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Das Aufklärungsgespräch- „informed consent“
Hämatologie im Wandel
11. März 2017
Ralph Naumann
Medizinische Klinik III
St. Marienkrankenhaus
Siegen
Ralph Naumann Das Aufklärungsgespräch Hämatologie im Wandel – 11.03.2017 (Frankfurt) 1
Gesetzliche Grundlagen
1. Berufsordnung§8 MBO (Aufklärungspflicht)
http://www.bundesaerztekammer.de/recht/berufsrecht/muster-berufsordnung-aerzte/muster-berufsordnung/
2. Bürgerliches Gesetzbuch
§630 e (Aufklärungspflichten)
http://www.buzer.de/s1.htm?g=BGB&a=630e
3. Arzneimittelgesetz§40 Abs. 1 Satz 3 Nummer 3
https://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__40.html
4. Deklaration von Helsinki© 2013 Weltärztebund (World Medical Association, WMA)
http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/DeklHelsinki2013.pdf
5. ICH-GCP
1.28
https://www.fda.gov/downloads/Drugs/.../Guidances/ucm073122.pdf
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Wer darf aufklären?
AMG §40 Abs 2
Die betroffene Person ist durch einen Prüfer,
der Arzt oder, bei zahnmedizinischer Prüfung, Zahnarzt ist, oder
durch ein Mitglied der Prüfgruppe, das Arzt oder, bei
zahnmedizinischer Prüfung, Zahnarzt ist,
über Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung
sowie über ihr Recht aufzuklären, die Teilnahme an der klinischen
Prüfung jederzeit zu beenden.
3
Inhalte der Aufklärung
ICH-GCP 1.28 „Informed Consent“
Ein Verfahren, bei dem ein Prüfungsteilnehmer freiwillig seine
Bereitschaft erklärt, an einer bestimmten klinischen Prüfung
teilzunehmen, nachdem er über alle Gesichtspunkte der klinischen
Prüfung informiert wurde, die für seine Teilnahmeentscheidung
maßgeblich sein könnten.
Die Einwilligung nach Aufklärung wird mittels einer schriftlichen,
eigenhändig datierten und unterzeichneten Einwilligungserklärung
dokumentiert.
Ralph Naumann Das Aufklärungsgespräch Hämatologie im Wandel – 11.03.2017 (Frankfurt)
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Inhalte der Aufklärung
AMG §40 Abs 2
Die betroffene Person ist durch einen Prüfer, der Arzt oder, bei
zahnmedizinischer Prüfung, Zahnarzt ist, oder durch ein Mitglied der
Prüfgruppe, das Arzt oder, bei zahnmedizinischer Prüfung, Zahnarzt
ist, über
Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung
sowie über ihr Recht aufzuklären, die Teilnahme an der klinischen
Prüfung jederzeit zu beenden.
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Inhalte der Aufklärung
Müssen Sie einen Patienten über zwei an ihrem Zentrum laufende
Studien aufklären, damit der Patient sich zwischen den Studien
entscheiden kann?
Patientenrechtegesetz vom 20.02.2013
§630e Absatz 1 Satz 3
heißt es hierzu:
„Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme
hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und
übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen,
Risiken oder Heilungschancen führen können.“
http://www.aerztekammer-
berlin.de/10arzt/30_Berufsrecht/10_Gesetzesaenderungen/55_Patientenrechtegesetz.htm#%C3%84rztlich
e_Aufkl%C3%A4rungspflichten
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Inhalte der Aufklärung
Müssen Sie einen Patienten über zwei an ihrem Zentrum laufende
Studien aufklären, damit der Patient sich zwischen den Studien
entscheiden kann?
In der Gesetzesbegründung wird hierzu klargestellt, dass der Arzt nur
über solche alternative Therapiemethoden aufklären muss, die zum
medizinischen Standard gehören. Er muss also nicht ungefragt über
therapeutische Verfahren aufklären, die sich etwa erst in der
Erprobung befinden und damit noch nicht zum medizinischen Standard
rechnen. Dies selbst dann nicht, wenn sie als Therapiealternativen in
Betracht kämen….
http://www.aerztekammer-
berlin.de/10arzt/30_Berufsrecht/10_Gesetzesaenderungen/55_Patientenrechtegesetz.htm#%C3%84rztlich
e_Aufkl%C3%A4rungspflichten
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Einflussgrößen auf die Aufklärung
Wunsch des Arztes zu rekrutieren
- Eigenes Forschungsprojekt
- Sinnhaftigkeit der Studie / Interesse
am Ergebnis
- Druck des Chefs / der Studienleitung /
des Sponsors
- Finanzielle Anreize
Wunsch des Arztes, NICHT zu rekrutieren
- Zeitdruck, Arbeitsüberlastung
- Desinteresse an der Studie
- Subjektive Bevorzugung eines
Therapie-Arms
- Angst vor der Prüfarzttätigkeit („Straftatbestand“)
Praktische Gründe des Patienten
für die Studienteilnahme
- Hoffnung auf persönlichen Nutzen
- Mangel an therapeutischen
Alternativen
- Zugang zu innovativen Therapien
- Therapie wird nur in Studien bezahlt
Negative Empfindungen des Patienten
- Ängste infolge der Krankheit
- Mangelnde Fachkenntnis, Gefühl des
Ausgeliefertseins
- „Versuchskaninchen“
- Angst vor Datenmissbrauch
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Aufklärungsgespräch - Kommunikation
Kommunikationshindernisse:
• Sprachbarriere
• Zu großer Unterschied bzgl. Ausgangskenntnisstand
• Fachbegriffe („Randomisierung“)
Motivation der Patienten/Probanden:
• Medizinischer Benefit ?
• Finanzielle Interessen ?
• Altruismus (Selbstlosigkeit)?
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Die Patienteninformation
• lang, länger noch länger
• gut, besser, noch besser?
Beispiel: Hodgkin-Studien
• HD13: 9 Seiten, 3300 Wörter
• HD16: 17 Seiten, 6000 Wörter
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Die Patienteninformation
• Retrospektive Analyse von 112 IF (52% Phase I)
• Median 20 Seiten (8-28) Seiten
• Hoher Flesch-Kincaid Grad / Lesbarkeitsindex (9,8)
• 34% keine Angaben zum Wirkmechanismus
• 78% keine Übersicht (study schema) über den Studienablauf
• 49% Hinweis, dass individueller Patient ggf. nicht von Studie profitiert
Fazit: Optimierungspotential (v.a. Länge, Verständlichkeit, ergänzende Infos)
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Die Patienteninformation
unterschiedliche Wahrnehmung
über AufklärungsinhalteMeropol JCO 2003
Thema Arzt (%) Patient (%) PMcNemar´s test
Änderung der Lebensqualität mit Therapie 73 28
< 0,0001
Änderung der Lebensdauer mit Therapie 60 30
Änderung der Lebensqualität ohne Therapie 63 29
Änderung der Lebensdauer ohne Therapie 53 29
Mögliche Nebenwirkungen der Therapie 92 78
Möglicher Nutzen der Therapie 90 79
Mögliche Risiken der Therapie 92 73
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Erwartungshaltung des Patienten
Phase I – Studien in der Onkologie: hohe Erwartungen bei Patienten Fortgeschrittene Stadien! Lebenserwartung Monate!
• 50-85% der Patienten erwarten einen Nutzen
• Ansprechraten echte Phase I Studien (Tumorpatienten): 4.4%
• Wenn mindestens ein zugelassenes Medikament dabei: 17%
• Grad IV-Toxizität: 14.3%
• Todesfälle: 0.49%
Fazit: Überschätzung sowohl des Nutzens als auch der Risiken
Horstmann NEJM 2005
Meropol JCO 2003
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Erwartungshaltung des Patienten
Phase I – Studien in der Onkologie: hohe Erwartungen bei Patienten Fortgeschrittene Stadien! Lebenserwartung Monate!
Meropol et al. JCO 2003
• Höhere Erwartungen bei Patienten als bei ihren Ärzten
• Optimistische Patienten-Erwartungen hinsichtlich Outcome
• Einschätzung der Lebenserwartung durch Patienten:
- experimentelle Therapie:
1. Prognose wird besser eingeschätzt als bei Standardtherapie
2. Teilnehmer schätzen die Prognose besser ein als Ablehner
- Standardtherapie wird von Teilnehmern/Ablehnern ähnlich eingeschätzt
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Patientenbefragung zur Qualität der Aufklärung
in klinischen Studien
OPTIMIERUNG DES INFORMED CONSENT
IM RAHMEN KLINISCHER STUDIEN
Ein Projekt des AK AMG der DGHO
Marie-Christine Eckle und Ralph Naumann
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ZIELSETZUNG / FRAGESTELLUNG
Standardisierter Fragebogen mit dem Ziel, den aktuellen Status der Zufriedenheit von Patienten mit der Aufklärung im Rahmen klinischer Studien zu erfassen.
Zielgruppe:
Patienten, die für die Teilnahme an einer klinischen Studie aufgeklärt wurden.
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PATIENTEN KOHORTE
o Die Fragebögen wurden deutschlandweit an insgesamt 41 Studienzentren versendet
o Jedes Zentrum hat 20 Bögen erhalten
o Insgesamt wurden 820 Bögen versendet
o Erhebungszeitraum: 26.06.2012 bis 20.01.2014
o Auswertung: quantitativ
o Rücklauf: 181 Fragebögen (22%)
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I. STUDIENTEILNAHME
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AUSWERTUNG
FRAGE 1
Durch welche Quelle wurden Sie auf die Teilnahme an der Studie aufmerksam?
Insgesamt 194 Nennungen – Mehrfachnennungen möglich
(181 ausgefüllte Fragebögen)
176
124 2
Arzt
Angehörige
Internet
Artikel
Sonstige
176 Nennungen (91%)
12 Nennungen (6%)
4 Nennungen (2%)
0 Nennungen
2 Nennungen (1%)
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AUSWERTUNG
FRAGE 4
Wie wichtig waren Ihnen folgende Grunde bei der Entscheidung für die Teilnahme an der klinischen Studie? Bitte bewerten Sie diese auf einer Skala von -3 = sehr unwichtig bis +3 = sehr wichtig.
A: Es wurde eine Therapieoption angeboten, die nur im Rahmen der Studie zugänglich ist, 173 Nennungen
Anzahl Nennungen
2 2 0
1410
40
105
0
20
40
60
80
100
120
-3 -2 -1 0 1 2 3
Sehr unwichtig Sehr wichtig
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AUSWERTUNG
FRAGE 4
B: Mit der Teilnahme kann ich einen Beitrag zur Verbesserung zukunftiger
Therapien leisten
174 Nennungen
0 1 1 413
39
116
0
20
40
60
80
100
120
140
-3 -2 -1 0 1 2 3
Anzahl Nennungen
Sehr unwichtig Sehr wichtig
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AUSWERTUNG
FRAGE 4
C: Durch die Teilnahme habe ich die Hoffnung, meinen Krankheitszustand zu
verbessern
177 Nennungen
0 0 05
1117
144
0
20
40
60
80
100
120
140
160
-3 -2 -1 0 1 2 3
Anzahl Nennungen
Sehr wichtigSehr unwichtig
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II. AUFKLÄRUNGSGESPRÄCH
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AUSWERTUNG
FRAGE 7
Wie lange hat das Aufklärungsgespräch fur die aktuelle klinische Studie gedauert? (Bitte geben Sie eine ungefähre Einschätzung der Dauer des Aufklärungsgespräches an)
(177 NENNUNGEN)
37
125
15
0
20
40
60
80
100
120
140
weniger als 30 Minuten 30 bis 60 Minuten länger als 60 Minuten
Anzahl Nennungen
Zeit
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AUSWERTUNG
FRAGE 8
Sehr unzufrieden Sehr zufrieden
ZUR VERFÜGUNG STEHENDE ZEIT DES ARZTES (179 NENNUNGEN)
0 04
10
23
43
99
0
20
40
60
80
100
120
-3 -2 -1 0 1 2 3
Anzahl Nennungen
8%
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III. AUFKLÄRUNGSBOGEN
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AUSWERTUNG
FRAGE 10
Sehr schlecht Sehr gut
Anzahl Nennungen
ERKLÄRUNG VON FREMDWÖRTERN (169 NENNUNGEN)
04
7
30 31
59
38
0
10
20
30
40
50
60
70
-3 -2 -1 0 1 2 3
24%
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AUSWERTUNG
FRAGE 10
Sehr schlecht Sehr gut
Anzahl Nennungen
ERKLÄRUNG ANHAND VON BILDERN / DIAGRAMMEN (150 NENNUNGEN)
9
5
18
33
25
33
27
0
5
10
15
20
25
30
35
-3 -2 -1 0 1 2 3
43%
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AUSWERTUNG
FRAGE 11
Wie viele Seiten hatte der vom Arzt zur Verfugung gestellte Aufklärungsbogen fur die klinische Studie?
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
1-5 Seiten 6-10 Seiten 11-15 Seiten 16-20 Seiten Mehr als 20Seiten
Anzahl Nennungen
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FAZIT
o Rücklaufquote 22%
o Studienteilnahme:
- Verfügbarkeit nur im Rahmen der Studie
- Verbesserung Krankheitszustand
- Beitrag zur Verbesserung künftiger Therapien
o Aufklärungsgespräch:
- 30-60 Minuten
- Optimierungspotentiale: mehr Zeit, nicht im Patientenzimmer, verständlicher
o Aufklärungsbogen:
- oft mehr als 20 Seiten !
- kann das Gespräch mit dem Onkologen keinesfalls ersetzen !
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Patientenbefragung der Deutschen
Hodgkin Studiengruppe (GHSG)
7. Aufklärung während der Behandlung
Karolin Behringer
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Sehr gut informiert Nicht informiert
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Korrekte Patientenaufklärung
Sie klären einen Patienten für eine Studie auf uns heften eine Kopie
der Patienteninformation/-Einwilligung in die Patientenakte.
Alles ok?
NEIN.
Eine detaillierte Dokumentation über die Aufklärung in der
Patientenakte ist unerlässlich.
Eine Individualisierung der Aufklärung / Information wird dringend
empfohlen (Leertext nutzen !).
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FAZIT
• Eine gute Aufklärung ist schwierig und zeitaufwändig.
• Äußere Umstände können sowohl die Motivation des Patienten
als auch die des Arztes beeinflussen.
• Intensivierte, persönliche Kontakte (Arzt-Patienten-Vertrauen,
Empathie und strukturierte Gespräche),
Gespräche ggf. an mehreren Terminen,
verbessern vermutlich am besten das Verständnis der Patienten
und ihrer Angehörigen für klinische Studien.
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