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FACHBEREICH CHEMIE DER PHILIPPS-UNIVERSITÄT CHEMISCHES PRAKTIKUM FÜR STUDIERENDE DER HUMANMEDIZIN, ZAHNHEILKUNDE UND DER BIOLOGIE/LEHRAMT 7. Versuchstag Unter der Leitung von: Prof. Dr. Neumüller Marburg, 2020

FACHBEREICH CHEMIE DER PHILIPPS NIVERSITÄTDie notwendigsten Elektronegativitäten (EN) sind dabei Wasserstoff (2.2), Kohlenstoff (2.5), Stickstoff (3.0), Sauerstoff (3.5) und die

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FACHBEREICH CHEMIE DER PHILIPPS-UNIVERSITÄT

CHEMISCHES PRAKTIKUM FÜR STUDIERENDE DER

HUMANMEDIZIN, ZAHNHEILKUNDE UND DER BIOLOGIE/LEHRAMT

7. Versuchstag

Unter der Leitung von:

Prof. Dr. Neumüller

Marburg, 2020

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Versuch 37

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Versuch 37: Unterscheidung zwischen primären, sekundären und

tertiären Alkoholen

Bei diesem Versuch soll in der Praxis zwischen verschiedenen Alkoholen unterschieden werden.

Durch das LUKAS-Reagenz ist dabei eine Unterscheidung möglich. Die Aufgabenstellung gibt dabei

schon Auskunft über die möglichen Beobachtungen. Was verursacht die Beobachtungen?

Reaktionsgleichung: Nucleophile Substitution SN1

Der Mechanismus lässt sich zunächst auf einige wenige Schritte herunterbrechen. Ausgehend von

einer polaren Bindung einer Verbindung (1) kann eine Abgangsgruppe abgespalten werden. Dabei

trägt die Abgangsgruppe eine negative Ladung und ein Carbokation (Elektrophil, I) bleibt

zurück. Diese Zwischenstufe kann im Folgenden von Nucleophilen angegriffen werden. Dabei

wird eine neue Bindung und das Produkt (2) ausgebildet.

Die Zwischenstufe (I) wird auch im entsprechenden Energiediagramm der Reaktion deutlich.

Für die Abspaltung der Abgangsgruppe ist zunächst Energiezufuhr notwendig. Dies ist der

geschwindigkeitsbestimmende Schritt in der SN1-Reaktion – je einfacher die Abgangsgruppe das

Molekül verlassen kann, desto schneller können die nachfolgenden Reaktionen ablaufen.

Ausgehend von der Zwischenstufe (I) kann das Elektrophil von einem Nucleophil angegriffen

werden. Dafür ist erneut Energie notwendig, um die trigonal-planare Struktur beim Angriff des

Nucleophils in eine tetraedrische Geometrie des Produktes zu bringen.

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Versuch 37

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Wie kommt es dazu, dass zunächst die bestehende Bindung einfach gebrochen wird?

Im hier vorliegenden Fall wird ein Alkohol (3) mit einer Säure (LUKAS-Reagenz) behandelt. Freie

Elektronenpaare (Lewis-Base) am Sauerstoffatom können protoniert werden. Aus diesem

Zustand (II) kann Wasser abgespalten werden, da Wasser eine negative Bildungsenthalpie besitzt

(je niedriger die Bildungsenthalpie von Stoffen, desto bevorzugter werden diese gebildet).

Zurück bleibt, wie oben beschrieben, ein Carbokation (III; auch Carbeniumion; Kohlenstoffatom

mit drei Bindungen und positiver Ladung). Dabei muss das Carbokation eine gewisse Stabilität

aufweisen.

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Versuch 37

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Wie wird ein Carbokation stabilisiert?

Aliphatische Carbokationen haben ein leeres

(= keine Elektronen) p-Orbital. In diesem

Zustand ist das zentrale Kohlenstoffatom

sp2-hybridisiert und die verbliebenen Bindungen

weisen trigonal-planare Geometrie auf. Die

Stabilisierung der positiven Ladung erfolgt über

Hyperkonjugation. Dieses Konzept

berücksichtigt die verbliebenen Bindungen. Ist in

α-Position zum Carbokation ein sp3-hybridisiertes

Kohlenstoffatom (Alkylgruppe), so kann eine

σ-Bindung in der räumlichen Orientierung so

verändert werden, dass die sp3-hybridisierte

Bindung (σ-Bindung) und das leere p-Orbital parallel ausgerichtet sind. Im hier gezeigten

Beispiel kann so Elektronendichte aus der C-H-Bindung in das leere p-Orbital übertragen

werden. Je mehr Kohlenstoffatome am Carbokation gebunden sind, desto mehr Reste sorgen für

die Stabilisierung des Kations. Daher kann für unterschiedliche Carbokationen eine generelle

Reaktivität vorausgesagt werden.

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Versuch 37

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Letztlich fehlt die Bildung des Produktes. Ausgehend von der Zwischenstufe ist erneut Energie

notwendig, um einen der beiden Übergangszustände zu durchlaufen. Dabei wird das Carbokation

(Elektrophil) von einem Nucleophil angegriffen. Der vergleichsweise geringe Energieaufwand ist

dabei notwendig die trigonal-planaren Geometrie des Carbokations zurück in die tetraedrische

Form zu zwingen, sodass die Bildung der vierten Bindung möglich ist.

In Lösung befindet sich im durchzuführenden Versuch eine überschaubare Menge an verfügbaren

Nucleophilen. Zum einen wäre ein nucleophiler Angriff von Wasser möglich. Bei diesem

nucleophilen Angriff wird das Edukt wieder zurückgebildet. Der entstehende Alkohol kann jedoch,

wie zuvor beschrieben, in Lösung protoniert werden, sodass sich erneut Wasser abspalten kann.

Dieser Weg wäre nicht produktiv. Stattdessen wäre auch der Angriff des zweiten Nucleophils –

des Chloridions – möglich.

Auf das so entstandene Produkt (4) haben Protonen keine Auswirkung mehr. Durch den neuen

Substituenten ist das Produkt aprotisch (es besitzt keine aciden Protonen) und ist schlechter mit

der protischen Lösung aus Wasser und verschiedenen Alkoholen mischbar. Ähnlich wie bei Milch,

bei der fein verteile Fetttropfen in Wasser dafür sorgen, dass die Milch trüb ist, entstehen durch

Zugabe des LUKAS-Reagenz zu bestimmten Alkoholen zwei verschiedene Phasen. Die aprotische

Phase bildet sich überall in Lösung, daher wird bei einem tertiären Alkohol, der eine vergleichsweise

stabile katonische Zwischenstufe erzeugt, die Lösung sofort trüb. Die weniger dichte Flüssigkeit

steigt mit der Zeit auf und bildet eine organische Phase.

Eine Trübung ist nach einer gewissen Zeit auch bei sekundären Alkoholen zu beobachten. Bei der

Abspaltung von Wasser entsteht ein weniger stabiles Kation mit einer kürzeren Lebenszeit. Durch

die kürzere Lebenszeit ist auch ein Angriff von Chloridionen unwahrscheinlicher und es setzt erst

nach einiger Zeit die Trübung ein. Primäre Alkohole erzeugen auf diesem Wege so instabile

Kationen, dass die Reaktion nicht zu beobachten ist. Daraus lässt sich des weiteren ableiten, dass

das Abspalten der Abgangsgruppe der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der SN1-Reaktion ist.

Zeichne die verschiedenen Halogenalkane die entstehen können und benenne die Edukte und

Produkte systematisch nach der IUPAC-Nomenklatur.

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Versuch 53

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Versuch 53: Reaktion von Carbonylverbindungen und

Monosacchariden mit ammoniakalkalischer Silbernitratlösung

Oxidation von organischen Verbindungen

Die Grundlagen der Redoxreaktionen wurden bereits im vergangenen Semester behandelt und sind

auch in der organischen Chemie gültig. Demzufolge kann auch die Oxidationsstufe von Atomen

in organischen Molekülen bestimmt werden. Das Grundgerüst von organischen Molekülen ist aus

Kohlenstoffatomen aufgebaut, daher steht die Bestimmung der Oxidationsstufen verschiedener

Kohlenstoffe im Vordergrund.

Die notwendigsten Elektronegativitäten (EN) sind dabei Wasserstoff (2.2), Kohlenstoff (2.5),

Stickstoff (3.0), Sauerstoff (3.5) und die Halogene (>2.5). Bindungspartnern mit der höheren EN

werden die Bindungselektronen zugeschrieben. Mit diesen Werten für die Elektronegativität kann

für die einzelnen Bindungen Folgendes geschlussfolgert werden:

Bestimme die funktionellen Gruppen und die Oxidationsstufe der markierten Kohlenstoffatome.

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Versuch 53

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Die Oxidation von organischen Molekülen stellt einen wichtigen Abbauprozess von Genussmitteln

dar. Ethanol (5) wird in der Leber in einem zweistufigen Prozess abgebaut. Zunächst wird durch

das Enzym Alkoholdehydrogenase (ADH) Ethanol (5) in Acetaldehyd (6) umgewandelt. Im

nächsten Schritt wird durch enzymatische Oxidation (durch ALDH) Acetaldehyd (6) zu

Essigsäure (7) metabolisiert, welche nachfolgend über den Harn ausgeschieden wird.

Aus diesem Beispiel lässt sich erkennen, dass die funktionellen Gruppen Alkohol, Aldehyd und

Säure einen Zusammenhang haben. Oxidation bzw Reduktion machen die Umwandlung

ineinander möglich. Dabei lässt sich anhand der Oxidationsstufe des markierten Kohlenstoffes

nachvollziehen, dass der Unterschied dabei immer zwei Elektronen beträgt. Simple

Oxidationsreaktionen von Kohlenstoffen sind möglich, solange diese ein Sauerstoffatom und noch

mindestens ein Wasserstoffatom gebunden haben.

Überlegt, was analog für einen tertiären Alkohol vorauszusagen ist.

Glucose

Glucose ist eine Verbindung aus der Gruppe der

Zucker. Zuckermoleküle haben viele

Darstellungsarten, die sich auf ihre verschiedenen

Formen beziehen, die ein Molekül annehmen kann.

Eine übersichtliche Darstellung ist die Fischer-

Projektion. Dabei sind die sechs Kohlenstoffatome

senkrecht übereinander dargestellt und die H- bzw.

OH-Gruppen dabei nach vorn (vor die Blattebene)

gerichtet. Die Kohlenstoffkette ist hingegen von der

Blickrichtung weg gebogen.

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Versuch 53

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Diese offenkettige Form hat in Realität nur ein sehr geringes Vorkommen. Die Aldehydfunktion

am C1-Kohlenstoffatom ist ein sehr gutes Elektrophil. Nucleophile, wie die Alkoholgruppen des

Zuckers, können am C1-Kohlenstoffatom angreifen. Durch Angriff der Alkoholgruppe des

C5-Kohlenstoffatoms am Elektrophil bildet sich ein sechsgliedriger Ring (Halbacetal-Form).

Dabei handelt es sich um eine Gleichgewichtsreaktion, bei der zwei Formen des sechsgliedrigen

Rings gebildet werden können. Die α- bzw. β-Form des sechsgliedrigen Rings wird durch den

Angriff des Sauerstoffatoms auf den sp2-hybridisierten Aldehyd aus dem vorderen oder hinteren

Halbraum (Blattvorderseite/Blattrückseite) gebildet und es entstehen dabei neue Stereozentren am

C1-Kohlenstoffatom. In der folgenden Darstellung ist der cyclische Zucker zunächst vereinfacht

(ohne Substituenten) dargestellt. Eine 3-dimensionale Darstellung des sechsgliedrigen Rings ist in

Sesselkonformation möglich (rechts - auch hier zunächst vereinfacht dargestellt).

Aufgabe 53: Versuchsdurchführung

Im ersten Aufgabenteil wird zunächst die

Durchführung der Silberspiegelprobe erklärt.

Die Silberspiegelprobe (oder auch

Tollensprobe) ist ein Nachweis für

reduzierende Zucker. Ammoniakalkalische

Silbernitrat-Lösung und Glucoselösung

werden dabei in einem Reagenzglas erhitzt.

Wie der Name bereits verrät, entstehen

zunächst ein schwarzer Niederschlag und

nachfolgend auch eine durchgehende, metallische Schicht an der Reagenzglasinnenseite, da das

gelöste Silber zu elementarem Silber reduziert wird. Im Gegenzug wird die Glucose oxidiert. In

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diesem Fall muss noch geklärt werden, was genau oxidiert wird. Wie in den vorangegangenen

Abbildungen zu erkennen ist, hat Glucose sowohl Alkohol-Gruppen und in der offenkettigen

Form auch eine oxidierbare Aldehyd-Funktion. Aldehyde werden im Vergleich zu Alkoholen

relativ leicht zu Carbonsäuren oxidiert. Demzufolge wirkt lediglich die in sehr geringer Menge

vorliegende, offenkettige Form reduzierend auf zwei Silberkationen.

Die folgende Darstellung ist noch nicht vollständig! Versucht selbstständig die Reaktionsgleichung

auszugleichen.

Um die Reaktion zu beschleunigen, wird das Reagenzglas in ein warmes Wasserbad gestellt. Die

thermische Energie sorgt für eine häufigere Ringöffnung (und auch Ringschluss). Dadurch steigt

die Wahrscheinlichkeit, dass Silberkomplexe mit offenkettigen Zuckermolekülen in Lösung

kollidieren.

Zurück zum Ausgleichen der Reaktionsgleichung. Formal wird dem Zuckermolekül beim

Oxidieren ein Sauerstoffatom hinzugefügt. Um die Reaktionsgleichung also auszugleichen, muss

noch eine Spezies, die ein Sauerstoff liefern kann, hinzugefügt werden. Dadurch, dass sich in

Lösung Ammoniak befindet und die Moleküle nicht nur als Ligand sondern auch als Base fungieren

können, bietet sich Hydroxid an.

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Ausgeglichene Reaktionsgleichung:

Im Weiteren sollen die Eigenschaften von Butanal, Butanon und Fructose bei der

Silberspiegelprobe untersucht werden. Welchen Verbindungen kann die reduzierende Wirkung

schon vor dem Versuch zugeschreiben werden?