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12.11.2006
Interprofessionelle Interessens- undKompetenzkonflikte im Innerklinischen
Notfallwesen
Dr. Klaus Hellwagner
Anästhesie und Notfallmedizin
Gesundheitszentrum Süd der WGKK
12.11.2006 2
Interessens – undKompetenzkonflikte
l Berufsrechtl Organisationsrechtl Straf-/Zivilrecht Haftungl Abgrenzung Pflege - Medizinl Ausrüstung/Ausbildungl Alarmierungl Diagnosel Abbruchentscheidungl DNR
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Rechtliche Grundlagen
l Berufsrecht (exemplarisch)
l GuKGl HebGl ÄrzteGl SanG
l Organisationsrechtl Krankenanstaltenrechtl Anstaltsordnung
l Zivilrechtl Ex delictu
m Behandlungsfehler
l Ex contractu
m Mangelhafte ErfüllungdesBehandlungsvertrages
l Strafrechtl Vorsatzhandlung (§5 StGB)
l Fahrlässigkeit (§6 StGB)
l Unterlassung (§2, 95 StGB)
12.11.2006 4
StGB § 95 Unterlassung derHilfeleistung
l (1) Wer es bei einem Unglücksfall oder einer Gemeingefahr (§ 176)unterläßt, die zur Rettung eines Menschen aus der Gefahr desTodes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oderGesundheitsschädigung offensichtlich erforderliche Hilfe zuleisten, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mitGeldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, wenn die Unterlassung derHilfeleistung jedoch den Tod eines Menschen zur Folge hat, mitFreiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß die Hilfeleistung demTäter nicht zuzumuten ist.
l (2) Die Hilfeleistung ist insbesondere dann nicht zuzumuten, wennsie nur unter Gefahr für Leib oder Leben oder unter Verletzunganderer ins Gewicht fallender Interessen möglich wäre.
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Berufsrecht der Pflege GuKG § 4(Auszug)
l (1) Sie haben das Wohl und die Gesundheit der Patienten, Klientenund pflegebedürftigen Menschen unter Einhaltung der hiefürgeltenden Vorschriften und nach Maßgabe der fachlichen undwissenschaftlichen Erkenntnissewissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zu wahren.
l (2) Sie haben sich über die neuesten Entwicklungen undErkenntnisse der Gesundheits- und Krankenpflege sowie dermedizinischen und anderer berufsrelevanter Wissenschaftenregelmäßig fortzubilden.
l (3) Sie dSie düürfen im Falle drohender Gefahr des Todes oder einerrfen im Falle drohender Gefahr des Todes oder einerbetrbeträächtlichen Kchtlichen Köörperverletzung oder Gesundheitsschrperverletzung oder Gesundheitsschäädigungdigungeines Menschen ihre fachkundige Hilfe nicht verweigern.eines Menschen ihre fachkundige Hilfe nicht verweigern.(Lex(Lex spezialisspezialis zu zu §§95 StGB)95 StGB)
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Hebammengesetz § 6
l (1) Hebammen haben ihren Beruf ohne Unterschiedder Person gewissenhaft auszuüben. Sie haben dasWohl und die Gesundheit der Schwangeren,Gebärenden, Wöchnerinnen und Mütter sowie derNeugeborenen und Säuglinge unter Einhaltung derhiefür geltenden Vorschriften und nach Maßgabe derfachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse undErfahrungen zu wahren.
l (2) Hebammen dürfen im Notfall ihre fachkundigeHilfe nicht verweigern.(Lex spezialis zu § 95 StGB)
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Berufsrechtliche Probleme derPflege?ÆEigenverantwortung!
l Der §14 regelt die eigenverantwortliche Erhebung vonPflegebedürfnissen und Pflegeabhängigkeiten mit der Erstellungeiner Pflegediagnose.
l Diese Erhebung setzt eine genaue pflegeindizierte Beurteilungdes Patienten voraus, die sowohl neurologische, orthopädische,kardiologische etc Aspekte betrifft.
l Der § 14a regelt die Eigenverantwortlichkeit des Pflegepersonalsim Bereich der lebensrettenden SofortmaßnahmenÆÆBERUFSPFLICHT (AB 2003)
12.11.2006 8
BERUFSPFLICHT!
l BERUFSPFLICHTEN können im Rahmen desDienst- und Organisationsrechtes nichteingeschränkt werden!
12.11.2006 9
Verbandsverantwortlichkeitsgesetz VbVG
l § 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt, unter welchenVoraussetzungen Verbände für Straftatenverantwortlich sind und wie sie sanktioniertwerden,...
l (2) Verbände im Sinne dieses Gesetzes sindjuristische Personen sowiePersonenhandelsgesellschaften, EingetrageneErwerbsgesellschaften und Europäischewirtschaftliche Interessenvereinigungen.
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Gesundheits- und Krankenpflegegesetz § 14a
l (1) Die Ausübung des gehobenen Dienstes fürGesundheits- und Krankenpflege umfasst dieeigenverantwortliche Durchführung lebensrettenderSofortmaßnahmen, solange und soweit ein Arzt nicht zurVerfügung steht. Die Verständigung eines Arztes istunverzüglich zu veranlassen.
l (2) Lebensrettende Sofortmaßnahmen im Sinne des Abs.1 sind insbesondere 1. die Durchführung derDefibrillation mit halbautomatischen Geräten und 2. dieVerabreichung von Sauerstoff.
12.11.2006 11
Berufsrechtliche Probleme der Pflege / § 14aGuKG Novelle BGBl I 2004/6
l Eigenverantwortlichen Durchführunglebensrettender Sofortmaßnahmen.
l Demonstrativ:l Defibrillation mit halbautomatischen Geräten
l Gabe von Sauerstoff
l Im § 14a nicht abschließend geregelt, sondernhaben sich am aktuellen Stand der medizinischenWissenschaften zu orientieren.
12.11.2006 12
Berufsrecht der Ärzte:Ärztegesetz § 49
l (1) Der Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztlicheBeratung oder Behandlung übernommenen Gesundenoder Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaftzu betreuen...nach MaMaßßgabe dergabe der äärztlichenrztlichenWissenschaft und ErfahrungWissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltungder bestehenden Vorschriften das Wohl der Kranken undden Schutz der Gesunden zu wahren.
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ÄrzteG § 48: Dringendnotwendige ärztliche Hilfe
l Der Arzt darf die Erste Hilfe im Falledrohender Lebensgefahr nicht verweigern.
gilt für alle Ärzte auch Turnusärzte!mEigenverantwortung im Notfall
12.11.2006 14
Abgrenzung Pflege – Medizin?
l Was ist Pflege? Was ist Pflege nicht?l Was ist Medizin? Was ist Medizin nicht?
l Was ist Heilkunde? Was heilt den Patienten?
l Medizin = Pflege Pflege = Medizin
lMedizin+Pflege=Heilkundel=Medizin
12.11.2006 15
Anordnungsbefugnisse im Rahmender innerklinischen Notfallmedizin
l Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass auch eineberufsrechtliche Eigenverantwortung nicht per se einefachliche Weisungsbindung ausschließt.
l Sie verpflichtet die betreffenden Personen im Dienstverhältniszu eigenständiger Beurteilung, ob die berufsrechtlichenGrenzen überschritten werden.
l Weisung Arzt Arzt
l Weisung Arzt Pflege Pflegehilfe
12.11.2006 16
BerufsrechtlicheProbleme der Pflege?
l Im § 15 GuKG wird die Durchführung diagnostischer undtherapeutischer Maßnahmen nach ärztlicher Anordnungnormiert.
l Deren genauer Umfang kann nur imOrganisationsstatut der jeweiligen Krankenanstaltfestgelegt werden und wird durch die demonstrativeAufzählung im §15 Abs. 5 nicht abschließendeingeschränkt.
] Weiss-Faßbinder/Lust aaO. [§ 15 Anm. 7]
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Anordnungsbefugnisse im Rahmen derInnerklinischen Notfallversorgung
l Da sowohl ÄrzteG als auch das GuKG die Regeln derWissenschaft und Erfahrung als gesetzliche Schrankender Berufsausübung definieren, ist eine Weisung anPersonen die diesen Berufsgesetzen unterliegen, nurinsoweit bindend, als sie nicht in erkennbarer Weisegegen die aus den Regeln der Wissenschaft undErfahrung einfließenden Grenzen des Berufsrechtes desWeisungsempfängers verstößt[1].
l [1] Mazal Kooperation im Krankenhaus fachliche Weisung an Ärzte und DGKP, in Radner (Hg) Arbeitsrechtsfragen für Ärzte und kooperierende Gesundheitsberufe (2003) 11-22.
12.11.2006 18
Organisationsrecht
l Krankenanstaltenrechtl Anstaltsordnung
l Dienstanweisungen
l Hygienerichtlinien
l Gliederung
l Hierarchien
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KaKUG §22 Abs.4
l Als unabweisbar im Sinne des Abs. 2 sindPersonen zu betrachten, deren geistiger oderkörperlicher Zustand wegen Lebensgefahr oderwegen Gefahr einer sonst nicht vermeidbarenschweren Gesundheitsschädigung sofortigeAnstaltsbehandlung erfordert, sowie jedenfallsFrauen, wenn die Entbindung unmittelbarbevorsteht. Ferner sind Personen, die auf Grundbesonderer Vorschriften von einer Behördeeingewiesen werden, als unabweisbar anzusehen.
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KaKUG §23 Abs. 1
l Unbedingt notwendige erste ärztliche Hilfe darf inöffentlichen Krankenanstalten niemandemverweigert werden.
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Umsetzungsprobleme
l Die durch die Arbeitsteilung im modernenKrankenhaus bedingten Gefahren, wieKommunikationsschwierigkeiten,Kompetenzkonflikte, Wahrnehmungs- undÜbertragungsfehler müssen sowohl imBehandlungsbereich wie auch im Gesundheits- undKrankenpflegebereich iS eines Riskmanagementsdurch ausgereifte gefahrenminimierendeOrganisationsformen und insb.Zuständigkeitsregelungen ausgeglichen werden.Dies gilt für die Organisation desNotfallmanagements in Krankenanstalten ganzbesonders.
Allmer Alarmkriterien für Medical Emergency Teams in Krankenanstalten, berufs- und organisationsrechtliche Verantwortung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- undKrankenpflege. GA 2003.
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Umsetzungsprobleme
l Im gesamten Krankenhausbereich müssenverbindliche Regelungen über dieKompetenzverteilung getroffen und transparentgemacht werden. Dies muss sowohl für den Bereichder horizontalen wie auch vertikalen Arbeitsteilungerfolgen.
Mazal Haftung, Haftungsüberlagerung und Organisationverantwortung RdM 2000, 65
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Umsetzungsprobleme
l Kompetenzverteilung ist NICHT:l Was ist verboten
l Wer ist nicht zuständig
l Wer darf nicht geholt werden
l Sondern!l Wer ist auf jeden Fall zuständig
l Wo sind die Spezialisten
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Umsetzungsprobleme
l Der organisationsrechtlichen Status eines Notfallteams(CAT/MET) ergibt sich daher aus der inneren Struktureiner Krankenanstalt. Diese hat im Rahmen derAnstaltsordnung die Vorgangsweise derNotfallbehandlung der Patienten zu regeln.
l Ist die Notfallversorgung durch ein Notfallteam in derKrankenanstalt vorgesehen, muß dieserOrganisationstatbestand als professioneller Struktur undProzessstandard in der Anstaltsordnung geregelt werden.Allmer aaO.
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Verantwortlichkeiten imNotfall
l ALLE sind verantwortlich für den Ablaufl Organisationsrechtliche Leitlinie der Anstaltsordnung
ist dasl Krankenanstaltenrecht
l Leitlinie des Dienstrechtes (Dienstvertrag,Dienstanweisungen) ist dasl Berufsrecht
l Dienstrecht/Organisationsrecht darf dieLebensrettung nicht verhindern ! l CCVbVG
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Gliederung des MET/CAT
l Arzt/Notarzt/IntensivmedizinerÆÆ Teamleader
l Anästhesie-/Intensivpflegepersonal ÆÆ Teamleader
l Notfallsanitäter zu Ausbildungszwecken
l 3-4 Personen
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Kollegiale Führung im Rahmen derinnerklinischen Notfallversorgung
l Der Rechtsträger muss allgemein ein Notfallmanagementeinfordern
l Die grundsätzliche Entscheidung im Notfall ein speziellesTeam (CAT/MET) zu alarmieren fällt als medizinischeEntscheidung in den ärztlichen Verantwortungsbereich.
l Die Weisung im medizinischen Notfall ein definiertes‚Response Team‘ zu alarmieren ist von ärztlicherFührungsseite (ärztlicher Direktor) zu treffen und anzuweisen.
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Kollegiale Führung im Rahmen derinnerklinischen Notfallversorgung
l Die sinnvolle Zusammensetzung eines Notfallteamsbesteht aus Notfallarzt und qualifiziertemPflegepersonal (Intensiv/Anästhesiepflegepersonal).
l Daher kann ein Notfallteam nur als Konsens derkollegialen Führung auf die nötige Akzeptanzinnerhalb der horizontalen Zusammenarbeit derBerufsgruppen stoßen und funktionieren.
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ZusammenfassungRechtliche Beurteilung
l Alle Berufsgruppen sind im Rahmen ihrerberufsrechtlichen Kompetenzen und Pflichtenzur medizinischen Notfall-Hilfeleistungverpflichtet.
l Konfliktfelder sind durch dasOrganisationsstatut/Anstaltsordnung zuminimieren.