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Klimaverantwortung Florian Braun und Christian Baatz Abstract Innerhalb der Klimawissenschaften gilt es als unstrittig, dass der Klimawandel erhebliche Auswirkungen auf soziale und natürliche Systeme hat und diese in Zukunft massiv zunehmen werden. Diese faktischen wie prognostischen Aussagen erlauben jedoch noch keine begründete Zuschreibung und Übernahme von Verantwortung für die Ursachen und Folgen des Klimawandels. Um moralische Klimaverantwortung herausstellen zu können, wird im Text die spezifische Struktur der Klimaverantwortung aus einer umweltethischen Perspektive rekonstruiert. Im Fokus steht die Explikation der relationslogischen, technischen und normativen Bedingungen, in deren Rahmen eine Verantwortungszuschreibung hinsichtlich des Klimawandels begründet werden kann. Einleitung Der anthropogene Klimawandel wurde spätestens 1896 das erste Mal postuliert (Arrhenius 1896) und wird seit den 1960er Jahren systematisch erforscht. Seit 1988 werden die Ergebnisse der internationalen Forschung zum anthropogenen Klimawandel vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zusammengefasst und für Entscheidungsträger aufbereitet. In den mittlerweile fünf sogenannten Sachstandsberichten des IPCC haben sich die Evidenzen des anthropogenen Klimawandels immer weiter verdichtet (IPCC 2013) Es ist mittlerweile unbestritten, dass der Klimawandel ernsthafte Folgen für das menschliche Dasein auf der Erde haben wird (IPCC 2014). Allein diese Prognose sollte ausreichen, dass die Menschen ihre Verantwortung für das Klima einerseits anerkennen und andererseits entsprechend handeln (Jamieson 2015, S. 23). Zugleich kann am Beispiel der Klimaverantwortung die Schwierigkeit verdeutlicht werden, im Rahmen umweltethischer Überlegungen moralische Verantwortung bezüglich der Natur herauszustellen und adäquate Handlungsnormen zu entwickeln. Dieser Aufgabe stellt sich explizit die Klimaethik. Klimaethik kann als Teil der Umweltethik aufgefasst werden, da sie sich mit einem zentralen Aspekt der menschlichen Umwelt, dem Klimasystem, befasst. Genau genommen betreffen die beobachteten und prognostizierten klimatischen Veränderungen die gesamte irdische Natur in Gegenwart und Zukunft. Die Klimaethik schneidet deshalb auch viele andere Diskursfelder, etwa die zu Fragen der globalen und intergenerationellen Gerechtigkeit. Im Folgenden diskutieren wir die Klimaverantwortung jedoch aus einer fokussierten klimaethischen Perspektive, sodass politik-, rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen nur am Rande eine Rolle spielen. Im

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Klimaverantwortung

Florian Braun und Christian Baatz

Abstract

Innerhalb der Klimawissenschaften gilt es als unstrittig, dass der Klimawandel erhebliche Auswirkungen auf soziale und natürliche Systeme hat und diese in Zukunft massiv zunehmen werden. Diese faktischen wie prognostischen Aussagen erlauben jedoch noch keine begründete Zuschreibung und Übernahme von Verantwortung für die Ursachen und Folgen des Klimawandels. Um moralische Klimaverantwortung herausstellen zu können, wird im Text die spezifische Struktur der Klimaverantwortung aus einer umweltethischen Perspektive rekonstruiert. Im Fokus steht die Explikation der relationslogischen, technischen und normativen Bedingungen, in deren Rahmen eine Verantwortungszuschreibung hinsichtlich des Klimawandels begründet werden kann.

Einleitung

Der anthropogene Klimawandel wurde spätestens 1896 das erste Mal postuliert (Arrhenius 1896)

und wird seit den 1960er Jahren systematisch erforscht. Seit 1988 werden die Ergebnisse der

internationalen Forschung zum anthropogenen Klimawandel vom Intergovernmental Panel on

Climate Change (IPCC) zusammengefasst und für Entscheidungsträger aufbereitet. In den

mittlerweile fünf sogenannten Sachstandsberichten des IPCC haben sich die Evidenzen des

anthropogenen Klimawandels immer weiter verdichtet (IPCC 2013) Es ist mittlerweile unbestritten,

dass der Klimawandel ernsthafte Folgen für das menschliche Dasein auf der Erde haben wird (IPCC

2014). Allein diese Prognose sollte ausreichen, dass die Menschen ihre Verantwortung für das

Klima einerseits anerkennen und andererseits entsprechend handeln (Jamieson 2015, S. 23).

Zugleich kann am Beispiel der Klimaverantwortung die Schwierigkeit verdeutlicht werden, im

Rahmen umweltethischer Überlegungen moralische Verantwortung bezüglich der Natur

herauszustellen und adäquate Handlungsnormen zu entwickeln. Dieser Aufgabe stellt sich explizit

die Klimaethik.

Klimaethik kann als Teil der Umweltethik aufgefasst werden, da sie sich mit einem zentralen

Aspekt der menschlichen Umwelt, dem Klimasystem, befasst. Genau genommen betreffen die

beobachteten und prognostizierten klimatischen Veränderungen die gesamte irdische Natur in

Gegenwart und Zukunft. Die Klimaethik schneidet deshalb auch viele andere Diskursfelder, etwa

die zu Fragen der globalen und intergenerationellen Gerechtigkeit. Im Folgenden diskutieren wir

die Klimaverantwortung jedoch aus einer fokussierten klimaethischen Perspektive, sodass politik-,

rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen nur am Rande eine Rolle spielen. Im

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Zentrum steht das Anliegen, die spezifische Struktur der moralischen Klimaverantwortung

herauszustellen. Dazu werden die relationslogischen Bedingungen expliziert, in deren Rahmen das

klimaverantwortliche Handeln aus umweltethischer Sicht begründet wird. Gleichwohl lassen sich

auf Basis dieser klimaethischen Strukturanalyse Verantwortungskonzepte aus anderen

gesellschaftlichen Sphären (etwa aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft) verdeutlichen und

erklären.

Mit Blick auf das genannte Anliegen zielt der Text im ersten Schritt auf die Rekonstruktion der

spezifischen Struktur des klimaethischen Verantwortungsbegriffs. Dazu diskutieren wir in

Abschnitt 1 die Klimaverantwortung aus einer umweltethischen Perspektive und geben einen

Überblick über die Struktur des klimaethischen Verantwortungsbegriffs, indem wir die einzelnen

Relata der Verantwortungsrelation (Verantwortungssubjekt, -objekt, -adressat, -instanz und

Normensystem) vorstellen. In den Abschnitten 2 bis 4 werden deren Merkmale und ihr

relationslogischer Zusammenhang detailliert erörtert. Dabei behandelt Abschnitt 2 den

Klimawandel als Verantwortungsobjekt, Abschnitt 3 die Entitäten, die als Verantwortungssubjekt

und -adressat in Frage kommen, und Abschnitt 4 die Schwierigkeit, adäquate klimarelevante

Normensysteme und Verantwortungsinstanzen zu erarbeiten. Im zweiten Schritt konkretisieren wir

auf dieser theoretischen Basis und mit Blick auf die einschlägige klimaethische Literatur, wer für

welche Folgen und aus welchen Gründen als klimaverantwortlich anzusehen ist. In Abschnitt 5

loten wir dazu die technische Handlungsdimension aus, indem wir zwischen sechs verschiedenen

Handlungstypen zur Verringerung der negativen Auswirkungen des Klimawandels unterscheiden,

bewerten diese aus klimaethischer Sicht und erörtern die Verteilung der damit einhergehenden

Kosten. Im Abschnitt 6 fassen wir die im Verlauf des Textes identifizierten Rahmenbedingungen

moralischer Klimaverantwortung zusammen und konkretisieren abschließend, wer oder was im Fall

des Klimawandels als Verantwortungssubjekt, -adressat, -instanz und Normensystem in Frage

kommt.

1 Klimaverantwortung aus umweltethischer Perspektive

1.1 Was ist Umweltethik?

Um die Struktur der moralischen Klimaverantwortung aus umweltethischer Perspektive zu

rekonstruieren, werden wir zunächst den spezifischen Blickwinkel der Umweltethik skizzieren.

Allgemein formuliert fragt man in der Umwelt- oder Naturethik nach Gründen und anderen

Bedingungen, die das menschliche Handeln gegenüber der Natur bestimmen (Ott 2010, S. 8).

Umweltethische Überlegungen zielen daher einerseits auf die theoretische Konzeptualisierung von

handlungsorientierenden Maßstäben, kurz: Werten, und andererseits auf begründbare

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Handlungsvorschriften, die unsere alltägliche Praxis wertekonform normieren. Die Umweltethik

setzt also voraus, dass menschliches Handeln erstens Einfluss auf die Natur besitzt und zweitens der

Einsicht in Werte sowie der argumentativen Begründung von Normen zugänglich ist.

1.2 Begriff der Natur

Im Anschluss an die erste Voraussetzung setzt man in der Umweltethik einen komplexen

Naturbegriff voraus: Das Begriffsfeld reicht von der Perspektive der neuzeitlichen

Naturwissenschaft, nach welcher Kant Natur als „Inbegriff der Erscheinungen, so fern diese,

vermöge eines innern Prinzips der Kausalität, durchgängig zusammenhängen“ (Kant 1787, S.

B446), definiert, bis zu gegenwärtigen Umweltbewegungen, die in der Natur ein die Menschheit

umfassendes „Netz lebender Strukturen“ (Ott 2010, S. 27) sehen, das unsere Existenz als

Lebewesen maßgeblich bedingt. Während der erste Naturbegriff die Grundlage für das technisch

vermittelte Eingreifen in die Natur darstellt, führt der zweite zum Bewusstsein, dass Mensch und

Natur in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen sowie zu der umweltethischen

Grundfrage: „Ist Naturschutz nur etwas, was wir den von der Natur abhängigen, der Natur

bedürftigen Menschen schulden, oder schulden wir den Schutz der Natur auch der Natur

selbst?“ (Krebs 2011, S. 187) Alternativ gefragt: Schreiben wir der uns bedingenden Natur aus

einem physiozentrischen Blickwinkel einen Selbstwert zu oder betrachten wir sie aus einem

anthropozentrischen Blickwinkel rein instrumentell?

1.3 Natur- und Umweltverantwortung

Sowohl der physiozentrische als auch der anthropozentrische Standpunkt legen die normative

Überlegung nahe, dass der Mensch Verantwortung im Umgang mit der Natur entwickeln soll.

Spätestens seit Beginn der industriellen Revolution mit ihrer instrumentellen Sichtweise auf die

Natur sucht man nach guten Gründen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur (s.

bspw. Schelling 1799; Cotta 1817). Diese Tendenz hat sich vor dem Hintergrund der zunehmenden

Umweltverschmutzung und -zerstörung im 20. Jahrhundert deutlich verstärkt. Kritisiert wird vor

allem die instrumentelle Sichtweise, dass die Natur als eine „unerschöpfliche Quelle von

Ressourcen und Senke für Abfallprodukte der Zivilisation“ (Ott 2010, S. 27) anzusehen sei. Mit

dem Wechsel von der Rede über die Natur zur Rede von der Umwelt geht also die Erkenntnis

einher, dass es sich nicht nur um eine durch ewige Gesetze geregelte Gesamtheit handelt, sondern

dass das angesprochene lebendige Netz fragil sowie in weiten Teilen überstrapaziert und erschöpft

scheint, da der Mensch dessen Maschen zunehmend auftrennt (Ott 2010, S. 27). Aus

umweltethischer Sicht stellt sich daher die Aufgabe, das im gegenwärtigen Diskurs verankerte

Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Natur zu konzeptualisieren. Damit geht man einen

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Schritt über die erwähnte umweltethische Grundfrage hinaus, indem unabhängig von der

anthropozentrischen oder physiozentrischen Begründung nach der Struktur der Natur- und

Umweltverantwortung gefragt wird.

Allgemein erweist sich Naturverantwortung als äußerst komplex: Erstens stellt Verantwortung ein

Begriffsfeld diverser Einzelbedeutungen dar (Sombetzki 2014 und auch den Beitrag von Heidbrink

in diesem Handbuch). Neben der Vieldeutigkeit erweist sich jedes Verantwortlich-Sein-Für-X

zweitens als zeitlich dimensioniertes Phänomen (Günther 2006, S. 296): Wie bereits Cottas

Überlegung zur nachhaltigen Forstwirtschaft zeigen (Cotta 1817), gewinnt ein Verantwortlich-Sein-

Für-Natur erst vor dem Horizont großer Zeiträume seine spezifische Bedeutung.

Drittens wird Verantwortlich-Sein-Für-X nur als ein soziales Handeln verständlich:

Verantwortungsübernahme und -zuschreibung erfolgen im normativ strukturierten Raum sozialer

Interaktion. Dieser Raum wird durch das verantwortungsvolle Handeln gegenüber der Natur

erweitert, indem wir diese als wertbehaftet anerkennen. Wir denken nur deshalb über unsere

Verantwortung gegenüber der Natur nach, weil wir – die Teilnehmer des Verantwortungsdiskurses

– der Natur einen moralisch wirksamen Wert zuschreiben. Dieser Zusammenhang gilt unabhängig

davon, ob man die Natur als Ganzes oder konkrete Naturdinge bzw. -ereignisse als wertbehaftet

erachtet. Auch wird offen gelassen, ob man bestimmten Naturdingen/-ereignissen einen Selbstwert

zuschreibt oder sie nur als wertvoll für eine Entität angesehen werden, der Selbstwert zukommt.

1.4 Die Struktur des klimaethischen Verantwortungsbegriffs Zur Konkretisierung der spezifischen Struktur der Klimaverantwortung verknüpfen wir die

Überlegung des dritten Komplexitätsaspekts mit der klassischen Verantwortungsbeschreibung als

soziale Interaktion. Entsprechend kann man die Verantwortungshandlung zunächst als den

individualistischen Akt verstehen, Rede und Antwort zu stehen (Ott 1998, S. 580; Sombetzki 2014,

S. 35-37; Werner 2006, S. 541; Duff 1998, S. 290 und vgl. auch den Beitrag von Sombetzki in

diesem Handbuch). Beispielsweise steht eine Jugendliche als Verantwortungssubjekt (VS) vor einer

Verantwortungsinstanz (VI), etwa der Mutter, bezüglich ihrer kleinen Schwester Rede und Antwort.

A trägt folglich als Subjekt Verantwortung für ihre Schwester, dem Verantwortungsobjekt (VO).

Etwas differenzierter lässt sich sagen, dass man sich um das Wohlergehen des Kindes bemüht (VO),

auch wenn der Verantwortungsadressat (VA) natürlich die Schwester als Ganze ist (Sombetzki

2014, S. 117). VO und VA fallen in diesem Beispiel gewissermaßen zusammen. Die VI bezieht sich

in der Begründung der Verantwortung gegenüber VO auf ein tradiertes und auch gegenwärtig

anerkanntes Normensystem (NoS), nach welchem die Verantwortungszuschreibung gerechtfertigt

sei. Mit einigen Änderungen lässt sich diese Struktur für ein erstes Verständnis von

Klimaverantwortung nutzen.

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Abbildung 1: Die Struktur des klimaethischen Verantwortungsbegriffs.

Wie in Abbildung 1 schematisiert, unterscheiden wir zwischen zwei Erklärungsebenen: einerseits

der physischen bzw. wirkkausalen und andererseits der moralischen bzw. normativen. Anhand der

wirkkausalen Erklärung wird zunächst nur ersichtlich, dass die Menschen in einem physischen

Bezug zum Klima und dessen Wandel stehen. Erstens wird das Klimasystem der Erde vom

Menschen beeinflusst (anthropogen) und zweitens wirken sich die klimatischen Veränderungen auf

Menschen und Natur aus. Das Klimasystem fungiert somit als explanatorischer Konnex zwischen

Verursachern und Betroffenen des Klimawandels (s. 2.4). Dabei ist zu betonen, dass der

Klimawandel aus umweltethischer Sicht nur thematisiert wird, weil Wesen, die einen Selbstwert

haben, von dessen Auswirkungen negativ betroffen sind (s. 3.2). Während das Klimasystem also

das Objekt der Verantwortung (VO) darstellt, sind die von den negativen Folgen des Klimawandels

potenziell Betroffenen die Adressaten dieser Verantwortung (VA). Innerhalb der

Klimaverantwortung fallen VO und VA daher nicht zusammen. Dabei wird die potenzielle

Schädigung der VA erst vor einem konkreten NoS verständlich. Dieses stellt den konkreten

Ausdruck einer allgemeineren ethischen Theorie (eTh) dar, die mit Blick auf die komplexen

faktischen Rahmenbedingungen des Klimawandels adaptiert wird. Wie das NoS ausgestaltet wird,

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hängt daher von der jeweils gewählten eTh und den faktischen Rahmenbedingungen ab.

Gleichzeitig identifiziert das klimaethische NoS die Subjekte der Verantwortung. Die Verknüpfung

von VS und VA mittels des NoS bildet die normative Erklärungsebene (ein guter Überblick zu

wesentlichen Aspekten der klimaethischen Diskussion findet sich in Hayward 2012).

Im Schaubild spielt die Instanz der Verantwortung (VI), die auf Grundlage eines NoS moralisch

urteilt, eine untergeordnete Rolle und steht daher in Klammern. Der Grund dafür lautet, dass es

unseres Erachtens in Bezug auf den globalen Klimawandel noch keine Institution, Amtsträger, o.ä.

gibt, die als Instanz, also als konkreter Repräsentant eines klimaethischen NoS anerkannt wäre. Die

Klimarahmenkonvention (UNFCC 1992) und nachfolgende Abkommen scheinen eher die

völkerrechtliche Kodifizierung eines recht allgemeinen NoS darzustellen, und nicht etwa eine

konkrete Instanz, vor der sich jemand verantworten muss (s. 4).

2 Der Klimawandel als Verantwortungsobjekt

2.1 Der Klimawandel als naturwissenschaftliches Phänomen

Unter dem Stichwort „Klimawandel“ thematisieren Wissenschaftler eine Vielzahl global

auftretender Wetterextreme und deren Folgen wie beispielsweise Stürme, Überflutungen,

Hitzewellen, Dürren, Landrutsche sowie langfristige Veränderungen klimatischer Parameter, die zur

Ausbreitung von Vektor-Krankheiten, Desertifikationen, Wasserstress, Meeresspiegelanstieg,

Auftauen von Permafrostböden etc. führen (IPCC 2013, S. 109). Diese Phänomene werden mit

Hilfe physikalischer Parameter vermessen, da zwischen den Messdaten ein systematischer, sprich,

ein naturgesetzlicher Zusammenhang vermutet wird: Die Daten sind sozusagen der mathematische

Ausdruck eines weltumspannenden Systems, dessen Zusammenhang und Dynamik einer Vielzahl

an Naturgesetzen unterliegt, die man zu unterschiedlichen Klimamodellen zusammenfassen kann

(vgl. dazu Beisbart 2015a, S. 286; Beisbart 2015b, S. 349; Boeker 2015, S. 350).

Seit dem vierten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC 2007)

ist es in der wissenschaftlichen Gemeinschaft unumstritten, dass auf Basis der gängigen

Klimamodelle die extremen Messwertverläufe lediglich unter Einbezug eines menschlichen Faktors

simuliert werden können. Das Klima ändert sich also aufgrund menschlicher Eingriffe in die Natur,

sodass auch von einem anthropogenen Klimawandel gesprochen wird (s. auch IPCC 2013).

2.2 Das Kausalitätsproblem

Um die Ergebnisse der Klimasimulationen bezüglich der Verantwortungsrelata besser einschätzen

zu können, präzisieren wir den in den Modellen in Anschlag gebrachten Kausalitätsbegriff.

Bezüglich des Klimasystems lassen sich Kausalitätsverknüpfungen nicht einfach herausstellen.

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Konkrete Wetterereignisse folgen nicht direkt auf ein oder wenige Einzelereignisse, wie etwa das

Rollen der Billardkugel auf den konkreten Stoß des Queues und den Kollisionen mit den Banden.

Prima facie scheint es, als ob das Klimasystem nicht sensibel gegenüber Einzelereignissen sei.

Secunda facie ist das Klimasystem mit Blick auf den Energieerhaltungssatz jedoch als stark kausal

zu betrachten. Daher erweist es sich gegenüber jedem Einzelereignis als sensibel und reagiert

empfindlich auf kleinere Varianzen in der Gesamtenergiebilanz (Grieser 1996, S. 48). Um diesen

scheinbaren Widerspruch aufzulösen, lohnt ein differenzierterer Blick auf den systemischen

Erklärungsansatz und die damit einhergehende Unterscheidung zwischen makro- und

mikroskopischer Betrachtungsweise sowie auf die zeitliche Auflösung.

Der Eindruck der Insensibilität folgt unseren Alltagserfahrungen. Eine einzelne Handlung oder ein

natürlicher Prozess verursacht keine unmittelbare klimarelevante Folge. Bloß weil man mit dem

Flugzeug nach Neuseeland geflogen ist, beginnen nach Ankunft die Gletscher des Mount Cook

nicht übermäßig zu schmelzen (Einzelfallebene). Die energiebilanzielle Konsequenz des Fluges

scheint einfach viel zu gering gegenüber der energetischen Gesamtbilanz des Klimasystems. Dieser

Eindruck ändert sich, sobald man in eine makroskopische Betrachtungsweise wechselt. Dazu

analysiert man das Energiesystem mit einer niedrigen zeitlichen Auflösung, also vor einer großen

Zeitskala, und relativiert die Folgen der Einzelereignisse, indem man die Minimaleinträge der

klimarelevanten Ereignisse zu Gesamteinträgen über die Zeit hinweg integriert. Das massen- und

dauerhafte Auftreten von Einzelereignissen, etwa die Vielzahl an Flügen, hat in der Summe

durchaus einen Einfluss auf das Klimasystem. Was als klimawirksam erachtet wird, sind zum einen

all die Ereignisse, die für das Klimasystem energetische Relevanz besitzen, und zum anderen die

Prozesse, die aus physikalischer und chemischer Betrachtungsweise diese Ereignisse wirkkausal

auslösen.

Obwohl man mit diesem systemischen Ansatz die widersprüchlichen Aspekte des Klimas gut

erklären kann, indem man wirkkausale Zusammenhänge herauszustellen weiß, folgt daraus nicht,

dass alltagsnahe Phänomene wie etwa einzelne Wettereignisse retrospektiv oder gar prospektiv

determiniert werden könnten. Vielmehr kann der wirkkausale Zusammenhang auf makroskopischer

Ebene zumeist nur anhand von Aussagen über veränderte Eintrittswahrscheinlichkeiten von

Wetterereignissen angegeben werden (s. Hüttemann 2013, S. 87-97). Einzelereignisse bleiben vor

dem Hintergrund unserer gegenwärtigen Erkenntnisse zufällig und können nur in bestimmten Fällen

retrospektiv auf den Klimawandel zurückgeführt werden (Hulme 2014a).

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2.3 Erkenntnisbasis der Klimaverantwortung

In diesem wissenschaftstheoretischen Exkurs wurde deutlich, dass der Klimawandel kaum in

denjenigen ontologischen Kategorien erfasst werden kann, durch die man in alltäglichen Kontexten

Verantwortungsobjekte begreift. Die räumliche und zeitliche Dimension der Naturwelt und deren

Klimasystems sind derart riesig, dass die Menschen in ihrem alltäglichen Tun meist der

Überzeugung sind, „das Recht zu haben, das Natürliche zum Mittel zu nehmen“ (Dove 1826, S.

161). Denn die Konsequenzen solcher Alltagshandlungen scheinen hinsichtlich des Klimas

vernachlässigbar. Folglich verwundert es nicht, wie oben bereits erwähnt, dass in der Vergangenheit

das Klimasystem grundsätzlich als unendliche Senke betrachtet wurde, sowohl in energetischer wie

auch in stofflicher Hinsicht.

Diese „alltägliche Blindheit“ bezüglich der klimarelevanten Folgen unserer Handlungen verweist

aber auf zwei wichtige Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die auf das VS bezogene

Formulierung – Rede und Antwort stehen zu können – an Bedeutung gewinnt. Damit das

Klimasystem als Gegenstand des instrumentellen Handelns in die Sicht einer verantwortungsvollen

Betrachtungsweise kommt, muss klar sein, welche naturgesetzlichen Zusammenhänge das

Klimasystem auszeichnen und welche Konsequenzen aus den menschlichen Eingriffen in dieses

folgen (Bedingung A). Darüber hinaus muss der Mensch dem Klimasystem gegenüber ein

Handlungspotenzial besitzen, sprich: über ein Potenzial zum technischen Eingriff in das

Klimasystem als naturgesetzlich beschreibbares System verfügen (Bedingung B) (s. Braun 2014, S.

491-496, 525-529). Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, wird das Klimasystem ein

Gegenstand für das wertorientierte Handeln praktisch „handhabbar“.

2.4 Das Klimasystem als explanatorischer Konnex

Kommen wir nun auf die relationslogische Bedeutung des Klimawandels als VO zu sprechen. Die

damit verknüpfte verantwortungsethische Herausforderung kulminiert im Grunde in der Frage, was

es bedeutet, dass der Einzelne den Klimawandel als Gegenstand seines Handelns adressiert. Zur

Beantwortung orientieren wir uns an den Bedingungen A und B.

Es wurde bereits festgehalten, dass die Konsequenzen einer alltäglichen Handlung mit Blick auf das

Ganze vernachlässigbar scheinen. Ungeachtet dessen kann jahrzehntelange naturwissenschaftliche

Forschung verdeutlichen, dass auch alltägliche Handlungen mit klimatischen Veränderungen

verknüpft werden können, da die hohe Anzahl solcher Handlungen die Eintrittswahrscheinlichkeit

bestimmter, teils extremer Wetterereignisse signifikant erhöhen (Bedingung A). Daher kann jeder

zu dem wissensgestützten Bewusstsein gelangen, dass bspw. der Flug nach Neuseeland einen

Beitrag zum Klimawandel leistet. Allerdings führt dieses Bewusstsein nicht zwangsläufig zu einem

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verantwortungsvollen Verhalten gegenüber der Natur, da dieses eines moralischen Bezugspunktes

bedarf. Es ist daher zu fragen, warum der Klimawandel in den Blick einer verantwortungsethischen

Betrachtungsweise gerät.

Setzen wir mit Bezug zur Bedingung B voraus, dass die Menschheit und darüber auch der Einzelne

ein Handlungspotenzial gegenüber dem Klimawandel besitzt (s. 3). Gemäß der obigen

naturethischen Grundfrage nach dem Selbstwert der Natur (s. 1.2) hätten wir daher zu überlegen, ob

das Klimasystem einen Selbstwert besitzt oder ob es nur für eine Entität mit Selbstwert von Nutzen

ist. In der einschlägigen Literatur wird die erste Option, soweit uns bekannt, nicht vertreten.

Vielmehr ist ein stabiles Klimasystem für viele Entitäten, die einen Selbstwert besitzen, von großem

Nutzen (s. 1.4). Der Klimawandel rückt vor allem deshalb in den Blick der verantwortungsethischen

Betrachtungsweise, weil sich die materiellen Existenzbedingungen der je nach NoS moralisch

anerkannten Entitäten verschlechtern. Eine Flut kann beispielsweise Menschen verletzen oder aber

nur deren Eigentum schädigen. Eine Dürre kann ein Ökosystem zerstören oder dahingehend

verändern, dass es eine Leistung für moralisch anerkannte Entitäten nicht mehr erbringen kann. Die

Folgen des Klimawandels müssen also zu einer moralisch relevanten Asymmetrie gemäß eines

moralischen NoS führen (Bedingung C). Der Ausdruck „Asymmetrie“ bezieht sich auf die

Abweichung der Realität von einem am NoS orientierten Idealzustand. Es kommt folglich mit Blick

auf ein anerkennungswürdiges NoS zu einer unrechtmäßigen Schlechterstellung von Entitäten, die

einerseits im betreffenden NoS als moralisch relevant erscheinen und andererseits von den Folgen

des Klimawandels betroffenen sind. Diese Entitäten stellen die eigentlichen

Verantwortungsadressaten (VA) dar. Der Klimawandel stellt lediglich den explanatorischen

Konnex zwischen diesen potenziellen VA und gegenwärtigen sowie zukünftigen Akteuren dar,

deren Handeln klimawirksam ist.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für eine adäquates umweltethisches Verständnis des

Klimawandels und den damit einhergehenden Verantwortungsbegriff sowohl die wirkkausale als

auch die normative Erklärungsebene miteinander verknüpft werden müssen (s. 1.3, 2.3, 2.4): Zum

einen erwächst das Verständnis aus wissenschaftlich-technischer Perspektive auf die Bedingungen

A (das Wissen über die Naturzusammenhänge) und B (das Vorliegen von Handlungspotenzialen)

und zum anderen aus ethischer Perspektive auf die Bedingung C (die Schlechterstellung einer

moralisch relevanten Entität). Dem Klimawandel als physisches Phänomen kommt deshalb eine

Schlüsselposition zu, weil ohne die naturwissenschaftlichen Kausalerklärungen keine Verbindung

zwischen den Verantwortungssubjekten (VS) und -adressaten (VA) hergestellt werden könnte.

Verantwortlich wird demnach nur der sein können, der entweder in einem direkten kausalen Sinn

den Klimawandel verursacht oder über ein Potenzial für einen technisch-praktischen Eingriff

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hinsichtlich negativer Auswirkungen des Klimawandels verfügt. Als VA kommt nur derjenige in

Frage, der entweder bereits heutzutage oder zukünftig durch Auswirkungen des Klimawandels

benachteiligt sein wird. Dies schließt potenziell alle Mitglieder heutiger und zukünftiger

Generationen ein (Gardiner 2011; weiterführend Karnein 2015).

3 Der Mensch als Verantwortungssubjekt

3.1 Erste Ebene: Wirkkausale Erklärungsfiguren In diesem Abschnitt befassen wir uns mit den Entitäten, die als VS benannt werden können. Im

Verantwortungsdiskurs werden meisten klassische „moral agents“ als potenzielle VS besprochen,

da man bestimmte Fähigkeiten ausgebildet haben muss, um Rede und Antwort stehen zu können

(Sombetzki 2014, S. 43-62; vgl. auch die Beiträge von Heidbrink und Schälike). Für eine

vertiefende Klärung der Rolle des VS in der Verantwortungsrelation werden folgend die drei

genannten Bedingungen hinsichtlich der mit ihnen einhergehenden Fähigkeiten erörtert.

Gemäß Bedingung A muss das Naturphänomen Klimawandel naturwissenschaftlich durchdrungen

sein, denn ohne eine solche Durchdringung können keine wirkkausalen Erklärungen gegeben und

schon gar nicht gezielte technische Eingriffe vorgenommen werden. Daher baut

Verantwortungsfähigkeit mit Blick auf das komplexe Naturphänomen Klimawandel auf einer

wissenschaftlich anerkannten Expertise auf. Das bedeutet nicht, dass jeder Mensch diese Expertise

aktual besitzen muss, aber jeder sollte in seiner Rolle als VS die wirkkausalen Grundzüge potenziell

nachvollziehen können (vgl. Fenner 2008; S. 228; Heidbrink 2010; Sher 2009).

Nach Bedingung B bedarf Verantwortung eines technisch-praktischen Handlungspotenzials,

letztlich der Fähigkeit zur gezielten Organisation des „Systems der Mittel“ (Hubig 2002, S. 28).

Denn damit aus der wissenschaftlichen Expertise über den Klimawandel ein konkreter

Handlungszweck erwächst, „genügt es nicht, ihn bloß zu kennen und zu wollen – dann sprechen wir

von Visionen oder Wünschen –, sondern er muss auch in der Handlungssituation für herbeiführbar

gehalten werden und dazu ist das Gegebensein von Mitteln notwendige Voraussetzung“ (Hubig

2002, S. 11). Jegliches Handlungsziel in Bezug zum Klimawandel steht daher in einem

Bedingungsverhältnis zum gegenwärtigen System der Mittel. Dieses umfasst die Gesamtheit der

materiellen Einzeldinge und der bekannten Naturzusammenhänge sowie der potenziell möglichen

menschlichen Handlungen, die alle drei aufgrund der gegenwärtigen Expertise als Instrumente zur

Abwendung oder Minimierung der als negativ wahrgenommenen Auswirkungen des Klimawandels

erachtet werden.

Daraus folgt zweierlei: Erstens verhält sich der Mensch im Verantwortlich-Sein-für-Natur dieser

gegenüber instrumentell. Der Mensch bleibt aufgrund seiner Naturhaftigkeit in der Medialität der

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physischen Mittel verfangen. Denn er nimmt alle „Mittel aus ihr, gebraucht sie gegen sie selbst; und

die List seiner Vernunft gewährt, dass er gegen die natürlichen Mächte andere natürliche Dinge

vorschiebt, diese jenen zum Aufreiben gibt und sich dahinter bewahrt und erhält“ (Hegel 1830, S.

14). Zweitens stiftet das System der Mittel eine Verbindung zu anderen Kulturformen neben der

Technik, bspw. zur Ökonomie. So besitzt auch derjenige Handlungspotenzial, der über

Kapitalvermögen verfügt, welches auf die obige klimaethisch relevante Gesamtheit an

Primärmitteln abgebildet werden kann. Vor diesem Hintergrund muss das VS ein Vermögen an

Primär- und/oder Sekundärmitteln besitzen.

Während Primärmittel alle potenziell möglichen Mittel umfassen, die als direkt geeignet erachtet

werden, um negative Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden, stellen Letztere diejenigen

Mittel dar, mit denen man die primären Mittel mobilisieren kann. Ein klassisches Beispiel für ein

Sekundärmittel wäre demnach das Rawls’sche „all-purpose-means“ Geld (Rawls 1971, S.92) Zum

sekundären Handlungspotential gehören ebenso Instrumente von Regierungen, durch die das

Verhalten anderer Akteure (üblicherweise Unternehmen und Bürger) hinsichtlich der primären

Mittel beeinflusst werden. Diese Instrumente können u.a. ordnungsrechtlicher, finanzpolitischer,

oder kommunikativer Natur sein. So kann beispielsweise die deutsche Bundesregierung bestimmte

Produkte verbieten oder geltende Standards verschärfen, finanzielle Anreizstrukturen verändern (via

Steuern, vergünstigten Darlehen etc.) oder Informations- oder Forschungskampagnen starten. All

diese Handlungen führen idealiter dazu, dass primäre Mittel zur Reduktion oder Vermeidung

negativer Auswirkungen des Klimawandels mobilisiert werden (vgl. auch die Beiträge von Nida-

Rümelin und Bratu, von Klement, Köhne sowie Schuppert in diesem Handbuch).

3.2 Zweite Ebene: Normative Erklärungsfiguren Dennoch wird auf der Ebene wirkkausaler Erklärungen nicht verständlich, warum das VS das

System der Mittel im Sinne eines wertorientierten Handelns gegenüber der Natur organisieren

sollte. Erst auf der zweiten Ebene, der der normativ-praktischen Erklärungsfiguren, erscheint das

Verantwortlich-Sein-für-Natur am Horizont der praktischen Vernunft, insofern eine moralisch

relevante Asymmetrie vorliegt (Bedingung C). In diesem Sinn redeten wir bisher davon, dass das

Verantwortlich-Sein-Für-Natur über den normativ strukturierten Raum sozialer Interaktion

konstituiert werde. Diesen Gedanken wollen wir nun mit Blick auf die Klimaverantwortung näher

erörtern. Den Ausgangspunkt klimaethischer Deliberation bilden nach diesem Ansatz die sozialen

Interaktionen und deren innere moralische Normierung. Bereits hier wird die verantwortungsethisch

relevante Frage beantwortet, auf Basis welcher Gründe ein moral agent Verantwortung gegenüber

einer wertbehafteten Entität tragen sollte. Wenn, wie im Fall des Klimawandels, moralisch

relevante Asymmetrien zu Ungunsten einer solchen wertbehafteten Entität vorliegen, dann rücken

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das Klimasystem und dessen Veränderungen in den Fokus moralischer Deliberation. Obwohl die

Rede von einer Klimaverantwortung nahelegt, dass nach den guten Gründen für die Verantwortung

gegenüber dem Klima(-system) gefragt werden sollte, zielt nach unserem Dafürhalten die

Klimaverantwortung letztlich auf dieselben Gründe, die bezüglich sozialer Interaktionen zur

Disposition stehen. Entsprechend gehen wir in den weiteren Ausführungen davon aus, dass auch die

Klimaverantwortung wie jede ökologische Verantwortung auf einer „unaufhebbar intersubjektive[n]

Struktur“ (Werner 2006, S. 544; Sombetzki 2014, S. 35-36) basiert. Sie ist somit eine

soziokulturelle Ausdrucksform der praktischen Vernunft, die sich in mindestens drei Stufen

realisiert:

Erstens zielt praktische Vernunft in Anschluss an Aristoteles auf ein an Vernunftgründen

orientiertes Verhalten (Aristoteles 1972, S. 1140b). Die Orientierung unserer Entscheidungen

erfolgt über die Abwägung bzw. die Deliberation von Zielen, auf denen die Organisation aller

Mittel, der Dinge und der Handlungen, gründet. Werte stellen diesem teleologischen Denken gemäß

finale Gründe dar, auf die wir unser Handeln hin ausrichten. Die soziale Ausprägung einer

klimaethischen Deliberation bedeutet dementsprechend nicht ein rein individuelles „Mit-sich-zu-

Rate-gehen“ (Aristoteles 1972, S. 1142a), sondern ein kollektives Mit-uns-zu-Rate-gehen und zwar

bezüglich der Werte, an denen unser Verhalten gegenüber der Natur orientiert wird. Da das

verantwortungsvolle Handeln bezüglich des Klimawandels moralisch anerkannte Entitäten

adressiert (s. 2.4), sind die das Handeln bezüglich des Klimawandels orientierenden Werte

dieselben, die auch das soziale Miteinander bestimmen. So erscheinen die Minderung der negativen

Folgen des Klimawandels oder der sogenannte Klimaschutz als Mittel zur Realisation anerkannter

gesellschaftlicher Werte.

Zweitens, auch in Anschluss an Aristoteles (Aristoteles 1972, S: 1140b), sind diese Werte auf

menschliche Angelegenheiten bezogen, welche sich – wie die Gegenstände des alltäglichen

Meinens – so oder so verhalten können. Werte können wir nur mit relativer Gewissheit

beanspruchen. Dies entspricht der relativ modernen Auffassung darüber, dass „es die früheren

Garantien durch die angenommenen feststehenden Grundsätze der menschlichen Erkenntnis nicht

mehr gibt“ (Toulmin 1978, S: 68-69). Entsprechend können auf die klimaethischen Fragen lediglich

bedingte Antworten gefunden werden. Daher bedarf das klimaethische Deliberieren drittens der

Entwicklung eines Bewusstseins über die Bedingungen und die sozialen Folgen des jemeinigen

Handelns.

Die Diskussion der Werteorientierung hinten anstellend (s. 4) und mit Bezug zu den beiden soeben

ausdifferenzierten Erklärungsebenen (s. 3.1, 3.2) werden wir folgend das Begründungsmodell

exponieren, auf dessen Basis moral agents Klimaverantwortung zugeschrieben wird.

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3.3 Begründungsmodell für Klimaverantwortung

Schon in Abschnitt 2.4 hatten wir dem Klimawandel eine explanatorische Konnexfunktion

zugesprochen, da lediglich durch ihn als physikalisch beschreibbares Phänomen eine Verbindung

zwischen VS und VA hergestellt werden kann. Hinsichtlich der wirkkausalen Erklärungsfiguren

bedeutet dies für das VS, dass es entweder in einem direkten wirkkausalen Sinn Verursacher sein

(Bedingung A) oder zumindest Handlungspotenzial besitzen muss (Bedingung B). Trotz dieser

Rückbindung der Verantwortungszuschreibung an wirkkausale Erklärungsfiguren unterscheidet

sich diese Begründung von denen alltäglicher Verantwortungszuschreibung (s. Jamieson 2015, S.

23). Im Gegensatz zu diesen an linearer Wirkkausalität orientierten Beispielen gilt im Fall des

Klimawandels, dass sich VS (in der Rolle als Verursacher) und VA nicht begegnen, vielmehr

bleiben sie „für einander anonym“ (Baatz und Ott 2015, S. 182). Ungeachtet dieser Komplikation

wird der grundlegende Konnex zwischen VS und VA parallel zu den Kausalverknüpfungen

zwischen verursachenden und bewirkten Ereignissen aufgebaut. Das klassische Begründungsmodell

am Beispiel der „Wirkungskette“ von Treibhausgasen (THG) lautet in etwa (vgl. Roser und Seidel

2013, S. 47):

1. Ursachenereignis: globale anthropogene Emissionen von THG

2. Mittlerwirkung: Veränderung von relevanten Parametern des Klimasystems

a. Veränderung der atmosphärischen THG-Konzentrationen

b. Veränderung der globalen Durchschnittstemperatur, Alkalinität der Ozeane, etc.

c. Veränderungen im Wettergeschehen, des Meeresspiegels, etc.

3. Relevanzwirkung: Translokale Folgen, die die Lebensbedingungen gegenwärtiger und

zukünftiger Entitäten verändern, denen ein moralischer Wert zugeschrieben wird.

Innerhalb dieser Begründungsstruktur gibt es vier wichtige Gelenkstellen: Erstens erfolgt die

Zuschreibung wirkkausaler Verantwortung mit Blick auf die Relevanzwirkung: die Veränderung

der klimatischen Lebensbedingungen wertbehafteter Entitäten. Zweitens werden diese

Veränderungen mit den Veränderungen im Wettergeschehen verknüpft, genauer: mit der

Wahrscheinlichkeit, mit der die Wetterereignisse eintreten, die das Lokalklima determinieren.

Drittens werden diese Wahrscheinlichkeiten anhand der Klimasimulationen errechnet, in denen die

Veränderung der anthropogenen THG-Emissionen ein systembeeinflussender Faktor ist. Viertens

erscheint jeder Emittent als wirkkausaler Verursacher, da jede Emission zur systemrelevanten

Gesamtemission von THG beiträgt. Die einzelne THG-Emission wäre laut dieser

Begründungsstruktur genau dann relevant, wenn die Wahrscheinlichkeit, die die Erhöhung der

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Erdmitteltemperatur relativ zur kumulativen Gesamtmenge aller Emissionen dieser Art hat,

„signifikant größer ist als die Ausgangswahrscheinlichkeit“ (Beckermann 1975, S. 295). Die

einzelne THG-Emission stellt einen auf statistischen Überlegungen basierenden Vernunftgrund der

klimaethischen Argumentation aber keinen Realgrund dar (Beckermann 1975, S. 305).

3.4 Normativer Kern des Begründungsmodells

An diesem Punkt der klimaethischen Verantwortungsbegründung setzen meist die sogenannten

„Klimaskeptiker“ an. Sie bezweifeln die Tragfähigkeit solcher nicht-klassischen Vernunftgründe (s.

EIKE 2016). Dazu wird mit Blick auf die Argumentationsstufen 2 bis 4 gezielt bezweifelt: ad 3)

dass die Datenbasis und die darauf beruhenden Klimasimulationen wissenschaftlich haltbar sind, ad

2) dass einzelne Wetterereignisse und auch die Veränderung klimatischer Indikatoren über die

Klimasimulationen mit den anthropogenen THG-Emissionen in Zusammenhang gebracht werden

können, ad 4) dass diese einen neuartigen Trend in der Klimadynamik bewirken. Ungeachtet dessen

liefern die Klimaskeptiker ungewollt einen sehr wichtigen Hinweis: Ohne eine ausreichende

Kausalerklärung – letztlich: ohne eine wissenschaftliche belastbare Determination von Ursachen

und Wirkungen – kann kein VS im Sinne des klassischen Verursacherprinzips ermittelt werden.

Wenn der klimaethische Blick über den Tellerrand des wirkkausal gedachten Begründungsmodells

hinausgeht, verbleibt mit Verweis auf die beiden Erklärungsebenen (siehe 3.1, 3.2) die

Charakterisierung des VS über normative Erklärungsfiguren. Aber durch welche Kennzeichnung

erhält die weitgehend neutral formulierte Begründungsstruktur normative Relevanz? Zur

Beantwortung lohnt sich eine detailliertere Analyse von Bedingung C, nach der eine moralische

Verantwortungsrelation zwischen zwei Entitäten besteht, wenn diese in einer Handlungsrelation

zueinander stehen und sich mindestens eine der beiden aktuell oder potenziell in einem

asymmetrischen Verhältnis zu moralisch relevanten Normen und Werten befinden (vgl. Sombetzki

2014, S. 52-53; vgl. auch den Beitrag von Betzler und Scherrer in diesem Handbuch). Diese

Überlegung lässt sich in vier Hinsichten näher erläutern.

Erstens werden im Klimadiskurs meist drastische Asymmetrien thematisiert. Im Zuge des faktisch

stattfindenden Klimawandels sind grundsätzliche menschliche Werte wie das Recht auf Leben und

auf körperliche Unversehrtheit gefährdet. Viele der klimaethischen Überlegungen sind im Grunde

selbst dann berechtigt, wenn die anthropogene Verursachung nicht stichhaltig belegt werden könnte

(s. UNFCCC 2015). Das heißt, dass potenzielle Verantwortungsrelationen sichtbar werden, wenn

ein VA mit Blick zu einem anerkennungswürdigen NoS festgestellt wird. Auch beim natürlichen

Klimawandel würde dieser als Konnex zwischen VS und VA dienen, da die Schlechterstellung

letzterer als zentraler Blickpunkt zur Erklärung moralischer Verantwortlichkeit dient (s. 2.4).

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Zweitens bedeutet normative Sichtbarkeit einer Verantwortungsrelation gemäß Bedingung C nicht

notwendigerweise, dass diese mit Blick auf das VS tatsächlich vorliegt. Klimaethisch betrachtet

behalten solche Verantwortungsrelationen einen rein potenziellen Charakter, solang das VS kein

Handlungspotenzial besitzt (Bedingung B). Es muss in der Lage sein, das System der Mittel derart

zu organisieren, dass die ethische Asymmetrie verbessert oder aufgehoben werden kann (s. 3.2).

Ohne ein primäres oder sekundäres Handlungspotenzial des VS verbleibt die

Verantwortungszurechnung und -übernahme auf einer reinen Wunschebene (s. 4.2, 5.3). An dieser

Stelle sei explizit betont, dass auch alldiejenigen als potenzielle VS gelten, die über indirekte

Möglichkeiten (sekundäre Handlungspotenziale) zur Verringerung negativer Auswirkungen

verfügen, etwa finanzielle Mittel (s. 5.1, 5.3).

Drittens kann Verantwortung sowohl retrospektiv als auch prospektiv zugeordnet werden (vgl.

Sombetzki 2014, S. 103-104; Birnbacher 1995, S. 145-146; Duff 1998, S. 290). In einem

retrospektiven Sinn wird meist mit Rückgriff aus das Verursacherprinzip die Verantwortung für

(hohe) Emissionen in der Vergangenheit thematisiert (s. 5.3). Zur Debatte steht meist die

„historische Verantwortung der alten Industrienationen“ (s. Neumayer 2000). Prospektiv bezieht

sich Verantwortung wiederum auf befürchtete negative Auswirkungen des Klimawandels in

Gegenwart und Zukunft sowie die Frage nach deren Vermeidung (s. Jamieson 2015, S. 38).

Zudem erscheint viertens eine rein individuelle Handhabbarkeit der Folgen des Klimawandels

prima facie illusorisch. Handlungen von Einzelpersonen, die nicht mit den Handlungen von anderen

Personen und Akteuren koordiniert werden, erweisen sich als ineffizient und ineffektiv. Die

Zuschreibung von Verantwortung geht daher meist mit dem Gebot zur Kooperation einher

(Bedingung D) (Leist 2015; Kallhoff 2015). Es besteht die Pflicht, Kollektivakteure derart zu

konzipieren, dass über diese eine entsprechende Koordination der quantitativ riesigen Aufgaben

erfolgen kann. Natürlich können die individuellen Pflichten nicht nur einseitig auf die kollektive

Ebene übertragen werden, sondern müssen über die dort bestehende Koordinationsleistung verteilt

und auch wieder zurück übertragen werden (s. 5.3). Im Fahrwasser der Kooperation und der

Koordination des kollektiven Vorgehens tauchen jedoch eine Vielzahl an Problemen auf, die sich

der Grundfrage bündeln: „Who should bear the burdens of addressing global climate

change?“ (Caney 2005, S. 747).

Zusammenfassend verweisen die vier Hinsichten darauf, dass die Zuordnung der

Klimaverantwortung im Wesentlichen von der Ausgestaltung des klimaethischen Normensystems

abhängt. Auf dessen Basis werden die beiden zu unterscheidenden Erklärungsprinzipien –

Verursacher- und Fähigkeitsprinzip – sowie die unterschiedlichen Strategien zur

Verantwortungsverteilung zu einem Begründungskomplex kombiniert. Im folgenden Abschnitt

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werden wir uns deshalb zunächst den Herausforderungen in der Konzeption klimaethischer NoS

widmen und anschließend auf die Gestalt des Klimabewusstseins eingehen, die gegenwärtig die

einzig wirksame Verantwortungsinstanz darzustellen scheint.

4 Klimarelevante Normensysteme und Verantwortungsinstanzen

4.1 Zur Differenzierung zwischen Normensystem und Verantwortungsinstanz Zu Beginn lohnt es, zwischen den Begriffen „Normensystem“ (NoS) und

„Verantwortungsinstanz“ zu differenzieren, um deren Rolle innerhalb von

Verantwortungsrelationen zu erläutern. Für deren praktische Realisation ist nur die Antwort auf die

Frage wichtig, warum man sich verantworten sollte, sondern auch die auf die Frage, vor wem man

sich verantworten muss (vgl. Ropohl 1994, S. 112; Schwartländer 1974, S. 1586; Wimmer 2011, S.

1317). Denn im schlechtesten Fall verbleiben die normativen Leitlinien eines NoS auf der Ebene

eines „frommen Wunsches“, wenn sie nicht durch geeignete VI repräsentiert werden. Idealiter ist

die VI sowohl für VS und VA anerkennungswürdig als auch in der Lage, das entsprechend

anerkennungswürdige NoS durchzusetzen. Die praktische Funktionalität gewinnt das NoS erst,

wenn eine geeignete VI existiert. Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings nicht, dass keine

Verantwortungsrelation vorliegt, wenn keine oder noch keine geeignete VI vorhanden ist. Die

entscheidende konstitutive Grundlage für eine klimaethische Verantwortungsrelation bleibt alleinig

ein anerkennungswürdiges NoS, das eine belastbare Verbindung zwischen VS und VA über eine

elaborierte Kombination von wirkkausalen und normativen Erklärungen stiftet.

4.2 Die Herausforderungen eines anerkennungswürdigen Normensystems In der Konzeption eines anerkennungswürdigen klimaethischen NoS müssen sich die

Umweltethiker drei großen Herausforderungen stellen, die wir zunächst thematisieren, bevor wir im

folgenden Abschnitt auf das individuelle Klimabewusstsein zu sprechen kommen, das gegenwärtig

die belastbarste klimaethische VI scheint. Erstens gab es bisher keine tradierte kollektive

Praxisform, deren immanente Moral als Blaupause für die Entwicklung eines umfassenden

klimaethischen NoS herangezogen werden konnte. Grundsätzlich verlangt das

Klimawandelproblem ein ähnlich umfassendes NoS, wie es bereits im Bereich der UN-

Menschenrechtscharta auf globaler Ebene erarbeitet worden ist. Dessen normative Leistung besteht

in nichts weniger als darin, die allgemeinen Werte der Weltgemeinschaft zu explizieren und

möglichst auch zu realisieren (vgl. auch Honneth 2008, S. 21; Werner 2011, S. 546; Reder 2012, S.

270). Zudem wird die Entwicklung eines klimaethischen NoS erschwert, da es letztlich zu

tiefgreifenden Änderungen des derzeitigen Wirtschaftsmodells und wohl auch den Zielsetzung der

industriellen Entwicklung führen würde (s. 5).

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Im Fall der Klimaethik erweist sich zweitens das idealtypische Vorgehen innerhalb der Ethik als

schwierig, auf Prinzipien tradierter Normensysteme aus anderen Kontexten zurückzugreifen. Ein

anerkennungswürdiges NoS und ein belastbarer Begriff der Klimaverantwortung lassen sich nicht

über eine simple Kombination aus Ethikbausteinen rekonstruieren. Die damit einhergehende

Herausforderung wurde von Gardiner mit dem Schlagwort „a perfect moral storm“ umschrieben (s.

Gardiner 2011). Ein wesentlicher Aspekt Gardiners Analyse baut auf dem Umstand auf, dass VS

und VA räumlich und zeitlich stark fragmentiert sind und sich daher einander anonym sind (s. 3.3).

Ein klimaethisches NoS muss begründen können, dass trotz der häufig fehlenden Einsicht in die

komplexen wirkkausalen Erklärungen diese moralische Relevanz besitzen (s. 3.1). Das NoS muss

sogar selbst beim „Fehlen einer völligen wissenschaftlichen Gewißheit“ (UNFCC 2015, S. 5) noch

eine moralisch wirksame Begründung von Klimaverantwortung leisten können. Zumindest darf der

Mangel an jener nicht als hinreichender „Grund für das Aufschieben“ (UNFCCC 2015, S. 5)

geeigneter Maßnahmen dienen dürfen, solange Bedingung C erfüllt ist (Asymmetrie zu einem

NoS).

Drittens gibt es, wie bereits oben dargestellt, eine Vielzahl an potenziellen VS und VA, sodass sich

sowohl auf der Seite des VS als auch auf der Seite des VA Kollektive gegenüberstehen: Als VS

kommen sowohl Verursacher (Bedingung A) in Frage als auch diejenigen, die Handlungspotenzial

besitzen (Bedingung B); als VA alldiejenigen, die von den Folgen des Klimawandels negativ

betroffen sind (Bedingung C) (zum VA vgl. innerhalb der Verantwortungsforschung auch

Sombetzki 2014, S. 113-118; Schwartländer 1974, S. 1587; Lenk und Maring 2007, S. 570; Albs

1997, S. 27). Ein klimaethisches NoS muss die konkreten Verantwortlichkeiten gewichten, weshalb

der klimaethische Verantwortungsdiskurs eine erhebliche Schnittmenge mit den Diskursen um

kollektive Verantwortung und deren Verteilung auf Individuen aufweist (s. 5.2). Unbestritten

scheint, dass die Klimaverantwortung aufgrund der globalen Dimension des Klimawandels kaum

analog zur individuellen Verantwortung konzipiert werden kann, wie man sie aus dem „Nahbereich

der zwischenmenschlichen Alltagspraxis“ (Werner 2011, S. 546) kennt (s. auch Jamieson 2015; vgl.

in diesem Handbuch auch den Beitrag von Gerhardt). Dennoch sollte eine konsequente Klimaethik

es ermöglichen, dass eine kollektiv konzipierte Klimaverantwortung über „entsprechende

Mechanismen einer internen Verantwortungsverteilung, Sanktions- und Anreizsysteme“ (Werner

2011, S. 545) auf eine individuelle Verantwortlichkeiten abgebildet werden kann (s. 5.3).

Als beispielhafte Normensysteme sind die Klimarahmenkonvention (UNFCCC 1992) und

nachfolgende Vereinbarungen (Kyoto-Protokoll, Bali Road Map, Paris Vereinbarung) zu nennen.

Als vertragliche – genauer: völkerrechtliche – NoS, die explizit einen Anspruch auf intersubjektive

Anerkennung erheben und kollektive Verantwortlichkeiten exponieren, unterscheiden sie sich von

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einem rein klimaethischen NoS durch die Tatsache, dass sich in der Konvention und den

Vereinbarungen längst nicht nur moralische Vernunftgründe widerspiegeln. Aber selbst wenn sie

nur einen Kompromiss zwischen den Interessen vieler Staaten darstellen und bisher weit hinter den

Erwartungen von Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen zurückgeblieben sind,

spielen in ihrer Ausgestaltung normative Überlegungen eine große Rolle (Pickering 2016).

4.3 Das Klimabewusstsein als Verantwortungsinstanz Gänzlich mangelt es jedoch an geeigneten Verantwortungsinstanzen (VI), die die bisherigen NoS

auf kollektiver Ebene adäquat kontrollieren. Abgesehen von konkreten Berichtspflichten wird in

den vertraglichen Vereinbarungen lediglich von Sanktionen bei Nichteinhaltung der

Zielvereinbarungen geredet, ohne diese genauer zu explizieren oder eine verbindliche Instanz zu

benennen (s. auch Laurency 2013, S. 140). Es wäre jedoch denkbar, die im Rahmen der

Klimarahmenkonvention jährlich stattfindende Conference of the Parties (COP) als eine Instanz zu

interpretieren, da die Regierungen ihre klimapolitische Position hier vor den anderen Regierungen

und der Öffentlichkeit darlegen müssen. Sowohl im Plenum als auch in kleineren

Verhandlungsrunden werden mehr oder weniger progressive Akteure dabei durchaus mit

(kräftigem) Lob oder Tadel versehen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die COP aber bestenfalls eine

schwache Instanz, die von vielen Akteuren auch nicht als solche anerkannt wird (weiterführend

Wallimann-Helmer 2015).

Unabhängig von diesem Desiderat führen die Klimaverhandlungen und die mit entsprechender

Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit getroffenen Vereinbarungen zur Entstehung einer

Verantwortungsinstanz auf individueller Ebene: dem Klimabewusstsein. Bei der gängigen Rede

vom Klimabewusstsein handelt es sich um den Gedanken, dass ein Individuum nicht nur die

komplexen Zusammenhänge des Klimasystems in ihren Grundzügen verstanden hat (s. 2.3),

sondern auch eine adäquate normativ wirksame Haltung entwickelt. Das Klimabewusstsein fungiert

in diesem Fall als das auf das Problem des Klimawandels zu geschnittene Gewissen.

In der Verantwortungsethik wird das Gewissen seit langem als forum internum verhandelt (vgl.

Bayertz 1995, S. 18; Weischedel 1972). Gemeint sind also die Fälle, in denen das Bewusstsein mit

sich selbst in einen internen Dialog tritt (vgl. auch Hannah Arendts Konzept eines „stumme[n]

Zwiegesprächs des Ichs mit sich selbst“ in Arendt 2002, S. 80). In diesem bewusstseinsinternen

Verantwortungsdialog fallen sozusagen VS und VI zusammen. In der christlichen Tradition deutete

man das Gewissen bspw. als die überindividuelle Stimme Gottes, die der obersten Norm, Gutes zu

tun, folgt (vgl. Aquin, Ia–IIae, Frage 19, Artikel 5–6.). Mit dem Gewissen spricht sich ein implizites

Wissen darüber aus, dass man in einer geplanten oder bereits vollzogenen Handlung asymmetrisch

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zu einer Norm eines eigentlich anerkannten NoS handelt.

Auch wenn das Klimabewusstsein gegenwärtig eine der wichtigsten VI darstellt, da viele Menschen

nur über ihr Klimabewusstsein „klimafreundlich“ handeln, verbleibt es gegenüber jeglicher

intersubjektiven Kontrolle verschlossen. Als bewusstseinsimmanente Sanktion resultiert höchstens

der in Umgangssprache als „Gewissensbiss“ bekannte Schmerz über eine begangene oder

bevorstehende Fehlhandlung. Allerdings muss hier an die seit Hegel bekannte Subjektivismuskritik

am Gewissen erinnert werden (Hegel 1807, S. 464-494 und im Verantwortungsdiskurs Banzhaf

2002, S. 29). Denn lediglich auf das je eigene Klimabewusstsein zu hören, stünde letztlich für

„normative Willkür, keine Verbindlichkeit und Ausschließlichkeit“ (Sombetzki 2014, S. 109). Jede

gewissensartige VI besitzt zwar grundsätzlich „intersubjektive Implikationen […], aber […] ist an

und für sich eine bloße formale Struktur, die durch beliebige normative Inhalte gefüllt werden

kann“ (Tugendhat 1989, S. 378). Die individuelle ethische Deliberation im Gewissensakt des

Klimabewusstseins bedarf daher einer von vornherein auf Intersubjektivität ausgerichteten

kollektiven Deliberation, die zu einem belastbaren klimaethischen NoS führt.

Zusammenfassend ist daher das grundsätzliche Ziel der Klimaethiker zu unterstreichen, dass auf

Grundlage allgemeiner ethischer Theorien (eTh) Wertvorstellungen expliziert werden müssen,

anhand derer anerkennungswürdige Normen abgeleitet werden können. Dieser Schritt ist

notwendig, da ohne eine Spezifikation allgemeiner Wertvorstellungen kaum eine normativ

tragfähige Verknüpfung zwischen VS und VA hergestellt werden kann. Das ideale klimaethische

NoS wäre seinerseits als ein Ausdruck praktischer Vernunft anerkennungswürdig (Bedingung E),

weil dessen moralischen Gründe – die Wertvorstellungen und konkreten Normen – intersubjektiv

nachvollziehbar wären. Auf Basis dieser guten Gründe kann überhaupt erst ein

Verantwortungsdialog zur Entwicklung vertraglicher NoS und letztlich einer institutionalisierten VI

stattfinden, die dann von den VS und den VA anerkannt werden. Auf dieser Ebene angelangt muss

Klimaverantwortung in der Grammatik sozialer Interaktion ausgedrückt werden, die natürlich auch

die Nennung konkreter Pflichten und idealerweise auch die Androhung (und Durchführung) von

Sanktionen bei Nichteinhaltung ermöglicht. Zumindest auf globaler Ebene ist eine

institutionalisierte klimaethische VI jedoch erst dann realisierbar, wenn Nationalstaaten bereit sind,

einen Teil Ihrer Souveränität auf die internationale Ebene zu transferieren. Ein solcher Schritt

scheint in weiter Ferne, auch wenn es mit der Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshof in

Den Haag schon erste Schritte in eine solche Richtung gibt (zu möglichen Reformen der

internationalen Regime und multinationalen Institutionen s. bspw. Pogge 2008; Held 2010; Caney

2016).

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5 Eckpunkte eines klimaethischen Normensystems

Bis hierhin haben wir Verantwortungsobjekt, -subjekt, -adressat, -instanz und Normensystem

allgemein erläutert und aufgezeigt, in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Um detaillierte

Aussagen darüber zu tätigen, wer aus klimaethischer Sicht wofür und gegenüber wem

verantwortlich ist, muss näher betrachtet werden, welche Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf den

Klimawandel existieren (Bedingung B). Daher werden wir zunächst eine Systematisierung der

technischen Handlungsoptionen vorstellen, die Optionen im Anschluss aus klimaethischer

Perspektive bewerten und schließlich kurz wesentliche Aspekte einer begründeten

Verantwortungsübernahme bzw. gerechten Lastenverteilung diskutieren.

5.1 Die technische Handlungsdimension Es wurde bereits zwischen primären und sekundären Mitteln unterschieden (s. 3.1), um zwei

unterschiedliche Handlungspotenziale zu verdeutlichen. Mit Hilfe beider wird aber ein Ziel

verfolgt, nämlich die negativen Auswirkungen des Klimawandels möglichst zu reduzieren oder

ganz und gar zu vermeiden. Die erwähnten Beispiele für solche Handlungspotenziale (s. 3.1) haben

bereits angedeutet, dass sich grundsätzlich zwischen wirkkausalen und symptomatischen Strategien

unterscheiden lässt. Da diese Einteilung noch recht grob ist, greifen wir den

Klassifizierungsvorschlag von Heyward (2013) in leicht modifizierter Weise auf. Demnach lassen

sich fünf Handlungstypen differenzieren: Mitigation (Reduktion von Treibhausgasen), Carbon

Dioxide Removal (CDR, Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre), Solar Radiation Management

(SRM, Erhöhung der planetaren Albedo), Anpassung (an klimatische Veränderungen), und

Wiedergutmachung (beispielsweise in Form von Geld oder der Bitte um Entschuldigung).

Mit den fünf Handlungstypen werden jeweils spezifische Zwecke verfolgt. Mitigation und CDR

zielen auf die Senkung atmosphärischer Treibhausgaskonzentrationen und wirken dem

anthropogenen Klimawandel daher ursächlich entgegen. Beide Typen unterscheiden sich darin, dass

Mitigation die Emission von Treibhausgasen von vornherein vermeidet, während CDR sie im

Nachgang wieder aus der Atmosphäre entfernt. Da sich die nachträgliche Entfernung als

kompliziert erweist, insbesondere dann, wenn man es mit großen Mengen CO2 zu tun hat, erscheint

die Vermeidung deutlich vorteilhafter (s.u.). Aus diesem Grund sollte unseres Erachtens zwischen

den Typen Mitigation und CDR differenziert werden, obwohl sie denselben Zweck verfolgen.

SRM will die auf die Erde eintreffende Sonnenstrahlung reflektieren und so dem erhöhten

Treibhauseffekt entgegenwirken, ohne ihn jedoch abzuschwächen. SRM ist bereits ein

symptomatischer Handlungstyp, weil er nicht bei der den Klimawandel verursachenden

Verstärkung des Treibhauseffektes ansetzt. Vielmehr richtet er sich gegen die wesentliche Folge des

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verstärkten Treibhauseffektes: dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur. Die Kategorie

SRM erfasst zudem nicht alle Technologien, welche die Wärmeabstrahlung der Erde durch

Manipulation von Wolken erhöhen wollen (zur alternativen Systematisierung s. Boucher et al.

2014).

Über Anpassungstrategien versucht man zu verhindern, dass klimatische Veränderungen ethische

Asymmetrien zu allgemein anerkannten Werten erzeugen (Bedingung C, s. 3.2). Gelingt

erfolgreiche Anpassung nicht oder nur in Teilen, kommt es in der Regel zu einer direkten oder

indirekten Schlechterstellung oder Schädigung wertbehafteter Entitäten (s. 2.4). Zumindest bei

Menschen lässt sich argumentieren, dass diesen ein Anspruch auf Wiedergutmachung zusteht. Dass

den vom Klimawandel betroffenen Personen aufgrund dieses Umstandes eine Art Schmerzensgeld

zugesprochen wird, scheint in Anbetracht der gegenwärtigen politischen Lage jedoch utopisch.

Realistischer ist vielmehr, dass die VS einen Fonds ausstatten, über den Anpassungsmaßnahmen in

dem vom Klimawandel besonders betroffenen Regionen als eine Art ex-ante Kompensation

finanziert werden (Baatz 2013, S. 6). In diesem Fall würden bestimmte VS sekundäre Mittel

aufbringen müssen, mit Hilfe derer andere Akteure primäre Mittel ergreifen können, z.B. weil

letztere dazu selber nicht in der Lage sind und/oder weil sie einen Anspruch auf die sekundären

Mittel gegenüber ersteren haben.

Einen weiteren Handlungstyp, das Nicht-Handeln, wird von Heyward nicht genannt, weil dessen

Ziel nicht in der Vermeidung negativer Auswirkungen besteht. Das Verfolgen dieses Handlungstyps

kann begründet werden, indem man in Abrede stellt, dass es einen Klimawandel gibt oder dass

dessen Auswirkungen so negativ sind, dass Gegenmaßnahmen gerechtfertigt erscheinen. Ein

gemäßigter Klimaskeptiker, der den Klimawandel nicht als solchen in Abrede stellt, sondern die

These vertritt, dass die wesentlichen Ursachen keine anthropogenen sind, wird sinnvollerweise

zunächst nur den Handlungstyp Mitigation (und ggf. Wiedergutmachung) zurückweisen. Welche

der übrigen Typen aus seiner Sicht in Frage kommen, hängt davon ab, was als Ursache für den

Klimawandel ausgemacht und welche Intensität ihm unterstellt wird.

Zusammenfassend lässt sich auf Grundlage der von Heyward (2013) vorgenommenen Typisierung

demnach Folgendes sagen: Auch wenn das eigentliche oder grundsätzliche Ziel stets in der

Vermeidung als negativ erachteter Auswirkungen besteht, kann man an unterschiedlichen Punkten

der wirkkausalen Kette ansetzen und daher unterschiedliche Zwecke verfolgen sowie entsprechende

Mittel mobilisieren. Insgesamt lässt sich schließlich festhalten, dass der Raum der Handlungen mit

Bezug zum Klimawandel durch eine Differenzierung in primäre und sekundäre Mittel einerseits und

unterschiedliche Zwecke oder Handlungstypen andererseits konstituiert wird. Eine Handlung kann

einem der sechs genannten Typen zugeordnet werden und sie kann sich eines primären oder

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sekundären Mittels bedienen. Dieser Handlungsraum umfasst die Gesamtmenge aller Handlungen

und lässt sich anhand normativer Prinzipien organisieren und strukturieren (s. auch 3.2). Dem

wollen wir uns im Folgenden widmen.

5.2 Klimaethische Bewertung der technischen Optionen

Im klimaethischen Diskurs wird angesichts der bereits beobachteten sowie prognostizierten Folgen

weithin anerkannt, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden muss. Alle maßgeblichen

normativen Theorien gebieten entschiedenes Handeln. Unumstritten scheint ebenso, dass der

Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur so stark wie möglich zu begrenzen ist. Die

internationale Gemeinschaft hat sich in der Pariser Vereinbarung darauf geeinigt, den Anstieg auf

„well below 2° above pre-industrial levels“ zu beschränken (UNFCCC 2015). Das sogenannte 2°-

Ziel geriet dabei immer wieder in die Kritik, weil es von einigen Klimaforschern recht offensiv

propagiert wurde (Randalls 2010), ohne jedoch durch eine robuste ethische Argumentation

untermauert worden zu sein (s. aber Ott et al. 2004). Unseres Erachtens ist das Ziel insofern

plausibel, als es einen sinnvollen Kompromiss zwischen dem ethisch erforderlichen und dem

politisch Erreichbaren darstellt: Schon eine Erwärmung von ≥ 2° wird aller Voraussicht nach

erhebliche negative Auswirkungen mit sich bringen und gilt mit Blick auf unterschiedliche ethische

Begründungen und normative Maßstäbe als zu vermeidendes Szenario. Zugleich erscheint das Ziel

aus politischer Perspektive außerordentlich ambitioniert.

Aufgrund des in den letzten 10-20 Jahren immer weiter steigenden globalen THG-Ausstoßes wird

ein Erreichen des 2°-Ziels immer schwieriger. In den Szenarien des IPCC kann das Ziel zu

moderaten Kosten nur noch mit Hilfe des großflächigen Einsatzes sogenannter Bio Energy Carbon

Capture and Storage (BECCS) Technologien bewerkstelligt werden. Das Grundprinzip lautet

hierbei, dass große Anpflanzungen CO2 in Form von Zellstoff binden, die Pflanzen nach einer

bestimmten Zeit geerntet und das in ihnen gebundene CO2 langfristig gespeichert und damit dem

Kohlenstoffkreislauf zunächst entzogen wird. Diese Technologie, die unter CDR zu subsumieren

ist, existiert allerdings noch nicht. Außerdem sind bei ihrem großflächigen Einsatz

Landnutzungskonflikte absehbar.

Ob und zu welchen gesamtgesellschaftlichen Kosten das 2°-Ziel zu realisieren ist, hängt also

erstens davon ab, wie schnell und radikal der globale THG-Ausstoß tatsächlich gesengt werden

kann, zweitens davon, wie stark CDR-Technologien zur Senkung der atmosphärischen THG-

Konzentrationen beitragen können und drittens, ob auf den Einsatz von SRM-Technologien

zurückgegriffen werden kann und soll. Diese Aspekte sind unter Wissenschaftlern derzeit höchst

strittig. Im Folgenden skizzieren wir kurz die wesentlichen Vor- und Nachteile der jeweiligen

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Handlungstypen.

Dass weitreichende Reduktionen der THG-Emissionen (Mitigation) technologisch möglich sind,

wird kaum bezweifelt. Der weitgehende Ausstieg aus fossilen Energieträgern in diesem Jahrhundert

scheint dank alternativer Technologien möglich. Als Beispiel hierfür kann man die Energiewende in

Deutschland anführen. Ferner lassen sich viele energieintensive Prozesse und Produkte ersetzen,

und es bestehen zahlreiche Möglichkeiten im Bereich der Energieeffizienz (IPCC 2014). Umstritten

bleibt jedoch, wie hoch die Kosten schneller und weitreichender THG-Reduktionen ausfallen

werden. Außerdem machen sich diese Reduktionen ob der Trägheit des Systems erst mittel- bis

langfristig bemerkbar. Daher argumentieren zunehmend viele Forscher, dass Mitigation (und

Anpassung) allein keine angemessene Reaktion auf den Klimawandel mehr darstellt und daher auch

potenziell schneller wirksame und günstigere Handlungstypen in Betracht gezogen werden müssen

(Keith et al. 2010). Aufgrund der ursächlichen Wirkung und der Defizite alternativer

Handlungsstrategien (s.u.) erscheint Mitigation dennoch als die „first-best option“. Dahingehende

Verpflichtungen werden durch das mögliche Vorhandensein weiterer Handlungstypen also nicht

reduziert (Baatz und Ott 2016a).

Konsens besteht darüber, dass einige CDR-Technologien zum Einsatz kommen sollen, um so die

langsame Entfernung von THG aus der Atmosphäre zu beschleunigen. Es ergeben sich aber

folgende Nachteile: CO2 aus der Umgebungsluft zu filtern, ist grundsätzlich möglich, aufgrund des

geringen Anteils von CO2 in der Luft jedoch sehr aufwendig. Wie auch bei CCS-Technologien stellt

sich darüber hinaus das Problem der langfristigen Lagerung. Alle landbasierten Maßnahmen sind

schon aufgrund der zur Verfügung stehen Flächen limitiert, stehen in Konkurrenz zur

Nahrungsmittelproduktion, und es ergeben sich mindestens bei Monokulturen Zielkonflikte mit

Natur- und Artenschutzzielen (Heck et al. 2016). Ozeanbasierte Technologien vermeiden das

Flächenproblem, stellen aber einen Eingriff in maritime Ökosysteme dar. Schließlich könnte auch

die Alkalinität der Ozeane erhöht werden, sodass diese auch weiterhin große Mengen CO2 aus der

Luft aufnehmen. Das würde jedoch ein globales Alkalinitätsmanagement inkl. einer Infrastruktur im

industriellen Maßstab erfordern (Rickels et al. 2011, S. 51).

Da SRM-Technologien wie die großflächige Aufhellung von Flächen ineffektiv und die Installation

großer Spiegel im Weltraum prohibitiv teuer ist (Shepherd et al. 2009), werden derzeit nur Aerosol-

basierte Maßnahmen diskutiert. Da SRM den Energiehaushalt der Erde verändern würde, käme es

zu großklimatischen Veränderungen; die umso stärker ausfallen, je stärker hohe THG-

Konzentrationen ausgeglichen werden sollen. Da es sich bei allen potenziell effektiven SRM-

Technologien offenkundig um riskante Technologien handelt, mit denen in ein hoch komplexes und

nur in Teilen verstandenes System eingegriffen wird, bleibt umstritten, ob und in welchem Ausmaß

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die Erforschung von SRM voranschreiten sollte (Keith 2013; Hulme 2014b).

Aufgrund der zu erwartenden klimatischen Änderungen, die selbst durch einen sofortigen globalen

Emissionsstopp nicht mehr vermieden werden können, ist Anpassung in jedem Fall erforderlich.

Staaten sind grundsätzlich in der Pflicht, ihre Bürger vor potenziell schädlichen klimatischen

Veränderungen zu schützen (Wallimann-Helmer 2016). Vielen Staaten fehlen dazu aber die

Ressourcen. Aus normativer Perspektive stellt sich die Frage, wer in diesen Fällen die

Durchführung von Anpassungsmaßnahmen verantworten sollte (weiterführend Hartzell-Nichols

2011). Im folgenden Abschnitt erörtern wir daher, welche VS in der Literatur identifiziert werden.

5.3 Die Verteilung Klimawandel-induzierter Lasten

Oben haben wir skizziert, welche Handlungstypen es gibt und wie sich diese aus ethischer

Perspektive darstellen. Das Ergreifen entsprechender Handlungen involviert Kosten; ebenso werden

viele klimatische Änderungen Kosten verursachen. Eine wichtige übergeordnete Frage ist daher,

wie die Klimawandel-induzierten Lasten gerecht zu verteilen sind (s. 3.4). Die wesentlichen

Stoßrichtungen dieser am Gerechtigkeitsdiskurs angelehnten Diskussion können in drei Bereiche

aufgeteilt werden, die sich als Frage folgendermaßen ausdrücken lassen: Welche Akteure sollen

nach welchen Prinzipien in Bezug auf welche(n) Handlungstyp(en) welche Lasten tragen? Wir

befassen uns zunächst mit den Akteuren, um dann auf die Prinzipien und Handlungstypen

einzugehen.

Gemäß aller uns bekannten (klima-)ethischen Positionen sind staatliche Regierungen VS und

müssen in Bezug auf alle ethisch relevanten Handlungstypen durch Aufbringung primärer und

sekundärer Mittel tätig werden (Shue 2014; Jamieson 2014; Moellendorf 2014). Sie sollen den

THG-Ausstoß der Bürger und juristischen Personen wie Unternehmen, die sie repräsentieren,

mittels der angesprochenen sekundären Mittel senken (s. 3.1) und Anpassungsmaßnahmen in Ihrem

Hoheitsgebiet in Auftrag geben (sekundär) oder selber durchführen (primär). Ferner wird gefordert,

die noch nicht existenten CDR- und SRM-Technologien weiter zu erforschen (Long et al. 2015).

Auch den Unternehmen müssen Verantwortlichkeiten zugeschrieben werden. Leider wurde dieser

Akteurstypus im klimaethischen und auch im öffentlichen Diskurs weitestgehend ignoriert

(Jamieson 2015, S. 41; vgl. die Beiträge von Neuhäuser, Isaacs sowie Nida-Rümelin und Bratu in

diesem Handbuch). Hier lässt sich aber zumindest festhalten, dass die vielfältige Lobbyarbeit von

Unternehmen, Branchen- und Wirtschaftsverbänden gegen eine stärkere Regulierung des nationalen

und globalen THG-Ausstoßes moralisch verwerflich ist und ihre Verantwortung gegenüber den VA

auf grobe Weise missachtet.

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Aufgrund der mangelhaften Regulierung von THG-Emissionen wird seit einigen Jahren intensiv

diskutiert, ob nicht auch Individuen VS sind, da letztlich sie THG-Emissionen verursachen oder von

diesen profitieren (s. 4.2). Im Diskurs besteht weitestgehend Einigkeit, dass Individuen dazu

verpflichtet sind, sich durch politisches Engagement für eine angemessene Regulierung einzusetzen

(z.B. Johnson 2011; Cripps 2013; Maltais 2013; Gesang 2015). Darüber hinaus werden auch

individuelle THG-Reduktionen zur Lösung auf kollektiver Ebene beitragen, indem sie als

kommunikatives Signal gegenüber Mitbürgern und Regierungen fungieren (Neuteleers 2010).

Uneinigkeit besteht, ob es eine Pflicht zu individuellen Reduktionen unabhängig vom

kommunikativen Wert dieser Handlungen gibt. Während dies zunächst vielfach bestritten wurde,

lassen sich zunehmend Stimmen für diese Position finden (z.B. Hordequin 2010; Hiller 2011; Baatz

2014). Während Individuen vor allem hinsichtlich Mitigation die Möglichkeit haben, primäre Mittel

einzusetzen, sind in Bezug auf alle anderen Handlungstypen ihre sekundären Mittel – Geld und Zeit

– gefordert. Die Reichweite individueller Pflichten wurde jedoch noch nicht angemessen geklärt

(für eine Zusammenfassung der Debatte s. Fragnière 2016 und vgl. auch den Beitrag von Mieth und

Bambauer in diesem Handbuch).

Als dritte Herausforderung in der Entwicklung eines anerkennungswürdigen klimaethischen NOS

stellten wir bereits heraus, dass Klimaverantwortung sowohl auf kollektiver als auch auf

individueller Ebene zu verankern ist (s. 4.2). Denn einerseits scheint es aufgrund der globalen

Dimension des Klimawandels notwendig, kollektive Akteure zu bilden. Andererseits fallen die

Verantwortlichkeiten auf die individuellen VS zurück, sobald die kollektiven VS unzureichend oder

erfolglos agieren (Baatz 2104). Die zentrale Schwierigkeit in der Ausbildung kollektiver VS besteht

darin, die Lasten innerhalb der Metakollektive gerecht zu verteilen. Im klimaethischen Diskurs

werden insbesondere das Verursacherprinzip (die Verursacher des Klimawandels sollen die Lasten

tragen), das Nutznießerprinzip (die Nutznießer der vom Klimawandel verursachten Emissionen

sollen die Lasten tragen) und das Fähigkeitsprinzip (diejenigen, die fähig, d.h. wohlhabend, sind,

sollen die Lasten tragen) diskutiert (s. auch Moellendorf 2012).

Wir hatten bereits erwähnt, dass das Verursacherprinzip meist mit retrospektiver und das

Fähigkeitsprinzip mit prospektiver Verantwortung assoziiert wird (s. 3.4). Gemäß dem

Verursacherprinzip wird man aufgrund seiner vergangenen und/oder gegenwärtigen Emissionen zur

Verantwortung gezogen; beispielsweise, indem man in die Pflicht genommen wird, sekundäre

Mittel entsprechend seiner (zu hohen) Emissionen für alle fünf Handlungstypen bereitzustellen.

Gemäß dem Fähigkeitsprinzip scheinen die vergangen Emissionshandlungen irrelevant.

Entscheiden ist, dass der Akteur in der Gegenwart über Mittel verfügt, mit Hilfe derer in Zukunft

etwas gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels unternommen werden kann. Das

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Nutznießerprinzip kann sowohl prospektiv als auch retrospektiv konzeptionalisiert werden (Baatz

2013).

Da jedes Prinzip für sich genommen nur einen Teil der plausiblerweise als verantwortlich

erachteten Akteure identifizieren kann, wird unseres Erachtens nur eine kluge Kombination

verschiedener Prinzipien zu einer gerechten Lastenverteilung führen. Da das Nutznießerprinzip in

der Ethik umstritten ist (s. aber Gosseries 2004; Butt 2007; Page 2012), wird häufig eine

Kombination von Verursacher- und Fähigkeitsprinzip favorisiert (z.B. Caney 2010; Birnabcher

2015). In diesem Fall verteilen sich die Klimawandel-induzierten Lasten mittels pro- und

retrospektiver Verantwortungszuschreibung (s. auch 3.4). Die Prinzipienkombination wird zumeist

wiederum auf die Klimawandel-induzierte Gesamtlast bezogen (Page 2008; Meyer und Roser 2010;

Caney 2014). Die Vertreter dieser Position stellen damit auf die Ebene der sekundären Mittel ab, da

sie recht allgemein diskutieren, wer wie viele finanzielle Ressourcen aufzubringen hat. Welche VS

mittels der sekundären Mittel dann die primären Mittel ergreifen sollen, ist in der Regel nicht mehr

Gegenstand der klimaethischen Diskussion.

Alternativ kann man sich dafür aussprechen, stärker zwischen den Handlungstypen zu

differenzieren und für die einzelnen Typen je eigene Akteure in unterschiedlichem Ausmaß

verantwortlich zu machen. Ein dahingehender – und mittlerweile sehr kontrovers diskutierter –

Ansatz fordert beispielsweise, pro-Kopf-Emissionen langfristig unter allen Menschen gleich zu

verteilen (Caney 2012; Baatz und Ott 2016b). Die Gleichverteilung der Rechte impliziert eine

Ungleichverteilung der Mitigations-Lasten gemäß dem derzeitigen Emissionsniveau. Wie die

Lasten für Anpassungsmaßnahmen und ggf. für Erforschung und Einsatz von CDR und SRM zu

allokieren sind, ist dann durch weitere Prinzipien festzulegen. Auch hier können die oben

Genannten zum Einsatz gelangen (Baatz und Ott 2015).

6 Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen fassen wir zusammen, wie eine

Verantwortungszuschreibung im Fall des Klimawandels erfolgen kann. Grundsätzlich haben wir

zwischen einer wirkkausalen und einer normativen Erklärungsebene unterschieden (s. 3.1, 3.2). Auf

der Ebene wirkkausaler Erklärungen ist festzuhalten, dass das Objekt der Verantwortung (VO), der

Klimawandel, nur sinnvoll als explanatorischer Konnektor in den Blick genommen werden kann.

Das sich verändernde Klimasystem hat keinen Eigenwert, sondern stellt eine kausale Verbindung

über große räumliche und zeitliche Entfernungen zwischen Verursachern und Betroffenen her. Es

ist damit zugleich auch der kausale Konnex zwischen den Subjekten (VS) und den Adressaten (VA)

der Verantwortung. Auf der Ebene der normativer Erklärungen wird nun festgestellt, dass und

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warum die kausalen Folgen für eine Vielzahl an Betroffenen derart moralisch problematisch sind,

dass diese zu VA werden. Die VA stehen wiederum über das klimaethische Normensystem (NoS)

mit den Subjekten der Verantwortung (VS) in einem moralischen Verhältnis, indem letzteren auf

Basis von normativ wirksamen Begründungen Pflichten gegenüber ersteren zugeschrieben werden.

Im Rahmen unserer Ausführungen haben wir fünf Bedingungen (A-E) identifiziert (s. 1-4), anhand

derer die relationale Struktur und die Bedeutung moralischer Klimaverantwortung erläutert wurde:

A. naturwissenschaftliche Beschreibbarkeit B. technisch-praktisches Eingriffspotenzial C. Asymmetrie zu anerkennungswürdigen allgemeinen Normen D. Gebot zur Kooperation E. Anerkennungswürdigkeit des klimaethischen Normensystems

Diese allgemeinen Bedingungen beziehen wir zusammenfassend und abschließend auf die

Darstellung des klimaethischen Handlungsraumes (s. 5), um mittels der Kombination wirkkausaler

und normativer Erklärungen zu exponieren, wer oder was im Fall das Klimawandels als VS und VA

anzusehen ist.

Erstens lässt sich auf Basis der wirkkausalen Erklärungsfiguren das Kollektiv der Verursacher

explizieren (Bedingung A), die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte klimatische Veränderungen

prognostizieren und die damit einhergehenden Risiken determinieren. Anhand dieser Risiken kann

ebenso ein Kollektiv an Betroffenen eingegrenzt werden. Diese Bestimmung ist noch nicht

normativ, es wird zunächst nur festgestellt, wer den Klimawandel verursacht und wer davon in

irgendeiner Art und Weise betroffen ist. Die Verursacher sind damit alle Emittenten von THG und

die Betroffenen all jene, bei denen der Klimawandel zu einer Veränderung gegenüber dem Status

Quo führt.

Zweitens beginnt die ethische Deliberation mit Blick auf die vom Klimawandel Betroffenen, wenn

diese in einem asymmetrischen Verhältnis zu anerkennungswürdigen Normen (NoS) stehen, d.h.

wenn sie etwas verlieren oder nicht realisieren können, was ihnen gemäß der Normen zusteht

(Bedingung C). An dieser ethischen Asymmetrie entzündet sich die Verantwortungsfrage. VA sind

demnach all diejenigen, denen gemäß anerkennungswürdigen Werten Unrecht geschieht. Die

Bestimmung, wer genau im Fall des Klimawandels VA ist, gestaltet sich ob der Komplexität auf der

wirkkausalen Ebene enorm schwierig. Die Identifikation der VA verkompliziert sich ferner durch

die Tatsache, dass der Klimawandel häufig nur ein Faktor von vielen ist, der zu einer Schädigung

führt. Beispielsweise ist unklar, wie stark sich verändernde klimatische Bedingungen die Krise in

Darfur verschärft haben. Darüber hinaus bliebe offen, ob im positiven Falle diese Veränderungen

dem anthropogenen Klimawandel zuzuschreiben sind. Gleichwohl lassen sich viele VA

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identifizieren. Hierzu werden z.B. die Bewohner der pazifischen Inselstaaten gezählt, die ihre

Heimat mittelfristig werden verlassen müssen, sowie Menschen in Südeuropa und vielen Gebieten

Afrikas, die mit einem dauerhaften und signifikanten Rückgang der Niederschläge zu kämpfen

haben. Zudem wird darauf hingewiesen, dass in vielen ethischen Theorien ein Unrecht bereits

vorliegt, wenn die Betroffenen nur dem Risiko einer Schädigung ausgesetzt sind (Rehmann-Sutter

1996)

Welche Akteure pro- oder retrospektiv Verantwortung für die unrechtmäßige (potenzielle)

Schädigungen übernehmen müssen, erklärt sich jedoch nicht allein über die Bedingungen A und C

(s. 3.4). Vielmehr müssen Akteure, drittens, auch über Eingriffs- und damit Handlungspotenzial

hinsichtlich der Vermeidung oder Verringerung der Schädigung und damit der ethischen

Asymmetrien verfügen (Bedingung B). Subjekte der Verantwortung (VS) sind daher all diejenigen,

welche über ein solches Potenzial verfügen, das wiederum primärer oder sekundärer Art sein kann.

Wer von denjenigen, die über Handlungspotenzial verfügen, als VS bezüglich des Klimawandels

bezeichnet werden kann und wozu die VS im Einzelnen verpflichtet sind, ist über ein

klimaethisches Normensystem zu bestimmen, das anerkennungswürdig sein sollte (Bedingung E).

Gemäß den drei in Teil 5 diskutierten Prinzipien der Verantwortungszuschreibung bzw.

Lastenverteilung (Verursacher-, Nutznießer- und Fähigkeitsprinzip) sind VS sowohl die Emittenten

von THG als auch Akteure, die über Handlungspotenzial im Sinne eines hohen Maßes an

(finanziellen) Ressourcen verfügen. Dabei wird das Verursacherprinzip in der Regel so begrenzt,

dass nicht alle THG-Emittenten als VS gelten, sondern nur diejenigen, die ein vergleichsweise

hohes Emissionsniveau aufweisen. Grundsätzlich lassen sich diese Ausführungen gleichermaßen

auf kollektive Akteure übertragen, etwa auf die Legislative und die Exekutive von Staaten,

multilaterale Organisationen sowie auf natürliche und juristische Personen etc. Wie die

Verantwortungsaufteilung zwischen diesen Akteursgruppen genau ausfällt und welche Emissionen

als zu hoch oder vermeidbar angesehen werden, variiert von (klimaethischem) Ansatz zu Ansatz.

VS sind in jedem Fall alle Akteure, die wohlhabend sind und einen überdurchschnittlichen THG-

Ausstoß aufweisen.

Aus den Ausführungen folgt, dass das Kollektiv der Verursacher des Klimawandels und das der VS

nicht identisch ist, jedoch eine große Schnittmenge aufweist. Ferner können Verursacher, die heute

nicht mehr existieren, keine aktuellen VS sein, selbst wenn sie es in der Vergangenheit waren. Die

im klimapolitischen und -ethischen Diskurs gängige Rede von historischer Verantwortung muss

sich laut Bedingung B auf gegenwärtig existente VS beziehen (Caney 2005; vgl. zur historischen

Verantwortung den Beitrag von Zimmermann in diesem Handbuch). Das Nutznießerprinzip

versucht, diesen Sinn einzuholen, indem es heutige Personen als Nutznießer vergangener

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Emissionen identifiziert und ihnen Verantwortung für die Verringerung der negativen

Auswirkungen des Klimawandels zuschreibt.

Viertens kann der Klimawandel in globaler Perspektive nur mittels der Kooperation der

Einzelakteure dauerhaft bewältigt werden (Bedingung D), da jeder einzelne Akteur des Kollektivs

der VS über vergleichsweise wenig Handlungspotenzial verfügt. In welcher Form und in welchem

Ausmaß Kooperation erforderlich ist, unterscheidet sich mit Blick auf die fünf diskutierten

Handlungstypen (s. 5). Bei der Reduktion bzw. Vermeidung von THG wäre es theoretisch

ausreichend, wenn jeder Akteur diese unilateral durchführt. In der Realität bedarf es dazu einer

erheblichen Koordination via staatlicher und supranationaler Regulierung, um Trittbrettfahrer-

Effekte zu minimieren und die Effizienz der Maßnahmen signifikant zu erhöhen. Bei der

Entwicklung neuartiger Technologien wiederum scheint eine bloße Addition der Teilbemühungen

kaum zielführend. Hier bedarf es einer engen Abstimmung zwischen den am Forschungsprozess

beteiligten Akteuren. Anpassung wiederum kann zumindest kleinskalig auch ohne besondere

Kooperationsbemühungen realisiert werden, wobei hier ebenso Effektivitäts- und Effizienzverluste

zu erwarten sind.

Die Tatsache, dass die Kollektive der VS, der VA und der Verursacher sowohl räumlich als auch

zeitlich stark fragmentiert sind, erschwert die Kooperation massiv und stellt einen wichtigen Grund

für das bisherige Scheitern globaler Klimaschutzbemühungen dar (s. 4.2). Ob und inwieweit das

Pariser Abkommen (UNFCCC 2015) eine Wende darzustellen vermag, bleibt abzuwarten. Auch

wenn das Abkommen weit hinter den Zielsetzungen der Wissenschaftsgemeinde und der

Klimaethik zurückbleibt, ist das politische Signal, das von ihm ausgeht, unter Umständen stark

genug, eine globale Dekarbonisierung in Gang zu setzen.

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