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(Aus der I. Med. Klinik der kgl. ung. P~zmAny P&er-Universit~t Budapest [Dir. : Prof. Dr. Rudolf BSlint].) Experimeutelle Untersuehungen tiber die Rolle der Aminosiiuren beim Abbau und bet der Entstehung der Acetonk6rper. Von Dr. Stephan WeiB. (Eingegangen am 9. Juli 1926.) Die Umsf4nde der Erscheinung yon Acetonk6rpern im Harne so- wohl beim Hunger wie bet den St6rungen des Kohlehydratstoffwechsels, stehen sehon seit langem im Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen. Bet dieser Gelegenheit wollen wir uns nieht auf die groBe Literatur ausdehnen, welche die Ursache der Acetonurie zu erkl~ren trachtet und bis zur letzteren Zeit sich fast in jenerHypothese erschSpft hat, dab die Acetonk6rper im Feuer der Kohlehydrate verbrennen und dab die Entstehung yon Acetonk6rl0ern durch den Mangel des Ver- brennens yon Kohlenhydraten hervorgerufen wfirde. Diese Hypothese wurde in der letzten Zeit haupts/~chlich durch die Modellversuche yon Sha//er, des weiteren yon Bdlint, Ernest und Tdth insofern best~tigt, dab in den erw~hnten Versuchen das Verbrennen bzw. die Anwesenheit yon Kohlenhydrat tatsachlich yon gro~er Bedeutung fiir den Abbau der Acetonk6rper, namentlich der Acetessigs/~ure war. Aus meinen mit Altai ausgeffihrten Modellversuehen und zwar aus mit Hefe vorgenom- menen Untersuchungen geht hervor, dal~ das Verbrennen yon Kohlen- hydraten eigentlich nur eine mittelbare ]3edeutung besitzt, weil dazu, dal~ die Hefe Acetessigs~llre abbauen k6nne, die Abbauprodu~te der Dextrose notwendig sind; die F6rderung des Acetessigsaureabbaues der I-Iefe k6nnen wir mit allen Zuekerabbauprodnkten his zum Acetaldehyd erreichen. Die Ursache des Erscheinens yon AeetonkSrpern ist also in vieler Beziehung noeh ungeklart und noeh immer der Gegenstand yon zahl- reichen Untersuchungen. Die Frage nach jenen Substanzen, aus welchen die Ketonk6rper entstehen, ist ebenfalls noch stark umstritten. W~h- rend es in der alteren Literatur eine fast allgemein angenommene An- schauung war, dab die erwahnten Stoffe aus den Fetten durch deren unvollkommene Verbrennung entstehen, kommt in der neueren Lite-

Experimentelle Untersuchungen über die Rolle der Aminosäuren beim Abbau und bei der Entstehung der Acetonkörper

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(Aus der I. Med. Klinik der kgl. ung. P~zmAny P&er-Universit~t Budapest [Dir. : Prof. Dr. Rudolf BSlint].)

Experimeutelle Untersuehungen tiber die Rolle der Aminosiiuren beim Abbau und bet der Entstehung

der Acetonk6rper. Von

Dr. Stephan WeiB. (Eingegangen am 9. Juli 1926.)

Die Umsf4nde der Erscheinung yon Acetonk6rpern im Harne so- wohl beim Hunger wie bet den St6rungen des Kohlehydratstoffwechsels, stehen sehon seit langem im Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen. Bet dieser Gelegenheit wollen wir uns nieht auf die groBe Li teratur ausdehnen, welche die Ursache der Acetonurie zu erkl~ren t rachte t und bis zur letzteren Zeit sich fast in j enerHypothese erschSpft hat, dab die Acetonk6rper im Feuer der Kohlehydrate verbrennen und dab die Ents tehung yon Acetonk6rl0ern durch den Mangel des Ver- brennens yon Kohlenhydraten hervorgerufen wfirde. Diese Hypothese wurde in der letzten Zeit haupts/~chlich durch die Modellversuche yon Sha//er, des weiteren yon Bdlint, Ernest und Tdth insofern best~tigt, dab in den erw~hnten Versuchen das Verbrennen bzw. die Anwesenheit yon Kohlenhydra t tatsachlich yon gro~er Bedeutung fiir den Abbau der Acetonk6rper, namentlich der Acetessigs/~ure war. Aus meinen mit Altai ausgeffihrten Modellversuehen und zwar aus mit Hefe vorgenom- menen Untersuchungen geht hervor, dal~ das Verbrennen yon Kohlen- hydra ten eigentlich nur eine mit telbare ]3edeutung besitzt, weil dazu, dal~ die Hefe Acetessigs~llre abbauen k6nne, die Abbauprodu~te der Dextrose notwendig sind; die F6rderung des Acetessigsaureabbaues der I-Iefe k6nnen wir mit allen Zuekerabbauprodnkten his zum Acetaldehyd erreichen.

Die Ursache des Erscheinens yon AeetonkSrpern ist also in vieler Beziehung noeh ungeklart und noeh immer der Gegenstand yon zahl- reichen Untersuchungen. Die Frage nach jenen Substanzen, aus welchen die Ketonk6rper entstehen, ist ebenfalls noch stark umstr i t ten. W~h- rend es in der alteren Li teratur eine fast allgemein angenommene An- schauung war, dab die erwahnten Stoffe aus den Fet ten durch deren unvollkommene Verbrennung entstehen, kommt in der neueren Lite-

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ratur immer mehr die Auffassung zur Geltung, dab die im diabetischen Organismus auftretende Acetonurie wenigstens zum Tell mit den Ab- bauprodukten der Proteine in einen kausalen Zusammenhang zu bringen ist. Mit diesem sog. Eiweiitschaden hat te sich bereits Naunyn experi- mentell befaBt und seine Bedeutung wird auch durch zahlreiche Ar- beiten yon Petrdn, Falta usw. best/~tigt. DaB die Abbauprodukte, bzw. die Bausteine der Eiweif]k6rper bei der Entstehung der AcetonkSrper yon hervorragender Wichtigkeit sind, haben schon die 1885 publizierten Untersuchungen yon Rosen]eld bewiesen. Der genannte Autor beobach- tete eine wesentliche Zunahme der Acetonk6rl0er, wenn er bei Kohlen- hydratkarenz grot]e EiweiBmengen verabreichte. Wir miissen aber bemerken, dab in den erw~hnten Versuchen, wenn die Eiweil~zufuhr weiter erh6ht wurde, die Acetonurie abnahm. Diese wichtige Rolle der Ei- weiBk6rper wird auch durch die Untersuchungen yon Embden, Salomon und Schmidt bewiesen, wo nach der Durchstr6mung der iiberlebenden Leber mit Aminos/~uren, namentlich mit Leucin, Tyrosin und Phenylalanin die Zunahme der Ketonk6rper beobachtet wurde. AuBer diesen an iiberlebenden Organen ausgefiihrten Versuchen finden wir in der Li- tera tur auch solche Untersuchungen, nach welchen diese Aminos/~uren am lebenden Hunde eine Ketonurie hervorgerufen haben (Baer und Blum). Endlich haben Thannhauser und Markovici in ihrer unl/~ngst er- schienenen Arbeit gezeigt, dab sich die Ketonurie yon Diabetikern nach der Zufuhr yon gr6Beren Mengen yon Phenylanalin, Leucin und Tyrosin wesentlich erh6hte, dal] aber die perorale Zufuhr yon 30 g Gly- kokoll oder 50 g Alanin keinen Einflu$ auf die ausgeschiedene Aceton- menge ausiibte. Diese verschiedenen Versuche stimmen also darin tiberein, dab eine gewisse Gruppe der Aminos~uren die Menge der Ketonk6rper erh6ht. Eine andere Gruppe der Aminos~uren, yon welchen Baer und Blum das Alanin und die Glutamins/iure unter- sucht haben, soil beim Hunde die Ketonurie herabgesetzt haben. Wir wollen uns nicht auf die ganze diesbeziigliche Literatur ausdehnen, halten aber fiir wichtig, die Versuche yon Dakin zu erw~hnen. Dakin teilt die AminosKuren auf Grund seiner tells an phloridzinvergifteten Hunden, teils an der kfinstlich durchstr6mten Leber ausgeffihrten Ver- suche in 2 Gruppen ein. In die erste wiirden die Aminos/~uren geh6ren, aus welchen im tierischen K6rper Zucker, in die zweite, aus welchen Acetessigs/~ure entsteht. Die-ersteren sind Glykokoll, Alanin, Serin, Cystein, Asparagins/~ure, Glutamins~ure, Ornithin und Prolin. Zu den letzteren gehSren Leucin, ttistidin, Phenylalanin und Tyrosin. Das Lysin und das Tryptophan wiirde zu keiner der beiden Gruppen geh6ren.

Aus diesen Versuchen geht ohne Zweifel hervor, dab die eine Gruppe der Aminos/iuren, welche aus Phenylalanin, Tyrosin und Leucin be- steht, bei der Bildung yon Acetonk6rpern, wenigstens unter patholo-

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gischen Bedingungen, wie beim Diabetes und an phlorizinvergifteten Tieren, sowie in den Versuchen mit kiinstlieh durehstrSmter Leber eine wichtige Rolle spielt ; welehe Rolle abet der anderen Gruppe der Amino- s/iuren, die yon Dakir~ Zuckerbildner genannt wurden, zukommt, dar- auf kann aus den bisherigen Untersuehungen kein sieherer Sch]uB ge- zogen werden. Denn, wenn es aueh erwiesen ist, dal3 nach ihrer Ein- verleibung die Ketonurie nieht zunimmt, finden wir in der Li tera tur doeh keine Antwort auf die wichtige Frage, wie sie das Verbrennen der vorhandenen Ketone beeinflussen. T~annt~a~tser und Markovici haben nach Verabreiehung tier sog. zuekerbildenden Aminosi~uren bei Dia- betikern keine _&nderung der bestehenden Acetonurie beobaehtet ; dies kann aber - - und darauf komnlen wir spfi.ter noeh zu spreehen - - aueh mit dem verSmderten Kohlenhydratstoffwechsel des diabetisehen Orga- nismus erklgrt werden. Aus den Versuehen an iiberlebenden Organen erfahren wir aber nur so viel, da3 aus den erw/~hnten Aminos/~uren keine Ketonk6rper bereitet werden, ob sie aber den Abbau der Acetessigs£ure beeinflussen, darauf geben diese Versuehe keine Antwort. Bdlint, Ernst trod ~'dth haben versueht, diese Frage auf Grund yon in vitro-Versuehen zu beantworten. Die genannten Autoren gingen ~on der dureh Sha//er beschriebenen mid dutch sie selber best/itigten Tatsaehe aus, dab die Dextrose den Abbau der AeetessigsSmre dureh H20 ~ f6rdert und untersuehten, wie die versehiedenen Aminosguren diese oxydations- f6rdernde Wirkung des Zuekers beeinflussen. Sie fanden, dab tats/ich- lieh einige Aminos/mren die oben beschriebene Wirkung des Zuekers nieht beeinflussen, dal~ abet die anderen diese Wirkung wesentlich herabsetzen. Wir finden aber kein System in den beiden Arten yon Aminosguren, wenigstens nieht in dem Sinne, wie in der oben erw/~hn- ten Einteilung dersetben. Diese Versuehe geben keine Antwort auf die Frage, wie die Aminos/~uren ohne die Amvesenheit yon Dextrose wirken wiirden. Diese Versuehe waren, wie alle Modellversuehe, mit den VorgSmgen im lebendigen Organis.mus natiirlich nieht votlkom- men vergleichbar, besonders naehdem diese/~eaktionen nur bei so stark alkMisetler Reaktion ablaufen, welche die physiologisehe Grenze be- trgehtlieh iiberst~eigt.

Um diesen st Srenden Umstand auszuschalten, w/ihlten wit zur weiteren Kl~rung dieser t0ragen jene Methodik, welche ich in meinen mit Altai vorgenommenen Versuehen bentitzt babe. ]:)as Wesen dieser Me- thodik besteht darin, dal3 die Aeetessigs/iure nieht dureh HeO~, son- dern durch Hefe abgebaut wird, d. h. daf3 wir mit einzelligen Lebewesen gearbeitet haben, dab also diese Methodik den physiologisehen Ver- h/~ltnissen viel l~gher steht.

Unsere Versuehe ffihrten wir um so eher mit Hefezellen aus, weil es bekannt, ist, welehe wichtige tlolte diesen Zelten bei der Kt~mmg yon

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gewissen Fragen des Kohlenhydratstoffwechsels zugekommen ist. In bezug auf die ausfiihrliche Beschreibung der Methode verweise ich auf meine mit Altai ver6ffentlichte Arbeit, und erw~hne bier nur die wich- tigeren Punkte. Wir gaben zu den gleichen Hefemengen gleiche ]V[engen einer L6sung yon acetessigsaurem Kalium. Die zu untersuchenden Aminos/~uren gaben wir, nachdem einige unter ihnen in Wasser weniger 16slich sind, immer in 100 cem Wasser gel6st hinzu. Zu einem Versuche verwendeten wir immer 1 g Aminos/~ure. Die Aminos/~ure]6sung diente gleichzeitig zum Emulgieren der Hefezellen. In den Versuchen, wo auch Dextrose zugegen war, 16sten wit dieselbe auch in der Aminos~ure- 16sung auf. Die Versuchsdauer war immer 24 Stunden. Bei unseren Versuchen stellten wir immer lest, wieviel acetessigsaures Kal ium durch die Hefe allein abgebaut wurde und wieviel sie in dem Falle abbaute, wenn in dem Versuchsmedium auch Aminos~uren und evtl. Dextrose zugegen waren. So fiihrten wir also Acetonbestimmungen in den folgen- den L6sungen bzw. Emulsionen aus: 1. in der reinen L6sung yon acet- essigsaurem Kal ium; 2. in der Emulsion yon ttefe, acetessigsaurem Kal ium und dest. Wasser; 3. in der Emulsion yon Hefe, acetessigsaurem Kal ium und Aminos~ure; 4. in der mit Nr. 3 iibereinstimmenden Emul- sion, die aber auch Dextrose enthielt. Unsere Versuche nahmen wit bei Zimmertemperatur vor. Die Acetonbestimmungen ffihrten wir n~ch Messinger und Huppert aus.

Die erste Frage, welche wir untersuchten, war, wie die Aminos/~uren die Acetessigs/~ure abbauende lW/~higkeit der Here beeinflussen. Wir be- s t immten also, wie viel acetessigsaures Kal ium die Here allein und wie viel sie in Anwesenheit der zu untersuchenden Aminos/~ure abbaut , und aus der Differenz der beiden Werte schlossen wir auf die Wirkung der Aminos/~uren. In Tabelle 1 faBten wit die Resultate einer Versuchsreihe yon. diesen Untersuchungen zusammen. Der urspriingliche Acetessigs~ure- gehalt der Emulsion war in jedem Reagensglas 160,6 rag, nach der Hefe- wirkung 134,7 rag. Die Hefezellen hat ten also 25,9 mg Aminoessigs/~ure, 16°/0 der ursprtinglichen Menge ohne Zusatz yon Aminos/~ure abgebaut.

Untersuehte Aminos~ure

Glykokoll . . . . . . . . Asparagins/~ure . . . . . Glutamins/~ure . . . . . . Histidin . . . . . . . . Leucin . . . . . . . . . Tyrosin . . . . . . . . . Alanin . . . . . . . . .

Tabelle 1. Acetongehalt ] von 100 ccm ]

Here- I - - emulsion in [

mg nach I Zugabe yon | Aminosliure [

117,0 77,3 73,8 95,8

133.3 136,2 134,6

Abgebautes Aeeton

Io/o des Aus in mg gangswerke-s

43,6 27 83,3 52 86,8 54 64,8 40 27,3 157 24,4 156 26,0

Das Plus des abgebauten Aceton in Anwesenheit

der verwendeten Amino- siture

mg o/0

17,7 68 57,4 221 60,9 235 38,9 150

1,4 5 - - 1 , 0 4

0 0

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Aus den Daten dieser Tabelle geht hervor, dab die verschiedenen Aminosguren auf die Acetessigsgure abbauende Fghigkeit der Here yon verschiedenem Einflul~ sind. Ein Teil der Aminosguren vermag die erwghnte Funktion der Here wesentlich zu erh6hen, der andere Teil der Aminosguren hat auf den Abbau der Acetessigsgure keine Wirkung. In die erste Gruppe geh5ren yon den gepriiften Aminosguren: Glykokoll, Asparaginsgure, Glutaminsgure und Histidin; in die zweite Gruppe ge- hSren Leucin, Tyrosin und Alanin. Die ErhShung, welohe die in die erste Gruppe gehSrenden Aminosguren verursaehen, betr~gt in manchen Fgllen fiber 200°/0 und steht jenera Werte nahe, welche wir in meiner mit Altai verSffentlichten Arbeit ffir den Zucker gefunden haben. Wenn wir die in den einzelnen Gruppen geh6renden Aminos£uren betrachten, so fgllt es auf, dal~ die Glieder der beiden Gruppen mit der yon Dakin aufgestellten Gruppierung iibereinstimmen. Wie oben erwghnt, teilt Dalcin die Aminosguren in zuckerbildende und acetonkSrperbildende Aminosguren ein. Nach unseren Untersuehungen sind es die zucker- bildenden Aminosguren, welche die Aeetessigsgure abbauende Fghig- keit der Here erhShen und die AcetonkSrperbildenden haben darauf keinen EinfluB. Es wgre nun noch die Frage, auf welche Art die ersteren Aminosguren wirken. In unserer anderen Arbeit haben wir ausein- andergesetzt, dab der Zucker bzw. seine Abbauprodukte, also Glycerin, Brenztraubensgure und Aeetaldehyd imstande sind, die F'ghigkeit der Hefe, Acetessigsgure abzubauen, ganz bedeutend zu fSrdern. Wir halten es also fiir mSglich, dal~ die Hefezellen aus diesen Aminosguren Zucker bilden und die Abbauprodukte des oxydierten Zuekers die Oxydation der Acetessigsgure fSrdern, es ist aber auch mSglich, dab der Abbau dieser Aminosguren aueh fiber den Acetaldehyd vor sich geht und die , ,antiketogene" Wirkung auf diese Weise zustande kommt. Jene Aminosguren aber, welche keine Zuckerbildner sind, beeinflussen den KetonkSrperabbau der Here nicht.

Bevor wir diese Versuchsergebnisse mit den Vorggngen der h6heren Organismen vergleichen, wollen wir die t~esultate jener Versuche an- geben, in welchen wit der I-Iefe auBer den Aminos~iuren auch Zucker- 16sung hinzugesetzt haben. Die Ausfiihrung dieser Untersuchungen hielten wir fiir um so wichtiger, weil sich die l~rage ergeben hat, ob nieht hauptsg~ehlich jene Aminos~iuren, welehe die Aeetessigsgure ab- bauende Fghigkeit der tIefe nicht beeinflul3t haben, evtl. die oxyda- tionsf6rdernde Wirkung des Zuckers hemmen; wie dies yon Bdlint, Ernst und fS th in den erw~hnten Versuehen mit I-I202 beobaehtet wurde, und es war nun die weitere l~rage, ob die oxydationsfSrdernden Aminos£uren diese ihre Eigenschaft aueh in Gegenwart yon Zucker beibehalten. In diesen Untersuehungen bestimmten wir also, bei den- selben Versuchsbedingungen, wie bei den obigen Versuchen, wiewel

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Acetessigs~ure die Here allein und wie viel sie in Gegenwart yon Zucker und yon Aminos~iuren abbaut und wie viel Acetessigs~iure abgebaut wird, wenn im Versuchsmedium Dextrose und Aminosauren vorhanden waren. Zu einem Versuche verwendeten wir auch hier je 1 g Amino- s~ure, und je 1 g Dextrose. Von der letzteren nahrnen wir 1 g, tells um den Vergleich einfacher zu gestalten, teils aber, well eine grSBere Zuckermenge die Acetessigsaure abbauende l~higkeit der Here in einem solchen MaBe erhSht h~tte, daI~ der grSBte Teil der Acetessigs~iure binnen 24 Stunden zersetzt und hierdurch die Wirkung der Amino- s~uren verdeckt worden w~ire. Die Versuchsdauer betrug auch hier 24 Stunden. Die l~esultate dieser Versuche teilen wir in folgender Ta- belle mit. Der Acetessigs~uregehalt der Hefeemulsion war in dieser Versuchsreihe 169,5 mg und betrug am Ende des Versuches 150,0 mg bzw. in Anwesenheit yon Dextrose 118,5 rag. Im ersteren Fall hat ten also die Hefezellen 19,5 mg Acetessigs~ure, d .h . ll°/o der ursprfing- lichen Menge, im letzteren Falle aber 51 mg, d .h . 30°/0 der Acetessig- s~ure abgebaut.

Tabelle 2.

~ntersuchte Aminos~ure

Glykokoll . . . . Asparaginsi~ure . . Glutaminsaure . . Histidin . . . . . Leucin . . . . . . Alanin . . . . . . Tyrosin . . . . .

Acetongehalt von 100 ccm tIefe-

emuls ion in mg nach Zugabe yon

Amino- Amino- s~hlre U. ]

saute Dextros{

DasPlus d. abgeb. Ace- Abgebautes Aceton nach Zugabe ton in An~'esenheit v,

yon Amino- Aminosi~ure Aminos~iure u. s~ture u. Dextrose

Aminos~ure Dextrose im Vet- [ hi~ltni.s I i m Verh~lt-

nis zur Here zur tel- m g o/o mg °/° nenHefel u. Dextrose

38 55 60 50 20,5 19,5 21,0

22 32 35 29 12 11 12

64,5 87 93,5 79,5 50,7 52,0 51,0

131.5 i 105,5 114.5! 82,5 109,5 i 76,0 119,5 90,0 149;5 L 118,s

1150 117,0 148,5! 118,5

38 i 17,5 51 35,5 55 40,5 47 30,5 29 1,0 30 30 1,5

13,5 36,0 42 28,5

--1,5 1 0

Aus den Daten dieser Tabelle ist zu sehen, da$ jene Aminos~uren, welche selber den Abbau der Acetessigs~ure fSrdern, diese Eigen- schaft aueh dann behalten, wenn im Versuchsmedium auch Zucker an- wesend ist. In dem 24 Stunden-Versuch hat te sich die Wirkung des Zuckers und der Aminos~ure beil~ufig additioniert und die Hefezellen etwa genau so viel Acetessigsi~ure abgebaut, wie insgesamt in dem Ver- such mit Zucker bzw. mit Aminos~ure allein. Die Aminosguren, welche selber die Acetessigs~ure abbauende T~tigkeit der Here nieht beein- flussen, haben dieselbe auch in Gegenwart yon Zucker weder in posi- tiver noch in negativer Richtung beeinfluBt.

Wie erwahnt, bin ich dessen roll bewuBt, dab die an primitiven einzelhgen Lebewesen, in diesem Falle an den Hefezellen, beobachteten Vorg~nge nicht ohne weiteres auf die Verh~ltnisse der hSheren Orga-

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nismen iibertragbar sind, aber die vielen Analogien, welehe zwisehen der I-Iefeg~rung des Zuekers und zwischen gewissen Phasen des Kohlen- hydratstoffweehsels des Organismus bestehen, erlauben es x-ielleicht, dag wir aueh aus diesen Versuehen gewisse Konsequenzen ziehen, u. zw. hauptsgehlich in bezug darauf, wie in dem h6heren Organismus die Ei- weil3stoffe bzw. die Aminos/~uren auf den Kohlenhydratstoffweehsel und auf die damit so eng zusammenh/~ngende Ketonurie wirken.

Es ist eine bekannte Tatsaehe, dab die EiweiBstoffe nur in den sehwerer erkrankten diabetisehen K6rpern eine Ket.onurie hervorrufen; zur selben Zeit erhShen sie aber aueh die Glykosurie. Naeh unserer Meimmg verwandeln sieh hierbei jene Aminosgurenkomponenten der EiweiBstoffe, welehe wit oben Zuekerbildner genannt haben, in Zueker, naehdem sie aber in diabetischen K6rpern in dieser Form nieht verbrannt werden k6nnen, werden sie aueh als Zucker ausgesehieden. Die andere Gruppe der Aminosguren, n~mlich die Ketonbildner, steigern aber die Aeetonurie. I m gesunden, oder leicht diabetischen Organismus wird der aus der ersten Gruppe der Aminos~turen gebildete Zucker weiter abgebaut, und zwar in jene Abbauprodukte des Zuckers, welche, wie wir in der mit Altai ver6ffentliehten und bereits zitierten Arbeit gezeigt haben, die gr6ftte Bedeutung fttr die Oxydation der Aeetonk6rper be- sitzen. In diesem Falle, wo a.lso der Zueker bzw. die zuekerbildenden AminosSmren verbrennen k6m~en, ~-erden aueh die aus den aeeton- bildenden Aminosguren entstandenen Ketone verbrennen. --- DaB die ketonk6rperbildenden Aminos~uren allein die Oxydation der Aeeton- k6rper nieht verhindern, wenn sonst die entsprechenden Zuekerabbau- lorodukte zur Verfiigung stehen, dafiir sprieht jener Tell unserer obigen Versuehe, aus welehen hervorgeht, dab in der Gegenwart dieser Amino- sguren der Zueker die Aeetessigs~ure abbauende Fghigkeit der Here- zellen genau so erh6ht wie in der Abwesenheit derselben; in diesem Falle zersetzt n~mlieh die Here gleieh dem gesunden K6rper den Zueker und die dabei entstandenen Abbauprodukte steigern die Oxydation der Aee~onkSrper.

Unseres Eraehtens kann also aueh in diabetisehen K6rpern nut ein Teil der AminosKuren am sog. Eiweil~sehaden teilnehmen, der andere Teil wirkt aber eher als antiketogen, wenigst.ens so lange, bis sie ~-om Organismus abgebaut werden k6nnen. Sobald der Organismus dies nieht imstande ist, dann rtiekt die ketonk6rperbildende Wirkung der Aminosiiuren in den Vordergrund und gibt sieh in Ketonurie kund. ])as beweisen aueh die Versuche yon ff'ha.nnhauser und Markovici, naeh welehen die Aeetonurie bei sehweren Diabetikern dureh Phenylalanin, Leuein und Thyrosin erh6ht, dureh Glykokoll aber nieht beeinflul3t werden konnte. I)iesen letzteren Umstand k6nnen wir gerade damit erkl~ren, dab bei sehweren St6rungen des Kohlenhydratstoffweehsels,

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wo der wei te re A b b a u des aus d ieser Aminos~ure e n t s t e he nde n Zuckers oder bere i t s de r A b b a u der Aminos~uren yon Anfang an ges tSr t ist , d iese Aminos~uren ke inen Einflul~ auf die K e t o n u r i e haben.

Die Rech t f e r t i gung d ieser A n n a h m e n durch Vcrsuche an hSheren Organ i smen b i lde t den G e g e n s t a n d wei te re r Unte r suchungen .

Unsere Versuche fassen wir in fo lgendem z u s a m m e n : 1. E ine Gruppe der Aminos~uren , die sog. Zuckcrb i ldner , ver-

m5gen die ace tess igs~ureabbauende F~h igke i t de r Here wesent l ich zu erhShen.

2. Diese W i r k u n g i s t wahrsche in l ich mi t den A b b a u p r o d u k t e n des Zuckers in Z u s a m m e n h a n g zu br ingen .

3. Die ande re Gruppe der Aminos~uren , die K e t o n k 5 r p e r b i l d n e r , beeinf lussen die oben e rw~hnte F~h igke i t der Here n icht .

4. Die Gl ieder de r e r s t e ren Gruppe s te igern die acetessigs~ure- a b b a u e n d e ~Tirlcung des Zuckers bzw. add i t ion ie ren sich m i t derselben, die Gl ieder der zwei ten Gruppe f iben da rau f ke inen Einflul3 aus.

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