibt bier f(ir die Gr6fle der Wa.sserzufutLr einc Unbckannte bestehen, an der auch die genaue Ermittlung des molekular zugefiihrten Wussers nichts /~nderte. GroB ist dieser Fehler nieht, wie auch Pahnke neuerdings hervorhebt. Man kann ohne groflen Fehler annehmen, daft die Einsparung an molekularem Wasser, die in einem be~timmten Volum Nahrung durch die Zusgtze er/olgt, durch das Oxydationswasser eben wiederkompensiert wird, wenigstens soweit es sieh um die gew6hnlichen, nicht- konzentrierten N/ihrgemische handclt.

Ein/lufl der k6rperlichen Arbeit au/ die Gr6fie der Perspiration.

Der Einf lu~ kSrperlicher Arbei t , beim S~ugling also vor al lem kSrloerlicher Unruhe , Weinens u n d Sehreiens auf die Gr6Be der Per: sp i ra t ion schien das erste, was zu un te r suchen war. D e n n n a c h d e m die Persp i ra t ion sicherlich im Dienste des W~rme- u n d Energ iehausha l tes ve rwende t wird, war s in solcher EinfluG nahel iegend.

I n Tab. 1 wurde ffir eine Anzah l Kinder , ffir welche die Protokolle l~ingerdauernde Unruheper ioden in u n m i t t e l b a r e m Anschlul3 an solche yon Ruhe aufwiesen, der jeweilige S tundenve r lus t zusammengeste l l t .

Aus der Tabelle, deren Beispiele sich beliebig ve rmehren HeBen, sehen Mr, dal~ k6rperliche Unruhe (deren Gr6Be nat i i r l ich n u r ganz

Tabelle 1.

U n r u h i g S e h r u n r u h i g

! i S t e i g e r u n g 8tunden- Beobach- Stunden- _ Beobach- ~unaen-~" ~ I Steigerung verlust** tungszeit verlust i n ~roz. tungszeit . I in Proz.

in Min. I aer ~une- in ~Iin verlusv der Ruhe- [ ~z .... ]_perspiratinn " g perspiration

R u h e - - S c h l a f

K i n d * B e o b a e h - t u n g s z e i t in Min. g

I 99 2 18 3 16 7 38 7 63 8 23 9 45

11 15 11 57 12 112

* Alter.

8,8 9,7

13,1 13,7 13,3 11,7

: 10,4 12,0 12,7 6,4

Nahrung

23 10,4 17 ]5,9 23 19,5 25 16,1 30 18,4

23 12,5 22 14,2 47 18,5 10 12,9

usw. slehe Tab. 2.

18,2 64,0 48,8 17,5 45,9

20,2 18,3

�9 45,6 101,2

__27 12,2__ [

18 20,0

26 20,3 36 17,0 39 17,3

Gewichtsabnahme pro

38,7

52,7

52,6 45,3 66,4

Stunde.

Page 6: Die Perspiratio insensibilis beim Säugling

Die Perspiratio insensibilis beim S~ugling. I. 409

grob gesch/~tzt werden kann), Steigerungen der Perspiration von etwa 20--100% macht. Dabei ist in der Spalte ,,unruhig" nicht yon Weinen die Rede, sondern mittlere k6rperliche Unruhe, Strampeln, Plaudern, Greifen u./~. Ich kann also Pahnke nieht beipfliehten, wenn er ein- lei~end zu seinen Untersuchungen sehreibg: ,,Der Ruhezustand des Kindes iibt im Mlgemeinen keinen l~influB auf die extrarenale Wasser- abgabe aus und bedarf daher keiner Beriicksichtigung" und wenn er nur fortgesetztem Schreiweinen einen EinfluB auf die Perspiration zuerkennt. Ich land, wie ersiehtlich, im Gegenteil eine sehr starke Be- einflussung der Perspiration durch k6rperliehe Bewegung, wie das in neuerer Zeit bereits Hecht hervorgehoben hat. Dabei ergibt sich kein Anhaltspunkt, dab die voriibergehende Perspirationssteigerung bei Arbeit in einer folgenden lZuheperiode etwa durch I)rosselung der Per- spiration ausgeglichen wiirde. Die Perspiration geht ohne kompensato- rische Senkung zum Ruhewert zuriick, wie man an den einzelnen Per- spirationskoeffizienten wiihrend der Versuche immer wieder beobachten ](ann.

Untersuchungen iiber die Physioloffie der Perspiration und Ermitt- lungen iiber ihre Beeinllufibarkeit setzen unbedingt voraus, daft nur tluhe. perioden verwendet werden. Bei Heranziehung yon Perioden kdrperlieher Unruhe werden die Fehler derart, daft sich ~berhaupt bindende Schliisse nicht mehr ziehen lassen.

Da, wie spi~ter noch elngehender er6rtert, die Ruheperspiration Tagesschwan- kungen aufweist, ist es ftir die Ge~dnnung eines 5Iittelwcrt.es ,con Wiehtigkeit, hinreichend lange und vet aUem zu versehiedenen Tagesstunden gewonnene Perioden zusammenzufassen. Die im folgenden mitgeteilten Ruhewerte sind durehweg aus einer mindestens 10sgiindigen, vielfaeh noeh lhngeren Versuehs- zeit gewonnen.

Die gesamte Perspiration gliedert sich sonaeh ganz analog Me der S~offwechsel zun/~chst in zwei prinzipiell versehiedene Anteile:

1. die ,,Ruheperspiration", 2. der Zuwaehs der Perspiration dutch Arbeitsleistung, der naturgem/tl3

in seiner Gr6Be beim Si~ugling an einzelnen Tagen sehr versehieden sein kann und die gesamte Perspiration einer mehrstiindigen Periode, ehles Tages oder einer noeh lgngeren Periode entseheidend beeinflussen kann.

])ieser letzte Umstand is~ yon besonderer Wiehtigkeit in Hinbliek auf die ffiiheren langfristigen Untersuehungen der Perspiration. Wel- e h e n Einflul~ er gewinnt, ma t an einigen Beispielen gezeigt sehl.

I)as Kind 9, ein auffallend ruhiges Kind, das gerade deshalb f'fir 1/ingere Versuehe verwendet wurde und das an den versehiedenen Tagen keineswegs bei einfaeher Beobaehtung und Pflege als versehieden ruhig imponierte, verlor, aus einer et~wlt, 10stiindigen Wiigezeit jedes

Page 7: Die Perspiratio insensibilis beim Säugling

410 de Rudder :

Tages auf 24 Stunden umgereehnet, an 2 aufeinanderfo]genden Tage~ 237,5 und 293,4 g. Die Ruheperspiration dieser Tage betrug pro Stunde 9,43 und 9,24 g, war also praktiseh vSllig konstant. An 4 anderen au/einanderfolgenden Tagen betrugen die aus gleicher Beobachtungszei~ auf 24 Stunden umgereehneten Verluste 254 g, 271 g, 298 g und 286 g. Die Ruheperspiration dieser Tage war in gleieher l~eihenfolge 10,20 g, 10,23 g, 10,25 g und 10,32 g, also wiederum konstant. Andere Kinder zeigen gleiehe Sehwankungen, weniger ruhige Kinder sogar noch grSl3ere. Wir sehen also, dal~ Tagesschwanlcungen yon bis zu 50 g und dariiber selbst beim ruhigen Kind ohne weiteres zu beobachten sind. Die in der frfiheren Literatur aus langfristigen Untersuehungen gewonnenen Differenzen ffir die Perspiration liegen aber durchweg in dieser GrSi~en- orclnung. Aus diesen Differenzen wurden dann Schlfisse hinsichtlieh der versehiedenen fiir die Perspiration als mal3gebend erachteten Faktoren gezogen. Es erscheint ohne weiteres klar, wie widersprechend und vom Zufall abh~ngig solche Schlfisse sein mul~ten, und es wird so verst~nd- lich, dal3 die im nachstehenden gezeigten Befunde sich in vieler Hinsicht in vollst~ndigem Gegensatz zu den bisherigen Ergebnissen bewegen.

Untersuchungen iiber Gr6fle und Abhdn~igkeit der Ruheperspiration.

Zur Untersuehung kamen aussehliel~lich gesunde, fieberffeie S~ug- linge ohne jede akute StSrung, meist Kinder, welche sieh seit l~ngerem in Reparation befanden und zumeist nur mehr aus ~ui~eren Grfinden in der Klinik waren oder dieht vor der Entlassung standen. Die an- gegebene lqahrung bekam das Kind durchwegs seit mehreren Tagen vor dem Versuch. Es handelt sich, wie ersichtlich, um gebr~uehliche~ Nahrungen unter Ausschlui3 besonders konzentrierter (siehe sparer).

In Tab. 2 wurde die aus dem Dttrchsehnitt mehrerer fiber den ganze~ Tag sich verteilender Beobachtungsstunden bei vollst~ndiger Ruhe der Kinder beobachtete PerspirationsgrSl~e zusammengestellt, und zwar sind die Ermittlungen im wesentlichen geordnet nach zunehmend gr61~erer Nahrungsmenge. S~mtliehe Untersuehungen erfolgten bei Zimmertem- peratur (18--22 ~ und ohne Beigaben yon W~rmflaschen und dergleichen.

Aus der Tabelle is~ ohne weiteres ersiehtlich, dab die Tabelle im wesentlichen sieh gleiehzeitig ordnet naeh zunehmend grSBeren Werten der Ruheperspiration. Dadurch ist als prinzipiell wichtiger, die Per. spirationsgr6[3e bestimmender Faktor die iVahrungsmenge ( Wasserzu/uhr} ge]unden. Dieser Befund - - so plausibel er seheinen mag - - steht im Gegensatz zu zahlreichen friiheren Ergebnissen. So schreibt Nieman• in seiner die friiheren und eigene Befunde 1913 zusammenfassenden Arbeit: ,,Den geringsten EinfluB auf die Wasserdampfproduktion ha t die Wasserzufuhr". (Nur Atrophiker sollen nach ihm eine gewisse Ausnahme machen.)

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Die Perspiratio insensibilis beim Siiugling. I. 4 1 1

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412 de Rudder:

1)iese AbMingigIceit der Ruheperspiration von tier zuge/iihrten Wasser- menge ist mit Ri~cl~sicht au[ zahlreiche andere Eraffestellungen von beson- derer Bedeutung und bedar[ daher einer eingehenderen .Betrachtung. Die Abhgng igke i t wurde desha lb in Abb . 2 g raph isch darges te l l t . Es zeigt sich ohne weieeres, dal] die tluheperspiration lceinesweg8 eine lineare ~'unktion der lgahrungsmenge ist, d. h. d a b sie n i eh t im gleichen Ver- h~ltnis mi t dieser zun immt , sondern dag es sich u m eine kompl iz ie r t e re F u n k t i o n hande l t , die e iner speziel leren Un te r suchung lohnt .

Zun/ iehst is t eines k la r ers icht l ieh : s ink t die tggl iehe N a h r u n g s m e n g e un te r ein bes t immtes Q u a n t u m (jcdenfal ls k le iner als 600 ccm pro Tag), so nimm~ die Perspiration erhebl ich l angsamer aIs vorher ab, d. h, sic strebt einem gewissen Grenzwertzu. Auch im Grenzfal le abso lu ten Durstes , also

//

~ eaa 200 300 ~o 500 t~oo 78o 80o soo ecru Nehrungsmenje pro T~g

Abb. 2.

7OO0

Abhiingigkeit der mittleren Ruheperspiration yon der tgg- lichen Nahrungsmenge.

bel de r tggl iehen Fl f i ss igkei t smenge 0, be s t eh t noeh eine Pe r sp i r a t ion be- s t i m m t e r Gr6Be, und der genann te Grenzwer t is t j ener bei vo l l komme ne m Durs t . I m Versuch ist derselbe be im S~tugling a l lerdings n ieh t real is ier- bar , d a derse lbe l a n g d a u e r n d e n vol ls t / indigen D u r s t n ich t ruh ig e r t rgg t .

Es ware denkbar, dab das Neugeborne in den ersten Lebensstunden diesen "~Ver~ a~fwiese (soferne dessen Perspiration nieht noeh unter dem EinfluB der miitterlichen Wasseraufnahme stehb). Diesbeziigliche Versuehskinder standen mir leider nicht zur Verfiigung. Aus der Literatur stehen die yon Camerer (1. e. S. 16) angegebenen Zahlen dem erwarteten Durstwert jedenfalls sehr nahe. Die Per- spiration, die bei dem in der Regel sehr ruhigen Schlaf des Neugebornen sieherlleh ziemlieh genau (wenigs~ens nur mit dem Ko~- und Urinfehler behaftet) bestimm~ sein dfirfte, was auch aus der durehgeffihrten Bilanzreehnung hervorgeht~ diese ,,I~uheperspiration" betrug am 1. Lebenstag 4,17 g, am 2. Lebenstag 3,33 g und am 3. Lebens~ag 3,62 g pro Stunde, Besonders die Werte fiir den 2. und 3. Lebens- tag, wo der eventuelle Einflul3 yon seiten der Mutter wohl abgeklungen, anderer- seits die t/~gliehe Nahrungsmenge iedenfalls noeh minimal ist, wird man als ,,Durst- perspiration bei Ruhe" betraehten kSnnen, was aueh gut mit obiger Figur 2 stimm~,

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Die Perspiratio insensibilis beim S~ugling, I. 413

in welche die Werte eingezeiehnet wurden. Auch die Zahlen Cramers (Kind 2 u. 3 dieses Autors kommt bier in Frage) liegen in dieser tI6he. Die entspreehenden Zahlen von Birl~ und Edelsteln, n~mlich 3,68 g, bzw. 5,16 g, bzw. 6,74 g scheinen etwas hoeh, werfigstens die ffir den 2. und 3. Lebenstag, doch ist gut denkbar, dal~ gerade die Durstperspiration individuellste, dutch andere Momente (K6rper- gewicht u. dgl.) stark beeinfluBte Verschiedcnheiten aufweist.

Betrachtet man die Punkte der Abb. 2, so erkennt man ohne wei- teres, dal3 ~nit zunehmender Nahrungsmenge die Perspiratiorb eret langsam, dann immer rascher, endlich wieder langsamer wiichst. Die Kurve, welche die funktionelle Abh~ngigkeit der Perspiration yon der N~hrungsmenge darzustellen hat, weist also 2 Krfimmungsriehtungen auf. An einen ersten, naeh oben konvexen, d .h . fortschreitend grSBeren Perspira- tionszuwachs darstellenden Kurventeil schlieBt sieh ein zweiter, nach oben konka- ver Kurventei l an, der dann fortschreitend kleineren Per- spirationszuwaehs darstellt.

Mit diesen Feststellun- gen ergibt s i eh aber weite- res fiir das ganze Problem des Einfiusses der Nahrungs- menge auf die Perspiration. Ftir die Anschaulichkeit der ~nderung der Perspirat ion ist das Verh~ltnis Nahrungs- menge: Perspiration sehr ge- eignet. Es besagt n~mlich niehts anderes, als die Ruhe-

l q 0 -

O0 ~'00 200 3~ O0 500 800 2O0 800 ,.900 $000 cc~ Nubrung pro Taj

Abb. ~. Abh~ngigk~i~ der mittlereu, in % d~r Nahrungso m e n g e ausgedriickten Ruheperspiration yon der Nah-

rungsmenge selbst.

perspirat ion eines Tages ausgedriickt in Prozent der t~glichen Nahrungs- menge: Diese Zahl wurde daher in Tabelle 2 mi t aufgenommen. In Abb. 3 wurden diese Verh[~ltniszahlen graphisch dargestellt.

Die entstehende K u r v e zerf~llt in 3 Teile, deren theoretische Inter- pretat ion sieh ohne weiteres wie folgt ergibt (wobei der Kurvenver lauf lediglich aus Darstellungsgriinden yon reehts naeh links betraehtet wird):

1. Zwisehen 1000--800 ccm Nahrung verl~uft die Kurve annghernd horizontal. Es werden yon der zugefiihrten Menge im Mittel etwa 32 % perspiriert, ohne l%iicksicht auf die absolute GrSBe dieser zugefiihrten Menge. Die Perspiration wird i n diesem Bereich also aussehlieBlich yon der zugiefiihrten Wassermenge best immt, und sie teilt sich mit der Diurese in de Exkret ion dieses Wassers (,,Stadium dee Wasseri~berange- botes ").

Zeitschrlft fiir Kinderheilkunde. 45. 27

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414 de Rudder :

2. Zwischen 700 und 500 ccm Nahrung sinkt die Kurve nicht un- bedeutend ab, bis etwa 23 %. Absolut betrachtet wird zwar mit ab- nehmender Nahnmgsmenge zunehmend weniger ausgeschieden (Abb. 2), aber es besteht eine Abh~ngigkeit der prozentualen Perspiration yon der absoluten Nahrungsmenge. Von der zugeffihrten Flfissigkeit wird ngmlich - - je kleiner ihre Menge wird - - mit auffallender Gesetzmgl3ig- keit ein immer kleiner werdender Anteil ausgeschieden. Es erfolgt so- nach eine Drosselung der Perspiration. Igoch kann diese durch die zu- geffihrte Wassermenge gut gedeckt werden, a b e r e s erfolgt eine Ein- sparung, der KSrper befindet sich sozusagen in einem Stadium, wo er mit der zugeffihrten Wassermenge planmgl~ig wirtschaften muB, wenn diese auch noch vollkommen genfigt, u m einen normalen Stoffwechsel aufrecht zu erhal~en. In diesem Bereich liegt also ein ,,Stadium plan- md/aigen Wasserhaushalts", ein , ,Stadium der Anpassungsbrei te" des Organismus zwischen den Ext remen , ,Oberangebot" und ,,Durst".

3. Unter etwa 500 ccm Nahrung steigt die Kurve erneut s tark an 1. Wenn such die absolut betrachtete Gr6Be der Perspiration weiterhin abnimmt, wie aus Abb. 2 ersichtlich, so kann die Verringerung mi t der Abnahme der Nahrungsmenge nicht mehr gleichen Schritt halten, die Perspiration steigt relativ zu den Nahrungsmengen an, der KSrper be- finder sich im ,,Stadium relativen Durstes", in welchem er den Wasser- haushalt umstellen, bisher auf anderem Wege ausgeschiedenes Wasser fiir die Perspiration reklamieren muB, um dieselbe in der erforderlichen H6he aufrecht erhalten zu k6nnen.

l~ir die Mehrzahl der Kinder fgllt, wie aus Tab. 2" ersichtlich, auf, dab die an verschiedenen Tagen best immte l~uheperspiration - - sofern die Nahrung ebenfalls konstant gehalten wurde - - nut sehr geringe, oft minimale Untersehiede aufweist. Die bei verschiedenen Kindern gleicher Nahrungsmenge sich zeigenden Schwankungen sind kaum wesentlich gr61ler, als sie auch beim gleichen Kinde vorkommen. Ins- besondere zeigt 8ich, daft weder Alter, noch K6rpergr6fle entscheidend die Perspiration beim Sdugling bestimmen, wie es immer wieder angenommen worden ist. Vielfach wurde dem K6rpergewicht ein wesentlicher Ein- fluB zugewiesen (Rubner) und die Perspiration geradezu pro Kilogramm KSrpergewicht angegeben. Aus diesem Grunde wurde die entsprechende Zahl in Tab. 2 angefiihrt, und es ist ersichtlich, dab diese Zahl keines-

wegs konstant ist und dab sie vollkommen unregelmgBig schwankt. MSglich, dab die letztgenannten 3 Faktoren an den ldeinen, innerhalb gleicher Nahrungsmengen vorkommendcn Schwankungen beteiligt

1 Der zunehmend stdlere Verlauf dieses Kurventeils ergibt sieh aus der l~berlegung, dab im Grenzfall absoluten Durstes, d. h. fiir die ~Iahrungsmenge 0, der Prozentanteil der Perspiration ganz unabhgngig yon ihrer absoluten Gr6Be

unendlich wird (a---- ~ ) .

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Die Perspiratio insensibilis beim Sgugling. I. 415

sind, ein gesetzm~Biger EinfiuB ist aber jedenfalls nicht ersichtllch, h~tte praktisch bei dem entscheidenden Einflu]~ der Fltissigkeitsmenge wohl auch nur sehr geringe Bedeutung 1.

Auf Untersuehung des Ein[lusses einer bestimmten Nahrungsart au] die GriStle der Perspiration wurde kein erheblicher Wert gelegt. Die ]3edingungen werden sonst so vielerlei, dal~ sieh mehrere Versuehs- kinder, wElche in allen Bedingungen mi~ Ausnahme einer einzigen iibereinstimmen - - wie es allein zu sicheren Resultaten fiihren kann - - kaum mehr finden lassen. Ein wesentlicher EinfluB kommt ja naeh allem bisherigen und den Zahlen der Tab. 2 der Nahrungsar~ sicherlich nicht zu, was auch aus Zahlen yon Pahnke hervorgeht. Nur bei konzentrierten, also calorisch reichen Nahrungen ist die Perspiration durchwegs eine h6here als bei vcrdiinnten I~ahrungen, ein Umstand, der mit grSl~erem Oxydationswassergehalt wohl eine Erkl/irung finder. So zeigte bei- spielsweise e in 8 Monate altes Kind (14) yon 63 em K6rperl~nge und 5800 g Gewicht eine mittlere Ruheperspiration yon 7,5 g pro SSunde bei 500 cem Morobrei t/~glich. Analoges ergab sieh aus der Versuchs- periode bei Kind 9 am 11. und 12. Versuchstag (siehe Tab. 3).

Die Sehwankungen der Ruheperspiration beim Einzelindividuum,

Um die Abhiingigkeit der Ruheperspiration vom Nahrungsquantum aueh beim Einzelindividuum zu studieren, insbesondere um zu ermitteln, naeh welcher Zeit die Ruheperspiration auf eine Anderung des Nahrungs- quantums ansprieht, wurde bei einem Kinde die Bestimmung in einer 18t/~gigen Versuchsperiode durchgefiihrt. ~ber die Ergebnisse gibt Tabelle 3 (S. 416) und Abb. 4 (S. 417) Auskunft.

Auch hier trier in sehr sinnf/iUiger Weise die Abh/ingigkeit beider Gr61~en zutage. Indes ergibt sigh noch ein Besonderes. Wdhrend ndm. lich au] .Fliissigkeitsentzug die Perspiration noch mehrere Tage ihre bls- herige H6he einMilt und erst dann au] das neue -Niveau absinkt, ist die ~nderung au] 2'liissigkeitszugabe eine viel raschere, sie er/olgt bereits nach 12--18 Stunden. Ja man hat sogar den Eindruek, dail dann die Perspiration iiberschiei~end arbeitet, wenigstens beim tJbergang von sehr niedrigen zu gr6f3eren Fliissigkeitsmengen. In der Abbfldung sind in der punktierten Linie absichtlich noch einzelne, aus 1/~ngeren Schlaf- perioden sich ergebende PerspirationsgrSl~en eingezeiehnet; man erkennt daraus ve t allem bei der Steigerung yon 400 ecm auf 600 cem Nahrung, dal~ die Perspiration zun/ichst noch fiir ca. 12,-15 Stunden niedrig bleibt, um dann ganz raseh anzuwachsen. Dies ist in t.~berEinstimmung

1 Fiir Fr~hgeburten gelten, wie bier nur vorl~tufig erw~hnb sei, besondere Ver- h~ltnisse. Ihre Perspiration is~ auffallend niedrig, zeigt sehr grolle Spontan- sehwankungen, ist durch kSrperliehe Arbeit nut ganz minimal, sehr stark dagegen durch auBere W~rmezufuhr beeinflullbar.

27*

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41 6 de Rudder:

TatJelle 3. Abh~ngigkeit der mittleren Ruheperspiration yore Nahrungsquantum beim gleichen Kind (9.).

Vet- Nab- l~!tl. Stun- I Zahl d. I KSr- suehs- rungs- Art der Nahrung denverlust Beobaehtungs- [ Wage- ] per-

tag menge �9 in Ruhe dauer diffe- i gew. ecru in g renzen g

1o

2. 3.

4.

5. 8.

9. 10. 11. 12.

13.

14. 15.

16. 17. 18.

800

800

720

6OO

6OO 60O

4O0 40O 400 400

600

600 600

800 8OO 800

Buttermehlnahrung ~/s M, 3% B, 3% M,

5% z (BMN ~/~ 335) desgl.

320 g wie bisher 200 g BMN ~/1 335 200 g ,, ~/~ b57

300 g BMN a/1 335

300 g desgt. 1/1 557

desgl.

BMN 1/1 557 desgl. desgl. desgl.

300 BM~ '/1 335 300 BMN 1/1 557

desgl. desgl.

BMN ~/s 335 desgl. desgl.

10,20 ! 5 Std. 50Min.

11,22 6 ,, 17 .

10,23 [3 , 58 ,

10,25 13 ,, 6 7, 19,32 ]4 ,, 9 , 7,34 i4 , 16 ,

r

7,72 !4 ,, 55 ,, 7,00 !4 , 14 , 6,57 i3 ,, 10 ,, 6,70 12 ,, 59 ,

9,43 !3 ,, 53 ,, 9,24 12 ,, 15 ,:

10,14 12 . 9 ,,

10,78 14 ,, 55 ,, i

10,67 14 ,, 21 ,, 10,55 14 ,, 39 ,,

Streu- ung g

I 40 -t- 3,55

44 =t= 1,78

37 • 2,45

24 :/= 1,341 31 :~ 1,16 35 :k 1,43

31 • 1,07 27 4- 1,16 28 ~ 1,24 ~7 • 1,o91

I 30 :::[: 2,781 15 =k 0,88 11 • 1,21

28 1,22! 29 1,59 29 1,45

4200

4200

4390

4380 4380 4510

4510 4500 4460 4390

4390 4460 4590

4660 4750 4780

m i t d e m Ergebn i s Hechts, der gefunden ha t t e , d a b eine e inmal ige Flfissig- ke i t szulage ohne besonderen E i n f l u f auf die Pe r sp i r a t ion ist, d. h. we- n igs tens in de r nhchs ten S t u n d e zu ke inem Ans t i eg der Pe r sp i r a t ion f i ihr t . Gleiches geh t auch hervor , wenn m a n d~s Verha l t en der Pe r : sp i ra t ionskoef f iz ien ten h ins icht l ich der Mahlze i ten des K i n d e s s tud ie r t . Es er/olfft ndmlich im Anschlu[3 an die Mahlzeit, also nach der einmaligen Au/nahme einer 9rSfleren Fliissigkeitsmenge keineswegs ein erheblicherer Anstieg der Perspiration, soba ld das K i n d wieder v611ig ruh ig liegt. Die Fes t s t e l lung yon Pahnke, daft in de r e rs ten S tunde nach der Mahl- zei t die Pe r sp i r a t ion gesetzmiiBig erhebl ich ges te iger t sei, konn te ich nu r ganz vere inze l t a n g e d e u t e t beobacht~n , sofern Pe r ioden yon Unruhe s t r eng ausgeschieden werden. Den ger ingen Anst ieg , den m a n al ler- d ings zuwei len s ieht (10 - -15% etwa) mSchte ich weniger auf die mo- mentan erhShte Fl f i ss igkei t szufuhr b~ziehen als auf e in N a c hw i rke n der bei de r N a h r u n g s a u f n a h m e vol lzogenen Arbe i t s le i s tung . Man sieht n~mlich auch gar n i ch t selten, wenn m a n die ~ l d e r u n g e n de r Persp i ra - ~ionskoeffizienten verfolgt , d a f naeh e iner g rS fe ren Unruhe die Steige-

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Die Perspiratio insensibilis beim S~.ugling. I. 417

rung der Perspiration in eine sich unmittelbar anschlieBende Schlaf- periode noch eine Weile hineinreicht.

Wenn naeh allem voraufgehenden das Nahrungsquantum ent, scheidend f/ir die GrS~e der Ruheperspiration ist, so wird damit sofor~ klar, da/] alle anderen bisher immer aus theoretisehen Grtinden heram gezogenen /~uBeren Faktoren zum mindesten einen sehr geringen Ein- fluB auf die Perspirationsgr6Be haben m/issen. Die Frage kann ]etz~ nur mehr lauten, ob die Schw~nkungen der Perspiration, wie sie in der ber.echneten Streuung ihren mathematischen Ausdruck fin- den, noeh entscheidend dureh einen der bisher angenommenen Faktoren bestimmt werden oder ob diese Sehwanklmgen einen solchen Einflul] nich~ erkennen lassen. Zu untersuehen wSre also, ob etw~ bei gr61]erer Luft- feuchtigkeit die Minuspendelun- g e n d e r Perspiration iiberwie- gend vorkommen oder ob solche /iberwiegen bei etwas niedri- gerer (ira /ibrigen normaler) K6rpertemperatur usw. Die Methode der kurzzeitigen Dif- ferenzw/igungen (mR der an- sehlieBenden Bestimmung des in dieser kurzen Zeit herrschenden Perspirationskoeffizienten siehc S. 406) bietet zu solchen Un- - 7h~,

tersuchungen ohne weiteres die Abb. 4. Abh/ingigkeit der mitt leren Ruheperspira- Vnterlagen. t ion yon dot Nahrungsmenge bei oln und demse lben

Die Schwankungen der Ruhe- Kind. ~ Nahrungsmenge Pro Tag in 100 com. mit t lere Ruheperspira t ion in g pro S t u n d e .

perspiration sind im allgemeinen . . . . . Einzelwerte der mittleren Ruheperspiratlon Jnnerha]b verschtedener, l~ngerer Schlafperioden

sehr geringe. ]3ereohnet man die in g pro Stunde. Streuung jeweils in Prozenten der tats~ichlieh stattgehabten mittleren Perspiration (des mittleren Stun- denverlustes), so ergib~ sioh die iiberwiegende Mehrzahl der Werte zwi- sohen etwa 10 und 25%, im Mitre1 etwa 15--18% (vgl. Tab. 2, S. 411). Bedenkt man, dab bei den W/igedifferenzen durch den W/igefehler sch/~$zungsweise 5--10% Fehler zustande kommen, so wird man die Schwankungen der Perspirationskoeffizienten als reeht geringe be- zeiehnen diirfen. Aus der prozentualen Streuung, deren Werte fiir hohe und fiir niedrige Perspiration ann/~hernd gleich sind, ergibt sieh

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418 de Rudder:

auch, dab die Streuung rait zunehmender Perspirationsgr6f3e ungef~hr in linearera Verh~ltnis zunirarat (was sehr deutlieh auch aus einera diesbeziighehen Diagrarara zwisehen Streuung und Stundenverlusten hervorgeht, das tier Kiirze halber weggelassen wurde). Iramerhin rau/~ gesagt werden, daft aueh in tiefera, ruhigem Schlaf und ohne die geringste Anderung tier Auf3enbedingungen zuweflen, wenn auch selten, ganz er- hebliche Steigerungen der Perspiration auf ganz kurze Zeiten zur Be- obachtung koraraen, die keinen sich~baren Grund erkennen lassen. Ira Waehzustande ist die Perspiration ira allgemeinen ein weniges gr6fler als in tiefem Schlaf, auch wenn keine Bewegungen nennenswerter Art effolgen, wohl ein Ausdruek daftir, dab im Waehzustande durch den gr6Beren Spannungszustand der Muskulatur mehr Arbeit geleistet ~-ird. Solehe Werte, die durchweg noeh ira Bereich der Schwankungs- breite der Schlafperspiration liegen, wurden fiir die Bestimmung der raittleren Ruheperspiration noch herangezogen. Wiirde man auch diese noeh gesondert betraehten, so warden die verwertbaren Perioden zeit- lioh zu klein und erhalten dann den Fehler des zu kleinen Materials.

Tagesschwankungen der Perspiration in dem Sinne, dab dieselbe raorgens niedriger als abends gefunden wird, koramen bei vereinzelten Kindern in ganz unverkennbarer Weise und konstant vor (das 18 Tage beobacht~te Kind 9 zeigte sie sehr ausgesproehen), bei anderen Kindern dagegen werden solche Schwankungen vollkoraraen vermi6t

Sehon dieser Umstand, alas die Perspira~ionstagesschwankungen bei raanchen Kindern trotz kleiner Sehwankungen der K6rpertempe- ratur nieht beobaehtet werden, mag es unwahrscheinlich raachen, da$ die physiologisehen Sehwankungen der KSrperteraperatur das MaBgebende flit beobachtete Perspirationsschwankungen sind. (Von Fieber als einera nicht physiologisehen Zustand ist in dieser Arbeit nicht die Rede.) Nun kSnnte man einwenden, dab zufallige Schwan- kungen der Luftfeuchtigkeit oder tier Zimraertemperatur -- Faktoren, die vet allera yon friiheren Autoren als sehr wesentlich fiir die Persph'ation eraehtet wurden -- etwaige Schwankungen infolge K6rperterape- raturi~nderungen zufi~llig korapensieren oder sogar fiberkorapensieren kfnnten.

Kind 9 zeigte, wie sehon erwi~hnt, auffallend konstant tin Ansteigen der Perspiration gegen den Abend, und man kSnnte gerade bier an einen Ein[lufl der K6rpertemperatur denken. Das Tagesraittel des SCunden- verlustes zeigte an 7 Beobachtungstagen nut Schwankungen yon 10,14--10,78 g, war also praktisch als konstant anzusehen. Anderer- seits konnte in dieser langen Periode eine Reihe yon gr613eren (raeist iiber 1 Stunde wi~hrenden) Schlafperioden bei den versehiedensten Norraal-K6rperteraperaturen (zwisehen 36,0 und 37,2 ~ beobaehtet werden, aus denen gut verwertbare mittlere Stundenverluste bestimmt

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Die Perspiratio insensibilis beim Si~ugling. I. 419

werden konnten. Hier muBte es sich also zeigen, ob an den verschiedenen Tagen vorkommende Stundenverluste sich einigermM3en gesetzm~llig so verteilen, dab niedrige Werte niedrigen Temperaturen und umge- kehrt entsprechen. Um dem obigen Einwand einer Beeinflussung durch Jknderungen der Luftieuchtigkeit oder ~nderungen der Zimmer- temperatur zu begcgnen, wurde Iiir jede Schlafperiode die mittlere herrsehende Luftfeuchtigkeit und Zimmertemperatur bestimmt und in die Tabelle 5 mit aufgenommen. Die Zimmertemperatur wurde als kleine Indexzahl zum jeweiligen Stundenverlus~ eingetragen (in Klammern) und zeigt, wie ersichtlich, ganz geringe und sicher betang- lose Schwankungen.

Tabelle 4. Mittlere Schla/perspiration yon ls 9 an 7 q'agen gleicher mittlerer Tagesperspiration (bet t~uhe) bei verschiedener K6rpertemperatur und Lu/t/euchtiffkeit.

]~ultfeuch- Kbrpertemperatur tigkeit in Prozenten 86,0 1 2 5 6 7 8 9 87,9 1

38--42

43-47

48--52

53--57

58--62

63--67

0,4 L9,9)

- - 10,7 (2o,s) 9,5 (m,4) 10,6 (m,5)

8 4

8,9 I (19,s) i

7,6 (~o,7)

- - 12,3 (19,6)

9,86 (2o,2)

11,1 (is,l)

10,0 (m,4)

9,5 (2o,s) 1 0 , 0 (2o,a)

11,0 9,9 (19,~) (t8,~)

A us der Tabelle geht eindeutig hervor, daft die kleinen tdglichen Schwan. kungen der KOrpertemperatur des gesunden Kindes ohne nachweisbaren Ein/lufl aul die GrS[3e der Perspiration sin&

Ein]lufl der Lult/euvhtigkeit. Dagcgen schein~ in vorstehender Tabelle 4 zuweilen, wenn auch

nicht konstant, ein leichter EinfluB der Luftfeuchtigkeit erkennbar in dem Sinne, dal~ bei geringerer Luftfeuchtigkeit zuweilen grbBere Per- spirationswerte beobachtet werden.

Auf Grund langfristiger ]3estimmungen wurde immer wieder be. tont, dal~ die Luftfeuchtigkeit yon sehr erheblichem EinfluI~ auf die GrSBe der Perspiration sei (Rubner, 1Viemann). In neuerer Zeit wurde solches durch Untersuchungen yon Schu, enkenbecher und seiner Schule sowie yon Hecht aber wieder bestritten.

Da die Versuchsmethodik genaue Bestimmungen dieses Einflusses erm6glichen konnte, wurde, wie eingangs erw/ihnt, bei jeder W~ge- differenz der Luftfeuchtigkeit mittels psychrometrischer Differenz er- mittelt. Aus mehrtiigigen Versuchsperioden gelingt es dann, fiir vet.

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420 de Rudder :

schiedene Bereiche der Luftfeuehtigkeit hinreichend lange Beobach- tungszeiSen (his zu mehreren Stunden) Zusammenzufassen, innerhalb derer die l%uheperspiratio n des gleiehen Kindes unter im iibrigen gle]ehen Bedingungen (Schwankungen der Zimmertemperatur um wenige Grade, der Kbrpertemperatur um wenige Zehntelgrade, konstante Nahrungsmengen) bes~immt war. In Tab. 5 ist ffir eine Reihe yon Kindem, fiir welche diese Verhi~ltnisse gegeben waren, das Ergebnis der Durchrechnung zusammengestellt.

Tabelle 5.

Kind

1. 2. 8. 9. 4.

7,7

Die Schwankungen der L u f t f e u e h t i g k e i t

Ruheperspiration bei einer relativen Feuchtigkeib yon %

~ . ~ 2 43--47 [ 48--42 53--57 58--62 I ~'~--67 I 68--72 178--78

- - - : 9,7 9,1 I 8,9 . - - 12,4 8,4 " 1 0 , 2 8-~

12,4 12,5 12,2 9,3 12,4 ~,2 7,4 6,6 7,5 -- ! - -

- - 6 ,7 5_3 5 ,2 ! - -

halten sich innerhalb der physio]ogisch vorkommenden Grenzen, die Schliisse aus den Unter- suchungen gelten somit auch nur fiir diese. Uber das Verhalten der Per- sph'ation bei in praxi fast nie realisierten Grenzf~llen, etwa bei Wasser- dampf ges~ttigter Luft, kann hier niehts ausges~gt werden. Aus be- greiflichen Griinden kSnnen Untersuehungen in Wasserdampf ge- s~ttigter Luf t mit Riieksieht auf die Wage nicht ausgeffihrt werden.

Es zeigt sieh, dab yon einem nut einigermafien konstanten und einiger- maflen erheblichen Ein]lufl der Lu]t]euchtigkeit au] die Gr6fie. der Ruhe. perspiration nicht gesprochen werden kann. Die Ausschl~ge, selbst wenn sie in der erwarteten Richtung der Perspirationsverringerung bei steigernder Luftfeuehtigkeit vorkommen, sind teils sehr klein, teils derart inkonstant, d~I3 bindende Sch!iisse nicht zul~ssig erscheinen. Das Ergebni s der Tab. 4 steht damit durchaus im Einklang.

Zusammen]assung.

Die Perspiration wurde yon frfiheren Autorcn im wesentlichen als physikalisches Problem, als Verdunstungsproblem betraehtet. Dar- naeh glaubte man sie im wesen~lichen bestimmt dureh die ~uBeren Faktoren der LufLfeuchtigkeit und der KSrperoberfl~ehe, zuweilen wurden auch Alter und KSrpergewicht als Determinanten mit heran- gezogen. Eine AbhAngigkeit yon der zugefiihrten Fliissigkeitsmenge wurde fast allenthalben verneint, zum mindesten nur in sehr be- schr~nktem Ma•e zugebilligt.

Durch Zerlegung der gesamten Perspiration in kleine, in ihren Determinanten schaffer erfal~bare Teile (,,Perspirationsdi//erentiale")

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Die Perspiratio insensibilis beim S~ugling. I. 421

gelingt es, die verschiedenen Bedingungen gesondert auf ihren EinfluB zu untersuchen.

Aus den Untersuehungen ergibt sich, dab die gesamte Perspiration des Shuglings sich zunachst aus 3 Anteilen zusammensetzt:

1. Die ,,Durstperspiration", vergleichbar dem Grundumsatz beim Stoffwechsel. Sie seheint nach Untersuchungen fr/iherer Autoren bei Neugeborenen (nur solehe kommen praktiseh hierfiir in Frage) etwa zwisehen 3--5 g pro Stunde zu liegen, doeh sind Schwankungen (viel- leicht beding~ dureh versehiedenes KSrpergewicht) denkbar.

2. D e r Perspirationszuwachs durch die zuge]i~hrten Fliizsigkeits- mengen, dessen Summe mit der Durstperspiration die ,,Ruheperspiration" ergibt. Diese wurde im vorliegenden speziell untersueht.

Es ergibt sieh, dab unter 500 ccm der gew6hnlichen, niehtkonzen- trierten S~uglingsnahrungen die Perspiration nur wenig yon der Zu- fuhr beeinfluBt wird (,,Stadium relativen Durstes"). Mit zunehmender Flfissigkeitsmenge steigt die Perspiration dann raseh an, es wird so- gar ein fortschreitend gr6Berer Anteil der zugefiihrten Fltissigkeit auf dem Wege der Perspiration ausgesehieden bis zu einem bei etwa 800 ecm Nahrtmg erreiehten Maximum yon ca. 32%. (,,Stadium planmdfligen Wasserhaushaltes"). Steigt die Nahrungszufuhr noeh weiter, so bleibt der ausgesehiedene Anteil ann~hernd konstant, absolut betraehtet steigt die Ruheperspiration also nunmehr ann~hernd proportional der Nah- rungsmenge weiter (,,Stadium des Wasseriiberangebotes").

Es erglbt sieh somit eine ausgesprochene Abhdngigkeit der Gr6[3e der Ruheperspiration yon der Gr6fie der Wasserzufuhr~ was auch am Einzelindividuum nachweisbar ist.~ (Konzentrierte Nahrungen geben all- gemein eine etwas hShere Perspiration als nichtkonzentrierte, wohI infolge grSl~eren Oxydationswertes.)

Diesem EinfluB gegeniiber treten alle andern Faktoren (K6rper- gr6fle und Gewicht, Luftfeuchtigkeit, physiologische Sehwankungen der K6rpertemperatur, Alter) durchaus in den ttintergrund. Wenn ein EinfluB dieser Faktoren vorhanden, so erstreckt er sich nur auf Sehwankungen innerhalb der mit der Nahrungsmenge wesentlich be- stimmten Perspirationsgr6Be.

3. Der Perspirationszuwachs dutch Arbeitsleistung. Derselbe ist yon grSBter Bedeutung ftir die Gesamtperspiration, indem Unruhe zu Steigerungen yon 20--100% der Ruheperspiration und dariiber ffihrt, welche Steigerungen naehtraglieh keineswegs durch Drosselung der l~uheperspiration kompensiert werden. Perioden yon Unruhe (Ar- beitsleistung) miissen daher in Untersuchungen iiber Beein/lussung der Perspiration dutch bestimmte Faktoren vollkommen ausgeschieden wet. den, da sie zu ganz unberechenbaren Steigerungen der Perspiration und damit zu Tiiuschungen der Untersuchungsresultate ]iihren.

Page 19: Die Perspiratio insensibilis beim Säugling

422 de Rudder: Die Persph'atio insensibilis beim Si~ugling. I.

Um die normale Schwankungsbreite der Ruheperspiration zu kenn- zeichnen, wurde /i~r jeden Weft die statistische Streuung ermittett u nd an- gegeben. An /d ie se Weise wird es erst mOgl,ich, abnorme und pathologische Gr6flen der Perspiration zu erkennen und als 8olehe zn eharakterisieren.

Allgemeinbiologiseh scheint dieses Ergebnis nicht so iiberraschend. DaB die Wasserzttfuhr entscheidend die Perspiration bestimmt, ist sogar naheliegend und wurde nur infolge unvollkommener Versuchs- technik, insbesondere infolge Miteinbezug des erheblichen Perspira- tionszuwachses bei Arbeitsleistung, bisher iibersehen. DaB aber die Perspiration ein rein physikalisches Ph~nomen sei, ist a priori doch wenig wahrseheinlich. Denn dab der K6rper einen fiir den gesamten Stoffwechsel sicher sehr wesentlichen Ausscheidungsvorgang nieht aktiv regulierte und sogar gegen Au~]enweltsbedingungen bis zu gewissem Grade nieht durehzusetzen imstande w~re, ist kaum anzunehmen. Die Perspiration erseheint nach obigen Feststellungen vielmehr als ein vom K6rper in gewissen Grenzen aktiv regulierter Tefl des gesamteu Wasserhaushalts.

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