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Aus der Chirurgischen Universitats-Tierklinik Miinchen Vorstand: Prof. Dr. Dr. h. c. M. Westhues Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der ,,Presuren"-Narkose bei Tieren Von R. FRITSCH Mit 6 Abbildungen (Eingegangen am 18. A'ovcmher 19j6) Als im Jahre 1941 SELYE (I) Lei Tierversuchen die narkotische Wirkung gewisser Hormone, vor allem von Progesteron und Desoxycorticosteron erst- malig feststellte, blieb dieser Nebenbefund unbeachtet und fuhrte zu keinen praktischen Anwendungen. 1954 machten dann WOODEURY (2) und MERRY- MAN C.S. (3) wieder auf diese Nebenwirkungen der Hormone aufmerksam, aber ihre Hormonwirkung untersagte die Anwendung dieser Mittel zu Narkosezwecken. Doch bald gelang es LAUBACH, P'AN und RUDEL (4) (1955) bei der Unter- suchung der Beziehungen zwischen chemischer Struktur und pharmakodynami- scher Wirkung von Steroiden unter einer Reihe wasserloslicher Steroide eines mit besonders starker narkotischer Wirksamkeit zu finden, das sich auch durch das Fehlen hormoneller Wirkungen auszeichnete. Es handelte sich dabei um den Bernsteinsaureester des 21 -hydroxy-pregnan-3, 20-dion, das auch als Hydroxydion bezeichnet wird. Nach experimentellen und klinischen Prii- fungen am Menschen wurde dieses Mittel zuerst in Amerika unter dem Namen Viadril, dann auch in Deutschland unter der Bezeichnung Presuren (Schering) als Narkoticum fur die Humanmedizin in den Handel gebracht. Seither be- faaten sich zahlreiche experimentelle und klinische Arbeiten mit der Prufung dieses neuen Narkosemittels. Zur Prufung seiner Verwend- barkeit zur N a r k o s e bei T ie- r e n wurden auch an unserer Klinik Vcrsuche durchgefuhrt, uber die diese Arbeit unterrichten soll. C h e m i e : Hydroxydion, das uns unter der Bezeichnung ,,Re- suren" ::- ) zur Verfiigung stand, hat die Strukturformel Seine chemische Bezeichnung ist 21-hydroxy-pregnan-3,2O-dionhemisuccinat- Natrium. CH, CO . [CH,), COO - Nu I CH, c=o 8 '+) Der Fa. Schering AG sei fur die Uberlassung der Versuchsmengen gedankt.

Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

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Page 1: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

Aus der Chirurgischen Universitats-Tierklinik Miinchen Vorstand: Prof . Dr. Dr. h. c. M. Westhues

Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der

,,Presuren"-Narkose bei Tieren

Von

R. FRITSCH

M i t 6 Abbildungen

(Eingegangen a m 18. A'ovcmher 1 9 j 6 )

Als im Jahre 1941 SELYE ( I ) Lei Tierversuchen die narkotische Wirkung gewisser Hormone, vor allem von Progesteron und Desoxycorticosteron erst- malig feststellte, blieb dieser Nebenbefund unbeachtet und fuhrte zu keinen praktischen Anwendungen. 1954 machten dann WOODEURY (2) und MERRY- MAN C.S. (3) wieder auf diese Nebenwirkungen der Hormone aufmerksam, aber ihre Hormonwirkung untersagte die Anwendung dieser Mittel zu Narkosezwecken.

Doch bald gelang es LAUBACH, P'AN und RUDEL (4) (1955) bei der Unter- suchung der Beziehungen zwischen chemischer Struktur und pharmakodynami- scher Wirkung von Steroiden unter einer Reihe wasserloslicher Steroide eines mit besonders starker narkotischer Wirksamkeit zu finden, das sich auch durch das Fehlen hormoneller Wirkungen auszeichnete. Es handelte sich dabei um den Bernsteinsaureester des 21 -hydroxy-pregnan-3, 20-dion, das auch als Hydroxydion bezeichnet wird. Nach experimentellen und klinischen Prii- fungen am Menschen wurde dieses Mittel zuerst in Amerika unter dem Namen Viadril, dann auch in Deutschland unter der Bezeichnung Presuren (Schering) als Narkoticum fur die Humanmedizin in den Handel gebracht. Seither be- faaten sich zahlreiche experimentelle und klinische Arbeiten mit der Prufung dieses neuen Narkosemittels.

Zur Prufung seiner Verwend- barkeit zur N a r k o s e b e i T i e - r e n wurden auch an unserer Klinik Vcrsuche durchgefuhrt, uber die diese Arbeit unterrichten soll.

C h e m i e : Hydroxydion, das uns unter der Bezeichnung ,,Re- suren" ::- ) zur Verfiigung stand, hat die Strukturformel Seine chemische Bezeichnung ist 21-hydroxy-pregnan-3,2O-dionhemisuccinat- Natrium.

CH, CO . [CH,), COO - Nu I

CH, c=o

8 '+) Der Fa. Schering AG sei fur die Uberlassung der Versuchsmengen gedankt.

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Die Steroid-Narkose 163

Es ist ein weifies, kristallines Pulver, das gut in Wasser loslich ist, jedoch stark alkalis& reagiert (pH 8,5-9,8). Hydroxydion entsteht a u k als korper- eigener Stoff beim Abbau des Desoxycorticosteron.

Das Hydroxydion stellt unter den Narkosemitteln ein volliges Novum dar. Hier wird zum erstenmal ein korpereigener Stoff, wenn auch in vollig unphysiologischer Dosierung, zur Erzielung des Narkoseeffektes verwandt. Es scheint somit endlich das Idealziel der Narkosetechnik nahergeriickt: Den Organismus auf eine dem physiologischen Einschlafen entsyrechende Weise in einen dem Schlaf oder der Hypnose entsprechenden Zustand zu bringen, ohne ihn mit korperfremden Substanzen, wenn auch reversibel, vergiften zu miissen.

P h a r m a k o 1 o g i e : LAUBACH c. s. (4), PAN c. s. ( 5 ) untersuchten tier- experimentell die n a r k o t i s c h e W i r k u n g des Hydroxydion an Mausen, Ratten, Kaninchen, Katzen und Hunden im Vergleich zur Thiobarbitursaure Pentothal. Es wirkte bei Mausen und Ratten ebenso narkotisch wie Pentothal, bei Katzen und Hunden waren hohere Dosierungen notwendig. Immer aber war der therapeutische Index (das Verhaltnis von anasthetischer Dosis zur Letaldosis) groi3er als bei Pentothal. So betrug er bei intravenoser Injektion bei Ratten 7,8 (gegeniiber 2,5 bei Pentothal) und bei Mausen 11,6 (bei Pentothal 4,6). Beim Hunde ermittelten LAUBACH, PAN und RUDEL (4) 50 mg/kg Korpergewicht als die geringste noch anasthetisch wirkende Dosis. Volle chirurgische Narkose, wie sie nach Injektion von 25 mg/kg Pentothal entsteht, wurde bei 100 mg/kg Hydroxydion erzielt. Die letale Dosis lag ibei 400 mg/kg. Nach Injektion dieser Menge starben die Hunde nach rund 21 Minuten. Bei einer Dosis von 300 mg/kg Hydroxydion iiberlebten 7 von 8 Hunden.

Der N a r k o s e v e r l a u f ist insofern bemerkenswert, als der Ein-

sondern nach Injektion der geringsten

tritt der Anasthesie nicht sofort nach der intravenken Injektion erfolgte,

noch narkotischen Dosis am Hunde

vollnarkotischen Dosis nach 4,6 Mi- nuten. Die Narkosedauer betrug da-

travenos 22,6 Minuten, bei 100 mglkg 62,5 Minuten. Es folgte ein Nach- schlaf von 30 bzw. 47 Minuten. Im Rbb. 1. Schema des Narkoseverlaufs nach Gegensatz zu den intravenosen Bar- gleich wirksamen Dosen eines Thio-

barbiturates (-- -) und von Hydroxydion (--) (modifiz. n. EICKSTEDT, SCHAEFER) bituratnarkosen, die schlagartig mit

der Injektion einsetzen, um dann gleichmai3ig an Tiefe zu verlieren, entfaltet das Hydroxydion also erst nach einiger Zeit seine volle Wirkung, die eine Zeitlang in voller Starke bestehen bleibt, urn zuletzt ziemlich rasch wieder abzufluten (siehe Abb. 1).

Dieses auffallend rasche Abklingen der Hydroxydionnarkose ist wohl auf den raschen Abbau bzw. die Ausscheidung des Hydroxydion im Korper zuriickzufiihren. v. EICKSTEDT, HAUN und LENDLE (6) ermittelten bei kon- tinuierlicher Infusion am Meerschweinchen die Eliniinationsgeschwindigkeit von 250 mg/kg pro Stunde fur Hydroxydion. Subnarkotisdie Mengen des Steroids scheinen jedoch Iangere Zeit im Organismus zu verweilen, da noch

~

2

$ erst nach rund 6,6 Minuten, bei der 8 '\

bei nach 50 mg/kg Hydroxydion in- '\ ..

Norkosedauer -

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164 FRITSCH

Stunden nach der Narkose eine Verstarkung der Wirkung anderer Narkotica und Hypnotica zu beobachten ist (7).

Ein Teil des Hydroxydion wird durch die Niere ausgeschieden. JUST und IBE (8) konnten nach Presurennarkosen beim Menschen im Verlauf der nachsten drei Tage rund 10-20 7% der verabreichten Presurenmengen unverandert im Harn wieder nachweisen. Da jedoch eine Nephrektoniie die Narkosedauer und -tiefe nicht beeinflufit (5), mufi wohl angenommen werden, dai3 die narkotische Wirkung des Hydroxydion vor seiner Ausscheidung bereits ander- weitig inaktiviert wird.

Der Reflexausfall in der Hydroxydionnarkose erfolgt nach v. EICKSTEDT und SCHAEFER (7) in fast genau gleicher Reihenfolge wie bei Barbiturat- narkosen. Wahrend die Gehirnrindenreflexr schon in subnarkotischen Dosen beeinflufit werden, werden in der Narkose zuerst die Groflhirn-, zuletzt die Ruckenmarksreflexe ausgeschaltet.

Auch im Elektroencephalogramm zeigte sich ein gleichsinniger *4blauf der elektrobiologischen Erscheinungen wie bei Barbituratnarkosen (KUBITZKI c. s. [9]).

H o r m o n e l l e N e b e n w i r k u n g e n , die infolge der nahen Ver- wandtschaft zu den Steroidhormonen zu vermuten waren, konnten in Versuchen an Ratten nicht gefunden werden. Lediglich Wasser- und Natrium- ausscheidungen waren unter Hydroxydion etwas vermindert. Dieses Phanomen konnte jedoch auch bei Thiopenthalnarkosen beobachtet werden (10). STEDT- FELD (1 1) untersuchte am Menschen die 17-Keto-Steroid-Ausscheidung nach Hydroxydionnarkosen und fand eine Verminderung des postoperativ ublichen Anstiegs dieser Hormone. Er fuhrt dies auf eine geringere Belastung des Hypophysen-Nebennierenrindensystems unter Hydroxydion zuruck.

Der B 1 u t k r e i s 1 a u f erfahrt durch Hydroxydion bedeutende Ver- anderungen. Der Blutdruck fallt unter der Hydroxydionnarkose regelmafiig ab - beim Menschen um 10-30 mm Hg. Der diastolische Blutdruck verhalt sich unterschiedlich. Die Druckamplitude wird allgemein verkleinert und zu- gleich nehmen Schlag- und Minutenvolumen des Herzens ab. Synchron mit dem Abfall des Blutdruckes geht eine Beschleunigung der Herzfrequenz. Mit dem Abklingen der Narkose normalisieren sich diese Kreislaufveranderungen (HOHMANN [ 121, GERSMEYER, SPITZBARTH [13]). Bei Katzen und Hunden betragt diese Blutdrucksenkung ca. 20%. Dabei ist nach GERSMFYER und SPITZBARTH der Mitteldruck des Blutes gleichbleibend, die Druckamplitude jedoch durch Absinken des systolischen und Ansteigen des diastolischen Blut- druckes noch mehr verkleinert als beim Menschen. Der Pressoreffekt der Carotissinusentlastung ist zugleich um etwa die Halfte herabgesetzt.

Die Wirkung von Kreislaufmitteln auf den Blutdruck wird jedoch durch Hydroxydion nicht beeintrachtigt (1 3) ebenso wie die von Weckmitteln (5).

Auf das A t e m z e n t r u m wirkt Hydroxydion leicht depressiv, jedoch bedeutend weniger als dies bei Barbituraten der Fall ist. Die Atemtiefe ist meist vermindert, die Atemfrequenz dagegen verhalt sich uncharakteristisch. Sie ist teils vermindert, teils geringgradig erhoht (5, 12, 13). Bei blutgas- analytischen Untersuchungen unter Viadrilnarkose am Menschen stellte GAUDIN (1 4) einen kurzdauernden geringgradigen Anstieg der Blutaziditat zusammen mit einem Ansteigen der Kohlensaurespannung im Blute f a t .

L e b e r u n d N i e r e scheinen durch Hydroxydion nicht beeinflufit zu werden. So zeigten sich, wie oben bereits erwahnt, nach beiderseitiger Nieren- entfernung bei Ratten keinerlei Veranderungen in Dauer und Tiefe der Hydroxydionnarkose. Auch ein experimentell durch Injektion von 50r/oigem

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Tetrachlorkohlenstoff gesetzter Leberschaden verantlerte die Narkose nicht. Bei taglichen Hydroxydioninjektionen uber zwei Wochen konnte an Hunden keine Toleranz gegenuber dem Mittel beobachtet werden. Leber- und Nieren- funktionspriifungen sowie die Zusammensetzung der Bluteiweiflkorper und der Blutzuckerspiegel zeigten keine Abweichung von der Norm. Lediglich bei den Hunden, die laufend hohere Dosen erhielten ( 100-2013 mg/kg) zeigte sich eine leichte Anamie (5).

Die v e g e t a t i v e n N e r v e n werden nach v. EICKSTEW'r c. s. (6) nicht spezifisch beeinflufit. Die deutlich dampfende Wirkung auf den Kreislauf ist nach ihren Untersuchungen auf eine unspezifische muskelkontrationshemmende Wirkung besonders auf die glatte Muskulatur zuruck.zufiihren. So erklaren sie die von ihnen an isolierten Organen beobachteten Heinmwirkungen auf Darm- muskulatur, Herzkontraktion und Gefafltonus.

Die P 1 a z e n t a r s c h r a n k e wird durch Hydroxydion nicht durch- drungen, weshalb es HAKBORT (15) und DE MAS (16) zu geburtshilflichen Ein- griffen verwandten.

Wegen der d e u t l i c h g e w e b s r e i z e n d e n W i r k u n g des Hydr- oxydion mufl das Mittel streng i n t r a v e n o s injiziert werden. Paravenose Injektionen konnen zu schmerzhaften odematosen Entzundungen fuhren. Versehentliche intraarterielle Injektionen konnen sogar Gangran der betreffen- den Extremitat zur Folge haben. In der ersten Zeit seiner Anwendung wurde deshalb das Hydroxydion in der Humanmedizin in starker Verdunnung (1,25% und weniger) in Kochsalzlosung oder Traubenzucker gelost im Dauer- tropf infundiert. Doch selbst bei dieser Applikationsart wurden oft Thrombo- phlebitiden, Venenwandreizungen und das Auftreten von Schmerzen im Gefaflbereich beobachtet (17, 18, 19, 20, 21, 35). In Abanderung dieser Technik schlug STEDTFELD (22) vor, das Presuren 5-10%ig in korperwarmer physio- logischer Kochsalzlosung gelost rasch in etwa 10 Sekunden zu injizieren. Er stellte bei Schaferhunden, denen er die zu einem kurzen oberflachlichen Schlaf ausreichende Menge von 500 mg Presuren so injizierte, keiiie Schmerzaui3e- rungen bei der Injektion fest. Im histologischen Schnitt einer Vene, durch die er in 14 Tagen achtmal so injizierte, konnte er an der Stichstelle keinerlei Ver- anderung der Gefai3wand finden. Die Autoren, die daraufhin das Praparat rasch injizierten, berichten jedoch ebenfalls fast ausnahmslos von Phlebitiden in etwa 10% ihrer Falle sowie von Infiltraten, Gefaflwandreizungen und Schmerzen bei der Injektion (15, 16, 21, 23, 24, 25). SCHWARZKOPF (25) be- schreibt das histologische Bild einer solchen nach Presureninjektion thrombo- sierten Vena cephalica eines Mannes: ,,Die Venenwand stellenweise hyalini- siert, aufgequollen und von Leukozyten infiltriert. Der Innenflsche haftet breit ein die Lichtung ausfullender Thrombus mit lockerem Fibrinnetz an." GREWE c. s. (26) injizieren deshalb das Presuren stet!; mit x'g'o Procainlosung und umspritzen evtl. paravenose Infiltrate sofort mi t %% iger Procainlosung und Hyaluronidase.

Insgesamt sind sich die Kliniker in der Beurteilung der Anwendbarkeit des Hydroxydion zur Narkose beim Menschen noch nicht einig. Es wird teilweise nur in geringer Dosierung als Basisnarkose angewandt, die d a m durch andere Mittel erganzt wird, teilweise wird es als Vollnarkoticum gegeben. Allgemein hervorgehoben wird die deutlich den Narkoseeffekt des Presuren verbessernde Wirkung einer guten Pramedikation. Wegen der f'ehlenden Belastung von Leber und Nieren und wegen der groflen Dosierungsbreite wird es besonders zur Anaesthesie bei Greisen empfohlen. In der Geburtshilfe ist die Tatsache angenehm, dai3 es die Plazentarschranke nicht durchdringt. Besonders begriii3t

Zentralblatt fur Veterinarmediiin, Bd. VI, Heft 2 12

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wird, dafi bei der Narkose von Diabetikern kein Anstieg des Blutzuckers ein- tritt, wie bei den anderen Narkosemitteln. In dieser Indikation scheint das Hydroxydion seinen festen Platz zu haben.

Als nachteilig werden vor allem die haufig auftretenden Gefafiwand- schaden angefiihrt, das Fehlen einer Steuerbarkeit der Narkose sowie die langsame Einleitungsphase ohne genaue l)osierungsmo,l 0 ichkeit. Auch wird von gelegentlich auftretenden Enthemmungen und Exzitationen beim Ein- schlafen und Aufwachen berichtet. Gefahrlich sol1 auch sein, dafi bei Kom- bination mit anderen Narkosemitteln und Analgeticis die Atemdepression durch diese Mittel deutlich verstarkt wird. Es ,,scheinen insgesamt seine Nach- teile die Vorziige zu iiberschatten" (PIOLINO [27]).

Eigene Untersuchungen

Unsere Untersuchungen hatten das Ziel, die evtl. Verwendbarkeit des Hydroxydion in der tierarztlichen Chirurgie zu erproben. Besonders sollte auch seine Vertraglichkeit bei der Narkose alterer Patienten, die ja bei den Hunden oft Nierenschaden aufweisen, gepruft werden. Wir narkotisierten daher nach den ersten orientierenden Versuchen in der klinischen Anwendung bevorzugt altere Hunde mit diesem Mittel.

Das ,,Presuren" ist als Substanz in Flaschen mit Durchstechstopfen rnit 0,5 oder 1,0 g Inhalt im Handel. Zur Bereitung der Losung mui3 in diese Flaschen die physiologische Kochsalzlosung injiziert werden, wodurch sich die Substanz in etwa 1 Minute bei kraftigem Umschiitteln lost. Zur Injektion sol1 nur frisch zubereitete und - wegen der geringeren Gefahr der Venenreizung - korperwarme Losung verwendet werden. Wir erwarmten dazu die Losung noch in der Flasche vor dem Aufziehen in die Injektionsspritze im Wasserbad. Bei Hunden und Katzen wurde 2,5 bzw. 5'j/oige Presurenlosung, beim Pferd IO$,ige Losung verwendet.

Versuche am Pferd

Die Versuche zur N a r k o s e d e s P f e r d e s mit Presuren waren nicht sehr ermutigend.

Drei Pferde rnit etwa 8 Zentner Gewicht wurde Presuren in 10%iger Losung intravenos verabreicht. Nach Injektion von 4 Gramm (0,5 g pro Zentner) nach vorheriger Injektion von 50 mg + 16 ccm Polamivet begann das Tier bald t u schwanken und sank nach 9 Minuten um. Narkose trat n i h t ein, das Pferd blieb aber 10 Minuten in Seitenlage. Dabei war eine Tachykardie bis zu 104 Schlagen pro Minute und starker Nystagmus zu beobachten. Die Atmung war stark angespannt. In den folgenden 20 Minuten versuchte das Tier mehrmals vergebens sich aufzurichten, bis es nach 40 Minuten wieder auf die Beine kam.

8 Gramm (1 gi'zentner) bewirkten zuerst Gahnen und Kotabsatz. Nach Zittern und Schwanken, das nach fiinf Minuten begann, sank das Pferd nach 10 Minuten um und kam nach 15 Minuten in Seitenlage, unfahig den Kopf zu heben. Ein starker, Stunde dauernder Nystagmus setzte ein, der Puls stieg auf 84 Schlage pro Minute. Das Pferd war aber ansprechbar und strampelte bei Beruhrungen und Anrufen mit den Beinen. Sehr stark war jedoch die Atmung beeintrachtigt, die paroxysmalen Charakter annahm. Auf Pausen von

Minute folgten neun Atemziige in % Minuten. Erst nach einer Stunde konnte der Kopf wieder gehoben werden, nach 1% Stunden gelang es dem

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Die Steroid-Narkose 167

Pferd nach mehreren Versuchen Brustlage einzunehrnen, und erst nach zwei Stunden konnte es wieder aufstehen.

Nach 12 g Presuren (1,5 g/Zentner) zeigten sich dieselben Erscheinungen. Auch hier kam keine Narkose zustande, aber das Tier konnte erst nach 254 Stunden aufstehen.

Die beobachtete starke Dampfung des Atemzentrums schori in subnarkoti- schen Dosen, die Tachykardie und der lange, immer wieder von erfolglosen Aufstehversuchen unterbrochene Schlaf, ermunterten nicht zu weiteren Ver- suchen mit Presuren am Pferd. Dazu ware auch dir: Verwendung so groi3er Mengen von Presuren wirtschaftlich nicht vertretbar, da 5,O g Presuren schon in der Klinikpackung rund D M 50.- kosten.

An den zur Injektion benutzten Jugularvenen wurden keine Entzundungs- erscheinungen bemerkt.

Versuche am Rind

Ebenso ist beim R i n d schon allein aus wirtschaftlichen Grunden die Narkose mit Presuren nicht vertretbar. Doch wurden zur Klarung seiner Wirkung einige Versuche durchgefuhrt. An vier Kuhen wurde das Presuren je einmal in der Dosierung von 0,5 glzentner und 1 g/Zentner und zweimal von 2 g/Zentner 1O%ig i. v. verabreicht.

Bei 0,5 g/Zentner zeigte sich nur ein leichtes Schwanken des Tieres von 5-15 Minuten nach der Injektion und eine leichte Benommenheit fur r u n i 1 Stunde.

Bei 1 g/Zentner fie1 das Tier nach einigem Taumeln 6 Minuten nach der Injektion, konnte sich aber in Brustlage halten. Die Pulsfrequenz stieg nur geringgradig bis auf 96 Schlage pro Minute an, die A1:mung war jedoch etwas angestrengt und zeigte ein doppelschlagiges Exspirium. 65 Minuten p. inj. konnte das Tier schwankend aufstehen.

Bei 2 g/Zentner kam es nach 4 bzw. 6 Minuten zum Niederlegen. Nach 11 Minuten war ein oberflachlicher Narkosezustand erreicht, bei dem alle Reflexe erhalten waren. Schmerzreize wurden nur mehr durch ganz schwaches Anziehen der Beine beantwortet. Der Puls stieg auf 140 Schlage pro Minute. Die Atmung schien etwas angestrengt. Ihre Frequenz stiag mit zunehmender Aufblahung des Pansens wahrend der Seitenlage von 20 auf 50 an. Nach 70 bzw. 55 Minuten wurden die Schmerzreaktionen wieder sehr heftig. Nach 1% bzw. 1% Stunden konnte wieder Brustlage eingenommen werden, aber erst nach weiteren 1 54 Stunden waren die wiederholten Aufstehversuche erfolgreich. Eine Pansenperistaltik konnte bis % Stunden p. inj. weder palpatorisch noch auskultatorisch wahrgenommen werden. Erst dann wurden schwache Kontraktionen in Abstanden von 5 Minuten wahrgenommen. Aber erst nach dem Aufrichten in Brustlage und dem Abgang von Gasen normali- sierte sich die Pansentatigkeit wieder. Bei rechter Seitenlage kam es 25 Minuten p. inj. zum Ausflieflen von Panseninhalt. Rijchelnde und gurgelnde Atmung bei beiden Versuchen konnte durch Lagerung des Tieres mit hangendem Kopf behoben werden, wonach Speichel bzw. Panseninhalt aus Nasen- und Mund- hohle abfliei3en konnten.

Die narkotische Mindestdosis liegt somit beim Rind etwa bei 2 g/Zentner. Aufwachen und Einschlafen waren vollig exzitationslos. Deutlich war jedoch das Ansteigen der Pulsfrequenz. Auch eine Phlebitis an der zur Injektion be- nutzten Vena jugularis muate einmal am zweiten Tage nach der Injektion festgestellt werden. Die Venenentzundung klang zwar nach drei Tagen wieder

12*

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ab, doch blieb eine fingerlange Verhartung der Venenwand zuruck. Infolge der langen Wirkungsdauer des Presuren sind leider auch all die Komplikations- m6glichkeiten gegeben, die von einer langdauernden Vollnarkose beim Rind abraten lassen, wie Pansenblahung, Behinderung der Atmung dadurch, Gefahr der Aspiration des ausfliecenden Panseninhalts und des kontinuierlich sezer- nierten Speichels.

Versuche an Katzen

Bei K a t z e n kann wegen der starken "iidersetzlichkeit der Tiere fast nie eine intravenose Injektion vorgenommen werden, ohne dail man das Tier

T a b e l l e 1

V e r s u c h e a n H u n d e n n i i t i. v. I n i e k t i o n y o n P r e s u r e n

1 20

2 30 3 30 4 30

5 40 6 40 7 40

~~

~

!+ 0

2 erreichtes Narkose- a,

9 : . Stadium 0 .d bE -

25 11111 40 III / l

230 148 196

8 40 - - 132 9 40 - - 124

- - 10 40 -

11 50 - - 192

- - 12 50 - 13 50 50 11111 200 14 50 25 III/l 184

15 55 40 III i l 200 16 55 35 11111 180

17 60 90 lIIi2 180

18 60 60 11I/2 200

~~ ~~ - ~~~~~

~ ~~

19 70 65 IIIi2 140

20 80 75 1II/1-2 192 21 80 63 III/2 180 22 80 75 IIU3 200

23 120 90 III/3 280

24 150 280 III/4 230

Bemerkungcn

12 min. Seitenlage

21 min. Seitenlage 20 min. Seitenlage Mit 20 mgikg Thiogenal erganzt

~

45 min. Seitenlage, Unruhe beim Einschlafen und Aufwachen

40 min. Seitenhge 35 min. Seitenlage, Erbrechen beim Aufwachen 40 min. Seitenlage, Excitation beim Einschlafen

und Aufwachen

40 min. Seitenlage, Unruhe beim Einschlafen und

35 min. Seitenlage. Singultus

Heftige Excitation beim Einschlafen

Aufwachen

~

~ ~ ~

Starke Unruhe beim Einschlafen, Hyperreflexc

Erbrechen beim Einschlafen, geringe Exzitation und Schreien beim Aufwachen

beim Aufwachen

Erbrechcn bei Einleitung

Wurgen bei Einleitung

Erbredien nach der Injektion

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mit Gewalt bandigen oder vorher anderweitig in einen Narkosezustand ver- setzen mui3te. Versuche mit intramuskularer und intraperitonealer Injektion bestatigten jedoch nur die stark gewebsreizende Wirkung des Presuren.

1.m. Injektion von 50 mglkg Presuren 5%ig rief sehr starke Schmerz- aui3erungen hervor. Abgesehen von einer geringgradigen Sedation fur funf Stunden trat kein narkotischer Effekt auf. Es entwickelte sich jedoch eine starke Entzundung des M. triceps brachii, in den die Injektion erfolgte, die erst im Verlauf von funf Tagen abklang. Der Muskel atrophierte in der Folgezeit, und an der Injektionsstelle blieb eine knotige Verdick ung zuruck.

1.p. Injektion von 90 mg/kg fuhrte nach 12 Minuten zu einem sechs Stunden lang anhaltenden Schlafzustand, bei dem in der ersten Stunde auch die Schmerzreaktionen etwas vermindert waren. Wurden 50 mg/kg nach Megaphenpramedikation (5 mg/kg i. m.) injiziert, so trat unter Taumeln und Streckkrampfen innerhalb 20 Minuten eine oberflathliche Narkose ein, die funf Stunden anhielt. Nach acht Stunden konnte der Kopf wieder gehoben werden. Nach 24 Stunden war der Gang noch ataktisch. Die Injektion in die Bauchhohle rief jedoch sehr heftige Schmerzaui3erung;en hervor.

Zwei Tage p. inj. vorgenommene Sektionen zeigten eine Peritonitis circumscripta mit Netzverklebungen und Nekrosen an der Darmwand bei der Injektionsstelle. Die histologische Untersuchung dieser Stellen Lei3 Fett- gewebsnekrosen, Thrombose von kleinen Gefai3en im Idesenterium und Hyper- plasie der Lymphfollikel des Darmes erkennen.

Eine Verwendung des Presuren in der Narkose tler Katzen scheint somit wegen der starken Gewebsreizung nicht moglih. A U C ~ starkere Verdunnungen sind nicht verwendbar, da man z. B. Lei 1 %iger Losung schon bei der Dosis von 50 mglkg einer Katze von 3 kg die Menge von 15 ccm in die Bauchhohle injizieren mui3te.

Versuche an Hunden

Bei H u n d e n bewahrte sich nur die intravenose Injektion von Presuren, da auch hier i. m. Injektionen mit und ohne Hyaluronidasezusatz starke Myositis hervorriefen.

Das Presuren wurde moglichst rasch in etwa 10-15 Sekunden in eine Vena saphena parva oder cephalica antebrachii injiziert. Intravenose Dauer- tropfinfusion starker verdunnter Losungen erschei n t fur die Tiermedizin wegen der Unruhe unserer Patienten bei dieser langwierigen Manipulation nicht angebracht.

P r e s u r e n a 1 1 e i n wurde bei 23 Hunden in steigender Dosierung verabreicht (Tabelle I). Die geringste noch narkotisch wirkende Dosis betrug 40 mg/kg. Die geringste chirurgisch verwendbare Dosis, die in allen Fallen Narkose ergab, war jedoch 55 nglkg Presuren. Der Narkoseeintritt erfolgt immer innerhalb 10 Minuten. Nach der Injektion stehen die Tiere vollig normal. Erst in 5-7 Minuten werden sie langsam wacklig auf den Beinen und legen sich dann ziemlich rasch zuerst in Brust-, dann in Seitenlage. Zu diesem Zeitpunkt sind die Reflexe und Schmerzreaktionen jedoch no& sehr heftig. Das chirurgische Toleranzstadium tritt bei genugender Dosis erst nach wdteren rund 5 Minuten ein.

Die S t a d i e n d e r N a r k o s e t i e f e bezeichneten wir en t sp rdend dem Schema GUEDELS: 111,: chirurgische Toleranz mit gut erhaltenen Reflexen; 111,: bcginnender Reflexausfall, Pedalreflex (Anziehen des Beines bei Kneifen zwischen den Zehen) verschwindet, meist nur rriehr Lidreflex erhalten;

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168 140

52 92

111,: tiefe reflexlose Narkose; 1114: sehr tiefe Narkose mit deutlichen Zeichen beginnender Atemlahmung, wie starker Verlangsamung und Verflachung der Atmung.

Die Narkosetiefe ebenso wie die Narkosedauer nehmen mit steigender Dosierung ZU. Die Narkosedauer ist jedoch je nach der Reaktionslage des Patienten, Alter und Allgemeinzustand, ziemlichen Schwankungen unter- worfen. Bei 50-60 mg/kg schwankt sie zwischen 25-90 Minuten. Die Muskelerschlaffung war in allen Fallen, in denen Narkose erzielt wurde, sehr gut. Der Obergang vom Toleranzstadium zum Nachschlaf, in dem die Hunde ruhig in Seitenlage liegen, jedoch alle Reflexe und deutliche Reaktionen auf Schmerzen - wie Jammern, Anziehen der Beine, Schutteln des Kopfes - zeigen, verlauft ziemlich rasch. Die Dauer des Nachschlafes schwankte bei den Tieren, die in chirurgische Narkose kamen, zwischen 15-20 Minuten. Auch das Ende dieses Nachschlafes kommt ziemlich rasch. Die Patienten heben auf einmal den Kopf, richten sich bald in Brusthge auf und konnen nach rund 10 Minuten schon wieder laufen.

Ziemlich oft wurden m o t o r i 5 c h e U n r u h e , Auf- und Niederwerfen des Kopfes bei Unfahigkeit sich zu erheben, Rudern mit den Beinen und Jammern wahrend des Einschlafens und Aufwachens beobachtet. Diese Er- regungszustande waren jedoch mittelgradig bis auf zwei Falle, die aus- gesprochenen Exzitationszustand zeigten. Viermal wurde Erbrechen, einmal Singultus beobachtet.

Die P u 1 s f r e q u e n z stieg nach der Injektion ziemlich rasch an und erreichte zur Zeit des Einschlafens ihre hochsten Werte, in den Dosierungen von 50-70 mg/kg durchschnittlich 184 Schlage pro Minute. Bis zum Ende des Toleranzstadiums sinkt sie dann wieder auf Normalwerte ab.

60

T a b e l l e 2 R e s t - N - B e s t i m m u n g e n i m B l u t ( n a c h K O W A R S K Y )

b e i P r e s u r e n n a r k o s e n

R e s t - N i !

vor Presuren- 4'1, Std. Injektion nach Inj.

42 I 13 50 52 I 14 50 15 55 18 60 19 70

20 80

23 1 150

m g % -~

17 Std. 22 Std. nach Inj. nach Inj.

I I 36

36 40

200 192

112 1 164

,

84 60

Die Atmung erschien wahrend des Narkosestadiums meist etwas ab- geflacht. Ihre Frequenz war aber nicht von der Norm abweichend und schwankte zwischen 12-36 Atemziigen pro Minute. Beim Aufwachen war sie teilweise mittelgradig beschleunigt.

Das dritte Augenlid war wahrend des Toleranzstadiums vorgefallen, der Bulbus nach unten rotiert. Die Pupillenweite war mittel bis eng, ohne Pupillarreflexe.

Page 10: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

Die Steroid-Narkose 171

In funf Fallen wurde die K o r p e r t e m p e r a t u r wahrerid der Narkose verfolgt. Sie sank bis zum Ende des Toleranzstadiums ab, verschieden je nach Narkosedauer, Groi3e und Behaarung der Tiere. Br:i zwei kleinen Hunden (Foxterrier 9,3 kg und Dackel 8 kg) sank sie auf 36,5 Iszw. 33,8"C ab, wahrend die groi3en Hunde (32,3 kg, 31,5 kg, 46,5 kg) infolge ihrer relativ kleineren Korperoberflache ihre Korpertemperatur besser bewahrten (38,l C , 36,9" C, 37,4" C ) . Die Raumtemperatur betrug dabei 19-20"(2. Diese rein physikalisch bedingte Abkuhlung wahrend der Narkose ist auch von anderen Narkoticis her bekannt. Bei dem relativ raschen Erwachen nach Presuren zeigte sich bei stark abgekuhlten Patienten dann regelmagig ein deutliches Kiiltezittern, das auch bei den nachfo1,gend angefuhrten Narkosen mit Pramedikation bei starlrerer Abkuhlung des Patienten regelmasig beob ah te t werden konnte.

Analysen des Restharnstoffes im Blut zur Kontrollc einer evtl. Dampfung der Nierenfunktion vor und nach den Narkosen durdigefuhrt [(siehe Tabelle 2) ergaben keine Abweichungen von der Norm. Sog,ar bei deutlich erhohtem Rest-N konnten postnarkotisch etwas geringere Werte als vorher gemessen werden.

T a b c l l e 3 N a r k o s e n a n H u n d e n d u r c h i . v . I i i j e k t i o n v o n P r e s u r e n

n a c h P r a r n e d i k a t i o n m i t 1 , 5 - 2 , 5 m g / k g M e g a p h e n -

1 20 -

2 25 10

4 25 85

5 30 30 6 30 25 7 30 45 8 30 17 9 30 45

10 30 23 1 1 30 60

12 40 25 13 40 40

14 60 50

~ -~

3 25 - -~ -_

- _ _ _ ~~

erreichtes hochste 2! Narkose- Puls- 5 Stadium frequenz 6

c CI -

Bemerkungen

III/2 180 7 III/2 160 1 III/1 140 2 IIIj2 140 9 1II/2 140 8 III/2 210 11

III/2 180 10 III/2 132 9

__.

III/2 160 10 Kollaps nach starker Blutung am Nwkoseende, Exitus nach 3 Std.

Die Applikation des P r e s u r e n n a c h v o r h e r i g e r P r a m e d i - k a t i o n der Patienten brachte uns bessere Ergebnisse (Tabellen 3, 4 und 5). Wir verwendeten d a m 10-30 Minuten vor Injektion des Presuren intra- muskulare Injektionen von M e g a p h e n a 11 e i n (1,5-2,5 mg/kg), M e g a p h e n u n d P o 1 a m i v e t in der Mischspritze (1,5-2 mglMegaphen -/- 0,5 mg Polamivet pro kg), und P o 1 a m i v e t a I 1 e i n (1 mg/kg).

Die Mindestdosis des Presuren, bei der stets eine chirurgische Narkose erzielt wurde, war dabei gegenuber alleiniger Presurengabe bei fast gleich-

Page 11: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

172 FKITSCH

T a b e l l e 4

N a r k o s e n a n H u n d e n d u r c h i .v . I n j e k t i o n v o n P r e s u r e n n a c h P r i n i e d i k a t i o n m i t 1,5--.2 n i g M e g a p h e n

+ 0,s n i g i k g P o l a m i v c r

2 2 -

1

2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12

13 14

15 16 17

18

19

~

-

~

J bD s E c, 2 2 0 %

Z E 18

20 20 20 20 20 20 20 20

25 25 25

25 25

30 30 30

35

40

"tD

4 aJ

rJ -u c m " u . - 0 .c

b E

17

45

15 - - - 30 20 17

40 41 15

32 22

38 36 45

80

25

hochste

frequenz Puls- 2

Y - c 132 3/4

6 8

14 2 9

132 7 - unbek. 150 12

- - - - -

148 ' 1 2 144 - 7

7 -

80 2 136 1

92 2 140 10

2

-~

-

160 2

84 12

ficnierkungen

52 min. Scitcnlagc

30 min. Scitcnlage

15 min. Scitenlage 30 min. Scitcnlage

Jdmmern und Ieichte Unruhe beini Aufwadien

langer Narkosedauer auf die Halfte reduziert. Sie betrug mit Megaphen- pramedikation 25 mg/kg, mit Megaphen-Polamivet 30 rnglkg und bei Polamivet 25 mg/kg (die Falle 24 und 25 der Tabelle 5 konnen von der Be- wertung ausgeschlossen werden, da hier die Pramedikation vie1 zu fruh, 2% bzw. 1

Der Nachschlaf war nur bei der Kombination mit Polamivet etwas ver- Iangert. Er dauerte bei 25-40 mg/kg Presuren durchschnittlich 37 Minuten (15-75 Minuten). Dies ist jedoch bei der Narkose von Hunden nicht als Nachteil zu betrachten. Es ist im Gegenteil eine langer dauernde, langsame Aufwachphase wegen der besseren postoperativen Ruhigstellung von Wunden und Verbanden erwunscht. Das Einschlafen verlief ruhiger und etwas rascher (in 3-5 Minuten) als bei alleiniger Presurengabe. Exzitationen wurden nicht festgestellt. N u r beim Erwachen wurde selten leichtes Jammern beobachtet und beim Obergang in die Brustlage geringe motorische Unruhe durch das noch be- stehende Unvermogen, sich vollig zu erheben. Der Puls (in drei Fallen blutig registriert) zeigt die gleichen Veranderungen wie bei Presuren allein (s. Abb. 2 ) . Die Pulsfrequenzsteigerung ist jedoch nur mittelgradig, meist nicht SO aus- gepragt wie bei Presuren allein.

Stunden vor der Presureninjektion erfolgte).

Page 12: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

Die Steroid-Narkose 173

Besonders pruften wir die Kombination Polamivet-Presuren fur die Narkose alterer Hunde. Vom Megaphen wird namlich ein verschlechternder Einflui3 auf bereits bestehende Leberschaden sowi e eine Verstarkung der Toxizitat leberschadigender Mittel beschrieben (36 , 387, 38, 39, 40). Auch be- obachteten wir bei Hunden mit Nierenschaden eine deutliche Verlangerung der Megaphcnwirkung. Vom Polaniivet, das zwar grofiDtenteils durch die Leber ausgeschieden wird, sind solche Einwirkungen jedoch nicht beschrieben.

Wir narkotisierten Patienten zu den verschiedensten Eingriffen (Zahn- extraktionen, Augenoperationen, Reposition von Luxationen, Laparotomien,

T a b e l l e 5

N a r k o s e n a n H u n d e n d u r c h i .v . I n i e k t i o n v o n P r e s u r e n

2 2 -

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12

13 14 15 16 17

18 19 20 21 22 23 24 25

26 27 28 29 30 31 32

33 34

~~

20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20

25 25 25 25 25

30 30 30 30 30 30 30 30

40 40 40 40 40 40 40

50 50

n a c h P r a m e d i k a t i o n m i t 1 m ' g / k g P o l a i n i v e t

30 30 60 22 35 75 39 20 30 - - - 46 30 40 32 13

20 27 20 20 30 45 - L

55 45 55 70 90 45 15

55 65

erreichtes Narkose- Stadium

~ -~

III/2 III/l III/1 III/2 III/l-2 III/l 11112 III/2 11111 - - -

III/l III/2 11112 III/2 III/1

m i 2 III/2 11112 III/1 III/2 II1/2

~~

- - ~~

III/2 II1/2 IIIi2 11113 IIJ/2 II1/2 IIIil

IIV2 II1/2

~~ -

hochste Puls- 3

frequenz 5 <

140 8 140 7

10 9

92 2 132 6 134 4 120 1 4 120 2 - n. bek.

a 8

Y -

- -

- -

140 12 160 13 104 2 160 13 120 9

132 '1. 1 7

160 9 3 2

11 120 11

~~

- -

- - -

128 12 136 8 140 6 200 8 140 11 180 9 200 12

132 5 140 10

~ ~~

~ ~~~

Bemer kungen

Durch Pither erginzt 32 min. Seitenlage 22 rnin. Seitenlage

Zu friihe PrPmedikation (2'/e Std.) Zu friih'e Prainedikation (1 3/4 Std.)

35 80 125 II1/3 148 6

Page 13: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

174 FRITSCH

Gelenksoperationen, Exzision verschiedener Tumoren und Herniotomien). Dabei konnten wir keine allgemeine Unvertraglichkeit feststellen.

Rest-N-Bestimmungen vor und nach Presurennarkosen mit Polamivet- pramedikation ergaben keine Anhaltspunkte fur eine Verminderung der

Zeitp Inj in mini 10 ' El'26' 30' 35'w' so ' 'y 110 80 70

I I I I Pulsfiequ. 54 4 85

100

2 80 B

60

mrntiq

Abb. 2. Zeichnung nach einem Kymogramm mit Rcgistrierung des Blutdruckes aus der A. brachia!is. Die Artcrienkaniile wurde nach Pramedikation mit 2 mg Megaphen + 0,5 mg Polamivet!kg in Lokalanasthesie eingelegt. Typischcr Verlauf der Blutdruck- und Pulskurve

unter Presuren (Schaferhundbastard, weiblich, 7 Jahre, 16 kg Korpergewicht) ,- I Injektion von 400 mg 5%ig Presuren i. v.; X X Anfang und Endc der chirurgischen Anisthesic

Nierenfunktion durch diese Narkose (siehe Tabelle 6). Ein einziger 2 w i s c h e n f a 11 ereignete sich bei der Megaphen-Presuren-

Kombination. Ein zehnjahriger Pinscher von 11 kg Gewicht erhielt 25 mg/ Megaphen i.m. und 660 mg Presuren i .v. Es wurde eine Perinealhernie mit Prostatahypertrophie operiert. Dabei kam es zu sehr starken Blutungen. Als am Ende des 50 Minuten wahrenden Toleranzstadiums bereits Bauchpresse und leichte Bewegungen der Extremitaten einsetzten, kam es zu einem Kreis- laufkollaps, der auch durch Transfusion von zwei Blutkonserven a 100 ccm und durch Kreislaufmittel nicht behoben werden konnte. Der Patient kam nach drei Stunden ad exitum. Hier kann jedoch nicht sicher gesagt werden, ob der Zwischenfall auf die durch Presuren veranderte Kreislauflage oder auf die Kreislaufwirkung des Megaphen zuruckgefuhrt werden mu& durch die die akuten Folgezustande des Blutverlustes maskiert wurden.

Die V e r l a n g e r u n g e i n e r P r e s u r e n n a r k o s e d u r c h N a c h - i n j e k t i o n v o n P r e s u r e n wurde dreimal versucht. Sie gelang nur bei Nachinjektion der voilen zur Narkoseeinleitung erforderlichen Dosis. Hier ist aber unangenehm, wenn der Patient wahrend der Operation aufzuwachen beginnt, da13 bis zum Eintritt der neuen Anasthesie etwa funf Minuten ZU- gewartet werden mu& Auch sind Nachinjektionen in die gleiche Vene wegen der im folgenden beschriebenen Venenreizungen nicht immer moglich. Mit

T u b e l l e 6 R e s t - N - B e s t i m m u n g c n i m B l u t ( n a c h K O W A R S K Y )

b e i P r e s u r e n n a r k o s e n m i t P o 1 a m i v e t - P r X m e d i k a t i o n

Hd. Nr.

- I

16

17 21

33 34

Dosis des Presuren

mg'kg ~

25 25 30 50 50

R e s t - N i n m g O/,,

Injektion nach Inj. nach Inj. nach Inj. nach Inj.

~~

vor ~ 5 Std. ~ 6 Std. I-7 Std. 1 20Std.

56 140 40

40 64

48

30 52

144

48

80

Page 14: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

Die Steroid-Narkose 175

Erfolg verlangerten wir die Narkose durch zusatzliche Inhalation eines Sauer- stoff-Lachgasgemisches im Verhaltnis 1 : 3 bis 1 : 4. Auch eine vorsichtige langsame Nachinjektion von Thiogenal ,,nach Wirkung" (insgesamt 20 mg/kg) bei ungenugender Presurennarkose wurde gut vertragen.

Bei fast allen Narkosen war jedoch deutlich die g e f a f l r e i z e n d e W i r k u n g d e s P r e s u r e n zu beobachten. 2:war zeigten nur wenige Patienten Zeichen von Schmerz bei der Injektion. Sie zogen das Bein an, jammerten, bogen den Kopf zu der Extremitat zuruck und leckten auch n a h - her daran. Bei fast allen Patienten war aber bereits 10 Minuten nach der Injektion die Vene, in die injiziert wurde, als derb elastischer Strang zu palpieren und bis in die Kniekehle bzw. in die Achselbeuge hinauf zu ver- folgen. Diese Verdickung der Venenwand, die als Gefai3wandodem gedeutet werden mui3, war no& nach zwei bis drei Tagen, jedoch nicht schmerzhaft, zu fuhlen und bildete sich dann oft zuruck. In vielen Fallen aber blieb dieser Venenstrang dauernd erhalten. Zur Klarung dieser Veranderungen wurde bei acht Versuchshunden (erwachsene Schaferhunde und ein Boxerbastard) nach der Injektion von 500 mg Presuren - mit einer ler-Kanule als korperwarme Losung injiziert - die betreffende Vene nach verschiedenen Zeitabstanden exzidiert (eine halbe Stunde, zweimal 1 Stunde, 1% Stuniden, 16 Stunden, 2 Tage und 13 Tage nach Injektion von 5%iger, einmal zwei Stunden nach Applikation 2,5 '/. iger Losung). Die Venenabschnitte proximal der Stichstelle wurden dann in histologischen *) Serienschnitten aufgearbeitet. Es zeigten s i h - bei allen Venen schon eine halbe Stunde eben- so wie 1 und 1% Stun- den nach Injektion der 50/oigen Losung fibri- now Auflagerungen auf der Gefiflintima, die teilweise die Starke ider Gefaflwandung erreich- ten. An den Stellen der

Fibrinau flagerunaen, besonders aber an den Venenklappen war die Gefai3wand deutlich odematos verquollen. Abb. 3. 1 Std. post Inj 16 Stunden und zwei a) GefaBwand nicht verandert; b) Fibrinauflagerungen Tage p. Inj. war das Lumen der Venen durch einen groi3en Thrombus verlagt, der mit einem lockeren Fibrinnetz an der Wand haftete. Die Gefaflwand war dabei bei dem Schnitt, der zwei Tage nach der Injektion angefertigt wurde, ebenfalls odematisiert und zeigte Blutextravasate in der Media. 13 Tage nach Injektion war an dem im Gefai3lumen liegenden Thrombus bereits deutliche Organisation zu sehen und daneben bildete sich eine Rekanalisation des Gefafles aus. Einige charakteristische Befunde zeigen die Abbildungen 3--5. Auch zwei Stunden nach Injektion der nur 2,5 '/. igen Losung war die typische Schadigung der Ge- fai3wand mit Udematisierung und Fibrinauflagerung zu sehen (Abb. 6 ) .

auf der IGefaEwand

$b) Fur die Durchfuhrung der histologischen Untersuchung und die Anfertigung der Bilder sei dem Tierpathologischen Institut der Universitat "unchen, insbesondere Herrn Priv.-Doz Dr. Dahme gedankt.

Page 15: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

176 FRITSCH

Bei zwei Hunden, denen versehentlich einige ccm Presurenlosung para- venos injiziert wurden, entwickelte sich eine odematose schmerzhafte Schwellung, die aber unter feuchten Verbanden in zwei Tagen abheilte.

Abb. 4. 16 Std. post Inj. a) geringgradig odematisierte GefHgwand; b) netz- formige Fibrinauflagerungen; c) Thrombus, der da9

Lumen des GefIBes ausfiillt

Abb. 5. 13 Tage post Inj. (Ubersichtsbild). Verschluli- thrombus im Gefiifllumen in Organisierung, daneben

beginnende Rekanalisierung der Vene

Histologischc Schnitte durch Vv. cephal. antebr. von 2 Schaferhunden und eines Boxerbastards nach i. v. Injektion 57oiger korperwarrner Losung von Presuren

in physiologischer Kochsalzlosung

Nach einer Anregung von BIRKNER und OPDER- BECKE (34), die einen Te- tanus beim Menschen durch Presurendauerschlaf hteil- ten, indem sie das Mittel durch einen von der Arm- vene bis zur Vena cava vorgeschobenen Plastik- katheter infundierten, ver- suchten wir auch beim Hunde einen Dauerschlaf durch Presuren zu erzielen. Es gelang durch zwei- stundliche Injektionen von 500-800 mg Presuren, den Hund in einem Schlaf- zustand zu halten. Am dritten Tag wurden jedoch bei Injektionen in den Plastikkatheter, der von der Vena saphena bis zur Vena cava vorgescho- ben worden war, starke Schmerzauflerungen beob- achtet, und am Abend kam der Hund ad exitum. Bei der Sektion wurde eine starke, hamorrhagische Phlebitis des Endteils der Vena cava posterior und ihrer Aufzweigungen ge- funden, die durch die Reizwirkung des Pre- suren hervorgerufen wor- den war.

Versucht man die V o r - u n d N a c h t e i l e d e r H y d r o x y d i o n - n a r k o s e b e i H u n -

d e n zusammenzufassen, so kann man als V o r t e i 1 e dieser Narkose, die wir nur mit Pramedikation empfehlen mochten, das ruhige Einschlafen und Aufwachen sowie den gleichmafligen Narkoseverlauf ansehen. Die nach den Literaturangaben fehlende Wirkung auf die parenchymatosen Organe und die erprobte gute Allgemeinvertraglichkeit laflt es besonders fur die Narkose alterer Hunde mit Leber- oder Nierenschaden geeignet erscheinen. Do& muflte diese Indikation noch an einer Anzahl von Patienten mit solchen Schaden uberpruft werden.

Page 16: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

Die Steroid-Narkose 177

Diesen Vorteilen stehen aber vom klinischen urid technischen Standpunkt aus erhebliche N a c h t e i 1 e gegenuber. Die zwei wesentlichsten sind die gefai3reizende Wirkung und die Kreislaufdepression, die zur Vorsicht bei kreislaufkranken Patienten mahnt. Die fehlende Steuerbarkeit der Hydr- oxydionnarkose wird durch ihre groi3e Dosierungsbieite auf'gewogen. Nach- teilig ist aber auch die umstandliche Applikationsweise des Presuren. Es kanii nur intravenos verabreicht werden. Die Losung mit physiologischer Kochsalz- losung mui3 stets frisch zubereitet und auf Korperteniperatur erwarmt werden. Dazu lost es sich ziemlich langsam, und die zu injizierende Flussigkeitsmenge ist ziemlich groi3. Einen mittelgroflen Hund von 20 kg mussen z. B. bei der

Abb. 6. Schnitt durch die Vena cephalica eines Sch'i- ferhundes 2 Stunden nach Injektion 2,5%iger korper- warmer Losung von Pre- suren in physiologischer

Kochsalzlosung

Rechts oben eine Venen- klappe. Die Gefigwand ist odematos verquollen. Auf der Intima sitzen dichte

Fibrinauflagerungen

Gabe von 40 mg/kg 554 igem Presuren 16 ccm rasch injiziert werden, bei 2,5O/oiger Losung waren es sogar 32 ccm, die plijtzlich debm Kreislauf ZU- gefuhrt werden.

Ein fur die tierarztliche Praxis besonders ins Ciewicht fallender Nachteil ist der derzeit noch sehr hohe Preis des Presuren. So kostet eine Flasche mit 1 Gramm Inhalt D M 15.70 ohne Umsatzsteuer.

Nach Abwagung dieser Vor- und Nachteile karm man somit das Presuren in Verbindung mit Polamivetpramedikation bei strenger Indikationsstellung nur zur Narkose altersxhwacher Hunde, leber- oder nierenk ranker Patienten und von Diabetikern empfehlen. Hier mufltcn zugunsten der schonenderen Anasthesie die Nachteile - Venenthrombosen, schwierige und umstandliche Applikation und hoher Preis - in Kauf genommeri werden.

Vielleicht aber wird es eines Tages gelingen, ein dem Presuren wirkungs- verwandtes Praparat ohne dessen offensichtliche Nachteile, vor allem mit groflerer Gewebefreundlichkeit, zu finden. Es ware damit ein groi3er Schritt auf die ideale Narkose hin getan.

Zusammenfassung

Es wird uber Versuche zur Verwendbarkeit des Presurens in der Narkose

Bei der K a t z e ist es nicht leicht verwendbar, cla es nur intravenos appli-

Beim P f e r d erscheint die Presurennarkose wegen starker Atemdepres-

Auch der Anwendung beim R i n d stehen der hohe Preis sowie die bei der

Giinstige Ergebnisse wurden nur beim H u n d erzielt. Hier wurde

fur Pferde, Katzen und Hunde berichtet.

ziert werden kann.

sion, langem unruhigem Schlaf und sehr hohem Preis nicht angebracht.

langen Narkosedauer auftretenden Komplikationsmoglichkeiten entgegen.

Page 17: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

178 FRITSCH

Presuren in 92 Fallen mit und ohne Pramedikation zur Narkose bei den ver- schiedensten Operationen versucht. Am brauchbarsten erscheiiit die Kom- bination der Pramedikation mit 1 mg/kg Polamivet i. m. mit der intravenosen Injektion von 30-40 mg/kg Presuren zur Narkose alter und parenchym- geschadigter Munde. Hier miissen zugunsten des Vorteils einer schonendeii Narkose die Nachteile der Presurenanwendung - Auftreten von Venen- thrombosen, umstandliche Applikation und sehr hoher Preis - in Kauf ge- nommen werden. Diese Indikation miii3te jedoch an eitiem groi3eren Kranken- gut noch eingehender gepruft werden. Vorsicht scheint Lei kreislaufkranken Patienten geboten.

Summary Steroid narcosis: Experiments and clinical studies with “presuren” narcosis

in animals

Experiments on the use of “presuren” (hydroxydion, viadril) in horses,

It is not easily used in the cat because it can only be given intravenously. It is unsuitable in the horse because it produces marked depression of

respiration and long periods of restless sleep. I t is also very expensive. The high cost, and the long period of narcosis which results in the possi-

bility of post-operative complications, are against its use in cattle. Good results were obtained only in dogs. “Presuren” was used in 92 cases,

with and without premedication, for a variety of operations. The more useful combination was premedication with one mg/kg Polamivet i. m. with the intravenous injection of 30-40 mg/kg of “presuren” for the narcosis of old dogs with damaged parenchymatous organs. Here, however, must be set against the advantages of a good narcosis the disadvantages of using “presuren” - the occurrence of thrombosis in the veins, complicated admini- stration, and very high price. Care must be taken in animals with poor circulation. The indications for using this form of narcosis need to be studied on a larger series of cases.

cats and dogs are reported.

Rksumk

La narcose aux stkroi’des. Essais et experiences cliniqiies concernant la narcose au Presuren chez les animaux

L’auteur rapporte les essais effectuks pour ktudier les possibilitks d’emploi du Presuren comme narcotique chez le cheval, le chat et le chien. Chez le c h a t son emploi n’est pas facile car on ne peut l’injecter qu’en intraveineuses. Chez le cheval la narcose au Presuren n’est pas indiquke par suite de fortes dkpres- sions respiratoires, d’un sommeil long et agitk et du prix klevk de la narcose. Chez les bovins kgalement le prix klevk du produit et les complications possibles pendant une narcose prolongke sont des inconvknients skrieux. Des rksultats satisfaisants ne peuvent &re obtenus que chez le c h i e n. Chez cet animal on employa le Presuren dans 92 cas avec ou sans prkparation pharmaceutique prkalable dans des opkrations les plus diverses. La formule la plus avantageuse chez les chiens 2gks ou atteints de lksions rknales semble &re la combinaison d’une prkmkdication avec 1 mg/kg de Polamivet i/m et de l’injection intra- veineuse de 30-40 mg/kg de Presuren. Dans ce cas en contrepartie d’une narcose inoffensive, il faut compter avec les inconvknients de l’emploi du Presuren: thromboses veineuses, application difficile et prix klevk. Cette

Page 18: Die Steroid-Narkose Versuche und klinische Erfahrungen mit der “Presuren”-Narkose bei Tieren

Die Steroid-Narkose 179

indication doit encore &re expCrimentCe sur un plus grand nombre d’animaux malades. Une prudence particulihre est indispensable chez les chiens atteints d’une maladie de l’appareil circulatoire.

Resurnen La narcosis esteroidea. - Ensayos y experiencias con la narcosis de “Presuren”

en animales

Se informa sobre ensayos referentes a la posibilidad de aplicaci6n dcl “Presuren” en la narcosis de caballos, gatos y perros. En el g a t o no se puede utilizar con facilidad, pues s610 se puede administrar por via intravenosa. En el c a b a 11 0 , la narcosis con “Presuren” no esti indicada debido a fuertc depresidn respiratoria, prolongado sueso inquieto y precio muy elevado. Tambikn a1 us0 en el g a n a d o v a c u n c se oponen el alto precio y las posibilidades de complicaci6n que aparecen con la larga duraci6n de la narcosis. Resultados favorables s610 se consiguieron. en el p e r r o . Aqui sc ensay6 el “Presuren” en 92 casos con y sin premedicaci6n para la narcosis en las mbs diversas operaciones. La comlinaci6n de la pi-emedicacicin de 1 mg/kg de “Polamivet” intramuscular con la inyeccibn intravenosa de 30-40 mg/kg de “Presuren” ha resultado muy Gtil en la narc0si.s de perros viejos y con lesiones parenquimatosas. Frente a las ventajas de una narcosis protectora se presentan 10s inconvenientes del “Presuren” - aparici6n de trcrmbosis venosas, aplicaci6n engorrosa y precio inasequible -. Sin embargo, esta indicaci6n deberia comprobarse con mayor detenimiento en un n6mero mayor de enfermos. Es necesario tomar precauciones con lcis pacientes que tengan trastornos circulatorios.

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