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Vorlesung Elektrische Maschinen Fachhochschule Dortmund FB 3 Prof. Dr. Bernd Aschendorf (Kapitel 3, Gleichstrommaschine) SS 08

Elektrische Maschinen - fh-dortmund.de · Die Gleichstrommaschine zählt aufgrund Ihrer guten Steuerbarkeit hinsichtlich der Drehzahl nach wie vor zu den bedeutendsten Elektrischen

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SS 08

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3. Die Gleichstrommaschine 3.1 Allgemeines Die Gleichstrommaschine zählt aufgrund Ihrer guten Steuerbarkeit hinsichtlich der Drehzahl nach wie vor zu den bedeutendsten Elektrischen Maschinen. Als Generator ist die Bedeutung aufgrund der Stromrichtertechnik stark zurückge-gangen. Die großen Leonhardantriebe, wie sie beispielsweise in Walzwerken zur Speisung der Walzgerüste aufgebaut waren, sind im Gegensatz zu Stromrichtern viel zu groß und aufwendig in der Wartung und Steuerung. Im Vergleich zu den Asynchronmotoren ist der Aufbau der Gleichstrommaschinen wesentlich teurer und aufgrund der Stromwendereinrichtung (Kommutator) komplizierter. Damit ist die Gleichstrommaschine anfälliger bezüglich Störungen und wartungsaufwendig. Der Markanteil an Maschinen mit einer Nennleistung größer 300 W lag 1987 bei ca. 17%. Optimierungen an der Gleichstrommaschine sind nur noch begrenzt möglich. Diese Veränderungen beschränkten sich auf die Erhöhung der Ausnutzung des umbauten Raumes der Gleichstrommaschine. So wurde von der früheren runden Anordnung abgegangen und eine quadratische Anordnung gewählt. Um die Steuerung der Maschine zu verbessern, wurden Verbesserungen an der Kommutierung vorgenommen, sowie der Aufbau der Maschine von teilweise massiven Aktivteilen hin zu geblechten Anordnungen geändert. 3.2 Aufbau der Gleichstrommaschine Gleichstrommaschinen waren früher kreisrunde Anordnungen mit sehr einfachem, jedoch bei der Produktion aufwendigem Aufbau. Die Magnetpole wurden außerhalb der Maschine hergestellt und mit Spulen versehen und dann in das kreisrunde Gehäuse eingeschraubt, so war eine Gleichstrommaschine meist an den Schrauben zur Befestigung der Magnetpole von Asynchronmaschinen leicht zu unterscheiden. Heute werden zugunsten der besseren Ausnutzung meist fast quadratische Anordnungen bevorzugt. Eine Gleichstrommaschine ist in folgendem Bild dargestellt.

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Man kann den sehr kompakten Aufbau von außen erkennen. Durch die bessere Ausnutzung des Innenraumes der GM mußte jedoch der Lüfer zunehmend vergrößert werden. Er ist in dem Bild oben angeordnet. Die eigentliche GM teilt sich auf in drei wesentliche Teile.

• Lagerschilde • Ständer • Läufer

Die Lagerschilde sind im hinteren und vorderen Bereich angeordnet und dienen der Aufnahme und Lagerung der Welle. Zusätzlich sind in einem Lagerschild die Kohlenhalter angeordnet. Das zweite wesentliche Teil ist der Ständer, welcher im nächsten Bild abgebildet ist. Im Ständer sind die Spulensysteme angeordnet.

Das dritte wesentliche Teil ist der Läufer mit dem Kommutator, der im nächsten Bild angebildet ist. Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Der Läufer ist das am aufwendigsten herzustellende Teil der GM. Im linken Bereich ist der Kommutator zu erkennen, desweiteren im mittleren Bereich die Spulen, sowie die Bandagen, mit denen die Enden der Spulen am Läufer fixiert werden. Im Längsschnitt ergibt sich folgender im Bild dargestellte Aufbau.

• 1 ist das Gehäuse der Maschine • 2 stellt die verschiedenen Ständerspulensysteme dar • 4 stellt die Wickelköpfe der Erregerspulen dar • 6 ist der Läufer, auch Anker genannt • 7 ist die Ankerwicklung • 8 ist der Stromwender (Kommutator) • 9 sind die Kohlebürsten

Der prinzipielle Grund, warum von der kreisrunden Anordnung auf die quadratische übergegangen wurde, ist aus folgendem Bild zu erkennen.

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Die kreisrunde Anordnung (a) verfügt zwischen den einzelnen Spulensystemen des Ständers über große Zwischenräume, wohingegen die quadratische Anordnung wesentlich kompakter erscheint. Der prinzipielle Aufbau soll jedoch der Übersicht wegen anhand der kreisrunden Anordnung erklärt werden.

Man unterscheidet bei der Elektrischen Maschine zwischen

• Aktivteilen, die der elektrischen und magnetischen Energieumwandlung dienen

• Inaktivteilen, die der Halterung und Lagerung von elektrischen Teilen dienen, dies sind Wellen, Gehäuse, Lager, Lüfter, etc.) .

Im Querschnitt der GM (obiges Bild), sind viele Inaktivteile nicht mehr zu erkennen. Man unterscheidet folgende Einzelteile:

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Inaktivteile sind:

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• 1 - Gehäuse, in Rundbauweise normalerweise ein massiver Ring,

der auch als Joch bezeichnet wird, in quadratischer Bauweise ist das Joch lamelliert, d.h. es besteht aus geschichteten Blechen.

• 6 - Welle Alle anderen Einzelteile sind Aktivteile:

• 2 - Hauptpole mit Polschuhen • 3 - Erregerwicklung • 4 - Läufer (Anker) • 5 - Läuferwicklung • 7 - Bürsten (am Ständer angeordnet, schleifen auf dem

Kommutator) • 8 - Zusatzpole (Wendepole) • 9 - Zusatzwicklung (Wendepolwicklung) • 10 - Zusatzwicklung (Kompensationswicklung)

In dieser Darstellung fehlt die Stromwendeeinrichtung (Kommutator), auf der die Bürsten aufliegen. Der Kommutator besteht aus Kupferlamellen, die gegenseitig durch Glimmerschichten isoliert sind. Am Kommutator sind die Ankerspulenenden angelötet. Die dargestellte Anordnung stellt eine 4-polige Gleichstrommaschine dar. Bei stromlosem Anker schließt sich der Fluß (das magnetische Feld) in der angegebenen Weise. Der magnetische Kreis schließt sich vom Ständerjoch über die Hauptpole (Nord- oder Südpol), Luftspalt, Läuferzähne, Läuferjoch, Läuferzähne, Luftspalt und Hauptpole (Süd- oder Nordpol). 3.3 Funktionsprinzip Die die Hauptpole umgebenden Ständererregungsspulen werden von Gleichstrom durchflossen. Hierdurch wird das Ständererregerfeld erzeugt, das sich wie in 3.2 erwähnt über den Anker schließt. 3.3.1 Generatorbetrieb Durch das Erregerfeld werden bei drehendem Anker (Bewegungsspannung) in die Ankerspulen Wechselspannungen induziert. Durch den Kommutator wird die Wechselspannung in eine pulsierende Gleich-spannung umgewandelt, d.h. durch den Kommutator werden die Ankerspule nach und nach umgepolt. Man spricht von mechanischer Gleichrichtung. Durch Überlagerung mehrerer Ankerspulen wird die an den Bürsten abgreifbare Spannung erhöht.

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An den Bürsten kann eine Gleichspannung abgegriffen werden. Man spricht von Generatorbetrieb. 3.3.2 Motorbetrieb Wird umgekehrt der Anker über die Bürsten mit Strom gespeist, so ensteht nach Kapitel 0.2 eine Kraftwirkung, die an der Welle als Drehmoment wirksam wird. 3.3.3 Haupt- und Querachse Das magnetische Feld der Erregerwicklung des Ständers ruht relativ zum Läufer, man definiert die sogenannte Wicklungsachse, die für die Erregerwicklung als Hauptachse bezeichnet wird. Die Gesamtheit aller Läuferspulen erzeugt ein magnetisches Feld, das senkrecht auf dem magnetischen Feld der Erregerspule steht. Man spricht von der Querachse, entsprechend vom Ankerquerfeld. Durch die Stromwendeeinrichtung wird das Anker-querfeld aufrechterhalten. Aufgrund der Kommutierung durch die Stromwendeeinrichtung werden die Ankerspulen der Reihe nach umgepolt. Man spricht von sogenannten „pseudostationären Spulen“. 3.4 Leerlaufverhalten 3.4.1 Magnetisches Feld der Erregerwicklung Das magnetische Feld der Erregerwicklung ist in folgendem Bild nur für einen magnetischen Kreis über zwei halbe Erregerwicklungen dargestellt. Vollständig ist das magnetische Feld nur, wenn das Feld aller Erregerwicklungen berücksichtigt wird.

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Aus obigem Bild sind folgende geometrischen Größen ableitbar:

• p ist die Anzahl der Polpaare. Obige Anordnung hat 2 Polpaare, also ist p=2. Durch Multiplikation mit 2 ergibt sich die Anzahl der Pole 2*p=4

• τp ist die Polteilung. Dies ist der geometrische oder winkelmäßige Abstand von Polmitte zu Polmitte.

• Man bezeichnet dA als Außendurchmesser des Läufers, dies ist bis auf den zweimal zu messenden Luftspalt etwa der kleinste Innendurchmesser des Ständers

• Mit dA kann damit τp angegeben werden. τp = ( π * dA ) / ( 2 * p ) • Die Polbreite wird bp genannt. • Daraus kann die Polbeckung α abgeleitet werden. α = bp / τp.

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• Die Polbedeckung ist ein Maß für die effektive Induktionsspannung in den Ankerspulen und sollte hinsichtlich der induzierten Spannung möglichst groß sein.

• Der Luftspalt wird δ genannt und liegt im Bereich einiger mm. 3.4.2 Luftspaltfeld der Erregerwicklung Zur Verbesserung der Darstellung wird die runde Anordnung der GM abgewickelt. Da sich die Verhältnisse nach jedem Polpaar wiederholen, kann man sich auf ein Polpaar, also p=1 beschränken. Für die Auswertung des magnetischen Feldes wird auf die Normalkomponente des magnetischen Feldes zurückgegriffen. Wenn μFe μ0 , so treten die Feldlinien von der Luft senkrecht in das Eisen ein, d.h. die Forderung nach der Normalkomponente ist erfüllt. Beim Übergang der magnetischen Induktion B, bzw. der magnetischen Feldstärke H gilt:

Die Tangentialkomponenten der magnetischen Feldstärke sind konstant, während bei der magnetischen Induktion die Normalkomponenten konstand sind.

Ht1 = Ht2

Bn1 = Bn2 Das Luftspaltfeld wird aus der geometrischen Abwicklung (exemplarisch) abgeleitet: Tatsächlich liegen keine „sauberen“ Randbedingungen nach obigem Bild vor, sondern beim Übergang vom oder in den Luftspalt liegen etwa Verhältnisse vor, wie sie in folgendem Bild dargestellt sind.

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3.4.3 Ableitung des Luftspaltfeldverlaufes aus der abgewickelten Geometrie Zur Ermittlung des Luftspaltfeldverlaufes wird die Ständer-/Läuferanordnung abgewickelt. Man erhält folgendes Bild. In dieses Bild sind die Erregerwicklung inkl. Stromrichtung, sowie ein Umlaufweg durch eine Pollücke, Ständereisen, Polschuh, Luftspalt und Läufereisen zur Ermittlung des Magnetischen Kreises einzuzeichnen.

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Aus der Felddichte im Luftspalt kann auf den Luftspaltfeldverlaufen geschlossen werden und über die Anwendung des Durchflutungsgesetzes auf den Magnetischen Kreis auf die maximale Größe des Luftspalttfeldes Bmax .

Ein exakteres Ergebnis ist in folgendem Bild dargestellt.

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3.4.4 Zusammenhang zwischen Luftspaltfeld und Erregerstrom Je nach Güte des Eisens in Ständer und Läufer fallen Eisenamperewindungen im Eisen ab, die das Luftspaltfeld verkleinern, bzw. im Gegenzug eine Erhöhung des Erregerstromes erfordern. Mit zunehmendem Erregerstrom tritt zudem Sättigung in Erscheinung, die eine weitere Erhöhung des Erregerstromes zur Aufrechterhaltung eines bestimmten Luftspaltfeldwertes erfordern. Im folgenden Bild ist der Einfluß von Sättigung und Eisen ohne μ Fe = ∞ wiedergegeben.

Der durch eine bestimmte Mantelfläche tretende Fluß φ wird durch Integration des Luftspaltfeldes in axialer und Umfangsrichtung ermittelt. Hierbei ist zu beachten, daß das magnetische Feld abhängig von der Umfangsrichtung, nicht aber von der axialen Länge ist.

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Der Fluß φ kann neben der Berücksichtigung des tatsächlichen Verlaufes des Luftspaltfeldes auch über das mittlere Luftspaltfeld angegeben werden, wobei ein rechteckförmiger Verlauf des Luftspaltfeldes angenommen wird, der in der Pollücke seine Richtung ändert. Die genaueren Verhältnisse sind in folgendem Bild wiedergegeben.

Nachdem das Luftspaltfeld über eine mittleres Luftspaltfeld angegeben werden konnte, kann auch eine idelle Polbedeckung angegeben werden, die in etwa der tatsächlichen Polbedeckung entspricht, mit der der Fluß wiederum über das maximale Luftspaltfeld angegeben werden kann..

Die Selbstinduktivität wird allgemein über folgenden Zusammenhang bestimmt.

Unter der Berücksichtigung, daß der Fluß φ linear vom Spulenstrom abhängig ist (dies setzt voraus, daß keine Sättigung vorliegt) läßt sich die Selbstinduktivität wie folgt angeben.

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3.4.6 Einfluß der Läufernutung auf das Luftspaltfeld

Tatsächlich wird das Luftspaltfeld je nach Weite der Nutenöffnungen des Läufers mehr oder weniger beeinflußt. Im Bereich der Nutöffnungen nimmt das Luftspaltfeld stark ab. Für weite Läufernuten sind die Verhältnisse in folgendem Bild wiedergegeben.

Betrachtet man lediglich eine einzige Nut, kann eine Näherung abgeleitet werden. Die Nutöffnung an einem Luftspalt mit der Weite δ wird durch einen ideellen Luftspalt angenähert, der um den sogenannten Carterfaktor kc größer ist als der geometrisch meßbare Luftspalt δ .

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Im folgenden Bild sind die Verhältnisse links mit einem Läuferstab verdeutlicht und in den rechten Bildern für eine weite und eine fast geschlossene Nut dargestellt. In Bild a) ist der Carterfaktor ungefähr 1.5, im Bild b) fast 1.

3.4.7 Einfluß der Kühlschlitze auf das Luftspaltfeld Ebenso wie in Umfangsrichtung wird das Luftspaltfeld durch Kühlschlitze in radialer Richtung beeinflußt. Dies ist im folgenden Bild dargestellt. Tatsächlich wird aus einem zweidimensionalen Problem ein dreidimensionales. Eine weitere Vereinfachung besteht darin, für die Verhältnisse aufgrund der Kühlschlitze einen weiteren Carterfaktor einzuführen und diesen mit dem Carterfaktor für die Nutung zu multiplizieren. Der geometrische Luftspalt wird durch diese Näherung weiter vergrößert.

3.5 Induzierte Spannung in einer Leiterschleife

Nachdem das Luftspaltfeld durch die Carterfaktoren korrigiert wurde, kann auf die in einer Leiterschleife induzierte Spannung geschlossen werden. Zugrunde liegt folgendes Bild.

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Die Leiterschleife spannt über die 4 Ränder der Leiterschleife (1, 2, 3 und 4) eine Fläche auf, durch die das magnetische Feld tritt. Durch Integration des magnetischen Feldes über die Leiterschleife kann auf den magnetischen Fluß und durch Differentiation des magnetischesn Flusses nach der Zeit auf die induzierte Spannung geschlossen werden.

Das Ergebnis gibt wieder, daß der Verlauf der Spulenspannung dem Verlauf des Luftspaltfeldes entspricht. Der Verlauf zeigt Nulldurchgänge und breite Maxima und ist im folgenden Bild dargestellt. Da die Spule im Erregerfeld umläuft, ist der zeitliche Verlauf aufgrund der Ankerumfangsgeschwindigkeit derselbe.

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3.6 Prinzip der Stromwendung

Gewünscht ist jedoch keine Wechsel-, sondern eine möglichst konstante Ankerspannung. Dies wird dadurch erreicht, daß die Enden der Spule an Lamellen angeschlossen werden, die sich mit dem Läufer drehen. Bürsten, die fest am Ständer angeschlossen sind, sorgen für die Spannungsableitung zu den Klemmen. Nach einem halben Umlauf passieren die Bürsten die Enden der Lamellen, die Spule wird umgepolt, und damit die Spannung der zweiten Halbwelle umgekehrt. Die Spannung an den Klemmen ist bei einer Ankerspule stark pulsierend. Der Zusammenhang ist in folgenden Bildern wiedergegeben.

Durch die Gleichrichtung läßt sich der Mittelwert der Klemmenspannung wie folgt angeben.

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3.7 Läuferwicklung

Tatsächlich wird nicht eine einzige Spule, sondern ein ganzes Spulensystem in den Läufer eingelegt. In der Anfangszeit der Gleichstrommaschinen wurden die Spulen in einer einzigen Schicht als sogenannte Ringwicklung ausgeführt, heute werden die Spulen in zwei Schichten in den Läufer eingelegt. Der Anfang der Spule liegt in der Unterlage, das Ende in der Oberlage, wie aus folgendem Bild zu erkennen.

Eine Wicklung besteht aus Zsp Spulen, die in ZN Nuten eingelegt sind, wobei die Anzahl der Spulen nicht der Anzahl Nuten entsprechen muß. Die Anzahl Spulen pro Pol ist normalerweise größer als 8. Diese Ausführung der Wicklung hat zur Folge

• bessere Ausnutzung der Maschine • höhere Klemmenspannung • weniger pulsierende Klemmenpannung

Die Spulenenden werden am Kommutator, auch Kollektor genannt, an einzelnen Lamellen angelötet. Der Kommutator hat im einfachsten Falle Zsp Lamellen, die gegeneinander mit Zwischenisolation aus Glimmer isoliert sind. Man unterscheidet im wesentlich zwei Wicklungsarten, die

• Schleifenwicklung • Wellenwicklung

Beide Wicklungsarten sind in folgenden Bildern wiedergegeben.

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Im Rahmen dieser Vorlesung werden die Wicklungsarten der Gleichstrommaschine nur grundsätzlich behandelt. Behandelt werden keine Sondermaßnahme, wie z.B.

• gesehnte Wicklungen • mehrgängige Wicklungen ,

die das Betriebsverhalten der Gleichstrommaschine verbessern können. Verwiesen sei hier z.B. auf Germar Müller, Grundlagen Elektrischer Maschinen.

3.7.1 Schleifenwicklung

Die Schleifenwicklung wird so genannt, weil beginnend mit dem Anfang der 1. Spule, welche an einer Lamelle angeschlossen ist, die an einer Bürste liegt, alle Spulen bis zum Ende einer Spule an der nächsten Bürste die Wicklung schleifenförmig durchlaufen werden. Das Ende einer Spule wird direkt mit dem Anfang der nächsten Spule über den gesamten Umfang des Kollektors verbunden. Entsprechend wird die an den Bürsten meßbare Spannung um die Anzahl der von Bürste zu Bürste in Reihe geschalteten Spulen, bezogen auf die in einer Spule induzierte Spannung, vergrößert. Von der nächsten zur übernächsten Bürste wird bezogen auf den ersten Spulensatz eine negative Spannung induziert, aber über die Bürsten umgepolt, und somit parallelgeschaltet. Eingeführt wird die Anzahl paraller Zweige, um die Klemmenspannung anzugeben. Dies sind bei 4 Polen (siehe obiges Bild) 4 parallele Zweige, da der Ankerstrom IA zunächst auf zwei parallel geschaltete Bürsten aufgeteilt und nachfolgend nach links und rechts in ein Spulensystem eingespeist wird.

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3.7.2 Wellenwicklung Die Wellenwicklung hat zunächst einen wesentlich komplizierter erscheinenden Aufbau. Die Wicklung ist entgegen der Schleifenwicklung wellenförmig in den Läufer eingelegt. Eine Spule liegt am Umfang über der Länge eines Polpaares. Das Ende einer Spule endet am Anfang einer Spule des nächsten Polpaares. Nach p Spulen ist ein voller Umlauf des Ankers vollzogen. Die Anzahl paralleler Zweige ist grundsätzlich 2 a = 2 , da der Ankerstrom IA nur nach links und rechts in die Spulensysteme eingespeist wird. Im Prinzip sind nur zwei Bürsten notwendig, aus technischen Gründen kommen jedoch 2 p Bürsten wie bei der Schleifenwicklung zum Einsatz. Aufgrund der Auslegung der Wicklung wird die Wellenwicklung für Maschinen mit niedriger Spannung, aber mit großen Strömen angewendet.

3.8 Ableitung der 1. Hauptgleichung der Gleichstrommaschine; Maschinenkonstante Die Gleichstrommaschine wird formelmäßig im statischen Falle im wesentlichen durch zwei Hauptgleichungen beschrieben, eine für die induzierte Spannung, eine weitere für das Drehmoment. Die induzierte Spannung liegt im stromlosen Fall an den Klemmen einer Gleichstrommaschine an und wird durch mehrere geometrische und wicklungsspezifische Größe, sowei die Ankerumfangsgeschwindigkeit und das mittlere Luftspaltfeld bestimmt. Ersetzt man die mittlere Luftspaltgröße durch einen Ausdruck für den magnetischen Fluß und die Ankerumfangsgeschwindigkeit durch die Drehzahl, so ergibt sich nach einigen Umstellungen:

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Hierin ist CM die sogenannte Maschinenkonstante, die in einigen Büchern auch CU genannt wird. Im Rahmen dieser Vorlesung wird nur die Maschinenkonstante angewandt. Die induzierte Spannung ist proportional dem magnetischen Fluß und der Drehzahl des Läufers.

Fließt der Ankerstrom, so muß die Ankerspannung wie folgt vergrößert werden. Hieraus kann nachfolgend das Ersatzschaltbild abgeleitet werden.

3.9 Erste Energiebilanz Über die Spannungsgleichung kann durch Multiplikation mit dem Ankerstrom eine erste Leistungsbilanz ohne einige Verluste gezogen werden, die auf die innere Leistung schließen läßt, die wiederum einen Schluß auf das Drehmoment an der Welle der Gleichstrommaschine zuläßt.

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3.10 Ableitung der 2. Hauptgleichung der Gleichstrommaschine; Drehzahl-Drehmoment- Verhalten

Aus dem Zusammenhang zwischen innerer Leistung und Drehmoment kann die zweite Hauptgleichung der Gleichstrommaschine abgeleitet werden.

Das Drehmoment ist proportional dem magnetischen Fluß und dem Ankerstrom der Gleichstrommaschine. Die Proportionalitätskonstante ergibt sich als Maschinenkonstante (aus der 1. Hauptgleichung) dividiert durch 2 * π. Aus der 2. Hauptgleichung kann durch Umformung des Ankerstromes über die Spannungsdifferenz zwischen Klemmenspannung und induzierter Spannung dividiert durch den Ankerwiderstand, sowie Einsatz der 1. Hauptgleichung für die induzierte Spannung ein Ausdruck für die Drehzahl in Abhängigkeit vom Belastungsmoment abgeleitet werden. Trägt man bei konstantem gegebenem Fluß die Drehzahl über dem Drehmoment auf, so erhält man ein Diagramm, das das sogenannte Nebenschlußverhalten darstellt.

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3.11 Drehrichtung Neben den beiden Hauptgleichungen und einem Ausdruck für das Drehzahl-Drehmoment-Verhalten ist auch die Kenntnis der Drehrichtung wichtig. Über folgendes Bild ist die Drehrichtung angebbar. Bf stellt die Richtung des Erregerfeldes, IA die Richtung des Ankerstromes dar. Die Wicklungsrichtung ist so definiert, daß die Läuferwindungen im oberen Bereich aus-, im unteren Bereich eintreten, sodaß ein Ankerquerfeld in Richtung des Ankerstromes entsteht.

Es ergibt sich eine Rechtsdrehung des Ankers, im Motorbetrieb ein Drehmoment in dieselbe Richtung. Als Regel gilt:

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Dreht man IA auf kürzestem Wege in die Richtung von Bf (und damit If), so entspricht die Drehrichtung der Zeiger der Drehrichtung des Motors und damit des Drehmoments.

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3.12 Ersatzschaltbild

Alle bisherigen Gleichungen wurden für den (quasi)statischen Betriebsfall hergeleitet. Somit traten keine Induktivitäten in Erscheinung. Das Ersatzschaltbild ist entsprechend einfach und besteht lediglich aus Klemmenspannung, Ankerwiderstand und induzierter Spannung. Je nach Betriebsfall ist der Ankerstrom, bezogen auf das Verbraucher-Zählpfeil-System positiv oder negativ.

Es gilt:

3.13 Vierquadrantenbetrieb Je nach Richtung (bzw. Größe) von Klemmenspannung, Ankerstrom und Erregerfluß ergeben sich unterschiedliche Betriebszustände, die im Vierquadrantensystem dargestellt werden können. Man spricht von Vierquadrantenbetrieb, in dem die Drehzahl aufgrund der Einstellparameter positiv oder negativ, sowie Motor- oder Generatorbetrieb vorliegen kann.

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3.14 Schaltungsarten und Anschlußbezeichnungen

Neben der Erreger- und der Läufer-(Anker-)wicklung sind normalerweise in der Gleichstrommaschine weitere Wicklungen eingebaut, um das Betriebsverhalten zu verbessern. Diese werden im folgenden näher erläutert. Die Anschlußbezeichnungen sind:

Die Erregerwicklung kann als Reihenschluß-, Nebenschluß- oder fremderregte Wicklung ausgelegt sein. Die verschiedenen Schaltungsarten sind im folgenden dargestellt.

3.14.1 Fremderregte Gleichstrommaschine

Die Schaltung der fremderregten Gleichstrommaschine ist im nächsten Bild dargestellt. Für die Speisung des Anker- und des Erregerkreises sind zwei unterschiedliche Speisespannungen erforderlich, somit können Ankerstrom und Erregerfeld nahezu getrennt eingestellt werden.

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3.14.2 Nebenschlußmaschine

Im Gegensatz zur fremderregten Gleichstrommaschine ist der Erregerkreis parallel zur Ankerspannung geschaltet. Das Erregerfeld wird über die Klemmenspannung des Ankerkreises mitgesteuert. Es ist keine weitere Spannungsquelle erforderlich.

3.14.3 Reihenschlußmaschine

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Bei der Reihenschlußmaschine ist die Erregerwicklung in Reihe mit dem Läuferkreis geschaltet. Entsprechend ist der Erregerstrom sehr groß. Die Erregerwicklung muß entsprechend ausgelegt werden, wenige Windungen mit großem Querschnitt. Fließt kein Ankerstrom, so ist keine Erregung vorhanden !

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3.14.4 Doppelschlußmaschine Die Doppelschlußmaschine verfügt über zwei separate Erregerwicklungen, eine fremderregte und eine Reihenschlußwicklung. Somit kann über die fremderregte Wicklung der erregerfeldfreie Zustand vermieden werden.

3.15 Ankerrückwirkung

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Bisher wurde davon ausgegangen, daß der Läufer keinen Einfluß auf das Erregerfeld hat. Tatächlich baut der Läufer ein eigenes Magnetfeld, das sogenannte Ankerquerfeld auf, das das Erregerfeld beeinflußt. 3.15.1 Einführung des Ankerstrombelages Zur Herleitung des Ankerquerfeldes wird zur Vereinfachung der Herleitung der Ankerstrombelag hergeleitet, um nicht das Feld aufgrund jedes einzelnen Läuferstabes am Umfang des Läufers berücksichtigen zu müssen. In einer Läufernut liegen Nsp Leiter, die den Strom Isp führen. Somit ist in der Nut die Gesamtdurchflutung ΘNut. wirksam. Diese Gesamtdurchflutung ist nur im Bereich der Nut wirksam, im Bereich des Zahnes ist keine Durchflutung vorhanden. Dieser Zustand kann derart angenähert werden, indem man sich die Gesamtdurchflutung über die Nutteilung als Ankerstrombelag verteilt denkt.

Der Ankerstrombelag ist bei der Gleichstrommaschine keine Funktion von der Zeit, sondern konstant. und zwischen zwei Bürsten keine Funktion vom Ort.

So wie der Ankerstrombelag über einer Nutteilung gedacht wird, kann der Strombelag auch über eine Reihe von Nutteilungen wirken. Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Die Verhältnisse sind in folgendem Bild dargestellt. Stromrichtung und Ankerstrombelag müssen eingezeichnet werden.

Damit sind die Grundlagen für eine einfache Herleitung des Ankerquerfeldes gegeben.

3.15.2 Luftspaltfeld des Läufers

Der magnetische Spannungsabfall über dem Luftspalt ergibt sich zu:

Dies wird wie folgt hergeleitet:

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Zur Anwendung kommt das Durchflutungsgesetz und liefert:

Aus einer linearen Ankerstromverteilung ergibt sich ein linear an- und absteigendes Ankerquerfeld. 3.15.3 Herleitung des resultierenden Luftspaltfeldes Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Eine genauere Darstellung ist in folgenden Bildern wiedergegeben.

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Erregerfeld

Läuferfeld (Ankerquerfeld) resultierendes Luftspaltfeld Das resultierende Luftspaltfeld ergibt sich als Summe des Erregerfeldes und des Ankerquerfeldes.

Bei genauer Analyse des resultierenden Luftspaltfeldes ergibt sich:

• Das Luftspaltfeld ist im Bereich der Pollücke (der Bürsten) ungleich 0. • Das Luftspaltfeld ist im Bereich der Hauptpole nicht mehr konstant. • Das Luftspaltfeld kann bei entsprechend großem Erreger- oder Ankerstrom

sehr große Werte annehmen.

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3.16 Interpretation des resultierenden Luftspaltfeldes; Auswirkungen auf den Betrieb Die Konsequenzen aus dem resultierenden Feldverlauf aufgrund der Ankerrückwirkung sind:

• Erhöhte maximale Stegspannung (Spannung zwischen zwei Stegen) • Verschiebung der neutralen Zone um einen Winkel β • Verkleinerung des Flusses bei Berücksichtigung der Eisensättigung

Die einzelnen Auswirkungen: 1. Erhöhte Stegspannung

Die Zeitfunktion der induzierten Spannung in einer Spule entspricht der Ortsfunktion der Flußdichte. Aufgrund des gegenüber Leerlauf erhöhtem Maximalwert der Flußdichte ergibt sich die höhere maximale Stegspannung

Bei zu hoher Stegspannung entsteht ein Lichtbogen zwischen den Stegen, der auch bei kleiner Spannung nicht erlischt. Diese Erscheinung wird Rundfeuer genannt und führt zu einem Kurzschluß zwischen den Bürsten. Erfahrungswerte der höchstzulässigen Stegspannung sind bis zu 50 V bei kleinen Maschinen, etwa 35 V bei mittleren und 25-30 V bei großen Maschinen. Als Maßnahme zur Beseitigung der Erhöhung der Stegspannung wird die Kompensationswicklung zugeschaltet.

2. Verschiebung der neutralen Zone aus der Mitte der Pollücke

Als Konsequenz ergibt sich, daß zum Zeitpunkt der Stromwendung, d.h. wenn die Bürste gerade über zwei Lamellen (Stege) gleichzeitig streicht, in der kurzgeschlossenen Spule eine Spannung induziert wird. Dies führt zu Kurzschlußströmen in der kurzgeschlossenen Spule. Beim Auftreten des Kurzschlusses entsteht eine Schaltlichtbogen, der als Funken erkennbar ist, und als Bürstenfeuer bezeichnet wird. Das Bürstenfeuer führt zum frühzeitigen Abbau der Kohlen. Als Maßnahme zur Beseitigung der Verschiebung der neutralen Zone werden Wendepole zugeschaltet.

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3. Verkleinerung des Flusses bei Berücksichtigung der Eisensättigung

Ohne Berücksichtigung der Eisensättigung liefert das Ankerquerfeld keinen Beitrag zum Fluß zwischen zwei Bürsten, da der negative und positive Anteil sich aufheben. Bei Berücksichtigung der Eisensättigung findet wegen der Sättigung an der Kante mit den hohen Flußdichtewerten eine Flußminderung und damit eine Minderung der induzierten Spannung statt. Als Gegenmaßnahme werden die Kompensation und/oder die Kompoundwicklung zugeschaltet.

3.17 Korrekturmaßnahmen durch Zusatzwicklungen Als Korrekturmaßnahmen werden Kompensations-, Kompound- und Wendepolwicklung in die Maschine eingebaut. 3.17.1 Kompensationswicklung Die Kompensationswicklung soll die Auswirkung der Ankerrückwirkung unter den Hauptpolen kompensieren, was der Vergleichmäßigung der Stegspannung und der Verminderung der Flußminderung bei wechselndem Ankerstrom dient.

Die Kompensationswicklung ist nach obigem Bild in den Nuten des Hauptpols untergebracht und wird vom Ankerstrom derart durchflossen, daß die gemeinsame Durchflutung von Anker und Kompensationswicklung unter dem Hauptpol wieder zu Null wird. Dies hat zur Folge, daß der Flußdichteverlauf sich wieder dem bei Leerlauf nähert, eine Kraftwirkung wird nicht unterbunden, da der Strom im Anker nach wie Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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vor fließt und somit durch Erregerfeld und Ankerstrom weiter eine Kraftwirkung auf den Anker entsteht. Die Kompensationswicklung ist relativ aufwendig und wird daher nur bei sehr großen Maschinen oder bei Maschinen mit besonderen Anforderungen, z.B. Gefährdung der Arbeitsfähigkeit bei Feldschwächung, eingesetzt. 3.17.2 Kompoundwicklung Die Kompoundwicklung beseitigt die Ankerrückwirkung nur bezüglich der Flußminderung under den Hauptpolen. Sie ist zusätzlich zur Erregerwicklung auf den Hauptpolen (nicht in den Polschuhen wie bei der Kompensationswicklung) untergebracht und wird vom Ankerstrom durchflossen. Hierdurch verstärkt sie lastabhängig die Durchflutung der Erregerwicklung.

Aufgrund der Sättigung kann je nach Stärke des Ankerstromes (der Belastung) die Anhebung der Flußdichte im Bereich großer Flußdichtewerte wieder aufgehoben werden, was bei gewissen Lasten wie bei der Kompensationswicklung wieder nahezu zu den Flußdichteverläufen wie bei Leerlauf führen kann.

Die Kompoundwicklung wird häufig auch oder besser als Zusatzreihenschluß-wicklung bezeichnet.

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3.17.3 Wendepole; Kommutierung Vor der Funktionsbeschreibung der Wendepole muß zunächst die Kommutierung, d.h. das Verhalten des Ankerspulenstromes beim Wechseln der Bürste von einem Steg zum andern analysiert werden. Die Wendepole sollen den Feldverlauf im Bereich der Pollücke korrigieren und sind daher von der Kommutierung geprägt, da die Bürsten im Bereich der Pollücke angeordnet sind. 3.18.1 Kommutierung Kommutierung oder Stromwendung bedeutet, daß der Spulenstrom nach dem untenstehenden Bild seine Richtung wechseln muß. Der Wechsel erfolgt in der Zeit tk , der sogenannten Kommutierungszeit, in welcher die Spule über die Lamellen(Stege) durch die Kohlebürsten kurzgeschlossen wird.

Dieser Vorgang wird anhand des unteren Bildes für die Schleifenwicklung erklärt. Im unteren Bild bewegt sich der Anker derart, daß die Bürste beginnend mit der Lage auf der Lamelle 16 über die Lamellen 1, 2 und 3 wechselt. Beim Wechsel von Lamelle 16 zur Lamelle 1 wechselt der Spulenstrom seine Richtung. Während dieser Übergangszeit überbrückt die Bürste die Lamellen 16 und 1 durch einen Kurzschluß, im nächsten Schritt die Lamellen 1 und 2, 2 und 3, usw. . Aus diesem Vorgang kann die Kommutierungszeit abgeleitet werden.

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Der Verlauf des Spulenstromes beim Übergang von Lamelle 16 zur Lamelle 1 in obigem Beispiel ist jedoch aufgrund unterschiedlicher elektrotechnischer Vorgänge sehr unterschiedlich. Zunächst kann der Verlauf bei Vernachlässigung aller induzierten Spannungen und bei Vernachlässigung des Spulenwiderstandes im Vergleich zum Übergangswiderstand zwischen Lamelle und Bürste als linearer Verlauf zwischen den Zeitpunkten t2 und t3 angenommen werden

Man spricht von der linearen oder Ohm'schen Stromwendung. Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Denkbar sind jedoch auch die verzögerte Stromwendung, auch Unterkommutierung genannt (im Bild mit VSW bezeichnet), und die beschleunigte Stromwendung, auch Überkommutierung genannt (im Bild mit BSW bezeichnet). Ist die Stromwendung nicht zum richtigen Zeitpunkt beendet, d.h. entspricht der Spulenstromverlauf zum Zeitpunkt t3 nicht dem aufgeprägten Spulenstrom nach der Kommutierung, erfolgt ein sprunghafter Ausgleich über einen Lichtbogen, d.h. Funkenbildung an der Bürste mit Angriff der Bürste und der Kommutatoroberfläche. Dies muß verhindert werden. Folgende induzierten Spannungen wirken der Stromwendung entgegen: 1. Die Stromwende- oder auch Reaktanzspannung ur entsteht aufgrund der

Selbstinduktivität Lsp der Ankerspule.

2. Die Querfeld-, Wendefeld- oder Bewegungsspannung uw ergibt sich aufgrund

der Bewegung des Ankers mit der Ankergeschwindigkeit vA und der Flußdichte im Bereich der Pollücke, die aufgrund der Ankerrückwirkung nicht mehr Null ist.

Um diesen beiden Spannungen entgegenzuwirken, muß die Induktion einer Spannung mit umgekehrtem Vorzeichen erzwungen werden. Dies führt zum Einbau von Wendepolen, die vom Ankerstrom durchflossen werden und in der Neutralen Zone angeordnet werden.

3.18.2 Wendepole Die Wendepole sind in der Neutralen Zone untergebracht. Die Windungszahl wird so gewählt, daß die Stromwendespannung und die Querfeldspannung zu Null kompensiert werden kann. In der Praxis werden die Spannung überkompensiert, was einer Beschleunigung der Kommutierung gleichkommt. Hierdurch tritt ein Ankerquerfeld in umgekehrter als ursprünglicher Richtung auf.

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Die Wirkungsweise der Wendepole kann an untenstehenden Feldverläufen nachverfolgt werden.

3.18.3 Bürstenverschiebung Bei kleinen Maschinen ist der Einbau von Wendepolen häufig nicht möglich. Um der Verschiebung des Flußdichtenulldurchgangs aus der Neutralen Zone zu begegnen, kann dies auch durch Verschiebung der Bürsten aus der Neutralen Zone korrigiert werden. Hierdurch wird ein ähnliches, aber last- und insbesondere drehrichtungsabhängiges, Verhalten wie bei Wendepolen erzielt. Aufgrund der Lastabhängigkeit wählt man eine mittlere Verschiebung und die Hauptdrehrichtung.

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3.19 Auswirkungen der Zusatzwicklungen auf das resultierende Luftspaltfeld

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In untenstehehendem Bild sind die Auswirkungen nochmals exakter dargestellt.

3.19.1 Aufbau der Gleichstrommaschine mit allen Zusatzwicklungen

Die vollständige Gleichstrommaschine mit allen Spulensystemen besteht aus:

1 - Statorjoch 2 - Hauptpol 3 - Erregerspulensystem (auch mit Kompoundwicklung) 4 - Anker 5 - Ankerwicklung 6 - Kommutator 7 - Bürsten 8 - Wendepole 9 - Wendepolwicklung 10 - Kompensationswicklung

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3.20 Gleichstrommaschine mit Permanentmagneten Neben der Ausführung mit Spulensystemen ist auch eine Erregung durch Permanentmagneten, insbesondere bei kleinen Maschinen, denkbar. Die Vorteile liegen in folgenden Punkten begründet:

• Einsparen von Wicklungskupfer • Keine Stromwärmeverluste in der Erregerwicklung • Guter Wirkungsgrad aufgrund fehlender Erregerstromwärmeverluste • Wegfall der Speisequelle für die Erregerwicklung • Einfacher Aufbau • Erregersystem ist immer durchflutet, einfacherer Einschaltvorgang

Der Feldverlauf ist ähnlich, wenn man sich die Magneten durch Pole mit Spulensystemen ersetzt denkt. Permanentmagneten werden insbesondere, d.h. fast ausschließlich in kleinen Gleichstrommaschinen angewendet. Da μr beim Dauermagneten ungefähr 1 ist, ergibt sich praktisch fast keine Ankerrückwirkung, da der wirksame Luftspalt zur Bestimmung der Flußdichte des Ankers größer wird.

3.21 Weitere Verluste; Wirkungsgrad Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Bereits in einem vorangegangenen Kapitel wurde kurz auf den Wirkungsgrad eingegangen. Neben den Stromwärmeverlusten treten jedoch noch weitere Verluste in Erscheinung. Eisenverluste entstehen durch die Ummagnetisierung im Läufereisen. Die Ummagnetisierung erfolgt mit einer Frequenz, die durch Drehzahl und Polpaarzahl bestimmt wird. Eisenverluste spalten sich auf in Wirbelstromverluste vW und Hystereseverluste vH. Die Verluste sind jeweils auf das Volumen bezogen, was durch die kleine Schreibweise von v gekennzeichnet wird. Für die Wirbelstromverluste gilt näherungsweise:

vW = KW * d2 * f2 * B2 ,

wobei d die Dicke des Eisens und B der Scheitelwert der Flußdichte ist, KW charakterisiert die Blechqualität. Zur Verminderung der Wirbelstromverluste wird das Läufereisen aus gegeneinander isolierten dünnen Blechen (Isolation aus Papier, Lack, Oxidschicht) geschichtet; die Dicke der Elektrobleche beträgt zwischen 0,35 und 0,7 mm. Die Hystereseverluste hängen von der Gestalt der Hystereseschleife ab (eingeschlossene Fläche ist proportional der pro Ummagnetisierung notwendigen Arbeit). Für die Hystereseverluste gilt näherungsweise:

VH = KH * f * B2 , wobei KH die Blechqualität charakterisiert. Die Magnetisierungsverluste P1,5 und P1,0 sind wichtige Größen zur Kennzeichnung der Qualität eines Dynamoblechs: angegeben wird die spezifische Verlustleistung bei f=50 Hz und einem Scheitelwert der Flußdichte von 1,5 bzw. 1,0 T der sinusförmigen Induktion. P 1,0 liegt im Elektromaschinenbau zwischen 1,5 bis 6 W pro kg.

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Wirkungsgrad Der Wirkungsgrad einer Anlage kann verschieden angegeben werden, je nachdem ob er das Verhalten einer Anlage zum gegenwärtigen Zeitpunkt oder über die Energiebilanz in einem Zyklus angibt. Bei Maschinen bietet sich die Leistungsbilanz zu einem Zeitaugenblick an.

Unter Pab ist diejenige Leistung zu verstehen, die die Maschine entweder als mechanische Leistung an der Welle oder als elektrische Leistung an das Netz abgibt. Pauf berücksichtigt alle aufzubringenden Leistungen. Insbesondere bei fremderregten Schaltungen im Generatorbetrieb ist auf die Berücksichtigung aller Leistungen zu achten. Im einfachsten Fall läßt sich der Wirkungsgrad bei Berücksichtigung von PV als Summe aller Verluste wie folgt angeben.

Bei exakter Berücksichtigung aller Umstände und Schaltungen ergeben sich andere Formeln.

η hängt wesentlich von der Maschinengröße ab. Anhaltswerte bei Nennlast sind etwa:

Leistung Wirkungsgrad η 1 kW 0,75 10 kW 0,88 100 kW 0,92 1000 kW 0,95

Der Wirkungsgrad kann entweder relativ exakt durch Messung von aufgenommener und abgegebener Leistung (Bremsung) oder weniger exakt durch Bestimmung der Summe der Einzelverluste bestimmt werden. Aufteilung der Verluste in Einzelverluste:

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• Mechanische Verluste (Reibungsverluste) PVR durch Lagerreibung, Bürsten-

Kollektor-Reibung und Luftreibung des Ankers, aber insbesondere auch des Lüfters

• Eisenverluste PVfe Reibungs- und Eisenverluste sind weitestgehend belastungsunabhängig. • Stromwärmeverluste (Kupfer- oder Wicklungsverluste) im Anker- und

Erregerkreis, aber auch den Kompensations-, Kompound- und Wendepolwicklungen.

• Bürstenverluste. Da eine Kohlebürste sich ähnlich wie eine Diode verhält, fallen die Bürsten meist mit einer Spannung von etwa 2 V ins Gewicht, die Bürstenübergangsverluste treten als Multiplikation der Bürstenübergangsspannung mit dem Ankerstrom in Erscheinung (UB * IA)

• Alle weiteren, nicht näher bezifferbaren Verluste, wie z.B. Wirbelstromverluste im Gehäuse der Maschine, Oberwellenverluste, etc. werden pauschalisiert oder überschlagsmäßig bei Nennlast angegeben.

Reibungs-, Erreger-, Eisenverluste und Stromwärmeverluste lassen sich häufig in folgendem Verhältnis angeben: Reibungsverluste : Erregerverluste : Eisenverluste : Stromwärmeverluste 1 : 1 : 2 : 4 Unter Nennleistung wird beim Motor die abgegebene mechanische Leistung im Nennbetrieb verstanden. Unter Nennleistung wird beim Generator die abgegebene elektrische Leistung im Nennbetrieb verstanden. Die Leistungsbilanz kann wie folgt aufgestellt werden: Aus dem Spannungsumlauf über den Ankerkreis folgt im VZS:

U = Ui + IA * RA

PA = U * IA = Ui * IA + IA2 * RA

Die vom Ankerkreis aus dem Netz aufgenommene Leistung PA teilt sich auf in die innere Leistung Pi = Ui * IA und die Stromwärmeverluste PVA = IA2 * RA im Ankerkreis. Die innere Leistung wiederum teilt sich auf in die abgegebene Leistung, die Reibungsverluste und die Eisenverluste.

Pi = Pab + PVR + PVfe

Bei den folgenden Betrachtungen soll häufig bei Vernachlässigung von Eisen- und Reibungsverlusten in Näherung gelten:

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Pi = Pab = P

Die Leistungsbilanz kann zur Verdeutlichung auch graphisch dargestellt werden:

Die Indizes entsprechen nicht der Schreibweise im Vorlesungsskript.

3.22 Selbsterregungsvorgang beim Nebenschlußgenerator Betreibt man die Nebenschlußmaschine als Generator, steht kein separates Spannungssystem zur Verfügung, um die Erregung sicherzustellen. Die Erregerspulen werden vielmehr direkt mit den Klemmen der Maschine verbunden. Der durch die Rotation induzierte Ankerstrom teilt sich auf in den Erregerstrom und den Laststrom. Betrachtet man die Maschine zunächst als unbelastet, entspricht der Erregerstrom dem Ankerstrom.

(Bild an der Tafel)

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Nach erstmaliger Aufmagnetisierung ist Remanenzmagnetismus und damit ein schwaches Luftspaltfeld immer vorhanden. Bei konstanter Drehzahl n folgt: • Eine sogenannte Remanzspannung, die sich ergibt, da bereits ohne fließenden

Erregerstrom ein schwaches Luftspaltfeld für eine induzierte Spannung sorgt. • Infolge der Remanenzspannung kommt es zu einem Ankerstrom, der das

Luftspaltfeld verstärkt. • Hieraus wiederum resultiert eine größere induzierte Spannung. • Die höhere induzierte Spannung vergrößert den Ankerstrom. • Dieser Vorgang wiederholt sich bis zum Arbeitspunkt.

Der Arbeitspunkt stellt sich bei unbelasteter Maschine (I=0) über die Beziehung

U = Ui = If * Rf

Hierbei wird der Ankerwiderstand gegenüber dem Erregerwiderstand vernachlässigt. Der Arbeitspunkt kann über die Änderung der Drehzahl (induzierte Spannung) oder des Erregerwiderstandes (mit Vorwiderstand) verändert werden. Durch schlechte Wahl von Drehzahl oder Erregerwiderstand können sich kritische Zustände ergeben, die einen springenden oder keinen Arbeitspunkt mehr ermöglichen. Der Beginn des kritischen Zustandes ergibt sich, wenn die durch den Widerstand vorgegebene Arbeitsgerade eine Tangente an die Kurve der induzierten Spannung in Abhängigkeit vom Erregerstrom darstellt. 3.23 Betriebsverhalten von Gleichstromgeneratoren

mit Nebenschlußverhalten bei Betrieb mit konstanter Drehzahl

Bei Vernachlässigung der Ankerrückwirkung hat der Ankerkreis keinen Einfluß auf den Erregerfluß. Wenn die Drehzahl konstant ist, ist auch die induzierte Spannung konstant.

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Die Klemmenspannung nimmt aufgrund des Ankerstromes linear ab (Nebenschlußverhalten). Infolge der Ankerrückwirkung nimmt die Klemmenspannung schneller ab. Dies muß (kann) durch eine Zusatzreihenschlußwicklung, geschaltet wie die Wendepolwicklung kompensiert werden.

3.24 Betriebsverhalten von Gleichstrommaschinen bei Betrieb am Netz starrer Spannungen

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3.25 Möglichkeiten der Drehzahlstellung von Gleichstrommaschinen Die Dhrezahl-Drehmomentlinie hängt wesentlich von der Last ab.

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Die Drehzahl kann über folgende Möglichkeiten beeinflußt werden:

1. Änderung des Ankerwiderstandes durch Einführung eines Vorwiderstandes 2. Änderung des Erregerflusses 3. Änderung der Ankerspannung UA

Grundlage für die Berechung der Drehzahlbeeinflussung ist:

Durch Vorwiderstände wird der zweite Term beeinflußt, indem die Verluste vergrößert werden. Diese Drehzahlbeeinflussung ist nicht für Dauerbetrieb geeignet, zudem kann die Drehzahl nur verkleinert werden.

Über die Ankerspannung kann gezielt der 1. Term beeinflußt werden. Die Erhöhung der Ankerspannung ist durch die maximal zulässige Spannung begrenzt.

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Durch Feldschwächung werden beide Terme beeinflußt, der zweit überwiegt jedoch durch das quadratische Eingehen des Flußminderung. Durch Flußminderung wird die Leerlaufdrehzahl angehoben, wobei die Kennlinie jedoch mit größerer Steigung abfällt. 3.26 Besondere Betriebszustände der

Gleichstrommaschine Der stationäre Betriebszustand der Gleichstrommaschine kann nur aus dem Stillstand heraus oder durch Drehzahländerung verändert werden. Man unterscheidet die Betriebszustände Anlassen, Drehzahlsteuerung und Bremsen. Im Betrieb sind unterschiedliche Antriebsaufgaben zu erfüllen.

3.26.1 Anlassen Die Gleichstrommaschine kann aus dem Stillstand heraus nicht ohne weiteres eingeschaltet werden, da aufgrund der fehlenden Ankerdrehung keine induzierte Spannung vorhanden ist und somit der Ankerstrom nur durch den Ankerwiderstand begrenzt wird. Um den Ankerstrom nicht unzulässig ansteigen zu lassen, müssen Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Vorwiderstände in den Ankerkreis geschaltet werden, um den Ankerstrom im Stillstand auf zulässige Werte zu reduzieren. 3.26.1.1 Einschalten Beim Einschalten ist zusätzlich darauf zu achten, daß zuerst das Erregerfeld aufgebaut wird, indem erst der Erregerstrom und nachfolgend der Ankerkreis eingeschaltet wird. Ohne Erregerfeld wird der Ankerstrom nur durch die Restremanenz reduziert. 3.26.1.2 Anfahren über Widerstandskaskade Mit einem einzigen Vorwiderstand im Ankerkreis wird die Maschine mit reduziertem Ankerstrom, aber i.a. langsam zum Arbeitspunkt hochfahren. Nach der Erreichung dieses Arbeitspunktes (inklusive Vorwiderstand) kann der Vorwiderstand abgeschaltet werden. Um den Arbeitspunkt schneller zu erreichen, kann der eine Ankervorwiderstand als Widerstandskaskade ausgeführt werden, indem der eine Ankervorwiderstand mit mehreren Abgriffen versehen wird, deren Position vorher berechnet werden muß.

Zur Auslegung der Widerstandskaskade wird zunächst der Gesamtwiderstand derart ermittelt, daß der zulässige Ankerstrom im Einschaltmoment eingehalten wird. Alle weiteren Widerstandsabgriffe werden über einen Umschaltstrom bestimmt, der eine weitere Regel zur Bestimmung der Widerstandsabgriffe ergibt: Die am Gesamtvorwiderstand beim Umschaltstrom abgefallene Spannung muß dem nächstkleineren Widerstand entsprechen, der sich wieder mit dem zulässigen Ankerstrom ergibt. Diese Regel läßt sich auf alle weiteren Abgriffe anwenden. 3.26.2 Bremsen Um die Maschine zum Stillstand zu bringen, sind verschiedene Möglichkeiten vorhanden. Zu unterscheiden sind einfaches Abschalten, Nutz-, Widerstands- und Gegenstrombremsung. Beim Abschalten ist zu unterscheiden zwischen dem alleinigen Abschalten der Ankerspannung und zusätzlich der Erregerspannung. Beläßt man die Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Erregerspannung, kommt die Maschine schneller zum Stillstand, da u.a. durch Reluktanzkräfte der Läufer quasi festgehalten wird. 3.26.2.1 Nutzbremsung Der Bremsvorgang hat zur Aufgabe, die Maschine zum Stillstand zu bringen, dabei geht im allgemeinen die Rotationsenergie des sich drehenden Maschinensatzes (Läufer, etc.) in Wärme über. Unter Nutzbremsung wird verstanden, daß diese Rotationsenergie wieder ins Netz zurückgespeist wird. Ohne Drehzahlerhöhung kann bei Verringerung der Klemmenspannung (des Netzes) Energie zurückgewonnen werden. Ansonsten kann mechanische Energie wieder in elektrische zurückgewonnen werden, wenn z.B. bei Talfahrt eines Fahrzeugs eine Drehzahlerhöhung erfolgt.

3.26.2.2 Widerstandsbremsung Bei der Widerstandsbremsung wird die Rotationsenergie in Wärme umgewandelt. Hierzu wird an den Ankerklemmen statt der Klemmenspannung ein Widerstand aufgeschaltet, die induzierte Spannung wird zur einzigen Spannungsquelle und kehrt die Richtung des Ankerstromes um. Der Bremswiderstand an den Klemmen muß über den maximal zulässigen Ankerstrom definiert werden. Die Maschine erreicht relativ den Stillstand. 3.26.2.3 Gegenstrombremsung Um die Zeit bis zum Stillstand weiter zu verkürzen, kann statt des Widerstandes an den Ankerklemmen die Ankerklemmenspannung umgekehrt werden. Hierzu ist ein größerer Vorwiderstand als bei Widerstandsbremsung in den Ankerkreis einzuschalten, da zusätzlich zur induzierten Spannung des Ankers sich die Spannung an den Ankerklemmen addiert. Bei der Gegenstrombremsung würde die Gleichstrommaschine sehr schnell den Stillstand erreichen, danach aber wieder selbständig bei umgekehrter Drehrichtung die vorherige Drehzahl erreichen. Um die Gegenstrombremsung sinnvoll anwenden zu können, muß der Stillstand oder das Erreichen der umgekehrten Drehrichtung erkannt werden und umgehend die Klemmenspannung abgeschaltet werden. Prof. Dr. Bernd Aschendorf FB 3

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Bei Widerstands- und Gegenstrombremsung werden die elektrischen Eigenschaften der Gleichstrommaschine genutzt, daher darf die Erregerspannung erst nach dem Stillstand abgeschaltet werden. 3.27 Einsatz von Gleichstrommaschinen Zusammengefaßt läßt sich festhalten, daß Gleichstrommaschinen in der heutigen Zeit der Stromrichter hauptsächlich als Motor eingesetzt werden. Dort, wo Gleichspannungsnetze vorhanden sind oder Gleichspannungen über Gleichrichter leicht erzeugt werden können, bieten sich Gleichstrommaschinen aufgrund ihrer einfachen Drehzahlstellung an. Klassische Einsatzgebiete sind Fördermotoren in Schachtanlagen, Walzwerksmotoren, Propellermotoren in Schiffen, etc. , modernere Anwendungen sind Werkzeugmaschinen, Papiermaschinen und Textilmaschinen. Aufgrund der immer stärker aufkommenden Automatisierungstechnik werden Gleichstrommaschinen in ihren Abmessungen immer kleiner, neuere Anwendungsgebiete sind Stellmotoren für Vorschübe, Industrieroboter, Schreib- und Drucktechnik, Phono- und Videotechnik, Tachogeneratoren. Gleichwohl werden Gleichstrommaschinen mehr und mehr von Schritt-, Servo- und bürstenlosen Gleichstrommotoren (Synchronmotoren mit Frequenzumrichter) abgelöst. 3.28 Gleichstrommaschine mit Reihenschlußerregung Nebenschluß- und fremderregte Gleichstrommaschinen sind geprägt durch nahezu konstante Drehzahl bei variabler Belastung. In der Fahrzeugtechnik werden Motoren benötigt, die im Stillstand ein sehr hohes Anfahrmoment bereitstellen. Hierfür bieten sich Reihenschlußmaschinen an.

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3.28.1 Herleitung und Betrieb Bei der Reihenschlußmaschine liegt der Erregerkreis in Reihe mit dem Ankerkreis und wird vom Ankerstrom durchflossen. Somit entspricht der Erregerstrom direkt dem Ankerstrom, damit ist aber auch der Erregerfluß direkt vom Ankerstrom abhängig.

Im Rahmen der Herleitung ist zu berücksichtigen, ob sich die Maschine in Sättigung befindet oder nur gering ausgesteuert wird. Bei kleinen Ankerströmen gilt:

Daher ergibt sich, daß das Drehmoment quadratisch vom Ankerstrom abhängig ist, d.h. bei zulässigem Ankerstrom ist im Anlauf ein sehr großes Drehmoment möglich. Als Drehzahl-Drehmomentverhalten ergibt sich:

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Im Bereich der Sättigung, d.h. bei sehr großen Ankerströmen, nimmt der Erregerfluß nicht mehr weiter zu. Das Verhalten ähnelt sehr einer Nebenschlußmaschine. 3.28.2 Möglichkeiten der Drehzahlstellung Die Drehzahlstellung kann wie bei der Nebenschlußmaschine über Ankervorwiderstand, Feldschwächung und Änderung der Klemmenspannung erfolgen. Auch eine Widerstandskaskade kann statt eines statischen Ankervorwiderstandes geschaltet werden.

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3.29 Dynamisches Verhalten von Gleichstrommaschinen Alle bislang ermittelten Formeln gelten nur im stationären Betrieb, d.h. wenn nur langsame Änderungen von Strömen und Spannung erfolgen. Die Spulensysteme wurden bisher nur als Erzeuger von Feldern und Flüssen betrachtet, die i.a. großen Induktivitäten der Spulensysteme wurden vernachlässigt. Insbesondere bei dynamischen Prozessen, d.h. Reversiervorgängen, können die Formeln nur bedingt angewandt werden, andere Theorien, z.B. Oberfeldtheorien, sind erforderlich.