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Humangenetik-Vorlesung
Do, 20.04.2017
815-945 Einführung klinische Genetik: genet. Medizin + Beratung,prä-/ postnat. Diagnostik, GenDG
1000-1045 Mukoviszidose / CF: Patientenvorstellung, Einleitung
Do, 27.04.2017
815-900 Mutationen am Beispiel zystische Fibrose
915-1045 Gene und Krebs, Darm- + Brustkrebs (Rey)
Do, 04.05.2017
815-945 Erbl. Muskelerkrankungen: M. Duchenne + Sarkoglykanopathien
1000-1045 Erbliche Augenleiden
Do, 11.05.2017
815-945 Psychomotor. Retardierung, Syndromologie im Kindesalter, Fragiles X-, Rett-Syndrom (Hoffjan/Miterski)
1000-1045 Mitochondrial/maternal vererbte Krankheitsbilder
Do, 18.05.2017
815-945 Arzneimittel in der Schwangerschaft; moderne (zyto-)genet. Diagnostik (Klein)
1000-1045 Periphere Neuropathien und M. Alzheimer
Do, 01.06.2017
815-1045 Trinukleotidexpansions-Erkrankungen: Morbus Huntington (Epplen/Saft)
Do, 22.06.2017
815-945 Störungen der Sexdetermination und -Entwicklung
1000-1045 Selbsthilfegruppe Down-Syndrom
Grundlagen Humangenetik
Allgemeines
Humangenetik – ist da `was anders?
Erbgänge
pränatale Diagnostik
20.4.2017
OMIM-Statistik 19. 4. 2017
autosom. X Y mito.
Gene mit bekannter Sequenz 14752 717 49 35 15553
Gene mit bekannter Sequenz
und Phänotyp 77 0 0 2 79
Phänotyp-Beschreibungen,
molekulare Basis bekannt 4629 319 4 31 4983
mendelnde Phänotypen / Loci,
molekulare Basis unbekannt 1477 124 5 0 1606
Phänotypen mit vermuteter
mendelnder Basis 1675 111 2 0 1788
22610 1271 60 68 24009
Grundlagen Humangenetik
Allgemeines
Humangenetik – ist da `was anders?
Erbgänge
pränatale Diagnostik
Humangenetik „Rest der Medizin“
Erbkrankheiten
Familien betroffen
chronische Leiden
seltene Diagnosen
meist keine Heilung
Selbsthilfegruppen
(Human)Genetik1859 Darwin: The Origin of Species
1865 Mendel: Versuche über Pflanzen-Hybriden
1903 Chromosomen als Erbeinheiten
1927 Mutationen
1944 DNA als genetisches Material
1953 Watson / Crick: DNA-Doppelhelix
1956 Chromosomenzahl Mensch: 46
1961 genetischer Code in Triplets
1977 DNA-Sequenzanalyse
1983 PCR
1989 1. Human-Gen: CFTR, Mukoviszidose
2001 Humangenom-Projekt: 99% Sequenz
2007 1.-3. menschliche Genome komplett
2012 10 000. menschliches Genom + Epigenetik
2015 CRISPR Cas Gentransfer
human genetics
study of genetics as applied to humans
…is particularly concerned with genetic
disease in medicine, i.e. medical genetics
Humangenetik
Wissenschaft von der genetisch bedingten
Variabilität des Menschen
Mechanismen / Gesetzmäßigkeiten der Vererbung Genotyp Phänotyp allgemeine Theorie der Entstehung von Erkrankungen
Patientenbetreuung
Prinzipien: Respekt vor der Würde des einzelnen Menschen
informed consent, Schweigepflicht, Freiwilligkeit
Humangenetik
Beratung Diagnostik Forschung
Schwangere Chromosomen
Kinder m. Eltern DNA
Erwachsene prä-, postnatal
Angehörige DD, prädiktiv
Syndrome
humangenetische Diagnostik
Differential-Diagnostik: genaue Zuordnung
unklarer Fälle; betrifft seltene chronische
Leiden ohne Therapie
prädiktive Diagnostik: Untersuchung Gesunderauf Anlageträgerschaft für eine bestimmte Erkrankung
AdvertisementFood and Drug Administration
- M. Parkinson- Alzheimer-Demenz (LOAD)- Zöliakie- α-1-Antitrypsin-Mangel- Primäre Dystonie (TOR1A)- M. Gaucher Typ 1- Glukose-6-Phospat-Dehydrogenase-Mangel- Hereditäre Hämochromatose- Hereditäre Thrombophilie
forensiche DNA-Phänotypisierung
Haar-/Augenfarbe Sicherheit
Haare schwarz 87,5% Augen braun 95%
Haare braun 78,5% Augen braun 91%
Haare blond 78% Augen blau 99%
Haare rot 80% Augen blau 99%
3D Gesicht-Modellierung aus DNA
Shaffer et al. 2016
Lid-Abstand
obere “Gesichts-Tiefe”
Nasenprotrusion
Nasenbreite
Schädelbasis-Breite
Chromosom
Genom-Sequenzanalyse
methodische Probleme
◘ lange repetitive DNA-Sequenzen
◘ Sequenz-Lücken
◘ G/C reiche-Sequenzen
◘ DNA-Veränderungen (Modifikation/Degradation)
Wohin führt moderneDNA/Gen-Diagnostik ?
Tatsachen + Thesen
◘ GenD klärt schwierigste DD, auch prädiktiv/pränatal◘ GenD absolut präzise + effizient für‘s ganze Genom► mitunter schwierige Interpretation + nur
Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich◘ GenD ethisch unbedenklich bei suffizienter Beratung◘ ethische Problemfelder: ► Menschen nach Maß ► merkantile Aspekte► Glaube an genetische Determination
Wohin führt moderneDNA/Gen-Diagnostik ?
20171990 2021 2030
erste direkteDNA-Tests
DNA-Tests für5000/7500 monogenen Erbleiden;
Pharmaka-Verträglich-keit
DNA-Tests für(alle) mono-genen + einige Volks-Krankheiten
Gentherapieauf breiterBasis
„personalisierteMedizin“
Gentherapie
chem. modifiziertessRNA unmodifizierte
ssRNA
duplex RNA
RNA-inducedsilencing complex passenger strand
removal
selektive Suppression des mutierten HTT
erhaltene Expression des normalen HTT
Epigenetik: DNA-Methylierung
DNA-Methy-
lierung+
DNA Protein-verpackt
DNA demethyliert
DNA-Me-
thylierung+
DNA-Methy-
lierung+
Ei
Zygote
Keimzellen
Spermien-Entwicklung
Embryonalentwicklung
genetische Beratung
„...ist ein ärztliches Angebot an alle, die
Risiken für sich oder andere im Zusammenhang
mit genetischen Erkrankungen befürchten“
(Deutsche Gesellschaft f. Humangenetik)
genetische Beratung
„Kommunikationsprozess, der sich mit den menschlichen Problemen beschäftigt, die in Verbindung mit dem Wiederholungsrisiko einer genetischen Erkrankung auftreten“ (WHO)
- medizinische Fakten, Diagnose, Therapie- genetische Beteiligung, Wiederholungsrisiko- Verständnis der Wahlmöglichkeiten- Entscheidungsfindung- angemessene Einstellung zur Krankheit
/Behinderung bzw. Wiederholungsrisiko
Grundlagen Humangenetik
Allgemeines
Humangenetik – ist da `was anders?
Erbgänge
pränatale Diagnostik
Erbgänge, Stammbaumanalyse
gesunder / betroffener ♂
gesunde / betroffene ♀
Indexperson / Ratsuchende(r)
Conduktorin Abort
Zwillinge
Die gegebene Stammbauminformation
(A) ist irrelevant für eine ggf. bekannte multifaktoriell bedingte Volkskrankheit in dieser Familie(B) schließt X-chromosomal rezessive Vererbung (z.B. Morbus Duchenne) nicht aus (C) muss molekulargenetisch abgesichert werden (cave: falsche Vaterschaften)(D) ist mit rezessiver Vererbung des Leidens nicht vereinbar (E) spricht für ein dominant vererbtes Leiden mit reduzierter Penetranz (z.B. erblicher Dickdarmkrebs)
?
I
III
II
1 2 3 4
Das Paar (III/2; III/3) zeugt ein Kind und will in der genetischen Beratung über das allgemeinen Basisrisiko für Cousin/Cousinen-Ehen informiert werden, vor allem aber auch zum Risiko des Kindes für ein extrem seltenes Stoffwechselleiden, an welchem der Bruder (III/4) des Partners erkrankt war. Anhand der Stammbauminformation lässt sich das Risiko für jedes Kind des Paares speziell für das selteneStoffwechselleiden angeben mit A 2/3B 1/2C 1/4D 1/12E 1/24
Grundlagen Humangenetik
Allgemeines
Humangenetik – ist da `was anders?
Erbgänge
pränatale Diagnostik
altersabhängige Prävalenz für Trisomie 21-Lebendgeburt
Prä
vale
nz
pro
10
00
0 G
ebu
rten
mütterliches Alter (Jahre)USA 1990-2010
altersabhängige Prävalenz für Trisomie-Geburt
mütterliches Alter (Jahre)
Prä
vale
nz
pro
10
00
0 G
ebu
rten
(lo
g)
Trisomie 21
Trisomie 18
Trisomie 13
1. Screening: 9. – 12. SSW
• Vitalität ?
• Mehrlinge ?
• zeitgerechte Entwicklung ?
• grobe Auffällligkeiten ?
Pränataldiagnostik
Nicht invasiv - Ultraschall
- Triple-Suchtest
- Ersttrimester screening
Möglichkeiten / Techniken
Pränataldiagnostik
nicht invasiv - Ultraschall
- Ersttrimester screening
invasiv CVS - Chromosomen, DNA
Möglichkeiten / Techniken
Chorionzottenbiopsie• ab 10.+0 SSW
• technisch schwieriger
• oft schmerzhafter
• Abortrate 1-2%
• Chromosomenzahl 24 h
• Karyotyp ≥10 Tage
• 1% plazentare Mosaike
• bei Risiko für
- Chromosomenstörungen- monogene Erkrankungen
Pränataldiagnostik
nicht invasiv - Ultraschall
- Ersttrimester screening
invasiv CVS - Chromosomen, DNA
Amniocentese - Chromosomen,
DNA, -FP
Möglichkeiten / Techniken
Amniocentese
ZellenSex; Biochemie;
in-situ Interphase
ChromosomenBiochemie;
in-situ Hybridis.
Zellkultur
Uterus
Amnion-höhle
Placenta
Zentrifug.
Amniozentese
• >13+0 SSW
• unter Ultraschall
• 15-20 ml Fruchtwasser
• Abortrate 0,5-1 %
• Chromosomen, AFP
• Ergebnis 2 Wochen
• Schnelltest FISH/PCR nach
24-48 h (13, 18, 21, X, Y)
Nabelschnurpunktion
• selten
• Chromosomendiagnostik in fortgeschrittenem Schwangerschaftsalter
• bei V.a. fetale Blutarmut
• Abortrisiko >1-2%
invasive Diagnostik + genetische Beratung
humangenetische Beratung vor jeder invasiven Diagnostik – Gendiagnostikgesetz
Ziele:
- Information über Aussagekraft der Untersuchung,schwer interpretierbare Ergebnisse möglich
- Besprechen der Konsequenzen des pathologischen
Befundes
- Familienanamnese, Hinweise auf Erbleiden ?
pränatale Diagnostik - Konsequenzen
• meist Beruhigung der Schwangeren durch
Normal-Befund
• Beispiel Röteln-Infektion:durch Ausschluß der fetalen Infektion (PCR aus
Chorionzotten / Fruchtwasser) sind
Schwangerschaftsabbrüche heute seltener
pränatale Diagnostik - Konsequenzen
• intrauterine Therapie Blutgruppen-
unverträglichkeit
• Wahl des Entbindungsortes Herzfehler, Spina bifida
• Vorbereitung Eltern LKG-Spalte
Schwangerschaftsabbruch - § 218a Abs2 StGB (seit 1.10.1995)
Medizinische IndikationDer mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.
Geburten / Interruptiones in D
0
100000
200000
300000
400000
500000
600000
700000
800000
900000
1000000
1990 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
medizin. Indikation
Beratungsregelung
Pränatal-Diagnostik
Bluttest Mutter (kindliche Zellen/zellfreie DNA → mütterliche Blutbahn)
Präimplantationsdiagnostik (spezielle Ethik-Kommissionen; besonders aufwändig)
fetales Material im Schwangeren-Blut
Isolierung schwierig, persistieren noch Jahre nach Geburt
► fetale Zellen im maternalen BlutErythroblastenTrophoblast-ZellenLeukozyten
► zellfreie fetale DNA (cfDNA)im maternalen Blut
- nachweisbar >6. SSW- ½ Stunde postpartal abgebaut- 3 – 6% der zirkul. zellfreien DNA- aus Trophoblast
fetale DNA
maternale DNA
Trisomie 21, 13, 18, Gonosomen-AneuploidienMikrodeletionen (z.B. Di George Syndrom etc.)
→ prädiktiver Wert?
Pränataldiagnostikim Interesse...
des Kindes ?
der Familie ?
des nächsten Kindes Wert des Lebens ?
der Gesellschaft ?
Güterabwägung
§ 1 Zweck des Gesetzes
Zweck dieses Gesetzes ist es, die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen … zu bestimmen und eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern, um insbesondere die staatliche Verpflichtung … zum Schutz der Würde des Menschen und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren.
Recht auf informationelle Selbstbestimmung ?
genetische Daten
Interpretieren
Deuten
Einordnen
medizinische Bedeutung
Relevanz im Lebenskontext
genetische Beratung
§ 7 Arztvorbehalt
(1) Eine diagnostische genetische Untersuchung darf nur durch Ärztinnen oder Ärzte und eine prädiktive genetische Untersuchung nur durch Fachärztinnen oder Fachärzte für Humangenetikoder andere Ärztinnen oder Ärzte, die sich beim Erwerb einer Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung für genetische Untersuchungen im Rahmen ihres Fachgebietes qualifiziert haben, vorgenommen werden.
§ 8 Einwilligung
(1) Eine genetische Untersuchung darf nur vorgenommen werden, wenn ausdrücklich und schriftlich gegenüber der verantwortlichen ärztlichen Person eingewilligt ist.
(2) Die betroffene Person kann ihre Einwilligung jederzeit widerrufen.
Dokumentationspflicht
§ 11 Mitteilung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen
Das Ergebnis einer genetischen Untersuchung darf nur der betroffenen Person und nur durch die verantwortliche ärztliche Person mitgeteilt werden.
§ 10 Genetische Beratung
(1) Bei einer diagnostischen genetischen Untersuchung soll die verantwortliche ärztliche Person nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses der betroffenen Person eine genetische Beratung anbieten.
(2) Bei einer prädiktiven genetischen Untersuchung ist die betroffene Person vor der genetischen Untersuchung und nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses genetisch zu beraten …
Zielgruppe PID
kinderlose Paare mit hohem
genetischen Risiko
fam. Chrom.-Translokationen
M. Duchenne
Cystische Fibrose
ethische Aspekte der Pränataldiagnostik (PD)
initiale Begründung für PD: - verbesserte genetische Beratung- Prävention
[- ökonomische Aspekte; nicht in D]
contra
Menschenwürde (moral. Status des Embryo)“Verwerfen“ des Embryos / Fetus„Was machbar ist wird gefordert“ (Haftungsabwehr)unübersehbare Entwicklungsmöglichkeitenhöchstrichterl. Rechtsprechung: PD kann keiner
Frau vorenthalten werden, bei noch so geringem Risiko
Veränderung der Wertentscheidungen; slippery slope
Kosten
pro
Linderung von individuellem Leiden(psychologisache Entlastung > 98%)
im Ausland verfügbarSelbstbestimmung der Frau
befruchtete Eizelle: artspezifisches, menschliches Leben;
Ausrichtung der Entwicklung auf menschliche Subjektivität