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(Aus ctem Pathologisehen Institut der Universit/~t Leipzig. Direktor: Prof. Dr. W. Hueck.) Experimentelle Untersuehungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses 1. Von Hans Rudolph Diihnert. Assistent am Institut. Mit 12 Textabbildungen. (Eingegangen am 16. Februar 1938.) Seitdem Menschen Bergbau betreiben, lastet auf den Bergarbeitern das Schicksal der Bergkrankheit -- jenes Zustandes, der sie frfihzeitig erwerbsunfahig, bergfertig macht. Die anatomische Forschung deckte als Ursache hierfiir eine -- je nach Art des einwirkenden Gesteins- staubes -- mehr oder weniger ausgepriigte Pneumokoniose auf, als deren Ursache die freie Kiesels/iure aufgezeigt werden konnte. Auf Grund dieser Befunde konnte dureh gewerbehygienische Mal3nahmen die Ausbreitung der Seh/~digung weitgehend eingeschr~nkt und damit das Los der Arbeiter wesentlieh gebessert werden. Eine Sonderstellung nimmt jedoch die Bergkrankheit der Schneeberger Grubenarbeiter ein: Einmal handelt es sich hierbei um eine geschwulstartige Erkrankung -- ~nfangs (Wagner, Hiirting und Hesse, Cohnheim) als Lymphosarkom, heute (Arnstein, Uhlig, Risel, Schmorl) allgemein als Carcinom aufgefal3t -- zum anderen blieben bislang alle Bemfihungen einer Bek/~ml0fung erfo]glos : Die Untersuchungen von Hesse und Hiirting im Jahre 1879 und die von Rostoski, Saupe und Schmorl im Jahre 1926 zeigten gleich- bleibend eine Mortalit/~t der Sehneeberger Arbeiter an Lungenkrebs yon fiber 70%. Aus dieser Tatsache erhellt neben dem wissensehaft- lichen Interesse die praktische Bedeutung der Erforschung der Ur- sachen, der cancerogenen Schadlichkeit. Als Ursache ffir das geh/iufte Auftreten von Lungenkrebs in Sehneeberg wurden alle mSglichen Seh/~digungen, denen der ]3ergarbeiter ausgesetzt ist, in Betraeht gezogen: die schleehte wirtsehaftliche Lage des Arbeiters, seine Anf/illig. keit gegenfiber /~ul~eren Infekten und die konstitutionelle Minderwertigkeit des erzgebirgisehen Mensehenschlages (H~irting und Hesse, Rostoski, Saupe, Schmorl, Lange) blieben als begtinstigende Allgemeinfaktoren bis heute anerkannt. Aus- gesehlossen werden konnte die Bedeutung der Einwirkung yon Pulverd/impfen 1 Die Arbeit bildet die 1. Mitteilung fiber Ergebnisse yon Untersuehungen, die als Beitriige zur E~jorschung der Schneeberger Lungenkrankheit gedacht sind. Diese Untersuehungen werden vom Reichsausschul3 ffir Krebsbek/impfung (Sachsen) gemeinsam mit dem Ministerium ffir Wirtsehaft und Arbeit (Landesgewerbearzt Dr. Brandt) durehgeftihrt. Zeitschrift ftir Krebsforschung. 47. Bd. 15

Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses

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Page 1: Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses

(Aus ctem Pathologisehen Institut der Universit/~t Leipzig. Direktor: Prof. Dr. W. Hueck.)

Experimentelle Untersuehungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses 1.

Von H a n s R u d o l p h Di ihner t .

Assistent am Institut.

Mit 12 Textabbildungen.

(Eingegangen am 16. Februar 1938.)

Sei tdem Menschen Bergbau be t re iben , l as te t auf den Berga rbe i t e rn das Schicksal der Bergkrankhe i t - - jenes Zustandes , der sie frf ihzeit ig erwerbsunfahig , bergfer t ig macht . Die ana tomische Forschung deck te als Ursache hierfi ir eine - - je nach A r t des e inwirkenden Gesteins- s taubes - - mehr oder weniger ausgepr i ig te Pneumokoniose auf, als deren Ursache die freie Kiesels/ iure aufgezeigt werden konnte . Auf Grund dieser Befunde konnte dureh gewerbehygienische Mal3nahmen die Ausbre i tung der Seh/~digung wei tgehend e ingeschr~nkt und d a m i t das Los der Arbe i t e r wesent l ieh gebesser t werden. Eine Sonders te l lung n i m m t jedoch die Bergkrankhe i t der Schneeberger Grubena rbe i t e r ein: E inma l hande l t es sich hierbei um eine geschwuls ta r t ige E r k r a n k u n g - - ~nfangs (Wagner, Hiirting und Hesse, Cohnheim) als L y m p h o s a r k o m , heute (Arnstein, Uhlig, Risel, Schmorl) al lgemein als Carcinom aufgefal3t - - zum anderen bl ieben bis lang alle Bemfihungen einer Bek/~ml0fung erfo]glos : Die Unte r suchungen von Hesse und Hiirting im J a h r e 1879 und die von Rostoski, Saupe und Schmorl im J a h r e 1926 zeigten gleich- b le ibend eine Mortalit/~t der Sehneeberger Arbe i t e r an Lungenkrebs yon fiber 70%. Aus dieser Ta t sache erhel l t neben dem wissensehaft- l ichen In teresse die p rak t i sche Bedeu tung der Erforschung der Ur- sachen, der cancerogenen Schadl ichkei t .

Als Ursache ffir das geh/iufte Auftreten von Lungenkrebs in Sehneeberg wurden alle mSglichen Seh/~digungen, denen der ]3ergarbeiter ausgesetzt ist, in Betraeht gezogen: die schleehte wirtsehaftliche Lage des Arbeiters, seine Anf/illig. keit gegenfiber /~ul~eren Infekten und die konstitutionelle Minderwertigkeit des erzgebirgisehen Mensehenschlages (H~irting und Hesse, Rostoski, Saupe, Schmorl, Lange) blieben als begtinstigende Allgemeinfaktoren bis heute anerkannt. Aus- gesehlossen werden konnte die Bedeutung der Einwirkung yon Pulverd/impfen

1 Die Arbeit bildet die 1. Mitteilung fiber Ergebnisse yon Untersuehungen, die als Beitriige zur E~jorschung der Schneeberger Lungenkrankheit gedacht sind. Diese Untersuehungen werden vom Reichsausschul3 ffir Krebsbek/impfung (Sachsen) gemeinsam mit dem Ministerium ffir Wirtsehaft und Arbeit (Landesgewerbearzt Dr. Brandt) durehgeftihrt.

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(Hdrting), des Grubensehlammes (Arnstein), der Grubenflora (Arnstein, Cohn- heim) und der Grubenfauna (weil~e Miieken: Rostoski und Sau~e). Bestehen blieben als mSgliche bedeutungsvolle Ursachen die Einwirkung des Gesteins- staubes, des Arsens und der aktinischen Wirkung des Gesteins.

Ftir die Bedeutung des Gesteinsstaubes sprach die Tatsache, dal3 tiberhaupt Lungentumorsn in staubreichen Gegenden wie Dresden und Riga (Junghans, Saupe, ~qchmorl) geh~Luft auftreten, w~hrend sie in staubarmen Gegenden wie Oslo selten sin& Schmorl konnte an Lungen yon Gesteinsarbeitern gehguft Einbriiehe yon anthrakosilikotischen Lymphdriisen in die Bronchien mit Ver~nderung deren Wand nachweisen, die ihm fi~r die Entstehung sines Krebses an dieser Stelle des ,,chronischen Reizes" wichtig erschienen, zumal es ihm gelang, diese such bei einem grol3en Prozentsatz (12 yon 21 FAllen) seiner Sektionen yon Schneeberger Lungenkrebs aufzuzeigen. Gegen die znmindest alleinige Urs~chlichkeit des Ge- steinsstaubes wurde jedoch beweiskrgftig ins Feld gefiihrt, dal3 an sieh der Krebs keine hgufige Komplikation der Staublungenkrankheit ist (Reichmann, BShme), ja, da6 im Gegenteil die Schneeberger Arbeiter und besonders die an Lungen- krebs verstorbenen wenn auch deutliche, so doch nur m~ftige Koniosen aufweisen (Rostoski usw.). (Genaue, die St~rke der Xoniose etwa im Sinne yon Wi~tjen be- urteilende Untersuehungen fehlen in der Literatur.) Es kann also in der Wirkung des Gesteinsstaubes fiir die Entstehung des Schneeberger Lungenkrebses, selbst unter Ber~tcksiehtigung der geh~tuften Atemwegsinfekte und ihrer ]3edeutung ftir die Xrebsentstehung (Askanazy, Berblinger, Schmidtmann) nur sin begiinstigendes Moment gesehen werden.

Auf die M6glichkeit einer Bedeutung des Arsens wurde - - besonders in Fornt der Kombination mit Kobalt im sog. Speiskobalt - - sehon yon H~irting und Hesse aufmerksam gemacht. Durch die experimentelle Tumorforsehung (Askanazy, Murphy, Carrels, Fischer-Wasels, Biingeler, Leitch nnd Kennaway u. a.) ist die all- gemeine Bedeutung des Arsens for die Krebsentstehung aufgezeigt worden. Schmorl dachte an die M6glichkeit einer Arsenwirkung als gasf6rmiges Produkt der Schim- melpilze in den Gruben, etwa nach Art der Abscheidungen yon AseO 3 des Peni- cillium brevicaule. Doch t~ostoski und Saupe glaubten, das Arsen in seiner Be- deutung ausschlieBen zu kSnnen: Obwohl Schmorl bei zwei Arbeitern der Arsen- Verhiittungswerke Muldenhiitte/Freiberg als Todesursache einen Lungenkrebs nachwies, gelang es ihnen weder bei einer Untersuehung der Muldenhtitten-Beleg- schaft auch nur einen krebsverd~chtigen Arbeiter herauszufinden, noeh ]ie~en sich bei den Untersuchungen der N&gel und Haare Schneeberger Arbeiter ~hnlich den Befunden bei den Arsenarbeitern positive Arsennachweise erheben. Auch eine Anfrage in den Kobaltgruben yon Canada, Frankreich und Norwegen ergab keinen Anhaltspunkt fiir ein geh~uftes Auftreten yon Lungenkrebs bei den dortigen Arsenarbeitern, obwohl in dem Gestein zum Tell ein Arsengehalt yon 60--70% erhoben werden konnte.

ZahI re iche F o r s c h e r (Uhlig, Schi~rch, Schiirch u n d Uhlinger, Schmidt- mann, Saupe u n d Rostoski, Schmorl u. a.) w iesen sehon y o n j ehe r au f

die MSgl ichke i t e ine r u r s s B e d e u t u n g des R a d i u m s ffir d ie

K r e b s f o r s c h u n g in S c h n e e b e r g hin, z u m a l d u r c h U n t e r s u c h u n g e n y o n

Schi~rch, Daels u n d M i t a r b e i t e r n die B e d e u t u n g rad io log i sche r E l e m e n t e

ffir die K r e b s e n t s t e h u n g a u f g e z e i g t w e r d e n konn t e . So ge lang es,

d u r c h R a d i u m - - sei es d u r c h ze i twe ise B e s t r a h l u n g oder I ~ n g e r d a u e r n d e

E i n p f l a n z u n g y o n R a - S u b s t a n z in das U n t e r h a u t b i n d e g e w e b e - - a m

Or t de r E i n w i r k u n g - - se lbs t M o n a t e n a c h A u s s e t z e n de r se lben - -

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bgsartige Gesehwfilste zu erzeugen. Auger diesen ,,lokalen" Effekten liegen fiber eine ,,allgemeine cancerogene Wirkung" des Radiums je- doeh keine Befunde vor. Das Vorhandensein yon lgadiumemanation in hohen Dosen (50--60 M.E.) war in den Sehneeberger Gruben yon Lorin- set und Ludewig in der Luft nachgewiesen. Jedoch Anfragen yon Uhlig und Saupe in den bghmischen Urangruben yon Joaehimsthal zeitigten hinsiehtlich der Krebsh/*ufung zun~ehst ein negatives Ergebnis: Trotz- dem auch dort zahlreiche Arbeiter frfihzeitig bergfertig wurden, war fiber das Auftreten yon Lungenkrebs nichts bekannt. Wenige Jahre spgter aber deckten Beutel und Woldrich, Ziel, ~ikl, Pirchan und ~ikl eine wesentliehe Tatsache auf: Obwohl bei klinisehen Untersuchungen der Joachimsthaler Belegsehaft nut wenig Anhaltspunkte ffir das Vorliegen eines Lungenkrebses gcfunden werden konnten, zeigten Sek- tionen, dab sich unter 17 Todesfs 53% siehere Lungencarcinome befanden. Diese Tatsaehe erhellt den Wert der pathologisehen Unter- suehung und die praktisehe Unbrauehbarkeit alleiniger kliniseher Unter- suehungen oder bloger Anfragen ffir derartige Probleme. Aueh die Befunde yon Rostoski und Saupe an den Freiberger Arbeitern und ihr Urteil fiber die fragliehe Bedeutung des Arsens als urss Faktor fiir die Krebsentstehung in Schneeberg erseheint - - besonders mit giiek- sieht auf Schmorls Befunde - - in neuem Lieht. Die Tatsaehe aber, dab in Joaehimsthal der Lungenkrebs anseheinend fast ebenso hs auftritt wie in Schneeberg, wies zwingend auf die Bedeutung des Ra- diums ffir seine Entstehung hin, zumal sieh auch hier bei den Sektionen und klinischen Untersuehungen eine meist geringere, hs gar keine Anthrako-Chalikose naehweisen lieg und andererseits aueh der Arsen- gehalt der Joachimsthaler Gruben wesentlich geringer zu sein seheint - - was an sieh kein Gegenbeweis ffir die eaneerogene Bedeutung des Arsens ws da ja nach Askanazy, Carrels u. a. gerade der geringeren Arsenkonzentration ftir die Krebsentstehung eine wesentliche Bedeu- tung zukommt.

Wenn auch die Tatsache feststeht, dab die Gruben yon Schneeberg und Joachimsthal reich an aktiniseh wirksamen Substanzen sind, so lieg sich doch aus der mir vorliegenden Literatur nicht feststellen, wel- ehem Grubenbestandteil - - dem Gestein bezfiglich Gesteinsstaub, dem Wasser oder der Luft - - einmal der Radiumreichtum und somit eine bedeutungsvolle Wirkung beigemessen werden mul~ und zum anderen, ob in dieser Beziehung die Verhgltnisse in beiden Grubcn gleichartig sind. Uber die ffir die Bewertung der aktinischen Wirkung in Schnee- berg und Joachimsthal bedeutungsvolle lq'rage, ob aueh in anderen Bergbaubetrieben ein Radiumgehalt festgestellt werden konnte, lggt sieh zur Zeit ebenfalls keine Angabe aufdecken: Systematische Unter- suchungen scheinen auf alle Fglle noch nicht vorzuliegen.

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F u 6 e n d auf dem Ergebnis seiner Forsehungen fiber die Krebsen t - s tehung im al lgemeinen - - der Aufdeckung der bedeutungsvol len No twend igke i t eines a l lgemein d i sponierenden und eines aus l6senden Moments in F o r m des chronisehen Regenera t ionsre izes - - k o m m t Fischer-Wasels zu dem Schlug, dal~ die Lungenkrebse in Sehneeberg und J o a c h i m s t h a l in das Gebie t der R a d i u m s t r a h l e n k r e b s e geh6ren: eine Fes ts te l lung, die Teutschl / tnder auI Grund ~hnlieher Forschungs- ergebnisse best / t t igt . Doeh mug es nach Ans ich t be ider Forseher often- bleiben, ob in der radiologisehen W i r k u n g nur ein a l lgemeindisponieren- der F a k t o r (Teutschliinder: ein r e l a t iv spezifisehes Agens zur Krebs- erzeugung) zu sehen ist, oder ob ihr - - ~hnlieh dem Teer und Arsen bei dem exper imente l len K r e b s durch diese Seh/~digung - - aueh gleieh- zeit ig die ausl6sende W i r k u n g zuzuschreiben ist. Lange greif t diese F rage auf und f indet in Aue ein Zusamment re f fen yon geh/tufter Krebs- s te rb l iehke i t und r ad iumre ichem Ges te insun te rg rund in den einzelnen S t ad tbez i rken : Befunde, die im Sinne der e rs ten M6glichkeit zu spreehen scheinen. Diese E rhebungen weisen auf die Versuehe von Jenney, Oehler und Stauffer hin, die an weiBen M/~usen fiber , ,Erds t rah- len" eher Teerkrebs erzeugen konn t en als i ibl ich und geben gleichzeit ig eine - - wenn aueh mi t groger Vorsicht aufzufassende - - Deutungs- m6gl ichkei t fiir die im Volksmunde gebr/~uehliche Fes t s te l lung yon , ,Krebsh~use rn" : das R a d i u m w~re dann in al len diesen F/~llen der a l lgemeindisponierende F a k t o r , der an den Or ten geh~ufter Reizein- wi rkungen die lokale K r e b s e n t s t e h u n g erm6glichte .

Aus all dem geh t hervor , dug zur Zei t der R a d i u m w i r k u n g als ur- s/~chliehem F a k t o r fiir die Krebsh~ufung in Schneeberg und Joaehims- tha l eine erh6hte, wenn n ieh t sogar al leinige Bedeu tung zuges tanden werden m u g : Eine Folgerung, die nach Ausschlu6 der cancerogenen Bedeu tung al ler f ibrigen bekann ten , in Schneeberg und J o a c h i m s t h a l w i rksamen Subs tanzen getroffen wurde - - der exak te wissensehaft- l iehe Beweis durch das E x p e r i m e n t s teh t hierfi ir wie ffir den Weg, auf dem die sch~tdigende Subs tanz in den menschl ichen K6rpe r ein- t r i t t (sei es dureh Berf ihrung mi t S t aub oder Wasser , sei es dureh Ein- a t m u n g emana t ionsha l t ige r Luft) , j edoeh noch bUS.

Wohl wurde die Frage naeh der Krebsh~ufung in Schneeberg aueh experi- mentell angegangen: Hiirting verftitterte Pilze aus den Sehneeberger Gruben an M~use, Arnstein Grubensehlamm und injizierte aul3erdem tlatten Pilzkulturen intratracheal. Schmidtmann untersuehte in ausgedehnten, langdauernden In- halationsversuehen die Wirkung des Sehneeberger Bohrmehls und konnte hierbei

ohne allerdings Tumoren zu erhalten - - dem Arsen eine Bedeutung ftir Hyper- plasien des Bronehialepithels zuweisen. /Rostoski und Saupe stellten Inhalations- versuche mit Radiumemanation an; ihre Tiere fielen jedoeh einer Coceidien- erkrankung zum 0pfer. Pirchan und Nikl ktindeten 1932 Versuche mit weil3en M/~usen im Joaehimsthaler Grubengebiet an, deren Ergebnisse jedoch bislang nieht ver6ffentlieht wurden.

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Auf Grund des wissenschaftl ichen Interesses und der gewerbe- hygienischcn Bedeutung ergibt sich die Berecht igung erneuter Unter - suchungen. So wurden im Auftrage des Reichsausschusses ffir Krebs- forschung yon Dr. Brandt-Dresden Tierversuche an Ort und Stelle in den Schneeberger Gruben in Vorschlag gebracht.

Versuchsanordnung, Methodi/c. Als Versuchstiere wurden weiBe Mhuse gewghlt, die nach Literaturangahen

(Slye, Holmes und Wills) eine Neigung zu Lungentumoren bei m~nnlichen und weiblichen Tieren aufweisen sollen, w~hrend sonst weibliche Tiere bevorzugte Tumortr~ger sind (Tyzzer, Haaland u.a.). Die Spontanlungentumoren in groflen Versuchsreihen betrugen bei ,,gew6hnliehen" weil~en M~usen 2--3% (Si/~l, Slye u.a.). Unsere weiBen M~use stammten yon einem H~ndler, der seit Jahren die medizinischen Institute der Universit~t Leipzig mit Versuchsmausen beliefert, grSBtes Interesse an der Tumorfreiheit seiner St~mme hat, uns seit Jahren jeden Spontantumor ,,zu wissenschaftlichen Zwecken" fiberl~gt und hierbei nur wenige Mammatumoren abliefern konnte. Ein geh~uftes Auftreten yon Spontantumoren konnte bei seinen Tieren auch in langdauernden Versuchsreihen nie beobachtet werden. Die zu Versuchen verwandten m~nnlichen und weiblichen, iiber ein Jahr alten Tiere (Slye) wurden in 6 Drahtk~figcn im Schneeberger Bgrgbau derart ausgesetzt, dab sie sich stets in der 1N'~he eines Bergarbeiters, also ,,vor Oft" be- fanden. Ein eigens hierftir angestellter W~rter versorgte die Tiere t/~glich mit Brot, Hafer, Milch und Wasser. Jede tote Maus 6ffnete er dutch ventralen L/~ngs- schnitt, injizierte vorsichtig in die Trachea mittels l~ekordspritze FoHnol und iibersandte das Tier nach Formolfixierung an das hiesige Institut. I-Iier wurde die Sektion vorgenommen, alle Befunde aufgezeichnet und nach Paraffin-Celloidin- Einbettung das Brustpaket einschlieglich der Halsorgane in Serien-, alle iibrigen Organe in Stufenschnitten untersucht. (Von den endokrinen Organen konnten bislang Schilddriise, Nebennieren und Keimdriisen untersucht werden.) Gef~rbt wurde mit Hamatoxylin(B6hmer)-Eosin, nach van Gieson, auf Eisen und Amyloid. In der Zeit yore 28. III. 1936 bis 13. VIII. 1937 waren in Schneeberg 48 Tiere im Versuch, yon denen 28 starben, 2 zum Zweck der Untersuchung auf radio- aktive Speicherung au das Institut fiir physikalische Grundlagen der Medizin (Prof. Dr. Ra]ewski) Frankfurt a.M. iibersandt und 26 Tiere zu vorliegender Arbeit untersucht wurden.

Be/uncle.

Vor der Zusammcnste l lung der erhobenen Tumorbefunde soll eine kurze zusammenfassende Beschreibung der i ibrigen Ver~nderungen so- wie einzelner Besonderhei ten gebracht werden.

Die Versuchsdauer schwankte zwischen 2 und 370 Tagen, Fas t s~mtliche M/~use s tarben an In fek ten der Atemwege - - sei es einer Bronchit is oder mehr oder weniger ausgedehnten, im histologischen Bild vorwiegend serSs h~morrhagischen, selten eitrigen, e inmal (Maus 2) abscedierenden Pneumonie . In 4 F/~llen schien ffir den Tod eine Nieren- sch/~digung - - 2real (Maus 9 und 17) in Form einer degenerat iven tubul~ren Sch/~digung und 2real (Maus 1 und 5) in Form einer ascendie- renden Pyelonephri t is - - mi t verantwort l ich. Bei le tzteren F/~llen fand

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sieh - - bei ms Ms - - auch stats eine ehronische Ent- ziindung der Blasenschleimhaut und einzelner Genitaldrfisen (Prostata, Samenblasen).

Auffalland war bei ss Tieren die Ver~nderung der Bronchial- schleimhaut. So land sich hier eine mit der Ls der Versuchsdauer zunehmende stets deutliehe, tails frischere, tells chroniseh rezidivierende Bronchitis, vorwiegend in Form eines Desquamativkatarrhs (Abb. 1). Einzelne Zellen zeigten ein aufgequollenes Plasma, das stark eosinophil, zum Teil etwas sehmutzig anfs war. Ihr Kern war zum Tell gr61~er

als gew6hnlich und auffallend chromatinreich, zum Teil py- knotiseh. Stats war eine Anzahl der Zellen yon der Unterlage gel6st, wie ausgebrochen, und lag zum Tail auf den benach- barren Zellen. Von dar Naeh- barsehaft aus, in der sich deut- liche Zeiehan der Regeneration - - wie Kernunruhe und zum Teil aueh Kernteilung und Mehr- kernigkeit einzelner Z e l l e n - fanden, wurden diese yon Zel- len entbl613ten Bezirka wieder epithelialisiert. In der Form der Ze]len zeigte sieh hier der bekannte Unterschied: gegen-

Abb. 1. M a u s 2 4 (85/1). O b j e k t i v D . Wergrbi3erung fiber den normalen hohen zy- 275 fach. 1 Bronchiolus te rminal i s mi~ de squama t ive r

Bronchit is , Zen- und Kernrunruhe . lindrisehen,inkleinenBronehien mehr kubisehen, hell plasma-

tisehen, zum Tell schleimbildenden, zum Tail flimmerhaarbesetzten, stets einschiehtig gelagerten Zellen bestanden die Regenerate aus kleinen kubischen bis flachen Epithelien, die keine Flimmerhaare aufwiesen, keinen Schleim produzierten und h/~ufig mehrschiehtig, zum Teil papill~tr in das Bronehiallumen hervorragten. Diese Ver~nderungen fanden sich auffallend regelms am Ende der terminalen Bronchiolen im Bereieh des Uberganges yon Bronchial- in dam Alveolarepithel, wo sie hs in Form yon Zellknospen in die benaehbarten Alveolen hineinragten. Mehr- faeh waren die Bronehien stellenweise verengt, basonders am Anfang des terminalen Bronehiolus, mehrfaeh ektatisch erweitert bei ausge- prggtem Emphysem der Lungen und enthielten in einzelnen Ausbuch- tungen bisweilen hyaline Kugeln und retinierte Epithel- und Schleim- n l 3 ~ s s e n .

Reproduktion aller Abbildungen 9/~o 0riginalgr61~e.

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In einem Fall (Maus 3) fanden sich in den vorderen abhs Partim~ a, uff~l~e~d s ~ r k e Bronehiekt~sen mit einer zum Tell cystise}~ei~ Erweiterung der belfifteten Alveolen. Der zugehSrige Hauptbronehus, in dessen Umgebung sieh diehte Rundzellinfiltrate fanden, war hier in den Serienschnitten unterbroehen. Er sehien yon kalkha,rten Bron- ehialsteinen versehlossen gewesen zu sein, die yon der teehnisehen Assistentin beim Sehneiden (naeh deren Aussage) mit einer Lanzette entferI~t waren. I m ]3ereich der erweiterten Bronehien und Alveolen fand sieh ein mehrsehiehtiges Epithel yon plattenepithelartigem Cha- rakter, das sehMenfSrmig abgesehilfert neben v611ig amorphen, stark

Abb. 2. l ~ u s B (37/5). Objekti\, D, YergrSBerung g75I~c]a. Pl~ttenepit,b.el~'tigc ]gpii, heImet~pl~uie cle~ Alveolarcpithels bei cholesteatomartiger Degeneration, ch~oniseher Bronchitis, Bronchektasie

und ~Bronchialstein.

fettkrystallhaltigen M~ssen die Hohlrs erftillte (Abb. 2). Die Sep- ten waren zum Teil komprimiert, zum Teil ~usgezogen, zeigten ms zellh~ltiges Stromg und bildeten zum Tell papillen~rtige Knospen yon mehrsehichtigem kleir~- und flgehzel[igen Epithel. In einzelnen AI- veolen f~nden sich neben desqu~mierten Alveol~repithelien und Rund- zellen einzelne Fremdk6rperriesenzellen mit Fetteinschliissen.

I m Stroma um d~s Grundh~utchen der Epithelien - - zum Tell in deutlich endothelausgekleideten Lymphrs zum Teil in der Grund- subst~nz der B~sMmembr~n und dem angrenzenden Bindegewebe - - fanden sich in weehselnder Ausdehnung die Zeichen einer Entziindung: So waren in zeitlieh jiingeren F/~llen leukocyt/~re Infiltrate, fibrinoide Durchtr~nkung und Niedersehl~gsbildungen in dem 6demat6s aufge- lockerten Bindegewebe deutlich, w/ihrend sich in sp~teren Stadien neben diesen Vergnderungen stets wechselnd reichlich lymphocyti~re Infi l trate und fibrSse N~rben fanden: die Zeichen der chronisehen, zum Tell rezidivierenden Entziindung.

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In einem Fall (Maus 16) land sieh im linken Lungenoberlaploen zentral ge- legen ohne nachweisbaren Zusammenhang mit einem grSl~eren Bronchus ein nm- schriebener tumorartiger Bezirk, der eine deutliche Struktur (etwa Papillen- bildung usw.) vermissen liell. Er war aufgebaut aus im ganzen unregelm~tligen doch einander immer wieder ~hnliehen Ze]len, die nur zum Tell in epithelialem Verband lagen, ein deutlieh eosionophiles Plasma zeigten und am ehesten an Alveolarepithel erinnerten. Zwischen ihnen liel~en sich einzelne ]?aserziige und Capillaren nachweisen. Die Kerne der Zellen waren ungleich, zum Teil bl~schen- f6rmig, zum Teil pyknotisch, vielgestaltig. Im Plasma einzelner Zellen fanden sich Einsehltisse nach Art der Oocysten bei Coccidiose. Das den Bezirk umgebende Lungengewebe war etwas verdr/tngt, komprimiert und enthielt in den Alveolen groBe, zum Teil abgeschilferte Alveolarzellen, die denen des Herdes durchaus gleich waren, neben ser6s h~morrhagischem, zum Tell ze]ligem Exsudat und einzelnen riesenkernhaltigen Zellen. Im rechten Unterlappen der gleichen Lunge land sich ein durch fibr6ses Granulationsgewebe abgekal0selter , abgestorbener Wurm. Da ein sicherer Entseheid fiber die Art der aufgezeigten Ver~nderungen in dem leider schon etwas faulen Material nicht gef~illt werden konnte, wurde der Fall ftir die Tumorfrage (siehe unten) ausgeschaltet. Immerhin mutl der Ver- dacht bestehen bleiben, dal~ es sich auch bier um tumorartig umschriebene Wachs- tumsvorg/inge am AIveolarepithel handeln k6nnte.

Die S taubablagerung war im ganzen gleichbleibend ms ausge- pr~igt. Regelm~l~ig fanden sich mit zum Tell eisenhalt igem Staub beladene Zellen - - vorwiegend alveol/ire, zum Teil aber aueh bron- ehiale Epi thel ien und Makrophagen - - auf der Oberfls des Bron- ehialepithels - - ohne dab eine Beziehung zu den oben besehriebenen entzfindliehen Vers sieher naehzuweisen war - - und in ein- zelnen Alveolen, hier bisweilen zu riehtigen A1veolarpfr6pfen zusammen- liegend. Des weiteren fand sich Staub in den Lymphspa l t en der Septen - - zum Teil in Ze]len, zum Tell in Tropfen - - , stellenweise im perivaseuls per ibronehialen Gewebe in Form von Hs ohne dal~ hier eine bindegewebige geak t ion zu beobaehten war : Chalikotisehe Kn6 tehen konn t en n icht festgestellt werden. Hs fand sieh Staub auch in grollen Makrophagen im Stroma und den Sinus der Lymph- drfisen.

Das lymphat isehe Gewebe im Bereich des Lungenabflusses war wechselnd ausgepr~gt, teilweise zeigten die Lymphdr i i sen Zeiehen yon Verfet tung (besonders im Bereich der Sinusepithelien), zum Teil befand sieh mediast inales Fet tgewebe in lymphat iseher Umwandlung . Stets war eine En tz t indung der Lymphdr t i sen ausgeprs So l and sieh t i n weehselnd starker zum Teil hs und eitriger Sinuskatarrh, meist eine ausgepr~gte Lymphopoese und eine deutliehe, zellig pro- l iferative Reakt ion des Stromas. I n einzelnen ]?s fanden sieh in dem Sinus fibroplastisehe Obliterationsvorg/inge neben fibr6sen Ver- na rbungen : also aueh hier die Zeiehen ehroniseher rezidivierender En t - zi indungen. Aui die Tatsache des bei der Maus anseheinend sehr aus- gepr~gten funkt ionel len Ausgleiehes zwisehen lymphat i sehem und Fe t t -

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Experimentelle Untersuehungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses. 217

gewebe soll an dieser Stelle, ohne darauf n/iher einzugehen, nur hin- gewiesen werden.

Ahnlich den Vergnderungen im lymphatisehen Gewebe der Brust- h6hle fanden sieh Vergnderungen an der Milz: Sic war im ganzen hgufig vergr613ert und zeigte die deu~lichen Zeichen einer meist chroni- sehen Entzfindung mit weehselnd ausgeprggten Lymphfollikeln, zum Teil mit Keimzentren, und einer Hyperplasie des Retieulums. In der Pulpa fanden sieh hgufig riesenkernhaltige Zellen und myeloisehe Herde neben den Zeiehen eines oftmals ausgeprggten Erythroeyten- abbaues. In einem Falle (Maus 19) war eine ausgesproehene Myelose der Milz deutlieh, ohne dab sieh sonst im Organismus etwa Zeichen ffir Vergnderungen im Sinne einer myeloisehen Leukgmie oder Aleu- kgmie gefunden hgtten. Einige Male konnten groBe Staubzellen im Retieulum und den Sinus beobaehtet werden - - ghnlieh den Makro- phagen in den Lymphdrfisensinus. In 3 Fgllen fand sieh ein vorwiegend follikulgres Amyloid, hiervon 2 real (Maus 1 und Maus 9) bei gleiehzeitiger ausgeprggter Nierensehgdigung, wghrend es sieh im 3. Fall (Maus 7) um eine Maus mit den Zeiehen ausgeprggter ehroniseher Bronchitis und Bronehektasenbildung handelte.

Bei fiber 50% der Fglle (15 Tiere) fanden sieh Parasiten. Es han- delte sieh hierbei neben Coeeidien um WOrmer, wohl zur Gruppe der Strongyliden gehSrig, die zum Teil in der Leber in grogen Blasen, bisweilen mehrfach abgekapselt, zum Tell in der Lunge, 1 mM in einer derb-fibrSsen Narbe und 1 mal im vorderen Mediastinum, naehgewiesen werden konnten.

Auf die Parasiten oder zum Teil banale in den vorliegenden Unter- suehungen nieht erfal3bare Darminfekte mfissen wohl die hgufigen Zeiehen herdf6rmiger chroniseher EntzOndung in Form kleiner, meist im periportalen Lgppchenanteil gelegener Granulome, sowie ein Teil der perivasculgren Rundzellinfiltrate im Glissonschen Gewebe der Leber bezogen werden. Sonst lieBen sich in der Leber keine wesentliehen Befunde erheben - - abgesehen yon einer wechselnd starken Reaktion des reticuloendothelialen Systems (Maus 11 zeigte eine auffallende Vermehrung und Schwellung der Kup//ersehen Sternzellen mit geringer Staubspeicherung, m6glicherweise als Ausdruck einer generMisierten Staubeinschwemmung in die Blutbahn) und degenerativen Zeiehen am Parenchym in Form hyalin-trolofiger Entartung, feintropfiger Verfet- tung, Vakuolisierung des Plasma und weehselnd ausgeprggter Kern- unruhe.

Auffallend waren die Befunde in der Sehilddrfise. Wghrend norma- lerweise die Sehilddrfise der Maus aus regelmggigen, mittelgrogen, hgufig kolloidfreien Follikeln mit regelm/igigem, kubisehem Epithel besteht, zeigten sich hier mit zunehmender Versuehsdauer auffallende

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218 H. t~. D6hnert:

Ver~nderungen. So wird mit der Zeit das Bild des Gesamtaufbaues unruhig: eystiseh erweiterte kolloidhaltige Follikel mit flaehem, mehr basophilem Epighel und kleinem, dunklem Kern weehseln mit Follikeln, die starke Polsterbildung der Epithels~ume zeigen (Abb. 3).

Die Zellen sind hier zum Teil wabig hell, vakuolisiert, zum Tell auf- fallend hoeh und sehmal, zeigen untersehiedliehe zum Tell ehromatinreiehe lgngssgestreekte neben pyknotisehen Kernformen und ragen zum Tell mehrsehiehtig naeh Art pa.pi|l/trer Wueherungen in das Lmnen eystiseh erweiterter Follikel vor. Mehrfaeh fanden sieh an pal0ill~re Cystadenome

(Maus 21 und 10) erinnernde Bildungen, bei Naus 22 und 24~ umsehriebene Ade- nomknoten (Abb. 4). SehlieBlieh fan- den sieh neben diesen Ver~nderungen unregelm~ftig angeordnete solide Epi- thelhaufen, die polymorphe Zell- und Kernbilder - - zum Teil groge mehr- kernige Zellen neben kleineren - - zeigen, zwar im allgemeinen eine gewisse Ord- hung in der epithelialen Lagerung er- kennen lassen - - sie zeigen fast regel- m/tl3ig eine deutliehe basale Begrenzung

- - doeh bieten sie alle Zeiehen ge- steigerter Degenerations- und Waehs- tulnsvorg/tnge (Abb. 5): eine Tatsaehe, die aueh dureh die Vergr6Berung des ganzen Organs in solehen ]~'~llen unter- striehen wird. Stets fand sieh hierbei aueh ein eapillarreiehes, sehmales

Abb. 3. Mausl3 (13/2). Objektiv I). Ver- gr6Berung 250 f~eh. Cystiseh erweiterte Stroma mit gegeniiber normalen Sehild- ~'ollikel mit Bildung yon Epithelpolstern. dri isen auffa l lendem Re ieh tum an spin-

delf6rmigen Kernen und Caloillar- sprossen. In einem Fall (Maus 22) maehte die ganze Sehilddriise einen tumorartigen, zum Teil papill/~r adenomatSsen Eindruek, wobei aueh wieder besonders die groBe Unruhe, ja Atypie der Kerne auffiel.

Ahnliehe, doeh wesentlieh geringere und rUhiger geordnete Waehs- gums- und Degenerationsvorg~nge konnten aueh an einzelnen Speiehel- driisen des Halses beobaehtet werden. Weitere bemerkenswerte Ver- /~nderungen konnten an den untersuehten (s. o.) Organen mit innerer Sekretion nieht festgestellt werden.

Lediglieh einmal (Maus 23) fand sieh eine eystadenomartige Ver- gr6Berung der reehten Samenblase mit regehnS$igem, zylindrisehem Epithelbesatz bei deutlieh vermehrter papill/~rer Anordnung desselben. Im iibrigen waren die Genitalorgane, abgesehen von oben besehriebenen

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E x p e r i m e n t e l l e U n t e r s u c h u n g e n zur F r a g e des Schneeberge r Lungenkrebses . 219

Abb. 4. Maus 22 (37/1). Objektiv D. VergrOI3crung 200fach. PapillSrcs Adenom der Schilddr(isc.

Abb. 5. 5Iaus 24 (81/1). Objektiv D. VergrSBerung 185fach. Ausgedehnte vakuolige :Epitheldegeneration, Epithelproliferation, Kcrnatypie, Riesenkerne und

papill~res Cystadenom tier Schilddrfise.

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220 H . R . D6hner t :

B e f u n d e n , f re i v o n b e m e r k e n s w e r t e n V e r / t n d e r u n g e n , s t e t s m e h r o d e r

w e n i g e r a t r o p h i s e h , o h n e d a b s ich j e d o e h h i e r f i i r e ine n a e h w e i s b a r e

G e s e t z m ~ B i g k e i t a u f z e i g e n lieBe.

T u m o r m i i u s e .

Maus 12. Versuchsdauer ]38 Tage, 31. I I I . 1936 bis 15. V I I I . / 9 3 6 , in K~fig 7, Kathar inaf lachen bei Weii~er Hirsch, 22 m-Streeke.

Makroskopischer Befund: Groge m/innliche Maus, etwas struppiges Fell. Pneumonie in beiden Lungen mit fibrin6s-eitriger Pleuritis. Im hinteren Media-

Abb. 6. ~faus 12 (81/1). 70 ram. Vergr6gerung 6,5fach. Ynpill~ircs Adenocareinom der Lunge mit Einwachsen in den tIauptbronehus.

s t inum unterhMb des Herzens, d~s hochgel~gert erscheint, etwa kirschkerngroBer, mi t der Umgebung verwaehsener, fester Tumor, dessen Wurzel nach der Bifur- kat ion reieht. Leber blal~, verfettet , anttmiseh gefleckt, mi t grofler Parasitenblase.

Mikroskopiseher Befund. Brustpaket : Beiderseits Pleura herdfOrmig fibrinoid- nekrotiseh, entziindlieh infiltriert und verdiekt neben einzelnen fibr6sen Sehwielcn, die Staub und Rundzellen enthMten. FibrinSs-eitrige Perikgrditis und vordere Mediastinitis. Im vorderen Mediast inum ein runder Wurm. Beide Lungen mit Ausnahme des rechten Unterlgpi0ens wechselnd stark, besonders am Rand, ge- bl/tht. In den Alveolen einzelne desquamierte grol~e Zellen mit ]euchtend brgnnem Eisenpigment und dunkelbraunem Stgub beladen. Um die zum Tell erweiterten Bronchien einzelne fibrinOs, wenig zellig ausgefiillte Alveolen. Hypertimie. Wenig

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Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses. 221

perivaseul/~rc Rundzellinfiltrate, stellenweise loeribronchiales 0dem und Infiltrate neben einzelnen peribronchialen Fibrosen. HerdfSrmige fibrinSs eitrige Bronchitis. Defcktc und Metaplasien des Epithels. Im Interstitium ncben Eisenpigment wenig, teils in Zellcn (Lymphbahnen), teils schollig abgelagcrter Staub. Der rechte Lungenunterlappen wird eingenommcn yon einem l~ppchenfSrmig gebauten Tumor (Abb. 6), d e r n u r in dell Randpartien wenig erhaltenes Lungengewebe zeigt, das zum Teil kollabiert und verdrgngt, zum Teil stark geblght ist, und hintcn unten von einer derb-fibrSsen Schwiele durchzogcn wird. Die kollabierten Teilc gehen zum Teil in eine dcrb-fibrSse, den Tumor umgebende Kapsel tiber, die sieh an anderen Stellen nur fleckfSrmig, von Tumorgewebe durchbrochen nachweisen l~iBt. Der Tumor ist aufgebaut aus soliden mehr peripher gelegenen Partien, in denen polymorphe, in reger, meist amitotischer Teilung befindliehe plasmareiche, vorwiegend polygonale Epithelien vorherrschen und aus papillgren mehr zentral gelcgenen Teilen. Diese Papillen zeigen ein m/~gig zellreiches Stroma und einen regelmgl3igen vorwiegend einsehichtigen Zellbclag. Die Zellen sind zum Teil zylindrisch, regelmgBig, zum Teil weisen sic ausgesproehene Polymorphie und Kernatypie yon B1/tschenform bis Pyknose auf. Ganze Tumorabschnitte sind nekrotisch, in stark verfetteten Detritus umgewandelt. Der Tumor ragt zapfen- f6rmig, zum Teil yon fibrinoiden Massen umgeben, in den Hauptbronchus bis zur Bifurkation vor.

Die LungenabfluB- und tIalslymphdrtisen sind wechselnd zellreich, zeigen weite Sinus mit zellig serSser, h~morrhagischer und fibrinoid-nekrotisierender Entztindung. Das Fettgewebe ist bei mgl~iger Zellbildung zum Tell in Lymph- gewebe umgewandelt. Das Oesophagusepithel zeigt starkc Verhornung. Die Trachealknorpel sind verkalkt. Die Schilddriise ist klein, zeigt unrcgelm/~i3igc, zum Teil kollabierte Follikel mit wechselnd unregelmaBigem flachen, zum Teil kubischen Epithel und mgl3iger Kernatypie. Die Milz ist klein, atrophisch, kon- trahiert, zeigt wenig diffuses lymphatisches Gewebe, geringe zellige lqeaktion der Pulpa und Hyper~Lmie, Erythrophagie und tt~mosiderose.

Nicre: Stauungshypcr~mie mit kleinen Blutungen, 0dem. Einzelne Rund- zellinfiltrate unter der Schleimhaut des Nierenbeekens und loerivascular in dcr l~inde.

Leber: GroBer abgekapseltcr Wurm. Geringe Kernreaktion, Schwellung der Endothelien, geringe Epitheldegeneration.

Mgnnliches Genitale o. B. Tumordiagnose: Papill/ires Adenocarcinom des rechten Lungenunterlappens.

Maus 23. Vcrsuchsdauer 291 Tage, 28. III. 1936 bis 12. I. 1937, in K/~fig i I , Schrotschacht Fiirstenbaue fiber Gabe-Gottes-Tag-Strecke.

3/[akroskopischer Befund: Dunkelrote, zum Tell gebl~hte Lungen. Gefleekte Leber. Kleine Milz. Auffallend grofte Samenblase rechts.

Mikroskopischer Befund: Gebl~hte Lungen. Hyper/~mie mit einze]nen Rand- atelektasen und Hypostase. Weite, zum Teil peripher ektatische Bronchien mit chronisch desquamativer Bronchitis bei h~ufig fleckfSrmiger Abflachung des Epithels, das zum Teil mehrschichtig ist und Kernteilung aufweist. In einzelnen Alveolen Amyloidkugeln, zum Teil verkalkt. Pcribronchial ausgepr/igte Rund- zellinfiltrate, einzelne Fibrosen und mi~gig fleekf6rmiges, entztindliehes ()denl. Im linken Oberlappen zentral im Bereieh eines erweiterten Bronchus unseharf begrenztes papillotes Adenom (Abb. 7.) Die Zellen sind vorwiegend zylindriseh bis kubiseh, regelm/tgig und zeigen n~gl3ige Proliferation. Das Stroma ist in/~Big zellhaltig. In der Umgebung des zugeh6rigen Hauptbronchus umschriebene diehte l~undzellinfiltrate. Staubzellen besonders in den A1veolen der ektatischen Lungen- bezirke. Verkalkte Trachealknorpel.

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222 H . R . D6hnert:

Schilddrtise: I{yper/~mie. Einzelne adenomatSse Cysten mit Polstern, Epithel- degeneration und unregelm/~13iger Proliferation.

Leber: Hyper~mie. Wenig Kernreaktion, wenig 10erivaseul~re Rundzell- infiltrate.

Milz: Hyper~mie. Reiehlich lymphatisehes Gewebe ohne Keimzentren mit H~mosiderose in den Follikeln und der Pulpa, sowie reichlieh Staubmakro-

phagen in den Sinus. Niere: Geringe tubuli~re

Epitheldegeneration. Kalk- zylinder. Perivaseul&re und subnmk6se Rundzellinfiltrate.

Tumordiagnose : Papill~res Adenom des linken Lungen- oberlapl0ens.

Maus 25. Versuchsdauer 97 Tage, 7. XI. 1936 bis 12. II . 1937, in KMig 10, Schrotsehaeht, t~iirstenbaue ( 10-Laehter- Strecke).

Makroskopischer Befund: Linker Oberlappen stark kom- primiert und n~eh unten ver- dr~ngt. Im besonders linken oberen vorderen Mediastinum gelegener grogknotiger, mit der Umgebung zum Teil ver- wachsener Tumor, br6cklig weig und welch (Abb. 8). Pa- rasitenblase der Leber. Kno-

Abb. 7. Maus 23 (13/1). Objektiv B. VergrSgerung 67faeh. tenfSrmige, etwa steeknadel- Papilliires Adenom der Lunge. kuppengroBe Pakete auf dem

Psoas. Groge Milz. Mikroskopiseher Befund: Im vorderen Mediastinum rundzelliger Tumor, der

das Fettgewebe vSllig durehsetzt, zum Teil knotenf6rmig gelagert ist und die Reste yon Lymphdrtisenkapseln noeh erkennen lagt, zum Teil diffus in das um- gebende Gewebe, die Muskulatur, Gef~Badventitia und in Form breiter peri- vaseulgrer S&ume in die Lungen eindringt (Abb. 9). Der Tmnor besteht aus weehselnd kleinen plasmaarmen Zellen, versehieden groB, meist etwas gr613er als Lymphoeyten, mit ausgesproehener Kernunruhe und -atypie: Pyknose, B1/~sehen- form, Mehrkernigkeit, amitotisehen und bizarren Kernteilungsformen. Zwisehen diesen Zellen einzelne gr613ere retieulumzellartige mit bliischenfSrmigem Kern neben wenig Fasern.

Die Lungen sind, besonders der linke Oberlapl3en , stark verdrg~ngt und kom- primiert, zeigen in den zum Teil kollabierten Partien Hyperamie und Hypostase neben einzelnen Atelektasen. In den Bronchien ehronisehe, zum Tell desquama- rive Bronchitis mit l~egeneraten, Mehrsehiehtigkeit und Metaplasie des Epithels. Im reehten Lungenunterlappen fibrSs-abgekapselter Wurm, zum Teil verkalkt. Wenig Staubzellen an der Oberflgehe der Bronehialschleimhaut, in den Alveolen und im Interstitium. Verkalkte Traehealknorpel.

Sehilddriise: Einzelne kleine Kolloideysten mit geringer p~pill~rer Wueherung des Epithels, das sonst kubiseh ist, mit wenig Degenerationen und geringer, doeh deutlieher Kernunruhe und Atypie.

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Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses. 223

Abb. 8. Maus 25 (69/1). 70ram. Vergr6gerung 6fach. Sarkom des mcdiastinalen lymphatischen Gewebes mit Einwachsen in Umgebung und Lunge.

Abb. 9. Maus 25 (69/1). Objektiv F. VergrS~erung 740fach. Sarkom des mediastinalen lymphatischen Gewebes: ausreifende, f~serreiche, zellige Bezirke.

Leber: Cyanose. Weehselnder Kernzustand. Perivascul~r ausgedehnte, intra- lobul~r einzelne Infiltrate aus polymorphen Rundzellen, entsprechend oben be- sehriebenen Tumorzellen, die zum Teil in das periportale Lebergewebe unter Ver- dr/~ngung und ZerstSrung desselben eindringen. Groger Wurm mit fibrSser Kapsel.

Milz: Grog, fast v611ig aufgehobene Struktur. Starke Zellbildung. Die Zellen gleiehen den Tumorzellen. Wenig I/eticulumzellen. Vereinzelt Megakariocyten.

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2 2 4 H . R . D6hnert:

Niere: Hyper~mie. Reichlich ausgepr~gte, aus oben besehriebenen Tumor- zellen bestehende perivascul~tre Infiltrate.

Knoten auf dem Psoas: GroBe abgekaloselte Knoten yon gleichem Aufbau wie oben besehriebener Tumorknoten. Die Kal0sel und das umgebende Binde- und Fettgewebe sind von Tumorzellen durchsetzt. Einzelne bizarre Kernfolmen, wenig Reticulumzellen.

Miinnliches Genitale: Cystitis. Chronische Prostatitis. Tumordiagnose: Sarkom, ausgehend vom Mediastinallymphgewebe. Meta-

stasen (systematisierte Generalisierung 2) in Milz, Leber, Niere und Psoaslymph- drusen.

Maus 6. Versuehsdauer 89 Tage, 30. III. 1936 bis 26. VI. i936, in K~fig 9, Abbau bei Sauschwart.

Makroskopiseher Befund: GroBe weib]iehe Maus. Lunge klein, lest, dunkel- rot, im vorderen Mediastinmn kirsehkerngroi~es Masses, gelaloptes , festes, ge]b- weiges Tumorloaket, das die oberen Luftwege und Gef/igabg~inge am Herzen um- sehlie~t. I)unkelgef]eckte, blasse Leber. GroBe graurote Milz.

Mikroskopiseher Befund: Vorherrsehend in s~imtliehen Gesiehtsfe]dern tumor- artige Ze]lhanfen, die Yore Mediastinum in die Umgebung reiehen, die Muskulatnr auffasern und zerstbren, am Perikard und Epikard zum Tell diffus, zum Tell knoten- f6rmig angelagert sind und sieh in Form breiter Zelhn/intel in die Lungen loeri- vaseulgr und peribronehial erstreeken, hn Bereieh der mediastinalen Haupt- knoten sind zum Tell die Unlrisse der in den Tumor einbezogenen, strukturlosen Lymphdrtisen noch an Kaloselresten zu erkennen. Die Tumormassen selbst be- stehen aus diffus, zum Teil alveol/~r gelagerten, anffallend plasmaarmen Zellen mit tells etwas gr613eren bl~sehenf6rmigen, teils kleinen pyknotisehen, im ganzen nn- regelmg[3igen Kernen. H/~ufig linden sieh amitotische, zmn Teil tril0olare Kern- teilungen neben einzelnen Riesenzellen. Die Zellen sind im ganzen loolymorph, etwas gr6ger als Lymphoeyten. Zwisehen den Zellen finden sich nur wenig gr6Bere bl/~sehenkernhaltige, an ~etieulumzellen erinnernde Zellen und einzelne Fasern und F/tserehen. Zentral um die Trachea und grol]en Bronehien liegt Bin Saum ganz indifferenter, etwas gr61~erer Zellen mit bl~sehenf6rmigem Kern und basophilem Plasma (Abb. 10). Die Lagerung ist hier syneytial, stellenweise an epitheliale Formationen erinnernd. Diese Zellen reiehen bis in die Submucosa der Trachea, sind jedoeh u Sehleimhantepithel stets zu trennen, auch wenn dieses zum Teil aufgeloekert nnd von kleinen Rundzellen durehsetzt ist. t?eripher gehen diese Zellbezirke in oben besehriebene Tnmorhaufen weehselnd diffus tiber.

In den Lungen, besonders seitlieh und paravertebral, h/imorrhagiseh ser6ses, zum Teil zelliges Exsudat in den Alveolen neben einzelnen kleinen Atelektasen. In den Alvolen reiehlieh Zellen, die mit braun gefiirbtem, zum Teil k6rnigem, racist tropfigem Staub beladen sind. Starke Stauung. tIyl0eramie der Lunge. Geringe Bronchitis mit herdf6rmigen Epithelregeneraten nnd Abflaehungen und geringer, zum Teil leukoeyt/~rer Infiltration der submue6sen Sehichten. Subpleural einzelne Rundzellinfiltrate (kleine lymphoeytfire Zellen). ]?ibrin6se Quellung und Ex- sudation im aufgeloekerten Epikard und in der Adventitia der Aorta. Ausgepr~gte Verkalkung der Trachea. Im ]~lut keine naehweisbare Vermehrung der weil]en Zellen.

Schilddrtise: Klein. Hyper~mie. M/~13ig kolloidhaltige l~ollikel, Epithel flaeh, zum Teil kubisch mit gr6f~eren, hellen, wabigen Zellen. Geringe Kernpyknose.

Leber: Odem. I-Iyper/tmie. Einzelne kleine l~eriportale Nekrosen und Granu- lome. Geringftigige perivaseul/ire und vereinzelte intralobul~re Zellinfiltrate, die naeh Art der Zellen oben bescbriebeneu Tumorzellen gleichen und auffallend starke Kernteilungen aufweisen.

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Experimentelte Untersuehungen zur l~rage des Sehneeberger Lungenkrebses. 225

Niere: In der Rinde vereinzelte Tumorzellinfiltrate wie in der Leber. Milz: GroBe unscharf begrenzte, m/~Big ausgepr~gte Lymphfollikel, zum Tell

zellreich, zum Teil nur Reticulum enthMtend. Hyperi~mie. Vereinzelt perivaseulhre Rundzellinfiltrate.

GenitMe o. B. Tumordiagnose: Sarkom, ausgehend yore MediastinMlymphgewebe. Meta-

stasen (Systematisierung!) in Leber und Niere.

Abb. 10. ~aus 6 (9/5). Objektiv A. VergrSl3erung 59fach. Sarkom des mediastinalen lymphatischen Gcwebes. Meristomartiger :Bezirk um die Trachea.

Maus 21. Versuchsdauer 82 Tage, 20. X. 1936 bis I I. I. 1937, in K~fig 10, Sehrotschucht, Fiirstenbaue (10-Lachterstrecke).

~[akroskopischer Befund: Dunkle Lunge, paravertebrM lest. Gro~e Schil& driise. Kleine Milz. 5 grol]e Coccidienblasen in der Leber und im Gekr6se.

Mikroskopischer Befund. Brustpaket: ttyper~mie der Lungen mit herd- f6rmigen Bli~hungen und vereinzelten Blutungen. Einzelne kleine Randatelek- tasen. Wenig perivaseul~re t~undzelIinfiltrate, weite perivascul~re und l~eri- bronchiMe Lymphr~ume, zum Tell mit geronnenen Eiweil~massen und einzelnen l~undzellen erfiillt. Mi~l~ig viel Staubzellen in den Alveolen und LymphspMten. VerkMkte TracheMknorpel. Rezidivierende Bronchitis und Tracheitis mit Epithel- metaplasie und zum Tell mehrschichtigen t~egeneraten.

Schilddrtise: GroB, cystisch, kolloidhaltige Partien mit teils degenerierten, teils polsterartig und papill~r proliferierendem Epithel, wechselnd mit soliden, kernatypischen Partien. In beiden Lappen umsehriehene Adenomknoten.

~ediastinales Fettgewebe zum Teil zu weiten Blutseen umgewandelt, die endothelausgekleidet sind und wechselnd zellreiches Stroma einschliel~en.

MediastinMe Lymphdrfisen, HMslymphdriisen (Abb. 11 und 12): Im ganzen groin, zeigen vereinzelt markige, zellreiche Randpartien, in denen kleine und groBe Lymphocyten liegen, neben auffMlend weiten zum Tell blut-, zum Tell blutserum-

Zeitschrift ftir Krebsforschung. 47. Bd. 16

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226 H . R . D S h n e r t :

Abb. ] 1. Maus 21 (93/5). Objek t iv A. VergrSl~erung 44la th . H~im~ngioendotheliom der mediastJnalen Lymphdrf i sen .

Abb. 12. M~us 21 (45/5). Ob jck t iv D. VergrS~erung 225fach. H~imangioendotheliom der Ha]s lymphdrf i sen ; a --- ret iculoendothclialer :B~,zirk, b -- zelliger Bezirk.

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Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses. 227

haltigen Sinus, zwischen denen ein zellreiches Stroma liegt, das neben reiehlich spindelfSrmigen Kernen anseheinend proliferierende und grSl3ere Rundzellen, zum Tell mit ausgepr~gter Kernatypie und bizarren Kernteilungsfiguren enth~lt. In einzelnen Sinus desquamativer und leukoeytgrer Katarrh neben Blutungen und Erythrophagie. Einzelne Lymphdrfisen gehen diffus in das umgebende Fett- und Bindegewebe bei gleichartiger Ver~nderung desselben fiber und greifen aueh auf eine Arterie unter Aufsplitterung deren Wand fiber.

Speicheldrfisen: Die Lgppehen zeigen eine gewisse Epithelunruhe: kleine degenerierte Zellpartien ]iegen neben normalen und grSl~eren Zellen mit geringer Kernatypie und Waehstumszeiehen. Das Stroma ist umgewandelt in ein lockeres, sehwammartiges Maschenwerk, in dem weite endothelausgekleidete Blut- und Serumseen liegen. In den Maschen des Stromas runde Zellen mit wechselnd aus- geprggtem Plasmasaum und stark polymorphen, zum Tell bizarren, pyknotisehen und atypischen Kernformen. Diese Vergnderungen gehen kontinuierlieh fiber in gleiehartig umgewandelte Lymphdrfisen.

Leber: Hypergmie. HerdfSrmige, besonders perivasculgre Zellinfiltrate und Granulo~ne. Die Infiltrate bestehen zum Tell aus grol~en polymorphen Zellen, dieht gedrgngt, mit Kernunruhe und Teilungen neben Capillarsprossen.

Milz: Stark hypergmisehe Pul]~a. M~gig ausgeprggte Lymphfollikel mit aus- geprggten groBzelligen Reaktionszentren, stellenweise ]3erivaseulgr anffallend dunkel hervortretende Rundzellinfiltrate.

Niere: Hyper~mie, 0dem, wenig submukSse und perivaseul/~re Rundzell- infiltrate.

Weibliehes Genitale o.B. Tumordiagnose: Tumorartige systematisierte Hgmangio~Retieulose im Be-

reich der mediastinalen und Halslymphknoten und der Speieheldrfisen. Adenome der Sehilddrfise.

Maus 13. Versuchsdauer 147 Tage, 30. III. 1936 his 23. VIII. 1936, in Kgfig 9, Sausehwart Ffirstenbaue.

Makroskopischer Befund: In den Lungen paravertebral einzelne kleine, dunkle, feste Herde, sonst geblght. Adipositas cordis. Geblghter ]:)arm. Groge blutreiehe Leber und Milz mit kirsehkerngroger Parasitenblase in der Leber. Reehts im Mesenterium vor der Niere liegender, lateral scharf begrenzter, blau- roter, milzgroger Tumor yon brSekliger Besehaffenheit, der medial in den ]?an- kreaskopf fibergeht.

Mikroskopiseher Befund. Lunge: Weite gebl~hte Alveolen, einzelne Atelek- tasen, herdfSrmige Blutungen. Chronische rezidivierende Bronchitis. Mgl~ig aus- gepr~gte perivaseul~tre und peribronehiale Rundzellinfiltrate neben Odem nnd Fibrosen. Mggig reiehlieh Staubzellen in den Alveolen, zentral im Bindegewebe und in den Bronehien. Einige subplearale Rnndzellhaufen. Traehealknorl~el verkalkt.

Schilddrfise: Mittelgrol~, unregehngBig gebaut, znm Tell weite eystische Follikel mit tells plattem, tells hohem Epithel, Epithelknos]~en und mgBiger Kernatypie.

Mediastinale, ttals- und inguinale Lymphdrfisen: Groge, vereinzelt in den Randpartien zellreiche lymphatische Bezirke, meist nur unregelmggig weite, zum Tell unfSrmige Sinus mit abgeschilferten Epithelien, in den mediastinalen Lymph- drfisen daneben Staubzellen. Die Sinus erseheinen zum Tell leer, zum Tell ent- halten sie Blut und Lymphe. Die ]~etieulumbalken sind auffallend zellreich: Rundzellen (gr51~er als Lymphoeyten) mit blaschenfSrmigen, zum Tell dunklen pyknotisehen und unregelmgl~igen Kernen liegen zwisehen reichlieh sph~del-

16"

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228 H . R . D6hnert:

f6rmigen, anscheinend hyperplastischen Reticulumzellen. Die Ver~nderungen greifen unter Durchsetzung der Kapsel auf das umgebende Bindegewebe und mediastinMe Fettgewebe fiber.

Lymphdrfisentumor im Mesenterium: Schwammartiger, zum Teil scharf fibr6s abgekapselter Tumor, der am Pankreas diffus in dessen Stroma fibergeht. Die Porch des Tumors sind zum Tell (peripher) zu weiten Blutsinus umgewandelt und endothelausgekleidet, zum Teil nur schmal und mit Lymphe und einzelnen Erythro- cyten geffillt. ])as Stroma ist wechselnd zellreich. Die Zellen sind zum Teil locker gelagert, spindel- und sternf6rmig, syncytial verbunden, mit kleinen, dunklen, zum Teil bl~schen- bis spindelfSrmigen Kemen, zum anderen sind sic dichter in angedeuteter Wirbelstellung gelagert. In den Maschen des Reticulums liegen wechselnd zahlreich kleine und gr61~ere lymphocytiire Zellen. In den zellreichen Partien ziemlich reichlich Kernteilungsfiguren und Riesenzellbildungen mit zum Tefl unf6rmigen Kernen. Die L~ppchen des Pankreas werden yon solchen zellreichen Partien sowie yon weiten kavern6sen Blutr~umen auseinander gedr~ngt. Die Grenze gegen das umgebende lockere Bindegewebe ist fliel]end unscharf.

Leber: I-Ierdf6rmige periportMe Nekrobiosen und Granulome, geringe Epi~hel- degeneration. Grol]er abgekapselter Wurm.

Milz. Grol3e weite Blutsinus. Periarterielle tumorartige l~eticulumhyperplasie mit l~iesenzellen und Kernatypie, dazwischen einzelne Rundzellen und myeloische Herde. Keine umschriebenen Lymphkn6tchen.

~iere: Lymphangitische Ureteritis. Herdf6rmige m~l~ig ausgepr~gte, chro- nisch interstitielle Nephritis.

Tumordiagnose: I-I~nmngioendotheliom der peripankreatischen Lymphdriisen mit systemartiger (inguinale, mediastinale, I-Ialslymphdrtisen und Milz) H~mangio- reticulose.

Maus 24. Versuchsdauer 303 Tage, 30. III. 1936 his 26. I. 1937, in K~fig 9, Sauschwart Ffistenbaue.

Makroskopischer Befund: Linkskonvexe Kyphoskoliose der Brustwirbels~tule. Paravertebrale Pneumonie. Coccidienblase der Leber.

Mikroskopischer Befund. Brustp~ket: I-Iyper~mie. Herdf6rmige, ser6s- h~morrhagische Pneumonie, rezidivierende Bronchitis mit Epithelabflachung und Mehrschichtigkeit, zum Teil mit papillgrer Hyperplasie des Epithels am (~ber- gang in die Alveolen. Perivaseul~tres und peribronchiales 0dem, nur zum Teil zellhaltig. Wenig subpleurale 1Rundzellinfiltrate. Reichlich Staubzellen auf der Bronchialschleimhaut, in den Alveolen und Lymphspalten. Verkalkte Tracheal- knorpel.

Schilddrfise: GroBe ungleichmgBige Follikel, zum Toil umschriebene papillgre Adenomknoten. Epithelien zum Teil vakuolisiert mit Pyknose der Kerne, zum Teil mehrkernige Zellen und Kolloidcysten mit papillgrer Zellwucherung und Kern~typie.

Lymphdrfisen: Die Halslymphknoten zeigen unregehn~Bige, zum Teil un- f6rmig weite mit Blut und Lymphe geffillte, neben leeren Sinus - - zum Teil bestehen sic im ganzen nut aus weiten endothelausgekleideten Blutseen. In einzelnen Sinus grol~e Staubzellen. Reticulum zellreich mit einzelnen Kemteilungsfiguren und gr6{teren ungleiehen Rundzellen. Die Drfisen sind an einzelnen Stellen yon gleich~rtig umgewandeltem mediastinalen Fett- und Bindegewebe nicht zu trennen.

Leber: Hyper~mie, 0dem. Perivaseul~tre 1Rundzellinfiltrate, periportale Granulome.

Milz: Mittelgroft, reichlich diffuses lymphatisches Gewebe mit Reticulum- hyperplasien. Keine Keimzentren. Hyper~mie. H~imosiderose.

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Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses. 229

Niere: HerdfSrmige Epitheldegeneration. Hyaline Zylinder. Rundzellen- infiltrate submuk6s pnd perivaseul~r.

Weibliehes Genitale: o.B. Tumordiagnose: Tumorartige H~nmngioreticulose der Halslymphdrt~sen,

Adenom der Schilddrfise.

Auswertung der Be/uncle. Zur Untersuehung kamen von den im Schneeberger Bergbau im

Versueh stehenden M~usen 28 Tiere, yon denen 2 nur makroskopisch untersueht und zur r~diologisehen Untersuehung (s. o.) abgegeben wurden.

Als st~tndiger und wesentlieher Befund wurde bei den Tieren eine rezidivierende Bronchitis mit wechselnd ausgedehnter Entziindung der Lunge beobachtet: Ver/tnderungen, auf die zum gr5Bten Teil auch im wesentliehen der Tod der Versuehstiere bezogen werden mug. Im Ver- laufe der Entziindungen kam es zu ausgedehnten Regenerationen mit Metaplasie, Abflachung und Mehrschiehtigkeit des Bronchial- epithels sowie zu einer st/~ndigen entziindliehen Ver~tnderung im Lymph- abfluggebiet der Lunge und Trachea: zu Entziindungen und dauernder weehselnd ausgepr~tgter lymphoeyt~rer, retikuloendotheliMer Reaktion im Bereich der peribronehiMen und perivaseul/~ren Lymphdriisen.

Bei 7 Tieren - - d. i. in 25% - - konnten Tumoren, bei 2 Tieren (Maus 23 und 24) doppelte Tumoren an versehiedenen Organen (Lun- gen und Samenblase - - Lymphdriise und Sehilddriise) festgestellt werden. Bei 2 Tieren fanden sieh tumor~rtige Ver/tnderungen : Bei Tier 16 eine als Coeeidiose aufgefaBte herdf6rmige Hyperplasie an der Lunge (die wegen ~ugeren Beurteilungssehwierigkeiten nieht als autoehthoner Tumor gedeutet wurde, s. o.), und bei Tier 22 eine adenomatSse Hyperplasie der Sehilddriise. Der Prozentsatz an erhobenen Tumor- befunden seheint aueh bei Augeraehtlassung dieser 2 F/file auffallend hoeh. Bedenkt man, dab bei Untersuehungen fiber Spontantumoren (Holmes und Wells, Nimonds, Slye, Schabad u.a.) Werte yon - - bei normalen Tieren - - im Durehsehnitt 10--15% h6ehstens angegeben werden, so kann man geneigt sein, unsere Befunde auf die Versuehs- anordnung urs~ehlieh zu beziehen. Selbstverst/tndlieh mug die M6g- liehkeit - - wie bei allen biologisehen Versuehen - - zugegeben werden, dug es sieh trotzdem um eine ,,zufMlige" H~tufung yon Spontantumo- ren bei den yon uns verwandten Tieren handeln k6nnte, zumal wit - - eben weil sie leiehter Tumoren bekommen (s. o.) - - nut/ t l tere Tiere in Versueh nahmen. Doeh seheint uns diese M6gliehkeit aussehliegbar: einmal nahmen wir nieht nut weibliehe Tiere, bei denen die Spontan- tumoren besonders zahlreieh auftreten sollen, sondern m/~nnliehe und weibliehe Tiere in etwa gleiehem Verh/~lmis zum Versueh; zum anderen zeigen unsere Tumoren eine ganz bestimmte, den Versuehsbedingungen

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entspreehende Lokalisation (s. u.) und sehlieGlich im Auftreten eine deutliehe Abh~ngigkeit yon der Versuehsdauer, traten doch die ersten Tumoren naeh einer Versuchszeit yon 82 Tagen auf. Diese Zeit ent- sprieht der unteren Grenze der yon Teutschliinder festgestellten Zeit yon etwa 3 Monaten, die bei der Maus zur Tumorerzeugung erforderlieh ist, und die durchschnittliche Zeit, die unsere 7 Tumortiere im Versuch standen, kommt mit 164 Tagen dem Teutschl(inderschen Optimum zur Tumorerzeugung fast gleieh.

Untersueht man das Verh'~ltnis der Tumorbefunde zum Ort der Aussetzung, so ergibt sich, daG yon 6 K~figen in 2 F/~llen (Maus 8 und Maus 12) bei einer Versuehsdauer yon 80 bzw. 2--204 (Mittelwert 62) Tagen kein Tumor unter 11 Tieren gefunden wurde, wobei die Tat- sache bemerkenswert erscheint, da$ im K/ffig 12 die Tiere auffallend bald und an relativ banal erscheinenden Infekten starben. Ob hierbei an einen Zusammenhang mit einer Vermehrung der weiGen Blutzellen und deren plStzlichem Absinken - - s den Befunden von Schmidt-

m a n n - - zu denken ist, mug ungekl~rt bleiben, da an den Tieren aus Ku6eren Grfinden keine Blutkontrollen angestellt und aus den Schnitt- pr~paraten hierffir keine maGgebenden Befunde zu erheben waren.

In K~fig 11 hatten von 4 Tieren eine Maus einen Tumor, bei einer durehschnittliehen Versuehsdauer yon 229 Tagen, in K/~fig 10 hatten yon 6 Tieren 2 Tiere einen Tumor bei 121 Tagen i. M., in K~fig 7 yon 2 Tieren 1 Tier bei 254 Tagen i. M. und in K~fig 9 yon 4 Tieren 3 bei 181 Tagen i.M. Es land sich also eine relative Tumorhs in den K/~figen 9 und 10, wobei erw/~hnt werden soll, daG auch das Tier 16 (s. o.) dem K~fig l0 angehSrte. Es mug daran gedacht werden, da6 Versehiedenheiten der Aufstellungsorte hierffir eine Bedeutung haben. Zur Zeit ist nun nur bekannt, da~ in den verschiedenen Abb'~uen ein verschiedener Gehalt der Luft an Radiumemanation vorliegen soll, w~hrend die fibrigen Verh~ltnisse wie Beliiftung, Feuchtigkeit und Staubentwieklung fiberall ann~hernd gleieh sind.

Von den erhobenen Tumorbefunden handelt es sieh in 2 F/~llen um sichere epitheliale Lungentumoren (Maus 12 und 23). Das entsprieht einer H~ufigkeit yon 7 %, die sich - - rechnet man den Fall 16 noch da- zu - - auf etwa 10% erhShen wfirde. Im Vergleich zu den Literatur- angaben fiber die H~ufigkeit spontaner Lungentumoren (Slye bei 4000 M~usen 2,7% und Schabad bei 228 M/~usen 3,5%) erseheint uns der ]?rozentsatz betr/~chtlieh hoeh, wobei festgestellt werden mu~, daG selbstversts der Wert prozentualer Vergleiche bei so ge- ringen Fallzahlen nur relativ sein kann und seine Bedeutung erst im Zusammenhang mit weiteren Gesiehtspunkten gewinnt. (Der Befund yon Tyzzer , der von 83 Prim/~rtumoren der M~use 74 % Lungentumoren sah, steht vereinzelt da. Auch mu~ bezweifelt werden, daG es sieh bier-

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Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Schneeberger Lungenkrebses. 231

bei stets a m echte Tumoren handelte, will er doeh vorwiegend Platten- epithelkrebse gesehen haben, die Slye und wir nie beobachten konnten, und wobei offengelassen werden mu6, ob es sich hierbci nieht um Ver- ~nderungen ~hnlich den von uns bei Maus 3 beschriebenen gehandelt hat, zumal Tyzzer das h~ufige multiple Vorkommen seiner Tumoren betont hat.) Es zeigt sich bei unseren Tumoren einmal eine Abh/~ngig- keit v o n d e r Versuchsdauer, entsprechend den oben gemachten fiir alle Tumoren giiltigen Feststellungen, und andererseits eine Abh/~ngig- keit yon entziindlichen Ver~nderungen in den betreffenden Lungen selbst. Bei Maus 12 mug naeh dem histologischen Gesamte indruck des Aufbaues, der Polymorphie des Zellbildes und dem starken Wachs- rum ein papill~res Carcinom, bei Maus 23 ein papill/~res Adenom an- genommen werden. Bei beiden Tumoren ist - - entspreehend den Literaturangaben - - der Ausgang vom Bronchialepithel wahrsehein- lich, obwohl es dahingestellt bleiben soll, inwieweit der Unterschied zwischen bronchialer und alveols Genese berechtigt ist, solange man in den Alveolarzellen epitheliale Zellen (Ascho]]) sieht: Is t doch die Angleiehung beider Zellformen im Zustand der Atelektase - - und besonders in fetalen Lungen - - auffallend. Bemerkt werden soll noch, dab wir Augensch/~digungen, s den yon Slye beobachteten und mSglieherweise als Folge eines Hornerschen Symptomenkomplexes ge- cteuteten Ver/~nderungen, nicht beobaehten konnten.

In 2 F~llen (Maus 6 und 25) beobachteten wir Geschwiilste des Mediastinums, die sich in ihrem Bau bis auf einige, fiir die Beurtei- lung unwesentliche Unterschiede histologisch weitgehendst glichen: Ill beiden Fgllen handelt es sich um - - auf Grund des infiltrierenden Wachstums und der Polymorphie der Zellen - - sicher bSsartige klein- zellige Geschwtilste. Es muB hierbei an die M6glichkeit gedacht wer- den, daft kleinzellige Carcinome analog der heute iiblichen Deutung der Schneeberger Lungentumoren vorliegen. Nach Art der aufgezeigten Ver/~nderungen - - dem deutlich stgrksten Befallensein des mediastinalen Gewebes bei fehlendem Zusammenhang mit dem Bronchial- und Al- v e o l a r e p i t h e l - muB dies jedoch ausgeschlossen werden. Vergegen- w~rtigt man sich noch die Ausbreitung der tumorart igen Vers im KSrper der Ms wo sich die gleichen Ver~nderungen in perivascu- 1/iren, periportalen u n d zentralen L/~ppehenanteilen der Leber, in der Niere und (Maus 25) im Bereich psoatischer Lymphdriisen und in der Milz nicht in Form von Metastasen, sondern gebunden an die Stellen, wo man normalerweise lymphatisches Gewebe h~ufig finder, nachweisen lieBen, so scheint ihre Zuordnung zu tumorart igen Ver~nderungen des lymphoblastischen Gewebes gegeben. Simonds konnte derartige Ver- /tnderungen an den Slyesehen Tieren in 2% der Fs beobachten und besehreibt die Ahnliehkeit der Ver~nderungen unter Betonung der

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Schwierigkeit einer genauen Klassifizierung, sofern es sich nicht llm eindeutige Leuk~mien handelte, die bei uns nach den fehlenden Zell- befunden im Blur ausgeschlossen werden konnten. Am ehesten scheint uns eine Zuordnung zu Sarkomen des lymphatischen Gewebes gegeben, wobei fiir das Lymphosarkom die Ausbreitung, dagegen jedoch das Fehlen st/irkerer Reticulumzell-Hyperplasie spr/tche. Bemerkt werden soll, dal? bei M~usen bekanntlich (Simonds u. a.) auch die sog. ,,Aleuk- /imien" wie die Leuk/tmien morphologisch als infiltrierende Tumoren erscheinen, bei denen man ebenfalls h/~ufig einen umschriebenen Aus- gangspunkt der tumorart igen Ver/s bei wechselnder Gene- ralisierung im fibrigen lymphatischen Gewebe beobachten kann.

In 3 weiteren F/illen wurden weitere yon uns als tumorartige mehr oder weniger generalisierte Ver/~nderungen des lymphatischen Systems aufgezeigt, deren Ausgangspunkt der Ausdehnung der Ver/~nderungen nach 2mal im Bereich der Hals- und mediastinalen (Maus 21 und 24), einmal im Bereieh der mesenterialen peripankreatisehen Lymphdriisen (Maus 13) gesucht werden mu6. In der Literatur fanden sich Angaben bei Simonds und Wells, die diese Ver/~nderungen selten an Mesenterial- lymphdrfisen fanden, als ,,Mesenterie Disease" bezeichneten und ihre Deutung vSllig often lieBen. Sie dachten an h/~mangiomartige Bil- dungen (Simonds) und an lokalisierte Myelome (Wells). Vergleicht man die Ver/s mit den Befunden an den bei den fibrigen Tieren gefundenen Lymphdrfisen, die h/s das Bild einer h/~morrhagisehen Sinusentzfindung - - unter Umst/~nden mit Bildung yon Blutzellen - - zeigen, so wird unsere Deutung als tumorartige Hyperplasie des reti- kulitren Anteils der Lymphdriisen und gleichzeitig die Auffassung von Wells und Simonds verst/tndlieh. Unterstiitzt wird unsere Deutung durch die gedankliehe M6gliehkeit, daI3 es im Bereich von Lymphdriisen, bei denen es zu zelligen Tumoren kommt, unter Einwirkung des gleiehen plastischen Reizes auch einmal zu retikul/ir-endothelialen Gesehwfilsten kommen kann. Da6 es sich tats/tchlich um geschwulstartige Umbil- dungen und nieht nur um eine besondere generalisierte Reaktionsform des lymphatischen Reticulums handelt, geht aus der beschriebenen Polymorphie des Zellbildes, der einheitliehen Unregelm/t6igkeit des Baucs mit wechselnder Differenzierung der einzelnen Bezirke und dem sicher infiltrierenden Wachstum hervor. 1Jberg/inge, die stellenweise die , ,kommende" tumorartige Reaktion des Gewebes ahnen lassen, sind unschwer in einer Anzahl yon F/~llen nachweisbar. Trotzdem sieh die Vorstellungen der Geschwulstlehre beim Menschen nur unter ge- wissen Vorbehalten auf die Verh/~ltnisse bei den M/iusen iibertragen lassen - - auf die h/~ufige physiologische korrelative Ersetzbarkeit des ]ymphatischen Gewebes durch lockeres Bindegewebe und Fettgewebe bei der Maus wurde schon an anderer Stelle hingewiesen - - mu6 man

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Experimentelle Untersuehungen zur Frage desSehneeberger Lungenkrebses. 233

doch auch bei den reticuloendotheliomartigen Befunden mit einer sicher b6sartigen Tumorbildung rechnen, was deutlich aus dem Tier 21 erhellt, wo das Geschwulstgewebe in die Wand einer grol3en A r t e r i e eingewaehsen war.

Auf die Frage, inwieweit es sieh bei den vorliegenden ,,mesenchyma- l e n " Geschwfilsten fiberhaupt um autochthone Wachstumsvorg/inge oder um reaktive Ver/inderungen h~ndelt, die also bei Aufh6ren des Reizes rfiekbildungsf/~hig w/~ren, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Morphologisch boten sie s/s das Bild eines infiltrierenden und destruierenden, zellatypisehen Tumors.

Aus Grfinden des Verst/~ndnisses der aufgezeigten Ver~nderungen mu$ vor der Auswertung der Schilddrfisenver/~nderungen auf die Frage nach der Xtiologie der aufgezeigten Befunde eingegangen werden.

Aus oben aufgeffihrten Tatsachen ergibt sich, dag in der zur Unter- suchung gekommenen Versuchsreihe yon M/~usen in einem Prozentsatz Tum0ren' gefunden wurden, der weit fiber das Mag normalerweise aufzeigbarer Spontantumoren hinausgeht, und dab die gefundenen Tumoren (bis auf den Haupt tumor bei Maus 13) an Stellen lokMisiert waren, die - - entspreehend den Befunden an tumorfreien Tieren - - einem st/indigen, nachweisbar sch/~digenden, a.lso degenerativen Reiz mit Untergang einzelner Zellkomplexe, verbunden mit einem gleieh- zeitig regeneratorischen l~eiz, ausgesetzt waren. Beide Reizformen mfissen als versuchsbedingt angesehen werden. - - Vergegenw/~rtigt man sieh die Tatsache, dab die Reizwirkung von Gesteinsstaub und Arsen in isolierten Laboratoriumsversuehen bei ffir eine Krebsbildung genfigend langdauernder Einwirkung untersueht wurde, ohne dab Tu- moren erzeugt werden konnten, so mug bei den untersuchten Tieren ein weiterer Faktor gesueht werden, der (nach Biingeler, Fischer-Wasels und Teutschliinder u.a.) Ms krebsdisponierendes Moment vorlag. So konnte A. Fischer bei teergepinselten M/~usen, die geh/~uft an Atem- wegsinfekten (Bronchiektasen, chronisehe Bronchitis) litten, Lungen- tumoren beobachten - - der Teer war hier der Mlgemein disponierende cancerogene Faktor zur Krebsentstehung am Ort geh/~ufter ~egene- rationsprozesse. Die M6gliehkeit, dab es sich bei unseren Versuchen um ein zuf/~llig geh/~uftes Atfftreten yon Spontantumoren, mSglicher- weise unter besonders geeigneten Umst/~nden, nieht gehandelt haben kann, wurde oben bereits ausgeffihrt. Es mul~ also zu den bekannten t~eizeinwirkungen noeh ein Faktor hinzukommen, der in den M/~usen selbst oder in der Versuchsanordnung, den spezifischen Schneeberger Verh/s liegen mul~. Diese ~berlegung weist auf die erhobenen Schilddrfisenbefunde und eine m6gliche Einwirkung innersekretori- scher Verschiebungen hin. Wobei nochmals hervorgehoben werden soll,

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da6 an Genitalorganen und Nebennieren keine auffallenden Befunde erhoben, die Hypophyse jedoch aus gufteren Griinden noch nicht unter- sucht wurde.

Tatsgehlich konnte kein Tumortier mit vSllig normaler Schilddrtise gefunden werden. Ein Vergleieh mit den Ergebnissen der Pierson- sehen Untersuehungen - - die Uterusgeschwtilste durch Prolangaben er- zeugen k o n n t e - lgl~t diese MSgliehkeit eines Zusammenhanges im vorliegenden noch oftener erseheinen. Doeh muft festgestellt werden, daft es sich bei der Versuehsanordnung Piersons um die Ausnutzung eines bekannten physiologischen Abhgngigkeitsverhs zwischen Hypophysenfunktion und Uterusreaktion handelte, das sieh ftir den Ort unserer Tumorbefunde mit einer etwa gestSrten Schilddriisenfunk- tion nicht nachweisen ls - - wenn aueh die Tatsache einer Verbindung geAnderter Sehilddrtisenfunktion zum lymphatischen Gewebe vom Bild des Basedow bekannt ist. Bertieksichtigt man, daft zwar normaler- weise bei alternden Tieren Schilddriisenver/~nderungen im Sinn einer Cysten- und Adenombildung (Bullock und Rohdenburg) bekannt sind, dab aber das AusmaB dieser Ver~Lnderungen und besonders eine Abypie der proliferierenden Epithelzellen neben ausgedehnten degenerativen Ver&nderungen bei unseren Tieren mit zunehmender Versuehsdauer ver- st~rkt auftraten - - so erseheint es uns viel wahrscheinlicher, hierin ebenfalls eine Wirkung jenes noch ungekl~Lrten Faktors zu sehen, als eine urs~chliche Beziehung der gegnderten Sehilddrtisenfunktion zum Tumorwachstum anzunehmen.

Ein weiterer zu erSrternder Faktor ist die Frage der Bedeutung der Parasiten ftir die Tumorentstehung, so konnten bei 15 Versuchs: tieren Parasiten naehgewiesen werden, die aueh zum Teil sichere Be- ziehungen zu den Tumoren hatten. Da sich jedoeh in 2 F~tllen (Maus 6 und Maus 23) bei ausgeprggten Tumoren sieher keine Parasiten naeh- weisen liel3en, mSchten wir die Bedeutung der Parasiten als krebs- disponierender Faktor in unseren Versuchen aussehlie6en, wobei zu- gegeben werden soll, da{~ sie mSglieherweise in einem Teil der FAlle eine Bedeutung als auslSsender Faktor haben kSnnen (Fischer-Wasels, Holmes und Wells u.a.) . Ganz allgemein soll dahingestellt bleiben, dab gewissen Parasiten, z .B. der Fiebigerschen Spiroptera, sicher die MSglichkeit zugestanden werden muf t , auch gleichzeitig krebsum- st immend zu wirken: eine Kombinat ion beider Fahigkeiten, wie sie uns bei einem chemisch-sch~tdigenden Agens yon dem experimentellen Teer- und Arsenkrebs gel~ufig ist.

Es bleiben also nut noeh Faktoren zu er6rtern, die fiir Sehnee- berger Verh~tltnisse spezifiseh sind - - wobei die Wirkung des Arsens dureh die Versuche Schnddtmanns ausgeschlossen werden mul~. Es bleiben somit nur noch 2 bekannte MSglichkeiten offen: die Bedeutung

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Experimeatelle Untersuchungen zur Frage des Sehneeberger Lungenkrebses. 235

der Einwirkung besonderer Witterungs- und Feuehtigkeitseinfliisse und die des i~adiumgehalts der Sehneeberger Grubenluft.

Tdber die Bedeutung langdauernder evil. entziindungserregender Witterungseinfliisse fiir die Krebsentstehung bei weil3en M~usen ist nichts bekannt. Vergegenw~rtigt man sich jedoch die Tatsaehe, daft fiir die menschliche Pathologie der Grund fiir die Krebsh~ufung in Schneeberg best immt nicht in der Einwirkung yon Witterungseinfliissen liegen kann, da bei Arbeitern, die an anderen Stellen unter gleichen ~uSeren Bedingungen t~tig sind, keine H~ufung der Lungentumoren naehgewiesen werden konnte - - so erseheint es uns s ta t thaf t - - unter dem Vorbehalt der Anfechtbarkeit yon Analogieschliissen zwisehen menschlieher und tierischer Pathologie - - doeh im vorliegenden auch diese MSglichkeit auszuschliel~en.

Es scheint uns somit die ursachliche Bedeutung des Radiumgehaltes der Schneeberger Grubenluft als einzigem bekannten noch often stehen- den, gegeniiber anderen Grubenverhgltnissen (mit Ausnahme der Joachimsthaler Gruben) wesentlichen Faktor fiir die Tumorentstehung experimentell gegeben - - wobei dahingestellt bleiben nmft, ob es sieh bier nur um einen allgemein disponierenden Faktor handelt oder ob dem Radium auch gleiehzeitig ausl6sende Kr~fte zuzuschreiben sind. Trotz der Befunde in den Schilddriisen kann diese Frage nicht eindeutig im letzteren Sinn beantwortet werden, da hier sicher durch das Alter der M~use Wachstumsvorg~nge physiologisch sind - - obwohl sich da- dutch fiir deren Atypie und die degencrativen Ver~nderungen keine eindeutige Ursache nachweisen l~ftt. Aus der Feststellung, daft sich auch in der Leber - - einem Ort mit h~ufigen geringfiigigen entziind- lichen Ver~nderungen - - und in den Nieren keine prim~tren Tumor- bildungen nachweisen lieften, muft daran gedaeht werden, daft auch der Radiumwirkung hinsiehtlich der Tumorentstehung eine gewisse organbedingte Spezifit~t zuzukommen seheint: Befunde, die fiir das Arsen und den Teer bekannt sind (Fischer, Fischer-Wasels). Der Fall 13 wird hierdurch auch pathogenetisch klarer: K a m es doeh hier zu einer Tumorcntstehung im Bereieh yon Lymphdriisen, die dutch die Einwirkung der Parasiten einem st~ndigen entziindlichen Reiz aus- gesetzt waren.

Die Bedeutung der vorliegenden Tierversuche fiir die menschliche Pathologie de8 Schneeberger Lungenkrebses.

Als Ergebnis der angestellten Tierversuche im Schneeberger Berg- bau kann festgestellt werden, daft es, wie die aufgezeigten Befunde ver- anschauliehen, bei einem Teil der ausgesetzten Tiere mSglich war, siehere b6sartige Geschwiilste zu erzeugen. Die Ursache fiir das auf- fallende Ergebnis muft in der Ausniitzung des Schneeberger Milieus

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gesehen werden. Diese Feststellung berechtigt zu der Forderung, dai~ in der vorliegenden Versuehsreihe aul~er den an isolierten Experimenten mit negativem Tumorergebnis untersuchten Sch~dlichkeiten (Schmidt- mann: Gesteinsstaub und Arsen) an Ort und Stelle in Schneeberg noch ein wesentlicher cancerogener Faktor vorhanden sein mu6, der bislang im Versuch noch nicht mit berfieksichtigt werden konnte. Auf Grund der angestellten ~berlegungen mul~ hierbei dem Radiumgehalt der Schneeberger Gruben eine aussehlaggebende Bedeutung als ,,eaneero- genes Agens" beigemessen werden - - wobei einmal dahingestellt bleiben muS, ob dem Radiumgehalt der Luft (wahrseheinlich!), des Wassers oder des Gesteins die eigentliche Bedeutung zukommt, und zum anderen festgestellt werden muB, dai~ es sich aueh jetzt noch in der dem Radium beigemessenen Bewertung um eine Schlul~folgerung handelt: Der exakte wissensehaftliche Beweis mu~ auch hier noch weiteren Unter- suehungen (Messungen des Radiumgehaltes in Schneeberg und anderen Gruben), sowie dem Experiment (Inhalation radiumhaltiger Luft, Ein- wirkung langdauernder ,,Strahlungseffekte" auf den gesamten Tier- kSrper) anheimgestellt werden.

Beim Vergleich des Ergebnisses der angestellten Versuehe mit den bekannten Tatsachen fiber den Schneeberger Lungenkrebs fallen jedoch in zweierlei Hinsicht Unstimmigkeiten auf, die auf den ersten Blick die Bedeutung der Befunde absehwi~chen kSnnen: Der Unterschied der H/~ufung des Krebses bei den Versuchstieren gegenfiber der Hiiu- lung bei den Sehneeberger Arbeitern sowie die Verschiedenartigkeit in der Morphologie der aufgezeigten Geschwfilste.

Vergleicht man die Tatsache, da6 bei den Versuehen in 25% der F/ille Tumoren erzeugt werden konnten, mit der Mortalit/it der Schnee- berger Arbeiter an Lungenkrebs von 70 %, so erseheint es, als habe das Experiment, in dieser Hinsicht wenigstens, versagt. Dem mul~ jedoeh entgegengehalten werden, da~ die Neigung verschiedener Tiergattungen zu bestimmten Krebsbildungen eine ganz verschiedene ist: So ist nach Fischer-Wasels die Teerhaut der Maus ein pr~teaneer5ser Zustand, d. h. es ist mit gro6er Wahrseheinlichkeit damit zu reehnen, da6 sich in ihr ein Krebs entwiekelt, w~thrend die Teerhaut der Rat te diese M5glich- keit nieht in sieh tri~gt. Dieser Faktor kann jedoch nieht ausschlag- gebend sein, da ja MiSuse an sich zu Lungengeschwulstbildungen dis- poniert sind.

Nun ist es eine bekannte Erfahrungstatsache, dal] ffir die H~ufung yon bestimmten ]okalisierten Tumoren bei Mi~usen die erbliehe Be- lastung mit einer diesbezfiglich gerichteten Tumorneigung yon aus- schlaggebender Bedeutung ist. So konnten Tumorst~mme gezfichtet werden, bei denen in 100% der Tiere Tumoren auftraten. Unsere zum Versuch gebrachten Tiere wiesen aul~er der allgemeinen Neigung der

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M/~use zu Lungentumoren keine - - soweit dies bei biologischen Ver- suehen nachweisbar ist (s. o.) - - derartige Belastung auf. Vergegen- wir t igt man sich jedoch die mensehlichen Verh~ltnisse im Schneeber- ger Bergbaugebiet, wo h/~ufig der Bergmannsberuf ,,erblich" ist, wo naeh den Literaturangaben zahlreiche Krebskranke aussagen, dab bereits ihr Vater fr/ihzeitig bergfertig war, so erscheint es wahrscheinlich, dab dem Moment der Erblichkeit fiir die auffallende Hgufung der Krebsfglle bei Bergarbeitern gegenfiber dem Prozeiitsatz der Tumor- f~lle in unseren Versuchen eine wesentliche Bedeutung beigemessen werden muB. Ob in der Wirkung der Heredi t i t im vorliegenden Pro- blem der Faktor zu suchen ist, mit dessen Hilfe das ,,Resistenzph/~no- men" (Fischer- Wasels, Larinow) - - j ene Tatsaehe, dab trotz langer ,,krebs- erzeugender" Sch/~digung einzelne Individuen krebsfrei bleiben - - aus- geschaltet werden kann, muB dahingestellt bleiben: Ober die Art dieses Phgnomens ist damit allerdings niehts ausgesagt. Der Beweis ftir die Bedeutung der Erblichkeit f/ir die auffallende Krebshgufung bei den Schneeberger Bergarbeitern steht noeh aus.

Die zweite Differenz besteht in der unterschiedliehen morphologischen Beurteilung der Gesehwtilste: Wenn such sowohl beim Mensehen wie bei den Versuchstieren zwar siehere epithe]iale Tumoren vorkommen, so miissen doch in der Versuchsreihe ,,lymphogene" Geschwfilste, also in die Gruppe der mesenchymalen Tumoren, Sarkome, gehSrige Ver- gnderungen als ,,spezifiseh" hinsiehtlich der t t iu fung angesehen wer- den, w~hrend fiir die Schneeberger Bergmannskrankheit ,,kleinzellige Careinome" charakteristiseh sein sollen. Diese Unterschiedliehkeit kann in der versehiedenen tumorbildenden Neigung der Geweloe bei Tieren und Menschen ihre Ursaehe haben. Hierffir liegt jedoeh kein nach- haltiger Beweis vor. Aus mehreren Griinden seheint uns jedoch die Frage berechtigt, ob es sich bei den spezifischen Sehneeberger Tumoren wirklich um Carcinome handelt. Die kleinzelligen l~undzellengeschw/ilste der Bergarbeiter, die anfangs f~r Lymphosarkome gehalten wurden, werden heute als kleinzellige Careinome aufgefaBt, well sie ,,eine typi- sche alveol/~re Lagerung wie bei den Careinomen" und eine ,,nut mangel- hafte Faserbildung mit geringer Waehstumsbeteiligung der Reticu- lumzellen" - - wie sie ftir das klassisehe Bild des Lymphosarkoms ge- fordert werden (Cohnheim, Schmorl u.a . ) - - zeigen. Stimmt diese Deutung ? Der Beweis scheint nicht zwingend:

Abgesehen yon einer gewissen Xhnliehkeit des histologischen Bildes der experimentell erzeugten ,,sarkomatSsen" und der bekannten typi- sehen Schneeberger kleinzelligen ,,carcinomatSsen" Geschwiilste, mu6 festgestellt werden, dab such Sarkome ,,kleinzellig und rundzellig alveolar" gelagert sein kSnnen und dal~ such Sarkome nieht mit ausgesprochener Faserbildung und l%eticulumhyperplasie einherzugehen brauchen.

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238 H . g . D6hnert:

I n allen Beschreibungen typischer Sehneeberger Lungen tumoren wird der Haupts i tz der Ver~nderungen im Bereich der Lungenwurzel, im Gebiet des peribronehialen Mediastinums angegeben, wobei h~ufig die Beobachtung mitgeteil t wird, dab die Geschwulst , ,vom Bronchial- epi thel" ausgegangen sei, wobei in Besehreibungen mehrfuch die Pri- mi~rtumoren" multiple kleine Geschwfilstchen sind, die in der Sehleim- hau t mehrerer Bronchien liegen: Der Tumor mfiBte also des 5fteren , ,multipel" begonnen h~ben, der Prim/~rtumor m/iBte relativ unschein- b~r geblieben und die Met~stasen d~s Bild beherrschend gewachsen sein. Handel t es sich hierbei t~tss um ein kleinzelliges Curci- nora, so miiBte dies ein indifferentes, wenig gusgereiftes, meristom- artiges Gew/~chs sein, yon dem mgn ein schnelles Waehs tum und eine besehleunigte Vernichtung des befallenen Tr/tgers, entspreehend der gel~ufigen Beurtei lung solcher F~lle, erwarten sollte - - w/i, re die Ge- schwulst jedoch ein Sarkom, so k6nnte es sieh auch ohne ausgesprochene F~serbildung um ein ausgereiftes Gew~chs des lymph~tischen Gewebes handetn, das dementsprechend langsamer wachsen wfirde. Diese T~tsache w~rde mi t den klinisehen Beobachtungen besser iibereinstimmen, gilt doeh der Sehneeberger Lungenkrebs uls uusgesprochen langsam wach- se~der Tumor und wird doeh die Dauer der klinischen Beobachtung yon geschwulstkranken Bergarbeitern bis uuf 6 Jahre (Pirchan und 3ikl) angegeben [

Wenn aueh diesen Ubertegungen keine Beweiskr~ft zukommen kann oder soil, so erhellen si'e doeh infolge der aufgezeigten Unklarhei ten die Anfeehtbarkei t der Deutung der spezifischen kleinzeIligen Sehneeberger Lungen tumoren als Careinome (Cohnheim, Risel, Schmort) und er6ffnen der Morphologie ein zu weiterer Naehpri i fung lohnendes l%ld.

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E x p e r i m e n t e l l e U n t e r s u c h u n g e n z u r F r a g e d e s S c h n e e b e r g e r L u n g e n k r e b s e s . 239

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