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Einsatz von Katalysatoren bei der allothermen Vergasung von Kohle mit Wasserdampf Harald Juntgen und Karl Heinrich van Heek* Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Ewald Wicke zum 70. Geburtstag Bereits seit dem vorigen Jahrhundert ist bekannt, daD sich Reaktio- nen von Kohle rnit Wasserdampf, CO, und anderen Vergasungsmit- teln durch Zusatzstoffe beschleunigen lassen. Die wissenschaftliche Erforschung der katalytischen Vergasung erfolgte dann ab ca. 1920 durch Taylor, Fischer und Pichler sowie Kroger und wurde beson- ders im vergangenen Jahrzehnt intensiv fortgesetzt [I, 21. Dabei ist vielfach bestatigt worden, daR eine Zugabe von anorganischen Verbindungen - z, B. von Alkalien und Erdalkalien - zur Kohle zu einer betrachtlichen Reaktionssteigerung fuhrt . Trotz der groRen Bedeutung der Kohlevergasung als Ausgangspro- zeB fur die Herstellung von Heiz- und Synthesegasen wurden Kata- lysatoren in der Vergasungstechnik jedoch praktisch nicht ange- wandt. Die wesentliche Ursache ist wohl darin zu sehen, daR man bei den autothermen Verfahren - bei denen Kohle rnit Dampf und Sauerstoff vergast wird - die Steigerung der Reaktionsgeschwindig- keit uber die Erhohung der Vergasungstemperatur durch eine ver- mehrte Sauerstoff-Zugabe in einfacher Weise erreichen kann. Zu- dem ist fur die Vergasung festzuhalten, daD ihr Ablauf durch ein Zusammenwirken von Transportvorgangen rnit der chemischen Reaktion bestimmt wird. Oberhalb von 900°C werden die Trans- portvorgange geschwindigkeitsbestimmend, so daD eine Beschleuni- gung der chemischen Reaktion durch Katalysatoren in diesen Berei- chen keinen durchschlagenden Effekt mehr hat. Ihre Zugabe lohnt sich also nur fur Vergasungsprozesse, die unterhalb von etwa 900°C ablaufen, also allenfalls fur die Vergasung in der Wanderschicht. Anders ist die Situation allerdings bei allothermen Verfahren, bei denen man dem Vergasungsreaktor die Warme von auRen zufuhrt. Insbesondere trifft das fur die in der Entwicklung befindliche Kohle- vergasung mit Warme aus Hochtemperatur-Kernreaktoren (HTR) zu [3]. Hierbei ist die Temperatur der Warmequelle, des HTR, auf 950 "C begrenzt. Die Anwendung von Katalysatoren fuhrt daher bei diesem ProzeB zu erheblichen Vorteilen. Uber entsprechende grund- legende Versuche in einer halbtechnischen Anlage und die Ubertra- gung der Ergebnisse auf die Praxis wird im folgenden berichtet. 1 Versuche in einer halbtechnischen Anlage Das Prinzip eines industriellen Verfdhrens zur Wasserdampfverga- sung von Kohle mit Kernreaktorwarme sieht vor, daR die im HTR auf einem Temperaturniveau von 9 50 'C erzeugte Warme uber einen Helium-Primarkreislauf abgefuhrt und mittels eines Warmeaustau- schers auf einen Helium-Sekundlrkreis ubertragen wird. Die War- meubertragung fur die Vergasung erfolgt uber ein Rohrenbundel, das in eine Wirbelschicht aus Kohle und Wasserdampf hineinragt. Auf niedrigerem Temperaturniveau dient der verbleibende Warme- inhalt des Zwischenkreislaufs zur Erzeugung von ProzeRdampf und Strom. Im liegenden industriellen Gasgenerator wird der zu verga- sende Feststoff in einer Wirbelschichtrinne in Langsrichtung ge- fuhrt. Dadurch erreicht man ein gunstiges Ruckvermischungsver- halten und somit bei technisch hinreichenden Vergasungsleistungen einen hohen Kohlenstoff-Abbrand von uber 95%. Die Bergbau-Forschung betreibt seit 1976 eine Versuchsanlage rnit einem elektrisch beheizten Helium-Kreislauf bei 40 bar und Tempe- raturen von 900 bis 1000°C. Der Gasgenerator ist ein stehender Behalter rnit einer Grundflache von etwa 1 mz und einer Wirbel- * Prof. Dr. H. Jiintgen und Priv.-Doz. Dr. K. H. van Heek, Bergbau- Forschung GmbH, Postfach 1301 40,4300 Essen 13. schichthohe von 4 m und entspricht bezuglich der GroRe und Anord- nung der Warmeaustauscherrohre einem Ausschnitt aus dem oben geschilderten industriellen Gasgenerator. Das bisherige Versuchs- programm diente u. a. der verfahrenstechnischen Optimierung ein- zelner Komponenten sowie der Gewinnung von Auslegungsdaten uber Reaktionsgeschwindigkeit, Wirbelschichtdichte, Warmebe- darf, Warmeubergang etc. fur grol3ere Anlagen. In jungster Zeit wurde der EinfluR von katalytisch aktiven Substanzen untersucht. Der entsprechende Versuchsbetrieb baute dabei auf Laboratoriums- untersuchungen zur Kinetik und zum Mechanismus der rnit Alkali katalysierten Vergasung auf, bei denen insbesondere auch die Ab- hangigkeit des katalytischen Effektes vom Abbrand und die Neben- reaktionen des Katalysdtors rnit den Kohlemineralien studiert wur- den [4,5]. Fur die halbtechnischen Versuche wird der Katalysator K,CO, der Kohle bis zu 4 Gew.-% trocken zugemischt. Dadurch verandert sich einmal die Zusammensetzung des Produktgases. Im Vergleich zur unkatalysierten Vergasung wird die homogene Wasser- gasreaktion stark beschleunigt, so daB die CO-Werte von ca. 15% auf wenige Prozent absinken und die Wasserstoff- und CO,-Werte ,entsprechend ansteigen. Die wesentlichere Auswirkung besteht je- doch in einer beachtlichen Steigerung der,Reaktionsgeschwindigkeit des festen Kohlenstoffs, wie sie in Abb. 1 in Abhangigkeit von der E Gasflammkohle - v) mil K-Katalysator ._ z 1.5 Gasflammkohle miltlere Wirbelbetternperatur [TI Abb. 1. Auswirkung einer Zugabe von K,CO, zur Kohle auf ihre Reaktionsgeschwindigkeit mit Wasserdampf in einer halbtechni- schen Versuchsanlage ; Kurvenparameter : Gew.- % K,CO, bezogen auf Eingangskohlemenge sowie Hohe der Wirbelschicht, falls von 4 m abweichend. Temperatur dargestellt ist . Die Reaktionsgeschwindigkeit berechnet sich aus der pro Zeiteinheit vergasten und der irn Gasgenerator befindlichen Masse an Kohlenstoff, die sich aus der Bilanz von eindosiertem, abdosiertem und vergastem Kohlenstoff ergibt. Die auf der Abszisse aufgetragenen Teniperaturen stellt man durch unterschiedliche Eingangstemperaturen von Helium oder Wasser- dampf ein. Bereits fur die unkatalysierte Vergasung ist zwischen Anthrazit und Gasflammkohle ein Unterschied festzustellen. Gibt man letzterer K2C03zu, so kommt es zu einer Beschleunigung der Reaktion. Die relativ geringeren Effekte bei 2 bzw. 3% lassen sich durch die Nebenreaktionen des K2C03 mit den Kohlebegleitmineralien erkla- ren, wobei ein deni Aschegehalt entsprechender Anteil des Katalysa- tors seine Aktivitat verliert. Wenn dagegen 4 % K 2 C 0 3zugegeben werden, so kommt es zu einem starken Anwachsen der Reaktionsge- schwindigkeit um etwa den Faktor 20. Wie man theoretisch aus deni Zusammenspiel von Warmetransport und Umsetzungsgeschwindig- keit voraussagen kann, fallt die Wirbelschichtteniperatur dabei deutlich ab. Der sich ergebende Unterschied in den beiden Kurven fur eine Betthohe von 4 und 3,s m kann durch den EinfluB der 616 Chem.-1ng.-Tech. 56 (1984) Nr. 8, S. 616-617 0 Verlag Chemie GmbH, D-6940 Weinheim 1984 0009-286X/84/0808-0616$02.50/0

Einsatz von Katalysatoren bei der allothermen Vergasung von Kohle mit Wasserdampf

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Page 1: Einsatz von Katalysatoren bei der allothermen Vergasung von Kohle mit Wasserdampf

Einsatz von Katalysatoren bei der allothermen Vergasung von Kohle mit Wasserdampf

Harald Juntgen und Karl Heinrich van Heek*

Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Ewald Wicke zum 70. Geburtstag

Bereits seit dem vorigen Jahrhundert ist bekannt, daD sich Reaktio- nen von Kohle rnit Wasserdampf, CO, und anderen Vergasungsmit- teln durch Zusatzstoffe beschleunigen lassen. Die wissenschaftliche Erforschung der katalytischen Vergasung erfolgte dann ab ca. 1920 durch Taylor, Fischer und Pichler sowie Kroger und wurde beson- ders im vergangenen Jahrzehnt intensiv fortgesetzt [I, 21. Dabei ist vielfach bestatigt worden, daR eine Zugabe von anorganischen Verbindungen - z, B. von Alkalien und Erdalkalien - zur Kohle zu einer betrachtlichen Reaktionssteigerung fuhrt . Trotz der groRen Bedeutung der Kohlevergasung als Ausgangspro- zeB fur die Herstellung von Heiz- und Synthesegasen wurden Kata- lysatoren in der Vergasungstechnik jedoch praktisch nicht ange- wandt. Die wesentliche Ursache ist wohl darin zu sehen, daR man bei den autothermen Verfahren - bei denen Kohle rnit Dampf und Sauerstoff vergast wird - die Steigerung der Reaktionsgeschwindig- keit uber die Erhohung der Vergasungstemperatur durch eine ver- mehrte Sauerstoff-Zugabe in einfacher Weise erreichen kann. Zu- dem ist fur die Vergasung festzuhalten, daD ihr Ablauf durch ein Zusammenwirken von Transportvorgangen rnit der chemischen Reaktion bestimmt wird. Oberhalb von 900°C werden die Trans- portvorgange geschwindigkeitsbestimmend, so daD eine Beschleuni- gung der chemischen Reaktion durch Katalysatoren in diesen Berei- chen keinen durchschlagenden Effekt mehr hat. Ihre Zugabe lohnt sich also nur fur Vergasungsprozesse, die unterhalb von etwa 900°C ablaufen, also allenfalls fur die Vergasung in der Wanderschicht. Anders ist die Situation allerdings bei allothermen Verfahren, bei denen man dem Vergasungsreaktor die Warme von auRen zufuhrt. Insbesondere trifft das fur die in der Entwicklung befindliche Kohle- vergasung mit Warme aus Hochtemperatur-Kernreaktoren (HTR) zu [3]. Hierbei ist die Temperatur der Warmequelle, des HTR, auf 950 "C begrenzt. Die Anwendung von Katalysatoren fuhrt daher bei diesem ProzeB zu erheblichen Vorteilen. Uber entsprechende grund- legende Versuche in einer halbtechnischen Anlage und die Ubertra- gung der Ergebnisse auf die Praxis wird im folgenden berichtet.

1 Versuche in einer halbtechnischen Anlage

Das Prinzip eines industriellen Verfdhrens zur Wasserdampfverga- sung von Kohle mit Kernreaktorwarme sieht vor, daR die im HTR auf einem Temperaturniveau von 9 50 'C erzeugte Warme uber einen Helium-Primarkreislauf abgefuhrt und mittels eines Warmeaustau- schers auf einen Helium-Sekundlrkreis ubertragen wird. Die War- meubertragung fur die Vergasung erfolgt uber ein Rohrenbundel, das in eine Wirbelschicht aus Kohle und Wasserdampf hineinragt. Auf niedrigerem Temperaturniveau dient der verbleibende Warme- inhalt des Zwischenkreislaufs zur Erzeugung von ProzeRdampf und Strom. Im liegenden industriellen Gasgenerator wird der zu verga- sende Feststoff in einer Wirbelschichtrinne in Langsrichtung ge- fuhrt. Dadurch erreicht man ein gunstiges Ruckvermischungsver- halten und somit bei technisch hinreichenden Vergasungsleistungen einen hohen Kohlenstoff-Abbrand von uber 95%. Die Bergbau-Forschung betreibt seit 1976 eine Versuchsanlage rnit einem elektrisch beheizten Helium-Kreislauf bei 40 bar und Tempe- raturen von 900 bis 1000°C. Der Gasgenerator ist ein stehender Behalter rnit einer Grundflache von etwa 1 mz und einer Wirbel-

* Prof. Dr. H. Jiintgen und Priv.-Doz. Dr. K. H. van Heek, Bergbau- Forschung GmbH, Postfach 1301 40,4300 Essen 13.

schichthohe von 4 m und entspricht bezuglich der GroRe und Anord- nung der Warmeaustauscherrohre einem Ausschnitt aus dem oben geschilderten industriellen Gasgenerator. Das bisherige Versuchs- programm diente u. a. der verfahrenstechnischen Optimierung ein- zelner Komponenten sowie der Gewinnung von Auslegungsdaten uber Reaktionsgeschwindigkeit, Wirbelschichtdichte, Warmebe- darf, Warmeubergang etc. fur grol3ere Anlagen. In jungster Zeit wurde der EinfluR von katalytisch aktiven Substanzen untersucht. Der entsprechende Versuchsbetrieb baute dabei auf Laboratoriums- untersuchungen zur Kinetik und zum Mechanismus der rnit Alkali katalysierten Vergasung auf, bei denen insbesondere auch die Ab- hangigkeit des katalytischen Effektes vom Abbrand und die Neben- reaktionen des Katalysdtors rnit den Kohlemineralien studiert wur- den [4,5]. Fur die halbtechnischen Versuche wird der Katalysator K,CO, der Kohle bis zu 4 Gew.-% trocken zugemischt. Dadurch verandert sich einmal die Zusammensetzung des Produktgases. Im Vergleich zur unkatalysierten Vergasung wird die homogene Wasser- gasreaktion stark beschleunigt, so daB die CO-Werte von ca. 15% auf wenige Prozent absinken und die Wasserstoff- und CO,-Werte ,entsprechend ansteigen. Die wesentlichere Auswirkung besteht je- doch in einer beachtlichen Steigerung der,Reaktionsgeschwindigkeit des festen Kohlenstoffs, wie sie in Abb. 1 in Abhangigkeit von der

E

Gasflammkohle - v) m i l K - K a t a l y s a t o r ._ z 1.5

Gasflammkohle

miltlere Wirbelbetternperatur [TI Abb. 1. Auswirkung einer Zugabe von K,CO, zur Kohle auf ihre Reaktionsgeschwindigkeit mit Wasserdampf in einer halbtechni- schen Versuchsanlage ; Kurvenparameter : Gew.- % K,CO, bezogen auf Eingangskohlemenge sowie Hohe der Wirbelschicht, falls von 4 m abweichend.

Temperatur dargestellt ist . Die Reaktionsgeschwindigkeit berechnet sich aus der pro Zeiteinheit vergasten und der irn Gasgenerator befindlichen Masse an Kohlenstoff, die sich aus der Bilanz von eindosiertem, abdosiertem und vergastem Kohlenstoff ergibt. Die auf der Abszisse aufgetragenen Teniperaturen stellt man durch unterschiedliche Eingangstemperaturen von Helium oder Wasser- dampf ein. Bereits fur die unkatalysierte Vergasung ist zwischen Anthrazit und Gasflammkohle ein Unterschied festzustellen. Gibt man letzterer K2C03 zu, so kommt es zu einer Beschleunigung der Reaktion. Die relativ geringeren Effekte bei 2 bzw. 3% lassen sich durch die Nebenreaktionen des K2C03 mit den Kohlebegleitmineralien erkla- ren, wobei ein deni Aschegehalt entsprechender Anteil des Katalysa- tors seine Aktivitat verliert. Wenn dagegen 4 % K 2 C 0 3 zugegeben werden, so kommt es zu einem starken Anwachsen der Reaktionsge- schwindigkeit um etwa den Faktor 20. Wie man theoretisch aus deni Zusammenspiel von Warmetransport und Umsetzungsgeschwindig- keit voraussagen kann, fallt die Wirbelschichtteniperatur dabei deutlich ab. Der sich ergebende Unterschied in den beiden Kurven fur eine Betthohe von 4 und 3,s m kann durch den EinfluB der

616 Chem.-1ng.-Tech. 56 (1984) Nr. 8, S. 616-617 0 Verlag Chemie GmbH, D-6940 Weinheim 1984 0009-286X/84/0808-0616$02.50/0

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Produktgase, die bei groljerer Hohe die Reaktion starker hemmen, erklart werden.

2 Ubertragung auf den industriellen Gasgenerator

In dem zur Ubertragung der experimentellen Ergebnisse auf den industriellen MaRstab benutzten Reaktormodell[6] wird die Wirbel- schichtrinne durch eine Ruhrkesselkaskade dargestellt. Versuche in Kaltmodellen haben gezeigt, daR das zu erwartende Ruckvermi- schungsverhalten durch 15 Stufen wiedergegeben werden kann. In jeder ist eine gekoppelte Warme- und Stoffbilanz vorzunehmen. Ihr liegt die Annahme zugrunde, daR sich in der Kaskadenstufe eine Temperatur einstellt, bei der der Warmeverbrauch durch den Um- satz der Kohle rnit dem Wasserdampf mittels der iiber die Warme- austauscherflachen ubertragene Warme gedeckt werden kann. Die Umsetzungsgeschwindigkeit wird dabei vom Katalysator beein- flu&, und zwar um so starker, je hoher der Vergasungsgrad ansteigt. Das K/C-Verhaltnis erhoht sich namlich rnit dem Abbrand, da der Katalysator im Feststoff verbleibt, wahrend der Kohlenstoff-Gehalt durch die Vergasung abnimmt. In die Warmebilanz gehen weiterhin ein : der spezifische Warmebedarf pro Masseneinheit der umgesetz- ten Kohle, die Dichte der vergasbaren Substanz in der Wirbel- schicht, die Warmeaustauscherflache, der Warmedurchgangskoeffi- zient sowie die Eingangstemperatur des Heliums. Die durch den Katalysator-Einsatz bedingte Erhohung der Umset- zungsgeschwindigkeit und damit des Warmeverbrauchs bewirkt, daI3 die Reaktionstemperatur von ca. 800°C im unkatalysierten Fall auf ca. 730°C fur die katalytische Vergasung absinkt. Trotzdem ist die Reaktionsgeschwindigkeit noch ca. 5mal hoher als im unkataly- sierten Fall, so daR sich die zum Erreichen eines Gesamtumsatzgra- des von 95 % notwendige Verweilzeit von ca. 8 h auf 1,5 h reduziert. Wegen des hoheren Gefalles zwischen Helium-Eintrittstemperatur und Vergasungstemperatur wird auch das nutzbare Warmeangebot grol3er. Aus all diesen Griinden steigt die Vergasungsleistung des Gasgenerators, d. h. die pro Zeiteinheit vergaste Kohlemenge, stark an. Die entsprechenden Daten fur eine Katalysator-Zugabe zwi- schen 2 und 4 Gew.-% sind in Tab. 1 zusammengestellt. Bei niedrige-

Tabelle 1. Berechnete Betriebsdaten eines allothermen Gasgenerators fur die Wasserdampfvergdsung von Steinkohle; Gasgenerator : 33 m Lange (nach [3]); Hochtemperaturreaktor : 950 “C Helium-Austrittstempe- ratur; Kohle: Gasflammkohle Westerholt.

Katalysator-Zugabe [Gew.-%] 0 2 3 4

mittlere Temperatur der Wirbelschicht [“C] 806 785 768 720 mittlere Reaktions- geschwindigkeit [%C/min] 0,6 0,8 0,9 1,4 ubertragene Warmemenge [”/.I 100 123 142 198 Vergasungs- [t Kohlelh] 33 42 51 79 lei stung [%I 100 134 159 241

ren Katalysator-Zugaben haben die Begleitreaktionen mit den Koh- lemineralien einen groDeren EinfluR, daher ist der Anstieg zwischen 2 und 4% nicht linear. Die berechnete mittlere Reaktionsgeschwindig- keit liegt niedriger als in der einstufigen halbtechnischen Adage, da der Vergasungsgrad in der Kaskade zunimmt . Ubertragene Warme- menge und Vergasungsleistung entsprechen sich nicht, weil mit

groRerer Katalysator-Zugabe die exotherme homogene Wassergas- reaktion verstarkt ablauft und damit den spezifischen Warmebedarf senkt.

3 Sc h I u Dfol g erungen

Der Einsatz von Katalysatoren fur die allotherme Kohlevergasung unter Nutzung von Warme aus Hochtemperatur-Kernreaktoren hat ein hohes Potential fur eine weitere Optimierung des angestrebten Verfahrens. Die starke Umsatzsteigerung wirkt sich letztlich iiber eine Herabsetzung der anteiligen Investitionskosten an den Gasher- stellkosten in einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit aus. Fur den industriellen Einsatz muR jedoch bedacht werden, daB die kataly- tisch aktiven Substanzen, speziell die Alkali-Verbindungen, im Prin- zip korrosiv wirken und damit die Warmeaustauscher-Materialien schadigen konnen. Dabei wirkt sich aber positiv aus, daR - wie Laborversuche gezeigt haben - das Kalium wahrend der Vergasung rnit dem Kohlenstoff eine Bindung eingeht, wodurch seine Verdamp- fungsgeschwindigkeit erheblich abgesenkt wird, und zwar besonders dam, wenn das Wirbelbett bei Temperaturen von nur 730°C betrie- ben wird. Zudem kann rnit einer Erniedrigung der Helium-Eintritts- temperatur sowie durch Optimieren der Werkstoffe der Korrosion entgegengewirkt werden. SchlieRlich sind auch Katalysator-Systeme in der Entwicklung, welche von sich aus eine geringere Korrosions- aggressivitat aufweisen. Weiterhin sind die Fragen nach der Auswirkung von Katalysator- Spuren im Rohgas auf die anschlienenden Waschprozesse sowie die Moglichkeiten der Ruckgewinnung des Katalysators aus der Asche zu klaren. Letzteres ist vor allem wegen der Deponierfahigkeit bzw. Weiterverwendbarkeit der Asche notwendig. Insgesamt lohnen sich die gegenwgrtigen und kunftigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten angesichts der hohen Verbesserungsmog- lichkeiten, die der Einsatz von Katalysatoren speziell fur die allo- therme Kohlevergasung bietet.

Eingegangen am 11. April 1984 [K 6651

Literatur

[l] van Heek, K . H . ; Jiintgen, H.: Haus Tech. Essen, Vortragsveroff. (1982) Nr. 453, S. 53/59.

[2] Papers presented at the Int. Symp. “Fundamentals of Catalytic Coal and Carbon Gasification” Amsterdam, 27. -29. 9. 1982, Fuel 62 (1983), Special Issue, insbesondere Jiintgen, H . : Applica- tion of catalysts to coal gasification processes : incentives and perspectives, S. 2341238; Huhn, F.; Klein, J . ; Jiintgen, H . : Investigations on the alkali-catalysed steam gasification of coal: Kinetics and instructions of alkali catalyst with carbon, S. 1961199; Kuhn, L . ; Plogmann, H.: Reaction of catalysts with mineral matter during coal gasification, S. 205/208 ; Leonhardt, P . ; Sulimma, A . ; van Heek, K . H . ; Jiintgen, H . : Steam gasifica- tion of German hard coal using alkaline catalysts: effects of carbon burn-off and ash content, S. 2001204; Kubiak, H . ; Schro- ter, H . J . ; Sulimma, A . ; van Heek, K . H.: Application of K,CO, catalysts in the coal gasification process under nuclear heat, S . 2421245.

[3] van Heek, K . H . ; Jiintgen, H . ; Peters, W . ; Buchner, G . ; Kalwa, G . ; Jahns, W . ; Wiegand, D . : AtomkernenergieIKerntech. 40 (1982) S. 225/246.

[4] Huhn, F.: Dissertation, GHS Essen 1983. [5] Leonhardt, P . ; Sulimma, A . ; van Heek, K . H . ; Jiintgen, H . : Fuel

[6] Kubiak, H . : Dissertation, GHS Essen 1982. 62 (1983) S. 200/204.

Chem.-1ng.-Tech. 56 (1984) Nr. 8, S. 616-617 617