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20 Dit~mar: Die Wege zum sofort einzubiii~en. Gegen eine elektrisehe I~eitung, (lie in einem Meta]ldrahte mehrere Hundert ~i]li- onen ~Ieter in der Sekunde zuriicklegt, spr~iche aber nieht nur die im Verg]eiche damit besch~mend lang- same Fortpftanzung des lqervenprozesses, sondern aueh der Mangel eines geschlossenen Stromkreises nnd das Feh]en einer wirksamen Isolierung, da viele 1N~erven und alte zentralen Bahnen hiillenlos sind und well das einen Tell der Iqerven nmhiillende Nervenmark, dem man eine iso]ierende Funktion zusprechen wollte, in Wirklichkeit ei~en vortreff- lichen Lelter fiir die Elektrizit~t ~ .gibt. VSllig r~tselhaft fiir beide Theorien der ~erven- leitung blieben aber aueh die Wirkungen wieder- holter Reize auf alle reizbaren Gebilde and speziell auf die protoplasmatischen Iqervenbahnen. In kurzen Intervallen anfeinanderfo]gende Relzungen bewirken n~m]ich anffinglich elne Erleiehterung der Leitung, so dab man dana mit schw~eheren Reizen in den l~erven selbst und den von ihnen innervierten Or- ganen dieselbe Wirkung hervorrufen kann wie mit stSrkeren Reizen vor dieser ,fidbung" oder ,Bahnung" der ~erven. Wird aber die Reizung :fort und fort wiederholt, dana tritt die entgegengesetzte Wirkung ein, indem in einem so ,,ermiideten" !7erven wieder st:~rkere Reize angewcndet werden mfissen, um den . . . . . ~1~÷~ ~V;~k+, z. B. -in~ Zuekung des Mns- kels hervorzurufen; und end]ich schwindet die Empfang!ichkelt vollst~ndig, der lqerv ist in einen lhhmungsartigen Zustand verfal]en. G5nnt man ihm jetzt eine Reizpause, dann kann er sich wieder ,,er- holen" und er kann sogar seine friihere Ernpf~ing- liehkeit fiir sehwache Reize wieder erlangen. L~Bt man abet auf den unempf~nglich gewordenen ~er- yen noch framer die Reize einwirken, dann fo]gt auf die L~hmung eiue de_finitive ErtStung des reiz- leitenden Protoplasmas. Ffir all das bietet uns aber weder die Ausbreitung einer Wellenbewegung durch sehwingende :Massenteilehen noeh die Ausgleichung yon Spannungsdifferenzen in einem elektrischen Leiter aueh nur die allerentfernteste Analogie; and wir kSnnen daher sehon mit l~iicksicht auf diese Gruppe yon Erscheinungen beide Arten der Reizfort- pflanzung filr das lebende Protoplasma mit Be- stimmtheit aussehlieBen. Schon dieser fliiehtige Uberbliek hat uns also ge- zeig% day keine der gangbaren Theorien uns in die Lage versetzt hat, mit ihrer Hilfe aueh nut zu einem halbwegs befriedigenden Verstiindnis der in den Organismen und speziell im lebenden Proto- plasma ablaufenden VorgSnge zu gelangen. Der Vergleich des lebenden KSrpers mit einer kalorisehen ~[asehine hat ebenso versagt wie die Ubertragung der pr~paratorischen Fermentspaltungen, die der Assfinilatlon der Nahrungstoffe vorhergehen mils- sell, auf den gesamten Stoffwechsel; und die ad hoc ersonnenen Sehwlngungen der :protoplasmarnolekiile haben sich fiir das Verst~ndnis der Lebensersehei- nungen als ebenso wertlos erwiesen wie der Verglelch des Muskels mit einer Dynamomaschine, der Iqer- venbahnen mit Telegraphendr~thten and der Gang- lienzellen mit galvanischen Batterlen. I)ieser allen popular gewordenen Lebenstheorien gemeinsame 5iil]erfolg mfil]te aber doeh eigentlieh kiinstlichen Kautschuk. F Die Natur- kwissenschaften den Verdaeht erwecken, ob er nlcht, dadurch ver- schuldet sein kSnnte, dab sie alle yon Hans aus an einer irrtiimlichen Yoraussetzuag kranken. ]~in solches ,,proton pseudos" kSnnte z. B. in der noeh immer stark verbreiteten Annahme gelegen sein, dat.i der Stoffwechsel unter einem undefinierbaren ,,Ei~ fluB" des :Protoplasmas vor sich gehe, dab abcr dieses selbst und seine chemlsehen Einheiten yon diesem Wechsel entweder gar nicht oder nay in ganz geringem 3V[ai]e betroffen seien. Dieses Protoplasm, mii~te also die schwer anziindbaren und schwer ver- brenn]ichen Stoffe in vSlllg r~tselhafter Weise an- ziinden, mfil3te aber selbst bei dieser Anziindung nnd umgeben yon brennenden Nahrungsstoffen unver- sehrt blelben oder dabei hSehstens ein wenig ,,ab- geniitzt" werden. Oder es miil3te wie ein verdauen- des Ferment auf die in seiner Niihe befindlichen Stoffe katalytiseh wirken, miiBte abet doch auf Kosten derselben Stoffe, die es zersetzt und in nicht mehr asslmilierbare Auswurfstoffe verwandelt, wachsen and sich regenerleren kSnnen. Oder das :protoplasma miiBte elektrische StrSme erzeugen, welche die schwer zersetzbaren Nahrungstoffe zer- legen, aber seine eigenen, iiberaus zersetzlichen )iole- kiile verschonen. Anstatt aber den so naheliegendel~ Versuch zu machen, ob man nicht alle diese Schwie- rigkeiten nnd Widerspriiche vermeiden kSnnte, wenn man alle Nahrungstoffe zum Aufbau der hoch- komplizierten :Protoplasmamolekiile verwenden liege und alle Stoffwechse]produkte yon dem Zerfa]le dieser iiberaus zersetzlichen )/[olekiile herleiten wiirde, and ob man nicht auf diesem Wege das heiL~ ersehnte Ziel erreichen kSnnte, ,,die gesamte Phy- siologie in physiotogische Physik nnd physiologische Chemie aufzulSsen" (Lehmann 1859), ist man auf dem besten Wege, die urn die ~¢[itte des vorigell Jahrhunderts scheiabar fiir framer verabschiedete Lebenskraft entweder unter ihrem alten Namen oder unter irgend einem I)ecknamen- ]~ntelechie, I)omi- nanten, intettigeate Lebenskr~fte u. dgl. -- wieder feiertich zu rehabilitieren. In den ~olgenden Absehnitten so]l nun an dc~ einzelnen Lebenserseheinungen gezeigt werden, wie wenig ]~erech¢igung dleser Riickfall in einen ms- stischen Vitalisraus besitzt, der sich framer als efi~ [Iemmsehuh fiir die Erforschung der wahren Zu- sammenh~nge erwiesen hat. Die Wege zum kiinstlichen Kautschuk. Von Dr. Rudolf Ditmar, Graz. (Kautschuklaboratorium.) Erst 1879 gelang es M. G. Bouchardat, Kaut- sehuk zum erstenmal synthetisch in kaum w~g- baren ~[engen aus Isopren herzustellen. 1904 kl~irte :Professor C. Harries die Konstitution des Kautschuks teilweise auf. ~ach diesem rein wissenschaftlichen Schritt ritt nun ein kleincs F~hnlein ehemiekundiger ]~nner der Elber- felder Farbe.,~tabriken Friedr. Bayer & Co., an deren

Die Wege zum künstlichen Kautschuk

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Page 1: Die Wege zum künstlichen Kautschuk

20 Dit~mar: Die Wege zum

sofort einzubiii~en. Gegen eine elektrisehe I~eitung, (lie in einem Meta]ldrahte mehrere Hunder t ~ i ] l i - onen ~Ieter in der Sekunde zuriicklegt, spr~iche aber n ieht nur die im Verg]eiche damit besch~mend lang- same For tpf tanzung des lqervenprozesses, sondern aueh der Mangel eines geschlossenen Stromkreises nnd das Feh]en einer wirksamen Isolierung, da viele 1N~erven und alte zentralen Bahnen hiillenlos sind und well das einen Tell der Iqerven nmhii l lende Nervenmark, dem man eine iso]ierende Funkt ion zusprechen wollte, in Wirkl ichkei t ei~en vortreff- l ichen Lelter f i ir die Elektr iz i t~t ~ .gibt.

VSllig r~tselhaft fi ir beide Theorien der ~erven- lei tung blieben aber aueh die Wirkungen wieder- holter Reize auf alle reizbaren Gebilde and speziell auf die protoplasmatischen Iqervenbahnen. I n kurzen Interval len anfeinanderfo]gende Relzungen bewirken n~m]ich anffinglich elne Er le iehterung der Leitung, so dab man dana mi t schw~eheren Reizen in den l~erven selbst und den von ihnen innervier ten Or- ganen dieselbe Wirkung hervorrufen kann wie mi t stSrkeren Reizen vor dieser ,fidbung" oder ,Bahnung" der ~erven. Wi rd aber die Reizung :fort und fort wiederholt, dana t r i t t die entgegengesetzte Wi rkung ein, indem in einem so , ,ermiideten" !7erven wieder st:~rkere Reize angewcndet werden mfissen, um den . . . . . ~ 1 ~ ÷ ~ ~V;~k+, z. B. -in~ Zuekung des Mns- kels hervorzurufen; und end]ich schwindet die Empfang! ichkel t vollst~ndig, der lqerv ist in einen lhhmungsart igen Zustand verfal]en. G5nnt man ihm jetzt eine Reizpause, dann kann er sich wieder ,,er- holen" und er kann sogar seine fri ihere Ernpf~ing- l iehkeit fi ir sehwache Reize wieder erlangen. L~Bt man abet auf den unempf~nglich gewordenen ~ e r - yen noch framer die Reize einwirken, dann fo]gt auf die L~hmung eiue de_finitive Er tStung des reiz- lei tenden Protoplasmas. Ff i r all das bietet uns aber weder die Ausbre i tung einer Wellenbewegung durch sehwingende :Massenteilehen noeh die Ausgleichung yon Spannungsdifferenzen in einem elektrischen Lei ter aueh nur die al lerentfernteste Analogie; and wir kSnnen daher sehon mi t l~iicksicht auf diese Gruppe yon Erscheinungen beide Ar ten der Reizfor t - pf lanzung fi lr das lebende Protoplasma mi t Be- s t immthei t aussehlieBen.

Schon dieser fl i iehtige Uberbliek hat uns also ge- zeig% day keine der gangbaren Theorien uns in die Lage versetzt hat, mi t ihrer Hi l f e aueh nu t zu einem halbwegs befriedigenden Verstiindnis der in den Organismen und speziell im lebenden Proto- plasma ablaufenden VorgSnge zu gelangen. Der Vergleich des lebenden KSrpers mi t einer kalorisehen ~[asehine hat ebenso versagt wie die Ubert ragung der pr~paratorischen Fermentspal tungen, die der Assfinilatlon der Nahrungstoffe vorhergehen mils- sell, auf den gesamten Stoffwechsel; und die ad hoc ersonnenen Sehwlngungen der :protoplasmarnolekiile haben sich fiir das Verst~ndnis der Lebensersehei- nungen als ebenso wertlos erwiesen wie der Verglelch des Muskels mi t einer Dynamomaschine, der Iqer- venbahnen mi t Telegraphendr~thten and der Gang- lienzellen mi t galvanischen Batterlen.

I) ieser allen popular gewordenen Lebenstheorien gemeinsame 5iil]erfolg mfil]te aber doeh eigentlieh

kiinstlichen Kautschuk. F Die Natur- kwissenschaften

den Verdaeht erwecken, ob er nlcht, dadurch ver- schuldet sein kSnnte, dab sie alle yon Hans aus an einer i r r t i imlichen Yoraussetzuag kranken. ]~in solches ,,proton pseudos" kSnnte z. B. in der noeh immer stark verbreiteten Annahme gelegen sein, dat.i der Stoffwechsel unter einem undef inierbaren ,,Ei~ fluB" des :Protoplasmas vor sich gehe, dab abcr dieses selbst und seine chemlsehen Einhei ten yon diesem Wechsel entweder gar nicht oder nay in ganz geringem 3V[ai]e betroffen seien. Dieses Protoplasm, mii~te also die schwer anziindbaren und schwer ver- brenn]ichen Stoffe in vSlllg r~tselhafter Weise an- ziinden, mfil3te aber selbst bei dieser Anziindung nnd umgeben yon brennenden Nahrungss toffen unver- sehrt blelben oder dabei hSehstens ein wenig ,,ab- geniitzt" werden. Oder es miil3te wie ein verdauen- des Ferment auf die in seiner Niihe befindlichen Stoffe katalyt iseh wirken, miiBte abet doch auf Kosten derselben Stoffe, die es zersetzt und in nicht mehr asslmilierbare Auswurfstoffe verwandelt, wachsen and sich regenerleren kSnnen. Oder das :protoplasma miiBte elektrische StrSme erzeugen, welche die schwer zersetzbaren Nahrungstoffe zer- legen, aber seine eigenen, iiberaus zersetzlichen ) iole- kiile verschonen. Ans ta t t aber den so naheliegendel~ Versuch zu machen, ob man nicht alle diese Schwie- r igkei ten nnd Widerspri iche vermeiden kSnnte, wenn man alle Nahrungstoffe zum Aufbau der hoch- komplizierten :Protoplasmamolekiile verwenden liege und alle Stoffwechse]produkte yon dem Zerfa]le dieser iiberaus zersetzlichen )/[olekiile herleiten wiirde, and ob man nicht auf diesem Wege das heiL~ ersehnte Ziel erreichen kSnnte, ,,die gesamte Phy- siologie in physiotogische Physik nnd physiologische Chemie aufzulSsen" (Lehmann 1859), ist man auf dem besten Wege, die urn die ~¢[itte des vorigell Jahrhunder t s scheiabar f i ir framer verabschiedete Lebenskraf t entweder unter ihrem alten Namen oder unter i rgend einem I ) e c k n a m e n - ]~ntelechie, I)omi- nanten, intet t igeate Lebenskr~fte u. dgl. - - wieder feiertich zu rehabil i t ieren.

I n den ~olgenden Absehnit ten so]l nun an dc~ einzelnen Lebenserseheinungen gezeigt werden, wie wenig ]~erech¢igung dleser Ri ickfal l in einen ms- stischen Vital israus besitzt, der sich framer als efi~ [Iemmsehuh fi ir die Erforschung der wahren Zu- sammenh~nge erwiesen hat.

Die W e g e z u m k i i n s t l i c h e n K a u t s c h u k .

Von Dr. Rudolf Ditmar, Graz. (Kautschuklaborat orium .)

Ers t 1879 gelang es M. G. Bouchardat, Kaut - sehuk zum erstenmal synthetisch in kaum w~g- baren ~[engen aus Isopren herzustellen. 1904 kl~irte :Professor C. Harries die Konst i tu t ion des Kautschuks teilweise auf. ~ a c h diesem rein wissenschaftl ichen Schr i t t r i t t nun ein kleincs F~hnlein ehemiekundiger ] ~ n n e r der Elber- felder Farbe.,~tabriken Fr iedr . Bayer & Co., an deren

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Heft L ] Ditmar: Die Wege zum 3. I. 1913.3

Spitze Dr. Fritz Hof'mann stand, in die Sehranken, um die Pha lanx zu durehbreehen, welehe sieh noeh der Umsetzung der wissensehaftl iehen Erfolge in die Grogtechnik entgegenstel]te. Der Einzelne war dieser grogen Aufgabe gegeniiber so gut wie maetlt- los, seine Mit te l waren zu schnell erschSpft, die GroBindustrie mul]te hier eintreten, deren Lage es gestattet , ira Notfa l l auch einmal ftir lediglieh nega- tive Versuche elne siebenstellige Zaht auf die Debet- seite ihres Hauptbuches zu schreiben. Am 11. Sep- tember des J ahres 1909 wurde jenes denkwiirdige Pa ten t yon den Farbenfabr iken v0rm. Fr iedr . Bayer & Co. zu Elberfeld eingereicht, nach we]chem zum erstenmal kiinstl icher Kautschuk in der Grogtechnik hergestellt wurde. Dieser Pa tentansprueh lautete: , ,Verfahrea zur I Iers te l lung yon kiinstl ichem JKaut- sehuk, dar in bestehend, dab man synthetisches Isopren mit oder ohne Zusatz yon die Polymerisat ion befSrdernden Mit te ln auf Temperaturen unter 250 o erwiirmt." Die geist igen Urheber dieses yon den Farbenfabr iken angemeldeten Patentes waren Dr. Fritz Hofmann und Dr. Carl Coutelles, Hof- mann*) hat te yon Amts wegen a]s pharmazeutischer Chemiker in den Farbenfabr iken nichts mi t Kaut- schuk zu tun. Durch die Lektfire eines Vortrages des Londoner Professors Dunstan wurde er zufiil]ig auf das Kautschukprob]em aufmerksam, die groge Aufgabe reizte ihn. t l a ld nachher ste]lten die Farbenfabr iken in Elberfe ld eine ganze Reihe yon erstklassigen Chemikern in den Dienst dieser Auf- gabe, so Merling, Meisenburg, Delbriick, Gottlob, K6hler, Jonas, Bggemann und :I'schunkur, die ihr bestes KSnnen zur LSsung des Problems heranzogen. Bald t ra ten aueh andere Fabr iken und Einzel- erf inder in Deutschland sowie in den i ibrigen L~n- dern an die t Ie rs te l lung yon kiinstl ichem Kautschuk heran, so die F i rmen : ]~adische Anil in- und Soda- fabrik (Ludwigshafen), Schering (Berl in) , die ehemische Fabr ik FlSrshelm (Dr. I-I. Noerdl inger) und die Gesellsehaft fi ir Teerverwertung (Duisburg- Meiderieh).

Die weltwirtsehaft l iche Bedeutung der kiinst- lichen Hers te l lung des Kautschukkolloids di irf te selbst jedem Laien klar sein. Trotzdem seien hier einige statist isehe Angaben zur ]~rlauterung ange- fi ihrt , welche Dr. Fritz Hofmann gelegentlich seines berfihmt gewordenen Vortrages in Fre ibnrg machte. Die deutschen Aktienreedereien einschlieglich der beiden grol]en hanseatischen Gesellschaften Lloyd und Hapag mit ihren riesigen Flo t ten arbei ten mit einem Betr iebskapi ta l yon ½ Mil l iarde Mark, die Ni l l ionens tadt Berl in hat einen Jahrese ta t yon

MiUiarde Mark. Kautschukwaren abet werden pro Jahr fiir 8 Milliarden Mark umgesetzt; zu ihrer Fabrikation wird fiir 1 Milliarde Rohgummi ver- braucht. Das Kautschukproblem ist also, was den Geldeswert angeht, weitaus das grSfite, das bisher die ehemisch technische Wel t besch~ftigt hat. Jedes Prozent vom We]tkonsum, das die Synthese sich er- obert, repr~sentiert zurzeit einen Wer t yon zehn

*) Dr. Fritz tlofmann. ,,Der syntbetische Kautschuk vom Standpunkt der Technik." Vortrag, gehalten in der Festsitzung der ttauptversammlung des Vereins Deutscher Chemiker zu Freiburg i. Breisga.u.

kiinstl iehen Kau~schuk. 21

Miltionen Mark. Dabei s teigt der Bedarf noeh j~hrlieh urn 5 bis 10%. 250 000 kg miissen pro Tag hergestell t werdcn, um die derzeitige Wel tprodukt ion zu sehaffen. In wenlgen Jahren dt i rf te die Zahl noeh ganz erheblieh hSher sein. Nehmen wit an, aus dem dafi i r nStigen Ausgangsmater ia l l iegen sieh 25% Gummi gewinnea, so wiirde eine solehe Fabr ik tSglich 1 Mill ion Kilo yon dieser Muttersubstanz brauchen, und ¾ Millionen Kilo Nebenprodukte wiirden sleh aufspeieherm Die Nebenprodukte bilden ein neues schwieriges Problmn zu der Fi~lle der sehwlerigen alten Aufgaben. Was soll mi t diesen vielen Nebenprodukten geschehen? E in reiehes Feld erSffnet sich da fiir die ehemisehe Beaekerung. Vielleieht steeken in diesen Nebenprodukten noch sehr wertvolle Substa~lzen; es wird mi t ihnen einmal iihnlieh ergehen, wie mi t dem Teer, der seinerzeit a l s lgstiges Abfal lprodukt in den Gasansta l ten au~- geh~uft wurde.

Naturkautschuk*) ist ein Polymerisa t ionsprodukt aus zwei :Molekiilen Isopren; man nennt diesen Kautschuk deshalb aueh , , Isoprenkautsehuk". Dieser Kautsehuk wurde zuerst wissenschaftl ieh erforscht, also abgebaut und naehher synthesiert . Die inten- sive Beseh~ft igung mi t dem Isoprenkautsehuk f i ihr te alsbald zur Erkenntnis , dab sich auch noch andere Kautschuke dm'eh Potymerisa t ion yon 1.3-Butadien und seinen Derivaten, welehe dem Isopren chemisch verwandt sind, herstel len lassen miissen. Dies gelang tatsachlich Dr. Fritz Hofma~n und Professor C. Harries**). Es ist n icht ausge- schlossen, dal~ sehon vor C. Harries Prof. L. Kon- dalcow ~hnliehe Kautsehuke im Jahre 1900 in Hiinden gehabt hat (aus Dimethy l -2 - -3 -Butad ien) , sicherlich aber war ihm der Zusammenhang mi t dem Isoprenkautschuk nicht bekannt.

Bei diesem Ergebnls blieb die Wissensehaf t noeh nicht stehen. Produzier t die Na tu r blol] den nor- malen Isoprenkautschuk, so bewies die Chemie, dab sie noch mehr kann. Dureh eine andere ~¢fethode der Polymerisat ion der erwahnten KoMenwasser- stoffe, namlich durch Nat r ium, erhiel t C. Harries wieder anders chemisch konst i tu ier te Kautschuke, denen er den Namen , ,Natr iumkautschuke" gab. Wenn Fritz Hofmann seinen ¥ o r t r a g zu Fre iburg i. Breisgau mi t dem Satze begann , ,Kunst und Na tu r sei Eines nur", dana muB man wohl sagen, dal~ diesem glgnzenden Synthet iker eine Bescheiden- heit innewohnt, welche nur ganz groBen 1V[enschen eigen ist.

Nachdem nun die Wege yore Butadien, seinen ti[omologen und Analogen zum IKautschuk geebnet sind, beschiiftigt den prakt ischen Chemiker eine noch viel wichtigere Frage, n~mlieh die billige DarstelIung der Ausgangsprodukte f i i r die :Kaut- sehuksynthese. /~[it diesem grol]en Problem be-

*) ,,Die Synthese des Kautschuks" von Dr. Rudolf Ditmar. Verl. yon Theodor Steinkopff, Dresden.

,,Uber synthetischen Kautschuk" voa Professor L. Kondal~ow, Dorpat.

~*) E. Harries. ,,f~ber Kohlenwasserstoffe der Buta- dienreihe und fiber einige ~us ihnen darstellbare kiinst- liche Kautsehuk,~rten." AnnMen d. Chem. 19ll. S. 157 bis 227.

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sch:~iftigt sieh gegenwartig die li2autsehukchemie auf des allerintensivste. Da sind nun die verschie- densten Wege eingeschlagen worden.

F i i r die Elberfe]dcr Farbenfabr iken kommt na- t i ir l ich in erster Linie der SleinIcohlenteer als Aus- gangsprodukt in Betracht. Dieser Steinkohlenteer ist bekanntl ieh ein Nebenprodukt der Leucht- gasfabr ikat ion und der Koksdarstel lung. Da- neben l iefern unter gewissen Unlstiinden Teer als Abfal lprodukt : die Generatorgasdarstelhlng, der Eisenhochofenbetrieb, die Wassergas- und die 0]- gaserzeugung. Dureh Dest i l la t ion wird der Tear in 4 Frak t ionen zerlcgt:

1. des LeichtS1 bis ca. 180"; 2. des NittelS1 his etwa ~40 o, worin haupts~ch-

lich Naphtha l in und Phenole enthal ten sind; 3. das SchwerS1 bis ungef~hr 300 o, enth~lt vbr-

nehmlich die KreosotSle ; 4. das AnthrazenSl bis 400 0.

Im Mittel51 und im Schwergl f inder sich nun ein Koh!enwasscrstoff, des p-Kreso], vor. Von diesem geht Dr. Fritz Hofmann aus und verwandelt es in Isopren.

Eine aus tcau]casischem Petroleum gewonnene F rak t ion vom Siedepunkt 70 ° bis 100 o l iefert Erythren in einer Ausbeute, welche nach einem Paten te der Farbenfabr iken vorm. Fr iedr ich Bayer & Co. die technisehe Verwertung des Ver- fahrens ermSglicht. Das Verfahren bestcht darin, dab man das Petroleum bzw. Petroleumfrakt ionen oder -rtickst~nde mi t t I i l fe yon heil]en Kontakt- kSrpern oder heigen Ftaehen zersetzt und aus den so erhiil t l ichen Gasgemisehen das Erythren abscheidet.

Der Londoner Chemiker Arthur Heinemann be- niitzt ein Gemisch von Azetylen, Xthylen und Methylchlorid als Ausgangsmater ia l zur Darstel lung von Kautsehuk. Er lei tet dieses Gemiseh durch ein auf beginnende Rotglut erhitztes Rohr.

Derselbe Heinemann stellt aus Stiirke L~vulin- saure her, verwandelt diese mit Ph0sphortr isnlf id zu Afethylthiophen und reduziert des ~Iethylthiophen zu Isopren.

Die Stiirl~e als Ausgangsmater ia l fi ir die Dar- stellung yon synthetischem t~autschuk zu beniitzen, stellt deshalb einen gliicklichen Gedanken vor, well St~irke ein sehr billiges Naturprodukt ist, welches man iiberall gewinnen kann. So arbeitete denn auch W. H. Perkin jun. in Manchester ein recht inter- essantes Verfahren aus. Durch einen G~rungsprozeB nach Professor Fernbach entsteht aus Starke Fuse]- 61. Dieses FuselS1 enth~lt einen hohen Prozentsatz n -Bu ty l a tkoho l , welcher mi t Sahs~nre behandelt Butylehlor id gibt. Letzteres wird im Pimappara te ehloriert. Aus den erhaltenen Chloriden gewinnt man beim ?dberhitzen tiber erhitzten Nat ronkalk Bntadien.

Aueh aus Fuselgl stellt W. H. Perkin jan. Isoamylalkohol her, welcher in dersclben Weise wie oben behandelt Isopren in eJner Ausbeute yon 40% der theoretischen l i d e r t .

C. Harries geht vom Allcohol aus, ve rwanddt diesen in Essigs~ure, diese in Aeeton, welter in tert i i iren Amylalkohol und danu in Trimethyl-

Ditmar: Die~Wcge zum kiinstliehen Kautsehuk. [ Die Natur- [wissenschaftea

~tthylen. Letzteres verwandelt er nach Ipat iew in Isoprcn.

J. Blum unterwir f t Torf mit Wasser bei ciner Temperatur yon 60 0 C. dcr Fermenta t ion und erh~lt eine Masse, i n we]chef sich Isopren vorfindet.

Weniger gliicklieh scheinen alle jene Methoden zu sein, welehe zur Darste l lung der Ausgangskohlen- wasserstoffe f i i r Kautschuk vom TerpentinSl (Tilden, WoltereclG Wallace, Silberrad, Gottlob) oder anderen Terpenen (Staudinger u. Klever, Badische Ani l in- und Sodafabrik, H a r r i e s ) a u s - gehcn. Diese lie:fern allerdlngs g]att sehr reines Isopren, allein fiir die bill ige I Iers te l lung eines Naturproduktes yon einem verhfiltnism~13ig teuren Naturprodukte auszugehen, erscheint wohl kaum rentabe]. Auflerdem wiirden die im t t ande t vor- kommenden Terpene wie TerpentinS1 usw. kanm ge- niigen, urn den Riesertbedarf der Welt an Kautsehuk decken zu kSnnen. E in sehr weitgehendes und um- fassendes Pa ten t wurde in dieser Richtung Dr. Kurt Gottlob erteil t miter dem Ti te l : , ,Verfahren zur Herste l lung yon zur ~ber f i ih rung in Kautschuk- oder kautsehukartJge Massen geeigneten Kohlenwasser- stoffen". ])as Verfahren, welches auf der Zer- setzung yon Terpenen beruht, is t dadurch gekenn- zeichnet, dab die Terpene der Einwirkung einer Energiequelte so kurze Zeit ausgesetzt werden, daI~ keine wesent]iehe Zersetzung der gebildeten Diole- fine sat tf indet .

Azeton ]iefert bei der Behandlung mi t Na- t r ium ein Paraff inglycol , das Tetramethyli i thylen- glycol, welches nach seiner Kr i s ta l l fo rm (nl ,af= TafeI) auch P inakon genannt wlr& Erh i tz t man dleses P inakon mi t geringen Mengen yon Sehwefel- s~ure oder aromatischen bzw. al iphatischen Sulfo- s~uren, so erh~ilt man ~-y-Dimethylcrythren, welches dureh Polymerisat ion in einen Homologenkautschuk, in den ~-y-Dimethylerythrcnkautschuk, iibergeht. Dieser Kautsehuk stcllt ein schr labiles Produkt vor.

E in hgufiger Begleitcr des Pinens in aen Tcr- pentin- und KienSlen ist des Nopinen. Die chemisehe Fab r ik auf Akt ien (vorm. E. Schering) in Berl in ha t ein Verfahren zur Darstel lung von Isopren angcmeldet, welches dar in besteht, dab man Nopinen auf hShere Temperaturen erhitzt . Aueh diese Nethode der Isoprendarstel lung geht yon einem recht teuren Naturprodukt aus, dessen Preis sofort bedeutende Steigerungen erfahren wiirde, wollte man diese Methode in der GroBteehnik an- wendell.

An solehen fi ir die Praxis kaum je verwendbaren Darstel lungsmethoden zur HerstelIung der Ansgangs- produkte f i i r die Kautsehuksynthese ist die neueste Pa t en t l i t e r amr ~iberaus reich.*)2V£an kann allerdings niemals in der Grot~industrie vorhersagen, welehe Methoden dureh die Verwertung irgend eines neuen Abfal lproduktes oder durch eine vereinfaehte Dar- stellung eines bisher teuren Ausgangsproduktes plStzlieh groBen Wer t gewinnen.

~) Dr. Oskar Kausch. ,,Tabellarische 19bersieht der P~tente und wiehtigsten Ver6ffentliehungen betreffend die Kautsehuksynthese und die ttersteltung der hier- zu erforderliehen Ausgangsstoffe." Die Kunststoffe. [I. Jahrg., Nr. 18, 1912, S. 341 ff.

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a. I, 191a.J

Es w~re verfri iht , schon heute ein absehliet]endes Urtei l dari iber abgeben zu wollen, welcher Weg sich zur Synthese der Ausgangsmater ia l ien fiir die t t e r - stellung des Xautschuks in der GroBtechnik er- folgreich behaupten wird. Dies hiingt yon so vielen Fak toren ab, dal~ nm. der Erfo lg selbst das entscheldende Wort sprechen wird. Daf t i r s ind nicht a]lein die besten Ausbeuten, die bi l l igsten Ausgangs- stoffe, die einfachsten Anlagen, die geringste Anzahl der tYberg~nge yon einem KSrper in den anderen usw. bestimmend, f t i r solche Fragen sind auch ArbeitslShne, Kra f t , Transport , Steuern, Pre is des Naturkautschuks und noch viele andere Faktoren yon einschneidender Bedeutung.

Wenn ein endgii l t iger Beweis f i i r die Rentabi- l i ter eines Verfahrens auch nut dureh die PraMs gef i ihr t werden kann, so seien doch die verschiedenen Ausgangswege in technischer Beziehung diskutiert . Steinkohlenteer, Petroleum, Azetylen, Stgrke, Fusel - 51 und Tor£ sind fast in jedem Kul tur lande, in we]chem auch Gummiindus t r ie betrieben wird, in unbeschr~nktem 3£a/]e zu erhalten. Ff i r St~rke sind die Chancen am grSl]ten, well dutch sie die Dar- stellung yon K a u t s c h u k auch in industr iearmen, ackerbaureiehen Gegenden erm6glicht wird. Aze- tylen als Ansgangsmater ia l wird f i i r Gebirgsl~nder mi t ihren reichen Wasserkraf ten in Betracht kommen. Mit dem Alkohol hingegen hat es durch die Besteuerung desselben seine Schwierigkelten. l~ber die aussichtslose Verwendung yon TerpentinS1 wurde schon berichtet. Azeton kann in kurzer Zei t sehr bil l ig werden. Was d i e Darstel lungsmethoden selbst der ButadienkoMenwasserstoffe anbetr iff t , so sind alle jene lV[ethoden, welche auf pyrogenen l~eaktionen zu ihnen fiihren, insofern ungiinstig, als nicht bloB geringe Ausbeuten zu erzielen sind, sondern auch elne schwere ~M[enge an Nebenprodukten erhal ten wird.

Die Polymerisat ion der Kohlenwasscrstof'fe der Butadienre ihe zu Kautschuk erfolgt auf die ver- schiedenste Art . Die Autopolymerisa t ion eignet sich infolge ihrer langen Dauer nicht f i ir den Groll- betrieb. F i i r diesen kommen in Betraeht die W~mepolymer i sa t ion , die Polymerisat ion durch elektrische Energlequelten, die Polymerisa t ion durch den EinfluB gewShnlich f i i r indi f ferent geltender Substanzen, wie z. B. St~irke, Eiweit3, Harns to f f oder Glycerin, Xautschuk selbst u. dgl., die Poly- merisat ion durch katalyt iseh wirkende Substan- zen, die Polymerisat ion dutch Enzyme, Bak- terien, metalIorganische Verbindungen, insbesondere dureh Alkylverbindungen der Alkali- , Erdalkal i - metalle oder des 3/[agnesiums, ferner die Polymeri- sat ion durch Zusatz yon Schwefel oder durch Emul- gieren d e r Kohlenwasserstoffe der Butadienreihe in viskosen Fltissigkeiten, die Polymerisa t ion durch Anhydr ide einer organisehen Siiure und schlieglich die Polymerisat ion dutch Gegenwart basisch wir- kender Substanzen. Die Nat r iumkautschuke erh~lt man durch Einwirkung eines Alkal i- oder Erdalkal i - metalIes, eines Gemisehes oder einer Legierung soleher eventuell in Gegemvart anderer Metalle oder Legierungen auf den Bntadien-Kohlenwasserstoff und sc, ine Homologen.

Gutzmcr: Die Internationale Mathematische Unterrichtskommission us~. 23

Wenn man bedenkt, dat3 die eigentliehe tech- nische Kautsehuksynthese erst so recht im Jahre 1909 einsetzte, so mul~ man zugeben, dab die For t - sehritte auf diesem Gebiete ganz aul3erordenttich sind. Bei einer g l e i c h m ~ i g weiteren Entwicklung ist die Annahme gerechtfert igt , dab der kiinstl iche Kautsehuk sehr bald als marktf~higes P roduk t in den Handel kommen wird. {~ber die Ausarbei tungs- kosten der t ters tel lungsmethoden der grol]en Werke (Badische Anit in- und Sodafabrik, Elberfelder Far - benfabriken vorm. Fr iedr . Bayer & Co.) gehen zur- zeit erst dunkle Geriichte yon ganz ungeheuren Summen. Bedenkt man, dab die Vorberei tung der gegenwgrtigen Herstel]ungsmethode des kfinstlichen Indigo nicht weniger als 16 Mi]lionen Mark ge- kostet hat, so dt irf te wohl beim Kautschuk diese Summe noch welt i ibersehri t ten werden. Es ver- steh~ sich von se]bst, da~ pekuniiire Opfer "con solchem Umfange nicht ffir Arbei ten r iskier t wer- den, &~ren Erfo lg auch nur im mindesten zweifelhaft erscheint. Naehdem abet in diesem Fal le das Re- sultat mi t ziemlicher Sicherhei t vorherzusehen ist, so wird weder Zeit noeh Geld gespart, um das Pro- blent im gewiinschten Sinne zu 15sen.

Der Generaldirektor der Elberfelder Farben- fabr iken Geheimer Regierungsra t Professor Dr. K a r l Duisberg schlol] seine Rede, welehe er in der Haupt - versammlung des Deutschen Museums zu Mfinchen am 5. Oktober 1911 hielt, mi t den Worten: ,,Die )~rage, bis wann es der Teehnik gelungen sein wird, den kiinstl iehen Kautschuk so herzustellen, dat3 er den X a m p f mi t dem natfir l ichen aufzunehmen ver- mag, kann heute noch nieht beantwortet werden; daft es aber gel~ingen wird, ist zweifellos.

Die Internat iona le Mathemat i sche Unter- r i c h t s k o m m i s s i o n u n d die Ber ichte i iber d e n m a t h e m a t i s c h e n Unterr icht in

Deutschland.

Von Prof. Dr. A. Gugzmer, Halle a. S.

Die von der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und ~rzte aui ihrer Versammlung zu Breslau im Jahre 1904 eingesetzte Unterrichtskommission hat mit ihren Reformvorschl~gen anerkanntermagen kl~rend in die Bestrebungen eingegriifen, die zum Ziele baben, den uaturwissenschaftlichen und mathematischen Unterricht einer zeitgemgl~en Umgestaltung zu unterziehen und ihm eine angemessene Stellung im Lehrbetriebe der Schulen zu verschaffen. Zungchst ffir Deutschland be- stimmt, sind die Arbeiten der Unterrichtskommission*) ~uch in fast allen Kulturlgndern mit grSBter Aufmerk- samkeit verfolgt worden i~ der richtigen :Erkenntnis, dab die Hebung des mathematischen und naturwissen- schaftlichen Unterrichts in jeder l=[insicht eine dring- liche Kulturaufgabe bitdet. Als ein Ausflu3 der Wir- kung dieser Reformvorschlttge muff auch die Einsetzung

*) Die Tgtigkeit der Unterrichtskommission der Ge- sellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte. Gesamt- bericht, herausgegeben yon A. Gutzmer. Leipzig, 1908 B. G. Teubner.