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v. Graefes Archiv ffir Ophthalmologie 168, 61--69 (1965) Aus der Universitats-Augenklinik Marburg (Direktor" Prof. Dr. STarve) Eine Methode zur fortlaufenden Sauerstoffbestimmung im Kammerwasser und GlaskSrper des lebenden Auges* Von K. W. JAco~i Mit 6 Textabbildungen Um Aufsehlfisse fiber den Sauerstoffverbrauch der Linse zu be- kommen, sind zahlreiche Versuche fiber den Gehalt dieses Gases im Vorderkammerwasser durchgeffihrt worden. Als erster hat wohl MAs~I~O im Jahre 1809 mit dem Mikrorespirometer yon WI~TE~ST~I~ den Sauer- stoffverbraueh der Linse gemessen. Andere Untersucher, wie z.B. K~o~- FELD, K!aO~FELD und BOTg~AN~, bestimmten den 02-Verbrauch yon Linsen mit ttilfe der Warburgsehen Apparatur. BAKKEI~ ftihrte Sauer- stoffverbrauehsmessungen yon Linsen mit ttilfe der Mikrogasanalyse naeh K~oGg durch. DE ItAAI~ (1922) punktierte die Vorderkammer des Kaninchens und analysierte die Kammerwasserproben mit Hilfe der mikroskopisehen Tonometrie naeh K~OGH. FI~IEDENWALD und PI~RC~ (1937) bestimmten den lo0~ des Kammerwassers und seine Abhiingigkeit vom Linsenstoffweehsel dureh Aquilibrierung einer Gasblase in situ. I-I~AL]) und LAI~GItAMM (1956) ffihrten Sauerstoffdrnckmessungen im Vorderkammerpunktat polarographiseh mit der Queeksilbertropfelek- trode durch. HA~s, Itoc~:wI~ und KLEIFELD konnten loolarographisch den Sauerstoffverbrauch an Kaninehen- und Sehweinelinsen in vitro be- stimmen. 1959 besehrieben KLEIFELD und N~u~IA~ eine po]aro- graphische Methode znr Bestimmung des pO~ des Vorderkammerwassers. Zur Untersuehung wurden Vorderkammerpunk~ate yon Patientenaugen gewonnen, bei denen aus anderen Grfinden ein intraoeularer Eingriff erforderlieh war. AnschlieBend fanden die Messungen in einer yon N]~u- ~A~ angegebenen polarographisehen Me6zellen statt. 1Jber weitere Sauerstoffuntersuehungen mit dieser Methode berichten KL]~IFELD und HOCKWI_~. Erstmalige fortlaufende Sauerstoffdruckmessungen auf polarographi- sehem Wege mit Hilfe der Platinelektrode in vivo wurden yon Dm~NCK- ~H~ und Lo~E~z~ (1958) besehrieben. Dieser Methode haften jedoeh die Nachtei]e der blanken Platinelektrode an, wie z. B. mangelnde l%epro- duzierbarkeit, Inkonstanz des Stromflusses, wechselnde Empfindliehkeit der Elektrode. * Die Arbei~ wurde mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft durch- geffihrt.

Eine Methode zur fortlaufenden Sauerstoffbestimmung im Kammerwasser und Glaskörper des lebenden Auges

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v. Graefes Archiv ffir Ophthalmologie 168, 61--69 (1965)

Aus der Universitats-Augenklinik Marburg (Direktor" Prof. Dr. STarve)

Eine Methode zur fortlaufenden Sauerstoffbestimmung im Kammerwasser und GlaskSrper des lebenden Auges*

Von K. W. JAco~i

Mit 6 Textabbildungen

Um Aufsehlfisse fiber den Sauerstoffverbrauch der Linse zu be- kommen, sind zahlreiche Versuche fiber den Gehalt dieses Gases im Vorderkammerwasser durchgeffihrt worden. Als erster hat wohl MAs~I~O im Jahre 1809 mit dem Mikrorespirometer yon WI~TE~ST~I~ den Sauer- stoffverbraueh der Linse gemessen. Andere Untersucher, wie z.B. K~o~- FELD, K!aO~FELD und BOTg~AN~, best immten den 02-Verbrauch yon Linsen mit ttilfe der Warburgsehen Apparatur. BAKKEI~ ftihrte Sauer- stoffverbrauehsmessungen yon Linsen mit ttilfe der Mikrogasanalyse naeh K~oGg durch. DE ItAAI~ (1922) punktierte die Vorderkammer des Kaninchens und analysierte die Kammerwasserproben mit Hilfe der mikroskopisehen Tonometrie naeh K~OGH. FI~IEDENWALD und PI~RC~ (1937) bestimmten den lo0~ des Kammerwassers und seine Abhiingigkeit vom Linsenstoffweehsel dureh Aquilibrierung einer Gasblase in situ. I-I~AL]) und LAI~GItAMM (1956) ffihrten Sauerstoffdrnckmessungen im Vorderkammerpunkta t polarographiseh mit der Queeksilbertropfelek- trode durch. HA~s, Itoc~:wI~ und KLEIFELD konnten loolarographisch den Sauerstoffverbrauch an Kaninehen- und Sehweinelinsen in vitro be- stimmen. 1959 besehrieben KLEIFELD und N~u~IA~ eine po]aro- graphische Methode znr Bestimmung des pO~ des Vorderkammerwassers. Zur Untersuehung wurden Vorderkammerpunk~ate yon Patientenaugen gewonnen, bei denen aus anderen Grfinden ein intraoeularer Eingriff erforderlieh war. AnschlieBend fanden die Messungen in einer yon N]~u- ~ A ~ angegebenen polarographisehen Me6zellen statt . 1Jber weitere Sauerstoffuntersuehungen mit dieser Methode berichten KL]~IFELD und HOCKWI_~.

Erstmalige fortlaufende Sauerstoffdruckmessungen auf polarographi- sehem Wege mit Hilfe der Platinelektrode in vivo wurden yon Dm~NCK- ~ H ~ und L o ~ E ~ z ~ (1958) besehrieben. Dieser Methode haften jedoeh die Nachtei]e der blanken Platinelektrode an, wie z. B. mangelnde l%epro- duzierbarkeit, Inkonstanz des Stromflusses, wechselnde Empfindliehkeit der Elektrode.

* Die Arbei~ wurde mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft durch- geffihrt.

62 K.W. JACOBI:

Kenntn i s se fiber den O~-Gehalt des Glask6rpers sind n icht nur yon theore t i schem Interesse, sondern sie kSnnen auch AufsehluB fiber d ie Ern~hrungsbed ingungen dieses Gewebes und der sie begrenzenden Umgebung , Linse, Cfl iark6rper und Ne tzhau t , ]iefern. Solehe Sauerstoff- d ruckmessungen im GlaskSrper ges ta l ten sich jedoch wesent l ieh schwie- riger, da in vi t ro-Messungen mi t den oben angegebenen Methoden n i ch t durehff ihrbar sind. I n v ivo-Bes t immungen wurden unseres Wissens i m GlaskSrper bisher lediglich yon K~AVSE und GOH~E~ (1956) beschrieben. Sie ff ihrten Versuehe an K a t z e n a u g e n nach En t f e rnung yon Cornea u n d Linse dutch , wonaeh die E lek t rode in den Glask6rper eingeffihrt wurde. Wiederho l te Messungen konn ten bei dem eingreifenden, die physio]o- gischen Verh£1tnisse erhebl ich ver/~ndernden Eingriff jedoch n ieh t durchgeff ihr t werden.

Methodik Eine neue Methode gestattet es nun, Sauerstoffpartialdruekmessungen sowohl

in der Vorderkammer als auch im GlaskSrper in vivo durchzuffihren. Neben ge- ringem apparativem Aufwand ist es technisch einfach, die in einer ca. 1,1 mm

Stal~z~n der Poi'caeth/le~me mI~-a n

bode

Abb. 1. Da r s t e l l u lg der die Elekt rode en tha l t enden Flfigelkanfile. I m rech ten Teil de r Abbi ldung ist die Kanfi lenspi tze m i t eingefi ihrter Elekt rode scheraatisch vergrSger t s i ch tba r

durchmessenden Fliigelkanfile enthaltene Sauerstoffmikroelektrode (Abb. 1) in das zu untersuchende Medium, die Vorderkammer oder den GlaskSrper einzuffihren. Ein weiterer Vorteil ist, daft fiber lgngere Zeit und unter verschiedenen Bedingungen Messungen kontinuierlich durchgeffihrt werden kSnnen und daft die Tiere nach dem Versueh fiberleben, so daft zu sp~teren Zeitpunkten emeute Messungen gemacht werden kSnnen.

Zur Bestimmung des 1302 wird eine nach dem Clark-Prinzip aufgebaute und yon LISTO~ modifizierte Miniaturelek~rode I benutzt.

1. Au/bau der Me[3anordnung Ein 10 y dicker Platindraht is~ als Kathode so in Glas eingeschmolzen, dab nur

die Spitze des Drahtes frei bleib~. Um diese Platinkathodeneinheit ist eine zylinder- f6rmige Silberanode angeordnet. Eine ca. 25--30 y dicke Poly/~thy]enmembran,

1 ttersteller: Firma Beckman Instr., Frankfurt a.M.

Methode zur for~laufenden Sauerstoffbestimmung im Kammerwasser 63

die als kleines Hfitchen gestal- t e t ist und nur fiir Gase durchlassig ist, bedeck~ die Spitze der Elektrode. Zwischen Membran und Elektrode wird eine 3 %ige KC1-L6sung als Elektrolyt eingefiillt (Abb. 2).

Die Elektrode l~iBt sich in eine Flfigelkanii]e einffihren, mit der sie unter Schutz gegen Besch~digung der empfind- lichen Membran in die Vorder- kammer oder in den GlaskSrper eingestochen werden kann.

P la t indrah t und Silber- zylinder sind an eine Batter ie angesehlossen, welche die Polarisat ionsspannung liefert. Die Polung ist so gew~htt, dal~ der P la t indrah t die Kathode und die Silberlfiille die Anode bilden. Die Sauers~offana!yse

inder

Abb. 2. Schematische Darstellung der Elektroden- spitze mit aufgesetztem mit Elektrolyt geffilltem

Membranhiitchen

0=+ ~+-~ A~-+__AgC[ Abb. 3. Schenaatische Darstellung tier Elektrode mit

angelegter l°olarisationsspannung, Verst~irker uncl )/Ie[~ger~it. An der Elektrodenspitze sind die

elektrochemischen Vorg~,nge verdeutltcht

Sehematisch sind die Vor- gg.nge in Abb. 3 wiederge- geben.

Bei der Reakt ion wird also s~gndig Sauerstoff ver- braucht , und je mehr Sauer- stoffmolekiile reduziert wer- den, um so grSI~er ist der im Me6kreis flieBende Strom, Befindet man sich mi t der an die Elektrode angelegten Spannung im Bereich des

Diffusionsgrenzstromes, d.h. dem Plateau oder der polarographischen Stufe des Polarogramms, wo ver- mehr ter Stromflu~ nicht mehr yon steigender Span- nung, sondern nur noch yon der Menge des vorhandenen Sauerstoffs abh~ingig ist, so kann aus dem flie6enden Strom mitte]s einer Eich-

Verst~.rker

geschieht durch Elektroreduktion des durch die Poly~thylenmembran hindureh- diffundierenden Sauerstoffes an der Plat inkathode, wobei sich im einzelnen folgende vereiniacht dargestellte chemisehe Reakt ionen abspielen:

02 + 2 H20 -J- 4 e - ~ 4 O H - (Kathodenreaktion) 4 Ag + + 4 C1--+ 4 AgC1 + 4 e (Anodenreaktion)

64 K . W . JAcom:

kurve der Sauerstoffgehalt bestimmt werden. BM der hier verwendeten Elektrode liegt die Po]urisationsspannung bei 680 inV. Da der Eigenverbraueh der Elektrode an Sauerstoff wegen der kleinen Dimensionierungen praktiseh zu vernaehl~ssigen ist (s. Besprechung), beeinflui3t die Konvektion der AnMysenflfissigkeit d~s Mel~ergeb - nis nieht, wie es z. ]K bei den frfiher beschriebenen Methoden yon DR~NCKHAn~ und Lo~ENzv.~ der Fall war. Der an der Elektrode flieBende Strom, der bei 100 Torr Sauerstoffspannung etwa 10 -9 A betriigt, wird fiber einen Tr~nsistorverst~rker, der

raIe

~-bb. 4. ~quil ibriergef~l~ m i t e inge i i ih r t e r F r i t t e , d u r c h welehe f iber eine Vorw~rmsp i r a l e E iehgas vo rgew~rmtes & q u a dest . du rchpe r l t . Z u r B e s t i m m u n g des v o r h a n d e n e n O2-Ge-

ha l tes i s t die E l ek t rode d u r e h eine kleines Gl~srShrehen e ingeff ihr t

n~eh dem Prinzip eines Zerhackerverst~rkers arbeitet und mit eingeb~utem Stabili- s~tor ffir I~etzspunnungsschwankungen versehen ist, verst~rkt. Ein angesehlossener Potentiometerschreiber 1 registriert direkt die gemessenen Sauerstoffdrucke.

Die Temper~tur im zu messenden Medium ist yon erheblichem Einflul3 auf die Genauigkeit der Messungen, da mit Anderung der Temperatur die Diffusions- verh~ltnisse an der Poly~thylenmembr~n sieh ~ndern, so da~ Temperaturschwan- kungen eine Anderung der SkMenanzeige verursachen, obwohl der pO~ des unter- suehten Mediums konstant ist. Es ist daher yon grol~er Wichtigkeit, vor Beginn genaue Eichungen der Elektroden durehzuffihren.

2. Eichungen In einem Wasserbad, welches durch einen Thermostaten beheizt wird, sind

vier l~eagensgNisehen angebracht, die mit Aqua dest. aufgefiillt sind. Die Tempe- ratur wird so gew~ihlt, wie sie in dem sp~ter zu messenden Medium vorhanden ist. Im ReagensrShrehen selbst hiingt eine feine Fri t te (Porenst~rke G 4), dutch welche

1 Hersteller: Firma Beckman Instr., Frar~kfurt a.M.

Methode zur fortlaufenden Sauerstoffbestimmung im Kammerwasser 65

fiber eine Vorwgrmspirale das Eiehgas dureh das Aqua dest. hindurehperlt (Abb. 4). Der SauerstoffgehMt der Eiehg~sgemisehe soll m6gliehst so gewghlt werden-

dM3 der prozentuMe GehMt an Sauerstoff etwa dem zu erwartenden des untersueh, ten Mediums entspricht. Ffir unsere Untersuchungen wurden Eichgasgemisehe folgender Konzentration benutzt:

1. 22,57% 02, 1,95% C0~, Rest N2, 2. 11,7% 02, 4,34% C02, Rest N2, 3. 7,7% 02, 5,94% CO2, Rest N 2. 4. Zur Bestimmung des Nullpunktes wurde entweder reiner Stiekstoff benutzt,

oder es wurde eine 5%ige Glueosel6sung dutch 5 Tropfen einer Glueoseoxydase- 15sung desoxygeniert. Um eine mSglichst groge Genauigkeit der Eiehung zu er-

Tabelle.

Tempe- ratar

0C

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Wasserdamp/partialdruclce bei ver~.chiedenen Temperaturen

~T~sser- dampf- partial- druck

13 14 15 15 16 18 19 20 21 22

Tempe- ratur

"C

25 26 27 28 29 30 31 32 33

~¥asser- dampf- partial- druck

24 25 27 28 30 32 34 36 38

Tempe- r a tu r

0C

34 35 36 37 38 39 40 41 42

%Vasser- dampf- par t ia l - d ruck

40 42 45 47 50 52 55 58 62

zielen, sollen die Eiehgase in der Konzentrationsanalyse bis auI eine Dezimale genau bestimmt werden. Wir fiihrten unsere Bestimmungen mit dem GasanMysator nach SCKOL~DE~ dureh, der mit einer Fehlerbreite yon ~0,015 Vol.-% Bestimmungen durelffiihren l~gt (Sc~oLA~D~R, P. F.).

Wenn das Aqua dest. in den ReagensrShrehen die Temperatur des Wasserbades erreieht hat und etwa 1/2 Std yon den Eiehgasgemischen durehperlt ist, liegt ein SauerstoffpartiMdruek vor, der der Sauerstoffkonzentration der Eiehgasl6sungen entsprieht. Bei niedrigeren Temperaturen ist entspreehend der Tabelle ein geringes, bei hSheren Temperaturen ein h6herer Wert ffir den Wasserdampfdruek abzuziehen.

3. Durch]i~hrung der Versuche Ist die Elektrode yon dem mit der 3 %igen KC1-L6sung gef~llten Poly~thylen-

membran iiberzogen und sind in der oben beschriebenen Weise die Eichungen unter Beriicksiehtigung der Temperatur des zu messenden Mediums durchgefiihrt, kann die eigentliche Messung des SauerstoffpartiMdruckes beginnen.

Zur Messung des Suuerstoffpartialdruekes im Vorderkammerwasser des Kanin- chenauges wird das Tier in NembutM-Narkose auf dem OIoerationstisch fixiert. Daraufhin wird mit einer feinen Lanze am Limbus corneae die gewS~hlte Einstich- stelle markiert. Nun kann die mit einem Mandrin versehene Fliigelkanfile unter Sicht des Auges in die VK eingefiihrt werden. Liegt die Fliigelkanfile an der ge- wiinschten Stelle, bleibt sie durch eine Klemme fixiert (Abb. 5). Der Mandrin wird entfernt und an seine Stelle die Elektrode eingefiihrt. Dieser Weehse] ist m5glichst rasch durchzuliihren, um tin AbflieBen der Vorderkammer zu vermeiden. Sollte

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66 K.W. JAGOBI:

jedoch trotz schnellen Wechsels die Vorderkammer abgeflacht sein, kann sie durch die Kanfile hindurch mit Ringer-LSsung wieder aufgeffillt werden. Die so in die Vorderkammer liegende Kanfile kann hier fiber mehrere Stunden verbleiben, so dab sieh Sauerstoffmessungen unter den verschiedensten Bedingungen fortlaufend durehffihren lassen.

Das Einffihren der Elektrode in den Glask6rper gestaltet sieh in bezug auf die Lage etwas schwieriger, da sie am narkotisierten Tier unter Kontrolle des Augen- spiegels durehgefiihrt werden mug. Naeh Pr~iparation eines Bindehautlappens wird die Sklera mit der Lanze angeritzt. Daraufhin wird in gleieher Weise wie bei der Vorderkammerpunktion die mit dem Mandrin bestfiekte Kanfile gerade soweit eingeffihrt, dab sie am Augenhintergrund mit dem Augenspiegel siehtbar wird (Abb. 6). Nun wird sie weiter stgndig unter Spiegelkontrolle an die gewiinschte 3IeBstelle gebraeht. Der Mandrin wird wieder wie in der beschriebenen Weise ent- fernt und dureh die )/Iegelektrode ersetzt. Naeh Fixierung kann die Elektrode aueh hier fiber mehrere Stunden liegen bleiben, so dab Untersuehungen unter den versehiedensten Bedingungen gemaeht werden kOrmen.

Naeh Beendigung der Messung wird die Kanfile zusammen mit der Elektrode ans der Vorderkammer bzw. aus dem Glask6rper entfernt. Die Punktionsstelle der VK bedarf keiner weiteren Versorgung; lag die Elektrode im Glask6rper, wurden einige Skleran~hte gelegt und daraufhin die Bindehaut versehlossen. Sp~tere Untersuchungen am gleiehen Tier sind ohne weiteres durehffihrbar.

Besprechung. Der besehriebene E l e k t r o d e n t y p zeigte bei einer p rak- t iseh vo l l s tandigen Linearit/~t der E i ehkurven sowie ausre iehender Emp- f indl iehkei t und l~eproduzierbarke i t der W e r t e ein Verha l t en im einzel- nen, welches du tch folgende D a t e n gekennzeichnet i s t :

Eml)/indlichkeit. 0,01 nA/1 Tor r ; diese wegen des sehr k le inen P la t in - durehmessers geringe Empf ind l i chke i t wird dureh einen hoehwi rksamen s tabi l i s ier ten Verst / i rker de ra r t verst/~rkt, dab eine Ablesegenauigkei~ yon 2 Tort /4 ,5 m m l%egistrierpapier erziel t wird.

Einstellzeit. 45 see. Diese gegeniiber anderen 3/[ethoden e twas herab- gesetz te Eins te l lze i t is t du t ch die re la t iv dieke Poly /~ thylenmembran (25--30 #) bedingt , f/ir unsere Un te r suchungen jedoeh v611ig ausreiehend.

I~elative S t anda rdabwe iehung bei 20Messungen in mi t Eiehgas / /qui l ibr ier tem Aqua dest . : o = ~-0,5% bis 0 ,9%.

02-Eigenverbra~zch der P l a t i ne l ek t rode : bei den bisher ve rw a nd t e n E l ek t roden m i t grSBeren Dimens ionie rungen und en t sprechend gr6gerem StromfluB stel l te sieh innerha lb kurzer Zei t z .B. 30 see ein MeBwert ein, der d a n n im Laufe der Zei t langsam, aber merkl ieh abs inkt . Als Ursache fiir diese langsame zeit l iehe O~-Druckabnahme in der Analysenflf iss igkei t war der Sauers tof fe igenverbraueh der P la t ine l ek t rode selbst und, sofern Messungen im Blur durehgef i ihr t wurden, der s toffweehselbedingte Sauers to f fverbrauch der Blutze l len angesehuld ig t worden. Der Eigen- ve rb raueh der E lek t rode is t durch e lekt rochemisehe Vorg/~nge an der P la t inoberf lgche bed ing t und d a m i t vom StromfluB i im MeBkreis

abh/tngig.

Methode zur for~laufenden Saue r s to f fbes t immung im K a m m e r w a s s e r 67

Abb. 5. Fliigelkaniile mi t eingeff~hrtem Mandrin in fief Vorderkammer des Kaninchens

Abb. 6. Fliigelk~niile mit eingefiihrtem lViandrin im G]askSrper des Kaninchens n~he 4er Papille

5*

68 K.W. JACOBI:

Die 02-Druekabnahme

Ap [Torr] At Lminj

in der analysierten Fliissigkeit wirkt sich um so starker aus, je kleiner das zur Analyse zur Verfiigung stehende Volumen ist. Naeh GL~ICK- MANn und L/~BBE~S (i960) bereehnet sieh die dureh den Sauerstoff- eigenverbrauch der Elektrode bedingte O2-Druckabnahme mit folgender Formel :

Ap [Torr] i[mA] At c ~ i n j = 2 ' 6 6 ~ [ m l O ~

ml.Atm ].v [ml]

worin i der bei gemessenem Druck flieBende Strom in mA, ~ der Bunsen- sehe L6sliehkeitskoeffizient und v die zur Verffigung stehende Flfissig- keitsmenge darstel]t.

Beispiel : Bei einem pO2-Druek yon 40 Torr in der analysierten Flfissig- keit ergibt sieh, wenn ffir v = 5 #1 (gesch/ttztes Voluraen in der Kanfile vor der Elektrodenspitze)

Ap 0,4.10 .6 mA At 2,66 0,03.0,005

~ = o,oo71 [T°~rl d t t r a i n ~ '

Wird die gesamte VK mit einem Volumen yon etwa 120 #1 angenommen, verringert sieh der Wert erheblieh.

So zeigte sieh denn aueh eine fiber Stunden bestehende Konstanz des gemessenen Wertes ohne Druekabfall dureh 0~-Eigenverbraueh der Elektrode.

Weitere Untersuchungen mit der Methode zu Sauerstoffdruek- bestimmungen am Tierauge sind im Gange und werden unter versehie- denen Bedingungen, wie z.B. Hyperoxie, Hypoxie, Durchblutungs- f6rderung und -drosselung durehgeffihrt. Selbstverst£ndlich 1/~Bt sich die Methode auch an Mensehenaugen, die zur Enueleation anstehen, verwenden. Wir sind dabei, Erfahrungen speziell bei entziindliehen Erkrankungen zu sammeln, welehe Kammerwasser und GlaskSrper in Mitleidensehaft ziehen.

Z u s a m m e n f a s s u n g

Es wird eine polarographische Mikromethode beschrieben, mit der am Tierauge in vivo fortlaufende Sauerstoffdruekmessungen in der Vorderkammer und im Glask6rper durehgeffihrt werden k6nnen. Eine Platinmikroelektrode wird mit Hilfe einer Flfigelkanfile in das zu unter- suchende Medium eingefiihrt. Die untersuchten Tiere fiberleben naeh

Methode zur fortlaufenden Sauerstoffbestimmung im Kammerwasser 69

d e m Versuch , so dab sich a m g le iehen A u g e auch w i e d e r h o l t e M e s s u n g e n

du rch f f i h r en ]assen.

S u m m a r y

W e desc r ibe a p o l a r o g r a p h i c m i c r o m e t h o d wh ich a l lows c o n t i n u o u s

m e a s u r e m e n t s of o x y g e n t en s ion in v i v o in t h e a n t e r i o r c h a m b e r a n d

t h e v i t r e o u s b o d y of a n i m a l s ' eye. A p l a t i n u m m i c r o e l e e t r o d e i n s e r t e d

in a canu la is b r o u g h t i n to t h e m e d i u m i n v e s t i g a t e d . T h e an ima l s over -

l ive t h e e x p e r i m e n t , so t h a t m e a s u r e m e n t s of t h e s a m e eye can be m a d e .

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Dr. K. W. JAco~I Universit~ts-Augenklinik 355 Marburg a.d. Lahn

Albrecht v. Graefes Arch. Ophthal. Bd. 168 5a