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    Im Umeld von Persdor entstand 2007 die

    Aryan Brotherhood Germany, die von September

    2007 bis Januar 2008 ein Clubhaus in der Leipziger

    Volbedingstrae betrieb. Wie chronik.LE berichtete,

    wurden dort nicht nur Sicherheitsdienste angeboten,

    sondern auch T-Shirts und andere Bekleidung aus

    Persdors Textildruck-Produktion verkau. Augrund

    der nicht vorliegenden gewerberechtlichen Genehmi-gung wurden die Rumlichkeiten Anang 2008 gekn-

    digt.Persdor war damals auch Besitzer der zugeh-

    rigen Domain aryan-brotherhood.de.

    Sptestens im Januar 2008 kaue Persdor die

    Immobilie Doktorweg 2, Falkenhain. Seit Som-

    mer 2008 sitzt dort der Holzho Falkenhain bzw.

    Holzho u. Autovermietung . Persdor, und tat-

    schlich gibt es derzeit zwei ransporter, die anschei-

    nend verliehen werden. Die Gebude im Doktorweg

    dienen mittlerweile als Lager r Front Records

    und beherbergen auch die Druckmaschinen.

    Im Januar 2009 erwarb Dirk Schwitzke einenehemaligen Baumarkt und vormaligen Mbelladen

    in der Bahnhostrae 21, Wurzen. Hierhin verla-

    gerte er seine Videothek und sein Sonnenstudio und

    ernete mutmalich eine rainingshalle. Augen-

    zeugen berichteten von Box- und Fitness-Gerten,

    doch regelmige reen waren nicht erkennbar.

    Beim Gewerbeamt wurde ein Ausbau zum Ca

    beantragt. Gegenwrtig dient das Objekt auch als

    Geschsadresse der Dirk Schwitzke & Tomas

    Persdor PS Wurzen GbR. ber das ebay-Konto

    ps-gbr-wurzen handeln beide mit Autozubehr. In

    der Schillerstrae ist nichts mehr los.

    Anang 2009 grndete Tomas Persdor die Ein-

    personengesellscha exHa UG, die bis zu ihrer

    Liquidierung Ende 2010 au der Front Records-Web-

    seite als Inhaberin gehrt wurde. Ihre Handelsregis-

    ternummer steht auerdem noch heute in den Im-

    pressen der Webseiten service666.de , problemans.

    de und problemans.com. Inhaber ist jeweils Tomas

    Persdor, Domainbesitzer ist Daniel Schwertner, der

    bereits Anang 2008 als Problemans-Vertreter au

    dem Brieasten des Doktorweg 2, Falkenhain stand.

    Ebenalls 2009 ernete der Schildauer Hooli-

    gan Sven Parthaune den Online-Versand Staull

    Department zunchst ansssig in der Walther-Rathenau-Str. 18, Wurzen, spter im Doktorweg 2,

    Falkenhain. Staull-Dept. ist als Wortmarke au

    Parthaunes Partnerin Ramona Piltz eingetragen.

    Parthaune registrierte unterdessen die Wortmarke

    Rockt Inc und stand zeitweise auch im Impres-

    sum des vom Schildauer Fred Schubert betriebenen

    und mittlerweile oine gegangenen Onlineversands

    rocktwiesau.de. Schubert war ein Jahr zuvor mit der

    Anmeldung der Marke Rockt ink gescheitert. Er-

    olgreich registrierte er hingegen die Wortmarke La

    Onda r Kleidung, on- und Bildtrger. Von 2003

    bis 2005 und mglicherweise auch danach arbeitete

    Schubert r Front Records.Sptestens Anang 2010 begannen Neonazis, die

    Immobilie Kantstrae 7, Wurzen zu nutzen. Im Haus

    steht eine lange Teke, an der gelegentlich Leute sitzen.

    Zwei Jahre nach der Schlieung des Aryan

    Brotherhood-Clubhauses schlugen Tomas Pers-

    dor, Benjamin Brinsa, Paul Fongrad (Wurzen) und

    Jrg Wetzorke (Colditz) einen ozielleren Weg ein

    und grndeten die im Juli 2010 ins Handelsregis-

    ter eingetragene Firma A&B Service UG. Zweck:

    Handel und Verleih von Zweikrardern, Baudienst-

    leistungen, Handel mit Textilien und Merchandise,

    Eventorganisation, Personalservice und Sportmanage-ment. Persdor und Brinsa wurden deren Geschs-

    hrer. Die im Doktorweg 2, Falkenhain ansssige

    Firma wurde im Impressum der Anang 2012 vom

    Netz genommenen Webseite aryan-brotherhood.de

    genannt. Neuer Domaininhaber war seit 2009 Daniel

    Schwertner.

    2010 wagte auch der Wurzner Michael Woitag

    (siehe Dossier in GAMMA 186) den Sprung in die

    Selbststndigkeit, zunchst mit der Webseite anti-

    system.de, au der er bedruckte Kleidung und Sturm-

    hauben anbot. Mittlerweile steht Woitag im Impres-

    sum von shirtmafa.eu, shirt-mafa.com und einem

    gleichnamigen ebay-Shop, wo er zusammen mit einem

    gewissen Sven Grunert bedruckte und unbedruckte

    Kleidungsstcke anbietet. Geschsadresse ist ein he-

    runtergekommener Flachbau in der Werkstrae 11,

    04564 Bhlen. Domaininhaber ist Michael Woitag,

    Walther-Rathenau-Str. 18, Wurzen. Ein Jahr spter

    meldete Woitag die Marke Eastrebel an. Die zuge-

    hrige Domain registrierte Sebastian Platz (Wurzen)

    im Februar 2012. Woitags geschliche Handynum-

    mer and sich bereits 2005 in einem Inserat von Paul

    Fongrad (Suche Aurge r Spachtelarbeiten).

    Im April 2011 grndeten Torsten Krzemin (Ei-

    lenburg) und Anita Dgnitz (Bennewitz) mit jeweils1500 Euro Stammkapital die Firma Falkenhainer

    extil UG als neue Inhaberin von Front Records.

    Zeitgleich nderte sich die Front Records-Postadresse

    von der Wurzner Walther-Rathenau-Strae zum Fal-

    kenhainer Doktorweg. Krzemin, seit 2010 Geschs-

    hrer von Front Records, kommt ursprnglich aus

    einer vermgenden Familie aus Amberg (Bayern) und

    leitete rher die bayrische Blood & Honour-Sekti-

    on. Spter zog er nach Tmmlitzwalde. Seit seiner

    Hochzeit im Jahr 2011 heit erTorsten Richter. Auch

    Persdor war lange Jahre im Blood & Honour-Um-

    eld aktiv, bestreitet jedoch, Mitglied der Organisation

    gewesen zu sein. Da keine Mitgliederlisten sicherge-stellt wurden und in Sachsen keine Verbotsbescheide

    zugestellt wurden, lsst sich dies weder beweisen noch

    widerlegen. Allerdings war Persdor laut Antiaschis-

    tischem Inoblatt 56 einer der Hauptbeschuldigten im

    Blood & Honour-Nacholgeverahren ab 2001.

    Im Frhjahr 2012 ernete in der Kantstrae 7,

    Wurzen der Laden Eastside Chopper, der u.a. Klei-

    dung von Staull Dept. anbietet. An den Bries-

    ten standen zu diesem Zeitpunkt u.a. die Namen von

    Benjamin Brinsa, Torsten Richter, Anita Dgnitz

    und Sebastian Platz. Zeitgleich begann Parthaune,

    seine Hundezucht au saxonia-stas.de zu dokumen-tieren. Neben Bartzsch, Naundor und Woitag steht

    er am Brieasten der Walther-Rathenau-Strae 18.

    Ein Geschftsmann alsNeonazi-Sponsor

    Nicht nur die Produktpalette belegt die neonazisti-

    sche Ausrichtung von Front Records. Laut Chro-

    nik des N DK Wurzen habe Persdor in den 2000er

    Jahren mehrere Projekte der Naziszene untersttzt,

    darunter einen Solidaritts-Sampler im Jahr 2004.

    Eine Anzeige r eine Nationale extildruckerei

    sei 2006 erstmals in der Aprilausgabe des NPD-

    Parteiorgans Deutsche Stimme geschaltet worden,

    eine weitere r Front Records in einem Nationa-

    len Inoblatt. Au dem Presseest der Deutschen

    Stimme im August 2006 habe Tomas Persdor ei-

    nen groen Verkausstand betrieben und sich zudem

    den Getrnke- und Speisenverkau gesichert. Im Jahr

    2005 berichtete das Antiaschisti sche Inoblatt, dass

    Persdormit seiner Firma Protexdruck die Kmper

    der Kampsportclubs KG KSC Germania Leipz ig

    und dieFight ing Fellas 28 Wurzen sponsore.

    Kontakte pegt Persdor auch zu einem hnli-

    chen Firmengeecht im brandenburgischen Ebers-walde. Neonazis um Christian Banaskiewicz, Falko

    Hesselbarth und Gordon Reinholz betreiben dort

    eine extildruckerei und mehrere Onlineversnde.

    In einem Gemeinsamen Lagebild 2008 bezeichne-

    ten der schsische und der brandenburgische Veras-

    Thorsten Krzeminalias Richter

    Sven Parthaune Daniel Schwertner Thomas Kuhbach Anita Dgnitz Kai Rzehaczek

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    sungsschutz den exHa Eberswalde als Zweigstelle

    von Persdors exti lhandel.

    Im selben ext wird der Jahresumsatz von Front

    Records als einem der bedeutendsten [rechtsextre-

    men] Vertriebe bundesweitau mehrere hunderttau-

    send Euro geschtzt. Allein das ebay-Konto pers-

    dor32 sammelte in den letzten 12 Monaten ber

    1.600 Bewertungen. Bei einem Gerichtsprozess imJahr 2006 sagte Persdor aus, er habe zehn bis 15 Mit-

    arbeiter und drucke 500 bis 1000 -Shirts pro Woche.

    Im April 2012 allerdings entging Tomas Pers-

    dor ein Gesch: Fr eine attoo-Convention im

    sterreichischen Wels hatte er unter dem Namen

    om Persdor und der Marke attooed Rebel l ei-

    nen Verkausstand angemeldet. Nach einem Hinweis

    sagten ihm die Veranstalter wenige age vor Messe-

    beginn ab. Persdor ist Inhaber der Marken attooed

    Rebel und Rowdie.

    Mittlerweile versucht sich Persdor nicht nur

    selbst am Design mancher Druckmotive. Im Inter-net tritt er auerdem als Montageservice Schildau

    und als Vermieter eines Bungalows in Brandenburg

    in Erscheinung.

    Boxen mehr als Sport

    Seit Mai 2005 wurde ber gute geschliche und

    private Kontakte zwischen Tomas Persdor und

    Matthias Eichler berichtet. Mittlerweile bildet der

    damalige Hauptakteur der Fighting Fellas Wurzen

    in Leipzig Boxer aus und distanzierte sich krzlich

    halbherzig von rechtem Gedankengut. Sein neonazi-

    lastiger Provinz-Boxclub ist seit 2008 Geschichte.

    Kurz darau, im April 2009, grndeten 12 Men-

    schen den Boxclub BC Vorwrts Leipzig e.V., des-

    sen Vorsitzender seit ca. Anang 2012 Tomas Pers-

    dor ist. Vereinszweck laut Satzung ist dieFrderung

    und Pege des Amateursports, insbesondere: Frde-

    rung des Kinder- und Jugendsports. Das Streben

    nach Toleranz, Kameradscha, das Gemeinschas-

    gehl sowie eine gesundheit sbewusste Lebensweise

    solle gerder t und geestig t werden. Der Verein

    werde Mitglied im Amateur-Box-Verband Sachsen

    und sei politisch und religis s treng neutral. Grn-

    dungsmitglieder waren unter anderem BenjaminBrinsa, Anita Dgnitz als Schatzmeisterin und der

    2,10 m groe Tomas Kuhbach (Markranstdt, siehe

    GAMMA 188) sowie die am 24. Oktober 2009 beim

    berall au Fans und Spieler des Roten Stern Leipzig

    in Brandis a nwesenden Benny Richter, Paul Fongrad

    und Patrick Otto. Die brigen Grndungsmitglieder

    heien Michael Hahmann, Andrea Ludwig, PatrickPeske, Norman Reihansel (mit der selben Eilenbur-

    ger Adresse wie Torsten Krzemin/Richter), Tomas

    Sureckund Michaela Walter.

    Erfolgreich trotz Justiz

    Seit 2001 war Front Records mehrach von polizeil i-

    chen Durchsuchungen betroen. Im Juli 2003 blieb

    eine Razzia im Sonnenstudio in Machern erolglos,

    weil das LKA sie nicht mit den ermittelnden Behr-

    den abstimmte. Bei weiteren Razzien im Dezember

    2003 und Januar 2004 wurden neonazistische CDs,

    mehrere Computer und rassistische -Shirts be-

    schlagnahmt, darunter 150 Shirts mit dem Logo von

    Combat 18, dem bewaneten Arm des im Jahr 2000

    in Deutschland verbotenen Nazinetzwerks Blood &

    Honour. Der Razzia olgte eine juristische Ausein-

    andersetzung mit der LVZ, in der Persdor sich von

    der einschlgig bekannten Anwaltskanzlei Klaus

    Kunze aus Uslar vertreten lie.

    Eine Durchsuchung der Front Records-Rum-

    lichkeiten in der Wurzner Walther-Rathenau-Strae

    18, in der es damals sowohl private als auch gewerb-

    lich genutzte Rume gab, in Machern und in Schildau

    olgte im Juni 2005. Durchsucht wurde auch dieWohnung vom Front Records-Mitarbeiter Krze-

    min, wo man zahlreiche Motive und Layouts r CD-

    Cover und -Shirts sowie Daten der Front Records-

    Webseite and. Das schlielich eingeleitete Verahren

    wegen Volksverhetzung, Verwenden von Kennzei-

    chen verassungswidriger Organisationen und der

    Verbreitung von jugendgehrdenden Medien gegenPersdor, Krzemin und Marcel Mller (Borsdor),

    der seine Garage als Lagerraum zur Vergung stellte,

    wurde gegen Geldauagen von insgesamt 7500 Euro

    eingestellt (siehe GAMMA 177). Persdors Straver-

    teidiger war der Leipziger Rechtsanwalt Bonell. Klaus

    Kunze verteidigte Krzemin. In diesem Verahren

    wurde auch bekannt, dass Persdor viele von Front

    Records vertriebene CDs vorab bei der Soko Rex in

    Leipzig vorbeigebracht hat.

    Am 7. August 2005 gri Daniel Schwertner ver-

    mummt einen Inostand des NDK Wurzen und des

    Mobilen Beratungsteams au dem Wurzner Markt

    an. Ein couragierter Mensch konnte ihn berwlti-

    gen, wurde dabei jedoch von einem Dutzend Nazis

    bedroht darunter auch Tomas Persdor. Darau-

    hin erstattete ausgerechnet Persdor Anzeige gegen

    das NDK Wurzen, wobei er sich von der Hamburger

    Nazi-Anwltin Gisa Pahlverte idigen l ie. Schwert-

    ners Vorstraenregister beinhaltet u.a. illegalen

    Schusswaenbesitz und die Verwendung veras-

    sungseindlicher Kennzeichen. Bei der Verhandlung

    gab er als Wohnsitz d ie Walther-Rathenau-Str. 18 in

    Wurzen an.

    Bei einer Durchsuchung von Front Records im

    Februar 2006 wurden 179 -Shirts mit dem AudruckHooli Caust, Spor t rei , Fuball 2006geunden. Im

    Februar 2008 wurde Persdor mit Untersttzung

    seines Anwalts Curt-Matthias Engel (Leipzig) vom

    Vorwur der Volksverhetzung und der Verunglimp-

    ung der Oper des Holocaust reigesprochen.

    Oben (von links): Rocco Hahn, SvenParthaune und ihr Geolgsmann David

    Reichelt, hier zu sehen als Hooligansbeim Lnderspiel ItalienDeutschland

    2006 in Florenz.

    Unten: Benjamin Brinsa als Teilnehmereines Neonazi-Aumarsches am

    3. Oktober 2006 in Leipzig. Bisher hatteBrinsa stets geleugnet, je an einemAumarsch beteiligt gewesen zu sein.

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    Im Januar 2010 mussten Persdor und Schwert-

    ner sich in einem Beruungsverahren wegen des

    Vorwurs der gewerbsmigen straaren Kennzei-

    chenverletzung vor dem Landgericht Leipzig verant-

    worten. Ihr Anwalt war diesmal der Leipziger Arndt

    Hohnstdter (siehe auch GAMMA 189). Letztes Le-

    benszeichen von Schwertner ist sein Name au einer

    Geangenenliste im Mrz 2012, derzuolge er in

    Bruchsal einsitzt.

    Die vorerst letzte Razzia erlebten Front Re-

    cords (Wurzen) und Persdor (Schildau) im Januar

    2011, ebenso wie weitere Naziversnde, darunter der

    Nordsachsen-Versanddes NPD-Stadtrats Kai Rze-

    haczek in Eilenburg. Grund dar und Gegenstand

    lauender Ermitt lungen ist der Vertrieb der CD Adol

    Hitler lebt von Gigi und die braunen Stadtmusikan-

    ten einschlielich des Liedes Dner-Killer. Das

    Chemnitzer Rechtsrock-Label PC Records hattedas betreende Album produziert. Inhaber Yves Rah-

    mel ist erst Ende Juni 2012 wegen Volksverhetzung zu

    einer Geldstrae verurteilt worden.

    Eine nicht mehr ganz aktuelle, aber immer noch un-

    verzichtbare Einhrung zur international organisier-

    ten Neonazi-Vertriebsszene bietet das Buch White

    Noise, letztmals augelegt 2004 im Unrast-Verlag; es

    basiert u.a. au Recherchen des Antia-Inoblatts sowie

    des britischen Searchlight-Magazins. Eine systemati-

    schen, sehr umangreichen berblick lieert der 2002im selben Verlag erschienene BandRechtsRock Be-

    standsaufnahme und Gegenstrategienvon Christian

    Dornbusch und Jan Raabe. ber militante Tendenzen

    im Umeld des Blood & Honour-Netzwerks, insbeson-

    dere Combat 18 in den 90er Jahren, berichtet der bri-

    tische Fachjounalist Nick Lowles in seinem minutisen

    Recherchebuch White Riot, das 2010 im KAR-Verlag

    in deutschsprachiger bersetzung erschienen ist.

    Aktiv gegen den Volkstod?Paul Rzehaczek, Nordsach-

    sens Sttzpunktleiter der

    NPD-Jugendorganisation

    Junge Nationaldemokra-

    ten (JN) und die Dort-

    munder Neonazi-Aktivis-

    tin Jennier Lotte haben im

    Mrz 2012 geheiratet. Sie

    heit nun Jennier Rzehac-

    zek. Beide wohnen in Eilen-

    burg und haben bereits eingemeinsames Kind. Ehemann Paul Sohn des Eilen-

    burger NPD-Stadtrates und Che des Nordsachsen-

    Versand (NSV), der dem Freien Netz nahesteht ist

    innerhalb der JN mitt lerweile zum Organisationslei-

    ter in Sachsen augestiegen. Es handelt sich oenbar

    um einen Phantasietitel. Denkbar ist, dass Rzehaczek

    so zum neuen JN-Landesche augebaut wird, der den

    geschassten ommy Naumann beerben knnte.

    Neonazi nicht willkommenMatthias Knuth arbeitet seit Mai nicht mehr im Leipzi-

    ger Sweat! Club. Der aus Grlitz nach Leipzig gezoge-

    ne Knuth nahm in den vergangenen Jahren wiederholt

    an Nazidemos teil, zuletzt

    am 14. Januar 2012 in Mag-

    deburg. Schon in Grlitz

    hatte er versucht, sich auch inlinken Kreisen zu bewegen.

    Aus Grlitz kommt auch

    der Neonazi Silvio Schulze,

    der nun in einer Leipziger

    Deichmann-Filiale arbeitet.

    Ausgepackt und abgetauchtDer als Hitler von Kln bekannte Axel Reitz wurde

    aus der Szene ausgeschlossen. Gemeinsam mit 23

    Gesinnungsgenossen sa Reitz seit 13. Mrz wegen

    Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung

    (Aktionsbndnis Mittelrhein) in Untersuchungs-

    ha. Seine Freilassung erkaue er sich gemeinsam mit

    einer weiteren Person durch umangreiche Aussagen,

    seitdem ist er abkmmlich. In der rechten Szene wird

    nun kolportiert, Reitz sei womglich schon lnger

    V-Mann. Abwegig ist das nicht und in diesem Falle

    knnte Reitz auch ber Leipziger Neonazis berichtethaben: Hier tauchte er wiederholt mit Christian Worch

    bei Aumrschen au. Auerdem sprach er am 25. Juli

    2009 als Reerent im NPD-Bro in der Odermannstra-

    e. Sein Rednerauritt beim Aumarsch am 14. April

    2012 in Plauen kam habedingt nicht mehr zustande.

    Kurzmeldungen aus der Braunzone

    Oben: Holzho Falkenhain im Doktorweg 2.

    Mitte: Laden Eastside Chopper in der Wurzner Kantstrae 7 (mit einem davorgeparkten Auto des Holzhos).

    Unten: Gewerberume (Sonnenstudio und Videothek) in der Bahnhostrae 21.

    Jennier Rzehaczek

    Matthias Knuth

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    Die age des NSU waren gezhlt, als Beate Zsch-pe am 4. November 2011 ihre letzte Reise antrat.Kurz zuvor hatten sich Uwe Mundlos und Uwe Bhn-

    hardt nach einem Bankraub in einem Wohnmobil in

    Eisenach erschossen, umstellt von der Polizei. Erst

    knapp n age spter wird sich Zschpe in Jena der

    Polizei stellen. Was in der Zwischenzeit geschieht, lsstsich nur lckenha rekonstruieren.

    Fest steht: Zschpe hr t Bahn. A m 7. November

    macht sie einen Stopp im sachsen-anhaltischen Hal le,

    Ankun: 5.50 Uhr. Sie ist ber Bremen und Hannover

    geahren, will weiter nach Dresden ahren und dann,

    endgltig, zurck nach Tringen, wo alles begann.

    So scheint es unerfndlich, dass Zschpe ihren letzten

    reien ag in Sachsen-Anhalt verbringt. Doch mit der

    Stadt Halle verbindet den NSU ein Stck Papier.

    Postfach 700512 in Halle

    Es ist eine Adressliste des Uwe Mundlos, die den Er-

    mittlern von Anbeginn vorliegt. Geunden wurde sie

    am 26. Januar 1998, dem ag, als Zschpe, Mundlos

    und Bhnhardt abgetaucht sind. Htte man diese Lis-

    te nicht unbesehen zu den Asservaten gelegt, htten

    die Fahnder ahnen knnen, wohin das rio unter-

    wegs ist allein zehn Nummern au der Liste hren

    nach Chemnitz. Darunter ist auch Tomas Starke,

    damals einer der hrenden Kpe der schsischen

    Blood & Honour-Sektion. Jener Gruppierung, die

    sich sodann au Waensuche r die angehenden

    erroristen begibt. Bis 20 00 werden die Jenaer in der

    schsischen Stadt unbehelligt ausharren, ehe sie nach

    Zwickau bersiedeln.

    Die Adressliste enthlt weitere Kader der Neona-

    zi-Szene, darunter Matthias Fischer, heute Anhrer

    des militanten bayrisches Kameradschas-Verban-

    des Freies Netz Sd . Fischer kommt aus Nrnberg.

    Zwischen 2000 der erste Mord und 2005 wird der

    NSU hier drei Migranten regelrecht hinrichten.

    Interessant ist noch ein weiterer Name au der

    Liste: Tomas Richter aus Halle, damals ebenalls im

    Blood & Honour-Spektrum aktiv. Handschrilich

    hatte Mundlos die Postach-Nummer 700512 ver-

    merkt, dazu eine Festnetz- und eine Handynummer.Sie gehren Richter, der damals in der Szene als HJ-

    ommy bekannt gewesen ist. Das Postach benutzt

    Richter noch immer, es steht im Impressum seiner

    Website Nationaler Demonstrations-Beobachter.

    Der Name ist Programm, denn dort sammelt der

    reiselustige Anti-Antia-Fotogra etliche Bilder von

    rechten Aumrschen, richtet die Ka mera aber auch

    gern au JournalistInnen.

    Dereinst gab Richter dem Neonazi-Fanzine Der

    Weisse Wol (Falschschreibung im Original) ein vi r-

    tuelles Zuhause und stellte seinen eigenen Webspace

    (Oikrach) zur Vergung. Das wre lngst verges-sen, htte der damalige Weisse Wol-Herausgeber

    David Petereit im Jahr 2002, He 18, nicht ein denk-

    wrdiges Vorwort vorangestellt. Dort ett hervorge-

    hoben ist ein merkwrdiger Gru: Vielen Dank an

    den NSU. Neun Jahre, bevor d ie breite entlichkeit

    vom Nationalsozialistischen Untergrund Notiz

    nimmt. Es ist berhaupt die erste entliche Erwh-

    nung des NSU.

    Petereit ist kein Niemand, sondern heute Abge-

    ordneter der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vor-

    pommern. Und bei einer Hausdurchsuchung and die

    Polizei bei ihm einen Brie des NSU. Es handelt sichum ein Anschreiben an Sympathisanten, das vermut-

    lich schon im Jahr 2000 verasst worden ist.Solange

    sich keine grundlegenden nderungen in der Politik,

    Presse und Meinungsreiheit vollziehen, werden die

    Aktivitten ortgehrt, hie es da . extbausteine aus

    dem Brie tauchen spter im bekannten Paulchen

    Panther-Bekennervideo au.

    Den abschlieenden Satz des Briees Beiliegen-

    de Untersttzungen ziehen keinerlei Verpichtungen

    nach sich deuten Ermittler heute so, dass der NSU

    berschsse ihrer berlle an ausgewhlte Kame-

    raden verschickt haben knnte; an Petereits Weissen

    Wol spendeten die erroristen oenbar 2.500 Euro.

    Der NSU wurde so zum Co-Sponsor der Neonazi-

    Zeitschri neben Tomas Richter. In der Ausgabe

    20 des Fanzines fnden sich nmlich gleich mehrere

    Werbeanzeigen r Richters Internetangebote.

    Ausgabe 20 ist die letzte Nummer der Zeitschri,

    und dort sprachen die Autoren Klartext. In einem

    sechsseitigen ext wird das Konzept des leaderless

    resistance, des hrerlosen Widerstands, empoh-

    len:Jene die uns beim Erreichen unserer Ziele nicht

    untersttzen mssen ausgeschaltet werden. Der an-

    stehendeKamp seieine Angelegenheit von Einzel-

    aktionen eine Angelegenheit konspirativer Zellen.In einem weiteren anonymen Artikel heit es zu

    den Augaben einer vlkischen und nationalen Ju-

    gendbewegung, man msse radikal und r unsere

    Feinde unerkanntagieren, sich zurentsche idenden

    Schlachtrsten und womglich zu den ****** grei-

    en. Es geht um Waen. Die hnlichkeiten zur Stra-

    tegie des NSU sind rappierend.

    Saubere Kameradschaftin Sdwestsachsen

    Radikal und unerkannt wollten auch die BrderAndr und Maik Eminger agieren. 2006 lebten beide

    in Zwickau. Gemeinsam mit vier weiteren Neonazis

    darunter der heutige Freies Netz-Aktivist und

    bekennende Hitlerist ony Gerber wollten sie eine

    saubere Kameradscha auauen. Sauber sollte

    wohl heien: Keine Suer, keine Mitluer, sondern

    Leute, die es ernst meinen.

    de nssse ue see hee

    Konspirative KameradenDie rechtsterroristische Zelle Nationalsozialistischer Untergrund wurde erst mglich durch eineaktive Szene von Helern und Mitwissern. Sie alle sind Teil eines Neonazi-Netzwerks, das nach

    wie vor au Konspirativitt bedacht ist. Und nach wie vor heit ihr Zentrum: Sachsen.

    Thomas Richter (alias Thomas) imAlpen-Donau-Forum (alinodo) bersich selbst:

    Moin, wollte mich mal kurz vorstellen,wie unschwer zu erkennen ist, ist meinName Thomas, Wohnhaft bin ich inMitteldeutschland. Bin in meiner Ecke bei2 Kameradschaften Aktiv und betreibennebenbei noch das Netz Projektwww.nd-b.com und www.oikrach.com

    Das Forum ist mittlerweile geschlossen,es gehrte zum antisemitischen Alpen-Donau-Portal. Deswegen mssen sich insterreich gerade Neonazis vor Gerichtverantworten, u.a. der Holocaust-LeugnerGottried Kssel (siehe GAMMA #189).

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    Ein rherer Anlau dazu war die Kameradscha

    Weie Bruderscha Erzgebirge (WBE), in der die

    Eminger-Brder in den Jahren 2000 und 2001 mit-

    gemischt haben. Im Juli 2000 lud die WBE zu einem

    Wehrsport-hnlichen Marsch durch ein Waldstck

    in Johanngeorgenstadt. Der Einladung olgten neben

    den Emingers u.a. der NSU-Untersttzer Matthias

    Dienelt.

    Glaubt man bereinstimmenden Presseberich-

    ten, so observ ierte der schsische Verassungsschutz

    diesen eigenartigen Event und machte Fotos von den

    eilnehmern. Darunter habe sich eine Person geun-

    den, die dem NSU-erroristen Uwe Mundlos sehr

    stark hnelt. Der Verdacht ist bis heute nicht geklrt

    worden. Auch gibt es bislang keine Erklrung r den

    irritierenden Umstand, dass zu dem Fahrzeug, dem

    das eventuelle NSU-Mitglied entstiegen ist, kein Hal-tereintrag vorlag. Doch ohnehin hatte die Observati-

    on keine Folgen, ein Zugri erolgte nicht.

    Allerdings waren die Emingers als WBE-Rdels-

    hrer damit ins Visier schsischer Behrden geraten.

    Das Landesamt r Verassungsschutz glaubte 2003,

    dass Maik Eminger Sachsen verlassen habe und irre-

    levant geworden sei, weil er so hufg in Niedersach-

    sen au Montage war. Seinen Bruder Andr passte

    man jedoch im selben Jahr zu einem Inormations-

    gesprch ab. Mit seinem alten Freundeskreis habe er

    gebrochen, sagte der mutmaliche NSU-Heler den

    Schlapphten, auch seine Freundin knne sich nicht

    mit der rechten Szene identifzieren.

    Zwei schlechte Lgen gut genug, um den Ver-

    assungsschutz zurieden zu stellen. Denn aus der

    sauberen Kameradscha ist zwar nichts geworden,

    die Kameraden traen sich 2006 nur einige Male in

    der Zwickauer Allendestrae 122, damals als Nazi-

    WG bekannt. Aber in den beiden Folgejahren ent-

    standen am gleichen Ort die Nationalen Sozialisten

    Zwickau als Ableger des Freien Netzes, mit tat-

    kriger Untersttzung des Altenburger NeonazisTomas Gerlach. Der Hammerskin war oenbar

    zeitweise mit der NSU-Helerin Mandy Struck liiert,

    beide kannten sich aus der mittlerweile verbotenen

    Geangenen-Hilsoganisation HNG. Zur neuen

    FN-Kameradscha gehrte dann auch ony Gerber.

    Und im direkten Umeld der FN-Grnder Gerlach

    und Maik Scheer tauchte der Hallenser Tomas

    Richter wieder au.

    Nur um die Emingers wurde es still. Im Schla-

    zimmer von Andr und Susann Eminger and die

    Polizei spter eine Spendendose mit der Auschri

    Nationale Sozialisten Zwickau. Heute ist bekannt,

    dass beide den NSU bis zum Schluss aktiv untersttzt

    haben. Nach Andr Emingers vorbergehender Fest-

    nahme im November 2011 standen seiner Eherau so-

    ort Kameraden der Nationalen Sozialisten Chem-

    nitz (NSC) zur Seite, die sich rher ob Zuall oder

    nicht Chemnitzer Heimatschutz nannten. NSC-

    Kpe wie Eric Frhlich ein Kader des Freien Net-

    zes standen berdies in engem Kontakt zum Jenaer

    NSU-Untersttzer und Waenlieerant Ra l Wohlle-

    ben, bevor auch der verhaet wurde.Der Neonazi-Aktivist Frhlich, der sich redlich

    Mhe gibt, nicht entlich auzuallen, hatte seit

    sptestes 2000 Kontakte zur schsischen Blood &

    Honour-Sektion, die sich anangs um die Betreu-

    ung der Untergetauchten gekmmert hatte. Einiges

    Asservat 23.6.1: Adressliste des Uwe Mundlos, u.a. mit Kontakten in Chemnitz, Nrnberg und Halle. Faksimiles: GAMMA/Archiv

    Links: Domainauskunt zu Thomas Richters Website Nationaler Demon-stratrions-Beobachter inklusive Postachanschrit.

    Rechts: Impressum des Fanzines Der Weisse Wol, Ausgabe 20, inklusiveVerweis au dieselbe Website Richters.

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    spricht dar, dass das Bargeld immerhin mehre-

    re tausend Euro , das bei Emingers Verhaung au

    dem Geh seines Bruders sichergestellt wurde, wie-

    derum von NSC-Aktivisten zur Vergung gestellt

    worden war.

    Postfcher 101540 und 341133in Leipzig

    Im Rckblick werden mit jedem weiteren Detail die

    Konturen eines konspirativen Netzwerks deutlicher,

    das ber die Grenzen einzelner Gruppen und Bun-

    deslnder hinaus weist. Ausgerechnet Maik Eminger

    hat darin einen esten Platz. Seit sptestens 2006 trat

    er als Aktivist der Neonazi-Gruppierung Schutz-

    bund Deutschland au und entwickelte sich rasch zu

    einer Schlsselfgur der Szene.

    Der Schutzbund war 2004 in Brandenburg aus

    der Bewegung Neue Ordnung hervorgegangen,

    einer ultra-rassistischen Abspaltung von der NPD.

    Whrend der Schutzbund vor allem im Norden des

    Bundeslandes aktiv war, bernahm die betont vl-

    kische Gesinnungsgemeinscha Sd-Ost Branden-

    burg (GSOBB) das Zepter im Sden. Die GSOBB ist

    spter bekannt geworden als die krzlich verbotene

    Spreelichter-Gruppe. Der Schutzbund wurde al-

    lerdings bereits 2006 verboten, ihm olgte unmittel-

    bar darau die Bewegung Neues Deutschland.

    Die Flugbltter der Bewegung Neues Deutsch-

    land hnelten der Propaganda des verbotenen

    Schutzbundes rappierend. Mit zwei Unterschie-den: Die Verteilung geschah nun berregional, die

    rassistischen Flugschrien tauchten 2006 u.a. in Ber-

    lin, Leipzig und Chemnitz au. Als Verantwortlicher

    wurde nun der Name Maik Eminger vermerkt sowie

    das Postach 101540 in Leipzig. Das Postach gehrte

    dem damals einussreichen Kameradschashrer

    Jens Schober aus Leisnig. Zu einer Zeit, da der Ham-

    burger Neonazi Christian Worch noch regelmig

    Groaumrsche in Leipzig veranstaltete, die auch

    regelmig blockiert wurden, war Schober Worchs

    Mann in Sachsen. Mit dem abrupten Ende der Au-marschserie im Sommer 2007, nachdem die letzte

    Neonazi-Demonstration boykottiert worden ist,

    fel Schober in die Bedeutungslosigkeit und landete

    in psychiatrischer Betreuung.

    Ein Jahr zuvor war Maik Eminger ins bran-

    denburgische Ghlsdor/Kloster Lehnin gezogen,

    in Zwickau behielt er einen Nebenwohnsitz. ber

    die Grenzen der Bundeslnder hinweg knpe er

    weiter am rechten Netzwerk, organisierte die Logis-

    tik, lagerte Propaganda in einer angemieteten Halle

    in Damsdor bei Lehnin. Seine Bewegung Neues

    Deutschland war organisatorisch nur eine Zwi-

    schenstation. Zum odestag des Hitler-Stellvertre-

    ters und verurteilten Kriegsverbrechers Rudol He

    wurden 2007 Plakate geertig t, die als Urheber bereits

    das Freie Netz, Mrkisches Inoportal, Lausitz

    Inos, den Nationalen Widerstand (NW) Berlin

    sowie die Spreelichter auswiesen. Das Plakat w urde

    Eminger zugerechnet es olgte eine Hausdurchsu-

    chung. Im selben Jahr kursierten in mehreren Bun-

    deslndern Flyer zum angeblichen Volkstod. Das

    ist seitdem eines der beliebtesten Kampagnenthemen

    bei Neonazis.

    Auch r diese Flyer zeichnete Eminger verant-

    wortlich. Als Kontaktmglichkeiten waren E-Mail-Adressen r Brandenburg, Potsdam, die Lausitz,

    Annaberg im Erzgebirge, Burg bei Magdeburg, Leip-

    zig, Delitzsch und Chemnitz angegeben. Unter den

    letzten drei Adressen waren damals Aktivisten des

    eben erst gegrndeten Freien Netzes erreichbar.

    Eminger hatte sich derweil ein neues Postach zu-

    gelegt, wieder in Leipzig, Kennnummer 341133. Ein-

    gerichtet wurde das Postach von einem Verein, der

    gar keiner ist: einer Tulegesellscha e.V. Densel-

    ben Namen hrte eine antisemitische Vereinigung in

    der Weimarer Republik die Neuauage war reilichnicht ins Vereinsregister augenommen worden. Das

    Postach hrte vielmehr zum damaligen Wohnort

    eines Akt ivisten des Leipziger Freies Netz-Ablegers

    (Aktionsbndnis Leipzig) namens Sebastian Klein

    in der Dieskaustrae, Stadttei l Grozschocher. Mitt-

    lerweile wohnt Klein gemeinsam mit dem Neonazi

    Falk Freigang in Leipzig-Plagwitz.

    Die schsischen Wurzeln

    Die Sachsen waren verlsslich. Wenn Eminger rie,

    spurte die Bewegung im Freistaat. Im April 2008

    versammelten sich an einem Waldgebiet in Cottbus-

    Sachsendor etwa 200 Nazis zu einem unangemel-

    deten Fackelmarsch. Dazu war neben Eminger

    eine ganze Autokolonne aus Ostsachsen angereist,

    insgesamt etwa 50 Aktivisten. Unter ihnen beand

    sich Martin Scha rath, einst hrender Kop der ver-

    botenen Skinheads Schsische Schweiz und heute

    oziell Sachbearbeiter der NPD-Landtagsraktion

    und ihr inormeller Sicherheitsche. Hinzu gesell-

    ten sich Mitglieder des Freien Netzes Borna-Gei-

    thain, beispielsweise Manuel Rbestahl und ony

    Keil. Dieser war 2009 r die NPD in den Bornaer

    Stadtrat eingezogen. Sein Mandat kann er aber nichtmehr wahrnehmen, er sitzt aktuell wegen einer Kr-

    perverletzung im Gengnis.

    Zwischenzeitlich war Maik Eminger erneut um-

    gezogen und wohnt seitdem in Mhlenie, Ortsteil

    Grabow. Dort bewohnt er mit seiner Eherau Sylvia

    Braune Solidaritt mit Maik Eminger: Kundgebung am 21. Dezember 2007 in Neuruppin, u.a. mit den Burger Neonazis Christian Kostinec (ganz links, jetztStarnberg/Mnchen), Christian Kuley (verdeckt am Transpi, aus Gerwisch bei Burg) und Danny Griesche (mit Fahne) sowie den Leipziger Neonazis IstvanRepaczki, Tommy Naumann (links bzw. rechts des Mastes) und Daniel Schrder (rechts). Foto: inoriot

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    Redaktionelles (Stand: 01.07.2012)

    E-Mail: [email protected]

    WWW: http://gamma.noblogs.org

    Ihr knnt euch das GAMMA au Wunsch beiErscheinen einer neuen Ausgabe zumailenlassen. Schreibt uns einach eine E-Mail.

    Noch mehr zu Nazi-Aktivitten:

    Leipzig: www.chronikle.org Dresden: venceremos.sytes.net/artdd.html Zwickau: zwickau.blogsport.de Dessau: www.inothek-dessau.de Nordthringen: artnordth.wordpress.com Berlin: blog.schattenbericht.de

    Berlin & bundesweit: www.apabiz.de

    Berlin & BBG antia-berlin.ino/fght-back FFO: recherchegruppe.wordpress.com NRW: nrwrex.wordpress.com Mnchen: www.aida-archiv.de sterreich: www.stopptdierechten.at Antifa-Infoblatt: www.antiainoblatt.de Der Rechte Rand: www.der-rechte-rand.de Lotta: projekte.ree.de/lotta

    Eure Inos ber Neonazis nimmt die Antia-Recherchegruppe entgegen:[email protected]

    ein Geh. Nicht nur im Netzwerk der Freien Kr-

    te, auch bei der 2009 verbotenen Heimattreuen

    Deutschen Jugend (HDJ) mischte Eminger von dort

    aus mit. Au seinem Ho wurden wiederholt Son-

    nenwendeiern abgehalten und dazu Nazilieder ge-

    grlt. Ende 2007 war Eminger zudem einer der Mit-

    organisatoren einer konzertierten Aktion schsischer

    Neonazis: In der ersten Dezemberwoche wurden im

    ganzen Bundesland Hausassaden mit rechten Paro-

    len beschmiert und mit Plakaten beklebt. Bei einigen

    entlichen Einrichtungen, darunter Schulen, wur-

    den die Schlsser mittels Sekundenkleber blockiert.

    Insgesamt 65 Sachbeschdigungen zhlte die Polizei

    binnen weniger age, hauptschlich begangen in Ost-

    sachsen sowie Leipzig und Geithain.

    In einer Pressemitteilung gab die Polizei zu ver-

    stehen, dass ein extremistischer Hintergrund n icht

    ausgeschlossen werden knne. atschlich trug die

    Aktionsreihe den itel Menschenrecht bricht Staats-

    recht ein Ausspruch Adol Hitlers.Und so kam zusammen, was zusammen gehrt:

    Als die HDJ 2009 verboten wird, bleibt Eminger der

    hrende Kop des Potsdamer Sttzpunkts der

    NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemo-

    kraten (JN). Beim Auau dieser Gruppe konnte

    Eminger au seine schsischen Kameraden zhlen.

    Namentlich der FN-Aktivist ommy Naumann aus

    Leipzig er war zwischenzeitlich Anhrer des sch-

    sischen JN-Landesverbandes geworden stand ihm

    beratend zur Seite. Andere Leipziger wie Istvan Re-

    paczki haben intensive Kontakte in die Region Pots-

    dam augebaut.

    Als Ende Dezember 2007 vor dem Neuruppiner

    Landgericht u.a. gegen Maik Eminger wegen volks-

    verhetzender Schutzbund-Flugbltter verhandelt

    wurde, organisierten die Freien Kre Potsdam

    auch dies eine Eminger-Filiale eine Solidaritts-

    Kundgebung vor dem Gericht. Motto: Gerechtig-

    keit und Meinungsreiheit r Maik E.

    Unter die eilnehmer mischten sich Freies

    Netz-Aktivisten aus Leipzig. Und im Leipziger

    Stadtteil Dlitz wohnt mittlerweile auch Tomas

    Richter mit seiner Verlobten und whnt sich in Si-

    cherheit. Im mittlerweile nicht mehr erreichbarenTiazi-Forum im Juni kam es zu Hausdursu-

    chungen bei den Betreibern glaubte er sich unter

    dem Alias geheimkult zwischenzeitlich gar dem

    Umsturz nahe: Wenn wir an der Macht sind, wird

    dieses nicht mglich sein. Es wird auch unsere Stunde

    kommen, wo wir nicht mehr die sein werden die ge-

    knppelt werden!!!!

    Seit dem Auiegen des NSU und etl ichen Razzi-

    en bei seinen sauberen Kameraden wei er es bes-

    ser. Die Einschlge kommen immer nher.

    Weitere Recherchen zum Nationalsozialistischen Un-

    tergrund (NSU) und rechtem Terror gibt es au der

    GAMMA-Website: http://gamma.noblogs.org. Lesens-

    wert ist auch derNSU-Watchblogdes Berliner apabiz:

    http://nsu-watch.apabiz.de . Zum Weiterlesen sei das

    BuchMade in Tringen? Neonazi-error und Ver-

    fassungsschutz-Skandal empohlen, das im Mai im

    VSA-Verlag erschienen ist und unter anderem einen

    Beitrag von GAMMA enthlt. Auch in weiteren ak-

    tuellen Buchverfentlichungen Das braune Netz

    von Markus Bernhardt undDie Zel levon Chrisitan

    Fuchs und John Goetz sind GAMMA-Inormationeneingeossen.

    Die rechtspopulistische Vereinigung Pro Sachsentritt in letzter Zeit verstrkt an die entlichkeit,beweist dabei aber nur ihr Ungeschick: So wurde krz-

    lich au der Pro Sachsen-Website ber eine Flugblatt-

    Verteilung am 12. Mai in Zwickau berichtet. Daran

    beteiligt war oenbar der ehemalige NPD-Landtagsab-geordnete Mirko Schmidt, der nach seinem Ausstieg

    2005 im Folgejahr die Schsische Volkspartei (SVP)

    gegrndet hat, die heute eil von Pro Sachsen ist.

    In Zwickau tauchte an Schmidts Seite ein weiterer

    ehemaliger NPD-Aktivist au: Der Kameradschas-

    nahe Hit ler-Verehrer Peter Klose. Er war zuletzt in die

    Schlagzeilen geraten, weil er schon vor dem Auiegen

    des NSU und dem Bekanntwerden ihres Bekennervi-

    deos den Namen Paul Panther bei Facebook genutzt

    und ein entsprechendes Avatar-Bild genutzt hatte.

    Klose ist noch immer Inhaber der Website des Zwi-

    ckauer NPD-Kreisverbandes; das letzte Posting dort

    verasste er am 20. Apri l 2011, dem ag seines NPD-

    Austritts, und berschrieb es mit der Zeile Fr unser

    Geburtstagskind. Gemeint ist oenbar Adol Hitler.

    Nunmehr scheint

    Klose das vermut-

    lich erste und

    einzige

    Mitglied der SVP-Ortsgruppe Zwickau geworden zu

    sein. Ein Nutzer mit dem Namen SVP Zwickau, al-

    ler Wahrscheinlichkeit also Klose selbst, meldete sich

    nach der Flugblatt-Aktion au dem NPD-nahen Inter-

    netportal DeutschlandEcho zu Wort und betonte,

    dass es r die SVP keine Rolle spiele, ob jemand beiPro Deutschland, der DSU, den reien Whlern, der

    NPD, oder bei den Freien Kren ist.Unterzeichnet

    wurde dieser Kommentar mit der straaren Parole

    Alles r Deutschland. Pro Sachsen hielt das nach-

    trglich r peinlich genug, um au der eigenen Web-

    site ein Foto Kloses kommentarlos zu lschen und so

    zu tun, als habe man nie mit ihm zu tun gehabt. Ein

    Presseverantwortlicher von Pro Deutschland stellte

    zudem au einem Weblog klar, Klose sei weder Mit-

    glied von pro Sachsen, noch von pro Deutschland.

    Im Hinblick au kommende Wahlen Pro Sach-

    sen will zur Landtagswahl 2014 antreten arbeiten die

    Aktivisten aus dem Freistaat mittlerweile eng mit der

    bundesweiten Pro Deutschland-Formation zusam-

    men. Herausgekommen ist beim hiesigen Engagement

    aber noch nicht viel. Zuletzt war in Leipzig an der Men-

    sa Peterssteinweg ein Kranz von Pro Sachsen im Ge-

    denken an dieOper der Gewaltherrscha des 17 Juni

    1953augetaucht direkt neben einem CDU-Kranz.

    Auerdem scheint Pro Sachsen nun auch

    Konkurrenz aus dem eigenen Lager zu bekommen:

    Am 23. Juni hrte die Kleinstpartei Union Deut-

    scher Patrioten (UDP) ihren 2. Parteitag berra-

    schend in Leipzig durch (Marriott Hotel, Am Hal-

    lischen or), Tema war die Bundestagswahl 2013.Die bisher unbedeutende UDP unterhlt lediglich

    Landesverbnde in Bayern und Bremen; ihnen ge-

    hren vorrangig ehemalige DVU-Mitglieder an. Au

    der UDP-Website wird mit dem Psychologen Ral

    Hickethier seit kurzem auch ein Ansprechpartner

    in Leipzig benannt.

    In seiner Parteitagsrede kam Hickethier au das

    Vasallentum gegenber den Siegern des 2. Weltkrie-

    geszu sprechen und behauptete, die Einhrung des

    Euro wie auch die aktuelle Finanzkrise sei denalten

    Kontrahenten Deutschlandsgeschuldet. In der Sch-

    sischen Zeitung schreibt Hickethier gelegentlich eine

    Kolumne zum Tema Erziehung. Sein politisches En-

    gagement wird dort aber nicht erwhnt.

    ber Pro Sachsen und ihre Neonazi-Kontakte be-

    richtete GAMMA zuletzt in der Ausgabe 192 sowie

    online: http://gamma.noblogs.org/archives/956

    Rechtspopulismus: Pro Sachsen setzt auf NPD-Experten