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Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Phaxmak., Bd. 234, S. 501--515 (1958) Aus dem Physiologisehen Institut der Tscheehoslowakisehen Akademie der Wissen- schaften, Prag Die Störungen des Energieumsatzes im normalen und im denervierten Muskel bei gedrosselter Durchblutung Von O. HUDLICKÄ und E. GUTMANN Mit 4 Textabbildungen (Eingegangen am 20. Juli 1958) Die Denervation des Muskels verursacht wesentliche Ver~nderungen im Energiestoffwechsel, die sich verhältnismäßig schnell einstellen (siehe z.B. Sc~~n~x u. DREYFVS 1950, ZtrBENXO 1954). Fraglich ist, bis zu welchem Grade diese Veränderungen durch eine verminderte Durch- blutung des Muskels bedingt ist. Da eine Reihe von Autoren für dendener- vierten Muskel eine erhöhte Blutströmung (z. B. GASKELL 1877, KELLER, LO~SER u. R~~ 1930, A~REr u. SXALF~,LD 1935, DOVPE, BXR~~S U. KE~ 1943, STA_I~SBY,FALES U. LILIE~THAL 1956) und einen höheren Sauerstoff- verbrauch angibt, ist es unwahrscheinlich, daß die Stoffwechselverände- rungen primär durch eine verminderte Zufuhr des Substrats und des Sauerstoffes hervorgerufen werden. Unbekannt ist jedoch, welchen Ver- ~nderungen der Stoffwechsel im denervierten Muskel bei Sauerstoff- mangel unterliegt. Hinsichtlich des normalen Muskels wurde die Frage der Stoffweehselverände rungen bei Sauerstoffmangel eingehend studiert, besonders in Arbeiten über den sogenannten Tourniquetsehoek, die von einer Verminderung des Glykogen-, Kreatinphosphors~ure- und ATP-Gehalts, von einer herabgesetzten Adenosin- triphosphatase- und Dehydrogenaseaktivit~t sowie von einem steigenden Milch- säuregehalt sprechen (BoLLM~ U. FLOCK1944, McPHE~~~ U. SPOO~E~ 1946, H~~ u. Gw~v~ 1949, Fvm¢~A-~-~u. C~s~o~ 1951, FETISOVX 1954, ISSEXVTZ, HET~~r~ U. W~T~.R 1955 U.a.). Diese /~nderungen können als ein Beweis des gestörten Energieumsatzes angesehen werden und nach McPHERLA~E U. SPOO~F-~ ZU Permeabilitätsstörungen führen. Im Ionenumsa~z kommt es auch wirklich zu bedeutenden/~[nderungen, zu einer Verschiebung des Natriums und der Chloride nach den Muskelzellen und zu einer Herabsetzung des Kaliumgehalts innerhalb der ]Kuskelzellen (McPH~.RLA~E U. SPOO~~R 1946, FOX u. BXER 1947, Fum~~~~~ u. C~s~o~ 1951, MCPn~E 1955 u. a.). Die beiApplikation des Tourniquets festgestelltenVeränderungen sind durch eine eventuelle Liision des 5~ervenstammes und des Nachbar- gebietes kompliziert. Dazu kommen noch solche Veränderungen, die dem sogenannten Tourniquetschock zugeschrieben werden, der nach Ent- fernung des Tourniquets eintritt. Wir haben daher in unseren Versuchen

Die Störungen des Energieumsatzes im normalen und im denervierten Muskel bei gedrosselter Durchblutung

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Page 1: Die Störungen des Energieumsatzes im normalen und im denervierten Muskel bei gedrosselter Durchblutung

Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Phaxmak., Bd. 234, S. 501--515 (1958)

Aus dem Physiologisehen Institut der Tscheehoslowakisehen Akademie der Wissen- schaften, Prag

Die Störungen des Energieumsatzes im normalen und im denervierten Muskel bei gedrosselter Durchblutung

Von

O. HUDLICKÄ und E. GUTMANN

Mit 4 Textabbildungen

(Eingegangen am 20. Juli 1958)

Die Dene rva t i on des Muskels ve ru r sach t wesentl iche Ver~nderungen i m Energiestoffwechsel , die sich ve rhä l t n i smäß ig schnell e instel len (siehe z . B . S c ~ ~ n ~ x u. DREYFVS 1950, ZtrBENXO 1954). F rag l i ch ist , bis zu we lchem Grade diese Veränderungen durch eine ve rminde r t e Durch- b lu tung des Muskels bed ing t ist . Da eine Reihe von Au to ren für dendene r - v i e r t en Muskel eine erhöhte B l u t s t r ö m u n g (z. B. GASKELL 1877, KELLER, LO~SER u. R ~ ~ 1930, A~REr u. SXALF~,LD 1935, DOVPE, BXR~~S U. K E ~ 1943, STA_I~SBY, FALES U. LILIE~THAL 1956) u n d einen höheren Sauerstoff- v e r b r a u c h angib t , i s t es unwahrscheinl ich , d a ß die Stoffwechselverände- rungen p r i m ä r durch eine ve rminde r t e Zufuhr des Subs t r a t s u n d des Sauerstoffes hervorgerufen werden. U n b e k a n n t i s t jedoch, welchen Ver- ~nderungen der Stoffwechsel i m denerv ie r t en Muskel bei Sauerstoff- mange l unter l ieg t .

Hinsichtlich des normalen Muskels wurde die Frage der Stoffweehselverände rungen bei Sauerstoffmangel eingehend studiert, besonders in Arbeiten über den sogenannten Tourniquetsehoek, die von einer Verminderung des Glykogen-, Kreatinphosphors~ure- und ATP-Gehalts, von einer herabgesetzten Adenosin- triphosphatase- und Dehydrogenaseaktivit~t sowie von einem steigenden Milch- säuregehalt sprechen ( B o L L M ~ U. FLOCK 1944, M c P H E ~ ~ ~ U. SPOO~E~ 1946, H ~ ~ u. Gw~v~ 1949, Fvm¢~A-~-~u. C~s~o~ 1951, FETISOVX 1954, ISSEXVTZ, HET~~r~ U. W~T~.R 1955 U.a.). Diese /~nderungen können als ein Beweis des gestörten Energieumsatzes angesehen werden und nach McPHERLA~E U. SPOO~F-~ ZU Permeabilitätsstörungen führen. Im Ionenumsa~z kommt es auch wirklich zu bedeutenden/~[nderungen, zu einer Verschiebung des Natriums und der Chloride nach den Muskelzellen und zu einer Herabsetzung des Kaliumgehalts innerhalb der ]Kuskelzellen (McPH~.RLA~E U. SPOO~~R 1946, FOX u. BXER 1947, Fum~~~~~ u. C~s~o~ 1951, MCPn~E 1955 u. a.).

Die b e i A p p l i k a t i o n des Tourn ique t s f e s tges t e l l t enVeränderungen s ind durch eine eventue l le Liision des 5~ervenstammes und des Nachba r - gebietes kompl iz ie r t . Dazu k o m m e n noch solche Veränderungen , die d e m sogenannten Tourniquetschock zugeschr ieben werden, de r nach En t - fe rnung des Tourn ique t s e in t r i t t . W i r haben daher in unseren Versuchen

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502 O. HUDLICKÄ und E. GUTMANN:

den veri~nderten Energieumsatz im normalen und im denervier ten Muskel nach Drosselung der Blu tzufuhr mit tels Liga tur untersucht , also mi t einer Methode, die zu schwächerer Ischämie, n icht aber zur Beschädigung der Nervens tämme führt.

Methodik Die Versuche wurden an 150--200 g schweren Wistar-Ratten ausgeführt. Die

Einschränkung der Blutzufuhr erfolgte durch Ligatur der Aorta abdominalis und Vena cava caudalis unterhalb der Abzweigung der Art. renalis auf die Dauer von 1/2--1 Std. Um die Ligatur leichter beseitigen zu können und die Gefäßwand nicht zu beschädigen, hoben wir die Gefäße mittels unterführter Silonseide, bis die Blut- strömung gehemmt war. W~hrend der Ligatur befanden sich die Tiere in/~ther- narkose. Die Stoffwechsel~nderungen im M. tibialis anterior wurden einerseits in Serienversuchen, andererseits bei ein und demselben Versuchstier beobachtet, dem ein Muskel vor und ein zweiter in verschiedenen Intervallen nach Lockerung der Ligatur entnommen wurde.

Das Glykogen wurde mit der Anthronmethode (modifiziert nach KLICP~.RA, DRAHOTX U. ~gK 1957), die Milchsäure kolorimetrisch mit p-Oxydiphenyl (BARK~a U. SVMMERSO~ 1941) und die Kreatinphosphorsäure nach ALEXEJEVA(1951) bestimmt. Die Muskeltemperatur maßen wir mit einem nadelförmigen Thermo- element aus Kupfer und Konstantan.

Zur Beurteilung motorischer Störungen nach Applikation der Ligatur diente der Zehenspreizreflex.

In einigen Fällen fixierten wir die entnommenen Muskeln in einer 10°/0igen Formollösung und untersuchten sie nach Fi~rbung mit H~matoxy]in-Eosin auch histologisch.

Die I)urchschnittswerte für die verschiedenen Metaboliten sind mit M~ auf der Kontrollseite und mit M~ auf der Versuchsseite bezeichnet. Die statistische Aus- wertung erfolgte mittels t-Testes.

Ergebnisse I . Störungen der motorischen Funktion

a) Bei 4 R a t t e n mi t dauernd un t e rbundene r Aorta abdominalis beobachte ten wir 4 Tage lang die Änderungen der motorischen Funk t ion . Der Zehenspreizreflex blieb 30 min nach Appl ikat ion der Ligatur bei drei von den 4 Versuchstieren aus. Bei 2 R a t t e n t r a t der Reflex nach 2 Std wieder auf, bei der 3. Ra t t e nach 3 Tagen und war nach 4 Tagen bei al len Tiefen wieder n o r m a l

b) Nach dauernder U n t e r h i n d u n g der Aorta abdominal is und Vena cava caudalis erlosch der Zehenspreizreflex bereits nach 15 min und stellte sich während der weiteren Appl ikat ionsdauer (24 Std) n icht mehr ein.

c) Bei allen Ra t t en , die nach Lockerung einer e ins tündigen Ligatur un t e r such t wurden: kehrte der Zehenspreizreflex fast sofort nach dem Erwachen aus der Narkose, also ungefähr nach 10 min, wieder.

Eine einstündige Ligatur der Aor ta u n d Vena cava führ t demnach zu einer vo l lkommen reversiblen, vorübergehenden Störung der motorischen Funk t ion . Länger dauernde Ligaturen verursachen eine irreversible

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Energieumsatzim normalen u. denerviert. ~uskel b. gedrosselter Durchblutung 503

Störung, die sich auch durch zunehmende Flexionskontrakturen bemerk- bar macht. Die Un¢erbindung der Aorta allein zieht eine unbeständige Störung der motorischen Funktion nach sich, die mit der unterschied- lichen LeistungsFähigkeit des Kollateralkreislaufes zusammenhängen dürfte (SHEPH]~RD 1952).

Entstehung und Dauer der Lähmung nach Anbringung des Tourniquets wurde vor allem in der klinischen Literatur (Lv.wis, PICK~Rr~G u. ROTSCHmD 1931, DE~~~ BROW~ u. BRE~~~~ 1944) erörtert. Auch in diesen Fällen kann sieh die motoßsche Funktion nach Lockerung des Tourniquets außerordentlich schnell erneuern, doch ist ein direkter Vergleich nicht möglich. Die schnelle Reversibilität der motorischen Strömungen in unseren Versuchen gab jedenfalls eine gute Möglichkeit, die Resti- tution des Stoffwechsels nach beendigter Ligatur zu beobachten.

II. Morphologische Veränderungen Eine Stunde nach Unterbindung der Aorta abdominalis und Vena

cava caudalis waren in den Muskeln keine Merkmale einer Ischämie anzu- treffen. Iqach länger dauernder Ligatur (24 Std) war eine Dilatation der Gefälle mit örtlichen kapiUaren Blutungen zu beobachten, wobei einige Muskelfasern den Verlust der Querstreifung erkennen ließen. Auch eine lang dauernde Lägatur zieht also keine ausgeprägten isehämisehen Veränderungen im Muskel nach sich, wahrscheinlich deshalb, weil der Kollateralkreislauf immer noch hinreichend leistungsfähig ist.

Bei den in verschiedenen Intervallen (4 und 24 Std) nach einstündiger Ligatur entnommenen Muskelpräparaten war eine größere Gefäßdflata- tion in den denervierten Muskeln 24 St4 nach Lockerung der Ligatur zu beobachten. Eine solche Dilatation war in den Normalmuskeln nicht zu finden.

III . Änderungen des Glykogengehalts a) Nach Unterbindung der Aorta abdominalis. Nach halbstündiger

Ligatur war das Sinken des Glykogengehalts statistisch nicht signifrkant (Tab. 1). Bei einer anderen Tiergruppe beobachteten wir die ~mderungen im Glykogengehalt 4 Std nach Aufhebung einer halbstündigen Ligatur. Der Kontrollmuskel wurde unmit telbar vor Aufhebung der Ligatur, der Versuchsmuskel 4 Std später entnommen. Wie aus Tab. 1 ersichtlich ist blieb der Glykogengehalt unverändert.

Nach einstündiger Unterbindung der Aorta abdominalis t r a t eine signifikante Verminderung des Glykogengchalts ein (P < 0,05; Tab. 1). 4 Std nach beendigter IAgatur war der Glykogengehalt derselbe wie un- mit telbar danach.

Ä"~nliche Versuche wurden an Tieren vorgenommen, bei denen 3 Tage vor dem eigentlichen Versuch beiderseits der N. ischiadicus hoch am Oberschenkel durchtrennt worden war. I m denervierten Muskel stieg der Glykogengehalt 4 Std nach Aufhebung der halbstündigen Ligatur um 23,80/0 (Tab. 1).

t~aunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. Pharmak. , Bd. 234 35

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504 O. HUnLICKÄ und E. GUTMANN:

Sowohl die hMbstündige als auch die e ins tündige Un te rb indung der A o r t a führ te also zu ve rhä l tn i smäß ig unbedeu tenden Ver~nderungen des Glykogengeha l t s , besonders im Normalmuske] . Der Kol l a t e ra lk re i s l au f i s t ausre ichend leis tungsfähig, was sich auch aus der schnellen Reversibi l i - t ä t der funkt ione l len Ver~nderungen ergab.

Tabelle 1. Änderungen im Glykagengehalt des M. tibialis von Ratten bei Ligatur der Aorta abdominali«

Eingriff

Normale Ratten 30 min dauernde Ligatur

B Std nach Lockerung der Ligatur

30 min dauernde Ligatur

Std nach Lockernng der Ligatur

3 Tage nach Durchtren- nung d. N. ischiadicus

30 min dauernde Ligatur

Std nach Lockerung der Ligatur

}0 min dauernde Ligatur

4 Std nach Lockerung der Ligatur

Glykogen in mg-% KontrollseiteM k !Versuchsseite M ] Mp~Me in Prozent

11

9

8

4

I l

709 i 653 92,9 ± 5,6

i

546~- 586

661 581

660~- 575

409 I- 424

305-t-

370

364~-

371

353

411

110,8 ± 6,8

*88,2 :~ 4,12

88,7 ± 15,3

102,5 :~ 4,85

"123,8 ~ 8,12

100,7 ± 15

116,5 ~ 15

Die Glykogenwerte in Milligramm-Prozent entsprechen den Durchschnittswer- ten der Einzelbestimmungen. Mp/Mk wurde bei jedem Tiere gesondert berechnet. Der Wert Mp/Mk in der Tabelle entspricht dem Durchschnittwert dieser Berech- nungen.

Die mit * bezeichneten Werte sind statistisch signifikant. Die mit ~- bezeich- neten Kontrollwerte drücken den Glykogengehalt unmittelbar vor Lockernng der Ligatur aus.

b) Nach Unterbindung der Aorta abdominalis und Vena cava caudalis. Eine S tunde nach App l ika t i on der L iga tu r sank das Glykogen u m 19°/0. W u r d e der Muskel 2, 4 und 8 S td nach Aufhebung der e ins tündigen Liga- tur , de r Kon t ro l lmuske l u n m i t t e l b a r vor Aufhebung en tnommen, so k a m es im Norma lmuske l zu keiner Resyn these des Glykogens. U m festzu- s tehen, ob das Glykogen im Norma lmuske l zu normalen W e r t e n zurück- kehr t , b e s t i m m t e n wir das Glykogen im M. t ibial is an te r ior von R a t t e n 24 S td nach Aufhebung der L iga tur . Der Glykogengeha l t in den Muskeln dieser R a t t e n be t rug M~ ~ 599 i 14,3 mg-°/o (8 Muskeln), M k ~ 601 i 17,2 mg-°/0 (10 Muskeln) wobei M k die Glykogenwer te in den Muskeln der

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Energieumsatz im normalenu, denerviert. Muskelb. gedrosselter Durchblutung 505

Kontrollgruppe darstellt. Nach 24 Std kehrte der Glykogenspiegel zur Norm zurück.

Analoge Versuche unternahmen wir an Tieren mit 3 Tage vor dem eigenthchen Experiment bilateral durchtrenntem N.ischiadicus (Tab. 2).

Tabelle 2. Änderungen im Glykogengehalt des M. tibialis von Ratten nach einstündiger Ligatur der Aorta abdominalis und Vena cava caudalis

]~ingriff Tierzahl Kontrol l - Versuchs M»/M~ in Prozent t =

seite M s seite Mp

Normale Ratten

1 Std nach Anlegung der Ligatur

2 Std nach Lockerung der Ligatur

4 Std nach Lockerung der Ligatur

8 Std nach Lockerung der Ligatur

3 Tage nach Durchtren- nung d. N. ischiadicus

1 Std nach Anlegung der Ligatur

2 Std nach Lockerung der Ligatur

4 Std nach Lockerung der Ligatur

8 Std nach Lockerung der Ligatur

14

5

8

7

615 498

443+ 429

4193- 400

2933- 267

349

287-]-

1763-

1143-

269

315

408

230

81,0 ~ 2,9 6,56

96,1 ~ 4,24

95,9 -4- 6,32

93,5 -4- 01,44

70,6 ± 3,98 7,4

121 -4- 22,8

251 -4- 41,3 3,68

221,9 ± 36,9 3,3

Die mit 3- bezeichneten Kontrollwerte drücken den Glykogengehalt unmittel- bar vor Lockerung der Ligatur aus.

Eine Stunde nach Anlegung der Ligatur sank der GlykogengehMt ähnlich wie bei den normalen Ratten. 2, 4 und 8 Std nach Loekerung der Ligatur setzte im denervierten Muskel die Resynthese des Glykogens ein, welche die unmittelbar vor Lockerung der Ligatur festgestellten Werte ziemlich stark überstieg (Abb. 1). Um den Befund zu bestätigen, daß die Resyn- these auch die Ausgangswerte des Glykogens im denervierten Muskel übersteigt, entnahmen wir bei einer weiteren Gruppe (6 Tiere) einen Muskel vor Anlegung der Ligatur, einen zweiten 4 Std nach ihrer Locke- rung. Die Glykogenwerte waren M k = 381 mg-°/o, Mr = 413 mg-°/o, M . / M k ~- 122,5 -4- 9,0°/0 .

35*

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506 O . H U D L T C K Ä u n d E . G U T M A N N :

Es kam also zu einer Resynthese des Glykogens, die signifikant die Ausgangswerte über t raf (P < 0,05). Eine gegenüber dem Normalmnskel erhöhte Resynthese des Glykogens 4 Std nach Lockerung der Ligatur

206 ! i

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# , ~ J ~ s ô , e s Abb. 1. Ve rände rungen im Glykogengehal t des nor- ma len und des denerv ie r t en 3[uskels . . . . bei Unter - b indung der Aor t a abdomina l i s und Vena e a v a caudalis . A u f der Abszisse: Zeit in Stunden, a u f der Ord ina te : P rozen t . Die Glykogenwer te bezogen a u f den Glykogen- gehal t vo r der L iga tu r (100%). 1 (Absz i s se )ze ig t die

Lockerung der L i g a t u r an

zeigte auch ein Versuch, in dem derN. isehiadicus 3 Tage vorher auf der einen Seite durehtrennt wurde, und die Muskeln 4Std nach Locke- rung der Ligatur entnommen wurden. Bei der Kontroll- gruppe (5 Tiere) war das Verhältnis des GIykogen- gehalts im denervierten und im normalen Muskel 70,2 ± 4,79o/0; bei der Versuchs- gruppe nach Ligatur (4 Tiere) stieg dieses Verhältnis auf 90,0 ÷ 3,28°/0 . Dieser Anstieg war hoch signifikant (P < 0,01).

Wir können also schließen, daß das Glykogen im dener-

vierten Muskel gegenüber dem Normalmuskel nach vorübergehender Ischämie in gesteigertem Maße resynthetisiert wird. Es ergeben sich folgende Fragen :

1. Warum ist die Resynthese im Normalmuskel herabgesetzt ? 2. Warum ist die Resynthese im denervierten Muskel erhöht ?

1. Verminderung der (Hykogenresynthese im Normalmuskel° Die Unterbindung der Aorta und Vene könnte ähnhch wie das Tourniquet zu schockähnlichen Zuständen führen, die eine ernste Störung des Energie- umsatzes hervorrufen.

GREEN U. STONER (1954) geben als Ursache dieser Störung den Verlust ener- getisch reicher Verbindungen (siehe auch BOLLMANIq U. FLOCK 1944, GRE~N u. STO~ER 1950, FESTISOVA 1954 U. a.), die Abnahme oxydativer Phosphorylierungen und schließlich den unvollständigen Zerfall der Kohlenhydrate an, der sich ähnlich wie in der Anaerobiose, durch Zunahme der Milchs~ure und Abnahme der Benz- traubensäure geltend macht.

Die Abnahme der Kreatinphosphorsäure stellten wir in unseren Ver- suchen unmittelbar vor Loekerung der Ligatur fest, 4 Std später über- stieg der Kreatinphosphorsäuregehalt signifikant die Ausgangswerte (P < 0,02; Tab. 3). Ebenso kehrten die 1 Std nach Loekerung der Ligatur erhöhten Milchsäurewerte binnen 4 Std zu den Ausgangswerten zurück (Tab. 4).

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Energieumsatzim normalen u. denerviert. Muskelb. gedrosselter DurchbluSung 507

Es kann also geschlossen werden, daß in unseren Versuchen weder eine dauernd gestörte Resynthese der energiereiehen Verbindungenl noch eih unzureiehender aerober Abbau der Kohlenhydrate eintrat, der sich iß einer Ansammlung von Milchsäure ausgewirkt hätte. Dem Schock k a m also keine entscheidende Bedeutung zu. Dafür sprechen auch die Giy, kogenwerte nach dern quasioperativen Eingriff (einstündige Expositior~

:ùl Tabelle 3. Kreatiuphosphorsäuregehalt in Muskeln nach Ligatur der Aorta abdominalis

und Fena cava caudalis

Eingriff Krea t inphosphorsäure in mg-%

Kontrol lmuskeln I Zahl Vers. N1uskeh~ Zahl '

Normalmuskeln

1Std nach Anlegung der Ligatur

4 Std nach Lockerung der Ligatur

3 Tage nach Durchtrennung des N. ischiadieus

1Std nach Anlegungder Ligatur

4 Std nach Loekerung der Ligatur

421±16,5

374±22,1

(20)

(20) l

246 ± 18,3 (14)

467 ± 9,2 (12)

88,5 :k 16 (14)

360 ± 25,1 (12)

Tabelle 4. Milchsäuregehalt bei Ligatur der Aorta abdominalis und Vena cava caudalis

Eingriff

Normalmuskeln

1 Std nach Anlcgung der Ligatur

Milchsäure in mg- %

Kontrol lmuskeln I Zahl

51,7±5,2 (20)

4 Std nach Lockerung der Ligatur

3 Tage nach Durchtrennung des N. ischiadicus

1 Std nach Anlegung der Ligatur 61,3 ± 3,6

4 Std nach Lockerung der Ligatur

Vers. Muskeln Zahl

81,5 ± 8,3 (12)

43,6 ~ 3,6 (11)

133,6 ! 13,9 (12)

57,9 ! 7,9 (11)

der Eingeweide und Manipulationen an den Gefäßen), der einen Schock auslösen könnte.

Ausgangswerte (11 Tiere) 513 A- 26,4 mg-O/0. Am Ende der einstündi- gen Exposition (5 Tiere) 604 4- 11,9 mg-S/o. 4 Std nach der Sutur der Bauehwand (5 Tiere) 450 4- 22,6 mg-S/0.

Gegen den Schock als entscheidenden Faktor spricht auch das Fehlen klinischer Schocksymptome und der gleiche Vitamin C-Spiegel in den Nebennieren 4 Std nach Lockerung der Lägatur (484 mg-S/0 ) wie bei den Kontrollt ieren (505 mg- °/o ).

Die Störung der Resynthese könnte ferner auch durch Gef/~ßspasmen bedingt sein, die durch die Ligatur infolge Reizung der die Gef~ße begleitenden sympathie schen •ervenfasem hervorgerufen werden. GRE~~r u. STO~ER (1950) geben an, daß

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508 O. HUDLICKX und E. GUTMANN:

nach Anlegung des Tourniquets/~hnliche Ver~nderungen auch bei der kontralateralen Extremi~i~t, sogar ziemlich welt -con tier Apphkationsstelle entferut, zu beobachten sAnd (siehe auch ~)~ S~ovmL~ 1956). Dieser Faktor scheint jedoch in unseren Ver- suehen nich$ yon entscheidender Bedeutung gewesen zu sein, da war nach alleiniger Liga~ur der Aorta keine StSrung der Gtykogenresynthese beobachten konnten. Aueh in Versuchen mi~ 6 Tage vorher 4urchgefiihrter Sympathektomie fanden war keine Unterschiede im Vergleieh zu Versuchen mat Tieren, deren Sympathicus intakt war. In dieser Versuchsserie (5 Tiere) wurde ein Muskel unmittelbar vor Locke- rung der Ligatur, tier zweite 4 Std spi~ter entnommen. :Der Glykogengehalt betrug

M~ = 508 rag-%, M~ = 487 rag-%, M ~ / M ~ = 97,1 ~ 8~/o . Die Sympathektomie, die wahrscheinlich spasmenverhindernd wirken sollte (Do~c- ~ o P ~ u. SKA~n¥ Sc~t~'E~ 1951), trug also nicht zur ErhShung der Glykogenresyn- these ~ei. Dem en~spricht auch das Ergebnis unserer Versuche mAt Tempe~tur- messungen des Muskels wi~hrend der Ligatur und 4 S~I nach ihrer Lockerung. Die rectale Temperatur andert sich, analog der Muskeltemperatur (Abb. 2).

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Abb. 2. Die Tempera~ur im ~Iuskel ~ und im ~ect[~m .... bei Unterbindung der Aorta abdomina- I~ un4 Vena cava caudalis. Auf der Abszisse Zeit in Minuten, auf der Ordinate o C. Der ~feil

zeigt die Lockerung der Ligatur

Es ist also anzunehmen , dab die verminder te Glykogenresynthese weder du tch eine Umsatzs tSrung als Begleiterscheinung des Sehocks, noch durch Spasmen bewirkt wurde, die bei Appl ikat ion der Ligatur ein- t r e ten kSnnen. M6glieherweise ist infolge tier Liga tur der EiweiBabbau un t e r dem EinfluB tier aus der Nebenniere ausgeschwemmten %-Iormone oder unmi t t e l ba r der IschKmie (siehe CVTnB~RSO~¢ 1954) gesteigert, und die Glykogenresynthese deshalb gest6rt , weAl die Energie zur E rneue rung tier EiweiBstrukturen verwendet ward. Fi i r diese A n n a h m e wiirde aueh der Befund eines s ignif ikanten EiweiBzerfalls in den 1V[uskeln nach Appli. ka t ion des Tourn ique t s ( G R ~ ¢ u. STO~CE~ 1950) sprechen.

2. E rh~hung der Glykogenresynthese nach voriibergehender Iseh~imie im denervierten Muskel. Es w£re m6glich, dab es im denervier ten Muskel w/ihrend der Isch/~mie nicht, zum Abbau der Kreatinphosphors/~ure

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Energieumsatz im normalen u. denerviert. Muskelb. gedrosseßer Durchblutung 509

kommt und daß daher die in der Restitutionsperiode durch den Gly- kogenzerfall freiwerdende Energie nicht zur Resynthese der Kreatin- phosphorsäure ausgenützt wird. In unseren Versuchen stellten wir jedoch im denervierten Muskel eine Stunde nach Anlegung der Ligatur eine stärkere Abnahme der Kreatinphosphorsäure fest als im Normalmuskel. 4 Std nach Lockerung der IAgatur war der Kreatinphosphorsäuregehalt bereits völlig restituiert (Tab.3 und Abb.3). Im denervierten Muskel (3 Tage nach Nervendurchtrennung) ist also die Resynthese der Kreatinphos- phorsäure nicht gestört, ob zwar während der Ischämie der Kreatinphosphorsäure- zerfall im Vergleich zum Normahnuskel erhöht ist.

Während der Ischämie ist begreiflicher- weise der anaerobe Metabolismus akzen- tniert, was sich in einer stärkeren Konzen- tration der Milchsäure im Muskel bemerkbar macht. Milchsäure kann unmittelbar zur Gly- kogensynthese im Herzmuskel und im Frosch- muskel beitragen (siehe WmKEL~ 1955), in geringerem Ausmaße sogar im normalen Skeletmuskel ( O ~ c ~ u. LIFsoN 1956). Dieser Anteil des Laktats an der Glykogenresynthese erhöht sich möglicherweise im denervierteu Muskel (SATo u. KAS~GAI 1953), was auch den Vorstellungeu ORBV, LIS von der Rück- kehr des denervierten l~[uskels auf eine nied- rigere phylogenetische Stufe entsprechen würde (ORBELI 1945).

Der Milchsäuregehalt steigt im denervierten Muskel während der Ischämie bedeutend stärker als im nor- malen Muskel (Tab. 4 und Abb. 3). Diese Tatsache und ebenso die schnelle Rück-

6•• ~ , - 700

%%

30g ~ - gO

20d i ,."

100 , " 1 1 0

0 0 2 3 S

Abb. 3. Krea t inphosphor säu re . . . . und NIilehs~ure . . . . in YI i l l igramm-Prozent im normalen (ausgezogene Linie) und im denerv ie r t en ]KuskeI (gestr ichel te Linie) bei Un te rb indung der A o r t a abdomina l i s und Vena cava caudalis. A u f der Abszisse Zeit in Stunden, a u f der 0 rd ina~e l inks Krea t inphosphor säu re in Mi l l ig ramm- Prozen t , rechts ~Iilchsäure in Mi l l ig ramm- Prozent . 1 (Abszisse) zeigt die L o c k e r u n g

der L i g a t u r

kehr des Milchsäuregehalts zu den Ausgangswerten weisen darauf hin, daß sich die Milchsäure im denervierten Muskel wirklich in größerem Maße an der Glykogensynthese beteiligen kann als im Normalmuskel.

Diese Vermutung sollte ihre Bestätigung in Versuchen finden, in denen wir den Muskel vor Applikation der Ligatur reizten, also einen Ein- griff vornahmen, der gleichfalls den Milchsäuregehalt steigert. Der M. tibialis anterior der einen Seite wurde direkt durch galvanischen Strom mittels Elektroden gereizt, die auf die Haut oberhalb des Muskels gelegt waren (Frequenz 120 min, 20 V, Gesamtzahl der Impulse 450). Nach beendigter Reizung wurde sofort die Aorta abdominalis auf 30 min unter- bunden und 2 und 4 Std nach Lockerung der Ligatur bflateral der M. tibialis anterior entnommen. Der gereizte Muskel war immer der

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510 O. HUDLICKÄ und E. GUTMA~~:

Versuchsmuskel (M»). Die Ergebnisse b r ing t Tab. 5. W u r d e der denerv ier te Muskel ohne A p p l i k a t i o n der L iga tu r gereizt , so kehr te der Glyk•gengehalt auch 4 S t d nach der Reizung n ich t zu seinen Ausgangswer ten zurück. W u r d e aber nach der Reizung die A o r t a abdomina l i s un te rbunden , so k a m es im denerv ie r t en Muskel zu einer ges te iger ten Glykogenresynthese , die nach

Tabelle 5. GlykogengehaIt im M. tibialis von Ratten nach direkter elektrischer Reizung und IAgatur der Aorta abdominalis

Glykogen in mg-% :Eingriff Tierzahl Kontroll- ~Vers. l~uske] M~,/Mä in Prozent

muskel/Mä /M~

Normalmuskeln

Sofort nach Reizung *

2 Std nach Reizung*

4 Std nach Reizung *

2 SSd nach Reizung u. Ligatur

4 Std nach Reizung u. Ligatur

3 Tage nach Durchtrennung des N. ischiadicus

Sofort nach Reizung *

2 Std nach Reizung *

i 4 401 i 77

4 J

8 648

8 574

4 223

i 701 488

I 39 i

20 ~ 2,0

122 4- 11,8

125 4- 5,1

111,2 ~ 7,8

83,3 :~ 3,0

18 ~ 1,4

82,0 ~: 5,1

4 Std nach Reizung* i 80,0 ~ 8,2 i

2 Std nach Reizung u. Ligatur 353 i 338 96,9 ~ 5,9

4 Std nach Reizung u.Ligatur 447 i 496 113,3 ~ 6,48

Die mit * bezeichneten Werte sind der Arbeit von BAss, GUTMA~~q U. VODICZÆ (1955) entnommen.

4 S td die ursprüngl ichen W e r t e überst ieg. Es i s t anzunehmen, daß die vorhergehende Reizung des Muskels die Milchsäuremenge e rhöht (LE- VI~E, HEC~TER U. SOSXIN 1941). Fe rne r i s t möglich, daß die Glykogen- resyn these in diesen Versuchen infolge Ausnü tzung des L a k t a t s ges te iger t war. I m N o r m a l m u s k e l bheb die vorangegangene Reizung ohne Einf luß a u f die Glykogenresyn these nach L iga tu r (Tab.5) . 2 und 4 S td nach Re izung übers t ieg im normalen Muskel das Glykogen die Ausgangswer te . W u r d e abe r sofor t nach Muskelre izung die A o r t a au f 30 min un te rbunden , so k a m es n i ch t zu dieser Erhöhung. Die unterschiedl iche Reak t ion des no rma len und des denerv ie r t en Muskels au f I sehämie nach vorangegange- ner Reizung zeigt Abb. 4.

Es i s t also möglich, daß die ges te iger te Glykogenresynthese im dener- v ie r ten Muskel nach I schämie teilweise durch eine erhöhte Utf l is ierung der Milehsäure bewi rk t war.

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Energieumsatz im normalenü, denerviert. Muskelb. gedrosselter Durchblutung 511

Diskussion Unsere Arbeit zeigt, daß der denervierte Muskel auf vorübergehende

Ischämie anders reagiert als der ]Normalmuskel, in dem wir in Überein- stimmung mit der bisherigen Literatur ein Absinken des Kreatinphos- phorsäure- und Glykogenspiegels und eine Zunahme der Mfichsäure während der Ischämie feststellten (Bo~MA~~ u. FLOCX 1944, McPEER- LA~E U. SI"OON~R 1946, WmGE~S 1950, FETISOVA 1954). Nach einstün- diger Isehämisierung kehren Kreatinphosphorsäure und Milehsäure binnen 4 Std zu ihren Ausgangs- werten zurück, während der Glykogengehalt in der selben Zeit nicht die Norm erreicht.

Im denervierten Muskel kommt es dagegen zu einer gesteigerten Kreatinphosphorabnahme und zu einer größeren Produktion von Milehsäure, nicht aber zu einer Störung der Glykogenresynthese wie im Normalmuskel.

Die gestörte Glykogenresynthese im Normalmnskel nach Lockerung der Ligatur ließe sich vielleicht als Folge- erscheinung des Schocks erklären. Unsere Kontrollversuehe zeigten aber nicht, daß in diesem Falle der Schock der entscheidende Faktor w a r . - Es wurde weiter vorausgesetzt, daß der Stoffwechsel während eines Schoeks vor allem durch eine Verschiebung gegen die Anaerobiose hin charakteri- siert sei und da1] die Veränderungen des Stoffwechsels im Schock und bei Anoxie parallel verlaufen (ENGEL, WrNTo~, LONG, 1943, ENOEL 1945).

i i / 4

- - • i d " f

i J

F y 0 i I

03gö0 720 2 ~ m i n ~ 0 3 8 ~ 120 min 2q0

Abb. 4. Glykogenresynthese im normalen (linke Hälfte des Diagramms) und im denervierten~uskel (rechte Hälfte des Diagramms) nach direkter Muskeireizung - - nach direkter Muskelreizung und Ligatur der Aorta . . . . . Auf der Abszisse Zeit in MJnuten, auf der Ordinate Glykogen in Prozent. 100°/0 = Glykogenspiegel im nicht gereizten Kontrollmuskel. Der :Nullwert drückt den Glykogengehalt sofort nach der l~Iuskelreizung aus

In unseren Versuchen hatte sich dagegen gezeigt, daß im denervierten Muskel trotz akzentnierter Anaerobiose bei Ischämie die Glykogenresynthese gesteigert war.

Eine weitere mögliche Interpretation der ungenügenden Glykogen- resynthese nach Ischämie im Æormalmuskel wäre die verminderte Blut- strömung nach Loekerung der Ligatur. Ernste ischämische Veränderun- gen im Muskel wurden oft mit arteriellen Spasmen erklärt (Lv.~:CHE 1935, COH~~ 1948), so vor allem die bei der sogenannten Volkmannsehen Parese festgestellten schweren ischämischen Läsionen (siehe BOWD~,~ u. GVTM_AN~ 1949). Die schnelle Reversibilität der beobachteten moto- rischen Störungen und das Fehlen ernsterer morphologischer Verände- rungen nach Ligatur der Aorta und Vene sprechen aber gegen die Exi- stenz eines Spasmus sowohl im normalen als auch im denervierten Muskel

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512 O. HUDLIeK~ und E. GUTMA~:

ebenso wie die Versuche mit Sympathektomie und Temperaturmessm~gen. Trotzdem ist nieht unbedingt die MSglichkeit auszusehlieBen, dab die St6rung des Kohtenhydratstoffwechsels im Normalmuskel bis zu einem gewissen Grade durch die verminderte BlutstrSmung als mSgliehe Folge der Ligatur verursacht sein kann. Eine solche Verminderung der Blut- strSmung besehreiben - - allerdings nach einer bedeutend l~nger dauern- den Iseh~mie - - LAMBERT, NEVEtr u. STEVENS (1951), KINMONTH, S I ~ E O ~ u. PERLOW (1949), ISS~KUTZ, ]-I~T~N-~ u. ~VINTEI~ (1955), Dr, SUO~:[LL~ (1956). In unseren Versuchen haben wit die BlutstrSmung nicht gemessen. Ffir die St6rung der Glykogenresynthese nach Isehi~mie im Normalmuskel kSnnen wit vorli~ufig keine befriedigende Erkl~rung geben; mSglieherweise wird die Energie zur Resynthese anderer w~hrend der Isch~mie abgebauter Verbbldungen verwendet, nicht nur der Kreatin- phosphors~ure, sondern auch der Eiweil3e (GREE~ U. STo~EI~ 1950).

Es ist unwahrscheintich, da{3 fiir die erhShte Glykogenresynthese im denervierten M.uskel die Steigerung der BlutstrSmung ein wichtiger Faktor ist (SEELI~G, LYON 1909). Dies kiime einer erh5hten Zufuhr yon Glukose und Sauerstoff gleich, die aber der denervierte Muskel unter normalen Bedingungen nicht auszuniitzen f~hig ist, zumal so bald naeh seiner Denervation (GuT~IA~, VODIfiKA, V ~ o v ~ 1954, HVDLICK~, V~BOVX 1958).

Die MSgliehkeit einer direkten Ausnfitzung der Milchsiiure zur Glyko- genresynthese im denervierten Muskel haben ~ r bereits frfiher erSr~ert. Es mii~te naehgewiesen werden, ob im denervierten Muskel ~ k l i e h eine Verschiebung des Stoffweehsels gegen die Anaerobiose bin in dem Sinne erfolgt, dab die Utilisierung einiger Metaboliten relativ gesteigert ist. Es ist somit unwahrscheinlieh, dab die prim~ren Ursachen der metabolisehen St5rungen in] denervierten Muskel vasomotorischer Art sind. Weitaus wahrseheinlicher handelt es sieh um eine StSrung in der Utisflierung oder Zufuhr yon Wirkstoffen.

Eine weitere M6glichkei~ schlieBlich besteht dar'm, daI~ der Saue~toffmangel im innervierten YIuskel durch Erregung der Muskelspindeln eine reflek~orische Dauererregung der motorischen Endpl~ten erzeugt, wghrend dies im denervierten Muskel nicht der Fall ist. Es w~re demnach vorstellb~r, dal~ der erh6hte Aktivit~ts- zustand des normalen Muskels die Ursache d~fiir is~, d ~ die Resynthese yon Glykogen langsamer erfolgt als im denervierten Muskel, bei welchen diese reflek- torisch ausgelSste Hyperaktivit~t nicht in Frage kommt.

Zusammenfassung

Wir untersuchten die Ver/~nderungen ira Glykogen-, Milehs~ure- und Kreatinphosphors~iuregehalt des normalen und denervierten M. tibialis anterior yon Rat ten nach Ligatur der Aorta abdominaIis und Vena cava eaudalis.

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Energieumsatz im normalenu, denerviert.Muskel b. gedrosselter Durchblutung 513

1. Eine S tunde nach A n b r i n g u n g der Ligatur , w/~hrend der es zu e inem vor i ibergehenden Verlust der motor ischen F u n k t i o n (Zehenspreiz- reflex) kam, sank der Glykogen- u n d Kreatinphosphors/~uregehalt . I m normalen Muskel k a m es im Verlauf yon 8 Std nach Lockerung der Liga- ¢ur zu keiner l~esynthese des Glykogens, w/~hrend im denerv ie r ten Muskel der Glykogegngehal t bereits nach 4 Std die Ausgangswerte iiberstieg. Der Kreat inphosphors / turegehal t kehrte im norma len u n d im 4enerv ie r ten Muskel 4 Std nach Lockerung der Liga tur zur Norm zuriick.

2. Der MilchsKuregehalt stieg w/~hrend der Isch/~rnie im clenervierten Muskel mehr an als im norma len und erreichte in beiden F~llen 4 Std nach Lockerung der Ligatur die Norm.

3. Es wird die MSglichkeit einer d i rekten Ausni i tzung der Milchs/iure zur Glykogenbi ldung im denervier ten Muskel bei Sauerstoffmangel er- 5r ter t .

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Dr. O. I~UDLICKA, Physiologisches Institut der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften, Praha. - - Dejoice, Na cviSi~ti 5. 2