21
49 Aufaatrteil. s. Jahrgang ,915. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. .~ 1. Nitroliunstseide. ' m gClegentliche Verbrennungen der Charge' des Ge- misches von Sitrocelldose niit Saure, zu vermeiden, wrd nach beendeter Sitricrung die Xitrocellulosc mit gekiihltcr Saure gewaschen, die arif die nitrierte Massc nicht mchr einwirkt. Das waschcn geschieht vorteilhaft *blauf- saiirc eincr vorhcrgehcndcn Charge, die man in gccigncter Weise kiihlt. Das Nitriergut wird dadurch arif ellie Tern- pcratur gebracht, wclchc cine freiwillige Zcrsctzung aus- schlieBtl). cber die hderung dcs optischen Verahltcns dcr Ceh- lose bei der Xitrierung berichtete H. A m b r o n n 2). Zur Bcobachtung dicntc ein Polarisationslnikroskop der Rrma C. Zeisa, in devseii Tubus seitlich ein Gipsplattchen eingc- schoben werden konnte. Die Durchsicht dcr Praparate geschah mit VergroBcrungl die genauere Untcr- svchung einzclncr Mcmbrancn Init etwas starkercr Optik* Die Fasen waren in cine Fliissigkeit, ineist in destilliertes Wasser, eingebettct. Ziuibchst wurde rcinc J3aumwolle iiritersucht, mic sic zur Herstellung von Kollotliuin und Celluloid in der Technik benutzt wird. Sie ergah das Itesul- Kikols erscheint die paser in Polarisationsfarben 1. Ord- Schmalseite nach obcn kehrt, treten auch Farbcn 3. Ord- nurig auf. Sie ist optisch positiv. Sogenannte Kollodium- tat, wie es von A. H c r z 0 g 3, veroffentlicht wurde. wolle zcigt starke Doppelbrechung. Zwischen gekreuztcn meist nur an jenen wo ihre Zeitschrift fW angewandte Chemie brechung, gcht durch Null hindurch und-steigt dann wicder. Bci niedrigem Stickstoffgehalt ist sie positiv, bci hoherem negativ. Fcrncr hat der Vf. Versuche mit nitrierten Ramic- fascrn angcstcllt und gelangt dnbei zii folgenden Resultaten : 1. Uei der Nitrierung wirkt die stark positive l)oppclbrcchung der Ramie, bis sie etwa bei ll,80~o Stickstoff zu Null wird; bci noch weitersteigendcm Stickstoffgehalt nimmt die Dop- pclbrechung wictlcr zu, wird aber jetzt negativ. 2. Durch Amnionslllfid ,.d die ~itrocellulose wieder in reinc umgewandelt. 3. k'aser der reinen Ralnie hat das liidcxellipsoid cines optisch zweiachsigeii positiven Kry- stalls, wiihrend die hochnitrierte das eines optisch zwei- achsigen llegativen Iirystalls aufweist. 4. Eille I dcr Faser ruft positive akzidentelle Dnppelbrcchung hcrvor, eincrlci, ob rcinc odcr nitriertc Ramie vorliegt. 5. Die Ach- sen des Absorption.sellipsoides in k.tlich gefgrbten Fasern sind nitriertc und reine gleich gelegen. (i. mirlesccnz dcr Pasern im ll~trilvio~etten Li&t 300- 4@) u!c nimmt mit stcjgcndcm Stickstoffgehalt ab, das allsgcstraMte ist in allen Fbillen am hellsten, wenn Fascrrichtung und Polarisationsebcne gckreuzt sind. 8. Die Absorption im ultravioletten Licht 380 .cr~c Wellenlgngc nilllmt mit steigendcm Stickstoffgehalt zu, aber nicht wesentlich, doch ten Fasern am hellstcn, wenn E'aserrichtung und Polarisa- die negative Doppelbrechung der fitrierten in posi- &t der Lnterschicd gcgen reine Ramie seh grofl. nas durch- gelassellc Licht ist bei den hoch und bei den fiedrig nitrier- tionsebene gchcuzt sind. 8. l'henol, Nelkenij] kehren wkihrend Fliissigkeiten, wie Thyrnol - I. Band, Seite 49--56r Aufsatzteil I 9. Februar 1915 3) Mikrophotogmphiachcr Atlas der technisch wichtigen Fnwr- stoffc 1908, 44; sichc auch: C. H ii u 6 e r m a n n , Ober das Vcr- halten der Cellulose gcgen reine Salpetersiure. Angem. Chern. 26, T, 456119131; C. G. S c h w a l b e und August Schrimpff, ~itroccllulo~ aus Baumwollc und Holzzellstoffcn. Angew. Chcm. ZY, I, 662 [1914]. Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1013 und 1914. Von Prof. Dr. W. MASSOT. (Eiugeg. 18.'1. 1915.1 ' Affinitat fur aUo Arten Farbstoffe mit Ausnahnie des Mc- thylenblaus4). Schon ffiher wurde gezeigt, daB mit Sal- - 4) E. K n c c h t und A. 1, i p s c 11 i t z, Dic Wirkung lionz. Salpetersaurc auf Baum\wllccllulose. J. SOC. Chcm. Tnd. 33, 116 bis I22 [19141; Angew. Chcm. 27, 11, 567 119141. Wie friiher, so umschliel3en auch in den beiden vergan- gcnen Jahren die Bemiihungen, die Kunstseiden und ihre Ausgangsmaterialien zu verbessern und weiter auszugcstal- ten, den erheblichstcn Teil dcs Stoffes, welcher auf dem obcn genannten Gebiete bearbeitet wurde. Das Kapitel iibcr Xeucrungen im Hinblick auf kiinstliche Glanzfascrn miige daher den Eingang zu den nachfolgenden Ausfuhrungen bil- den. Das Interesse, welches man diesem Spezialgebiet wid- met, fiihrte bereits zu einigen in der Literatur der bcidcn letzten Jahre zerstreuten ausfiihrlicheren Abhandlungen, die hier kurz Erwahnung finden sollen: Die h'ntwicklung der Kumtseideindustrie im Jahre 1913 von Reg.-Rat S u - v e r n ; Kunststoffe 3, 81. Aus der Praxis der Kunstseiden- industrie, von H. J c n t g c n ; Kunststoffc 3, 145; Angew. Chem. 26, 11, 406. Kiickblick auf die Entwicklung der Kunst- Yeideninduatrie 1913; Kunststoffe 4,57. Beitrage zur Kennt- nis der Cellulose, von C. P i e s t ; Angew. Chem. 26, I, 24. Die Xitrocelluloue und die Nitrierbader, von L. C 1 d m o n t und C. R i v i 6 r e ; Moniteur Scient. 57 [5], 73-80. Sichc auch Kunststofte 3, 203; Angew. Chem. 26, 11, 481. Die Ilerstellung kunstlicher Iluare, M. S c h a 11; Kunststoffe 4, 361. (her dcn heutigen Sbnd der h'unstseidenfab,r'kcliiott, von G. v o n G e o r g i e v i o z; Chcm.-Ztg. 1913, 313. I I Farben 1. Ordnung, besondere treten Lavendclblau bis Grau- blau hervor. Sie sind positiv doppelbrechend wie mine Raum- wolle, jcdoch ist ihre Anisotropie erheblich schwacher. Anders verhallt sich SchicBwolle. Im polarisicrten Lichte leuchtet sie blau auf, es liegt ein negativer Charakter der Doppclbrcchung vor. Werden die Praparate gedreht, 60 Ioschcn die Farbcn ctwas aus, wenn sie den Polarisations- ebenen des Nikols parallel liegen. Eine genauc und gcrade Ausloschung findet nicht statt. Die reine Baumwolle und die Schieflwolle zeigeii demnach entgegengesetzten Charaktcr der Doppclbrcchung. Dabei drangt sich nach den Angaben C h a r d o n n e t s die Verrnutung auf, daB zwischcn dcn beiden Stadien vcrschicdcne Ubergange liegen. Dic Ergeb- nissc dcr Untersuchungen zeigten, daLl die Doppelbrechung bei steigendem Stickstoffgehalt sink!,, bei einer gcwisscii Stufc Null wird und dann wieder ansteigt. Dabei andert sie auch ihrcn C'haraktcr urn, der bei niedrigem Stickstoffgehalt positiv, wie bei gewohnlicher Baumwolle, bei hoherem abcr negativ ist. Es zcigten z. 13. 6 l'roben folgende Resultate: Doppelbrechung Uoppelbrechung Nikols 10,54 positiv stark klarcres Grau 10,97 positiv schwach graublau 12,13 ncgativ schwacli blaulich 12,33 negativ schwach blaulich 12,80 negativ stark blau 13,32 negativ stark blau Es sinkt also mit steiaendem Stickstoffaehalte die Doppcl- N In % Charakter der StPrke der Farbe rwischeu gekreuzten Aogew. Chem. 1915. Aufsatzteil (I. Band) zu Nr. 12. 7

Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

49 Aufaatrteil. s. Jahrgang ,915. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914.

.~

1. Nitroliunstseide. 'm gClegentliche Verbrennungen der Charge' des Ge-

misches von Sitrocelldose niit Saure, zu vermeiden, w r d nach beendeter Sitricrung die Xitrocellulosc mit gekiihltcr Saure gewaschen, die arif die nitrierte Massc nicht mchr einwirkt. Das waschcn geschieht vorteilhaft *blauf- saiirc eincr vorhcrgehcndcn Charge, die man in gccigncter Weise kiihlt. Das Nitriergut wird dadurch arif ellie Tern- pcratur gebracht, wclchc cine freiwillige Zcrsctzung aus- schlieBtl).

c b e r die h d e r u n g dcs optischen Verahltcns dcr C e h - lose bei der Xitrierung berichtete H. A m b r o n n 2). Zur Bcobachtung dicntc ein Polarisationslnikroskop der Rrma C . Zeisa, in devseii Tubus seitlich ein Gipsplattchen eingc- schoben werden konnte. Die Durchsicht dcr Praparate geschah mit VergroBcrungl die genauere Untcr- svchung einzclncr Mcmbrancn Init etwas starkercr Optik* Die F a s e n waren in cine Fliissigkeit, ineist in destilliertes Wasser, eingebettct. Ziuibchst wurde rcinc J3aumwolle iiritersucht, mic sic zur Herstellung von Kollotliuin und Celluloid in der Technik benutzt wird. Sie ergah das Itesul-

Kikols erscheint die paser in Polarisationsfarben 1 . Ord-

Schmalseite nach obcn kehrt, treten auch Farbcn 3. Ord- nurig auf. Sie ist optisch positiv. Sogenannte Kollodium-

tat , wie es von A. H c r z 0 g 3, veroffentlicht wurde. wolle zcigt starke Doppelbrechung. Zwischen gekreuztcn

meist nur an jenen wo ihre

Zeitschrift fW angewandte Chemie

brechung, gcht durch Null hindurch und-steigt dann wicder. Bci niedrigem Stickstoffgehalt ist sie positiv, bci hoherem negativ. Fcrncr hat der Vf. Versuche mit nitrierten Ramic- fascrn angcstcllt und gelangt dnbei zii folgenden Resultaten : 1. Uei der Nitrierung wirkt die stark positive l)oppclbrcchung der Ramie, bis sie etwa bei l l , 8 0 ~ o Stickstoff zu Null wird; bci noch weitersteigendcm Stickstoffgehalt nimmt die Dop- pclbrechung wictlcr zu, wird aber jetzt negativ. 2. Durch Amnionslllfid ,.d die ~i t rocel lulose wieder in reinc

umgewandelt. 3. k'aser der reinen Ralnie hat das liidcxellipsoid cines optisch zweiachsigeii positiven Kry- stalls, wiihrend die hochnitrierte das eines optisch zwei- achsigen llegativen Iirystalls aufweist. 4. Eille

I dcr Faser ruft positive akzidentelle Dnppelbrcchung hcrvor, eincrlci, ob rcinc odcr nitriertc Ramie vorliegt. 5. Die Ach- sen des Absorption.sellipsoides in k . t l i c h gefgrbten Fasern sind nitriertc und reine gleich gelegen. (i. mirlesccnz dcr Pasern im l l~tr i lvio~et ten Li&t 300- 4@) u!c nimmt mit stcjgcndcm Stickstoffgehalt ab, das allsgcstraMte

ist in allen Fbillen am hellsten, wenn Fascrrichtung und Polarisationsebcne gckreuzt sind. 8. Die Absorption im ultravioletten Licht 380 . c r ~ c Wellenlgngc nilllmt mit steigendcm Stickstoffgehalt zu , aber nicht wesentlich, doch

ten Fasern am hellstcn, wenn E'aserrichtung und Polarisa-

die negative Doppelbrechung der fitrierten in posi-

&t der Lnterschicd gcgen reine Ramie seh grofl. nas durch- gelassellc Licht ist bei den hoch und bei den fiedrig nitrier-

tionsebene gchcuzt sind. 8. l'henol, Nelkenij] kehren

wkihrend Fliissigkeiten, wie Thyrnol

-

I. Band, Seite 49--56r Aufsatzteil I 9. Februar 1915

3) Mikrophotogmphiachcr Atlas der technisch wichtigen Fnwr- stoffc 1908, 44; sichc auch: C. H ii u 6 e r m a n n , Ober das Vcr- halten der Cellulose gcgen reine Salpetersiure. Angem. Chern. 26, T, 456119131; C. G. S c h w a l b e und A u g u s t S c h r i m p f f , ~ i t r o c c l l u l o ~ aus Baumwollc und Holzzellstoffcn. Angew. Chcm. ZY, I, 662 [1914].

Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1013 und 1914.

Von Prof. Dr. W. MASSOT. (Eiugeg. 18.'1. 1915.1

' Affinitat fur aUo Arten Farbstoffe mit Ausnahnie des Mc- thylenblaus4). Schon ffiher wurde gezeigt, daB mit Sal- -

4) E. K n c c h t und A. 1, i p s c 11 i t z , Dic Wirkung lionz. Salpetersaurc auf Baum\wllccllulose. J. SOC. Chcm. Tnd. 33, 116 bis I22 [19141; Angew. Chcm. 27, 11, 567 119141.

Wie friiher, so umschliel3en auch in den beiden vergan- gcnen Jahren die Bemiihungen, die Kunstseiden und ihre Ausgangsmaterialien zu verbessern und weiter auszugcstal- ten, den erheblichstcn Teil dcs Stoffes, welcher auf dem obcn genannten Gebiete bearbeitet wurde. Das Kapitel iibcr Xeucrungen im Hinblick auf kiinstliche Glanzfascrn miige daher den Eingang zu den nachfolgenden Ausfuhrungen bil- den. Das Interesse, welches man diesem Spezialgebiet wid- met, fiihrte bereits zu einigen in der Literatur der bcidcn letzten Jahre zerstreuten ausfiihrlicheren Abhandlungen, die hier kurz Erwahnung finden sollen: Die h'ntwicklung der Kumtseideindustrie im Jahre 1913 von Reg.-Rat S u - v e r n ; Kunststoffe 3, 81. Aus der Praxis der Kunstseiden- industrie, von H. J c n t g c n ; Kunststoffc 3, 145; Angew. Chem. 26, 11, 406. Kiickblick auf die Entwicklung der Kunst- Yeideninduatrie 1913; Kunststoffe 4,57. Beitrage zur Kennt- nis der Cellulose, von C . P i e s t ; Angew. Chem. 26, I, 24. Die Xitrocelluloue und die Nitrierbader, von L. C 1 d m o n t und C. R i v i 6 r e ; Moniteur Scient. 57 [ 5 ] , 73-80. Sichc auch Kunststofte 3, 203; Angew. Chem. 26, 11, 481. Die Ilerstellung kunstlicher Iluare, M. S c h a 1 1 ; Kunststoffe 4, 361. (her dcn heutigen Sbnd der h'unstseidenfab,r'kcliiott, von G. v o n G e o r g i e v i o z ; Chcm.-Ztg. 1913, 313.

I

I

Farben 1. Ordnung, besondere treten Lavendclblau bis Grau- blau hervor. Sie sind positiv doppelbrechend wie mine Raum- wolle, jcdoch ist ihre Anisotropie erheblich schwacher. Anders verhallt sich SchicBwolle. Im polarisicrten Lichte leuchtet sie blau auf, es liegt ein negativer Charakter der Doppclbrcchung vor. Werden die Praparate gedreht, 60 Ioschcn die Farbcn ctwas aus, wenn sie den Polarisations- ebenen des Nikols parallel liegen. Eine genauc und gcrade Ausloschung findet nicht statt. Die reine Baumwolle und die Schieflwolle zeigeii demnach entgegengesetzten Charaktcr der Doppclbrcchung. Dabei drangt sich nach den Angaben C h a r d o n n e t s die Verrnutung auf, daB zwischcn dcn beiden Stadien vcrschicdcne Ubergange liegen. Dic Ergeb- nissc dcr Untersuchungen zeigten, daLl die Doppelbrechung bei steigendem Stickstoffgehalt sink!,, bei einer gcwisscii Stufc Null wird und dann wieder ansteigt. Dabei andert sie auch ihrcn C'haraktcr urn, der bei niedrigem Stickstoffgehalt positiv, wie bei gewohnlicher Baumwolle, bei hoherem abcr negativ ist.

Es zcigten z. 13. 6 l'roben folgende Resultate:

Doppelbrechung Uoppelbrechung Nikols 10,54 positiv stark klarcres Grau 10,97 positiv schwach graublau 12,13 ncgativ schwacli blaulich 12,33 negativ schwach blaulich 12,80 negativ stark blau 13,32 negativ stark blau Es sinkt also mit steiaendem Stickstoffaehalte die Doppcl-

N In % Charakter der StPrke der Farbe rwischeu gekreuzten

Aogew. Chem. 1915. Aufsatzteil (I. Band) zu Nr. 12. 7

Page 2: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

50 Massot: Fortschritte auf dern Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ sn~~~~~~'~mie. petersaure behandelte Baumwolle bis zu 13% einschrumpft. Dabei nimmt gleichzeitig die Zugfestigkeit ab. Die vorlie- genden Versuche zeigen den groBen EinfluD von Zeit und Temperatur bei der Saurebehandlung. So wird z. B. eine betrachtliche Festigkeitserhohung erzielt durch Saurebe- handlung bis zu 15 Minuten bei gewohnlicher Temperatur; nach 30 Minuten langer Behandlung nimmt die Festigkeit wieder ab und betragt nach 32 Stunden weniger als ein Drittel der urspriinglichen. Die mikroskopische Unter- suchung der saurebehandelten Baumwolle zeigte eine we- sentliche Ubereinstimmung mit der mercerisierten Faser. Die Analyse des durch dreistiindige Behandlung mit Sal- petersaure von 83" Tw. bei gewohnlicher Temperatur er- haltenen Nitroprodukte ergab: 40,23% C, 5,91y0 H, 2,14% N und 51,72y0 0. Gegen Essigsaure, Schwefelsaure und Salzsaure verhalt sich diese nitrierte Baumwolle wie gewohn- liche. In 20yoiger Natronlauge lost sie sich bei Wasserbad- temperatur rasch auf. Eine Anzahl von Tabellen und Kur- ven veranschaulicht die Ergebnisse der angestellten zahl- reichen Versuche.

Nach E. B e r 1 und M. I s 1 e r 7 lassen sich die Nach- teile des NaBspinnverfahrens bei der Herstellung von Nitro- seide dadurch vermeiden, daB man die wie gewohnlich aus- geschleuderte feuchte Nitrocellulose mit 20-30y0 Wasser- gehalt in Ather-Alkohol lost, wobei vorteilhaft an Stelle des beim Trockenspinnverfahren angewandten Mischungs- verhaltnisses von 60 Teilen Ather und 40 Teilen Alkohol ein solches dient, welches nur etwa 40-50 Teile Ather und 60 bis 50 Teile Alkohol enthalt. Man erhalt sehr elastische, klare, in ihrem Querschnitt durchaus regelmaBige Faden, wenn man an Stelle des bisher venvendeten Fallbades aus reinem Wasser ein solches aus erwarmtem, verd. Alkohol be- nutzt, wobei dieser zweckmaBig in Stiirke von 25-50 Val.-% zur Verwendung..kommt. Ferner zeigte es sich, daB die Entfernung des Athers aus dem koagulierten Produkt um so leichter vor sich geht, je naher das Koagulationsbad dem Siedepunkte des Athers gehalten wird. Unter diesen Umstanden ist die Erzielung von glasklaren durchsich- tigen Faden mit kreisrundem Querschnitt und einer Spinn- geschwindigkeit moglich, welche derjenigen des Trocken- spinnverfahrens mit 40-50 m in der Minute nicht nach- steht.

Eine Mitteilung iiber die Wiedergewinnung der Nitrier- abfallsauren in der Kunstseidenindustries) weist darauf hin, da13, auch wenn man die Nitriersauren durch Zusatz von starken Sauren mehrmals aufbessern und regenerieren kann, sich doch zum SchluB eine Saurgemisch ergibt, das aufzu- frischen sich nicht mehr lohnt. Durch Verkauf wiirden sich daraus nur geringe Vorteile erzielen lassen, dagegen hat es sich als lohnend erwiesen, diese Sauregemische voneinander zu trennen und die getrennt aufzufangenden Sauren ent- weder direkt weiter zu verwerten oder nach voraufgegange- ner Konzentrierung wieder im Betriebe zu verwenden. ZU diesen Zwecken wurden die sog. Denitrierungen eingerichtet, die im wesentlichen darin bestehen, daB man durch Erhit- zung des Sauregemisches die Salpetergase aus der Misch- saure heraustreibt und in einer Kondensationsvorlage diese Gase wieder zu Salpetersaure kondensiert. Eines der fur diese Zwecke vielfach angewandten Systeme ist das nach E v e r s , welches es ermoglicht, sowohl die Schwefelsaure in hoher Konzentration und rein von organischen Substan- zen und von nitrosen Verbindungen zu gewinnen, als auch die Salpetersaure in groBer Reinheit in der Kondensations- anlage zu regenerieren.

Um die Wiedergewinnung von fluchtigen Losungsmitteh beim Verspinnen von Kollodium auf Kunstseide und ahn- liche Gespinstfasern zu erleichtern'), wird empfohlen, wasserigen Losungen von Korpern zu spinnen, die zugleich in Wasser und Alkohol loslich sind, und deren wasserige Lijsungen fur Alkohole eine groBere Aufnahmefahigkeit be-

6 ) Verfahren zum Verspinnen von Nitrocellulosequellungen zum Zwecke der Herstellung von Faden, kiinstlichem RoOhaar, kiinst. lichem Stroh usw. D. R. P. 273 936; Angew. Chem. 27,II, 391 [1914]

8 ) Kunststoffe 3, 199. 7) J. D e 1 p e c h , Paris, Belg. Pat. 263 359. Franz. Pat. 16 214

Zus. zu franz. Pat. 439 721; J. D u c 1 a u x.

itzen a b f i i r Wasser. Solche Stoffe sind Calcium-, Magne- ium-, Zink- und Aluminiumsalze, die in Wasser und Alkohor Sslich sind.

Die Brom-, Chlor- und Nitroderivate der Kohlenwasser- toffe der aliphatirchen und aromatischen Reihe mit einem jiedepunkte iiber 100" konnen dazu gebraucht werden, um luft von Alkohol und Atherdampfen zu befreiens). Diese Corper besitzen ein ganz erhebliches Absorptionsvermogen iir Alkohol und Ather und geben diese nur langsam und chwer an den Luftstrom ab, der dariiber streicht. Infolge hrer schwachen Dampfspannung werden sie selbst von dem lurchstreichenden Luftstrom fast nicht mitgerissen, und lurch ihren hohen Siedepunkt geben sie bei der Destillation len gelosten Alkohol und Ather leicht wieder ab.

Die Erscheinung des sog. S a u r e f r a 13 e s an Nitro- cunstseiden tritt in der Praxis noch haufig auf. AuBerlich s t das Bild der Erscheinung sehr verschieden, es auBert sich ift in Gestalt weil3er milchiger oder kalkiger Stellen oder lurch Briichigkeit und Morschheit der Faden, je nach Um- tanden starker oder schwiicher, (siehe Angew. Chem. 26, I, 302). Nach H e e r m a n n , der sich neuerdings wieder nit der Frage bes~haftigte~), wird die S t a b i 1 i t a t s - r o b e bei Nitroseiden in der Weise durchgefuhrt, daI3 die

ieutral reagierende Seide (sauer reagierende Seide mu6 vor- ier rnit destilliertem Wasser bis zum Eintritt neutraler Reak- ,ion gewaschen werden) eine Stunde im Trockenschranke lei 135-140" erhitzt und dann gepriift wird: 1. auf freie Schwefelsaure, 2. auf stattgehabte Schwarzung oder Brau- lung. Die Prufung auf Festigkeit ist von sekundarer Be- ieutung, da der Festigkeitsruckgang nur eine Folge der 3chwefelsaurespaltung und der Carbonisation ist. Tritt iach der Erhitzung freie Schwefelsaure auf und schwarzt nier braunt sich die Seide auffallend, so halt die Kunstseide lie Stabilitatsprobe nicht aus ; dann enthalt sie Verbindun- ;en, die der Ware schadlich sein konnen. Die Temperatur ?on 140" als Hochsttemperatur wurde von H e e r m a n n ;ewahlt, weil dies beispielsweise die Konditioniertemperatur 'iir alle Kunstseiden der Elberfeld-Barmer Seidentrock- lungs-A.-G. ist, und man verlangen kann, da13 die Ware lie Trocknungstemperatur aushalt. In welcher Weise die rchadlichen und unschadiichen Schwefelsaureester an Cellu- ose gebunden sind, lii13t sich gegenwartig noch nicht mit Bestimmtheit sagen. AnschlieBend an die Mitteilungen H e e r m a n n s bemerkt B r i g g s lo), daB der Fabrikant lie Nitrierung seiner Baumwolle derart leiten muB, daB er 3ie Bildung von Schwefelsaureestern soweit als moglich be- rchrankt. D ieskannnachCross ,Bevanund J e n k s l l ) ladurch bewirkt werden, daB man das Material langere Zeit in die Nitriersaure taucht. Bei langerer Behandlung wird ler zuerst entstandene Schwefebaureester von der Salpeter- saure zersetzt, die ihren Platz in der Verbindung mit der Cellulose einnimmt. Wenn ferner - angenommen, es werde kine kleine Menge Schwefehaureester gebildet - die Nitro- baumwolle bir zur neutralen Reaktion rnit basischem, Cal- ciumcarbonat enthaltendem Wasser gewaschen wird, so wird der saure Schwefelsaureester vollstandig mit Calcium abge- sattigt, und nachfolgendes Kochen mit Wasser wird das stabile Calciumsalz nicht hydrolysieren ; der Schwefelsaure- ester wird in der Kunstseide bleiben. Wenn aber die Nitro- baumwolle durch liingeres Kochen mit saurem Wasser sta- bilisiert werden soll, wird der Schwefelsaureester in der sauren Beschaffenheit bestehen bleiben und wahrend an- dauernden Kochens langsam hydrolysiert werden, bis die gebundene Schwefelsaure schlieBlich eliminiert ist und ein stabiles Cellulosenitrat erreicht wird. Dann kann das Pro-

8 ) Verfshren zur Wiedergewinnung in der Luft enthaltener Alkohol- und Atherdampfe. T h. C h a n d e 1 o n , Fraipont, Belgien. h e w . Chem. 26, 175 [1913]. D. R. P. 254 913; siehe auch D. R. P. 267 509. Vorrichtung zur Wiedergeninnung der Losungsmittel Alkohol und Ather durch Abkiihlung der mit den Dampfen erfiillten Luft. M. D e n i s .

9) P. H e e r m a, n n , Der SaurefraD bei Nitrokunstseiden und die Stabilitatsprobe. Farber-Ztg. (Lehne) 24. 6 [1913].

10) J. F. B r i g g s , Der SiiurefraB bei Nitrokunstseiden und die Stabilitatsprobe. Farber-Ztg. (Lehne) 24,73 [1913]; Angew. Chem. 16, 11, 303 [1913]; siehe auch Angew. Chem. 26, I, 660 [19131.

11) Eer. 34, 2496 [1901].

Page 3: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

't8, Jahrgang Aufsstzteil. 1915. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren I913 u. 1914. 51 -~

dukt bis zur neutralen Reaktion gewaschen werden. An- genommen, der Schwefelsaureester verbleibt in der Nitro- baumwolle in Form des stabilen Calciumsalzes, so wird dieses Calciumsalz zusammen rnit dem Nitrat im Denitrierungs- strom nicht verseift werden. Wenn die Denitrierung mit Magnesiumsulfhydrat erfolgt, wird die Kunstseide den Cellu- loseschwefelsaureester in Form des verhaltnismaI3ig stabilen Magnesiumsalzes zuriickhalten. Dieser Ester wird nur so lange stabil sein, als er das Magnesium oder Calcium in Ver- bindung mit der Celluloseschwefelsaure behalt. Wenn die Kunstseide in irgendeinem Behandlungsstadium gesauert wird, z. B. nach dem Bleichen oder beim Farben, wird das Magnesium oder Calcium verdrangt. Diese Ge.fakr konnte vermieden werclen, wenn der Bleicher oder Farber nur Essigsaure zum Absauern der Seide gebrauchen wurde, da diese die Base aus dem neutralen Salz der Schwefel- siiureester nicht verdrangen kann. Denselben Gedanken verfolgt P. We y r i c h 12), welcher, um das stellenweise Zerstortwerden von Farben zu verhuten, empfiehlt, dem letzten Bade, welches die Kunstseide passiert , 8-12% Natriumacetat zuzusetzen, damit die ev. vorhandene freie Schwefelsiiure neutralisiert und durch freie Essigsaure ersetzt werden kaim.

2. Kupferammonseiden. Die in der Kalte bereitete Kupferoxydammoniaklosung

enthalt13) eine erhebliche Menge kolloidalen Kupferoxyd- ammoniakhydrates, dagegen verhaltnismaflig wenig freies Kupferoxydhydrat, welch letzteres auch gegeniiber der Cellulose nur eine untergeordnete R,olle spielt. Die Loslich- keit der Cellulose ist vielmehr proportional der Konzentration des kolloidalen Kupferoxydammoniakhydrates. Die Cellulose .absorbiert wachsende Mengen des letzteren mid geht dadurch so lange in Losung, bis ein Gleichgewicht zwischen fester und flussiger Phase erreicht ist. Der stark hydratisierte kolloidale Komplex nimmt auch seiner Konzentration entsprechende Mengen Animonialr auf, wodurch er bestandiger wird.

Auf Verbesserungen in der Herstellung von Losungsmit- teln fur Cellulose bezieht sich ein Verfahren von A. P e r 1 und P. S p e n c e and Sons Ltcl.14). Kupfer wird in viel feinerer Verteilung als bisher dadurch f iir die Herstellung einer Kupferlosung nutzbar geniacht, da13 es aus einer ge- eigneten Kupfersalzlosnng durch ein losliches reduzierendes Mittel gefallt und d a m mit Luft oder einem anderen Oxy- dationsmittel und Ammoniak in Gegenwart von genugend Wasser behandelt wird. Es lassen sich auf diese Weise Kupferoxydhydratlosungen in viel kiirzerer Zeit herstellen, a.ls wenn man metallisches Kupfer in anderer Form behan- delt. Als Reduktionsinittel wird Titansulfat vorgeschlagen. Oder es wird15) fein verteiltes Kupfer in geeigneten Mengen auf der Faser niedergeschlagen. Die Mischung ist d a m der Einwirkung eines oxydierenden Mittels, z. B. von Luft, ferner von Ammoniak und Wasser auszusetzen.

Die Bildung eines besonders lichtloslichen Kupfersalzes wird in Aussicht gestellt, wenn man gleichzeitig, wa.hrend eine nicht vollstandige Umsetzung eines Cuprisalzes vorge- nommen wird, noch Kohlensaure hinzufugt. Vom Kupfer- sulfat ausgehend, wird z. B. nur so viel Atznatronlauge zu- gesetzt, da13 gleichzeitig ein Gemisch von Kupferoxydhydrat und basischem Kupfersulfat und durch Hinzufugung von Bicarbonat auch Kupfercarbonat entsteht. Eine kfinstliche Herabsetzung der Temperatur macht sich weder bei der Fallung des Hydrates, noch bei der spiiteren Auflosung der Cellulose nach Ammoniakzusatz erforderlichls). Ahnlich ist der Inhalt eines Patentes der Glanzfaden-A.-G. BerlinI7).

In) ifber einen bei Kunstseide durch SaurefraB entstandenen Fehler und seine Verhutung. Farber-Ztg. (Lehne) 25, 114; Angew. Chem. 17, 11, 376 [1914].

13) E. C o n n e r a d e , Die Einwirkung von ammoniakalischem Kupferoxvdhvdrat auf Clellulose. B11. SOC. Chim. Bela. 28, 176-186 {igisl; -4;lgei. a e m . 27, 11, 661 [1914].

- 14) Brit. Pat. 25 532. 1 5 ) Brit. Pat. 25533; siehe auch Brit. Przt. 25334. 1'3) Verfahren zur Erzeugung von zur Herstellung von Kupfer-

oxydammoniak besonders geeigneten Kupferverbindungen. Ph. F r i e d r i c h , Halensee. Osterr. Pat. 58 299.

17) Verfahren zur Herstellung haltbarer Kupfersalze fur Kupfer- oxydarnrnoniakcelluloslosungen. D. R. P. 269 787 ; Angew. Chem. 27, 11, ,216 [1914].

Man kann bei der Herstellung der Kupferoxydammoniak- celluloselosungen die kiinstliche Kuhlung entbehren und ein haltbares Kupfersalz gewinnen, wenn man Kupfersulfat- losungen mit einer zur vollstiindigen Fallung des Kupfer- salzes ungeniigenden Menge Natronlauge versetzt und dann gelostes Bicarbonat oder andere saure Salze zugibt, wobei die Fiillung der Kupfersalze durch weiteren Zusatz von Natronlauge nach dem Bicarbonatzusatz vollendet werden kann. Bei dieser Art der Ausfallung hat sich gezeigt, da13 das Bicarbonat nicht in Carbonat ubergefiht wird und dann wie dieses wirkt, sondern da13 ein eigenartiges Kupfer- salz ausfallt. Man erhalt aus dem so hergestellten Kupfer- salz, das vielleicht ein Geinisch von basischem Sulfat, ba- sischem Carbonat und Hydroxyd ist, aber auch eine beson- dere Verbindung sein kann, mit Leichtigkeit 15y0ige Spinn- losungen, die sich besonders gut zur Herstellung von Kunst- seide eignen, weil die Lijsungen infolge des niedrigen Ammo- niak- und des hohen Zellstoffgehaltes auflerordentlich viscos und fadenziehend sind, und weil schon mit bedeutend schwacheren Fallmitteln als sonst Gebilde unmittelbar aus- gefdlt werden konnen.

Es zeigte sich, da13 man die Entfernung cler Alkalisalze durch Krystallisation aus den Kupferlosungen vollstandig umgehen und eine groDe Menge Ammoniak sparen kann, wenn man zunachst das Kupfersalz unter Riihren mit einer glycerinhaltigen Kochsalzlosung vermischt, dann mit einer wasserigen Ammoniaklosung bestimmter Starke und niit einem bestimmten Gehalt an Atzkali behandelt. In einer solchen Losung lost sich das Kupfersalz vollstandig auf. Gibt man zu einer solchen Losung Cellulose, so entsteht so- fort eine viscose Flussigkeit, die man beliebig mit Wasser verdunnen kann. Die Auflosung des Kupfersalzes wie der Cellulose findet bei jeder Temperatur statt, auch beim Ab- kuhlen auf 0" scheidet sich nichts ab. Die erhaltene Losung kann daher ohne weitere Verbreitung zur Herstellung von Faden Verwendung finden, sie ist, in gut verschlosserien Ge- faBen aufbewahrt. fast iinbegrenzt haltbar. Als Mengenver- haltnisse merden angefuhrt 120 kg Kupfersulfat mit 200 1 einer Losung, die 1-2y0 Chlornatrium und 2,2&3 1 Gly- cerin enthalt. Dazu kommen 300 1 Ammoniak vom spez. Gew. 0,91, worauf Losung eintritt. Hinzuzufugen sind schliel3lich 200 I Natronlauge vom spez. Gew. 1,125 bis 1,2 und 50 kg Cellulose1s).

Wasserlosliche Ester des Glycerins oder des Glykols werden a1s vorziigliche Mittel genannt, die Ausscheidung von unloslichen Kupferverbindungen aus Kupferoxydam- moniak wahrend des Losungsprozesses nicht nur in der Kalte, sondern auch bei Temperature11 bis zu 25" ganzlich zii verhinclern. Selbst bei Gegenwart grofierer Mengen der genannten Ester werden homogene und gut verspinnbare Losungen erhalten. Am geeignetsten fur diesen Zweck er- weisen sich die Essigshre- und Ameisensaurewter des Gly- cerins, die Acetine oder das Diformin. Bei Zugabe von gro13eren Mengen, z. B. 15-30y0 vom Gewicht der Baum- wolle wird die geloste Cellulose auch vor der Oxydation durch das Kupferoxydammoniak geschut,zt, und es zeigte sich ferner, daB der gewonnene Faden besonders in nassem Zustande hohere Festigkeit besa13lQ).

Versuche haben ergeben, da13 es gelingt, Losungen mit einem bis jetzt noch nicht erreichten Kupfergehalt dar- zustellen, wenn man nach folgender Vorschrift verfahrt. 100 cc Ammoniak vom spez. Gew. 0,91 werden bei niederer Temperatur rnit 25 g Chlorammonium versetzt, und in diese Fliissigkeit 25 g Kupferoxydul eingebracht. Diese geheii hierbei vollkommen und schnell in Losung. Hiernach wer- den bei Aufrechterhaltung der niedrigen Temperatur 25 cc Kalilauge von 28% oder eine entsprechende Menge Natron- lauge hinzugefiigt und gut durchgemischt. Der sich bildeiide

18) Verfahren zur Herstellung viscoser Celluloselosungen. 0 s k a r M i i l l e r . Franz. Pat. 451 406; siehe auch schweiz. Pat. 57951. Verfahren zur Herstellung sehr konz. Celluloselosungen. Compagnie Franpaise des applications de la Cellulose in Fresnoy le Grand; ferner D. R. P. 260 650. Verfahren zur Herstellung konz. ammoniak- armer Kupferoxyd-Ammoniakcelluloselosungen. Hanauer Kunst- seidenfabrilr. Angew. Chem. 26, 11, 407 [1913].

19) Herstellung von haltbaren Kupferoxydammoniakcellulose- losungen. D. R. P.-Anm. E. 18 037.

i*

Page 4: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

52 Massot: Fortschritte auf dern Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ a n ~ $ ~ $ ~ ~ ~ 8 m i e - hellblaue Niederschlag setzt sich, sofern die Fliissigkeit in der Kalte aufbewahrt wird, in 2-3 Stunden ab. Die iiber- stehende Losung, die einen eiheblichen Kupfergehalt be- sitzt, wird abfiltriert und lost Cellulose in hohem Grade zo) .

Unter C u p r o i d versteht man ein auf chemischem Wege nach einem Spezialverfahren der Firma Wassermann t Jager, Kalk bei Koln, hergestelltes Kupferpraparat in Pulverform. Die Losungsfliissigkeit f i i r Cellulose wird mit diesem Produkt in der Art bereitet, daD man das Kupfer- praparat in eine entsprechend starke Ammoniakfliissigkeit einbringt. Als Vorteile werden zunachst die pulverformige Beschaffenheit genannt, welche eine groBere Angriffsflache garantiert a h kleine Kupferteilchen, und infolge davon die Bildung von Metallammoniumverbindungen von hohem Kupfergehalt und groBer Losungsfahigkeit fiir Cellulose. Im Vergleich zu den anderen Praparaten soll die Herstel- lungszeit bdeutend abgekiirzt werdenzl).

Es wurde festgestellt, daD ammoniakalische Losungen von Kupferchloriir zur Darstellung bestandiger und hoch- prozentiger Spinnlosungen geeignet sindZ2). Infolge des Reduktionsvermogens des Kupferchloriirs wird die Cellu- lose auch beim Auflosen in Kupferchloriirammoniak im Gegensatz zum Kupferoxydammoniak und Kupferoxyd- chloridammoniak vor Oxydationswirkungen geschiitzt, selbst wenn man ohne Kuhlung bei gewohnlicher Temperatur ar- beitet. Kupferchloriir kann aber auch zum Anreichern von Kupferoxydammoniaklosungen an Cellulose und zum Be- standigmachen derartiger Losungen dienen. Wird in eine bei gewohnlicher Temperatur hergestellte Kupferoxydam- moniaklosung Cellulose so lange eingetragen, bis sich nichts mehr davon lost, so konnen nach Zusatz von Kupferchloriir bei gleichbleibendem Ammomiakgehalt weitere Mengen von Cellululose darin aufgelost werden, und zwar bis zur Bildung derartig hochprozentiger Losungen, wie sie mit Kupferoxyd- salzen nicht erhaltlich sind. Mischt oder vermahlt man trockene Cellulose niit trockenem Kupferchlorur innig in molekularem Verhaltnis, so erhalt man ein bei LuftabschluB unbegrenzt haltbares und jederzeit verwendbares Pulver, das mit konz. wasseriger Ammoniakfliissigkeit sofort eine gut verwendbare Spinnlosung gibt.

Zum Fallen der Kupferoxydammoniakcelluloselosungen bei der Fadenbildung werden dem Fallbade aus alkalischen Salzlosungen z. B. einer Nitratlosung, geniigende Mengen von Nitriten zugesetzt. Dadurch soll nicht nur die Schnelligkeit der Fallung betrachtlich erhoht werden, sondern es soll auch ein Paden entstehen, der an Festigkeit und Elastizitat den Produkten iiberlegen ist, die mit anderen kombinierten Salzlosungen, mit Sauren oder Natronlauge erhalten werden konnen. Mit Prazisionsinstrumenten ausgefiihrte Unter- suchungen ergaben in allen Fallen, daB die Starlre und Elastizitat der nach dem vorliegenden Verfahren erhaltenen F d e n ungefah 50% hoher sind als die der besten seither erhaltenen Fadenz3).

Man erhalt Fiiden mit besonders wertvollen Eigen- schaften, wenn man den Fallbadern bei der Herstellung von Kunstseide aus Kupferoxydcelluloselosungen reduzie- rende Stoffe wie Natriumarsenit, Natriumformiat oder Natriumsulfit hinzusetzt. Diese Stoffe sollen Veranlassung zur Bildung eines an Oxycellulose armen Fadens geben, dem eine besondere Haltbarkeit zugeschrieben wird. Auf solche Weise hergestellte Faden zeigten eine Elastizitat von 206, 247, 207 auf 1 m Lange, gegeniiber 128, 162 und 104 bei Paden, die mit Badern aus Schwefehaure, Natron- lauge oder alkalischen Salzbiidern erhalten ~ u r d e n ~ ~ ) .

20) Verf &en zur Herstellung7von Losungsfliissigkeit fiir Cellu- lose. D. R. P. 274 658. M a x W a s s e r m a n n , Balk bei Koln. Anpew. Chem. Z7. II. 437 r19141. - .

21) Kunststoffe 3,' 17. 221 Verfahren zur Eneumnn kiinstlicher Faden und Films, sowie

kiinskchen RoBhaares mi&& hochprozentiger Celluloselosungen. Osterr. Pat. 57 698. Vereinigte Kunstseidefabrik A. G., Kelster- bach a. ill.

23) Verfahren zur Herstellung kiinstlicher Fiiden. Amer. Pat. 1 034 235. J. H e r m a n s in Herrenhausen bei Hannover und E. d e H a e n , Chem. Fabrik List in Seelze.

24) Verfahren zur Herstellung kiinstlicher Fiiden mittels Kupfer- oxydammoniakcelluloselosungen. Franz. Pat. 15 861. Zus. zu franz. Pat. 440907.

Es ist bekannt, daB konzentrierte Natronlauge besonders in der Warme ein Fallmittel fur Kupferoxydammoniakcellu- loselosungen darbietet. Auch schwachere Natronlaugen, bis zu 5y0, wirken noch fallend und geben zunachst Kupfer- natroncellulosen. Die Schnelligkeit der Faillung ist um so geringer, je schwacher der Gehalt des Fallbades an Alkali ist. Dies ist ein Ubelstand fur das Spinnen, denn der Faden kann dann nur langsam aufgewickelt werden. Es gelang nur eine Natronlauge unter 5% Gehalt anzuwenden, wenn man geeignete Transportvorrichtungen benutzte, eine kon- zentrierte Kupfercelluloselosung verwandte und die koagu- lierten Produkte mit einer konzentrierten Lauge oder einer Saure nachbehandelte. Den Gehalt des Fallbades an AlkaIi kann man bedeutend herabsetzen, ohne daB die fallende Wirkung des Bades vermindert wird, wenn man dem Fall- bade Natriumlactat oder Natriumglykolat, zwei leicht los- liche Salze, hinzugibt. Verwendet man ein solches Bad bei hoheren Temperaturen, z. B. bei 50-70", so erhalt man mit einer Natronlauge von nur 2lI2y0 direkt Faden von solcher Festigkeit, daB sie sich mit derselben Schnelligkeit aufspulen lassen wie Faden, die mit konzentrierter Natron- lauge gefallt sind. Mit gleichem Erfolge lassen sich auch die Sake anderer Oxysauren verwenden, z. B. die der Wein- saure oder Citronensaure. Nach vollkommener Entkupfe- rung hat man reine Produkte von bemerkenswertem Glanze und groBer Festigkeit und Elastizitat. Die oxysauren Salze konnen auch schon der Spinnlosung zugesetzt werdenZ5).

Nach einem anderen Verfahren werden zum Koagulieren der Kunstfaen Fallbiider angewandt, die 40 proz. Natron- lauge und 4% Diastase bei 40-50" enthalten26). In einem spateren Patentz7) wird eine schwachere Natronlauge init 1 6 2 1 % NaOH mit 3,5-4% Diastase vorgeschlagen. Die Verstarkung der Cellulosefaser durch die Diastase in Gegenwart schwacher Alkalien ist geniigend, um eine voll- kommene Koagulation und ein Produkt von bemerkens- werter Elastizitat zu erzeugen.

Nach E. T i e l e = ) stellt man Faden her mit Hilfe VOR hzkalilauge von weniger als 5% Alkali, die mit Salzen, Alkoholen und analogen neutralen, wasserloslichen Stoffen versetzt ist.

Die aus der Hopfenranke oder verwandten Pflanzen gewonnenen Fasern werden zur Herstellung einer Spinn- losung mit Kupferoxydammoniak in Vorschlag gebracht- Auf diese Weise soll ein Abfallprodukt zur Verwendung gebracht werden, auch soll die Faser die Eigenschaft be- sitzen, sich leichter und schneller zu losen als andere Faser- stoffe. Den entstandenen Faden wird Zartheit und Festig- keit nachgeriihmt. Sie sollen die Nachbehandlung gut ver- tragen und den aus anderen Rohmaterialien gebildeten F d e n an Festigkeit und Geschmeidigkeit sogar iiberlegen sein. Die Hopfenranken werden gewaschen, entblgttert und in Stiicke von 3-5cm Lange geschnitten. Alsdann werden sie in einem Kessel mit Wasser gebracht, dort rnit Soda und Schmierseife behandelt und etwa eine Stunde der Kochhitze ausgesetzt. Die Bastfasern trennen sich dann vom Holzkorper und konnen abgezogen werden. Auf 2 kg Ranken erhalt man etwa 200 g Faser 29).

Zur Herstellung von Cellulosewatte (kiinstlicher Baurn- wolle) 30) wird Cellulose in einem schwach alkoholischen Bade von Fettstoffen beheit, stark ausgedriickt und mit Chlorkalklosung gebleicht. Alsdann folgt eine Behandlung mit einem schwachen Natrium- und Kaliumcarbonatbade, sorgfaltiges Waschen und Abschleudern. Nach erfolgter

25) Verfahren zur Herstellung von Fiiden oder Kunstproduliten mittels einer ammoniakalischen Kupferoxydcelluloselosmg. Franz. Pat. 454 871. Vereinigte Glanzstoffabriken A. G . und E. B r o n - n e r t .

26) D. R. P. 250 357; Angew. Chem. 25, 2381 119121. 47) Verbeaserungen an alkalischen Fallbiidern zum Fiillen ron

Kupferoxydamrnoniakcelluloselosungen fiir die Herstellung kunst- licher Seide und ahnlicher Produkte. Franz. Pat. 17 170. Zus. zu franz. Pat. 44589G. E. G. L e g r a n d .

291 Verfahren zur Herstellung kiinstlicher Fiiden. Belg. Pat. 254 161. E. T i e 1 e , Berlin-Halinsee.

- 29) Verfahren zur Herstellune von Kunstseide. D. R. P. 256 351.

C. A.' M ii 1 1 e r und D. W o 1 f2, Teplitz-Turn.

B i o c h . 30) Herstellung von Cellulosewatte. Franz. Pat. 447 068. A 1 f re ch

Page 5: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

%. Aufsatzteil. 1915] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren I913 u. 1914. 53

Losung in Kupferoxydammoniak wird unter Druck filtriert. Die AbfluBoffnungen des Filters befinden sich uber dem Einsatz einer Zentrifuge, wie sie in dem belgischen Patent vom 18. August 1911 von B 1 o c h beschrieben ist. Eventuell setzt man auf 1 1 Losung 1 g Ricinusol zu. In den Falltrog der Zentrifuge kommt eine gro13e Menge Wasser und ein gewisses Quantum Schwefelsaure.

Beim einwandfreien Fallen der Celluloselosungen mit Alkalilaugen kommt es darauf an, da13 das in der Losung enthaltene Animoniak so gelockert wird, da13 es leicht entweichen kann. Das Erwarmen der Kupferoxydam- moniaklosung vor dem Eintreten in die Fallungslauge, die alsdann kalt sein kann, hat vor der Verwendung warmer Lauge den Vorteil, daR die Erwarmung auf die einfachste h t und Weise bewerkstelligt werden kann, was sich bei grol3en Mengen Fallflussigkeit niemals so gleichmaflig durch- fiihren la13t. Man braucht zum Zwecke der Erwarmung nur die Losung, ehe sie im Fallbad eintritt, an einer kon- stanten Warmeleitung vorbeizufuhren. Noch bessere Resul- tate sollen indessen erzielt werden, wenn man die Losung vorher erwarmt und dann auch noch in erwarmte Natron- lauge eintreten lafit. Die Dissoziation der Lijsung geht dann noch rascher vor sich, so da13 man die Abzugsge- schwindigkeit der gesponnenen Faden wesentlich erhohen kann31).

Nach einem Verfahren der Vereinigten Glanzstoff- fabriken Elberfeld 32) werden die einem warmen Zucker- natronfallbad entsteigenden Faden zusammengefiihrt und auf eisernen Trommeln aufgenommen, dann mit warmem Wasser nur so lange abgespritzt, bis die anhaftende Natron- lauge entfernt ist, was an dem Klarwerden des Fadens er- sichtlich ist. Dann wird unter geeignetem Rotieren der Trommeln in warmem Wasser, zwecks leichter Loslosung, abgewickelt und schlienlich uber eine geheizte Platte oder Trommel der Zwirnspule zngefiihrt. Zwischen Trocken- vorrichtung und Zwirnspule benetzt man das warme Faser- bundel behufs Kuhlung, Minderung der Sprodigkeit, der Spannung, zur Erhohung der Zwirnbarkeit, sowie bum Ein- schmieren des Laufers der Ringzwirnspindel mit schwachem Seifenwasser. Die Entkupferung geschieht in Strangform durch Behandlung mit Saure, Waschen und Trocknen.

Viscoseseide. Zur Herstellung einer Viscoselosung mittels Holzcellulose

werden entsprechende Cellulosepraparate 2-3 Stunden mit 18%iger Natronlauge behandelt und nach Ablassen der Lauge gepreat, bis die Masse das 3 A f a c h e der urspriinglichen Cellulose betragt. Man bringt nun die feinzerteilte Alkali cellulose in einen drehbaren Behalter, der nach Art eines Butterfasses angetrieben werden kann. Die entsprechende Menge Schwefelkohlenstoff wird zugesetzt, dann gibt man nach Bildung des Xanthates die Masse in einen vertikalen Behalter rnit konischem Boden, der mit einem Siebe und einem Entleerungsboden versehen ist. Man fiillt den Be- halter mit kaltem Wasser und bringt ein Ruhrwerk in Gang. Nach einigen Minuten wird der Entleerungshahn geoffnet, welchem eine rotliche Fliissigkeit entlauft. Dem kalten Wasser kann eine geringe Menge einer organischen Slure, z. B. Essigsanre, zugesetzt werden. Das Verfahren soll nicht nur einen grol3en Teil der schadlichen Neben- produkte, sondern auch iiberschiissigen Schwefelkohlen- stoff entfernen. Das gereinigte Xanthat gelangt in das LosungsgefaB, wo es mit schwacher Natronlauge verfliissigt wird. Den Fiiden, welche mit einer solchen Viscose her- gestellt werden, wird eine bessere Beschaffenheit nachgeruhmt als denjenigen, welche mit nicht gereinigter Cellulose ge- women ~ i n d ~ ~ ) .

31) Verfahren zur Herstellung kiinstlicher Seidenfaden am in Kupferoxydammoniak geloster Cellulose unter Verwendung von Btzkalilauge als Fkillmittel. D. R. P. 255 549. Hanauer Kunstseide- fabrik A. G.; Angew. Chem. 26, 11, 175 [1913].

32) Verfahren zur kontinuierlichen oder nur beschrankt unter- brochenen Herstellung von Cellulosefiiden. D. R. P. 259 816; Angew. Chem. 26, 11, 330 [1913].

33) Verfahren zur Herstellung einer Viscoselosung mittels Holz- cellulose. Franz. Pat. 462 147. A r n o 1 d B e r n h e i m.

Kunstseidefaden von guten Eigenschaften werden er- halteii, indem man die Viscose in ein Koagulationsbad aus starken Sauren bringt, z. B. in ein solches aus verdiinnter Schwefelsaure. Die besonderen Bedingungen der Ein- fiihrung der Liisung, Gro13e und Temperatur des Bades, Schnelligkeit des Durchnehmens des Padens durch das Bad, sind so gewahlt, da13 die F a e n , die aus einem ersten Bade kommen, noch wasserloslich sind. Die erhaltenen Faden konnen auf Haspeln, Spulen usw. aufgewickelt werden, ohne zu zerrei13en und ohne zu verkleben. Die Uberfiihrung in unlosliche Kunstseidenfaden erfolgt indessen erst da- durch, da13 man in einem zweiten Bade aus 4-10Xiger Schwefelsaure behandelt. Auf diese Weise sollen sehr glan- zende feste Faden von groBer Elastizitat, Haltbarkeit und seidenartigem Aussehen erhalten werden. Statt Schwefel- saure konnen auch andere starke Pllineralsauren angewandt werden. Das zweite Bad, in welchem die endgiiltige Bildung der unloslichen F i e n vor sich geht, kann aus einer Mineral- saure oder aus einer Salzlosung, wie Kochsalzlosung, Bi- sulfat oder Natriumsulfatlosung, bestehen. Dazu kann mehr oder weniger Mineralsaure gesetzt werden. Das zweite Bad kann auch weggelassen werden, wenn man die Kon- zentration des ersten Bades, die Dauer des Durchgehens des Fadens, die Schnelligkeit des Aufwickelns und den Lauf des Fadens zwischen dem Bade und dem Haspel so einstellt, da13 die Menge Saure oder saureartig wirkender Losung, die durch den Faden aufgenommen wird, geniigt, allinahlich und vollstindig das Alkali in dem aufgewickelten Faden zu neutralisieren, der dadurch unloslich wird. Die Arbeitsbedingungen und die Behandlung hangen von dem Reifegrade und der Zusammensetzung der venvendeten Viscose ab und mussen von Fall zu Fall ausprobiert wer- den34).

Eine weitere Erfindung besteht darin, da13 den Viscose- losungen eine geringe Menge Ammoniak zugesetzt oaer ein Teil des ZLU Herstellung von Viscose dienenden Atz- kalis durch Ammoniak ersetzt wird. Die erhaltenen Faden sind zuerst glanzlos und weich, wenn sie durch Schwefel- saure koaguliert werden; sie werden aber nach einiger Zeit durchscheinend und fest genug, um unmittelbar nach dem Waschen abgespult zu werden. Viscoselosungen, welche Ammoniak enthalten, sind auch sehr geeignet, um in kon- zentrierten Salzlosungen in Gegenwart oder Abwesenheit von freier Saure versponnen zu werden35).

Ein Verfahren von C o u r t a u 1 d & C 0.36) bedient sich als Fallbad eines Gemisches von verdiinnter Schwefelsaure, Natriumsulfat und einer geringen Menge Zinksulfat.

Nach P. G i r a r d S 7 ) fiihrt man die rohe Viscose in ein erhitztes Metallsalzbad ein, d a m wird in ein saures Bad gebracht, gewaschen und getrocknet. F r i e d r i c h K u t t n e r und P. G i r a r d benutzen als Fallbad ein Gemisch aus Salzlosungen und Sa~ren3~) .

Nach A n t o i n e B o i s s o n39) kommt als Fallungs- mittel ein Sulfat und eine Saure in Betracht. Als erstes Bad wird ein solches mit Ammoniumsulfat, als zweites ein Salzsaurebad empfohlen.

Ein franzosisches Patent von K ii t t n e r40) empfiehlt ferner ein solches aus 27% Natriumbisulfat und 12% Natriumsulfat bei 50". Bei Zimmertemperatur wiirde die fallende Wirkung zu schwach sein, urn zu brauchbaren Faden zu fuhren. Nach dem Fallen la& man in einer

34) Verfahren zur Herstellung von Seidenfiiden aus Viscose. Franz. Pat. 449 536. Chem. Fabrik von Heyden A. G .

35) Verfahren zur Herstellung von Viscoseseide. Franz. Pat. 451 156. Chem. Fabrik von Heyden A. G . ; siehe auch Verfahren zur Herstellung von Films, Faden, Bandern usw. Franz. Pat. 446 449. Chem. Fabrik von Heyden A. G.

36) Koaeulierbar fiir die Herstellung von Fiiden, Bandern usw.

____

Schweiz. Pat. 57 506. "

37) Verfahren zur Herstellune von kunstlicher Seide und anderer Cellulosegebilde aus Viscoselosuigm. Be!g. Pat. 247 990 ; siehe auch das belg. Pat. 247 992 von P. G i r a r d.

35) Belg. Pat. 248 154. - 39) Verfahren zum Koagulieren der Cellulosexanthogenatlosung. Franz. Pat. 16 655. Zus. zum franz. Pat. 436 590.

4O) Verfahren zur Herstellung von kiinstlicher Seide mit Viscose. Franz. Pat. 451 276. F r. K ii t t n e r ; siehe auch franz. Pat. 453 569; derselbe Patentnehmer.

Page 6: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

54 Voller : Eine ernpfindliche Torsionswage und ihre Anwendung auf die Bestimmung von Fliissigkeitsdichten. [ a n ~ $ ? ~ ~ ~ ~ ~ ~ m i e .

sauren wasserigen Fliissigkeit rotieren, z. B. in einer 7yoigen Bisulfatlosung. Wasser kann zum Entfernen der nach dem Fallen anhaftenden Krystallchen nicht genommen werden, da der Faden zunachst noch wasserloslich ist; er geht erst allmahlich durch die Wirkung des mitgenommenen Bisul- fates in wasserunlosliches Cellulosehydrat uber. Die nach dem vorliegenden Verfahren erhaltenen F a e n haben eine Widerstandsfahigkeit von 20 kg auf den Quadratmillimeter. Der Querschnitt zeigt eine abgeplattete Form mit Rinnen.

Zur Fallung von Viscose wird folgende Mischung emp- fohlen41): 9 1 konz. Kochsalzlosung und 1 1 konz. Salz- same des Handels werden mit 3 4 % freier CXlorwasser- stoffsaure vereinigt. Die Salzsaure wirkt weniger zerstorend auf die Apparate und die Kleider als die Schwefelsaure. An Stelle des Kochsalzes konnen alle loslichen Alkalisalze verwendet werden, ferner Erdalkali und sogar Schwermetall- salze, Chloride, Sulfate und andere, besonders die Salze und Oxyde, die sich in Chloride in Gegenwart von Salz- siiure verwandeln. Das Fallbad darf nur schwach erhitzt werden. Die verhhltnismaI3ig niedere Temperatur ver- hindert die rasche Entwicklung von Gasen, wie Schwefel- wasserstoff oder Kohlensaure, und es wird so ein glatter und glanzender Faden von guten Festigkeitseigenschaften erhalten. Eine vorherige Reinigung der rohen Viscose ist nicht unbedingt erforderlich, jedoch mu13 die Viscose eine geeignete Zusammensetzung haben, die in weiten Grenzen schwanken kann. Die mit dem Kochsalz-Salzsaurebad ge- fallten F a e n zeigen durch die Zersetzungsprodukte der Viscose eine ziegelrote Farbe, die an Starke noch zunimmt, wenn man die Faden einige Zeit an der Luft stehen 1aQt. Um diese Unreinigkeiten zu entfernen, ist es vorteilhaft, die Faden durch ein zweites Bad von derselben Zusammen- setzung zu nehmen wie das erste.

Nach den Anschauungen einer Patentschrift der Ver- einigten Glanzstoff-Fabriken A.-G.42) ist es vorteilhaft, die- jenigen Sauren allein oder mit ihren Salzen anzuwenden, die mit dem Natron der Viscose zerflieflliche Salze bilden. Man verwendet a1s Salze, welche die Einwirkung der Saure verstarken sollen, nicht Sulfate, sondern z. B. das Natron- salz der gewahlten Saure. Als billige Sauren sind zu nennen besonders die nichtfluchtigen Verbindungen der Fettreihe: wie Milchsaure und Glykolsaure. Fugt man z. B. zu einem Liter einer gesattigten Natriumlactatlosung 140 g Milch- saure, so erhalt man ein fiir die Fallung der Viscose geeig- netes Bad, welches fur das Zentrifugenspinnverfahren vor- teilhaft ist und gestattet, die Faden rnit geniigender Schnel- ligkeit aufznspulen. Das Fallbad wird erhitzt angewendet.

(Fortsetzuny folgt.)

Eine empfindliche Torsionswage und ihre An- wendung auf die Bestimmung von Flussigkeits-

dichten. Von Dr. FR. VOLLER, Frankfurt a. M.

(Eingeg. 12/12 1914.)

Die Verwendung der Federwagen hat sich bisher, ab- gesehen von den bekannten Hausstandwagen und ahnlichen groberen Mefigeraten, in sekr engen Grenzen gehalten. Alle Versuche, das Prinzip auch fur feinere und empfindlichere Messungen zu benutzen, wurden mit mehr oder minder gro13em MiQtrauen angesehen. Dies wurde und wird auch noch in der Hauptsache rnit der Veranderlichkeit der ela- stischen Eigenschaften der Federn begriindet. Des weiteren wird auch die Abhangigkeit der Schwerkraft von der geo- graphischen Breite und der Meereshohe des Verwendungs- ortes angefiihrt, aus der sich ja allerdings die Notwendigkeit

41) Verfahren zur Fallung von Viscose fiir die Erzeugung kiinst- licher Seidenfiiden usw. Franz. Pat. 454 061. L. L e d e r , H. J a c - .q u e m i n und die SociAt6 anonyme des Soieries de Maransart.

42) Verfahren zur Herstellung von FIlden, Films usw. Franz. Pat. 454 011.

ergibt, die Messungen an allen den Orten init einer Korrek- tion zu versehen, die eine vom Orte der Eichung abweichende Breite und Seehohe haben. Diese Korrektion ist aber rnit Ausnahme weniger extremer Falle verschwindend klein und vor allem auch fiir einen und denselben Ort konstant, so da13 sie meist von vornherein eingeeicht werden kann. Fur jede irgendwo in Deutschland geeichte Wage liegt sie z. B. weit innerhalb cler Grenzen der erreichbaren Ablesegenauigkeit, wenn die Wage an irgendeinem beliebigen anderen Orte Deutschlands verwendet wird.

Wesentlich schwerwiegender ist jedenfalls die Schwie- rigkeit der elastischen Unvollkommenheit aller f i i r die Her- stellung der Federn in Frage kommenden Materialien. Es kann auch heute noch nicht davon gesprochen werden, da13 diese Schwierigkeit vollkommen beseitigt ware ; das wird sie wohl kaum je werden. Immerhin ist es der Instrumenten- technik aber gelungen, ihrer so weit Herr zu werden, daB sie gegenuber den sonstigen Vorzugen der Federwage f i i r sehr viele Zwecke nicht mehr erheblich ins Gewicht fallt. Unter diesen Vorziigen steht an eister Stelle das unver- gleichlich schnelle Arbeiten, das dem Fortfall der Gewichts- stucke und der unmittelbaren Ablesung des MeDresultates an einer Skala zu verdanken ist.

Die im folgenden beschriebene Torsionswage von Hart- mann & Rraun ist eine solche Federwage. Sie ist schon seit mehreren Ja.hren bekannt und vielfach in der Praxis er- probt. Fur ihren Aufbau sind in der Hauptsache Konstruk- tionsteile des elektrischen MeOinstrumentenbaues verwendet worden, der das Spezialgebiet dieser Firma bildet.

Allgemein bekannt sind ja die Prazisionsclrehspulinstru- mente f ur Gleichstrom, die eine auBerorclentliche Genauig- keit und Zuverlassigkeit zeigen. Die gleichen Torsionsfedern, die in diesen Instrumenten die Gegenkraft gegen die elek- tromagnetische Ablenkung darstellen, sind auch in der Tor- sionswage zur Anwendung gelangt mid bilden dort die Gegenkraft zur Schwere des zu wagenden Korpers.

Fig. 1.

Fig. 1 zeigt eine solche Torsionswage schematisch. Sie besteht aus einem einarmigen Wagebalken a, dessen Achse mit geschliffenen Stahlspitzen in Edelsteinen gelagert ist, und den eine Torsionsfeder F gegen den Zug der Last zu drehen sucht. Senkt sich der W'agekalken unter der Bela- stung durch ein angehangtes Gewicht, so erfahrt die Feder eine Torsion, bis ihre Spannkraft dem Zug des belasteten Balkens wieder das Gleichgewicht halt. Das zweite Feder- ende ist an einem drehbaren Hebel d befestigt, dessen Stel- lung an einem Zeiger c iiber einer Skala abgelesen werden kann. Erfolgt durch Anhangen eines Gewichts eine Torsion der Feder, so wird rnit Hilfe des Stellhebels das ganze Sy- stem so weit gedreht, da13 der Wagebalken mieder in seiner

Page 7: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

69 Aulsrtztell. 28. Ja,,rlnng ,y,5. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 19x4.

- _ _ ._ . -- -

aufweisen. Ncuerdings h a t Geheimrat Prof. Dr. Z u n t z gefunden, dan dic Ausnutzung von Vollkornbrot auch bcim einzelnen Mcnschcn immer besser wird, je mehr er sich daran gewohnt. und daB nach einer gewissen ubergangs- zeit das Vollkornbrot aus gu t aufgeschlossenem Vollkorn- *mehl von den Verdauungsorganen in ganz bcfriedigendcr Wcisc ausgeniitzt wird.

Das Reichsamt des Innern ha t sich in hoch anzu- erkennender Wcise darum bemiiht, festzustellen, ob es moglich ist, mit den vorhandenen nrotgetreidemengen aus- zukommen und durchzuhalten. Es iut zu dcm Ergebnis gckommen, daB dim miiglich ist, wcnn'sich die Beviilkerung an Brot aus hoher ausgemahlenem Gctrcidc gcwohnt. und wenn das Weizcnmchl mit einem maBigen Zusatz von Roggenmehl und das Roggenmehl rnit eincm Zusatz von getrocknetem Kartoffclmchl oder Kartoffelstarke versehen wird. Die Streckung des Weizenlnchls durch eincn Zusatz von Roggenmchl ist sichcr gutzuheilJen, dagegen niuB man dic Verwendung von Kartoffelstarkcmchl und Kartoffal- flockcn zuin Roggcnbrote als bedenklich bczcichncn. Das Kartoffebtarkcmchl cnthiilt so gu t wic ,gar keine Eiwci8- stoffc und Nahraalzc. Durch seinen Zusatz' wird also dcr so iiberaus wichtigc Gehalt des Brotes an diesen wichtigcn Nahrstoffen noch vermindcrt, aiiBcrdem ha t der Brot- hersteller dadurch die Moglichkcit, bcdcutend groBere Wassermengcn in das Brot zu bringcn, a19 dies im Intcresse der Bcvolkerung licgt. Auch die Herstellung von Kartoffel- flocken durch Dampfung und Trocknung s u f hoch gc- hciztcn Walzen crgibt eine Kartoffelprascrvc (,,Kartoffel- flocken", gcma.hlen: ,,Kartoffelwalzmchl"), die alle Bc- standteile der gcrcinigten Kartoffel enthalt, in dcr aber das EiweiB durch dio zwcimalige Erhitzuiig geronnen, dic Enzyme geschiidigt und die Starkc vcrkleistert ist. 1)as Verfahren h a t an sich g o n e Redeutung, da dadurch die Moglichkeit gcgeben ist, wenigstcns einen Tcil dcr sonst vcratmenden und verfaulenden Kartoffel - in Deutsch- land betragt dcr Veratmimgs- und Faulnisverliist 450 000 Doppelwagenladungcn Kartoffeln zu je 200 Zcntner - zu rcttcn und in einc haltbare, fur die Vichfutterung sehr ge- eignctc Kartoffelprbcrvc umzuwandeln. Die Verwendung dieses Verfahrem zur Herstellung cincr Kartoffelprberve zur Rrotbereitung st.ellt aber einen Fchlgriff dar. da durch die zweimaligc Erhitzung dcr Kartoffcl wichtige .NKhrstoffe geschiidigt werden und bei der Teigbereitung rnit dcm kartoffelflockenhaltigen Roggcnmchl einc sehr hohc Wasscr- aufnahme (infolgc dcr Verkleisterung tler Starkc) cintritt. Wenn man schon dic Mitvcnvendung von Kartoffelerzeug- nisscn zur Brotbereitung durchfuhren will, so sollte man zur Trocknung der Kartoffel ein Verfahren wahlen, bei dem untcr Verwcndung von ganz niederen Trockcntempe- raturen das Riwcil3, die Vitamine und sonstigcn Xiihrstoffe in ihrcr Qucllbarkcit und Unversehrthcit crhalten blciben, und die Starkc nicht verkleistert wird. Dies ist eigentlich selbstverstantltich, d a ja die Brotbercitung nur init Gc- trcidemehlen crfolgt, die nicht durch hohc Temperatarcn gesehiidigt worden sind. Scuerdings ha t Z u n t z darauf aufmerksam gemacht, da13 die Ausnutzung von Hoqgcn- brot verschlechtcrt wird, wenn durch Erhitzung gewonnenes Kartoffelprodukt mit vcrwendct wird. Einc solche scho- nende Trocknung der Kartoffcl zwccks IIerstellung von Vollkartoffelmchl ist moglioh, wenn nach dem Verfahren von W a I t e r L o e b e 1 , TApzig, in Trockcnturmen die ma8ig erwarmte Luft durch das fallende Trockengut streicht und, ohne die Zellwando zu schlieBen, die Feuchtigkeit aus ihnen gewisscrmaBen ,,wegatmet". Hoffentlich gelingt a, dicscn neucn Bestrebungen auch auf dem Gebiete der Kartoffeltrocknung den vollcn Gehalt an Xahrstoffen un- versehrt zu bewahren und sich durchzusctzcn. Man wiirde dann nichts gcgcn die Mitverwendung von Kartoffelerzeug- nisscn bei der Brotbercitung einzuwendcn haben.

Es licgt kcin Grund vor, an dem gesundcn Sinn der Bevolkerung fur sachgcrniilJe und gcsundheitsfordcrndc Ernahrung zu zweifeh. Einem gronen Teil unserer Re- volkcrung fehlt es nur an der notigcn Aufklarung; zum Teil wird dies durch die widerstreitendcn Interessen ge- wisser Erwcrbsgruppen gehindcrt. Die Tcchnik ist ohne Zweifel in gewisscr Hinsicht falschc Wege gcgangen. Das

Bestrebcn, Mehl so weiB hcrzuskllen wie Papicr, und vor allcn Dingen das Roggenmehl in bezug auf Farbc mit dem Wcizenmehl in einen Wettbewerb zu setzen, h a t es dazu gcbracht, daB unscr Hoggenbrot immcr gehaltloser und zu cinem unvollstiindigcn Nahrungsmittcl geworden iet. Die zunehmende Zahnvcrdcrbnis, die mangelhaftc Ent- wiclilung dcs Knochengc riistcs unscrer Kinder und die viclen Entwicklungsstorungen des kindlichen Organismus zeigen uns, da8 wir Fehler bcgangcn haben, und daB wir sic ver- bcsscrn inussen, indcm wir unserem Organismus nicht un- vollstiindigc Sahrungsmittel zufuhren, sondern solche, wclche alle Bestandteile enthalten, die von der Natur in sic hineingelegt worden sind. Durch den immer mehr zii- nehmcndm Zuckcrgcnun - Zucker ist voUig niihrsalz- frci -, durch die vielfach unsachgemaBe Behandlung der Kartoffeln und Gcmuse (Abbriihen, Awkochen und Weg- werfen dcr Bribe) ist unserc Xahrung armer an Fermenten und Mincralstoffen gcworden. die nicht nur zum Aufbau dcr Zahn- und Knochensubstanz, sondern auch zur Unter- haltung dcr Austauschvorgiinge in unseren Gewebefliissig- keiten, zur Neutralisierung von Stoffwechselgiften unerlaD- lid1 sind. Prof. I3 u n g e bagt: ,,Man denkc an die armen, bleichsiichtigen Arbciterinnen, die sich von Weinbrot und suncm Ivlilchkaffce nahren. Mit Aufbictung unsercs chcmi- schcn Wisscns haben wir Versuchstieren, die wir blutarm machcn wollten, keine niihrsalz- und eiscnarmcrc n'ahrung als diesc verahfolgcn konnen". Werm wir also durch den Krieg gczwungen werden, uns wieder dcr natiirlichcn Voll- kornerniihrung zuzuwcndcn, so schaffen wir nicht nur die Moglichkeit, mit der vorhandenen Gctrcidcmcngc liinger auszukommen, sondcrn wir vereinfachen auch gleichzeitig unqerc so kompliziert und kunstlich gcworclcne Erniih- rung wieder. Wir betreibeii daher Iu a t i o n a 1 w i r t - s c h R f t im weiten Sinne dca Wortes, wenn wir die breiten Masscn des Volkcs iiber die in den lctztcn Jahrzehnten bcgangenen Ernahrungsfehler aufklaren, ihnen zeigcn, daD, wie Pfarrcr S a u m a n n sagtc: ,,unser Acker zu fern liegt," und sie zur kriiftigcn, natiirlichen Vollkornernahrung und dcr Benutzung dcr h c i m i s c h e n Bodenfriichte zpriickf uh ren. [A. 208.1

Fortschritte auf dcm Gebiete der Faser- und -Sphnstoffe in den Jahren 1913 und 1914.

Von Prof. Dr. W. MASSOT. (Portsetrung von S. 3.)

Die Grundlagc cines wcitcrcn Verfahrens bildet dic Be- obachtung, daB durch Zusatz von organischen Sitrobasen wic z. 73. Nitrosodimethylanilin, bzw. Diathylanilin UYW.. oder dercn Salzc, zu dcn fur Viscose ublichen Fallungs- mitteln, z. 13. Alkalichloridcn usw. in neutraler oder saurer Liisune, technisch auncrst wcrtvolle Eigenschaften dcr hcr- zustellcnden Produktc crzielt werden. Bereits ein geringer Zusatz dcs Nitrokijrpers zu dem kalten odor warmen Fall- bad vcrhindcrt den zur Abucheidung des Schwefels fiihrcn- den Abbau der Celluloscxanthogenate, indein er sie vor der Oxydation schutzt, und das ausgefalltc Gebilde, sei es Padcn oder Film, zeichnet sich bereits in nassem, rohcm Zustande durch cincn hohen Glanz, Durchsichtigkeit und g r d c Festigkeit aus. Die fertigen Produkte sind auDer durch die genannten Eigcnschaften durch auncrgewohn- liche Fcstigkeit und Elastizitat ausgezeicbnct, die cine solche Seide namentlich f i i r Webcrcizwecke geeignet erscheinen la~sen'~).

Als sehr brauchbaro Fallbadcr fiir Viscose werden Ldsungen neutraler Salze mit einer gewissen Menge Ammor salz, z. B. Ammonsulfat, c r n p f ~ h l c n ~ ~ ) . So gibt eine konz. Ldsung von Kochsalz mit einem Gehalt von nur 10% Am-

43) Verfahren zur Herstellung von kunstlicbcn Gcbilden am 'Viecose. B. D o r z y k o w 8 k i . Charlottenburg. Deutsche Patent- ~ m e l d u n g B. 69990; siehe auch das brit. Pat.. 12090 desselben Patcntnchmers ubcr dcneelbon Gegenstand.

u) Verfahren zur Herstellung von Gegenstandcn aus Cellulose, breonders von Fiidcn und Hautchcn BUB Viscose. Franz. Pat. 458 979. F r a n z S t e'i m i g.

3'

Page 8: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

60 Massot: Fortschritte auf dern Cebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ , ~ ~ ~ ~ ~ f ~ ~ ~ m , e .

monsulfat ein vollkommen brauchbares Fiillbad. Dasselbc ist zu Anfang neutral, dns freic Alkali dcr Viucosc vcrbindct sich wahrcnd des Spinnenv mit der Saure des Ammoniak- salzes, wird also ncutralisiert. Das ebenfalb in der Viscosc enthaltene Alkalisulfid bildct Ammoniumsulfid, und dieses zusammen mit dcm freien, in dcm Bade gelosten Ammoniak, macht das Bad alkalisch. Infolgedessen wirkt das Bad ganz besonders giinstig auf den Faden ein, sogar bci kon- stant wachscndcm Gchalt an Alkalisulfid. Die den ncu- tralen Pallbadern zuzusetzenden Mengen Ammonsulfat sind niir geringen Schwankungcn unterworfcn und richten sich nach dcr Art des herzustellenden Cellulosegcbildcs. Die Menge wird am bcstcn praktisch ausprobiert. Der Zusatz wird abcr schon des Preises halber moglichst niedrig ge- haltcn. Wic bci den sauren Fallbadern wird auch hier empfohlen, Rcduktions- odcr Oxydationsmittel zuzusctzen, um den Glanz dcs Fadcils zu erhohen. (Siehe auch Ver- fahreii zur Herstellung von Faden, Films usw. Brit. Pat. 5238. Verbesserung der brit. Patentschrift 11 101 von F r a n z S t c i m i g . )

Dio crstc ostcrrcichische Glanzstoff-Fabrik A.-G.4*i) laBt die austretcnden F a e n in ein Schwefclsaurebad einlaufen, in wclchcm gleichzeitig ein Sulfat aufgclost ist. Man spinnt zweckmaI3ig bei Tcmpcraturcn von 45-50' und halt die infolge Zutretens von Katronlauge aus der Viscose stetig abnehmendc Aciditat des nades so, daB sic noch unter der dem normalen Bisulfat cigcncn Aciditiit bleibt, somit stcts ein UbcrschuB von neutralem Sulfat vorhanden ist.

J. E. B r a n d c n b c r g c r schlagt zum Koagulieren dcr Viscose Losungen von Natrium-, Kalium- oder Am- moniumthiosulfat vor. Das koagulicrtc Produkt wird da- bci von Schwefel durch die loscnde Wirkung dcs Thio- sulfates befreitqB). Kach cincm franzosischen Patent des- sclben Patentnehmer~~') wird als Koagulierungsmittcl Koh- lensaure empfohlen. Die Cclluloso wird durch Wasserdampf regcncricrt.

Kach H. 1, a n g c und G . W a 1 t h e r wird Viscose durch geeignete Vorrichtungen in Bader eingefiihrt, welche Al- dohydbisulfite, deren Reduktionsproduktc, wie Sulfoxylate, Ketonbisvlfite odcr auch Kondeneationsprodukte aus Phe- nolen oder Naphtholen eincrscits und Aldehyde und Sulfite andcrcrseits, ohnc oder mit Zusatz von anorganischen oder organischen Salzen oder Zuckcrarten; enthalten. Das ge- wonnene Ausfallungsprodukt wird nachtraglich in gccig- neter Wcise zcrsetzt wid fertig gestellt. Dcr Faden fallt einheitlich, geschmeidig, dehnbar und durchsichtig aus. Einen Vorteil bedeutet das vollige Klarbleiben der Biider wahrcnd des Fiillens (D. K. P.-Anm. L. 39 873. Angew. Chcmic 27, 11, 437 [1914].)

Einc ausfiihrliche Ubersicht iiber die versehiedenen Formen dcr Fallbider fiir Viscoseseide gab K. S ii v e r rice).

Ein Verfahren von A. P o 1 1 e r i n49 erstrebt die Her- stellung eines ncuen Produktes, welches aus einer faden- artigen Masso von kiinstlicher Seide bcstehen und rnit Baumwolle gestreckt und versponnen wcrdcn 8011. Man IaiBt zu diesem Zweckc eine Cellulosexanthogenatlosung durch ein Gewebe hindurchgehen und crhalt auf diese Wcise cin Gewirr von Faden, welchev durch die feinen Offnungcn in das Fallbad auf einen durch das Bad hindurchgefiihrton Riemen ohne Ende fallt. Dadurch crhalt man eine aus vielen Einzclfaden bestehendc Fadenmasse. Die Faden sind sehr diinn und liegen ohne Ordnung durchcinander. Uic zur Verwendung gclangenden Xanthogenatlosungcn brau- chen nicht gereiiigt zu werden, auch ist es nicht notwendig, das Ausgangsmaterial zu filtrieren und den Losungen die Luftblaschcn zu nehmen, da cs ohne Bedcutung ist, ob die Faden rcgelmaI3ig gebildet sind. Ale Fiillbad wird cine ver- diinnte Schwcfelsaurc von 20" BB. vorgeschlagen.

46) Vcrfahren zur Herstellung glanzendcr Faden. Bander UYW.

4'3) Engl. Pat. 24 045. 47) Vcrfahren zum Koagulicrcn und Regenericrcn von Cellulose

46) Die Fallb%dcr fur die Herstellung der Viscosescidc. Kunst-

49) Vcrfahrcn zur Herstellung von Kunstfiiden in Form eines

ostcrr. Pat. 63 635.

aua Viscosclosungen. Franz. Pat. 457 633.

stoffe 3, 447: Angem. Chcm. 26. IT. 302 [19131.

Fadengewirres. ostcrr. Pat. 55 749.

Um kunstseideartige FMen aus Baumwolle, Leinen- Hanf und anderen Cellulosefasern zu crhalten, werden die- selben in Strangform odcr auf Spulen zunachst in Alkali, cellulose, wie bei der Mcrcerisicrung, ubergefiihrts0). Die Alkalicellulosc wird dann mit Schwcfclkohlenstoff oder auch mit Kupferoxydammoniz klosung behandclt, so daB sich die Faden dabei nicht losen, sich aber auszichen lassen. Diescs Ausziehen geschieht gcstrichcn wie bei dcr Mcrccrisierung durch Spannen. Die Fiidcn werdcn dann in Cellulose zu- riickverwandclt und gcrcinigt. Das fcrtigc Produkt sol1 eincn der Kunstseide ahnlichen Glanz besitzen.

Um Kitro- und Viscosckunstseiden einc groI3cre Wider- standsfahigkeit zu gcbcn, werden dcn Sciden Xctallrcsinate, besonders Zink- und Magncsiumresinat odcr das Gemisch beider zugesetzt. Oer Zusatz diescr Metalle zu Balsamen oder Gummihanen erhoht ihren Schmclzpunkt bctriichtlich. So trcibt ein Zusatz von 4% Zinkoxyd den Schmclzpunkt des Kolophoniums von 70 auf I%", ein Zusatz von 8% von 70 auf 170". Dicse Umstiiide gestatten dann die hn- wcndung von Temperaturcn von loo", ohne dab die Seide in schadlicher Weise weich wird. In der Bake verhindcrn die Derivate, daB die Seiden von Wasser durchclrungcn werden, und erhalten ihncn cine groBe Festigkeit. Sie machcn die Seidcn unangreifbar beim Waschen mit Scifc odcr mit Alkalicarbonatcn. Die Metallderivate koimen den Viscose- oder Xitrocciluloselosungen in jcdcm Vcrhaltnis zugesetzt werden. Da sic jedoch Hartemittel sind und den behandelten Produkten die Elastizitat nehmcn, so ist es doch crfordcrlich, daB der Zusatz von Resinaten 20% nicht iibersteigt, damit das Endprodukt noch gcniigendc Wcich- hcit besitzt. Sol1 mehr Resinat angewendet und sollen doch geniigend weiche Produktc erzielt werden, so ist es n6tig, den Mischungen oxydicrtc trockncndc Ole und bc- sonders Stearin oder Elaidin, cvcntucll cin Gcmisch dicser Stoffe, zuzusetzen. Erhoht man den Rcsinatzusatz, bc- sonders den von Aluminiumresinat, ohne die soeben er- wlhnten Stoffe zuzusctzen, so cntstehen celluloidartige Korpcr, welche das Celluloid in vielen Anwendungsformen vcrtreten konnen6I).

3. Acetatkunstseide. Unter den Verfahren, welche sich mit der Herstellung

von Essigsaure- oder Fettsaureestern dcr Cellulose ale Aus- gangsmaterialien fur die Gewinnuiig von Kunstfiidcn, Films und dergleichen beschiiftigen, seien die nachfolgenden hcr- vorgehoben.

Vorbehandeltc Cellulose, Hydrocellulose, Oxyccllulose oder ein Gemisch dieser l'roduktc wird durch Bchandeln mit organischen Saurcanhydridcn bci Gcgenwart von Chlor oder Brom in Saurcdcrivate iibcrgefiihrt. Unter diescn Um- standcn verlguft die Verestcrung in relativ kuner Zeit und bei niedriger Temperatur ohne Ueeintriichtigung dcr Festig- keit des Endproduktes. Es wird beispichwcisc 1 Cewichts- teil Oxy- oder Hydroccllulose oder eines Gcmisches beider in ein Acetylierungsgcmisch eingebracht, das aus 3 Teilen Essigslurcanhydrid mit etwa 2% Brom und 4Teilcn Eis- essig besteht. Die Mischung wird bei ctwa 50" geruhrt, bis vollstandigc Losung eingetreten ist, was nach einer Stunde e twa erreicht sein durfte. I)cr entstandene Ester kann in iiblicher Weise ivoliert werdenS2).

Als Kondensationsmittel dient nach dcm Verfahren von F. P a s c h k eS3) ein wasserfreies Kupfcrsalz, z. B. Kupfcr- sdfat , Kupfernitrat, Kupferchlorid oder ein Gemisch von Kupferacetat imd Kupfernitrat. Man kann dic Menge dcs Essigsaureanhydrides betrachtlich hcrabsctzen und damit

6 0 ) Verfahrcn zur Herstellung glanzender Faden aus Cellulose. Franz. Pat. 468 380. P. ,J o 1 1 i o t ; siche auch Spinn- und Zwirn- vorrichtung fur Kunstseide u. dgl. Textilfiidcn allcr Art . Franz. Pat. 465 322. 1' a u 1 V i I a n und Gesellschaft La Soie artificiclle du Xord; ferner Zusatz zu dem franz. Pat. 465 322, niimlich franz. Pat. 18 730.

61) Vcrfahren zur Herstcllung von Viscosc und Nitrocellulose- kunstscidc. Franz. Pat. 453 652. C. S h r a g c r und R. D. L a n c e.

52) Herstellung von Clelluloscdcrivaten. Hrit.,.Pat. 22 237. A.-G. fur Anilinfabrikation.

13) Verfahrcn zur Herstellung von Celluloscacctat. Brit. Pat. 15 868.

--

Page 9: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

Jahrgang Aufsatrteil. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Farer- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. 61

daa Vcrfahrcn vcrbilligen. Das Reaktionsprodukt ist cinc klare, viscosc Flussigkcit von gleichmafliger Beschaffcn- heit. Urn zu verhuten, dal3 die Fliissigkeit gelatiniert, wird 80-90yoige Essigsaure hinzugesetzt, gut durchgcruhrt und in irdenen GefaUen entacetylicrt. Zu diescm Zwcckc wird Chlor durchgeleitet, bis das Acctat nur noch 50--60~o Essig- saurc enthiilt. Durch Erhitzen wird die Rcaktion beschleu- nigt, jedoch sol1 die Ternperatur 60" riicht uberstcigen. Dann wird mit Wasser oder Tetrachlorkohlenstoff gefallt. Auch das franzosifiche Patcnt 458 263 der Safety Cclliiloid Comp. Ltd.. Verbesscrung in dcr Herstellung von Ccllulosc- acetat, bedient sich als Kondcnsationsmittel eincs wasser- freien oder nur geringe Mengcn Wasser enthaltcndcn Kupfer- salzcs.

H. I'e t c r s und H. W. C u 1 I u mS4) bchandcln die Gllulose einigc Zcit init Palrnitinsaure enthaltendem Di- chlorhydrin odcr Epichlorhydrin oder mit Pctrolcum, cven- tuell mit Glycerin. Sach der Entfernung dieser Ole folgt die Behandlung mit cincr Gsung, die Ameisensiiure und cin Verdiinnungsmittcl, wie Mcthylalkohol, enthalt, wozu noch l'almitinsaure gesetzt wird, falls diese bei der ersten Bohandlung fehlte. Danach untcrwirft man dcr Einwirkung eincs acetylicrcndcn Badcs, das Schwefelsaurc, Satrium- acetat, Essigsaureanhydrid und Eisessig enthalt.. Das Re- aktionsprodukt wird mit Methylalkohol, Tctrachlorkohlen- stoff usw. gefallt, gepreBt und mit Ammoniuincarbonat en t halt end em Wasser gewasch en.

Im D. R. P. 269 193 (Angcw. Chem. 27 , I I . 109 [1914]) der chcmischen Fabrik von Hcyden, A,-G., Kadebeul, wurde dic Acctylicrung von Ccllulosc mit Essigsaurcanhydrid bei Gegenwart von Sulfurylchlorid bzw. von Chloridcn dcr Schwefelsaurc cmpfohlcn, und zwar in der Warme. h'ach dcm Zusatz D. It. P. 273029 (Angew. Chem. 27, IT, 331 [1914]) zeigte es sich, da13 man auch in der Kalte arbcitcn kann, wenn man die Cellulose in Form gereini ter und gebleichter

Ein anderes Verfahren wird unter Beriutzung von Hydraziii oder Hydroxylaminsulfat durchgefuhrts5). Man trankt z. B. Cellulose mit ciner Losung von Hydrazinsulfat und tragt sic nach dein Trockncn in ein Gemisch von Essig- saur;. und lhsigsaurcanhydrid. Beim Erhitzen erwcicht die Cellulose rasch. Xach etwa 4 - 4 Stunden ist die Gelatinic- rung vollstiindig. Das erhaltene Acetat kann nach den gc- wiihnlichen Methoden isoliert werden. Das l'riiparat so11 sich schr zur Herstellung von Kunstseidefadcn eignen.

Die Einwirkung des acetylierenden Mittels in dampf- forrnigem 7;i-tande erstrebt ein Verfahren dcs britischen l'atentcs 25 8W5'j). Dic Acctylcellulosen bchalten dadurch dic Struktur dcr Ausgangsmaterialien bei, und cs gelingt verha1tnismaBig leicht, das uberschiissige Anhydrid und die Essigsliure wiederzugewinnen.

Veranderungen in dcn Lijslichkeitsbedingungen dcs Celluloseacetates wcrden auf folgende Weisc erzielt6'). Die Cclluloscacetate werden mit Salzen oder Doppelsalzcn, die in cincin aromatischen Amin lijslich sind oder von einem aromatischen Amin linter nildung des AminsaheR zersctzt wcrdcn, bchandclt. So!che Sake sind z. B. die Salze von Ammoniak,..Hydrazin, Athylamin, Pyridin, Chinolin, l'ipe- ridin und Athylendiamin, Magnesiurnchlorid, Zinkchlorid, Zinkammoniumchlorid und andere Schwermctallsalze. Ebcn- so konncn organischc und anorganische Verbindungcn, die mit aromatischcn Ainincn untcr Hildung von Aininsalzcn odcr Amidcn rcltgicrcii, wic Sulfurylchlorid, Phosphoroxychlorid, l3cnzylchlorid oder Hcnzolsulfochlorid, rnit Vortcil zur Be- schleuniguiig der Reaktion verwendet werdcn. Es zeigtc sich fcrncr, dafl das Verfahrcn utiter Druck ausgcfuhrt werden kann, wodurch sich das Erhitzen abkiirzcn laflt. Dics ist

Baumwolle bei genugender Menge von 8 hlorid aiiwendet.

. .-

54) Verbesserungen in der Herstellung von Cellulosrvcrbindungen. Brit. Pat. 16000.

65) Verfahrcn ziir .4cetylierung von (:ellulosc untl ihren Um- wandlungfiprodukten. Franz. Pat. 450 890. Chenl. Fabrik auf Aktien vorrnals E. Schcring und A. L o o s e.

66) Vcrbcescrungen bci der Herstellung yon C~lliiloncmateiialien. Socibtk Chimique dcs Usinea du Rh6ne anciennernent Gilliard. P. Monnct et Cartier. Paris.

6 7 ) Verbesscrungen in der Behsndlung der A c e t y l c d u l o ~ . Brit. Pnt. 2178. Chern. Fabrik auf Akticn vorrnals E. Schcring. Berlin.

von besonderem Vorteil, wenn sehr viscose Cclluloseacetate behandelt wcrdcn sollen. Das Produkt wird erst loslich in Accton, kurz danach auch in Essigester. Bei weiterem Erhitzen tri t t die Lijslichkeit in Aceton zuruck, dic Loslich- kcit in Essigester und Chloroform nimmt nach und nach tb, kanu aber besonders fur Chloroform durch Zusatz von Alkohol lingere Zeit erhalten bleiben. n ic immer ab- nchmcnde Gslichkeit in Essigester und Chloroform cnt- 3pricht einer wachscndcri Liislichkeit in heinen Mischungen von Bcnzol und Alkohol. Uie Acetate, welchc einc klarc Losung mit einer Mischung von heil3eni Benzol und Alkohol geben, sind in cler ltegel auch loslich in warmem, verdiinntem Athylalkohol. Wird wcitcr mit einem Amin crhitzt, so ver- ~ h w i n d e t die Loslichkeit in einem Ceniisch aus hciaem Alkohol-Bcnzol wid in reincm Aceton nach und nach, und 1s zcigt sich yjne steigende Ldslichkeit in wasserigcm Aceton, vcrdiiJuitcm Athyl- und Mcthylalkohol und verdunnter Essig- 3aurc. Der Grad, bis zu welchem das Losungsmittel verdiinnt werden kann, miichst mit dcr Dauer des Erhitzcns. Das Eiidprodukt dcr Rcaktion wird crhalten, wcnii infolgc der Abspaltung von Acctylgruppen eine kriirnlige oder pulverige Cellulosc entsteht, die im Gegensatz zu dem Ausgangsstoff in konz. Chlorwasscrstoffsiiure und in verdunnter Atznatron- losiing leicht Ioslich ist. Die Isolieruug des Iteaktionspro- dukteu kaiin crfolgcn durch Wcgschaffen oder Ansauern dcs Amins oder durch Fallen rnit einem organischen Lijsungs- mittcl.

Auch bci gccignctcr Anwendung der verschiedenen Knta- lysatorcn, z. B. von Schwcfelsiiure, von Seutrahalzcn, Bi- sulfatcn, organischen Sulfosauren, Sulfinsauren usw. bei Acctylierungsversuchen der Cellulosen gehen die zucrst gc- bildeten, in Essigsaure und Chloroform loslichen Acctylcellu- loscn bci liingerer Beriihrung mit diesen Katalysatoren je nach Art der Wirkung dersclbcn, nach Menge und Tempc- ratur mehr oder wcniger rasch in neue Acetylccllulosen uber, dio sich durch ihrc C'nloslichkcit in Chloroform und ,in Easigsaurc auszeiclmcnSs). H. D r e y f u fl erstrebt die Herstellung von Cellulosccstcrn, welche in einer h i h e von LosungYmitteln loslich sind oder in mehreren Lijsungsmitteln zugleichss), z. B. in Alkohol-Benzol, Alkohol-Chlorofom, Alkohol-Tctrachlorathan, Chloroform. Essigcstcr-Alkohol. Dies errcicht man dadurch, dab man eine gereinigtc Ccllu- lose vcrwendet, deren Molekul vorher durch alkaliecho Be- handlung gelockert ist. k'erner geschieht die Fallung der Cellulosccster aus dcm primarcn Acidylierungsgemisch unter Bedingungen, die ein rasches, wirksamcs Waschen der Estcr gestattcn und Ester von weiI3em. bestandigem Aussehen lie- fern, die auch nach dcm Trockncn bestiindig sind. Die Fal- lung gcschieht dadurch, daI3 man in das Acetylicrungs- gemivch geeignete E'allmittel in geringcn Mengen nach und nach eintriigt, z. B. Benzol und seine Homologen, so daI3 die nach jedem Zusatz eintrctcndc Fallung Zcit hat, sich bei langercm Ruhrcn zu losen. SchlieBlioh wird mit Wasscr zur Ausfallung gebracht.

Zur Herstellung von Fettsaurcestern der Cellulose, welche sich in Essigester zu klaren viscosen Fliissigkeiten liisen. wcrdcn in Chloroform odcr in Aceton Ioslichc Cellulosccster in einer wltsscrhaltigen Losung in Abwesenhcit aller hydro- lysicrcnd wirkenden Stoffe wie anorganischen Sauren oder saurcn Salzen, auf Temperaturen von etwa 90-110" er- hitzt, bis eine mit Wasser gcfdlte und getrocknete Probe mit Essigsaurc cine Mare Lijsung gibtso). --

b*) Verfahrcn zur Darstellung von in Essigsaure und in Cliloro- foim unliislichen Acetylcellulosen. I). R. P. 273 706. Knoll & Co., Ludwigslisfen. Angew. Chem. 27, 11, 390 [1914].

69) Verfahrcn zur Henstellung ncuer Cellulo.sxskr und ihrcr Uiuwandlong~produkte. Franz. Pat. 15 894. Zus. zu 432 046; vgl. auch hierzir die frariz. Pat. 15 933. 16 316, 16 494. Zudtze zu 432 046; wcitcr: Herstrllung von Cclluloseestern. dic loslich in Chloro- form sind und von Uinwandlunpsproduktn von Celluloseestern. die schwer odcr unloislich in C'hloroforrn sind. Hrit. Pat. 20978. H. D r c y f u B. Verbewrungen in der Herstellung von C~IIUIOBC- acctat. Franz. Pat. 450 886. Socikt6 Debange et Cic. Verfahren zur Heretellong von Cxllulose&thern und ihren Derivaten. Franz. Pat. 447 974. I,. 1, i 1 i e 11 f e I d.

6 0 ) Vcrfahrcn zur Herstellung von Saureestern der Cellulose. Franz. Pat. 455 117. Vcrein fur chernische Industric in Mainz.

Page 10: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

Massot: Fortschritte auf dern Cebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ , n $ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ l d e . -~ ~

62 _- _. . _ -

Nach K n o I I & C O . ~ ~ ) crreicht man dic Umwandlung von in Accton unloslichen Acetylccllulosen in solche, welche in Accton loslich sind und viscose L4sungcn licfcrn, vorteil- haft durch die Gegenwart schwach hydrolytisch spaltender KatalysR.torcn, wic von Sulfttten, BisuIfaten, Nitratcn, mit oder in Abwesenheit von Saureanhydridcn ohne Wasser. Sic kann auch durch Wasser allcin ohnc Katalysatoren be- w irk t werdcn .

Zur Gewinnung von neutraIen Celluloseacettttliisugen62) werden die primarcii sauren Acetylierungsgcmischc zunachst durch solche organische Fliissigkeiten oder Fliissigkcits- gemischc klar vcrdiinnt, welche das aus dcr Rcaktionslosung in iiblichcr Weise ausgcflllte trockcnc Acctat nicht EU Ioscn vcrmogen, worauf dic in dem vcrdiinnten Lijsungsgcmisch enthaltene Saurc durch Zugabe geeignctor Basen als Salz ausgefdlt iind abfiltriert wird. Es wird z. n. Raumwolle nach dem 1). R. P. 163 316 acetylicrt, wobci man das Acctat in siruposer, ctwa 15yoiger Eisessigliisung erhiilt. Das Renk- tionsprodukt wird nun init Aceton vcrdiinnt, sodann unter Umriihrcn mit gebranntem Kalk vcrsctzt, bis die saure Reaktion verschwundcn ist. Xach dcm Abfiltricren wird dcr Kiickstand wiedcrholt rnit Aceton ausgczogcn, b k alles Acctat in Losung gcgangen ista3).

Alkoholische Losungen von Acctatcellulosen erhalt man durch Rehandlung dcrsclben mit Alkohol in Gegenwart von Chlorzink oder lthodarisalzen mit oder ohne Zusatz andcrcr geeigneter Substamen. Die so entstandcncn Losungcn cignen sich vorziiglich zum Verspinneii 64).

Ns Lbsungsmittel fur Celluloseacetat werden Glyccrin- abkommlinge in Vorschlag gebracht, bcsondcrs solche, in welchen cinc oder mchrcre Hydroxylgruppen des Glycerins durch Alkohol und Phcnolradikale ersctzt sind oder auch Glycidderivate66).

%ur Gcwinnung von F o r m y 1 c e 1 1 u 1 o s e n werden Cellulowhydratc mit konz. Amcisensaurc bchandelt, die durch Fallung oder Zersetzung der in der Kunstscidcnindu- strie verwcndetcn Cclluloselosungcn (Kupferoxydammoniak- losungen, Viscosclosungcn, Kitrocclluloselosungcn) entstan- den sind. Es wcrdcn z. B. 100 kg Baumwolle mit der aus 250 kg Kupfcrsulfat und 1100 kg konz. Ammonittk gewon- ncncn feiichten Kupferhydroxydmasse unter Zusatz noch wcitcrer 100 kg konz. Ammoniaks im Mischapparat bchan- dclt, bis die Baumwolle vollig in Losiing gegangcn ist. Diem I i s u n g wird in nicht zu dickem Strahle in cin aus verdiinn- tcr, ctwa lO%iger Schwefelsaurc hestehendes Fallbad ein- gcgossen, wobei das Celluloschydrat ausfallt. Es wird von der Fliissigkeit durch Filtratiqn getrcnnt, mit Wavser aus- gewaschen .und getrocknet. Das so gcwonncne Produkt wird nun in Gefal3cn aus geeignctcrn Material mit der zehn- fachcn Mcnge konz. Amcisemaure unter gleichzeitigem Er- warmen auf 4&60° behandelt, bis allcs als Formiat in Lijsung gcgangcn ist. Das Reaktionsprodukt kann fur vw- schicdene Zweckc in Hctracht kommen66).

61) Verfahren zur Herstellung von organischen Saurccstcrn dcr Ccllulosc. Pranz. l’at. 453 835; siehc ferner: Verfahrcn zur Vcr- anderung der Loslichkeitsvcrhaltnisse von Acetylccllulosen. Franz. Pat. 17 104. Zus. z. franz. Pat. 455.347.

62) D. R. P. 2643 984. Internationale C~lluloeeestcr~csellecbaft m. b. H., Sydowsauc bei Stettin. Angew. Chcrn. 26, 11, 406 [1913].

63) Von Interessc sind ferner: Verbemerte Hcrstellung von Msungen und andcrcr I’rodukte aus Cellulose. Brit. l’at. 10430. C. A. M u 1 1 e r und D. W o 1 f in Turn-Teplitz. Ferncr franz. Pat. 452374. Chem. Fabrik auf Aktien vorrn. E. Schering. Verfahren und hderungen dcr I,oslichkeitsverhiilt~s~ dcr Acctylccllulosen. Fwnz. l’at. 445 798. D. E’ I o r e n t i n , Vcrfahrcn zur Darstellung von CeIIuIoseestern b o n d e r s von CeIIuIoseacctatcn. Osterr. Pat. 52 289. Farbenfabriken vorrn. Fr. Bayer & Co. Vcrfahren zur Dar- stellung von C~lluloseestern.

64) Verfahrcn zur Hcrstellung alkoholkcher Losungen von Acetylccllulosen.. D. R. 1’. 256 922; Angew. Chcrn. 26, II, 290 [1913]. Farbcnfabriken vorm. I>. Bayer & Co.; vgl. aucb I). R. P. 268 627; 4ngcw. Chcm.. 27, 11, 100 [1914].

6 6 ) Losungsrnittcl fur Celluloseestcr fur die Herstellung von Kinematographcnfilms.

66) Verfahrcn zur Herstellung von Farmylcelluloscn. I). R. P. 245 0%. Zusetz zu D. R. P. 233 589; Angcw. Chcm. 26. TI, 16l’1913]; vgl. ferner: H. M ii n c h n e r , Ameisensaurecstor dcr Cellulose. Kunetstoffe 4, Z74.

Zusatz zum I). R. P. 256 922.

Hrit. Pat. 13 239. H. D a n z c r.

Ein Vcrfahren von B o r y k o w s k ie7) zur Gcwinnung gefarhter Cellulosccster bcruht im Gegensatz zu dcn iibrigen bcreits bekanntcn Vcrfahren darauf, daB man den Farbstoff in dem Azidylierungsgemisch dirckt odcr in einem Teile dcr ctwa zur Verwcndung kominenden Essigaure auflost und dann in dicser Farbstofflosung die Ccllulose, Hydrocellulose oder Oxyccllulose zur Losung bringt. Mit der zur Verfiigiing stehenden Anzahl siiurecchtcr Farbstoffc kann man nach diesem Verfahrcn ohne besondcrc VorsichtsmaBregeln lebhaft gefarbte azydiliertc Produkte gewinnen, die sehr ccht sind. Laot man die gcfarbte LBsung von Formyl, Acetyl oder Propionylcellulose in ein Fallungsmittel wie Waawr, Bcnzol, Alkohol usw. austreten, so crhalt man dic betreffenden Gc- bilde lebhaft und klar gcfarbt, die ebenso widerstandsfahig sind iils in ungcfarbtcm Zustande. So bringt man z. B. 100 Teile gcreinigte trockcne Baumwolle in ein Gemisch aus 450 Teilen wasscrfreier Essigsaurc und 400 Teilen Essig- saure, die 2% konx. Schwcfelsiiurc cnthiilt. Dazu gibt man eine Losung von Rismarckbraun in 100 Teilen Essigsaure und erhitzt im Wasscrbadc, bis sich eine Mare braunc Losung gebildet hat.

Hinsichtlich der Bestiinmurig dcr Viscositat fur J.osungcn rnit hohem Cellulosegehalt sind Ausflukiscosimeter ungc- eignet-). tla sich die engcn Offnungcn leicht verstopfen. In solchen Fallen werden die Viscosimetcr von C o c h i u s oder A n d c s oder dasjcnige von V i k t o r H e n r i emp- fohlen. Das Prinzip des Viscosimcters nach C o c h i u s beruht darauf, dal3 man die Zeit miBt, die einc Luftblase braucht, um cine bestimmte Lange cincr mit der zu priifen- den JAosung gefiilltcn, graduierten K o b e zu durchlaufcn. Im allgemcinen gibt man dcr Blase ein Volumen von etwa 2 cm und 1aBt sie durch einen Hahn in die R o b e eintretcn. Das Ergebnis wird dann mit dcmjciiigcn des Verauchcs rnit dem reincn Lijsungsmittel vcrglichen. Das Viscosimeter nach V i k t o r H c n r i beruht darauf, daB man cine po- licrte Stahlkugcl eine bestimmte Liinge eincr mit der zu priifenden Fliissigkeit gcfiilltcn, graduierten Rohrc durch- lauferi lafit und dic dazu notige Zcit miBt. Da abcr die Zeiten sclbst bei sehr vis-oscn &sungen nur klcin sind, so ist man gezwungcn,,dcm Viscosimetcr eine Lange von etwa 3 m zu gcben. Uas Verhlltnis der so gefundenen Zcit zu derjenjgen, welche die glcichc Kugel zum Durchlaufen einer gleichcn Strecke der Standardlosung gebraucht, gilt als MaB der Viscositat. An Stelle dcr Luftblase bcim Co- chiusschen Apparat kann man auch einen Schwimmcr aus Glas von bcstimmtem Volumcn anwenden. Die Viscositate- messungen wcrden stets bei konstanter Tempcratur, bei 17,5 oder 25’ ausgefiihrt, da cinc Temperatursteigcrung oder Er- niedrigung einen schr wescntlichen EinfluB auf die Viscositat der Iliisungcn hat. Bei Xitrocellulosen wirkt die A r t , wic die Nitricrung geleitet wurde, stark auf die Viscositat cin. Fiir Acetatcelldosen ist fcstgcstcllt, daB sich die Viscositats- verhaltnisse mit .den verschiedenen Katalysatoren, die mit dem Hssigsaureanhydrid zur Anwcndung kamen, andcrt.

Gclegentlich verschiedener Untersuchungen uber die Nigenschaften von Kunstscide aus Acetylcellulose machte A. H e r z o g in cinem Falle die Beobachtunge9), daB die Doppelbrechung von in Canadabalsam eingebetteten Fasern im Verlaufe der Zeit erheblichc Vcriindcrungen erfahrt, die sowohl in der allgemeincn Lagc dcr wirksamen Hastizitiits- ellipse, als auch in deren Exzentrizitit zum Ausdruck kom- men (Hohc und Charakter der auftrctenden Interfcrcnz- farben). Lcidcr fiihrtcn alle Versuche, die auf einc Wieder- holung dieser Beobachtungen hinzicltcn, zu keinem positiven Ergebnis. Erat a1s grobe Faden aus Acetylcellulose, wie RoBhaarersatzstoffe, in den Kreis der Untersuchungen ge- zogen wurd,en, gelang es, die erwahnte Erscheinung wiederum und zwar in besondcrs ausgcsprochenem MaBe zu beobachtcn. Der Verfasscr konnte im Verlaufe seiner Arbeiten auch nam- hafte h d e r u n g e n in dcr Struktur der langcre Zeit aufbe- wahrten Acetylcellulosefaden feststellen, die hochstwahr-

67) Verfahrcn zur Herstellung gcfarbtcr Celluloseester. Franz. Pat. 444 588.

68) G. N o y e s , I)ic Viscositat und die Acetatcelldosen. Le Caoutchouc e t la Guttspcrcha. 10. 8.. 7009 [1913].

69). Zur Kenntnis dcr Acetylcellulose. Kunststoffe 3, 148; Angcw. Qhem. 26, II.,406 [1913].

~-

Page 11: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

s. Ja,,mang Aufsatzteil. 1915. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 U. 1914. 6 3 _____ ____ __ -- ______ ______ - __- ---- _ _ _ _ _ ~ ~ ~ _ _

scheirilich auf chcmischc Zcrsetzungen wahrend der Lageruiig zuriickzufiihren sein diirften. Mit Riicksicht auf die groWen Unt.erschiede, welche die voii H e r z o g gepriiftcri Acetyl- ccllulosefaden zcigten, ist anzunehmen, da,W na.ch tlcn Aus- fiihrungen des Verfassers fur die Veranderungen folgendc Umstaiidc mal3gebcnd sind : 1. .Die Art tles Vcrcstcrungs- vorganges bei dcr Herstellung dcr Acctylcellulosc ; 2 . dcr SpiiinprozeB und insbesonclcre die Natur uncl Einwirkungs- daucr des angemantlten Eiillungsbatles ; 3. der Hasprl- r~nd Trockciivorgsiig ; 4. dic Einwirkung vcrschicdcner aus dcm Falluiigsbade stanimencler , ulso uiivollstiindig eiitfernter Substanzen auf clcri fertig ge1)ilcletmi Fiidcii ; 5. die Natut dcs EinschluBmediums (Canadabalsam, Wasscr, Luft usw.) ; 6. spontane chemische Zersetzungen des i~cetylcellIllosecst,ers. Vf. wcist clarauf hin, daW es iin lntercssc aller l'roduzentcn von Acetatfaden uric1 Films licgt,, den angcgebznen vcrmeint- liohcn Ursachcii weiter nachzugehen. Ein intcressaiites Ver- ha.lten zcigt die Acetylcellulose bci dcr Dehnung. Wcrden Acetatfaden z. B. init der voii ,4 in b r o n 11~')) angegcbcrien Vorrichtung gedchnt, so 1%13t sich fcststellen, da.13 sie a.rifangs auBcrordentlich rasch auf Zug reagieren uiid zwar iri gleichem Sinnc wie Faden aus Glas, Gelatine usw. Dcrmtige h o b - achtungcn sind bci~.Bcriutzung verziigerridcr Cipspla.t.tchen sehr leicht an der Anclerung der Hohe untl dcs Charaktcrs dcr lnterfcrenzfarben amustellen. Schon ein leichtcr Zug auf den vorhcr iin REkroskop cingestellten Fadcn rcicht hin, urii eine deutliche ,Erhohuiig der Iiitcrferenzfarbe zu bc- wirken. Der zuerst in Subtraktionsfarben leuchtendc Paden geht schr rasch durch neutrales Rot 1 (Gipsgrund) in Adcli- tionsfarben dcr zweiten Ortlnung iibcr. Das gleichc gilt auch von Bcanspruchurigen (lurch Ihgung. Die konvexen, also aiif Zug beanspruchteri Tcilc erfahren eine starke Erhohung, die konkaven, d. h. gedriickten Teile eine auffallende Er- niedrigung der urspriinglichcn Polarisatioiisfarbe. Kicht alle Kunstseidefiiden erweiscn sich zur Vornahmc dcrartiger Ver- suche als gecignet. Alterc Fiideii befinden sich zurneist unter + 45" schon in Addition, la,ssen also bei der Dehnung nur eine Erhohung der Polarisationsfarl,e, nicht abcr in tler allgemeinen Lage der wirksamen Elastizitiit.sellipsc erkennen. Auffallendcrwcise sind a,lle Faden aus dcctylccllulosc gcradc in der Zone ihrer stzrkstcn Delinbarkcit., d . i. in jeneni Stadium, in welchem iiahczu die gcsanite 1tciWarbeit zur Uehniing verbraucht wird, optisch fast uiiciiii'fiiicilich. Tler Vf. hat die Bcwcisc hierfiir ziffernmiiBig bclcgt. Die : h o b - achtung der Intcrferenzfarbenanderuiig erfolgte bci allen Versuchen unter dem horizontal gcstellteii Polarisations- mikroskop, wiihrend dcr in eirieni Schoppcrscheri PrBz?sioiis- fest,igkeitsprufer mit hydraulischeiii Antrieb vcrtikal ein' gespannte Fadcn a.uf Bestigkeit uiid Dehnurig beansprncht wurde. Ns ist bekmuit, dall Fiiden aus Acctylcellulose schon cliirch Wasser vori gewohnlicher Tenipcratur in tler Pcst.ig- kcit iuigiinstig beeinflulit werdcn. Dies gilt soivolil fur Acc- tat.seide a.ls auch fur grobc roBhaarartige Paden. l m all- genieincii hat cs sich gezeigt, da.13 die Festiglicits.i.erminde- rung bei fciiien Fadcii wesciitlich groWer ist als bci groben.

Ilcizuchten in Pruz. Kunstseide aus Acetylcellulose . . . . 45 I1 oBhaa.rersat,xstoff . . . . . . . . . 23

Diescs Vcrhalten, welches bei dcn ubrig.cn Kunstscide- matcrialien in noch vie1 grofierem MaBe beobachtct wcr- den kann, ist deshdb voii Interesse, weil die Acetylcellu- lose keine nachweisliche QueIlung in Wasser \-on gewijhn- lichcr Teinperatur erleidet. Da, die Fadenfestigkeit nach dcm Austrocknen der befeuchtetcn Fiiden die gleiche ist wic urspriinglich, kann es sich hierbei nicht um bleibende cheinische Zersetzungen des Amt~ylcelliiloseestcrs handeln. Quellungen lionnten erst. bci hiihcreii Tempwaturen mit Sic:herh:,it nnchgcwiesen werdcn. Bei 130" bctrug die Qucl- luiig l ' i ,3~o~ h i 150" 28,6%. Beim Erhitzen der Fiiden init Wasser 1d3t sich dabei iin Pohrisationsmikroskop fol- gendes beobachten. Urspriinglich ist die Fascr unter +45" in SUhtriLktion, beirii Erhitzen in Wasser geht sie .pber sehr rasch in Addit,ion iiber, iim bciin Erkalten alsbald in die Subtraktionsstcllung zuriickzukehren. .Die ursprurig-

7 0 ) Anloitung zur Henutziing tles Polari_sationsapparatns 1592. .-

lich qiiergestellte Elastizitat.scllipse geht demnach bcim Erwiirmcri in cine larigsgcstclltc iiber, kchrt aber beim Erkalten in die Querlage zuriick. Da. die Qucllung bei 100" nicht bedeutend ist, a.uWcrdcm Anderungcn in der Padendiclre uncl inncreii St.ruktur beim Erkalten nicht zu beobachten sind, ist anzunehnicii, daB es sich hierbei um voriibcrgehcnde chinische Spaltungcn handelt, welche beim Erkaltcii grd3tenteils wicdcr riickghgig gemacht werden. Hitrfiir spricht auch der EiiifluB des ErwBrnicns aiif die Festigkcit der Faseni, die inncrhalb- Tempcraturen_bis_ 100" eine Stcigcrung erfLhrt. i Soiist iibt die Ermarmuug souroh1 im troakciieri wic im feuchtcii Zustande einen ungiinstigen Einflul3 auf die Zugfestigkeit und Dehnung der Acetat- fidcn ails. Einc Ausna,hme macht iiut die oben schon cr- wahiito Erwiirmung niit Wasscr bei,_ loo", dic Fcstigkcits- crholiuiig bewirkt. Trockene- Hitie wirkt in allen Fallen unguristiger als feixhte. Der trockcn crhit.ztc Fadcii biiMt bci 130" seine Festigkcit vollst$.ndig cin, wahrend der hei glcieher Tcmpcrtttur feuchterhitztc Paden noch 86,5% seiner urspriinglichcii Fcstigkeit besitzt. Die Bruchdehnung mird gleichfalls cturch Erwarmcn ungiinstig becinflulh Trockeiie Hitzc wirkt auch hicr schiidlichcr als feucht,e. Die iiuWerc Form dcs Fadcns wird durch trockenc Ritze nicht nach- weislich verlnclert, dagegen sind bei feuchter Hitze schon bei 110" deutlichc Deformationen zu beobachtcii, die sich hesonders in eincin ungleichfiirmig - blasenartigen Abheben der iiuBeren Fadenteile zu erkennen geben. AuBerdem quillt der Fadcn und erhalt ein milchiges Aussehen. 0a.s undurchsichtige Bussehen wird durch Einlagerung za.hl- reicher nadelformiger Krystalle bedingt, deren Langsachse zur Faserrichtung parallel steht. Die chemische Katur dieser Krystalle ist noch nicht festgestellt. Schon bci 100" wird durch trockene Hitze cine deutliche Gelbfiirbung der Faden bewirkt, die bei hohercn Tempcraturen in Hell uiid Brauii--jiibergeht.

Zur Bestimmung des Scliwcfels~uregcha.ltes in Ccllulosc- acetat7') lost man letzteres in konz. Salzslure und ver- cliinnt d a m mit Wasser. Die Losung vollzieht sich, wenn man das Celluloseacct.at unter zcitmeiligem, Umschiit,tcln mit konz. Salzsaure bei gcwohrllicher Temperatur oder auch in cler Wiirme &hen 1813t. Ini let,xt,eren k'alle kann man iia.ch 1-2 Stunden, im erstercii nachi-2, Tagcri init Wasser beliebig vcrdiiniien, ohnc daW Ausscheidung voii Hydrocellulose erfolgt,. Die Schwefelsiiurc wird danri in iiblicher Wciso iriit Chlorbariumigefiillt.

Gcbildc aus Azidylcellulosen . erhalt man, wenn man eine priiniire Acet~~lcelluloscliisung, die Eisessig a,ls Losungs- niittcl ciit.hiilt, in ein Fallbatl preTJt, tlas iiii Hinblick auf dic Wieclcrgcminnung dcr Essigsiiurc vorteilhaft aus konz. wiisseriger Satrimnncctatlosung bcsteht. Sach clem Passic- rcn ties I<ades k6iincn die Eiitlcn direkt aufgcha.spelt u n d gewast:hcn ~ e r d e n ~ ~ ) .

Wcrt.vollc Mitteilungen iibcr Acetylcellulosen, ihrc .Her- stellung, Eigcnschaften u n d Verwcndung finden sich in dem ilufsa,tz von L. C 16 iii e n t mid C. It i v i i: r c , Conipt. rend. 1913, fibersct,zt yon W. V i c w c g , Kunststoffe 4, 148, feriier in dein ltcferat iiber den Vortrag von E. K n 6 v e - n a 'g c 1 , iibcr ~~cetylccllulose,~ gehalteii auf clein KongrcB iii Bonn 19147:i).

5. dllgemeinos uber Kunstseide. Holzstoff, wolclier als' Ersatz von' Baumwolle" bei dcr

Hcrstellimg von Kunstfaden zur Verwericlung gclangt, ent- hiilt stcts gewisse Ifengen von LignocelluIosc, von Harzen, von Giimmistoffen uiid chinonartigen Korpern, die sich als iiachteilig erweisen. Um dicse Substanien zu entfernen,

71) Zur Analyse von Cellulosevorbindunprn. V. H o t t e n r o t , <,;heni.-Ztg. 1914, 515; ilngen. Chem. 27, 11, 461 [1914]; siehe such: .ljbcr einige fettsaure IWcr dcr Hydrocellulose und ihre Verseifung. Angew. C'heni. t G , I, 673 [l913].

72) Vcrfahrcn zur 1)arstelluiig von Gebilden aus Azidylcellulosen. If, D. K. 1'. 274260. Knoll 6 Co., Ludwigshafen. Angew. Chen!. 47, 390 [1011.,11; siehe auch Verfahren zur Herstellung von Films, Uber- ziipcn, ltiinstlicher Seide. cnlluloidartigen Massnil und anderen .Pro- ciukt.cn aus Cclluloseestern. Brit,. Pat.. 20 979. R. 1) r e y f u 13 , Basel.

73) Angew. Cliem. Z7, 1, 346 u. 505 [1914]. , ,- , ,

Page 12: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

ti4 Die Herstellung der Silberspiegel nach Liebig. - Neuere Anwendungen der Fluorwasserstoffsaure. ~ ~ ~ ~ ~ ~ c h ~ m , e . ____ -___

wird der 7,erklcinerte odcr in YlPttcr gcbrachte Holzstoff mit Flijssigkeitcn behandelt, wclche die Cellulose j icht , encrgisch aber die Harze losen, wic z. B. mit Mcthyl-, Athyl- odcr Amylalkohol, Aceton, Tetrachiorkohlenstoff, die ein- zeln oder zusamincn angewcndet werdcn und rnit 6-10~0 kauflicher wasseriger Formaldehydlosung versetzt sind74).

Unter den Sitrocellulosen sind solche, welche die Iier- stcllung von Derivaten gcstattcn, die gleichzcitig den Rest ciner organischcn Saure wic Ameiscnsaure oder Essigsaure enthalten. Dic als Ausgangsinakrialicn dienenden Cellu- loser1 sind dadurch gekennzeichnet, da13 sic wenig Stickstoff enthalten und in Eisessig und Essigsaureanhydrid unloslich sind. LaOt man auf solche stickstoffhaltige Cellulosederivate Arncisensaure oder das Anhydrid eincr orgunischen Saure in Gegenwart eincr katalytisch wirkendcn Substanz, wie Schwefelsiiure, Salpetcrsaurc, Salzsaure einer Sulfo- oder Sulfinsaurc usw. in Gegenwart odcr Abwesenheit cines Lijsungs- oder Verdiinnungsrnittels cinwirken, so erhalt man die neuen Derivate, die in der Rcaktionsmasse oder nach Isoherung hydrolysiert werdcn konnen76).

Wertvolle Qucllungcn und Losungen lassen sich bei Verwendung von Ccllulosc erzeugen, die zur Herstellung von Kumtfaden gceignct sind, wenn man bei dcr Quellung a u f dic Einhaltung tiefer Tempcraturcn bci Anwendung von Schwefelsiiure bestimmter Iionzentration (60-77 %ig) bcdacht ist. Es wird untcr dicsen Bedingungcn die ab- bauende und wasserentziehcnde Wirkung der Schwefelsaure a u f Cellulose auf ein praktisch unschadliches MaR be- schrankt. Dieser vorteilhafte EintluB tiefer Temperatur mu13 auch wahrcnd des Vorganges der Koagulation auf- rccht erhalten bleiben. Andernfalls tritt die abbaucnde Wirkung der Schwefelsaure in den Vordergrund. und die cntstandenen Produkte entbehren dcr notigen Festigkeit. 2. B. wird 1 Teil gekuhlter, getrockneter und feinst zer- faserter .Baumwolle in einem Knetapparat mit 12 Teilen Schwefelsaure von 14% Gehalt bei einer Temperatur von -etwa -15" durchgcknetet und cinige Zeit der Ruhe iiher- lassen. Es erfolgt die Bildung eher viscosen Masse, welcher im Vakuum die eingeschlosscne Luft entzogcn werden kann. Xach crfolgter Filtration wird dic Koagulation durch Ein- tragen in nuf -20" gekiihlten 50yoigen Alkohol bewirkt'6).

Die konz. Salzsaure ist als Liisungsmittel fi ir Cellulose unbrauchbsr gebliebcn, weil die rauchcnde Siiure des Han- dels von 37-38% HCI-Gchalt bei gewohnlicher Temperatur nur langsam und schwierig einwirkt. Es wurde nun ge- funden, daR Salzsaure von ungewohnlich hoher Konzen- tration, die sich zwar nicht irn Handcl befindet, abcr durch Aufbcsserung der tcchnischen Sorten rnit Chlorwasserstoff bei niedriger Ternperatur gewonnen werden kann, ein wesentlich anderes Verhalten gegen die Cellulosen und Ccllu- lose enthaltenden Stofft: zeigt, da sie sehr leicht Cellulose, Hydro-, Hydrat- und Oxycellulosen in Liisung bringt. Auch aus Hofz wird die Cellulose rasch in Losung gefiihrt. Die geeigneten Sauren, z. B. 40,8 und 41,4%ige Chlorwasser- stoffsauren, liefern 12 und 15%ige Celluloselosungen oder- homogene Mischungen mit Cellulose 77). Die Losungen sollen zur Herstellung von Kunstfaden venvendbar sein.

Zur Erzeugung kunstlicher Seide wird ah Ausgangs- material die Hopfcnfaser in Vorschlag g e b r a ~ h t ~ ~ ) . Die ge- reinigte Bsstfaser wird gcbleicht, gewaschen und mi t Chlor- zink gekocht, bis eine homogene gelatinose Masse entsteht. Daraus solleu d a m brauchbare Faden zu erhalten sein.

Fur die Hcrstellung kunstlicher FMen sollcn A l e - saurefosungen zur Venvcndung k~mmen '~) . LaRt man

74) Verfahren zur Reiniguq von Cellulose. die zur Herstellung kiinstlicher Fdcn bestimmt ist. Franz. Pat. 443 897. P. G i r a r d.

7 6 ) Neue Derivate der Cellulose und Verfahren zu ihrer Her- stellung. Franz. Pat. 449 253. A.-G. fgr Anilinfabrikation, Berlin.

76) Verfahren zur Herstellung von zur Kunstseide-. Tull- und Film- erzeugung geeignoten Pseudolosungen von Cellulose oder ihr nahe- atehenden Denvaten. D. H. P. 259 248. E. B e r 1 , Briissel. Angew. Chem. 26, 11. 330 110131.

77) Verfahren zur Herstellung von Losungen aus Cellulose oder cellulosehaltigen Stoffen in konz. Salzsaure. Deutache Pat.'-Anm. W. 42345 von R i c h a r d W i l l e t i i d t e r .

7O) Verfahren zur Behandlung und Verwertung pflanzlicher Fssern. Franz. Pat. 443 133. C. A. M ii I 1 e r und D. W o I f .

7s) Franz. Pat. 448 429.

_ _ ~

solche Fliissigkeitcn durch fcine Offuungcn in Fallbader eintretcn, so erhalt . man zusammenhiingende spinnbare Faiden, die wie kunstliche Scidc oder KunstroDhltar vcr- wendet werden konncn. Zur Anwendung kommen vorzuge- wciso Alkalialginatlosungcn mit einem Gehalt von etwa 10% Trockcnsubstanz: Besondcrs gute Resultato wcrden erhalten, wenn man die Fdllbadcr bei hoherer Temperatur anwendet und die Faden unter Spannung trocknet. Die hohere Temperatur begunstigt die Spinnbarkcit. Trocknen unter Spannung sol1 die Quellbarlteit des Endproduktes hcrabsetzcn. Dnrch richtigc Auswahl des Farbungsmittels und durch verschiedene Zusatze zur Spinnmassc sollen sich die technischen Eigenschaften des Endproduktes beein- flussen lassen. Die Quellfahigkeit der Faden wird durch die Anwendung saurer Fallbadcr noch starker hcrabgesetzt.

(Srhlul) folgt ) ~ _ .

Bemerkung zu dem Artikel des Herrn Dr. Emil Lenk in Darmstadt : Die Herstellung der Silber-

spiegel nach Liehig. (Vgl. Angew. Chem. 28, I, 1 [1915].)

(Eiingep. 21.,l. 1915.)

In der unter voratehcndem Titel erschicnenen Vcr- offentlichung, wclche cinen intcressanten Einblick in die Bcziehungcn zwischen Wissenschaft und Technik zur Zeit L i e b i g s gewahrt und schon dcshalb weitgehendcs Intcresse erregt hat, werden bisher unbekanntc nriefe, welchc L i e b i g an ,,cinen Herrn C 1 e m m i n M a n n - h e i m" geschrieben hat, veroffentlicht. Es sei .darauf aufmcrksltm gemacht, daR diesc im Jahre 1858 geachriebenen Briefe nur an den Ih. C 1 c m m - L e n n i g gerichtet scin konnen, wclcher ein Schiiler L i e b i g s war, und der in Mannhcim die erste groBcrc Dungerfabrik am Rhein - griindete.

Dr. H. C a r o hat in seinem klassischen Vortrag: m e r die Entwicklung der chcmischen Industrie von- Mann- heim Ludwigshafen a. Kh. (Angcw. Chem. 17, 1344 [19041), auf Crund von Mitteilungcn von Prof. Dr. E. H i n t z (Wiesbaden) und Kommerzicnrat Dr. A d o 1 f C 1 e m m (Mannheim) iiber C I e m m - L e n n i g uud dcssen Bedeutung fiir die Entwicklung der chemischen Tndustrie Mannheims bcrichtet. Dr. P . Julius, Ludwigshafen a. Hh. [A. 8.1

Xeuere Anwendungen der Fluorwasserstof~saure, Zu den Ausfiihrurigen von nr. K. F. S t a h 1 (Angew.

Chern. 27, 111, 709 [1914]) sci erganzend folgendes bcmerkt: Der Vf. ist der Ansicht, daB die Anwendung der Flu&

saurc zum Reinigen von EisenguOstiicken in Europa augen- scheinlich nicht gcbrauchlich ist.

Im allgemeinen diirftc dies zutreffen. Doch bcdient sich die Emailletechnik vielfach dcr FluBsaure zum Beizen der EisenguRstiicke. Gerade hier sind die von S t a h l an- gegcbeiien Vorteile dcr FluBsaure von groUer Bedeutung.

Die GuBstucke mussen absolut blank und frei von Sand- kornchcn sein, wcnn die EmaUcmassen gut auf dcm Eisen haftcn sollen. Der Gebrauch dcr FluOsiiure ist der bcdeutcnd billigeren Schwefel- oder Salzsaure vonuziehen, wenn es sich urn EisenguBstiicke handclt, die zum Apparatebau Verwcndung finden. Solchc Stiicke sind in der Wand- starkc sehr verschieden. Sie wcisen &her haufig Lunkcr- stellen und Poren auf, die bcim Emnillicren groBo Schwierig- keit bcreiten konnen, wenn sic nicht ganz frei von Sand und Beizsawc sind. Salz- und Schwefelsiiure lassen sich kaum aus solch schadhaften Eisenstellen herauswaschen Sie verursachen beim Urennen das gefiirchtcte ,,Aufkochen und bilden in der Emailleechicht Blasen, die nur schwer zu beseitigen sind. Bei Anwendung von Fluhaure ist diese Gefahr bescitigt.

Erwiihnung findet der Gebrauch der FluBsiiure fiir Beiz- zwecke bci G r ii n w a 1 d ,,Theorie und Praxis dcr Blech- und GuOemaille-Industrie", ferner in einem Aufsatz- iiber GuBemaillierung von Ing. S k a in e I in dcr GieBerei-Ztg. 1Y14. 607. Dr. J . Schaefer-Mannheim. [A. 14.1 ~-

Verla# von O t t o B p a m e r , Leip~lg. - Vrrnntwnflllrlirr Rcdakteur Prof. Dr. B. Rammow. hipdp. - Spunamhe Buchdruckerd lo Leiprlg.

Page 13: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

2y, Aulsirztei'. .Inhr,.'n,lR 19,5.) Massot: Fortschritte au: dern Cebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 U. 1914. c, -3

-~ _ _ _ -_ - ~- ~- __ _- ____ _. ~ -. -~ _----

Zeitschrift ftir angewandte Chemie I. Band, Seite 66-76 I Aufsatzteil I 23. Februar 1915

Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffo in den Jahren 1913 und 1914.

Von Prof. Dr. W. MASSOT. ( S C l l l U O V O l l 9. G1.)

Die Iiisungcn der Alginsaurc lasscn sich ziir Hcrstellung von Kunstfaden verbcssern, wenn man Metallvcrbindungen hinzugibt, welche wie beispiehweise die niolybdansaurcn und wolfrarnsaurcn Salzc ('111 Metall irn Anion cnthalten. Fiigt man z. R. 20% dcs Trockcngcwichtes der Alginsaure molybdiinsaures Ammon hinzu, so wird die Mavve viscoscr, nach dern Trocknen fester und elastischer, die Vcrspinnbar- keit wird gcsteigertsO).

Frisches Flcisch von allcn moglichcn SBugetieren, Vogcln odcr Fischcn, tierischc und pflanxliche Abschei- dungen in frischcm Zustande, Milch, Vrin von allcn Tiercn, das Blut dcr Schlachthauser, der Rlutkuchcn und das Serum, alle reifcn Friichte und grasigen Tcile von Pflanzen, H a t t e r und Blutcn usw. usw. werdcii fcin gepulvcrt und mit genau bcrechnctcn Mengcn Wasscr und Alkali oder Erdalkali in geschlossenen GefiiDen erwiirmt. Die dickc Masse wird gu t durchgeriihrt, damit Mumpcnbildung vcrmieden mird, und durdi Eirileitung von Induktionsstrijmen clcktrolysiert. Aus der fertigen Masse uollcn sich mit IIilfe von Gold- oder Platinhacken oder -spitZen feinc Fiiden ausziehcn lassens') Das Verfahren diirfte wohl nicht crnst zu nehmen scin und zeigt, daB keine Stoffe zu minderwertig sind, um nicht zu Versuchen fur die Hcidxllung von kiinutlichcr S ei 'd e vcr- wendet zii werden.

Produkte, mclche aus Lijsungen von Albumin in Ameisen- siiure entstehen, sind briichig. Durch Zusatz von Forrn- aldehyd zu solchen Losungen werden die Endprodukte viel clastischcr. Solche Korper sind haltbar, widerstandsfahig und hygroskopisch, sic vcrlicren ihrc Feuchtigkeit in trocke- ner Hitze, urn sic sofort a n der Luft wieder aufzunchmen, ahnlich wie Naturseidc. Zur Errcichung besondcrs groBer Elastizitiit werdcn Zusatzc von Triacctin, Diiithylanilin USW. empfohlen. IJrn auch aus pflanzlichem EiweiB volche Ge- bildc hcnustellen, lost inan dieses zunachst in ciner alkali- schen Pliissigkeit, fallt wieder, w k c h t und lost d a m in Ameiscnsaurc. Die mit solchen Ibsungcn erhaltcncn Haut- chcn sind in dunner Schicht beinahc wasserhell, schr glan- zend und von grol3er Elastizitate').

Kiinstliche Faden, welche zur Herstellung von Haaren, Zopfen , Periicken und derglcichen Vcrwcndung finden Rollen, rniissen ihrcs Itufdringlichcn Glanzcs halber nach- traglich cntglanzt werdenE3). Man erhalt dirckt beim Spin- nen bzw. Fallen von Spinnlosungcn in stark alkaiischcn Biidern ein mattes, vollkommen glanzloves Produkt von grokr Featigkeit und Elastizitat, wenn man den alkalischen Fallmitteln gewisse Metallc oder deren Oxyde bzw. Salze in geringer Mengc zusetzt, In Bctracht kommcn Schwer- metallc, deren Oxyde in Atzalkalicn loslich sind, wie Blei

8 0 ) Verfahren zur Herstellung von Kunstfaden. D. It. P. 060 812. Zusatz zu D. It. P. 258 810. L. S a r a s o n in Ikrli11. Anzea. Chem.

_

~ . .~ - $6, 11, 407 [1913].

Neuea Verfahren zur Herstellune von Seide arm allen Arten von Stoffen. Franz. Pat. 444 462. J gs e p h U b e r t i n.

82) Verfahren zur &;rhohung der Klastizitiit von Produkten. dio aus Losungen von Albumin in Arneisensaure crhaltcn werdcn. Franz. Pat. 446 348 und 446 349. C o t t f r i e d I) i c a s e r; siche auch Herstellung einer plastischen Masse fur Kunstscidc untl andere ge- formte Gebilde. D. K. P. 275016. H. T i m p e . Angew. Chem.

a t ) Verfahren zur Herstcllung von mntten, glanzloscn Cebilden wie Kunstfiiden, Kunstseidehaaren, RoBhaarcn UYW. D. R. P. 262 252. B. R o r z J k o w s k i , Charlottenburg. Angew. Chem. X6. 11, 480 [1913].

27, 11, 438 [1914].

Angew. Chem. 1915. Aufsatrtrll (I. Band) ZII Nr. 16.

Ider Zinn. Diese Salze veranlassen in alkalischer Losung laa Mattwerden dcs Spinnproduktes. Auch durch Nach- Dehandlung dcr fertigen k'iiden mit solchen B&dern laat ,ich der gleiche Effckt erreichen.

Kunstseideabfall besteht aus Fiidcn oder Garnen von jchr verschicdener Liinge. Diescr Abfall wird auf der Earnettmaschine bearbeitct, um die Faden in eine Anzahl 3inzelner Fawn zu trenncn, dann wird, falls cs gewiinscht ivird, gekamrnt und duroh die Gillbox- odcr die Vorstrecke ;enommen. zu einem gleichrniiRigcn Bande ausgezogen und tuf der Fliigclspirmmaschinc vereponnen. Das erhaltene Garn ha t ein viel weicheres Gcfuhl. als inan es bei Kunst- wide gewohit ist, cs cignct sich fur Mischungen und f i i r l ie Herstetlung dcr versehiedensten Effekte. Vielfach wird ger Kunstscideabfall auf der Garnettmaschine bearbeitct und dann mit Mohair zu einem Faden versponnens4).

Zuin Metallisieren flachcr oder gcwcllter Schichten und von Fadcn aus Cellulose kommen natiirliche oder kiinst- liche Harzc zur ,4nwcndungR5), wclche Bronzen oder Metall ulver auf Celluloscprodukten wie Baumwollc, Lcincn usw.

Exiercn. Man lost z. B. 10 g Bakelit in 100 Tcilen Tcrpen- t ind und gibt 2 0 g Bronzepulver hinzu. Die zu uber- ziehcnden Stoffe werden d a m eingetaucht und frei oder untcr Spannung getrocknet. Fenicr werdcn Patentgummi und Mastix als Bindcmittcl und Benzol und Toluol als Losungsmittel empfohlcn.

Als ausgczcichnetes Mittcl zum Wcichmachen und Ge- schmeidigmachen geformter Gebilde aus Celldoseacetat er- wies sich das Resorcindiacctat. Die sehr geringc Liislich- keit des Korpcrs in Wasser bewirkt, dal3 selbst bei Ianger andauernder Behandlung dcs geformten Gebildes rnit Wasser das Erwcichungsmittel nicht entzogcn wird. Das Produkt kann in erforderlicher Mcnge dcn Losungen des Cclluloseacctatcs direkt bcigemivcht wcrden. Meist geniigt schon ein Zusatz von wenigen Prozentensa).

Artikcl aus Kiinutseide, z. B. kunstseidene Striimpfe sind zu hart und stcif. Um sie wcichcr zu machen, werdcn sie auf eine Form gczogen und in Wasscr gctaucht. Danach kommcn sic in einen Ofen, dcr so hoch erhitzt ist, daB das Wasscr schnell vcrdampft. Nimmt man dann den Strumpf ron dcr Form, so ist cr wcich und zeigt ein nioirkartigcs Aussehen. Statt Wasser konnte auch nicht zu hciBcr Darnpf Verweridung findens').

Obwohl die Eigenschafkn der Kunstseide diejenigen der Naturseide noch langc nicht erreicht haben und wohl auch vorerst nicht crreichen wcrden, so ha t das Kumtprodukt dcnnoch auf denjcnigcn Gebieten auffallcnde Vcrbreitung gcfunden, bei welchen es wesentlich auf den Glanz, weniger auf die Festigkeit a.nkommt. Ein Hauptabsatzgebiet ist die Posaincnten- und Besatzartikclbranche zur Herstellung von Borten, Litzen, Schniiren, Knopfen usw. Die vorteil- haften Eigcnschaftcn der Kunstscidc stcllen sich hier a m besten da r und bedingen cine gewaltige Steigcrung dcs Vcrbrauches a n Kunstseidc. Wahrend solche Besatzartikcl

- a$) Verbesserte Garne und Verfahren zu ihrer Herstellung. Brit.

Pat .29030. F. M i t c h c l l u n d W. G. H. M i t c h e l l , in Brad- ford.

05) Verfahren zurn Metallisieren flachcr oder gewellter Schichten und von Fadcn aus Cellulose. Franz. Pat. 464 344. E. C r a m i B r e & C 0.; siehc auch Verfahren zur Erzeugung haltbarer Mctalluber- zugo auf bicgsamen Stoffen, wie Gespinstfasern. Geweben oder Federn. D. R. P. 260278. R o b o r t R a f e , Niirnberg.

869 Veifahren ZUT Erzielung lang andauernder Weichheit und Geschmcidigkeit geformter Gebilde aus Cclluloseacetat. D. R. 1'. 277 529. Internationale ~~~uioeeester-~eec~~schaft m. b. H., Sydows- sue b. Stcttin. Angcw. Chem. 27. IT. 604 [1914].

8 9 Verfahren. Artikcln aua Kmtcreide Weichhcit und groBere Festigkeit zu g e k n . Franz. Pat. 463 160. J. H. E. F r i e d o 1.

9

Page 14: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

bis zurn Jahrc 1903 ausschlieBlich auf den Flechtmaschinen hergcstellt wurden, fabriziert man jetzt auch Bander auf den Jaquardwebstuhlen in groBcn Mengen mit Kunstscide- schuB und -kettc. Aus Kunstseide hergcstellte Fransen werden ihrcr groBeren Weichhcit halber denjenigen aus Naturseide vorgezogcn. In der Stoffindustrie wird die Kunstseide namentlich fur die Herstellung von Mobclstoffen und Dekorationsgewebcn verarbeitct. Auch Tapeten wer-

seide zusammen vcrarbcitet. So bcstcht bei Moussclinc de roie die Kcttc aus Saturseide, der SchuB aus Kunst- seide. Solche Stoffc aus naturlichcr und kiinstlichcr Seide sollen Feuchtigltcit und Regen ziemlieh widerstehen. Die Verwcndung der Kunstseide als Kcttc, die wcgcn dcr mangelnden Elastizitit der Kunstseide Schwierigkeiten macht, wird nach dcm Patent von W i 1 k i n s o n dadurcli ermoglicht, dafl Kunstscide mit tierischer Paser, z. B mit Wolle zusammcn vcrsponnen wird. Kin solcher Faden dient ah Kctte, und nach dem Verweben wird die Wolle durch Behandlung mit Natronlauge entfernt. Fur Blusenstoffe findet Kunstseide sowohl im Schul3 als auch mehr und mehr ah intermitticrcndc Kcttc Vcnvcndung. Endlich bc- nutzt man Kunstscido zu Sammetgcwebcn und zur Her- stellung von kunstlichem Astrachan und kiinstlichcm Pclz- werk irn allgemeinen. Gewebe fur die Putzbranche sind jetzt ganz aus Kunstscide mit Erfolg auf den Markt gc- kommen. Hierfur eignen sich bevonders grobere Serge- bindungen. Kunstscidcn, die f i i r Posamcnten oder Bcsatz- stoffc geeignct scin mogcn, brauchcn sich nicht fur scidcne Stoffc zu cignen. Barmer Besatzttrtikel beansprucheii lange nicht die Egalitat des Fadens wie ein seidener Stoff. Eben- sowenig beanspruchcn Mobclstoffc solchc Vorsicht bcim Einkauf des Itohmatcriales. Die Bcantwortung dcr R a g e ist von Intcrcssc, ob der Kunstseidenfadcn in beaug auf Volumen im fertigen Gewebe dasselbe leistet wie echte Seide, d . h. bei glcichcm Titer dcnselbcn Raum einnimmt. Bei gleichcm Filtcr liefert die Saturseidc mehr Volumcn als die Kunstseide. Man kann rcchnen, daa Kunstseide etwa lo”/. weniger Volumsn licfert als cchtc Seide. Bezuglich des n t e r s hat sich herausgestellt, daB man s ta t t 40 Deniers echtcr Seide 46 Deniers Kunstseide nehmen rnuB, um dic gleiche Wirkung zu erzielen. Diese Angaben beziehen sich auf unbcschwerte Seide. - - Noch vor werrigen Jahren war cs uriglaubwiirdig, die Kunstseido ttls Flor fur Plusch und Samrnct vcrwendcn zu konncn, weil die Sprbdigkeit dcs Materiales im Wege stand. I n der Tat ist es hcutc ge- lungen, jedoch sollcn von der groBen Zahl der Kunstseide- fabriken nur wenige wirklich brauchbarcs Material fur Sammet liefcm8s).

Ein Verfahren zur Herstellung einer kunstscidcartigcn Faser bedient sich als Ausgangsmaterial dcr J u t c . Die rvhe Faser oder dio daraus hergcstclltcn Garne und Gewebc werden cinem Hcfc enthaltenden Giirbade ausgesetzt, wcl- chem Glycerin zugemischt wird. Die behandelten Stoffe werdcn mit wcichem Wasser ausgespiilt und getrocknet. Glycerin sol1 als Nahrbodcn fur den Pilz dienen. Diescr hat die Wirkung, daB cr die gummiartigen Stoffe dcr Fasern auflost und die Zellenbundel lockert. Es wird hierdurch eine echone schlanke teilbarc Faser crzeugt. Falls die Er- zielung einer bcsonders teilbaren Faser angestrebt wkd, konnen die Materialicn der Wirkung einer 3yoigen Losung von Natriumsuperoxyd ausgesctzt wcrdcn. Die Tcilbarkeit der Faser ist d a m 80 groB, daB sic bis zu Nr. 300 und hohcr versponnen werden kann und infolge ihres Glanzcs, ihrcr Weichheit und Geschmeidigkeit der Scide naher kommt. Es d a d der Vermutung Raum gegeben wcrdcn, daB die relative Billigkeit des Materiales der bedrohten

Jutcindustrie ein iieues Bctatigungefeld gegcn die Textiloae- konkurrcnz croffnct, und auch dcr Kunstseidcindustrio in kleinercm Umfange ein Konkurrcnt erwachst. - E k e neue Kunstseidefaser besteht aus gesponnenem Glas in F a e n , die wegcn ihrcs gcringcn Durchmcssers von etwa einea menschlichen Haares kaum mehr vom Augc wahrgcnom- men werden konnen. Durch bestimmtc Zusatze crhalten diesc dunncn Faden Glanz und Geschmcidigkcit, so daB

88) Osterreichs Wollen- und Leincnindustrie 1913, 367.

sie angeblich fester und haltbarer sein sollen als andere Kunstseidesorten. Sie sollen sich zu Garn und zu Posa- mentericwaren vcrarbciten lassen. Die Herstellungskosten bctragcn angcblich 1,lO-1,30 M fur das Kilogrammm).

Die Kunstseide erfreut sich in der Kartonagen-, Etuis-, Ledenvarcn- und Papicrverarbcitungsindustrie ciner viel- fachcn Vcrwcndunggo), wcil sie ncben ihren guten Eigen- schaften prciswurdig ist. Samentlich Atlas von der billig- sten bis zu rcltttiv teurcn Qualittiten gelangt zur Verarbei- tung. Dicscr Atlas aus Kunstseide ist auf ciner baum- wollenen Unterlage gewebt bzw. durchschosven , welche stark appretiert ist. Jm allgemeinen ist dcr so hergcstellte Atlas hart und steif, und gcradc darin sieht man scinen Vorteil, da er sich zu vcrschiedenen Zwcckcn gut vcr- arbeiten laBt. und die Arbeit schnellcr vonstatten gcht als mit Naturseide. E’erner kommt dus Einlcgcn von Futter in Lcder und Tapissericwarcn, Etuifi und sonstige Pttppwaren in Betracht. In vielen Flillcn wird der Atlas auch vcrgoldct, und zwar mit farbiger Schrift, Metall oder Oscrfolien- pragung.

Auf dcm Lager einer Kunstseidefabrik crgab sich hier und da beim Einschlagen von Kunstseide, daB an einzelnen Strahncn lose herabhangcndc Fadcn sichtbar waren, ein Umstand, der in solcher Haufigkeit unmoglich bei der erstcn Revision uberschcn scin konnte. Es fanden sich sogar Schichten, dic wie mit cinem Messer glatt durch- schnittcn crschienen. Einc Zcrsctzung des Matcriales durch vorhandcne saure Eigennchaften war ausgeschlossen. Als Zcrstiirer wurdcn schlicI3lich Hausgrillen erkannt, wclche, wie vcrsuchswcisc dann fcstgcstcllt werdcn konnte, sowohl Kitroaeide als auch antlere Kunstseiden zerstijrtcn, stellen- wcise sogar bis zu Staub ~erarbe i te ten~l ) .

Die Verfahrcn von K n o f l e r , welche spater von d e L c v y und P 1 a. i s s c t t y ausgearbcitct wurden, urn Kunstscidc zur Herstellung von Cluhstriimpfen zu ver- wenden, bcstanden in, der Hauptsache darin, die Thor- und Cernitrate mit einer Athcr-Alkoholliisung und Xitrocellulose zu mischen und diest. Lijsung durch Bunerst feinc Offnungen hindurchzupres~en~~). Erfolgreich wurden indewen die Ver- fahren erst, als P 1 a i s s c t t y den fertigcn Kunstseiden- strumpf mit der fertigcn Lcuchtflussigkeit trankte. Die Tatsache, daB eiii a u s festcn stabformigen Pasern bestehen- des Gewebe 50% mchr Ileuchtflussigkeit aufzunehmen rer- mag als cin aus hohlcn Pflanzenfasern erzcugtcs Gcwebe. beruht auf der kolloidalcn Natur der Kunstseide, die in der Leuchtflussigkeit schwillt und zu ciner gclartigen Masse wird, die aber beim Trockcnwcrden die friihere Form wieder annimmt, wobci jedoch die Leuchtsalzc zu innigster Mischung mit der Cellulose zuruckgehalten werden. Beim Versuch, eincn aus diescm gcsattigtcn Gcwebe hcrgestellten Gliihstrumpf zu hiirten, zcrfallt die Aschc diirch die heftige Verbrcnnung, welche durch die Salpetersaure des Thor- nitrates vcranlaBt w i d . Dieser Ubelstand wurde durch Behandlung des Gewcbes mit Ammoniak bescitigt. Das Verfahren, wclches 1902 in Deutschland und 1904 in den Vereinjgten Staatcn patentiert wurde, leidet indcsscn hin- sichtlich seiner wirtschaftlichen Verwertung an dcm Um- stande, daB sich die Gluhstrumpfe nicht in befriedigender Weise mit Kollodium ubcrziehcn lassen und dsher in weichcm Zustande versandt wcrden, urn crbt von den Gas- gesellschaften oder vor der Benutzung ghartct zu werden. Auf der von P I a i s s e t t y gcschaffenen Grundlagc haben

39) Kunststoffc 3, 99. 90) Kunststoffe 4. 336. 91) Kunststoffe 3. 100. 92) Die Pabrikation von Gliihstriimpfen aus Kuiistscidc. S. G u I -

b r a n d e e n , Progressive Ape 1912. 30. 77; Kunststoffe 3. fC; siehe auch Angc\i-. Chem. 26, I, 806 [1913].

Page 15: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

67 Aufsrrtztell. .,,, Jr,,lc,ng ,9,6. ] Massot: Fortschritte auf dern Cebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 29x3 u. 1914. .. . - - ~- _ . -. - -

andere die Fabrikation von Gluhstriimpfen aus Kunstfasern vervollkommnet. Hierbei kamen folgcnde Punktc in Be- tracht: 1. Die Schaffung volkommcn gleichformigcr physi- kalischer Struktur und chemischer Zusamrnensetzung, was bei Naturfasorn nicht der Fall ist. In letztcrcn sind die Verunreinigungen sehr ungleichformig verteilt, was zu schwachen Stcllen in den Striimpfen fiihrt. I n dcn Kunst- fasern sind Vcrunreinigungen wic Kcselsaure, Eisen, Alu- miniumoxyd unmoglich, da dieselbcn in der Kupferoxyd- ammonfliissigkeit unloslich sind. 2. Uie Schaffung groI3erer Zugfestigkcit. Ein abgebrannter Kunstfaserstrunipf ist im- stando, ein an der Schlinge aufgehkngtes Gewicht von 88,34g zu tragen, ohne zu zerbrcehen, or liiBt sich auch auf der Hand zusammen- und wieder geradefalten. 3. Die VcrgroBerung dcr Leuchtkraft. Uaumwollstrurnpfe b u h n in 1000 Stunden bis 35% ihrer Leuchtkraft ein. Ramie- striimpfe zeigen;solange keine Schriinipfung eintritt, auch nach 1000 Stunden nur gcringe Veriinderung, andernfalls nimmt die Ieuchtkraft um 10--20y0 ab. Rei den Kunst- seidcstrumpfen nimmt die Leuchtkraft in den crstcn 100 bis 2000 Stundcn um 10% zu, um sich sehr langc Zeit danach nicht zu verandern. Auch dic Lichtfarbe zeigt nach 1000 Stunden keine merktichc Vcranderung. 4. Die Ver- meidung von Schrumpfung und ein geringerer Starkeverlust beim Brennen. Baumwollstriimpfc, namentlich die schlech- teren Sorten schrumpfen uach 2-300 Stundcn merklich, wahrcnd der folgenden 500-GOO Stunden, wodurch die Leuchtflachc abnimmt, und, falls die Gaszufuhr nicht regu- liert wird, Kohlung eintritt. Gleichzeitig geht der mciche, biegsame Zustand in cinen solchen sproder Bcschaffenheit iiber, so daB der Strumpf durch Druck leicht zertriimmert wird. Die Ramiestriimpfc zeigen nur geringe Schrumpfung, sie werden indcssen auch hart und sprode. Die Kunst- faserstriimpfe schrumpfcn selbst nach mehreren 1000 Stun- den iiberhaupt nicht und vcrlieren in weit geringerem Grade ihre Festigkcit. Selbst nach 1000 Stunden bewahren die aufrechten Striimpfe ihren weichen und bicgsamcn Zustand, so daB man sie driicken kann, ohnc cin Brcchcn herbei- zufiihreng3).

5. Baumwolle. Den mikroskopischen Studicn von A. H e r z o gS4) iiber

Baumwolle sci das nachfolgendc cntnommcn. n e r Vf. ha t zunachst sein Intoresso den cxtrcm diinnwandigon Baumwollhaaren zugewandt, welche in der Praxis unter dem Namen tote oder unreife Baumwollo gchcn und sich hauptsachlich bci verwilderten, d. h. entarteten Baum- wollen in groI3cren Mengen zu finden pflegcn. Im fertigen Gespinst bildet die Baumwolle vielfaeh Knotchcn, welche indeascn fur das Aussehen der rohen und gclblichcn Ware ziemlich bclanglos sind. Dagegen treten sie belcanntlich nach dem Farben durch auffallend helle Farbentone un- liebsam in Erscheinung. Der Vf. vertritt a d Grund seincr Erfahrungen die Ansicht, daB die tote, also abgestorbenc Faeer mit der unreifen durchaus nicht identisch ist. Die enaue Untersuchung der Einzelhaare totcr Baumwolle f eferte folgendes Ergebnis. Dieselbcn sind so stark zu-

sammengedriickt, daB dic gegenubcrlicgenden Zellwande sich innig beriihren. I n der Langsrichtung sind sie haufig unregelmaBig gcfaltet. Bei der mikroskopischen Untcr- suchung gcniigt oft eine lcichte Verschiebung des Deck-

bchens, um solche strtrke Faltelungen hervorzurufen. ie Zellwand ist vollkommen durchsichtig und a u k -

ordentlich diinn. Die durchschnittlichc Dicke betra t

und vollausgereiften Fascr. Auf Grund der Messungen verschicdener Baumwollsorten des Handeh bctragen die beobachteten Unterschiede 31-65% der maximal.cn Breite

93) Auf Kunatscide beziiglich siehe auch: Die Behandlung und daa Verhalten dcr Kunsteeidc in der Farberei. 0. M e r z , Kunst- stoffc 3, 41. Vcrfahren zur Herstellung kiinstlichcr vollcr oder hohlcr Seidenfruien BUB plastischer M a w . I). R. P. 252 841. R u d o I f M e w e 8 , Vcrbesserungcn in der Herstellung von F d c n a m vis- C O B O ~ Fliiseickeitcn. Brit. Pat. 22 635. H. J. P i n p; und F. W.

0,60,6 v. Die Haarbreite ist groBer als bei dcr ha1 % -

~-

S o h u ber i ' . -

w) Chem.-Zt.g. 38, 1089ff. (1914).

des vollreifcn Haarcs. I m Inncrn der Haarc sind nur ge- ringe Spuren von eingetrocknctcm EiweiI3 vorhanden. Die auBeren Teile der Zellwand sind nur schwach cuticularisiert. Bei sehr genauer Einstellung ist haufig einc etwa unter 46" verlaufendc Schragstrcifung sichtbar. Blasige Auftrcibun- gcn dor Zellwand kommen bei der Uchandlung mit Kupfer- oxydammonirtk bei toten Baumwollhaarcn nicmah vor. Im Ultramikroskop zeigt die Wandung der toten Faser nur sehr lichtschwache Strukturen, die durch cine zur Langs- richtung des Haares parallcl verlaufende Lagerung der Micellen gekennzeiehnet sind. nagcgcn zcigt die vollreife Faser einc sehr lichtstarke grobe und unrcgelmaBig ver- laufende Kctzstruktur. Die Cntersuchung der Farbbar- keit dcr toten Fasern fiihrte den Vf. zu dem Ergcbnis, dan, wenn auch dic Frage nacli der spezifischen Fkbbar- kcit auf dem betretencn Wege nicht sicher cntschieden werden konnte, dcnnoch aus den Bcobachtungen hervor- geht, daI3 die Wandstarke der Paser a d die Intensitkit der Farbungen den weitaus groI3ten EinfluB ausiibt. Die tote Baumwollfaser ist doppelbrechend. Infolgo der a u h r - ordcntlich geringcn optischen Dicke und der nur mittel- starken spczifischen Doppelbrechung der Baumwollcellu- lose iiberhaupt tmten zwischen gekreuzten Nikols nur die niedersten Farbentone der ersten Ordnung auf. Dicso Be- obachtungcn stehen im Gegensatz zu den Auslassungen H a 1 1 e r s , wclcher die tote Baumwolle als nicht doppel- brechend bezeichnet. Besonders nach Einschaltung ver- zijgcrndcr Gips- odcr Glimmerplattchen ist die Doppel- brechung mit aller Sichcrheit festzustellen.

Zurn raschen Nachweis der toten Baumwollc erweist sich ein Glimmerplattchen von 1 am geeignetsten. Auf dem durch den Glimmer 45" bedingten grauen U n t e r j p n d (Grau I) hebcn sich die toten k'asern je nach ihrer Lage zu den Schwingungsrichtungen dcs Nikols und den Achscn dcs Glimmerplattchcns schwarz oder weiB ab. Die Gegen- satze, die bei dieser Art dcr Untersuchung erhalten wcrden, werden von keincr anderen I'riifungsmethode ubcrtroffen. Halbreife odcr ganzreife Fasern zeigen hierbci niemah gleichmiiaig schmarze oder graue Farbcm. Unrcife Baum- wollhaare sind den toten Fasern in der Form und im opti- schen Vcrhalten recht ahnlich. Auch die technkchcn Eigen- schaften sind die gleichen, so daI3 beidc Fasem in der Praxis nicht wcit unterschieden werden. Die Wandung des Haares miBt mindestens 1 ,u. Die seitlichen Begrenzungen des Lumens sind schon bci schwachen mikroskopischen Ver- groBerungen dcutlich wahrzunehmen. Die Cuticula ist nur sehr schwach entwickelt. Dagegcn ist das Illnere der un- reifen Faacr sehr reich an protoplasmatisehen Resten. Eino Schichtung der Zellwand ist nirgends zu beobachten, auch nicht nach der Einwirkung von Qucllurlgsmittcln. Schrag- strcifungen, wie sie bei toten Hartrcn vorkommcn, sind nicht vorhanden. Infolge des hohen Eiweiflgehaltes zeigt die un- reife Fascr bcim Farben mit substantiven Fa.rbstoffen eino betrachtlich starkcre Farbung ah die reife. Die Wandung beider Fasern bleibt jedoch, wie aus der mikroskopischen Bctrachtung hervorgeht, fast voUig ungcfarbt. Mit Beizen vorbehandelte und mit basischon Farbstoffen gefarbte Fasern nehmen im Gegensatz zu rcifen Fasern nur helle Farbtijnc an infolge der geringen Wandstiirke. I n der Breits stimmt das Haar mit demjenigen dcr rcifen Faser vollig iiberein. Das Haar ist fast gar nicht gedreht, Kupferoxyd- ammoniak lost wie bei toter Baumwollo. Zwischen ge- kreuzten Nikols lassen sich etwas hellere Farbentone ah bei der toten Baumwolle bcobachten. Die Helligkcitegcgen- satze, die nach Einschaltung eincs Glimmerplattchens von

A resultieren, sind wesentlich schwacher als bei der toten Faser. Die Ultrastruktur ist durch das Auftreten paralleler und verhaltnismiiflig lichtstarkcr Linien ausgezeichnet. Ab- weichungen von der Parallelstruktur sind nicht selten zu beobachten. Aus diesen Tatsachcn diirfte sich zur Geniige der SchluB ziehen lassen, daB zwischen toten und unreifen Baumwollhaaren grundsatzlieh Unterschiede bestehen, die haupbiichlich auf eine verschiedenartige Entwicklung zu- riickzufiihren sein diirften, urn so n e h r , ah in uberreifen Kapseln stets auch tote Haare gefunden werden. Es han- delt sich demnach bei der toten Baumwolle um aus nicht naher beksnntcn Griinden entartctc Baumwolle. I m Hin-

9'

Page 16: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

G8 Massot: Fortschritte auf dern Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ a n ~ ~ ~ ~ ~ ~ $ ~ ~ ~ l i l e ~ ~-

blick auf die verschiedcne Ausbildung und Machtigkeit der Zellwand lasscn sich folgende leicht zu kennzcichienden Baumwollgruppen feststcllen. 1. Vollausgebildcte reifo Haare. 2. Halbreife Haare mit unvollstandig ausgcbildeten Verdickungsschichten. 3. Unreife Haare mit auffallend diinnen Wandungen. 4. Tote und andere anormal gestaltete (ungleichmaBig verdickte, vrrzweigte oder ausgebauchte) Haare verschiedencr Reifegrade. H e r z o g machte ferner interessante Studien iibcr die Bartfasern der Baumwolle, wclche sich aus kurzen, groben, sehr steifen und stets deut- lich gefarbten Haaren zusammensetzen. Sie sind dem spitzen Teilc des Samens angeheftet und kommen auch bei den nackten Baumwollen stets vor. Die steifen Barthaare sind meist am oberen Endc des unteren Haardrittels am breite- sten. In dieser Hinsicht stimmen sie mit den Langhaaren iiberein, jedoch kommen auch Abweichungen nach unten und nach oben vor. Nur selten liegt die breiteste Stelle in den obercn Haarbreitcn. Nach den Priifungen H e r z o g s wcichen die Barthaare der agyptischen I3aumwolle in mor- phologischer Hinsicht am meisten von den Langhaarcn ab. Ein Bild der zu bcobachtenden Grollenverhaltnisuc von Lang- und Bartfasern laBt sich der nachfolgenden Zu- sammenstellung, die sich auf eine agyptische Markc bezieht, entnehmen. Die in der Mitte stehenden Werte entsprechen dem Durchschnitt.

Bartfasern . . . 26,745,l-125,2 0 , P 2,4- 3 , l Langfasern . . . 15,2-20,7- 29,3 19,l-32,1--41,3

Die stark qucllende Wirkung der Kalilauge laBt sich nach einigen von H o r z o g ausgefuhrten Versuchen recht gut zur Beurteilung der Mercerisierfahigkeit von Baumwoll- gespinstcn mittels des Mikroskopes hcranziehen. Obwohl zur Merccrisation schon von Haus auu glanzende, auch sonst gute Baumwollen verwendet wcrdcn, sind dennoch auffaUende Unterschiede in der Wirkung dcr Mercerisation zu verzeichnen. Wenig befriedjgcndc Glanzwirkungen lassen sich fast ausschlieBlich auf das Vorhandensein von unvoll- stiindig ausgereiften oder aus anderen Griinden nicht mer- cerisierfahqqm Haaren zuriickfiihrcn. (Uber die Unterschei- dung echter und imitierkr Makobaumwolle siehe A. H o r - z o g , Kunststoffe 3, 180 119131); Angew. Chem. 26, XI, 110 [1913].)

Das Verhaltcn reiner Baumwollccllulosc gegen Alkalien ist im Hinhlick auf die Bauchoperation, auf Mercerisation und auf alkalisches Flrben von ganz besonderem Inter- esseQ5). Es wurde daher die Einwirkung der Natronkonzen- trationen von 1- 9% sowohl bei gcwohnlicher als auch bei erhohter Temperatur (20, 100, 135, 150, 179") festgestellt. Fiir hohcre Konzentrationcn von 10, 12, 16, 20, 24, 28, 32, 36, 40% Atznatron wurde in Rucksicht auf die Ver- haltnisse der Praxis nur das Verhalten gcgcn kalte Laugc ermittelt. Von besonderem Interesse ist dic Loslichkeit reiner Baumwollcellulose in Alkali. Dieselbe ist schr gering in der Kaltc, sie bleibt bis zu 9%igem Atznatron unter lyo, steigt dann bis 1,54 bei 12%, um dann wicdcr daucrnd unter 1% zu sinkcn. Bckanntlich ist die Lijslichkeit ge- wohnlichcr Baumwollsorten groBer, wie sich das aus den Ausbeutczahlcn beim Merccrisicren gcwohnlicher Verband- watte ergibt. Das Quellvcrmogen der Haumwollcellulose stcigt mit der Natronlaugenkonzentration bis zur Grenze von 24%. Hoher konz. Laugen etwa bei dcr Mercerisation anzuwenden, hat demnach keinen Zweck, wie dies in der Praxis bcreits festgestellt ist. Entgegen den bisherigen Be- obachtungcn an minderrcinen Baumwollen weist die reine eine kleine, aber deutliche Zunahme des Reduktions- vermijgens bei der Behandlung rnit Lauge zunehmender Konzentration auf. Von praktischer Bedeutung ist diese auf Hydrolyse zuriickfiihrende Veranderung bei kalter Lauge nicht, jedoch bei hciBcr Lauge. Es zeigte sich namlich, daB in der Hitze Xatronlauge von der Konzentration 4% weit schadlichcr als solche von 3% odcr 5% wirkt. Dies zeigt sich auch deutlich, wenn man, von roher Makobaurnwolle

C 5 ) Dio chemieclien F.igenschaften reiner Baurnwollcellulose. C. S c h w a I b e. Farber-Ztg. (Lehne) $4, 433; Angew. Chem. 26, I, 531 [1913]; siehe ferner: Zur Hestimmung des Bleichgradea von Zcllstoffen von C. 0. S c h w a l b e . Angew. Chern. 27, I, 567 [1914]

Rreite in Lirige in m m

. -

iusgchend, einmal mit 2-, mit 4- und mit 6y0iger Lauge )ei 135" baucht. Die Temperatur von 135" ist eine Grenz- (emperatur, iiber die man beim Bauchen nicht hinausgehen ,olltc, da alle Veranderungen dcr Baumwolle uber dieser remporatur ein beschleunigtes T e m p annehmen. Auch fie Loslichkeit der Baumwolle nimmt mit Erhohung dcr remperatur rasch zu und crreicht bei 135" immerhin schon Betrage von 3 4 % . Der groI3e Unterschied im Verhalten Ueinster und gcwohnlicher Baumwolle zeigt sich bcsonderv ieutlich, wcnn hochkonzentrierte Natronlauge in der Siede- iitze einwirkt. Wahrend reinste Baumwolle fast gar nicht mgegriffen wird, lost sich von Filtrierpapier ein erheblicher reil zu Axidcellulose. Angeblich soll Baumwollcellulose ?on kalten verdiinnten Sauren nicht angegriffen werden. Die Cntersuchung envies jedoch, daB schon in sehr kurzer Zeit die durch Saure entstehende Hydrcllyse sichtbar wird ; :s geniigt ein Zeitraum von einer halbcn Stunde. Auf- tallend erschaint, daB einc Saurekonzcntration von 0,05 ichadlicher als die von 0,Ol ist. Beim Absauern nach dem Bleichcn macht sich die Zunahme des Reduktionsvcrmogens, tlso die Hydrolyse, besonderrt stark geltend; auch der Ein- EluB der Zeit ist gut erkennbar.

Gegeniiber Salzlosungen besitzt Baumwollcellulose ein ie nach der Natur des Salzes und dem Reinheitsgrade dcr Cellulose mehr oder minder ausgepragtes Spaltungsver- mogen. Wenn Losungen von Salzen wenn auch nicht Lo- sung, so doch Qucllung bewirken wurden, so konnte man hoffen, mit biltigcn Salzlosungcn iiihnliche Effekte wic mit Alkali zu erzielen. Es zeigte sich jedoch, da13 konz. Koch- salzlosung bci 120" Baumwollkattun nicht in aeinem Farbc- vermogen zu beeidflussen vermag. Charakteristisch f iir teine Baumwolle ist das sehr niedrige Reduktionsvermogen, daneben moglichst geringer Aschcngehalt und Nkaliloslich- keit. Will man bcziiglich bester Bauche ganz sicher gehen, so kann man dies durch Bestimmung des Stickstoffgehaltes kontrolliercn, der bei reincr Baumwolle schr nahe bei Null liegcn muBg6).

Dampfen, bcsondcrs unter Druck, setzt die Affinitat dcr Baumwolle zu Farbstoffen herab. Bei mercerisierter Baum- wollc ist die Erscheinung starker als bci gcwohnlicher. Dampft man eine Probc mercerisierter Baiimwolle 5 Minuten mi t 1 kg Druck und farbt d a m mit einem substantiven Farbstoff gleichzeitig mit einer nicht bchandelten Probe, 80 f&rbt sich letztere dunkcl, wahrend die ersterc ganz hell blcibt. Beim Dampfen bcfeuchteter Raumwolle ist die Erscheinung weniger deutlich. Man mu13 mchrerc Stunden unter Druck dampfen, urn eincn wahrnehmbaren Unter- schied in der Starke zu erhalteng7).

Eine dcr charakteristischsten Eigcnschaften der rnit konz. Salpctersauro bchandelten Baumwolle ist dic erhohte Affinitiit fur alle Artcn k'arbstoffe init Ausnahmc des Methylenblaus. nicsc Tatsache beruht vielleicht auf Spuren gebundener Salpetcrsaure oder Schwefclsaure in der Faser- substanz. Schon friiher wurdc gezeigt, daB mit Salpeter- saure bchandelte Baumwolle bis zu 13% cinschrumpft; da- bei n immt gleichzeitig dic Zugfestigkcit ab. Die von K n c c h t und L i p s c h i t ~ 9 8 ) vorgcnommenen Versuche zeigten dcn groBen EinfluB von Zeit und Tempcratur der Slurebehandlung. So wird z. B. eine betrachtlicho Festig- keitserhohung erziclt durch Saurebehandlung bk zu 16 Minu- ten bci gcwohnlichcr Tempcratur ; nach 30 Minuten langer Behandlung nimmt die Fcstigkcit wieder ab und bctragt nach 32 Stundcn wcniger als ein Drittcl dcr ursyriinglichen. Dic mikroskopische Untersuchung der siiurebehandeltcn Baumwollc zeigtc cine wesentliche Ubercinstimmung mit der mercerisierten Faser. Die Adage dcs durch dreistundige Behandlung mit Salpetersaure von 83" Tw. bei gewohn-

96) Siche auch: EinfluU heiBcr Natronlauge auf d e Festigkeit dcr Baumwollware. 9. I3 u d e. Farber-Ztg. (Lehne) 24, 159; Angcw. Chem. 26, LI, 543 [1014].

97) EinfluB lioherer Temperatur und des Dampfes auf die Affinjtiit von Baurnwolle zu Farbstoffen. C a m i 1 I e F a v r e . Berichtc der Industriellen Gcvellschaft zu Miilhauvcn i . E. Miirz 1912, S. 183-184. Angew. Chem. '26, 11, 419 [1913].

98) Die Wirkung konz. Salpetcrsaure auf Baumwollccllulose. J. SOC. Chem. Ind. 33, 116--122 [1914]; Angoa. C'hern. Z'I, 11, 567 [1914].

-~

Page 17: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

ti9 Aufsatztei'. ?8. Jnllrc;l,,g ] Massot: Fortschritte auf dern Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914.

~~ ~

licher Teinperatur erhaltenen Nitroprodiiktve ergab 40,23Y0 C, 5,91% H, 2,14y0 X und 51,72Y0 0. Gegen Essigsaurc, Schwefelsaurc und Salzsaure verhalt sich diese nitricrtc Baumwolle wic gcwohnliche; in 20yoiger Natron- lauge lost sic sich bei Wasserbadteniperatur raach auf. Eine Anzahl von Tabellen veranschaulicht die angestclltcn zahl- rcichen Versuche.

Es ist praktisch unmoglich, Schwcfclsaure durch lie- hancllung mit destilliertem Wasser so vollstandig aus der Baumwolle zu entfcrnen, daB keine same Reaktion mehr erhaltcn wird. Zum Nachweis der sauren Fkaktion bei geringen Mengen freicr S5ure feuchtet man 2-3 g der zu untersuchendcn Baumwolle in einer Platinschale stark an und dampft d a m auf dem Wasserbadc so weit ein, daB unter der Presse auf cincm mit der Baumwolle zusammen sehr stark gcpreBten Stiickchen Lackmuspapicr gcradc noch ein fcuchtcr Rand entsteht. 0,Ol yo Schwefelsaure ergcben hierbei noch einen sehr deutlichen Farbenumschlag, wah- rend in einem wasscriecn, cingedampften Auszug der Baum- wolle selbst auf dcr vie1 cinpfindlichcren Lackinusseide ein solchcr nicht mehr erhaltcn wird. Dcr Vcrsuch ist mit saurefreier Baumwollc zu kontrollicren. Der Kachweis, daB die saure Rcaktion durch Schwefelsaurc veranlaBt ist, I a B t sich bci so geringen Mengen nicht ganz leicht fiihrcn, doch wird sich aus der Sachlage in der Regel erkennen lassen, daB nur Schwefelsaure vorlicgcn kann, z. B. aus dcr Faser- schwachung, die kcin anderes Mittel in dieser Verdiinnung bci 98" verursacht. Quantitativ bestimmt man dic Schwefel- saure am besten durch Eintragen der Fascr in l/loo-n. Natron- lauge und Zuriicktitricren des Uberschusscs dcr Laugce9).

Zur Unterscheidung von Baumwollc und Kapok werden folgendcRcaktionen empfohIenlOO) : Feuchtet man cine klcine Kapokprobe mit einer k s u n g von 270 mg Anilinsulfat in 3 0 g Wasser an, so wcrdcn die Fasern alsbald dcutlich gelb gefarbt.. Mit Jodosung und Schwefelsaure wird Kapok gelb, Baumwolle blaulich gefarbt. Phloroglucin und Salz- same fiirbxi die Baumwolle mattviolett, die Kapokwolle da- gegen rotviolett. Chlorzinkjod erzeugt auf Baumwolle einen rijtlichblauen, auf Kapok einen gelbcn Ton. Eine alko- holische Losung von Fuchsin 0,Ol Farbstoff in 30 ccin Alkohol und 30 ccm Wasser fiirbt bcim Einlcgcn von Mustern wahrend 1 Stiinde die Baumwollc fast gar nicht, die Kapokwolle dagegen lebhaft rot an. Legt man Proben in einc Chlorlosung ein und quetscht nach einigeii Minuten ab, ubergieBt dann in einem I'orzcllanschiilchcn mit etwas Ammoniak, so bleibt die Ba.umwolle weiB, Kapok nimmt dagcgcn einen rotlichen Ton anio1).

6. Wolle. Bei den Untersuchungcn von M. F o r t und L. L 1 o y d102)

iiber den Kachweis und die Itesorptionsfiihigkeit der Amino- gruppcn der Wollc hat sich das Kaliumsalz der /;-n'aphtho- chinon-4-sulfosaure geeignct crwiesen. Durch Kochen mit der Wollc in wasserigcr Losung wird ein braunes Konden- sationsprodukt gebildet, inclem die Sulfogruppe gegen den Aminorest ausgetauscht wird. Auf Zusatz einer S p r Siiure farbt sich die Verbindung rijtlichbraun, in Gegenwart von Alkali olivenbraun. Duroh Behandlung mit heil3cn ver- diinnten Alkalien wird die Aktivitat der Aminogruppcn der Wolle gcsteigert., ebcnso wic dadurch die Affinitat zu sa.uren Farbstoffcn crhoht wird. Diirch Einwirkung von konz. Schwefelsiiurc auf Wolle in der IGilte wird bckanntlich die Affinitbt fiir Saurefarbstoffc bedeutend hcrabgesefqt.. Kine ahnlichc Wirkung zeigt sich bci der Koiidensation mit Chinonsulfosaurc, die fast ganzlich ausblcibt, weiin Wolle zur Anwendung kommt, die vorher init konz. Schwcfel- &uro behandclt war, und zwar such wcnn sic nachher init verdiiimtcr warmer Soda- odcr Boraxlosung gespiilt war.

99) W. X a n k e r und K. S c h n a b e I , Uber den Nachweis freier Schmcfelsiiure auf Raumwollc. Fiirber-Ztg. (Lehne) 24, 260; Angew. Chem. 27, 11, 31 [1914].

100) bsterrcichs Wollen- und Leinenindustric 1914, 89. 101) Uber Bestimmung gcringer Mengen von Wollc in Baurn-

wollwarcn; sichc Chcm.-Ztg. 37, 1257. P. H e e r m a n n , Angem. Chem. 21, 11, 168 [1914].

102) SOC. of Dyers andCol. 1914, 73; Angcw. Chern. 26, 11, 407 [1913].

_ _

Dagcgen wird durch kurzc Behandlung mit eiiier heiBen Mischung aus gleichen Teilen Schwefelsaure und Wasser, bis die Wolle anfbngt zu gclatinieren, Waschen und Xeutra- lisieren, die Koridensationstiitigkeit der Wollc gegeniiber dcr Naphthochinonsulfosaure erhcblich gesteigert, ebenso wie die Affinitat fur Saurcfarbstoffe. Anscheinend ist das Freiwcrden der Aminogruppcn bei dcr Behandlung der Wcllc init vcrdiinnten Siiuren und Alkalien auf einc Hydro- lyse zuriickzufuhren, durch welchc die lactonartigc Bindung zwischcn der Carboxyl- und der Aminogruppe peliist wird, wahrend sic unter dcm EinfluD wasserentziehcndcr Mittel, wie konz. Schwefelsaiue, wieder hergestcllt wird. Durch Kochcn mit Tannin kann man die Aufnahmefilhigkeit der Wolle fiir saure Farbstoffe in gcwissem Grade hcrabsetzen, hinsichtlich der Kondensicrbarkeit mit den1 gcnannten Chinon macht sich jedoch in diescm einen E'allc kcin wesent- lichcr Untcrschicd bcmerkbar. Uurch Diimpfcn und De- kantiercn kann bekanntlich cbenfalls die Affinitiit dcr Wolle fur saurc Farbatoffe gesteigcrt werden, und dementsprechcnd wird auch das Kondensationsvermogen mit Chinonsulfat crhoht. Das Freiwcrden dcr Amincjgruppen macht sich schon BuDcrlich dadurch bemerkbar, da0 die Wolle ein gelblichcs bis braunliches Aussehcn bekommt, iihnlich, wie man es an aromatischen Diaminen beobachten kami. Der- artig ,,amidierte" Wollc wird durch verdiinnte Schwefel- siiurc wiedcr weil3. Bei eincm Vergleich von Wolle, die 5 Monate lang an der Luft gelegen hatte und gelb gcworden war, mit weiBer Wolle, zcigte es sich, daB die beliiftete Ware ctwas kraftigerc Farbungen mit sauren Fnrbstoffen liefcrte, als die frischc weiBc Wollc und auch ruit Naphtho- chinonsulfat ein etwas tiefercs Braun gab, als diese.

Auch K u r t G e b h a r d t103) ist auf Grund seiner Untersuchungen zu der Anvicht gelangt, daB in dcr Wollr: eine Ainidocarbonsaurc vorliegt, daB cs sich spcziell um Anthrmilsaurc oder urn Anthranoylanthranilsiiurc handeln diirftc. Iktztere Ansicht gcwinnt ganz besondcrs dadurch einc Stutze, da0 dcr Anthranoylanthranilsiiurc eine eigen- artigc, ganz ohne Analogie dastehende charakteristische Eigenschaft zukommt, die auch die Wolle bcsitzt: bcim Diazotiercri entsteht ein Triazon , welchcs in verdiinnter salzsaurcr Liisung mit p-Kaphthol kuppclt. Nicht nur das Vcrhalten der Wolle bei dcr Diazotierung spricht dafiir, daB man in der Wolle Anthranoylanthranilsaure odcr cino sehr iihnlich koiistituierte Verbindung annehmen mu8, sondorn auch die Acetylierung, die Keaktion mit Aldehyden und die Oxydation: ferner die Einwirkung von Bisulfit, die Salz- bildung, die Esterifizicrung, sowie die Kondcnsation mit Brenztraubensiiure und Harnstoff.

Wolle wurtle mit Schwcfcl-, Salz-, Oxd-, Essig- und Amciuensaure im Ubcrschu0 erhitztIo4) und die von der Wolle aufgenomrncne Saurc durch Titriercn der im Bade zuriickgebliebenen bestimmt. Die von der Wollc aufge- nommeiicn Siiuremengcii la.ssen sich so bercchnen, daB man die Bilduiig additivcr Salze mit der Wollsubstanz oder dercn hydrolytischen Produktcn annehmen konntc. Das vorlicgcnde Material reichte jedoch fur solchc Schliisse nicht aus.

Formaldehyd wirkt schon in sehr gcringcn Mengen auf Wollc, indcni er sie gegen den Angriff dcr Alkalicn schiitzt. Man kann bis auf 0,25y0 und unter Umstanden eogar bis iiuf 0,l yo kiiuflichcn Formaldehydes vom Gcwicht der Fliissig- keit hcrabgehen und in satuer, neutraler odcr arnruoniakali- scher Ldsung arbeiten. In schwach alkalischcr Lijsung er- folgt die Kondensation am besten. Schwach mit Form- aldehyd behandclte Wollc schcint noch nach Jahren bei Befcuchtung init Salzsaure und Erhitzeri Forinaldchyd zu entwickeln. Durch die Behandlung mit Formaldehyd wird die Wollc zum Farbcn mit Schwcfelfarbstoffeii vorbcrcitet und gcgen alkalische Waschlaugen wenigcr cmpfindlich, auch

103) 1st in dcr Wollc cine Arnidogruppe enthaltcn? Farber-Ztg. (Lehnc) 25, 279; Angew. Chem. 2'1, 11, 606; siehe auch W. S c h a r - win , ij'ber die Einwirkung von Chinoncn auf Wollc und andero Protcinsubstanzen. h o w . Chem. 26, I, 254; F a h r i o n Angew. Chem. 26, I, 328 [1913].

104) Absorption von Sauren durch Wolle. M. F o r t und L. L l o y d . J. Dyers 6; Col. 1914, 5; Angew. Chem. 21, TI, 375 [1914].

Page 18: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

i 0 Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ a n ~ ~ ~ ~ ~ ' & ! & e . -- -. . -.

wird ihr Eiugehcii beim Diimpfen um etwa 80% rcduziert. Die rnit Formaldchyd bchandcltc Wollc verhalt sich gegen salpctrige Saure wic nicht bchandelte1°5).

Ah Mittel zum Reinigen und Entfetten von Rohwolle in Wasser wird ein Gemisch von fein gemahlenem Tonerde- silicat mit einer klcinen, etwa 1/3 dcr ganzen Masse betragcn- den Menge Natriumborat, Natriumcarbonat und Xatrium- stcarat in Vorschlag gebrachtlo6). Der Mischung konnen noch gcmahleno Anteile von Quillaya saponaria und etwas Nitrobenzol zugesetzt werden und je nach Bcdarf warmes Wasser. Es sol1 sich dsmit in kurzcr Zeit eine vollige Ent- fettung der Wolle bewerkstelligen lassen.

Zur Herstellung ciner Kunstwolle, die mit Wolle ge- mischt oder ftir sich versponnen werdcn kann, wird Jute oder Senegalhanf in kalte Katronlauge von 15-35 BC. ge- taucht, die. mit etwa 2-5% Natriumsupcroxyd und 1% loslichcm 01 vcrsetzt ist. Dic Paser wird durchscheinend und krauselt sich unter dem Einflusse dcr durch die Natron- lauge bewirkten Verkiirzung. Das Su croxyd. bleicht, und das 01 macht das Produkt wcich. Nac x dem Atzalkalibade, dessen Dauer je nach der Faser verschicdcn ist, wird die Faser in verdiinnte Saure von etwa 1" BC. gebracht und gcmaachen. D a m wird Gctrocknet und gekammt.

Uber dic Beurteilung von Wollc bci der Abnahme von Decken nach den Dicnstanweisungen f i i r die Bekleidungs- amtcr auBert sich H. S t r u n klo7). Die Abnahmevor- schriften fordern, daB 'dic Dccken nur aus Schurwolle (vom lebenden Ticre gewonnener Wolle) bcstehen. Es wurde nun vorgcschlagen, statt dessen einen hochst zulbsigen Kalk- gehalt der Wolle von 0,5% festzustellen. Der Schurwolle gleichwertig ist bci cicher Haarlhge im allgemeinen die von geschlachteten % icren durch Scheren oder Absengen gewonncne Hautwolle und die aus den eingeweichten und gedampften Fellen durch Ausraufen gewonnene Raufwolle. Dagegen ist dio von an Krankheit vercndeten Tieren er- haltcne Sterblingswolle und die nach dem Kalk- oder Schwefclalkaliverfahren gewonncno Gerberwolle als minder- wertig zu betrachten. Letztero soll durch dic Forderung eines Hochstkalkgchaltes ausgeschaltet wcrden. Die Vor- schrift diirfte indessen ihren Zweck verfehlen, da es moglich ist, aus Gerberwolle den Kalk fast vollig zu entferncn. Der Vf. schlagt daher vor, die bisherige Vomchrift beizubehalkn, aber einen Hochstgehalt an Mineralstoffen zu 3,6% der wassertreien Wollo festzuseteen.

7. Seide. Auf Grund ihrcr Versuche stellten F. F i c h t e r und

E. MU I l e r l o 8 ) die Hypothesc auf, daB der primare Vor- gang dcr Aufnahme von Stannichlorid durch die Seide auf der Bildung einer chemischen Verbindung durch Addition von SnCI, an die Seide beruht. Das Fibroin der Seide ist ein aus eincr Rcihc von Aminosauren (Glykokoll, AIanin, Tyrosin, Serin , Asparaginsaure, Glutaminsaure, Phenyl- alanin usw. aufgebautes Polypeptid. Um sein Vcrhalten kennen zu lernen, wurden zuerst die einfachen Aminosauren untersucht. Erhitzt man 5 g tt-AIanin mit 10 g Stannichlorid und 10 ccm Benzol im SchicBofcn auf ca. 150') so entsteht ein Additionsprodukt mit 4 Alaninmolckiilen. Wird dieser Stoff in Wasser gelost, so erfolgt augenblicklich die Bildung einer Zinnsiiuregallerte. Auf Grund noch weitgehcnder Ver- euche gelangten die Vff. zu der Ansicht, daB sich das Fibroin zuerst mit Stannichlorid zu einem Additionsprodukt ver- bindet, das zum Unterschied von dem Additionsprodukt der einfachen Aminosaurcn in Wasser unloslich ist. Es ist einatweilen nicht zu iibcrsehen, wie in einer derartigen Vcr- bindung das Polypeptid Fibroin wirkt, ob beispiclsweise eine Molekel die Rolle von so viclen einfachen Aminosauremole- keln ubernimmt als Stickstoffatomc darin enthalten sind.

106) Uber den EinfluB des Fornialdehydes auf Schafwolle und Bcitrage zur Konstitution der Schefwolle. A. K a n n , Fihirber-Ztg. (Lehne) 25, 73; Angew. Chem. 26. TI, 440 [19131.

106) Mittel zurn Heinigen und Entfetten von Fbhwollc in Waeser. L a n g 1 e y, S h a w , Sidney. 1). R. P. 267010.

10:) Veroffentl. g. Militiirsanitatswesns 1914, 7. T., Heft 62, 39-47.

108) Versuch einer Thcorio der Seidenerschwcrung mit Stanni- chlorid. Chern.-Ztg. 38, 693 [1915]; Angcw. Chcrn. XY, 11, 672 [1914].

Durch den Waschprozcl) wird das primare Additionsprodukt hydrolysiert und dabci die Verbindung zwischcn dem Zinn- atom und der Fibroinmolekel Schritt f i n Schritt gelockert und schlieBlich vollig gclost, so daB nach beendetcm Waschen und Hydrolysieren das Fibroin wieder im urspriinglichen Zustande vorliegt wid bei der erncuten Charge immer von neuem Stannichlorid aufnehmen kann. Da die Verbindung mit dem Stannichlorid bis ins Inncre dcr Faser crfolgt, die durch Hydrolyse entvtandene kolloide Zinnsaurc aber aus dem Faacrkorper nicht mehr herausdiffundieren kann, so mu0 die Zinnsauro sich im Innern der Faser als durchsich- tiges Gel ablagern und dcren Volumen und Gcwicht ver- mehren. Die Vff. haben Vcrsuche im Gange, welche diese Hypothesc noch mehr stiitzen sein s011cn1~9). E. SternllO) bctrachtet die Scidenfaser als eine Membran, die fur unveriindertes Zinnchlorid durchlksig ist. Infolgedessen diffundiert das Zinnchlorid in die Faser hinein und im- pragniert sie. Rcim Eintra en der impragnierten Scide

Faser in das umgebende Wasser diffundieren, in gleicher Zcit trcten aber innerhalb der Faser osmotische Druckkrafte auf ; die Zelle verhalt sich so, als sei in ihrem Innern ein par- tielles Vakuum fiir Wasser vorhanden. Das einstromenda Wasser verandert das Zinnchlorid derart, daB fiir die neu- cntstandenen Verbindungen (basische Zinnchloride) die Sci- denfascr eino halbdurchlassige Membran darstcllt, d. h. Zinn- chlorid kann nicht mehr hinausdiffundieren, sondern es stromt nur noch Wasser hincin. Als Folge ergibt sich fort- schreitende Hydrolyse der basischen Zinnchloride und schliel3- lich Bildung kolloidaler Fallungcn inncrhalb dcr Faserl").

Abgekochte Scidc wird ziemlich stark durch Bochen in vcrdiinnter Liisung von Glaubersalz (5y0ig) angegriffen. Die Seidc vcrliert h e n Glanz und wird bei langem Lagern schwach rotbraun ; die Glaubersalzlosung enthalt gelatinose Substanz. Scidcnleim verhalt sich ahnlich. Zusatz von 1% Essigsiiure oder Ameisensaure verstarkt die Wirkung. Im- pragnierung mit kalter l%iger Schwefelsaure in der Kalte und Trocknen an der Luft ruft ebenfalls die allmahliche Ver- farbung hervor. Es kann dahcr angenommen werden, daB das Natriumsulfat bci seiner Einwirkung auf Seidc sich spaltet und Scide-Saure und Seide-Alkali entstchen 1aBt. Danach miiBte Glaubersalz in der Seidenfarberei moglichst vermicden werden. Kalium und Ammoniumnitrat wirkon viel schwachcr, auch ihre Wirkung wird durch Saure gc- steigert. Kalium- und Natriumchlorid wirken ebcnfalls, zu- erst viel schwacher ah Glaubersalz; abgekochte Seide zeigt zunilchst kaum einc Vcranderung, abgesehen von geringer Verminderung des Glanzes, und wird erst nach langcrer Zeit odcr bci Belichtung etwas matter, was sich mit S i s 1 e y s Beobachtung der langsamen Bildung von .roten Flecken durch Kochsalz in Einklang bringen laBt. Ahnlich wirken Bromidc und Jodide, wahrcnd Natriumfluorid geringe Wir- kungen auBert. Chlorate wirken erst unter dem EinfluB dea Lichtes. Wird unvollkomnien cntbastete Seide mit Salz- silure oder Schwefclsaure behandelt und ausgewaschen, so reagieren die noch Seidenleim cnthaltenden Stellen schneller als Fibroin und sind empfindlichcr ge cn Erhitzen auf 110 oder 140"; jedoch leidet auch das f'ibroin trotz vorher- gehenden Auswaachens. Vicle Flecken in Seidenwaren sind jedenfalls .auf das gclegentlicho Verspritzen von Neutral- salzcn auf die Ware in der Farberei und Appretur zuriick- zufiihren. Wie Neutralsalze komeii auch Scifenreste wirken112).

uber -die Anaphcseide machtc B c r w i c k113) Mittei- lungen. In ihrcr chcmischen Zusammensetzung unterscheidet sich die Anapheseide nicht wesentlich von den anderen Seiden. Wie diese enthalt auch sie Tyrosin, Alanin und

100) Siehe ferner P. H c c r m a n n , Zur Theorio der Seiden- beschwerung. (%em.-Ztg. 38, 193; Angew. Chem. X6, 11, 407 "131.

110) Vortrag auf der Hauptvcreammlung des Vercins deutscher Chemiker in Bonn 1914. Angew. Chorn. 26, I. 357. 497 [1913].

111) Uber Zirkonealze ale Bcschwerungsrnittcl; siehe Angew. Chern. 27, 11, 326 [1914]. E. S t e r n , Beschwerung dcr Seide mit Zinnersatzetoffen. Angew. Chem. X I , I, 357, 497 [1914].

ll*) Fchlcr in der Seidcnfarberei und Appretur. L. L 1 o y d , J. Dyers & Col. 29, 259.

113) Anapheseide. J. Dyers BL Col. 1912, 208.

in Wasser wird anfangs ein B cil des Zinnchlorids auf der

Page 19: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

28?II. Aiifsscztell. ,91ri. ] Massot: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstofie in den Jahren I913 u. 1914. 71

Glycin, auBerdem enthalt sie aber auch eine erhebliche Menge Seidengummi, und zwar ist dieser viel schwieriger zu entfernen als bei anderen Seiden. Es gelingt dies nur durch eine doppelte Behandlung, erst mit Alkali und dann mit Seife. Die Menge der in den einzelnen Anaphenestern enthaltenen Seide schwankt erheblich ; einige liefern 41 yo Rohseide, der Rest besteht aus Puppen, Schmutz und Holz. Im ganzen werden etwa 33% reine, von Bast befreite Seide erhalten. Die Anapheseide soll der Tussah gleichwertig sein und f i b die Herstellung von Seidenpliisch von Bedeutung werden konnen. Den Export hat die afrikanische Seiden- vereinigung iibernommen, die ihre Sitze in Ugand? und in Deutsch-Ostafrika hat.

Die Weltseidenernte soll nach der Statistik der Ver- einigung der franzosischen Seidenhandler im Jahre 1913 be- tragen haben: Fur Europa 4 235 000 kg gegen 4 982 000 kg im Jahre 1912; in der Levante und Zentralasien 2 270 OOO kg gegen 2 233 000 kg im Vorjahre. Asiatische Seide wurde produziert : 20 545 000 kg gegen 19 750 000 kg im Vorjahre. Die gesamte Weltseidenernte diirfte doshalb etwa 27 050 000 Kilogramm gegen 26 965 000 kg im ,Jahre 1912 betragen haben.

8. Verschiedenes uber Faserstofte. Deutschland importierte 1912 fiir 90 Millionen Mark

Flachs. Der Wohlstand hat die Nachfrage nach Leinen sehr gesteigert, uiid die Flachskultur ist geeignet, in manchen Gegenden Deutschlands vorteilhaften Ersatz f i i r den Ruben- hail zu bieten. In Schlesien wird ein Bruttoertrag von 160 M fur den Hektar durch Flachsbau erzielt. Notig fur erfolgreichen Flachsbau ist die Einrishtung einer ge- niigenden Anzahl von Warmwasserrostanstalten , am be- sten auf genossenschaftlicher Grundlage und unter fach- mannischer Leitung ; ferner diirfte es von Wichtigkeit sein, die Landwirtschaft von den lohnenden Aussichten des Flachsbaues zu iiber~eugenll~).

Urn eine Verschlechterung von Flachs oder anderen Faserstoffen, bei deren Herstellung aerobische Mikroorga- nisinen entweder allein oder in Verbindung rnit anderen Organismcn verwendet werden, zu verhindern115), unter- wirft man die Faserstoffe nach dem RoteprozeR einer Steri- lisation, z. B. rnit Kupfersulfat, Salicylsaure oder Ammoniak und Formaldehyd, und totet dadurch alle Mikroorganismeii und deren Sporen ab. Beispielsweise wikcht man das ge- rottete Stroh und bringt es in ein Bad von l kg Kupfer- sulfat auf 1000 1 Wasser. Nach erfolgter Sattigung des Strohs wird dieses ohne weiteres Waschen getrocknet, da auf diese Weise einc genugende Menge des sterilisierend wirkenden Korpers in dem Stroh zuriickbleibt wid jede Weiterent- wicklung nicht abgetoteter Pilze oder Sporen verhindert. Man kann auch den Flachs nach erfolgtem Abpressen in einer Kammer Ammoniakdampfen aussetzen, hierauf die Kaininer 24 Stunden geschlossen halten und dann Formal- dehyddampfe einleiten. Die Kammer bleibt d a m noch 24 Stunden geschlossen, worauf der Flachs entfernt wird und dann die Neigung verloren hat, sich infolge eines zweiten Roteprozesses zu verschlechtern.

Nach dem D.R . P. 265057 von 0. S i l b e r r a d (Angew. Chem. 26,II, 667 [1913]) wird das Flachsstroh der Wirkung von aus Kartoffeln oder aus dem Boden, in wel- chem solche gewachsen sind, erhaltenen Ziichtungen von Rottbakterien bei einer Temperatur von 3 5 4 0 " und bei Anwesenheit geringer Mengen von Pepsin, Ammonphosphat 0. clgl. ausgesetzt.

F r a n k E. B u r g e s s116) schlagt vor, die Flachsfasern statt durch einen langsamen FaulnisprozeB von den Hob- bestandteilen zu befreien und sie sodann erst zu bleichen, die Faser in rohem Zustande zunachst in kochendem Wasser aufzuweichen, dann in ein etwa 37" warmes Bad von Kali- oder Natronlauge von 29-33- BQ. zu bringen, auszuwaschen uiid schlieBlich in einer passenden Li jsung rein weiR zu bleichen.

114) P a u I S t r a u m e r , DaB Flachsproblem. Der Deutsche Lcincnindustrielle 31, 445 [1913].

115) D. R. P. 264557. O s w . S i l b e r r a d , Buckhurst Hill, England. Angew. Chem. 26, 11, 612 [1913].

1 1 6 ) Bleichen und Vorbehandeln von Flachsfasern. Amer. Pat. 1034 195.

~~

Die Hoffnungen, die man auf die Verwertung von Ozon als 3leichmittel f i i r Textilfasern setzte, haben sich nicht nach Wunsch erfullen lassen. Fiir die Rasenbleiche des Flachses hat es sich nicht bewahrt, weil es die Faser zu sehr angreift, bevor die Naturfarbstoffe zerstort sind. Fiir die in Betracht kommenden Versuche wurde Ozon aus reinem Sauerstoff in einer Konzentration von 1 lIa--2% gebraucht. Baumwolle und Viscoseseide nehmen nach mehrstundiger Behandlung mit Ozon einen fettigen Geruch an, werden stark sauer gegen Lackmuspapier und machen durch Bildung von Celluloseperoxyd Jod aus Jodkalium frei. Bei 100" briiunt sich die Faser, ohne die Aciditit zu verlieren, welche aber durch Auskochen mit Wasser oder durch schwache Alkalien beseitigt wird, wobei Oxycellulose zuriickbleibt. In Anwesenheit von Wasser bleibt die Wirkung des Ozons bei der Bildung von Peroxyd stehen. In Gegenwart von Feuchtigkeit bildet sich Oxycellulose, und gleichzeitig ent- wickelt sich Kohlendioxyd. Starke und Dehnbarkeit werden durch Ozon stark vermindert, und nach 12 Stunden beginnt die Faser zu zerfallen. Jute wird ebenfalls stark durch Ozon angegriffen, es entwickelt sich Kohlendioxyd, und es bildet sich viel Saure durch die Oxydation der Lignocellulose ; nach dem Auskochen cler mit Ozon behandelten Jute bleibt haupt- sachlich Oxycellulose zuriick. Flachs wird in 3 Stunden nnregelmaBig, in 6 Stunden ganz gebleicht, di 3 Festigkeit geht aber in 6 Etunden von 706 auf 340, die Elastizitat von 4,8 auf 3,l zuriick. Lufttrockene Wolle wird von 2Yoigem Ozon in feuchter Luft innerhalb 6 Stunden wenig beein- fluBt ; mit Wasser gesattigte Wolle wird schnell angegriffen. Seide, welche leicht angefeuchtet ist, wird ebenfalls stark angegriffen. Folgende Zahlen geben die Zeit an, innerhalb welcher die Fasern von 2y0igem Ozon bis zur Halfte der urspriinglichen ReiBfestigkeit geschwacht werden : b u m - wolle etwa 12 Stimden, mercerisierte Baumwolle 22 Stunden, Viscoseseide 13 Stunden, Flachs 6,8, Seide 3,l Stundenll').

Die beim Bleichen von gecremten Leinenstiicken statt- findende Verminderung der Festigkeit uiid des Gewichtes ist je nach der Art des Cremens verschieden. Die Abwei- chungen schreibt S a g e tlls) der Bildung von Oxycellulose wahrend des Cremens zu. Diese lieR sich jedoch auf che- mischem Wege nicht nachweisen, da das gecremte Leinen gelb ist und noch fast alle Verunreinigungen enthalt. In- dessen deutet die Verminderung der Festigkeit mft Be- stimmtheit auf die anwesenheit von Oxycellulose. Die Ver- tninderuiig der Festigkeit wurde nun versuchsweise durch rascher wirkende Mittel herbeigefuhrt : durch Dampfen so- wie durch Eintauchen in alkalische Bader von verschiedener Temperatur und Konzentration, worauf die Festigkeit mit dem Dynamometer gemessen wurde. Hierbei ergab sich die Verschiedenheit der Wirkung des Cremens, das nicht immer eine Bildung von Oxycellulose zur Folge hat, denn zinzelne Proben vermehrten bei den Versuchen ihre Wider- standsfahigkeit. -

Um den Xylolin- oder Teutilosefaden und den aus ihnen hergestellten Produkten mehr Weichheit und ein hellerea Aussehen zu geben, bringt man die Faden in ein Bad, welches nicht nur den in dem Papier enthaltenen Leim auf- lost, sondern auch die Faden oder Gewebe zum Schwellen bringt und sie bleicht. Man stellt das Bad fkr 100m des zu behandelnden Stoffes aus 2 kg calcinierter Soda her oder BUS lI2 kg Barumsulfat, kg Marseiller Seife und 200g zalciniertem Natriumcarbonat. Je nach ihrer Beschaffen- heit behandelt man die Produkte l--"I4 Stunde in dem zweckmaBig erhitzten Bade. Dann wird gewaschen, gespiilt, getrocknet und in noch etwas feuchtem Zustande kalandert, SchlieRlich getrocknet1lS). -

Ein Ersatzprodukt fur RoBhaar wird durch eine che- tnische und mechanische Behandlung der Stengel der ge- trockneten Alfapflanze (Stipa tenacissima) oder der ent-

1 x 7 ) Die Wirkung des Ozons auf die Spinnfasern. C h. D o r 1.5 e , J. Dyers & Col. 29, 205.

11s) uber die Oxycellulose der Leincnfascr. M a u r i c e S a g e t , Hauptversammlung der Arsociation ghnhrale des C'hirnistes dc I'industrie textile am 2345. 1914 in Paris.

Manufacture Fraqaise; siehe auch Veriahren zur Herstellunq eines Fadens aus Papier und Gespht- kern. Franz. Pat. 458 897. R e i n-h o I d S t e i n b r e c h e r.

119) Pranz. Pat. 458 054.

Page 20: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

52 Massot: Fortschritte auf dern Gebiete der Fasex- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 u. 1914. [ a n ~ ~ ~ ~ f i c ~ ~ ! m i e .

schalten Agaven hergestellt, die dem Material Leichtigkeit, Glanz, Ansehen und vor allen Dingen die Krauselung des tierischen Haares verleiht. Die Alfa- oder Agavenstengel werden zunachst ihres Gummis entledigt durch Behand- lung mit einer alkalischen wbserigen k s u n g unter Druck. Nach dem Spulen und Trocknen taucht man die Fasern in ein kaltes Atznatronbad von 18" Bir und belaBt sie darin etwa 11/, Stunden, dann wird zentrifugiert. J e nachdem man ein gekrauseltes kiinstliches Haar von natiirlicher Farbe oder ein gebleichtes gekrauseltes Haar haben will, ist die Behandlung in entsprechender Weise durchzufiihren. Im ersten Falle wird mit verdiinnter Schwefelsaure abgesauert, im zweiten Falle wird zunachst mit Chlorkalk gebleicht und dann gesauertpzo).

Zur Gewinnung feiner Gespinstfasern wird der Ginster in verdiinnter Sodalosung unter Druck gekocht, mit schnell laufenden, rnit spitzen Zahnen besetzten Walzen bearbeitet, die gewonnene Faser durch Stampfen oder Quetschen von der Rinde befreit, ausgewaschen, getrocknet, in feucht- heiBem Zustande in Ballen gepreBt, in welchem Zustande sie bis zur Verspinnung, mindesteiis aber 10 Tage gelagert wird. Das Verfahren ist durch den Wegfall des Garungs- und Faulilisprozesses sowie des Bleichens einfacher und billiger und beansprucht weniger Raum als friihere Ver- fahren, auch wird der Feuchtigkeitsgehalt der Faser gleich- miiBiger und die Faser geschmeidigerl8l).

Zum AufschlieBen von Pflanzenfasern insbesondere von Blattfasern, unter Zuhilfenahme von Kalte unter dem Ge- frierpunktl") werden die Rohbastrippen in der Form, wie sie vom Holze abgezogen werden, also samt der Oberhaut und dem sogenannten Fleisch, oder von den grobsten An- hlngseln bereits mechanisch gereinigt, mehrere Tage in Wasser oder in einer Seifen- oder Fettemulsion geweicht, bis der Bastkorper durchweg Einweichfliissigkeit aufgesaugt hat, und skmtliche harte Stellen weich geworden sind. Als- dann wird die Fliissigkeit moglichst vollstandig abgelassen und das Bastmaterial einer Gefriertemperatur unterworfen. 1st die Ware gut durchgefroren, so wird sie unter Warme- zufuhr gewaschen, indem man sie in einem Wasserbade unter Zusatz von etwas Seife oder Tiirkonol kochen 1aBt. Vielfach ist das Kochen unter Druck zweckmaBig. Auf diese Weise gelingt es, die Faser vollkommen bloRzulegen und von Gummi befreit zu erhalten. Etwa noch zusammenhangende Pasern teilen sich beim Trocknen vollstandig, und man er- halt eine wollige, gekriuselte, zu den feinsten Arbeiten ver- wendbare Fasermasse. -

Von der Deutschen Faserstoffgesellschaft Fiirstenberg123) wird unter dem Namen Solidonia eine Rindenbastfaser in den Handel gebracht und schon fiir mancherlei Textilstoffe verwendet. Das daraus gefertigte Garn besitzt eineri schonen Glanz und gute Haltbarkeit. Man benutzt die Faser nicht nur allein, sondern auch vermischt mit Wolle und Baum- wolle. Solidonia, filzt nicht zueammen, verhalt sich also in Mischung mit Wolle wie Baumwolle. Die Faser 1 a R t sich schoii weiB bleichen und mit allen Baumwollfarbstoffen farben. Die genauere Herkunft der Faser ist nicht genannt. -

Zur Gewinnung von Schwarnmgarnlz4) werden Schwamme in grol3en Stiicken wiederholt mit einer Sodalosung gekocht, mit Wasser gespiilt und mit verdiinnter Saure behandelt. Dadurch werden sie in ihrem Gefiige entsprechend miirbe genug und lassen sich in kleine Stiickchen zerkleinern. Diese Teilchen werden dann pflanzlichen oder tierischen Fasern

120) Verfahren zur Herstellung von kiinstlichem RoDhaar. D. R. P. 256196. C l a u d e M a r i e S a n l a v i l l e .

121) Gewinnung feiner Gespinstfasern aus Ginster. D. R. P. 256 470. R. S ii t t e r 1 i n.

122) D. R. P. 265205. K. H ii b 1 e r , Berlin. 123) R. W e r n e r , Solidonia. Fiirber-Ztg. (Lehne) 25, 284;

Angew. Chem. 21, 11, 666 [1914]. Beziiglich neuerer Untersuchungen iiber Faserstoffe sei ferner verwiesen auf: Erkennungsmerkmale und Eigenschaften von 8 iiberseeischen, fur Seile und Taue verwend- baren Fasern. K o r n e r , Mitteilg. v. Rlaterialpriifungsamtes zu Berlin-Lichterfelde, West 31, 405 [1913]; Angew. Chem. 27, 11, 568 [1914]; forner: Die Erkennung von Manilafaaern durch Stigmen. C 1 a y t o n B e a d 1 e und S t e v e n s. Chem.-Ztg. 1913, 406.

124) Herstellung von Schwammgarn mit pflanzlichen oder tierischen Faserstoffen. D. R. P. 257 561. F r i e d r i c h S c h u - m a n n , fimmitschau-i. S. Angew. Chem. 26, 11, 215 [1913].

beigemischt und gelangen auf die Krempel. Infolge der Feuchtigkeit, welche den Schwammstuckchen noch inne- ivohnt, haften sie an den Fasern und werden spiiter rnit hnen zu einem Faden versponnen, der in Geweben ver- trbeitet werden kann. -

Der Haupthandelsplatz fiir Haare und die erste Stelle liir ihre Zurichtung ist wohl Paris125). Der groBte Teil der verarbeiteten Haare wird lebend abgeschnitten und von ierumreisenden Handlern in der Bretagne und Auvergne tufgekauft oder gegen andere Ware eingetauscht. Diese Haare geniigen in ihrer Menge bei weitem nicht der Nach- Erage, und man verarbeitet daher auch das ausgekammte Haar, d&s jeden Morgen beim Kammen ausgeht. Die so Tewonnene Ware wird zunachst entfettet und dann nach Lange und Farbe sortiert. Fiir billige Sachen verwendst man das Chinesenhaar, das aber erst durch chemische Pro- zesse verfeinert und gebleicht werden muB. Frankreich ini- portiert etwa 400 000 kg rohe Haare und liefert selbst etwa 100 000 kg. Feine Haare kosten je nach der Lange von 30-90 cm 20-170 Fr. pro Kilogramm, Chinesenhaare 12 bis 86 Fr. -

Zum Entfetten roher oder bearbeiteter Faserstoffe mit Fettlosungsmitteln, besonders von Wolle, wird Di- und Tri- chlorathylen empfohlenlZ6).

Die Moglichkeit, festzustellen, ob auf Fasern gefundene Mengen freier Saure als Ursachen von Zerstorungen ange- sehen werden konnen, lassen sich nach den Angaben von Z a n k e r und S c h n a b e Il27) durch Ubertragung der Saure auf normale Fasermaterialien in folgender Weise durchfuhren. Etwa 15-20 g der zu untersuchenden Probe werden in einerbtwa 200 ccm fassenden Platinschale oder Quarzschale mit etwa 100 ccm destillierten Wassers uber- gossen und rnit 2,5 g rohem Baumwollgarn auf dem Wasser- bade so weit eingedampft, bis die gesamte Fliissigkeitsmenge von beiden Stoffen gleichmaoig aufgenommen ist. Dabei ist es zweckmaBig, das Versuchsgarn in die zu untersuchende Probc moglichst einzuwickeln. In dem zunachst vorhan- denen groBen UberschuB von Wasser werden die auf der Probe befiiidlichen wasserloslichen Salze und Sauremengen so weit gelost, daB sie beide Materialien gleichmaBig durch- tranken. Es folgt dann ein vollstiindiges Nachtrocknen des Stranges an der Luft und einstiindiges Erhitzen auf 110". Dabei zeigt sich dann, ob eine Faserschwachung des Stran- ges auftritt, welche nur durch die Wirkung der Saure veranlaBt sein kann. ZweckmaBig wird die Ubertragungs- Drobe stets unter Einschaltung eines blinden Versuchs - ausgefiihrt. -

Zur Unterscheidung von Holzschliff und Holzzellstoff in PapierlZ8) sind folgendve Mitteilungen von Interesse. Papier mit Holzschliff farbt sich rnit Jodlosung hell- bis tiefgelb, rnit 5%iger Anilinsulfatlosung bekanntlich ebenso. LaBt man den Brei eines gewogenen Stiickes Papier mit einer Standard- losung von Jodkalium und Jod 24 Stunden stehen, so kann das noch vorhandene freie Jod mit Thiosulfat zuriicktitriert werden. Bei gleichen Versuchsbedingungen ist ein SchluB auf den Holzschliffgehalt zulisig. Wenn Papier mit ver- diinnter Lauge zu Brei gekocht und dann iiber einem feinen Drahtsieb gewascheii wird, so zeigt Holzschliff unter dem Mikroskop flache, bisweilen etwas zerfaserte Biindel rnit Markstrahlen und Fasern mit behoften Tiipfeln. Jute gibt ahnliche Farbungen, aber andere mikroskopische Bilder. Das gilt auch von Holzzellstoff. Schwieriger ist die Unter- scheidung, ob Sulfit-, Natron- oder Sulfatzellstoff, gebleicht oder ungebleicht vorliegt. Ersterer enthalt noch Harz, Asche und Lignin. Das Papier wird in eine Standard-Malachit- gnudosung getaucht, darauf 2%ige Essigsaure hinzugefiigt, der UberschuB der Losung mit Filtrierpapier entfernt und mit Wasser gewaschen. Bei kleiner VergroBerung haben die Sulfitfasern eine tiefere Farbung, die ungebleicht griin bis blaulich, teilweise gebleicht himmelblau, vollig gebleicht schwach blau erscheinen, wahrend Natron- bzw. Sulfatzellstcff farblos ist. Als beste Priifung wird folgende empfohlen.

125) Rev. mat. col. 1912, 253. 126) D . R . P . 267487. C a r l N e t z & Co. und Fr. K o c h . 127) Die Feststellung schadigender Bestandteile auf Textilfasein.

128) Chem. Ezg. and the Works Chem. 3, 120 [1913]. Farber-Ztg. (Lehne) 25, 308; Angew. Chem. 29, 11, 603 [19141.

Page 21: Fortschritte auf dem Gebiete der Faser- und Spinnstoffe in den Jahren 1913 und 1914

Anfsatzteil. Moll: Beitrage zur Frage der Giftgefahr durch die zur Holzkonservierung benutzten Stoffe. 73 28. Jahrgaiw l!~l5.1 - 1 g Papier ohne Harzleimung wird mit einer 2%igen Chloro- formlosung kurze Zeit erhitzt und die Losung im Reagens- glase mit Eisessig und einigen Tropfen Schwefelsaure versetzt. 1st Natrol-Sulfatzellstoff vorhanden , so bleibt die Losung fast unverandert ; bei Sulfitzellstoff farbt sie sich leicht rosa und wird durch mehr Schwefelsaure griin. Bei Priifungen auf Harz nach verschiedenen Verfahren zeigte es sich, daB Natron-Sulfatzellstoff 0,5 und Sulfitzellstoff 5% enthielt.

Die quantitative Bestimmung von Baumwolle, Wolle und Seide in gemischten GewebenlZ9) kann auf mechanischem Wege durch einfaches Ausfasern und Sortieren geschehen, aber bekanntlich auch auf chemischeni Wege in verschie- dener Weise durchgefiihrt werden. Nach der Methode von G a b e 11 e s braucht man als Reagenzien,. fur Wolle und Baummolle eine 1 %ige Sodalosung, 10yoige Atzkali auge und Schmefelsaure von 58" BB. Zunachst wird die Feuchtigkeit durch Trocknen bei 100-105 O entfernt. Zur Ermittlung des Baumwollgehaltes werden 5 g des Gewebes ' I4 Stunde mit 100 ccm der Sodalosung gekocht, in flieoendeni Wasser gewaschen und dann mit 100 ccm Atzlialilauge gekocht, bis sich alle Wolle gelost hat. Man wascht wieder mit flieBendem Wasser und kocht lI4 Stiuide mit .destilliertem Wasser aus. SchlieBlich wird rnit Alkohol und Ather nachgewaschen und bei lo&-105" getrocknet. Der Riickstand ist die Baum- wolle. Zur Bestimmung der Wolle werden wieder 5 g mit Sodalosung ausgekocht und griindlich gewaschen. Alsdann geht man 2 Stunden in Schwefelsaure ein, wascht mit Wasser, darauf mit Alkohol, Ather und trocknet wie vorher. Was zuriickbleibt, wird als Wolle angesehen. Das Gewicht der Schlichte, des Parbstoffes usw. erhalt man aus der Diffe- renz, indem man den gefundenen Prozentgehalt an Feuchtig- keit, Baumwolle und Wolle von 100 abzieht. Die vielfach gebrauchliche Methode von S. K a p f f darf als bekannt vorausgesetzt werden.

Die Ergebnisse bei der Untersuchung eines und desselben Musters nach den drei Methoden fiihten zu folgenden Zahlen :

Wolle . . . . . . 36,16 36,12 35,54 Ausfosern G a b e l l e s S. K a p i f

Baumwolle . . . 63,74 63,38 64,46

Im ubrigen sei auf die Originalarbeiten und auf ein aus- fuhrlicheres Referat in Lehnes Farberzeitung 24. 310 (1913) verwiesen130).

untersuchte die Morphologie einiger dem trockenen Destillationsprozesse unterworfener Fasern, um ein Verfaben zu suchen, das schon bei der schwachen Ver- groI3erung ekes wohlfeilen Mikroskopes eine Unterscheidung pflanzlicher und tierischer Fasern auch dann zulaDt, wenn diese in sehr geringer Menge oder in staubformigen Ge- mischen vorliegen. Es zeigte sich, daB die derart behan- delten Fasern tierischer und pflanzlicher Abkunft auffal- lende Unterscheidungsmerkmale aufweisen, die bereits bei einer schwachen VergroDerung in unverkennbarer Weise zum Ausdruck kommen. Die zu untersuchenden Fasern werden zwischen zwei Deckgliischen aus Quarzglas gelegt, diese mit einer Druckpinzette eingeklammert und ihr Rand einer kleinen Gasflamme genahert. Der Durchmesser des Glas- chens betrug lOmm, die Starke 0,5mm. Die Erhitzung wurde so vorgenommen, daB nur ein Teil der Fasern zur trockenen Destillation gelangte. Die hauptsachlichsten bei der trockenen Destillation auftretenden Unterschiede zwi- schen tierischen und pflanzlichen Fasern bestehen in fol- genden Punkten. 1. Die tierischen Fasern erweichen beim Erhitzen und Schmelzen, wahrend die pflanzlichen starr bleiben. 2. Die tierischen Fasern vergroBern ihren Durch- messer bedeutend, wahrend die pflanzlichen ihn verringern. 3. In den tierischen Fasern kommt es durch die bei der trockenen Destillation auftretende Gasentwicklung. sowie durch die Ausdehnung der Luftraume zu a d e r s t charak- teristischen Blasenbildungen in dem zahfliissig gewordenen

S . B e u t e

129) Rev. mat. col. 17, 33 [1913]. 180) Siehe auch: Die Feststellung animalischer und vegetabilischer

Fssern in gemischten Geweben. W. P. D r e a p e r , J. Dyers 8.z Col. 1913. 78. Fiirber-Ztg. (Lehne) 24, 448 [1913]; Angew. Chem. 26, 11, 591 [lQl3].

131) Kunststoffe 3, 183; Angew. Chem. 26, 11, 751 [1913).

Angew. Chem. 1916. Aufsatztell (I. Band) zu Nr. 16.

Stoffe, die bei der Erhitzung pflanzlicher Fasern nicht auf- heten. 4. Tierische Fasern verschmelzen an den Kreuzungs- stellen und bilden daselbst blasig aufgetriebene Massen, wahrend die Kreuzungsstellen pflanzlicher Fasern scharf bleiben. 5 . Die tierischen Fasern liefern einen Koks, der am Deckglaschen festhaftet, wahrend der Koks der Pflanzen- fasern sich leicht elitfernen 1aBt. Starker beschwerte Seide wird durch das Erhitzen nicht mehr zum Schmelzen ge- bracht, die Fasern behalten nahezu ihre Gestalt und zer- brechen schlieBlich in einzelne Teile mit scharfkantigen Enden. Die bei der trockenen Destillation erhaltenen Pra- parate werden bei relativ geringer VergroBerung unter dem Mikroskop betrachtet, ohne daB es in der Regel notig ist, tine Fliissigkeit einzufuhren. Die Ausfiihrungen werden in der Originalarbeit durch mikrophot,ographische Abbildungen erllutert.

Turgoide nennt E. J u s t i n M u e 11 e r13?) diejenigen festen und besonders organisierten Korper, die unter ge- missen Bedingungen mit Wasser oder wasserigen Losungen aufquellen, sich also hydretisieren. Diese Turgescenz konnte bis jetzt nicht genau bestimmt werden. Der Vf. hat nun einen Apparat konstruiert, rnit welchem dies inoglich ist und zahlenmaI3ig verfolgt werden kann. Zur Untersuchung eignen sich Textilfasern, am besten in Form von Faden; von Geweben konnen feine Gewebestreifen verivendet wer- den, besser ist es, SchuB und Kette zu trennen. Der Faden wird einerseits an einem glasernen oder metallenen Stabchen befest,igt, andererseits an einem beweglichen Stift, dessen langerer Teil auf einer graduierten Scheibe die etwaige Quel- lung des Fadens anzeigt. Der Faden taucht in die Fliissig- keit, mit welcher der Versuch gemacht werden soll. Der Stift wird auf den Nullpunkt der Scheibe eingestellt, bevor der Faden mit der Fliissigkeit in Beriihrung kommt. ' Beim Arbeiten notiert man zuerst alle Minuten, nachher alle fiinf Xnuten und spater alle zehn NIinuten die Bewegung des Stiftes. Die Versuchstemperatur mu13 festgestellt werden. Die Bestimmungen, welche mit dem Apparat gemacht wer- den, sind mitunter auBerst charakteristisch und konnen beim technischen Arbeiten von gro13er Wichtigkeit sein, z. B. beim Mercerisieren zur vorherigen Bestimmung der geeignetsten Laugenkonzentration und der notigen Zeit- dauer, um den hochsten Effekt zu erreichen, ferner zur Bestimmung der kritischen Temperatur unter verschiedenen Bedingungen, d. h. der Temperatur, bei welcher die Faser ihre hochste Turgescenz erreicht. Dies ist beim Farben der Textilfasern oft von Wichtigkeit. Bei der gleichen Behand- lung konnen zwei Fasern derselben Art, aber verschiedener Herkunft sich verschieden verhalten. Vermoge der Turgo- metrie kaim cliese Verschiedenheit nicht nur festgestellt, sondern sie kann durch Zahlen ausgedriickt und graphisch dargestellt werden. Sehr beachtenswert ist z. B. die Ein- wirkung von Natronlauge bei derselben Konzentration und Temperatur auf dieselbe Baumwolle in rohem, abgekochtem und gebleichtem Zustande. Die Methode kann dazu benutzt werden, um den Reinheitsgrad einer abgekochten oder ge- bleichten Pflanzenfaser zu bestimmen, d. h. es kann der Ble.ichgrad bestimmt werden; Dabei muB vergleichsmaBig voigegangen werden mit eineni besonders vorbereiteten Typ. Der Reinheits- bzw. Bleichgrad ist urn so geringer, je mehr Zeit der Stift braucht, um auf dieselbe Hohe zu gelangen.

[A. 6.1

Beitrage zur Frage der Giftgefahr durch die zur Holzkonservierung benutzten Stoffe.

Von Dr.-Ing. F. MOLL. (Eingeg. 7./1. 1911.)

Seit der bahnbrechenden Arbeit von H i r t h hat sich das Interesse der k z t e in immer groBerem MaBe den so- genannten Gewerbekrankheiten zugewandt. Eine Menge von Krankheitserscheinungen, deren Wesen lange unklar war, wurde als im engsten Zusammenbange mit der Berufs-

132) Die Turgometrie. Vierte Hauptversammlung der Association z6nBrale des Chimistes de 1'Industrje Textile am 23./5. 1914 in Pans.

10