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S C H U L U N G S F O L I E N F Ü R T I E R H ALT E R U N D T I E R Ä R Z T E
Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren Vermeidung von Antibiotikaresistenzen
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Copyright by ARE-Vet, Verwendung nur in unveränderter Form
Inhaltsübersicht
Thema:
Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren, Vermeidung von Antibiotikaresistenzen
� Kapitel 1: Allgemeines zu Antibiotika und Resistenz
� Kapitel 2: Tierarzneimittelrecht
� Kapitel 3: Begriff „Reserveantibiotika“
� Kapitel 4: Antibiotikatherapie in der Veterinärmedizin
� Kapitel 5: Antibiotikaminimierungskonzepte
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1. Allgemeines zu Antibiotika und Resistenz
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1. Allgemeines zu Antibiotika und Resistenzen
Inhalt Kapitel 1: Allgemeines zu Antibiotika und Resistenzen
� 1.1 Antibiotika
� 1.2 Resistenz
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1.1 AntibiotikaWas sind Antibiotika?
� Im ursprünglichen Sinnen sind Antibiotika (von griech. ἀντί – anti– gegen“ und βίος – bios – „Leben“) natürliche Stoffwechselprodukte von Pilzen und Bakterien, die das Wachstum anderer Mikroorganismen hemmen oder diese abtöten.
(Quelle: Wikipedia)
� Häufig werden unter dem Begriff „Antibiotika“ generell antibakteriell wirksame Substanzen zusammengefasst, auch chemisch synthetisierte.
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Sie wirken gegen Infektionen mit Bakterien (nicht gegen Viren, Pilze oder Parasiten) und
sollten auch nur dort eingesetzt werden.
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1.1 AntibiotikaWarum werden Antibiotika in der Tiermedizin eingesetzt?
� Tiergesundheit – Heilung und Vermeidung einer Ausbreitung bakteriell bedingter Tierkrankheiten
� Tierschutz – Vermeidung von Leiden, Schmerzen und Schäden der Tiere durch bakteriell bedingte Infektionskrankheiten
� Vermeidung wirtschaftlicher Schäden durch bakteriell bedingte Tierkrankheiten bei landwirtschaftlichen Nutztierhaltern
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1.1 AntibiotikaEinteilung von Antibiotika (AB)
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� β-Laktame (z.B. Penicilline, Cephalosporine)
� Polyketide (z.B. Tetrazykline, Erythromycin, Tylosin)
� Aminoglykosid-AB (z.B. Gentamycin, Neomycin)
� Polypeptid-AB (z.B. Colistin)
� Sulfonamide (z.B. Sulfadoxin)
� Chinolone (z.B. Enrofloxacin)
� (Glykopeptide: keine Zulassung für die Veterinärmedizin)
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1.1 AntibiotikaWie wirken Antibiotika?
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Die Wirkung von Antibiotika beruht darauf, dass sie zum Beispiel im Bakterium einen der lebensnotwendigen Synthese- oder Stoffwechselwege blockieren.
Die Angriffspunkte sind je nach Art des AB unterschiedlich.
Beispiele für wichtige Wirkmechanismen:� Hemmung der Zellwandsynthese
� Hemmung der Proteinbiosynthese am Ribosom
� Wirkung auf bakterielle Nukleinsäuren
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1.1 AntibiotikaWas für Antibiotika gibt es?
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Unterschiedliche Wirkungsart:
� Bakterizide AB (abtötend), angezeigt bei schweren Infektionen und immunsupprimierten Patienten
� Bakteriostatische AB (hemmend), Immunkompetenz mitentscheidend
Unterschiedliche Darreichung:
� Monopräparate (ein Wirkstoff)� Kombipräparate (mehrere Wirkstoffe, z.B. Sulfonamid/Trimethoprim
Kombi, ergänzen und verstärken sich in ihrem Wirkmechanismus)
Antibiotika mit
� Schmalem Wirkspektrum (z.B. Penicillin nur gegen grampositive Keime)� Breitem Wirkspektrum (z.B. Amoxicillin gegen grampositive und
gramnegative Keime)
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1.1 AntibiotikaWahl des Antibiotikums
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Der Tierarzt entscheidet, ob und wann ein Erregernachweis und ein Antibiogramm (Empfindlichkeitsprüfung zur Prüfung der Wirksamkeit) vor Therapiebeginn nötig sind zur Auswahl des richtigen Antibiotikums.
→ zielgerichtete Therapie
Breitband-AB sollten nur bei Mischinfektionen und bei Infektionen mit unbekannten Erregern und drastischem Verlauf eingesetzt werden.
So schmal wie möglich – so breit wie nötig!
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1.1 AntibiotikaWas bestimmt die Wirkung von Antibiotika?
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Pharmakodynamik
� Dosis (bzw. Konzentration)
� Wirkmechanismus an der bakteriellen Zelle
Pharmakokinetik
� Resorption (Aufnahme)
� Verteilung (in Blut, Gewebe)→ Antibiotika müssen in ausreichend hoher Konzentration am
Wirkungsort vorliegen
� Elimination (Abbau und Ausscheidung)
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1.1 AntibiotikaWie werden Antibiotika verabreicht?
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� Einmalige Gabe mit längerer Wirkdauer (one-shot)
� Mehrmalige Gabe aufgrund kürzerer Wirkdauer
Verabreichungsmöglichkeiten:
� Einnehmen = oral über Futter oder TränkeVorteile: praktikabel, günstig, schonend für das Tier
Nachteile: schwer dosierbar, eingeschränkte Aufnahme bei krankem Tier, Verunreinigung/Verschleppung
� Spritzen = per Injektion (intramuskulär, intravenös, subkutan)
� Sonstige (z.B. intrauterine Stäbe, intramammäre Injektion, Salben, Augentropfen)
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1.1 AntibiotikaWas passiert im Tier?
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Verteilung inBlut & Gewebe
Verstoffwechslung
Ausscheidung
Aufnahme
• Urin• Kot• Speichel
Gabe über Futteroder Tränke
Injektion in Muskel, Blutbahn oder Unterhaut
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1.1 AntibiotikaWie werden Antibiotika ausgeschieden?
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Der Abbau und die Ausscheidung von AB und ihren Abbauprodukten erfolgt
� Über Urin (renal)
� Über Kot (biliär, intestinal)
� Über Atem (pulmonal)
� Anderweitig über Speichel und Schweiß
� (Eier & Milch & Fleisch) Wartezeit!
Rückstände können ggf. über Gülle in die Umwelt (Böden, Grundwasser, Biogasanlagen) gelangen
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1.2 ResistenzWas ist Antibiotikaresistenz?
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Als Resistenz wird in der Medizin die Widerstandfähigkeit eines Organismus gegenüber äußeren Einwirkungen bezeichnet.
Antibiotikaresistente Bakterienstämme sind demnach in der Lage, die Wirkung von antibiotischen Substanzen zu schwächen oder ganz zu neutralisieren.
Das Bakterium wird resistent gegen ein Antibiotikum –nicht der Mensch oder das Tier.
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1.2 ResistenzWas ist Antibiotikaresistenz?
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� Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einer primären/natürlichen Resistenz, die eine stabile, genetische Eigenschaft einer Bakterienspezies darstellt und einer sekundären/erworbenen Resistenz, die erst unter Selektionsdruck durch Mutation im eigenen Genom des Bakteriums entstanden ist oder durch Gentransfer erworben wurde.
� Dabei kann die Resistenz gegen ein oder mehrere AB auftreten (Multiresistenz).
� Resistenzausbildung ist ein natürlicher Prozess, welcher schon immer bei Bakterien auftrat, lange bevor Antibiotika entdeckt und in der Medizin eingesetzt wurden.
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1.2 ResistenzWie verbreiten sich Antibiotikaresistenzen?
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� Resistenzen treten nicht nur bei den zu bekämpfenden krankmachenden Bakterien auf sondern auch bei natürlich vorkommenden Bakterien (wie bei der sogenannten Darmflora) des behandelten Tieres (‚Kollateralschaden‘).
� Jeder Einsatz von Antibiotika erhöht den Selektionsdruck und ‚bevorzugt‘ die Bakterien, welche resistent gegen das AB sind.
� Dies passiert in Tier und Mensch, aber auch in der Umwelt (z.B. durch Gülle im Boden)
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1.2 ResistenzWie verbreiten sich Antibiotikaresistenzen?
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� Die Resistenzeigenschaft kann zum Einen senkrecht bei der Vermehrung der Bakterien von Generation zu Generation weitergegeben werden. Zum anderen ist auch eine waagrechteWeitergabe innerhalb der Population oder auch an andere Bakterien durch Plasmide möglich.
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1.2 ResistenzWas macht ein Bakterium resistent gegen AB?
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� Das AB kann das Bakterium nicht über seinen eigentlichen Wirkmechanismus angreifen. Der Angriff wird dadurch deutlich abgeschwächt bzw. wirkungslos.
� Bespiele: � Das Wirkmolekül wird vom Bakterium nicht mehr aufgenommen
(Kanal verändert, Zellmembran verändert).
� Es ist keine Bindung am Zielmolekül des Bakteriums mehr möglich.
� Das Wirkmolekül wird von bakteriellen Enzymen angegriffen und zerstört.
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1.2 ResistenzWelche Gefahr geht von AB-resistenten Keimen aus?
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� Die Besiedlung mit einem resistenten Keim ist nicht gleichzusetzten mit einer Infektionskrankheit.
� Viele Menschen sind ‚stille Träger‘ von resistenten Keimen ohne Krankheitssymptome.
� Auch Erreger von zwischen Tier und Mensch übertragbaren Krankheiten (Zoonosen) können AB-resistent sein.
� AB-resistente Keime aus dem Tierbereich können auf den Menschen übertragen werden und dort Krankheiten auslösen (Zoonosen), sie können aber auch ihre Resistenzeigenschaften an Keime weitergeben, die nur den Menschen krankmachen können – dies gilt auch in umgekehrter Richtung von Mensch auf Tier.
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1.2 ResistenzWelche Gefahr geht von AB-resistenten Keimen aus?
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� Opportunistisch pathogene Keime stellen die größte Gefahr dar, sie nutzen die Immunschwäche des Patienten (Tier oder Mensch) aus und können zu schweren Infektionen führen.
� Besonders gefährdet für solche Infektionen sind YOPIs (young, pregnant, immunosuppressed).
� Auch an sich harmlose Keime können durch ihre Antibiotikaresistenz und die somit eingeschränkten Therapiemöglichkeiten für Mensch und Tier lebensbedrohlich werden.
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1.2 ResistenzZusammenhang zwischen Mensch – Tier – Umwelt
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Tier
MenschUmwelt
Tiergesundheit/Hygiene/Stallmanagement
Enger Kontakt zwischen
Mensch und Haustier
Große Tierhaltungen
Erhöhte Exposition fürTierhalter/Tierärzte
Austrag von Gülle
Entsorgung / KläranlageResistente Erreger
in Böden/auf Nahrungsmitteln
Reiseverkehr
Futtermittel
Anwendungsfehler
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1.2 ResistenzBekannte Beispiele für resistente Keime
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Methicillin-resistente Staphylococcus aureus – MRSA
� Variante des Bakteriums Staphylococcus aureus
� Bewohner von Haut/Schleimhaut beim Menschen (ca. 30% besiedelt) und Tier
� Hauptübertragung von Mensch zu Mensch über direkten Kontakt (oft Hände)
� Übertragung über Lebensmittel wenig bedeutsam
(Quelle: B.-A. Tenhagen Ergebnisse des Zoonosemonitoring 2014 BfR)
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1.2 ResistenzBekannte Beispiele für resistente Keime
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Methicillin-resistente Staphylococcus aureus – MRSA
� Besiedlung bei Gesunden i.d.R. unkritisch, jedoch Gefahr bei Eintritt in Wunden oder bei immungeschwächten Patienten
� Bei Nutztieren meist ein spezifischer Typ (livestock associated, LA-MRSA)
� Risiko zur Infektion bei Menschen mit beruflicher Exposition (Tierkontakt)
(Quelle: B.-A. Tenhagen Ergebnisse des Zoonosemonitoring 2014 BfR)
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1.2 ResistenzBekannte Beispiele für resistente Keime
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Extended-Spectrum β-Lactamase (ESBL) bildende Enterobakterien
(z.B. Escherichia coli)
� Bewohner des Darms
� Viele unterschiedliche Typen
� Schnittmenge zwischen Mensch und Tier
� Resistenz übertragbar auf andere Keime
� Übertragung über Lebensmittel
� Küchenhygiene beachten!
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1.2 ResistenzWer überwacht die Resistenzsituation in Deutschland?
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� Kontinuierliches Monitoring sowie jährlicher Bericht durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
� Grundlage für Zulassungsverfahren neuer Antibiotika und auch für Gesetzgebungsverfahren
� Erfolgt für: � Zoonose-Erreger
� Tierpathogene Erreger
� Kommensalen
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1.2 ResistenzWas kann ich tun?
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Als Tierarzt:
� AB-Einsatz nach kritischer Abwägung und unter Berücksichtigung der Leitlinien der BTK
� Beratung der Tierhalter zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Tiergesundheit
Als Tierhalter:
� Antibiotika gemäß der tierärztlichen Verordnungen anwenden (Dosierung und Dauer!)
� Berücksichtigung von alternativen bzw. begleitenden Maßnahmen wie Impfungen sowie Optimierung von Hygienekonzept, Zukaufs- und Einstallungsmanagement, Fütterung etc.
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Take home message
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Nicht die Gabe von Antibiotika per se sollte reduziert werden, sondern die Notwendigkeit dafür → Tiergesundheit verbessern!
Eine verbesserte Tiergesundheit reduziert die Menge an Antibiotika und eine gezielte Antibiotika-Auswahl optimiert die Wirksamkeit
und Nachhaltigkeit eingesetzter Antibiotika
Antibiotika so selten wie möglich – aber so oft und so lange wie nötig!
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Diese Schulungsfolien wurden durch die Facharbeitsgruppe ‚Lebensmittelkette‘ der ARE-Vet erstellt.
Das Projekt zur Implementierung der ARE-Vet wird finanziert durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
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2. Tierarzneimittelrecht30
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2. Tierarzneimittel
Inhalt Kapitel 2: Tierarzneimittelrecht
� 2.1 Allgemeines
� 2.2 Zulassung von Tierarzneimitteln
� 2.3 Regelungen für lebensmittelliefernde Tiere
� 2.4 Wartezeit
� 2.5 Antibiotikabehandlungen bei Tieren
– Regelungen für den Tierarzt
� 2.6 Antibiotikaleitlinien
� 2.7 Antibiotikabehandlungen bei Tieren
– Regelungen für den Tierhalter
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2. Tierarzneimittel2.1 Allgemeines
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Warum werden Nutztiere mit Antibiotika behandelt?
Tiere sollen keine Schmerzen oder Schäden durch Infektionen erleiden
-> TierschutzVerankert in Art. 20 a GG
als Staatsziel
TiergesundheitDie Übertragung von
Infektionen auf andere Tiere oder Tierbestände muss
verhindert werden
Bakterielle Infektion
beim Nutztier
Behandlung mit Antibiotika bei Nutztieren
Schutz des Landwirtes vor
finanziellen Verlusten durch kranke oder tote
Tiere
Schutz des Menschen vor übertragbaren Krankheiten
z. B. Infektionen der Atemwege,
des Magen-Darmtraktes, des Urogenitaltraktes, der Gliedmaßen etc.
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2. Tierarzneimittel2.1 Allgemeines
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Einsatz bei banalen Infektionen
Breitspektrum-Antibiotikum
unzulässige Prophylaxe
Fehlendes Antibiogramm
Therapie ganzer Bestände ohne Notwendigkeit
Nicht gerechtfertigte Metaphylaxe
Therapiedauer nicht adäquat
SubtherapeutischeDosierung
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Mögliche Fehler bei der Antibiotika-Anwendung, die eine Entstehung von Resistenzen begünstigen
2. Tierarzneimittel2.1 Allgemeines
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Weitere Einflüsse, die zu unsachgemäßer Anwendung von Antibiotika führen können
(primäres) Ökonomisches
Interesse
Mangelndes Verantwortungs-
bewusstsein
Fehlende Hintergrund-informationen
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2. Tierarzneimittel2.1 Allgemeines
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Zielsetzung der Veterinärmedizin
Umsetzung im Veterinärbereich
ZIELBewahrung „schützenswerter antibiotischer Wirkstoffe“
UMSETZUNGMaßnahmen im Bereich Tiergesundheit,
um Antibiotikabehandlungen zu reduzieren
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2. Tierarzneimittel2.1 Allgemeines
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Maßnahmen der beteiligten Interessensgruppen in der Tierhaltung
LandwirtschaftOptimierung der
Haltungsbedingungen und Förderung der Tiergesundheit
TiermedizinVeränderung/Spezialisierung der tierärztlichen Praxis hin zu mehr
Beratungstätigkeit inklusive Hygienemanagement und Biosicherheitsmaßnahmen
BehördenErfassung und Auswertung der
Antibiotikamengen; Vollzugsmaßnahmen und
Unterstützungsleistungen zur weiteren Reduktion
Universitäten/HochschulenAus-/Fortbildung; Förderung von
integrierter tierärztlicher Bestandsbetreuung, Tierschutz, Tierhaltung und Epidemiologie
ZIEL
Bewahrung „schützenswerter
antibiotischer Wirkstoffe‘
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2. Tierarzneimittel2.1 Allgemeines
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Rechtliche Regelungen für Tierhalter und Tierärzte im Arzneimittelrecht zur Behandlung von Nutztieren mit Antibiotika finden sich v. a. in folgenden Rechtstexten:
� Arzneimittelgesetz (AMG)
� Verordnung über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Verordnung (EG) Nr. 470/2009)
� Verordnung über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Verordnung (EU) Nr. 37/2010)
� Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV)
� Tierhalter-Arzneimittel-Anwendungs- und Nachweisverordnung (ANTHV)
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2. Tierarzneimittelrecht2.2 Zulassung von Tierarzneimitteln
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� Arzneimittel, die bei Mensch oder Tier angewendet werden dürfen, müssen grundsätzlich eine Zulassung durch eine Bundesbehörde besitzen.
� Zuständig für die Zulassung von Tierarzneimitteln, z.B. Antibiotika ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin.
� Zuständig für die Zulassung von Impfstoffen ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen.
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2. Tierarzneimittelrecht2.2 Zulassung von Tierarzneimitteln
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� Die Zulassung gewährleistet Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln.
� Tierarzneimittel werden nur zugelassen, wenn der Nutzen der Anwendung die Risiken der Anwendung überwiegt (Nutzen-Risiko-Analyse).
� Bei der Zulassung von Antibiotika für Tiere wird zusätzlich ein Gutachten zum resistenzbildenden Potential der Wirkstoffe angefordert und geprüft.
� Bei lebensmittelliefernden Tieren sind zusätzlich Untersuchungen darüber vorzulegen, wie hoch die Wartezeit bemessen werden muss, durch die nach einer Behandlung bedenkliche Arzneimittelrückstände im Lebensmittel vermieden werden.
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2. Tierarzneimittelrecht2.3 Regelungen für lebensmittelliefernde Tiere
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� Nur Wirkstoffe, für die (sofern erforderlich) eine Rückstandshöchstmenge (s. unten) bestimmt werden kann, werden von der EU als zulässig für den Einsatz bei lebensmittelliefernden Tieren erklärt.
� Die Rückstandshöchstmenge ist die maximal zulässige Wirkstoffkonzentration in einem Lebensmittel tierischen Ursprungs. Sie besitzt auch bei lebenslanger täglicher Aufnahme beim Menschen keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen.
� Entscheidungen zu Rückstandshöchstmengen und der Zulässigkeit von Wirkstoffen für lebensmittelliefernde Tiere werden nach einem Gutachten der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) getroffen.
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2. Tierarzneimittelrecht2.3 Regelungen für lebensmittelliefernde Tiere
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� Es gibt ein abschließendes Verzeichnis der in der EU zulässigen Wirkstoffe, die in Arzneimitten für lebensmittelliefernde Tiere enthalten sein dürfen.*
� Alle Wirkstoffe, die nicht in diesem Verzeichnis als zulässig genanntwerden, sind zur Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren EU-weit verboten!
� Daneben gibt es explizit als verboten genannte Wirkstoffe.*
� Für lebensmittelliefernde Tiere werden Tierarzneimittel also auch nur zugelassen, wenn die enthaltenen Wirkstoffe von der EU als zulässig bestimmt wurden.
* Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich derRückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs
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2. Tierarzneimittelrecht2.3 Regelungen für lebensmittelliefernde Tiere
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� Es gibt ein abschließendes Verzeichnis der in der EU zulässigen Wirkstoffe, die in Arzneimitten für lebensmittelliefernde Tiere erhalten sein dürfen* .
� Alle Wirkstoffe, die nicht in diesem Verzeichnis als zulässig genannt werden, sind zur Anwendung bei lebensmittelliefernden Tiere EU-weit verboten!
� Für lebensmittelliefernde Tiere werden Tierarzneimittel also auch nur zugelassen wenn die enthaltenen Wirkstoffe von der Eu als zulässig bestimmt wurden.
* Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der
Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs
Viele Antibiotikagruppen, die in der Humanmedizin verwendet werden, sind für lebensmittelliefernde Tiere
verboten, z.B. Carbapeneme, Glykopeptide,
Nitrofurane, Nitroimidazole, Chloramphenicol
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2. Tierarzneimittelrecht2.3 Regelungen für lebensmittelliefernde Tiere
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VO (EU) Nr. 37/2010Pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der
RückstandshöchstmengeAnhang – Tabelle 1, Zulässige Stoffe
Auszug aus dem abschließenden Verzeichnis zulässiger Stoffe für Lebensmittel liefernde Tiere am Beispiel des Wirkstoffes Tetracyclin
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2. Tierarzneimittelrecht2.4 Wartezeit
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� Nach der letzten Anwendung eines Arzneimittels bei lebensmittelliefernden Tieren, muss eine sog. Wartezeit eingehalten werden, bevor von diesem Tier Lebensmittel gewonnen werden können.
Wartezeit = Zeitraum von letzter Anwendung des Arzneimittels bis zur erlaubten Gewinnung von Lebensmitteln
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2. Tierarzneimittelrecht2.4 Wartezeit
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� Die Einhaltung der Wartezeit gewährleistet, dass die Rückstände des Arzneimittelwirkstoffes im tierischen Körper unter den definierten Rückstandshöchstmengen für den jeweiligen Wirkstoff liegen, bevor Lebensmittel gewonnen werden.
� Der Tierarzt informiert über die einzuhaltende Wartezeit des jeweiligen Arzneimittels, der Tierhalter sorgt für deren Einhaltung (Dokumentation im Bestandsbuch des Betriebes).
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2. Tierarzneimittelrecht2.4 Wartezeit
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EU-weit zulässige Rückstandshöchstmenge
(MRL = Maximum Residue Limit)
= Ein ggf. nach der Behandlung vorhandener Arzneimittelrückstand wird im tierischen Körper abgebaut und sinkt im Laufe der Wartezeit unter die zulässige Rückstandshöchstmenge
Letzter Behandlungstag Wartezeit
Lebensmittel-gewinnung
Zeit
Konzentration
Die Einhaltung der Wartezeit gewährleistet, dass EU-weit festgelegte Rückstandshöchstmengen (MRL) in tierischen Lebensmitteln nicht überschritten werden.
Ziel: keine gesundheitlich bedenklichen Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe im Lebensmittel
Quelle Abbildungen: LGL intern
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2. Tierarzneimittelrecht2.5 Antibiotikabehandlung bei Tieren – Regelungen Tierarzt
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Tierarzt
� Antibiotika unterliegen der Verschreibungspflicht durch den Tierarzt.
� Das tierärztliche Dispensierrecht ist eine Ausnahme vom Apothekenmonopol. Es erlaubt keinen Handel mit Tierarzneimitteln, sondern nur die Anwendung bei, sowie die Verschreibung und Abgabe für vom Tierarzt behandelte(n) Tiere(n).
� Der Tierarzt stellt sicher, dass lebensmittelliefernde Tiere nur Arzneimittel mit zulässigen Wirkstoffen erhalten.
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2. Tierarzneimittelrecht2.5 Antibiotikabehandlung bei Tieren – Regelungen Tierarzt
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Tierarzt
Einschränkungen der tierärztlichen Therapiefreiheit:
� Antibiotika dürfen vom Tierarzt nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung (klinische Untersuchung!) verschrieben, angewendet oder abgegeben werden.
� Tierärzte sind gehalten, die Antibiotikaleitlinien der Bundestierärztekammer zu beachten.
� Tierärzte sind an die Zulassung der Arzneimittel gebunden bezüglich Tierart und Anwendungsgebiet, Ausnahmen hiervon sind rechtlich eng geregelt (Umwidmung).
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2. Tierarzneimittelrecht2.5 Antibiotikabehandlung bei Tieren – Regelungen Tierarzt
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Tierarzt
Gesetzliche Einschränkungen der tierärztlichen Therapiefreiheit:
� Es gelten zeitliche Beschränkungen derAntibiotikaabgabemenge für den Zeitraum nach Untersuchung auf
� 7 Tage (systemisch wirkende Antibiotika)
� 31 Tage (lokal wirkende Antibiotika)
� Verbote zur Verwendung bestimmter besonders schützenswerter Wirkstoffgruppen für andere als bei der Zulassung genannte Tierarten
� Pflicht zur Anfertigung von Antibiogrammen in bestimmten Fällen
� Festlegung und Mitteilung der Wartezeit
� Nachweispflicht des Tierarztes über die Anwendung, Verschreibung oder Abgabe von Tierarzneimitteln
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2. Tierarzneimittelrecht2.5 Antibiotikabehandlung bei Tieren – Regelungen Tierarzt
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Muster sog.„AuA-Beleg“
Aufzeichnungen des Tierarztes
über die Abgabe aller
apotheken-oder
verschreibungs-pflichtigen
Arzneimittel für Nutztiere,
z. B. Antibiotika
Quelle: www.bltk.info
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2. Tierarzneimittelrecht2.6 Antibiotikaleitlinien Tierärzte
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Antibiotikaleitlinien für Tierärzte (seit 2000)
� Definieren die gute veterinärmedizinische Praxis beim Umgang mit Antibiotika durch Tierärzte nach tierärztlicher Hausapothekenverordnung
� Grundregeln zum rationalen und nachhaltigen Einsatz von Antibiotika in der Veterinärmedizin
� Kein Gesetzescharakter per se, aber Umsetzung in Verordnung über Tierärztliche Hausapotheken (2018)
https://www.bundestieraerztekammer.de/tieraerzte/leitlinien/
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2. Tierarzneimittelrecht2.6 Antibiotikaleitlinien Tierärzte
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Auswahlkriterien für Antibiotika nach mikrobiologischen und pharmakologischen Kriterien:
� Schmales Wirkspektrum
� Große therapeutische Breite
� Erreichen therapeutischer Konzentration am Wirkort
� Wirkstoffe mit breitem Spektrum nur bei unbekannter Erregersituation oder bei lebensbedrohlicher Infektion
� Bakterizide Wirkstoffe bei schweren Infektionen, insbesondere Septikämie oder bei geschwächter Immunabwehr
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2. Tierarzneimittelrecht2.7 Antibiotikabehandlungen bei Tieren – Regelungen Tierhalter
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Tierhalter
� Tierhalter dürfen Antibiotika nur in Apotheken auf tierärztliche Verschreibung oder beim behandelnden Tierarzt erwerben.
� Kein Bezug von Antibiotika für lebensmittelliefernde Tiere über den Versandhandel.
� Tierhalter von lebensmittelliefernden Tieren müssen Antibiotika strikt nach tierärztlicher Behandlungsanweisung anwenden.
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2. Tierarzneimittelrecht2.7 Antibiotikabehandlungen bei Tieren – Regelungen Tierhalter
54
Tierhalter
� Tierhalter ist verantwortlich für die Einhaltung der Wartezeitzwischen letzter Arzneimittelanwendung und Lebensmittelgewinnung.
� Der Tierhalter muss über die Anwendung aller apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimittel bei lebensmittelliefernden Tieren Aufzeichnungen (Bestandsbuch) führen, so auch über die Anwendung von Antibiotika.
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2. Tierarzneimittelrecht2.7 Antibiotikabehandlungen bei Tieren – Regelungen Tierhalter
55
Muster Bestandsbuch über die Anwendung von Arzneimitteln= Aufzeichnungen des Tierhalters über die Behandlung seiner Nutztiere mit allen apotheken- oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, z.B. Antibiotika
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3. Begriff „Reserveantibiotika“
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3. Begriff „Reserveantibiotika“
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Inhalt Kapitel 3: Begriff „Reserveantibiotika“
� 3.1 Was sind sogenannte „Reserveantibiotika“?
� 3.2 Wie werden besonders schützenswerte Wirkstoffgruppen
ausgewählt?
� 3.3 Regelungen zu besonders schützenswerten
Wirkstoffgruppen in der Veterinärmedizin
� 3.4 Überlegungen zum Tierschutz
� 3.5 Weiterführende Links
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3. Begriff „Reserveantibiotika“3.1 Was sind sogenannte „Reserveantibiotika“?
58
„Reserveantibiotika“
Ist ein spezifischer Begriff ohne allgemeingültige, klare Definition
Daher sollte man genauer von
„besonders schützenswerten Wirkstoffgruppen“
sprechen
Copyright by ARE-Vet, Verwendung nur in unveränderter Form
3. Begriff „Reserveantibiotika“3.2 Wie werden besonders schützenwerte Wirkstoffgruppen
ausgewählt? 59
� Die Einteilung beruht auf internationalen und laufenden Beobachtungen zum Antibiotikaeinsatz in der Human- und Veterinärmedizin, dem Infektionsgeschehen bei Menschen und der Resistenzlage der Krankheitserreger.
� Die Liste besonders schützenswerter Wirkstoffe wird regelmäßig aktualisiert.
� Ein antibiotischer Wirkstoff kann also auch nur vorübergehendals besonders schützenswerter Wirkstoff gelistet sein.
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3. Begriff „Reserveantibiotika“3.2 Wie werden besonders schützenwerte Wirkstoffgruppen
ausgewählt? 60
Veterinärmedizin
� International eingestuft nach der Liste der OIE (Weltorganisation für Tiergesundheit)
� Mit Bezug auf die tierische Gesundheit/für Therapie von Tieren� Gilt für Antibiotika, die für die Anwendung an lebensmittelliefernden Tieren
zugelassen sind
Die OIE klassifiziert 3 Gruppen gemäß ihrer Wichtigkeit für die Veterinärmedizin
1. Veterinary critically important antimicrobials (VCIA)2. Veterinary highly important antimicrobials (VHIA)3. Veterinary important antimicrobials (VIA)
http://www.oie.int/fileadmin/Home/eng/Our_scientific_expertise/docs/pdf/Eng_OIE_List_antimicrobials_May2015.pdf
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3. Begriff „Reserveantibiotika“3.3 Regelungen zu besonders schützenswerten Wirkstoffgruppen
in der Veterinärmedizin 61
� Viele antibiotische Wirkstoffe sind der Humanmedizin vorbehalten.
� Sie enthalten Wirkstoffe, die bei lebensmittelliefernde Tieren (z.B. Rind, Schwein, Geflügel) EU-weit nicht zulässig sind und dürfen daher bei diesen Tierarten nicht eingesetzt werden.*
� Allerdings können bei Hunden, Katzen und Heimtieren in Ausnahmefällen, d.h. wenn kein anderes geeignetes, zugelassenes Antibiotikum für Tiere zur Verfügung steht und die Behandlung zwingend notwendig ist, darüber hinaus Wirkstoffe aus der Humanmedizin eingesetzt werden.
*Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs
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3. Begriff „Reserveantibiotika“3.4 Überlegungen zum Tierschutz
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� Bakterielle Infektionskrankheiten können auch bei Tieren einen schwerwiegenden, teilweise lebensbedrohlichen Verlauf nehmen und mit Leiden und Schmerzen einhergehen.
� Weitere Anwendungsbeschränkungen besonders schützenswerter Wirkstoffgruppen können dazu führen, dass bestimmte Tiere oder bestimmte Erkrankungen nicht mehr behandelt werden können. Dies führt zu rechtlich verordneten Therapielücken.
� Dies widerspricht den in Deutschland im Grundgesetz verankertentierschutzrechtlichen Maximen.
� Die notwendige arzneiliche Versorgung erkrankter Tiere muss jederzeit sichergestellt werden können.
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3. Begriff „Reserveantibiotika“3.5 weiterführende Links
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� Homepage der OIE (Weltorganisation für Tiergesundheit)http://www.oie.int
� Bericht der WHO „Antimicrobial resistance: global report on surveillance 2014“
http://who.int/drugresistance/documents/surveillancereport/en/
� Liste der WHO zu essentiellen Arzneimitteln für die Humanmedizin mit Gruppeneinteilung der Antibiotikahttp://www.who.int/medicines/publications/essentialmedicines/20th_EML2017.pdf?ua=1
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4. Antibiotikatherapie in der Veterinärmedizin
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4. Antibiotikatherapie in der Veterinärmedizin
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Inhalt Kapitel 4: Antibiotikatherapie in der Veterinärmedizin
� 4.1 Auswahl von Antibiotika zur Therapie von Tieren
� 4.2 Antibiotikatherapie – Vorgaben an Tierärzte
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4. Antibiotikatherapie in der Veterinärmedizin4.1 Auswahl von Antibiotika zur Therapie von Tieren
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Tierärztliche Aspekte für die Auswahl von Antibiotika zur Therapie von Tieren:
� Pharmakologische Überlegungen
� Arzneimittelrechtliche Vorgaben
� Berücksichtigung der Antibiotika-Leitlinien
Zusätzliches Kriterium:
� Einschätzung infrage kommender Wirkstoffe als besonders schützenwert
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4. Antibiotikatherapie in der Veterinärmedizin4.2 Antibiotikatherapie – Vorgaben an Tierärzte
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Therapie mit Antibiotika durch Tierärzte
� Nur nach ordnungsgemäßer Untersuchung der behandelten Tiere
� Nur nach plausibler Diagnose� Anwendung durch Tierhalter nur nach tierärztlicher
Behandlungsanweisung� Möglichst unter Berücksichtigung von Antibiogrammen� Möglichst Monosubstanzen mit engem Wirkspektrum� Einsatz bakterizider Wirkstoffe vor bakteriostatischen Wirkstoffen
Unter Berücksichtigung/Festlegung der Wartezeit!
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin
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Inhalt Kapitel 5: Antibiotikaminimierungskonzepte in der
Veterinärmedizin
� 5.1 Hintergrund
� 5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
� 5.3 Antibiotikaminimierungskonzept 16. AMG-Novelle
� 5.4 Vergleich DIMDI & AMG-Novelle
� 5.5 Verordnung über tierärztliche Hausapotheken
� 5.6 Weiterführende Links
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.1 Hintergrund
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� Jeder Einsatz von Antibiotika kann die Ausbreitung resistenter Bakterien und die Entstehung von Resistenzen fördern.
� Die Menge der eingesetzten Antibiotika muss daher auf das notwendige Maß begrenzt werden.
� Antibiotika müssen gezielt so ausgewählt werden, dass größtmögliche Wirksamkeit bei minimalem Risiko derResistenzbildung besteht (Einhaltung der Antibiotikaleitlinien).
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.1 Rechtlicher Hintergrund
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Rechtliche Maßnahmen:Meldung der an Tierärzte abgegebenen Antibiotikamenge
durch den pharmazeutischen UnternehmerAbgabemengenerfassung Antibiotika nach DIMDI –ArzneimittelverordnungSeit 2011
Dokumentation der Antibiotikabehandlung in Mastbetriebendurch die Tierhalter als Basis für
Antibiotikaminimierungskonzept der 16. AMG-NovelleSeit 2014
Vorschriften zur Anwendung besonders schützenswerter Antibiotikagruppen; Antibiogrammpflicht in bestimmten Fällen
Änderung der Verordnung über tierärztliche HausapothekenSeit 2018
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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� Pharmazeutische Unternehmen und Großhändler müssen (seit 2011) ihre jährlichen Verkaufszahlen bestimmter Tierarzneimittel regional aufgegliedert an das Register melden.
� Es werden alle an Tierärzte abgegebenen Antibiotika gemeldet, darunter auch solche, die bei Hunde, Katzen, Reptilien oder Ziervögeln eingesetzt werden.
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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� Das Register wird beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in Köln geführt.
� Die Ergebnisse werden jährlich veröffentlicht.
� Siehe beispielsweise die Ergebnisse der Auswertung des Jahres 2017:
https://www.bvl.bund.de/DE/08_PresseInfothek/01_FuerJournalisten_Presse/01_Pressemitteilungen/05_Tierarzneimittel/2018/2018_07_23_pi_Antibiotikaabgabemenge2017.html
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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Das Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register dient nur Monitoringzwecken.
Ein direkter Vergleich der Abgabemengen in Human- und Tiermedizin ist nicht möglich.
Eine Gegenüberstellung unter Beachtung der jeweils behandelten Anzahl an Menschen und Tieren und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Dosierungen kann lediglich Größenordnungen veranschaulichen.
Tierzahlen werden standardisiert erhoben, aber nur für Nutztiere bestimmter Arten und dort auf unterschiedliche Art, für unterschiedliche Zwecke und Zeiträume (Stichtagszahlen, Schlachtzahlen).
Tierzahlen bilden nur Teilmengen der Gesamtpopulation innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ab und dürfen nicht mit behandelten Tieren gleichgesetzt werden.
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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Antibiotikaabgabemengenach DIMDI
Tierzahlen
Alle Tierarten Nur Nutztiere bestimmter Arten
Jährliche Gesamtmenge an Antibiotika, die an Tierärzte abgegeben wurde.
Tierzahlen aus sog. „Stichtagsmeldungen“:Hier wird einmal im Jahr die Tierzahl eines Betriebes an einem bestimmten Stichtag gemeldet.Problem: Bei Tieren wie Geflügel oder Mastschweinen gibt es mehrere Mastdurchgänge im Jahr, da diese nur wenige Monate alt werden. Damit liegt die Zahl der jährlich im Betrieb gehaltenen Tiere weit über der Stichtagszahl.
Tierzahlen aus Schlachtzahlen: Bei Produktionsformen, in denen die Tiere länger als ein Jahr im Betrieb gehalten werden, ist die Stichtagszahl aussagekräftiger als die Schlachtzahl, z. B. bei Rindern.
Keine sichere Zuordnung/Verrechnung
möglich!
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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Welche Tiere werden mit den Antibiotika behandelt,
die an Tierärzte abgegeben werden?
Problem:
� Die DIMDI-Abgabemengen werden über den Zeitraum eines Jahres und für alle Tierarten, z. B. auch Hunde und Katzen, erfasst.
� Antibiotikapräparate sind häufig für mehrere Tierarten zugelassen.
� Daher ist nicht bekannt, bei welchen Tieren die gemeldeten Antibiotikamengen eingesetzt wurden.
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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Quelle:BMELhttp://www.bmel.de/DE/Tier/Nutztierhaltung/nutztierhaltung_node.html
Bestand≠
Schlacht-zahlen
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.2 DIMDI Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register
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Eckdaten für Klein- und Heimtiere („Haustiere“) in Deutschland
Quelle: Statista https://de.statista.com/themen/174/haustiere/
Davon Hunde ca. 8,6 Mio.Davon Katzen ca. 13,4 Mio.Davon Ziervögel ca. 2,26 Mio.
Bestand (geschätzt):
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.3 Antibiotikaminimierungskonzept 16. AMG-Novelle
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Letzte Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) → 16. AMG-Novelle
Ziele der 16. AMG-Novelle:
� Notwendigkeit des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung reduzieren → Tiergesundheit optimieren
� Gefahr der Ausbreitung resistenter Bakterien senken
� Verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika fördern
→ seit dem 1. April 2014
Werden systematische flächendeckende Erfassungen desAntibiotikaeinsatzes im Bereich der Tiermast (Tierarten Rind, Schwein, Huhn und Pute, oberhalb einer bestimmten Bestandsgröße) durchgeführt
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.3 Antibiotikaminimierungskonzept 16. AMG-Novelle
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Einzelne Schritte: 1. Systematische Erfassung von Antibiotikabehandlungen in definierten
Tierhaltungsbetrieben einer bestimmten Größe
2. Deutschlandweiter Vergleich der Betriebe einer Nutzungsart hinsichtlich der Häufigkeit der Antibiotikabehandlungen (Therapiehäufigkeit)
3. Vergleich der individuellen Therapiehäufigkeit eines Betriebs mit bundesweiter Therapiehäufigkeit (Kennzahlen)
Therapiehäufigkeit = an wie vielen Tagen im Halbjahr wurde ein Tier im Durchschnitt mit antibiotischen Wirkstoffen behandelt?
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.3 Antibiotikaminimierungskonzept 16. AMG-Novelle
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4. Erfassung von Betrieben mit überdurchschnittlich häufigemAntibiotikaeinsatz (Therapiehäufigkeit liegt über Kennzahl 1und 2)
5. Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit in Betriebenmit überdurchschnittlich häufigen Antibiotikabehandlungen:
Handlungsbedarf für Tierhalter, deren betriebliche Therapiehäufigkeit über den Kennzahlen liegt:→ Beratung durch den Tierarzt→ Erstellen eines Maßnahmenplans mit Hilfe des Tierarztes
Befugnis der zuständigen Behörde, konkrete Maßnahmen zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes anzuordnen
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.3 Antibiotikaminimierungskonzept 16. AMG-Novelle
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Wartezeit ≠ Behandlungstage ≠ Wirktage
Wartezeit: Wichtig bei Abgabe zur Schlachtung oder Milchlieferung
Zeit, die zwischen letzter Arzneimittelgabe und Lebensmittelgewinnung verstreichen muss, damit keine Arzneimittelrückstände im Lebensmittel gefunden werden.
(siehe auch Kapitel 2.4 Wartezeit)
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.3 Antibiotikaminimierungskonzept 16. AMG-Novelle
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Wartezeit ≠ Behandlungstage ≠ Wirktage
Behandlungstage: Anzahl der Tage, an denen das AB verabreicht wird
Wirktage: Nur für Eingabe in die HIT-Datenbank
Für AB, deren Wirkung nicht länger als 24h hält und die täglich verabreicht werden, gilt:
Für AB, die länger als 24h wirken (Depotwirkung), z. B. sogenannte One-shot Präparate, gilt:
→ Die Zahl der Behandlungstage bzw. Wirktage dokumentiert der behandelnde Tierarzt auf dem tierärztlichen Abgabebeleg.
Wirktage = Behandlungstage
Wirktage = Behandlungstage + Tage, an denen das AB therapeutisch wirksam ist
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.4 Vergleich DIMDI & AMG-Novelle
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DIMDI AMG-Novelle
Erfasst werden:
� Abgabemenge von Antibiotika an tierärztliche Hausapotheken
� Daten von Pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern
� Tierarten: alle (z. B. Milchkuh, Katze, Schildkröte)
� Pro Jahr
Erfasst werden:
� Therapiehäufigkeit von Betrieben mit bestimmten Masttieren
� Daten von Tierhaltern
� Tierarten: als Masttiere für diesen Zweck gelten derzeit Schweine, Rinder, Puten und Hähnchen
� Pro Halbjahr
Keine Vergleichbarkeit der Daten
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.5 Verordnung über tierärztliche Hausapotheken
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Aktuelle Änderung der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken → seit 2018
� Grundsätzliches Verbot der Anwendung von Arzneimitteln mit besonders schützenswerten Wirkstoffgruppen bei anderen Tierarten als laut Zulassung vorgesehen
� Pflicht zur Anfertigung von Antibiogrammen
� Vorgaben zur Probenahme
� Erweiterung der Nachweispflichten für Tierärzte
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5. Antibiotikaminimierungskonzepte in der Veterinärmedizin5.6 Weiterführende Links
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� Homepage der ARE-Vet
www.lgl.bayern.de/arevet
� Homepage des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Informationhttp://www.dimdi.de
� Homepage des Projekts 16. AMG-Novellehttp://www.amgnovelle.bayern.de/
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Diese Schulungsfolien wurden durch die Facharbeitsgruppe ‚Reserveantibiotika‘ der ARE-Vet erstellt.
Das Projekt zur Implementierung der ARE-Vet wird finanziert durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
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