74

GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE
Page 2: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE
Page 3: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION

FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK

VERKEHR UND FREMDENVERKEHR

DIE AUSWIRKUNGEN DER TRENNUNG VON INFRASTRUKTURBETRIEB UND VERKEHRSLEISTUNGEN AUF DEN EU

EISENBAHNSEKTOR

THEMENPAPIER

Page 4: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Dieses Dokument wurde vom Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments angefordert. VERFASSER Francesco Dionori – Steer Davies Gleave Dick Dunmore – Steer Davies Gleave Simon Ellis – Steer Davies Gleave Pietro Crovato – Steer Davies Gleave ZUSTÄNDIGER VERWALTUNGSBEAMTER Piero Soave Fachabteilung Struktur- und Kohäsionspolitik Europäisches Parlament B-1047 Brüssel E-Mail: [email protected] REDAKTIONELLE MITARBEIT Nora Revesz SPRACHFASSUNGEN Original: EN Übersetzungen: DE, ES, FR, IT ÜBER DEN HERAUSGEBER Kontakt zur Fachabteilung oder Bestellung des monatlichen Newsletters: [email protected]. Redaktionsschluss: Mai 2011 Brüssel, © Europäisches Parlament, 2011 Dieses Dokument ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar: http://www.europarl.europa.eu/studies HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung des Verfassers wieder und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

Page 5: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION

FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK

VERKEHR UND FREMDENVERKEHR

DIE AUSWIRKUNGEN DER TRENNUNG VON INFRASTRUKTURBETRIEB UND VERKEHRSLEISTUNGEN AUF DEN EU

EISENBAHNSEKTOR

THEMENPAPIER

Inhalt

Gegenstand dieses Themenpapiers sind die Erfahrungen mit der vertikalen Trennung im europäischen Eisenbahnsektor. Es werden die Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung sowie ihre wirtschaftlichen, operativen, sicherheitstechnischen und die Nutzer betreffenden Auswirkungen erörtert. Unterschiedliche Ansätze für die vertikale Trennung haben zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt, d. h. einige Ansätze haben erhebliche positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der Eisenbahn, während dies bei anderen Ansätzen weniger der Fall ist. In diesem Themenpapier werden die Ergebnisse einer vergleichenden Analyse dargelegt, die sich auf vielfältiges Quellenmaterial stützt.

IP/B/TRAN/FWC/2010-006/lot1/C1/SC2 Mai 2011 PE 460.039 DE

Page 6: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE
Page 7: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

INHALTSVERZEICHNIS

LISTE DER ABKÜRZUNGEN 5

TABELLENVERZEICHNIS 7

ABBILDUNGSVERZEICHNIS 9

ZUSAMMENFASSUNG 11

1. EINLEITUNG 15

1.1. Vorwort 15

1.2. Anforderungen der Studie 16

1.3. Warum die vertikale Trennung? 16

1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17

1.5. Legislativer Hintergrund 20

1.6. Gliederung des Themenpapiers 22

2. MARKTANALYSE 23

2.1. Die Stellung des Schienenverkehrs im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern 23

2.2. Volumen- und Leistungstrends im Schienenverkehr 25

2.3. Der Anteil der einzelnen Länder am internationalen Güterschienenverkehr 28

2.4. Öffnung des Schienenverkehrsmarktes 28

3. DIE EUROPÄISCHEN ERFAHRUNGEN MIT DER VERTIKALEN TRENNUNG 31

3.1. Arten der vertikalen Trennung 31

3.2. Analyse des Grades der Unabhängigkeit 34

4. Die Auswirkungen der Trennung 39

4.1. Fallstudie: Großbritannien 39

4.2. Fallstudie: Schweden 46

4.3. Fallstudie: Niederlande 48

4.4. Fallstudie: Italien 52

4.5. Fallstudie: Frankreich 55

4.6. Trennung und Liberalisierung 58

4.7. Trennung und Marktanteile 61

4.8. Trennung und Wachstum 63

4.9. Zusammenfassung 64

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN AUS DER ANALYSE 65

LITERATURVERZEICHNIS 67

3

Page 8: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

4

Page 9: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

LISTE DER ABKÜRZUNGEN

AT Österreich

BE Belgien

BG Bulgarien

CRF Comité de Regulacion Ferroviara (spanische Regulierungsbehörde)

CY Zypern

CZ Tschechische Republik

DB Deutsche Bahn

DBO Design, Build and Operate contracts (Aufträge für Planung, Bau und Betrieb)

DE Deutschland

DK Dänemark

EE Estland

EEA Europäischer Wirtschaftsraum

EEC Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EG Europäische Gemeinschaft

EL Griechenland

EP Europäisches Parlament

ES Spanien

EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof

EWS English, Welsh and Scottish Railway

FI Finnland

FR Frankreich

FS Ferrovie dello Stato (italienische Eisenbahngesellschaft)

GB Großbritannien

GID Gestionnaire de l’Infrastructure Délégué (beauftragter Infrastrukturbetreiber in Frankreich)

HSL High speed line (Hochgeschwindigkeitsstrecke)

HU Ungarn

IE Irland

IM Infrastrukturbetreiber

IT Italien

km Kilometer

5

Page 10: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

LT Litauen

LU Luxemburg

LV Lettland

MS Mitgliedstaat

MT Malta

NL Niederlande

NS Nederlandse Spoorwegen (staatliche niederländische Eisenbahngesellschaft)

NTV Nuovo Trasporto Viaggiatori (private italienische Eisenbahngesellschaft)

ÖBB Österreichischen Bundesbahnen

ÖPP Öffentlich-Private Partnerschaft

PL Polen

PSO Gemeinwirtschaftliche Verpflichtung

RB Regulierungsbehörde

RFF Réseau Ferré de France (staatlicher Betreiber des französischen Schienennetzes)

RFI Rete Ferroviaria Italiana (italienischer Infrastrukturbetreiber)

RMMS Rail Market Monitoring Scheme (Überwachungssystem für den Schienenverkehrsmarkt)

RO Rumänien

ROSCO Rolling stock companies (Schienenfahrzeugbetreiber)

RRA Griechische Regulierungsstelle (noch einzurichten)

RU Eisenbahnunternehmen

SE Schweden

SI Slowenien

SJ Statens Järnvägar (ehemalige schwedische Staatsbahn)

SK Slowakei

SNCF Société Nationale des Chemins de fer Français (Nationale französische Eisenbahngesellschaft)

SPAD Signal Passed At Danger (überfahrenes Haltesignal)

TEN-V Transeuropäisches Verkehrsnetz

URSF Ufficio per la Regolazione dei Servizi Ferroviari (italienische Regulierungsbehörde)

6

Page 11: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1 Grad der Trennung 33 Tabelle 2 Indikatoren für die unabhängige Kapazitätszuweisung 35 Tabelle 3 Unabhängigkeit: Ergebnisse der „Railimplement“-Analyse 36 Tabelle 4 Kostenveränderungen in Großbritannien 41 Tabelle 5 Hautpursachen der Kostenveränderungen nach der Privatisierung – Großbritannien 44 Tabelle 6 Kostenveränderungen nach der Privatisierung - Schweden 47 Tabelle 7 Einnahmen und Kosten von ProRail und NS - Niederlande (in Mio. EUR) 49 Tabelle 8 Reale Einnahmen und Kosten von ProRail und NS - Niederlande 50 Tabelle 9 Gewinn und Verlust von RFF und SNCF - Frankreich 56 Tabelle 10 Zahlungen von RFF an SNCF für Infrastrukturbetrieb - Frankreich 56

7

Page 12: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

8

Page 13: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1 Marktanteil der Verkehrsträger im Personenverkehr (in Personen-km, EU-27, 2000-2008) 23 Abbildung 2 Marktanteil der Verkehrsträger im Güterverkehr (in Tonnen-km, Eu-27, 2000-2008) 24 Abbildung 3 Zuwachsraten im Personenschienenverkehr (2000-2009) 25 Abbildung 4 Kumulatives Wachstum im Personenschienenverkehr (2000-2009) 26 Abbildung 5 Trends im Güterschienenverkehr (2000-2009) 27 Abbildung 6 Kumulatives Wachstum im Güterschienenverkehr (2000-2009) 27 Abbildung 7 Anteil am internationalen Güterschienenverkehr - 2008 28 Abbildung 8 Anteil neuer Betreiber in den Mitgliedstaaten (2005-2009) 29 Abbildung 9 Anteil der neuer Eisenbahnbetreiber in den Mitgliedstaaten und Grad der Trennung 38 Abbildung 10 Gleiskilometer nach Jahr der Verlegung – Großbritannien 42 Abbildung 11 Gesamtbarkosten der Bahnbranche je Zugkilometer 43 Abbildung 12 Veränderung der Beschäftigtenzahlen - Schweden 47 Abbildung 13 Betriebskosten ProRail und NS (bezogen auf 2003) 50 Abbildung 14 Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit, NS, 2000-2009 52 Abbildung 15 Betriebskosten von FS (bezogen auf 2003) 53 Abbildung 16 Kennziffer für die Öffnung des Güterschienenverkehrsmarktes – 2009 59

9

Page 14: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 17 Kennziffer für die Öffnung des Personenschienenverkehrsmarktes – 2009 59 Abbildung 18 IBM-Liberalisierungsindex 2007 60 Abbildung 19 IBM-Liberalisierungsindex 2004 61 Abbildung 20 Trennung und Marktanteile 62 Abbildung 21 Trennung und Wachstum 64

10

Page 15: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

ZUSAMMENFASSUNG

Ziel dieses Themenpapiers ist es, einen Überblick über die Erfahrungen mit der Trennung von Eisenbahn-Verkehrsleistungen und -Infrastrukturbetrieb (Entbündelung) in den Mitgliedstaaten der EU zu geben und die Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung zu untersuchen. Ferner wird über fünf aus den verschiedenen Trennungsmodellen in Europa als repräsentativ ausgewählte Fallstudien berichtet: Vereinigtes Königreich, Schweden, Niederlande und Frankreich (wobei in jedem Fall die Auswirkungen der Trennung auf wirtschaftliche Kosten, Betrieb, Sicherheit und Wettbewerb untersucht werden und der Perspektive der Eisenbahnnutzer Rechnung getragen wird). Die abschließenden Schlussfolgerungen aus den Erfahrungen, die in Europa mit der vertikalen Trennung gesammelt wurden, sollen als Informationsgrundlage für künftige politische Diskussionen dienen. Die vertikale Trennung hat in verschiedenen netzgebundenen Wirtschaftszweigen dem Wettbewerb und der Schaffung größerer und effizienterer Märkte Auftrieb verliehen und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze sowie verstärkte Investitionen gefördert. Der Eisenbahnsektor unterscheidet sich von anderen Versorgungsnetzen vor allem durch seine Systeme, die koordinierte Investitionen erfordern, sowie durch die nach wie vor zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden erheblichen technischen Hindernisse. Die Erfahrungen anderer Branchen legen nahe, dass durch eine Umstrukturierung und Liberalisierung ungeachtet der bestehenden technischen Hindernisse zwischen den nationalen Netzen erhebliche Vorteile erzielt werden können. Die Neufassung führt die Anforderungen aus früheren Richtlinien zusammen und legt sie genauer fest, ohne jedoch die vollständige vertikale Trennung von Infrastrukturbetreibern und Eisenbahnunternehmen zu fordern. Aus diesem Themenpapier ergibt sich, dass die jüngsten EU-Rechtsvorschriften im Eisenbahnbereich, wenngleich sie erhebliche Auswirkungen auf die Organisation der Eisenbahnindustrie in den einzelnen Mitgliedstaaten haben, kaum dazu beitragen konnten, den Marktanteil der Eisenbahn am Personen- und Güterverkehr zu erhöhen. Die Auswirkungen der vertikalen Trennung dürften erst nach langer Zeit offenbar werden, ist der Eisenbahnsektor doch in einem einigermaßen stabilen rechtlichen, regulatorischen und wirtschaftlichen Umfeld tätig. Die ausgewählten Fallstudien deuten darauf hin, dass sich die beobachteten Trends bei Kosten, Fahrpreisen und Qualität der Dienstleistungen durch eine ganze Reihe von Faktoren erklären lassen und nicht auf die vertikale Trennung selbst zurückgeführt werden können. Allerdings steht außer Frage, dass der Wettbewerb in den Ländern, in denen - wie im Vereinigten Königreich - eine vollständige Trennung vollzogen wurde, stärker Fuß gefasst hat als in anderen Mitgliedstaaten, in denen das Ausmaß der Umstrukturierung geringer ist. Dies unterstützt die Ansicht, dass eine Trennung in Verbindung mit einem starken Rechtsrahmen den diskriminierungsfreien Zugang zu den Eisenbahnnetzen wirksamer sicherstellen kann als die Regulierung allein.

11

Page 16: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

DIE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE ZUR VERTIKALEN TRENNUNG

Im Eisenbahnsektor ergibt sich der größte Nutzen aus der Trennung des Güterverkehrs vom Infrastrukturbetrieb; das gilt nicht gleichermaßen für den Personenverkehr, der normalerweise in hohem Maße von öffentlichen Geldern abhängig ist und bei dem die Möglichkeiten für einen rein kommerziellen Betrieb eher begrenzt sind.

Im Vereinigten Königreich hat die Einführung des „Franchise Bidding“ dazu beigetragen, das Wachstum des Marktes anzukurbeln, und Innovationen bei den Dienstleistungen sowie Elemente zur Begrenzung der Kostenbasis gefördert, wenngleich die Kosten seit 2000 erheblich gestiegen sind. Dies ist zwar teilweise auf die verstärkten Investitionen als Reaktion auf die bisherige Politik in Bezug auf Erneuerungsmaßnahmen zurückzuführen, doch wird argumentiert, dass die Kosten der Branche übermäßig hoch seien, was unter anderem an der Komplexität und Ineffizienz liegen könne, die auf die vertragliche Grundlage aus der Zeit der Privatisierung zurückgehen.

In Schweden, einem Land mit einer langen Geschichte der vertikalen Trennung, ist es infolge dieser Trennung nicht zu Koordinierungsproblemen gekommen. Im Gegenteil ist seitdem eine höhere Effizienz festzustellen, und die Verspätungen sind zurückgegangen.

In den Niederlanden deutet einiges darauf hin, dass die vertikale Trennung im Eisenbahnsektor zu Verbesserungen bei Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit beigetragen hat. Ferner ist nicht eindeutig belegt, dass die vertikale Trennung zu einem erheblichen Anstieg der Kosten des Infrastrukturbetreibers und des wichtigsten etablierten Zugbetreibers geführt hat.

In Italien war nach der Marktöffnung ein beträchtlicher Zustrom von Marktteilnehmern auf den Güterverkehrsmarkt zu verzeichnen, ungeachtet der Tatsache, dass eine teilweise Integration fortbesteht und neue Marktteilnehmer nach wie vor auf Hindernisse verweisen, die den Zugang zum Netz erschweren.

Die Erfahrungen des französischen Eisenbahnsektors deuten kaum oder gar nicht darauf hin, dass die Trennung Auswirkungen gehabt hat. Da diese nur teilweise erfolgt ist, wurden die Möglichkeiten für die Einführung von Wettbewerb und die Erhöhung der Transparenz nicht ausgeschöpft, und es hat wenige bis gar keine Änderungen bei der Effizienz und den Erfahrungen der Fahrgäste gegeben.

Die Verfasser dieses Themenpapiers schlagen vor, dass sich künftige politische Ansätze zur Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs und zur Förderung des Einstiegs neuer Marktteilnehmer zweckmäßigerweise auf die Unabhängigkeit betrieblicher Entscheidungen statt auf die rechtliche Trennung konzentrieren sollten, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Regulierung allein eher nicht geeignet ist, Diskriminierung zu verhindern. Weitere Probleme, wie die Tatsache, dass ein marktbeherrschendes Eisenbahnunternehmen in der Lage ist, die Kapazitätszuweisung sowie andere Entscheidungen durch den gemeinsamen Standort mit dem Infrastrukturbetreiber auf unzulässige Weise zu beeinflussen, sollten ebenfalls angegangen werden.

12

Page 17: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Die Mechanismen zur Sicherstellung der vollständigen vertikalen Trennung müssen durch ein umfassendes Verständnis der potenziellen Kosten im Zusammenhang mit der Annahme eines bestimmten Strukturmodells untermauert sein. Diese können eine wichtige Rolle spielen, wenn das Modell die Einführung eines komplexen vertraglichen Rahmens erfordert, der unter anderem die Koordinierung des Fahrplans, die Zahlung von Schadenersatz für Verspätungen und eine umfassende Konsultation der Zugbetreiber bei der Planung des Ausbaus der Infrastruktur regelt.

Ebenso wäre es hilfreich, ein besseres Verständnis der Auswirkungen der vertikalen Trennung auf das Management der Schnittstelle Rad-Schiene zu erlangen, als dies derzeit auf der Grundlage vorangegangener Studien möglich ist. Allerdings gilt es unbedingt zu vermeiden, dass bei der eingehenderen Untersuchung dieser Fragen auf der Grundlage der Erfahrungen einzelner Mitgliedstaaten zu einfache Schlussfolgerungen gezogen werden. Wie hier nachgewiesen wird, lässt sich die beobachtete Entwicklung bei Kosten, Fahrpreisen und Qualität der Dienstleistungen durch eine ganze Reihe von Faktoren erklären, doch können sie in den meisten Fällen nicht der vertikalen Trennung selbst zugeschrieben werden.

13

Page 18: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

14

Page 19: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

1. EINLEITUNG

1.1. Vorwort Dieses Themenpapier über „Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den Eisenbahnsektor in der Europäischen Union“ wurde im Einklang mit der Aufgabenbeschreibung ausgearbeitet, die in Abschnitt 1.2 dargelegt ist. In dem Themenpapier wird beschrieben, wie die EU-Mitgliedstaaten die Anforderungen der Richtlinien 2001/12/EG und 2001/14/EG in Bezug auf die Unabhängigkeit wesentlicher Funktionen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Grad der vertikalen Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen umgesetzt haben. Darüber hinaus wird dargelegt, welche Auswirkungen dies auf die Märkte in verschiedenen Mitgliedstaaten hatte, und es werden die Vor- und Nachteile der angenommenen Lösungen erörtert. In Anbetracht der untragbar hohen Kosten, den der Bau eines parallelen Eisenbahnnetzes verursachen würde, ist die vertikale Trennung im Allgemeinen der einzig gangbare Weg für die Einführung von Wettbewerb im Bereich Eisenbahndienstleistungen. Die vertikale Trennung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Liberalisierung oder Wettbewerb, wenngleich sie im Allgemeinen als eine wichtige Voraussetzung für die Marktöffnung in Branchen angesehen wird, in denen ein natürliches Monopol besteht, die jedoch zugleich potenziell wettbewerbliche Aspekte der Dienstleistungserbringung aufweisen. Im Sinne dieses Themenpapiers gilt Folgendes:

Liberalisierung heißt, dass es gemäß den EU-Vorschriften oder der zusätzlichen Erlaubnis durch einen Mitgliedstaat mehr als einem Eisenbahnunternehmen ermöglicht wird, die Eisenbahninfrastruktur zu nutzen. Demzufolge bedeutet Liberalisierung, dass es zumindest einem vom Infrastrukturbetreiber unabhängigen Eisenbahnunternehmen gestattet ist, Eisenbahndienste zu erbringen.

Nichtdiskriminierung ist die Gleichbehandlung aller Eisenbahnunternehmen durch den Infrastrukturbetreiber beim Zugang zur Schienennetzkapazität.

Entbündelung oder vertikale Trennung bedeutet, dass kein Eisenbahnunternehmen Aufgaben des Infrastrukturbetreibers wahrnimmt, damit die Nichtdiskriminierung gewährleistet ist. Daher bedeutet Entbündelung, dass sämtliche Eisenbahnunternehmen vom Infrastrukturbetreiber unabhängig sind; diese strukturelle Unabhängigkeit soll dazu führen, dass auch das Verhalten der Unternehmen nicht von Abhängigkeiten bestimmt ist. Im Sinne dieses Themenpapiers verwenden wir die Bezeichnungen Entbündelung und vertikale Trennung synonym.

Dieses Kapitel greift gegebenenfalls auf ein gesondertes Themenpapier über die Struktur der Regulierungsbehörden im Eisenbahnsektor der EU zurück, in dem der institutionelle Rahmen und die Ressourcen dargelegt werden, die erforderlich sind, um eine unabhängige Regulierung zu unterstützen.

15

Page 20: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

1.2. Anforderungen der Studie Ziel dieses Themenpapiers ist es, eine Bewertung der bestehenden Fälle vertikaler Trennung im Vergleich zu den Fällen vorzunehmen, in denen nach wie vor die vertikale Integration besteht. Es bietet einen Überblick über die Erfahrungen mit der Trennung von Eisenbahn-Verkehrsleistungen und -Infrastrukturbetrieb in den EU-Mitgliedstaaten sowie eine Kosten-Nutzen-Darstellung für jeden der Fälle. Dem Themenpapier liegt anforderungsgemäß Folgendes zugrunde:

Recherchen und aktuelle Informationen und Unterlagen zu den Erfahrungen mit der (organisatorischen, finanziellen und institutionellen)vertikalen Trennung in der EU;

eine vergleichende Analyse der verschiedenen Modelle (vertikale Integration gegenüber den verschiedenen Versionen der vertikalen Trennung), die einen Überblick über die wesentlichen Merkmale sowie die Vor- und Nachteile dieser Modelle geben soll;

Anmerkungen zu den operativen, sicherheitstechnischen und wirtschaftlichen Folgen und zu den Auswirkungen auf Fahrgäste und Güterverkehrskunden;

eine Überprüfung des Grades der Trennung zwischen dem Infrastrukturbetreiber und dem etablierten Eisenbahnbetreiber, der Marktanteile aller Eisenbahnbetreiber (d. h. des etablierten Betreibers und der neuen Marktteilnehmer) im Personen- und Güterverkehrssektor in den einzelnen Mitgliedstaaten und der Entwicklung dieser Märkte in den zurückliegenden Jahren.

Darüber hinaus werden Schlussfolgerungen zu der Frage gezogen, ob eine weitere Harmonisierung der Vorschriften über die Entbündelung notwendig ist, um die Entwicklung eines europäischen Eisenbahnraums zu ermöglichen. Dieses Themenpapier ist nicht als Folgenabschätzung aufzufassen. Übersichtstabellen und Abbildungen zur derzeitigen Marktlage gemessen am Wachstum und an den Marktanteilen finden sich in Kapitel 2.

1.3. Warum die vertikale Trennung? Die Trennung zwischen dem Infrastrukturbetrieb und den Verkehrsleistungen steht im Mittelpunkt einer Wirtschaftstheorie, die auf die Einführung von Wettbewerb zur Förderung einer effizienten, kundenorientierten Leistungserbringung ausgerichtet ist. In anderen netzgebundenen Wirtschaftszweigen waren dank der Einführung von Wettbewerb beachtliche Erfolge zu verzeichnen, wie zum Beispiel im Energie- und im Telekommunikationssektor. Darüber hinaus erfolgte eine solche Trennung auch in einigen Bereichen des Verkehrswesens. So ist beispielsweise die Bereitstellung von Straßen unabhängig von der Erbringung von Fahrgast- oder Güterbeförderungsdiensten auf der Straße, und im Luftfahrtsektor werden Personen- und Frachtverkehrsdienste von anderen Anbietern erbracht als den Flughafendiensten. In diesen Fällen hat die vertikale Trennung der Entwicklung effizienter wettbewerblicher Märkte Auftrieb verliehen und die Gründung neuer Unternehmen sowie die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze und verstärkte Investitionen gefördert.

16

Page 21: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Im Eisenbahnsektor ist der Nutzen aus der Trennung des Güterverkehrs vom Infrastrukturbetrieb größer als dies beim Personenverkehr der Fall ist. Das liegt daran, dass der Personenverkehr im Allgemeinen nur dann kommerziell betrieben wird, wenn

ausreichend Infrastrukturkapazität verfügbar ist;

der kommerzielle Betrieb zu den Preisen möglich ist, die von der Regulierung genehmigt werden oder sich am Markt als nachhaltig erweisen; und

die Mitgliedstaaten zu dem Schluss kommen, dass kommerzielle Dienste die Lebensfähigkeit der Dienste im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nicht beeinträchtigen.

Diese Bedingungen sind relativ restriktiv, weshalb rein kommerzielle Personenschienenverkehrsdienste in Europa die Ausnahme darstellen. Allerdings hat die Konkurrenz „um“ den Markt statt „am“ Markt die Rentabilität höherwertiger Dienste im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Allgemeinen verbessert, und diese Konkurrenz wird durch die vertikale Trennung ermöglicht. Ferner ist festzustellen, dass sich in integrierten Modellen, wie es sie in den baltischen Staaten gibt, Vorteile ergeben können. Damit die Vorteile der Nichtdiskriminierung erreicht werden, muss gesichert sein, dass wesentliche Funktionen im Zusammenhang mit dem Zugang zur Infrastruktur, insbesondere die Zuweisung von Kapazitäten, unabhängig, d. h. getrennt vom Zugbetrieb ausgeführt werden. Wie nachstehend erörtert, haben einige Mitgliedstaaten eine Form der vertikalen Trennung eingeführt, ohne diese Unabhängigkeit zu gewährleisten, weil zum Beispiel der Zugbetreiber mit der Zuweisung von Kapazitäten beauftragt wurde. Die Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung wurden ausführlich erörtert. Die wichtigsten Fragen werden nachstehend im Einzelnen dargelegt.

1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung Bei früheren Untersuchungen zur Theorie der vertikalen Trennung (Preston, 2002; Europäische Kommission, 2006) wurde eine Reihe von theoretischen Vorteilen aufgezeigt, die jedoch in der Praxis nicht unbedingt genau bestimmt bzw. quantifiziert wurden. Nachstehend sind die Nachteile aufgelistet, die gemäß der Analyse, welche im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurde, am relevantesten sind:

Transparenz: Theoretisch stehen den politischen Entscheidungsträgern mehr Informationen zur Verfügung, die einen direkteren Vergleich der Kosten des Schienenverkehrs gegenüber anderen Verkehrsträgern ermöglichen. Diese Informationen, die sich in den Trassenpreisen widerspiegeln, dürften potenzielle Betreiber theoretisch auch in die Lage versetzen, die kommerziellen Möglichkeiten für den Marktzugang besser abzuschätzen (wenngleich in der Praxis gewisse Bedenken im Zusammenhang mit asymmetrischer Information bestehen bleiben).

Kosteneffizienz: Die Trennung ermöglicht eine Spezialisierung der Betreiber und die Nutzung von Größenvorteilen und führt somit zu einem Rückgang der Stückkosten. So können zum Beispiel unabhängige Güterverkehrsunternehmen ihre Dienstleistungen über die nationalen Grenzen hinweg ausweiten und sich durch einen größeren Kundenstamm und eine größere Schienenfahrzeugflotte Größenvorteile sichern. Wo sich der Wettbewerb zwischen den Betreibern

17

Page 22: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

entwickelt, werden diese Vorteile in Form einer besseren Qualität der Dienstleistungen und niedrigerer Preise an die Endkunden weitergegeben.

Neutralität: Ein diskriminierungsfreier Zugang wird bei einer vollständigen vertikalen Trennung besser gewährleistet. Die für die Entgelterhebung und/oder für die Zuweisung zuständige Stelle eines integrierten Eisenbahnunternehmens wird eher geneigt sein, eine Möglichkeit zur Begünstigung des internen Betreibers zu finden, während ein unabhängiger Infrastrukturbetreiber im Allgemeinen einen wirtschaftlichen Anreiz haben wird, den Kapazitätsanforderungen der neuen und der etablierten Betreiber Rechnung zu tragen.

Wettbewerb: Die Trennung ermöglicht einen verstärkten Wettbewerb und führt, wie bereits festgestellt, zu einer Kostensenkung sowie zu Innovation und einer besseren Qualität. Grundsätzlich ergibt sich die Entwicklung des Wettbewerbs unmittelbar aus den Vorteilen der Neutralität und Nichtdiskriminierung, zumindest sofern ausreichend Kapazität vorhanden ist, um den verschiedenen Dienstleistungen Rechnung zu tragen. Wie bereits dargelegt, ist der Wettbewerb am Markt tendenziell auf den Güterverkehr beschränkt. Der Wettbewerb am Markt kann jedoch erhebliche Vorteile sowohl für die Fahrgäste als auch für die staatlichen Verkehrsbehörden mit sich bringen, die die Dienste im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen subventionieren. So können die Verkehrsbehörden entsprechende Aufträge auf der Grundlage der geringsten Subventionsanforderungen oder des innovativsten Dienstleistungsangebots vergeben. Solch eine wirksame wettbewerbsorientierte Beschaffung hängt von der Transparenz und der diskriminierungsfreien Behandlung möglicher Bieter ab, zu deren Sicherstellung die vertikale Trennung beitragen kann.

Privatisierung: Die Trennung ermöglicht die Privatisierung verschiedener Organisationen innerhalb des Sektors und somit die Einführung einer größeren wirtschaftlichen und finanziellen Disziplin. Sie führt allerdings nicht unbedingt zu einer Privatisierung. In der Praxis haben nur wenige der Netze, bei denen eine vertikale Trennung erfolgt ist, ihre Tätigkeiten tatsächlich privatisiert. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass es bei einer Trennung nicht unbedingt um die Privatisierung geht.

Frühere Untersuchungen (Preston, 2002; Europäische Kommission, 2006) haben außerdem einige theoretische Nachteile einer vertikalen Trennung aufgezeigt; der wichtigste Nachteil besteht darin, dass sich die Kosten der Branche möglicherweise erhöhen können, da es eines starken Regulierungssystems zum Schutz des Marktes und zur Verhinderung von Monopolmissbrauch sowie eines komplexen vertraglichen Rahmens bedarf. Nachstehend sind die Nachteile aufgelistet, die gemäß der Analyse, welche im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurde, am relevantesten sind:

Übergangskosten: Beim Übergang von einer vertikal integrierten zu einer vertikal getrennten Branche entstehen aufgrund der Notwendigkeit einer organisatorischen Umstrukturierung und der Einführung neuer vertraglicher Regelungen und Arbeitsweisen Übergangskosten. Wenngleich davon ausgegangen werden könnte, dass diese Übergangskosten langfristig durch die Kosteneinsparungen im Zusammenhang mit dem stärkeren Wettbewerb aufgewogen werden, können sie einen erheblichen Umfang annehmen, vor allem wenn die Struktur der Branche und/oder der Rechtsrahmen über Jahre hinweg mehrfach geändert werden. Die Übergangskosten haben sich für die Branche in Großbritannien als praktisches Problem erwiesen, das im Folgenden noch erörtert wird.

18

Page 23: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Verluste von Verbundvorteilen: Theoretisch können durch die Entbündelung der wichtigsten Tätigkeiten Verbundvorteile und in gewissem Maße auch Größenvorteile verlorengehen, die sich aus dem integrierten Betrieb ergeben. Allerdings sind die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zu diesem Thema unterschiedlich; in einigen Fällen wird behauptet, dass der Nutzen der vertikalen Trennung alle nachteiligen Auswirkungen infolge des Verlusts von Verbundvorteilen aufwiegt (siehe zum Beispiel Cantos, Pastor und Serrano, 2010).

Informationsasymmetrie: Für den Infrastrukturbetreiber können theoretisch Anreize bestehen, der Regulierungsbehörde oder den Zugbetreibern Informationen vorzuenthalten, vor allem wenn die Bereitstellung der betreffenden Informationen Auswirkungen auf seine Vergütung hätte.

Geringerer Anreiz für Investitionen in die Infrastruktur: Für einen Infrastrukturbetreiber kann es, wenn die Zugbetreiber die Hauptnutznießer sind (z. B. bei Infrastrukturinvestitionen, die unmittelbar zu geringeren Kosten für die Zugbetreiber führen), schwierig sein, eine angemessene Rendite zu erzielen. Unter diesen Umständen werden die Investitionen eher suboptimal ausfallen. Ob die Infrastrukturbetreiber die Kosten der Investitionen einschließlich einer angemessenen Rendite wieder hereinholen können, wird von der Struktur der Trassenpreise und dem betreffenden Rechtsrahmen abhängen.

Doppelter Gewinnaufschlag: Die vertikale Trennung kann zu dem Problem des so genannten „doppelten Gewinnaufschlags“ führen, das dadurch gekennzeichnet ist, dass Monopolisten auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette (in diesem Fall Infrastrukturbetrieb und Zugbetrieb) jeweils eine Gewinnspanne ansetzen, die über den tatsächlichen Kosten der von ihnen erbrachten Dienstleistung liegt. In der Praxis kann dieses Problem jedoch durch eine wirksame Regulierung der Trassenpreise und gegebenenfalls der Fahrpreise bzw. der Frachtraten verringert oder ausgeräumt werden.

Koordinierungsprobleme: Die vermehrte Zahl von Schnittstellen zwischen den verschiedenen Parteien der Branche kann zu Koordinierungsproblemen führen, zum Beispiel wenn es darum geht, in Fällen, in denen mehrere Betreiber dieselbe Infrastruktur nutzen, Streitigkeiten beizulegen oder einen Zeitplan zu vereinbaren. Diese Probleme können durch geeignete vertragliche oder branchenspezifische Verfahren gelöst werden, die jedoch in der Praxis zeitaufwändig und ressourcenintensiv sein können.

Geringere Zuverlässigkeit und Sicherheit: In einigen Fällen kann geltend gemacht werden, dass es infolge dieser Koordinierungsprobleme verstärkt zu Verspätungen und Annullierungen und sogar zu Abstrichen bei der Sicherheit kommen kann. So haben beispielsweise manche Kommentatoren das Zugunglück von Hatfield und die anschließende verminderte Leistungsfähigkeit des Zugverkehrs in Großbritannien auf die bei der Privatisierung eingeführte Branchenstruktur zurückgeführt. Es ließe sich jedoch ebenso argumentieren, dass diese Ereignisse eher das Ergebnis der durch die kommerziellen und vertraglichen Regelungen geschaffen Anreize als der vertikalen Trennung selbst waren.

Mögliche negative Auswirkungen auf den Wettbewerb: Die Entbündelung vertikal integrierter Firmen kann theoretisch zur Schaffung von finanziell relativ schwachen Unternehmen führen, die leicht von anderen Unternehmen übernommen werden können. Eine solche Konsolidierung ist in der Praxis im Vereinigten Königreich zu beobachten, wo eine Reihe von Konzessionsbetreibern von größeren Unternehmen übernommen wurden (GB Railways von FIRST Group,

19

Page 24: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Chiltern von der Deutschen Bahn, EWS von der Deutschen Bahn usw.). In diesem Fall gab es nur in relativ geringem Maße offenkundige Auswirkungen auf die Intensität des am Markt herrschenden Wettbewerbs, da der Betrieb im Rahmen eines offenen Zugangs ohnehin begrenzt war, wenngleich sich auch die Anzahl der Unternehmen, die glaubwürdige Angebote für Bahnkonzessionen erstellen können, in gewissem Maße in Grenzen hält. Diese theoretischen Bedenken sind ohnehin fragwürdig, wenn die Alternative in einem vertikal integrierten Monopol besteht, das nur wenig oder gar keinen Spielraum für den Marktzugang von Wettbewerbern bietet.

Zu den weiteren Nachteilen zählt unter anderem die Anwendung größerer Spannen für unvorhergesehene Ereignisse, die Herausbildung einer geringeren Risikobereitschaft und die größere Zahl von Unternehmen (zwischen denen oftmals Zielkonflikte bestehen). Insgesamt ist es nicht möglich, allein auf der Grundlage einer Abwägung der theoretischen Vor- und Nachteile eindeutige Schlussfolgerungen zugunsten einer vertikalen Trennung zu ziehen. Wie in den nachfolgenden Kapiteln erörtert, hängen die Auswirkungen vom spezifischen wirtschaftlichen, kommerziellen, regulatorischen und institutionellen Umfeld in den betreffenden Mitgliedstaaten ab. Aus dem bislang Gesagten wird jedoch deutlich, dass die vertikale Trennung kein Selbstzweck ist und dass viele der Vorteile nur dann verwirklicht werden, wenn sie eine Vorstufe zur Marktöffnung und zur Entwicklung von Wettbewerb darstellt.

1.5. Legislativer Hintergrund Die einschlägigen EU-Rechtsvorschriften verlangen keine vertikale Trennung zwischen Infrastrukturbetreibern und Eisenbahnunternehmen. Sie schreiben jedoch vor, dass „wesentliche Funktionen“ im Zusammenhang mit dem Infrastrukturzugang von der Erbringung von Verkehrsleistungen unabhängig sein müssen. In den Artikeln 6 und 9 der Richtlinie 2001/12/EG sind die Anforderungen für die Trennung festgelegt:

„Artikel 6: 1. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass getrennte Gewinn- und Verlustrechnungen und Bilanzen für die Erbringung von Verkehrsleistungen durch Eisenbahnunternehmen einerseits und für den Betrieb der Infrastruktur andererseits erstellt und veröffentlicht werden. Öffentliche Gelder zugunsten eines dieser beiden Tätigkeitsbereiche dürfen nicht auf den anderen übertragen werden. Dieses Verbot muss auch in der Rechnungsführung der beiden Geschäftsbereiche zum Ausdruck kommen. 2. Die Mitgliedstaaten können ferner vorsehen, dass diese beiden Tätigkeiten in organisatorisch voneinander getrennten Unternehmensbereichen innerhalb desselben Unternehmens ausgeübt werden oder dass eine getrennte Einrichtung den Betrieb der Infrastruktur übernimmt. 3. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Funktionen nach Anhang II, die für einen gerechten und nichtdiskriminierenden Zugang zur Infrastruktur ausschlaggebend sind, an Stellen oder Unternehmen übertragen werden, die selbst keine Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. Ungeachtet der Organisationsstrukturen ist der Nachweis zu erbringen, dass dieses Ziel erreicht worden ist. Die Mitgliedstaaten können jedoch Eisenbahnunternehmen

20

Page 25: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

oder jeder anderen Stelle die Erhebung von Entgelten und die Verantwortung für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur übertragen, wozu Investitionen, Wartung und Finanzierung gehören. 4. Die Anwendung des Absatzes 3 ist Gegenstand eines Berichts der Kommission gemäß Artikel 10b, der bis zum 15. März 2006 zu übermitteln ist.“ Artikel 9: …4. Bei Eisenbahnunternehmen werden für den Güterverkehr auf der Schiene Gewinn- und Verlustrechnungen und entweder Bilanzen oder jährliche Vermögensübersichten aufgestellt und veröffentlicht. Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen sind in den entsprechenden Rechnungen getrennt auszuweisen und dürfen nicht auf Tätigkeitsbereiche übertragen werden, die andere Verkehrsleistungen oder sonstige Geschäfte betreffen. ANHANG II Verzeichnis der wesentlichen Funktionen nach Artikel 6 Absatz 3: Vorarbeiten und Entscheidungen über die Zulassung von Eisenbahnunternehmen, einschließlich der Gewährung einzelner Genehmigungen; Entscheidungen über die Trassenzuweisung, einschließlich sowohl der Bestimmung als auch der Beurteilung der Verfügbarkeit und der Zuweisung von einzelnen Zugtrassen; Entscheidungen über die Wegeentgelte; Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen zur Bereitstellung bestimmter Dienstleistungen für die Allgemeinheit.”

In den Artikeln 4 und 14 der Richtlinie 2001/14/EG sind ebenfalls die Anforderungen für die Trennung festgelegt:

„Artikel 4 …2. Ist der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht von Eisenbahnunternehmen unabhängig, so werden die in diesem Kapitel dargelegten Aufgaben - außer der Erhebung von Entgelten - von einer entgelterhebenden Stelle wahrgenommen, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen unabhängig ist. Artikel 14: 1. Die Mitgliedstaaten können eine Rahmenregelung für die Zuweisung von Fahrwegkapazität schaffen, sofern dabei die Unabhängigkeit der Geschäftsführung gemäß Artikel 4 der Richtlinie 91/440/EWG gewahrt wird. Es werden spezifische Regeln für die Zuweisung von Fahrwegkapazität festgelegt. Der Infrastrukturbetreiber führt die Verfahren zur Zuweisung von Fahrwegkapazität durch. Insbesondere gewährleistet der Betreiber der Infrastruktur, dass die Fahrwegkapazität auf gerechte und nichtdiskriminierende Weise unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechts zugewiesen wird. 2. Ist der Betreiber der Infrastruktur rechtlich, organisatorisch oder in seinen Entscheidungen nicht von Eisenbahnunternehmen unabhängig, so werden die in Absatz 1 genannten und in diesem Kapitel im weiteren dargelegten Aufgaben von einer entgelterhebenden Stelle wahrgenommen, die rechtlich, organisatorisch und in ihren Entscheidungen von Eisenbahnunternehmen unabhängig ist.”

21

Page 26: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Somit sind drei Ebenen der Trennung vorgeschrieben: eine getrennte Rechnungsführung des Infrastrukturbetreibers und der

Eisenbahnunternehmen;

eine Trennung der oben aufgelisteten wesentlichen Funktionen von den Eisenbahn-Verkehrsleistungen und

eine Trennung der Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen von allen anderen Finanzierungsformen.

Die Neufassung führt diese Anforderungen zusammen und legt sie genauer fest, ohne jedoch die vertikale Trennung von Infrastrukturbetreibern und Eisenbahnunternehmen zu fordern. 1.6. Gliederung des Themenpapiers Der verbleibende Teil des Themenpapiers ist wie folgt gegliedert:

In Kapitel 2 werden verschiedene Marktentwicklungen in der EU kommentiert;

Kapitel 3 ist den europäischen Erfahrungen mit der vertikalen Integration gewidmet;

Kapitel 4 enthält eine Bewertung der Auswirkungen der Trennung, und

in Kapitel 5 werden im Anschluss an eine Zusammenfassung unserer Analyse die Schlussfolgerungen der Verfasser dieses Themenpapiers dargelegt.

22

Page 27: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

2. MARKTANALYSE In diesem Kapitel wird ausgehend von Daten der Europäischen Kommission und von Eurostat die Entwicklung des EU-Schienenverkehrsmarktes seit 2000 beschrieben. Nach Möglichkeit wurden die Angaben für 2009 einbezogen (die Angaben für 2010 sind derzeit unvollständig). 2.1. Die Stellung des Schienenverkehrs im Vergleich zu anderen

Verkehrsträgern Seit 2000 liegt der Marktanteil der Eisenbahn am gesamten Personenverkehr im Wesentlichen unverändert bei etwa 6 %. Der Personenkraftverkehr hat mit einem Marktanteil von etwa 73 % eine beherrschende Stellung (und wurde bei der nachstehenden Abbildung ausgenommen, damit die Entwicklungen bei den Marktanteilen der anderen Verkehrsträger deutlicher zutage treten). Von den verbleibenden Verkehrsträgern weisen Bus- und Luftverkehr die größten Anteile auf, wobei sich der Anteil des Luftverkehrs in den letzten Jahren etwas erhöht hat (was zum Teil auf die Liberalisierung und den Konkurrenzdruck durch Billigfluglinien zurückzuführen ist). Abbildung 1: Marktanteil der Verkehrsträger im Personenverkehr

(in Personen-km, EU-27, 2000-2008)

0%

2%

4%

6%

8%

10%

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Powered 2‐wheelers Buses & Coaches RailwaysTram & Metro Air Sea

Legende: Powered 2-wheelers Motorisierte Zweiräder Tram and Metro Straßenbahn, U-Bahn Buses and Coaches Busse Air Luft Railways Eisenbahn Sea Wasser Anmerkung: Ohne Pkw-Verkehr, auf den ca. 73 % des Gesamtmarktanteils entfallen.

Quelle: Europäische Kommission (2009)

23

Page 28: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Beim Güterverkehr haben Straßen- und Seeverkehr den größten Marktanteil. Der Marktanteil von Schiene, Binnenschifffahrt, Ölfernleitungen und Luftverkehr lag im gesamten Zeitraum unter 20 %; auf den Schienenverkehr entfielen etwas mehr als 10 %. Abbildung 2: Marktanteil der Verkehrsträger im Güterverkehr (in Tonnen-km,

Eu-27, 2000-2008)

0%

5%

1 0%

1 5%

2 0%

2 5%

3 0%

3 5%

4 0%

4 5%

5 0%

200 0 2 0 0 1 2 0 0 2 2 0 0 3 2 0 0 4 2 0 0 5 2 0 0 6 2 0 0 7 2 0 0 8

Road Se a Rail In land  W ate rway O il P ip e lin e A ir

Legende: Road Straße Sea See Rail Schiene Inland Waterway Binnenwasserstraße Oil Pipeline Ölpipeline Air Luft

Quelle: Europäische Kommission (2009) In Anbetracht der fast unverändert gebliebenen Anteile zeigt sich, dass die jüngste Eisenbahngesetzgebung der EU wenig zur Anhebung des Anteils des Schienenverkehrs an der Personen- und Güterbeförderung beigetragen hat, obwohl sich für die Eisenbahnbranche in organisatorischer Hinsicht in den Mitgliedstaaten einiges geändert hat.

24

Page 29: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

2.2. Volumen- und Leistungstrends im Schienenverkehr1

2.2.1. Personenverkehr Von 2000 bis 2009 ist der Personenverkehr in Personenkilometern in der EU-15 gestiegen und in der EU-12 zurückgegangen. Abbildung 3: Zuwachsraten im Personenschienenverkehr (2000-2009)

‐3 0 %

‐2 5 %

‐2 0 %

‐1 5 %

‐1 0 %

‐5 %

0 %

5 %

1 0 %

1 5 %

2 0 %

2 0 0 0 2 0 0 1 2 0 0 2 2 0 0 3 2 0 0 4 2 0 0 5 2 0 0 6 2 0 0 7 2 0 0 8 2 0 0 9

EU 2 7 EU 1 5 EU 1 2

Quelle: Europäische Kommission (2009)

In den EU-15-Mitgliedstaaten ist die Zahl der Beförderungsfälle im Schienenverkehr nach einem geringfügigen Rückgang von 2002 bis 2003 erheblich gestiegen (was zum Teil auf den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs zurückzuführen ist); von 2000 bis 2008 war ein Zuwachs von 16,4 % zu verzeichnen, bevor es 2009 zu einem leichten Rückgang kam. In den EU-12-Mitgliedstaaten ist die Nachfrage nach Schienenbeförderungsleistungen in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen - von 2000 und 2009 verringerte sie sich um 26,8 % (am stärksten war der Rückgang mit 8,8 % im Jahr 2009). Am schnellsten nahm der Personenschienenverkehr im Zeitraum 2000-2009 in Dänemark (41,9 %), im Vereinigten Königreich (36,4 %) und in Belgien (35,7 %) zu. Die Mitgliedstaaten mit dem größten Rückgang im gleichen Zeitraum waren Lettland (89,5 %), Rumänien (48,7 %) und Litauen (41,6 %). Aus der nachfolgenden Abbildung geht die Zuwachsrate für die einzelnen Mitgliedstaaten im genannten Zeitraum hervor.

1 Die Schienenverkehrsleistung wird im Güterverkehr in Tonnenkilometern und im Personenverkehr in

Personenkilometern ausgedrückt.

25

Page 30: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 4: Kumulatives Wachstum im Personenschienenverkehr (2000-2009)

L V

R O

L TB G E L

P L S KH U

C ZE E IT

L UP T

D E N LF I

E S S I F R IE A T

S EB E U K

D K

-1 0 0 %

-8 0 %

-6 0 %

-4 0 %

-2 0 %

0 %

2 0 %

4 0 %

6 0 %

Quelle: Europäische Kommission (2009)

2.2.2. Güterverkehr Nach einem mehrere Jahre währenden stetigen Rückgang konnte der Güterschienenverkehr zwischen 2004 und 2007 wieder ein positives Wachstum verzeichnen, das jedoch mit der Wirtschaftsrezession 2008 und 2009 im Wesentlichen wieder zum Erliegen kam. Von Mitte 2008 an hatte die Rezession erhebliche Auswirkungen auf den Güterschienenverkehr, da sie unter anderem alle Sektoren betraf, die Schienenfrachtdienste in Anspruch nehmen, wie zum Beispiel den Bergbau, die Stahlindustrie, die chemische Industrie und die Automobilindustrie. Zwischen 2007 und 2009 schrumpfte der Güterschienenverkehr in der EU-15 um 13,0 % und in der EU-12 um 27,6 %. Es sei darauf hingewiesen, dass dieser allgemeine Trend eine Änderung bei den Tonnenkilometern betrifft, hinter der sich andere Trends auf europäischer Ebene und in den einzelnen Mitgliedstaaten verbergen können. So ist beispielsweise im Vereinigten Königreich der Anstieg beim Güterschienenverkehr seit Mitte der 1990er Jahre auf die gestiegene Abhängigkeit von Importkohle und die damit zusammenhängende Zunahme des Verkehrs zwischen Häfen und Kraftwerken zurückzuführen. Grundsätzlich ist es ohne das Verständnis der besonderen wirtschaftlichen und politischen Umstände, die während des fraglichen Zeitraums in einem Land herrschen, nicht möglich, Schlussfolgerungen über die Auswirkungen der Umstrukturierung und Regulierung der Branche zu ziehen.

EU-12 EU-15

26

Page 31: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 5: Trends im Güterschienenverkehr (2000-2009)

‐ 2 5 %

‐ 2 0 %

‐ 1 5 %

‐ 1 0 %

‐ 5 %

0 %

5 %

1 0 %

1 5 %

2 0 %

2 0 0 0 2 0 0 1 2 0 0 2 2 0 0 3 2 0 0 4 2 0 0 5 2 0 0 6 2 0 0 7 2 0 0 8 2 0 0 9

E U 2 7 E U 1 5 E U 1 2

Anmerkung: In der Abbildung ist die prozentuale Änderung in Tonnenkilometern dargestellt.

Quelle: Europäische Kommission (2009)

Den größten Rückgang verzeichneten zwischen 2000 und 2009 Ungarn (93,6 %), Irland (83,9 %) und Luxemburg (71,3 %), während Lettland (55,3 %), Deutschland (44,1 %) und Österreich (42,5 %) die Mitgliedstaaten mit den höchsten Zuwächsen waren. In der nachstehenden Abbildung sind die Wachstumsraten der einzelnen Mitgliedstaaten dargestellt. Abbildung 6: Kumulatives Wachstum im Güterschienenverkehr

(2000-2009)

H U

IE

L U

P TF R

B G S K C Z R O E SIT P L E E B E

D KF I

S I

S E

N L U K E LL T

A T D E

L V

-1 2 0 %

-1 0 0 %

-8 0 %

-6 0 %

-4 0 %

-2 0 %

0 %

2 0 %

4 0 %

6 0 %

8 0 %

Quelle: Europäische Kommission (2009)

EU-12 EU-15

27

Page 32: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

2.3. Der Anteil der einzelnen Länder am internationalen Güterschienenverkehr

Den höchsten Anteil am internationalen Güterschienenverkehr im Verhältnis zum nationalen Güterschienenverkehr verzeichneten im Jahr 2008 Lettland, Dänemark und die Slowakei mit 98,3 %, 93,1 % bzw. 89,5 %. Die geringsten Werte wurden in Irland (null), im Vereinigten Königreich (3,7 %) und in Portugal (8,2 %) festgestellt, bei denen es sich, was die geografische Lage betrifft, durchweg um Länder an der europäischen Peripherie handelt, die nur in begrenztem Maße über grenzüberschreitende Schienenverbindungen verfügen. In der nachstehenden Abbildung ist der Anteil aller Mitgliedstaaten dargestellt. Abbildung 7: Anteil am internationalen Güterschienenverkehr - 2008

0 ,0 %

1 0 ,0 %

2 0 ,0 %

3 0 ,0 %

4 0 ,0 %

5 0 ,0 %

6 0 ,0 %

7 0 ,0 %

8 0 ,0 %

9 0 ,0 %

1 0 0 ,0 %

I E U K P T E S R O B G S E F R F I I T P L D E C Z A T B E E L L T L U S I N L H U E E S K D K L V

Quelle: Europäische Kommission (2009)

2.4. Öffnung des Schienenverkehrsmarktes 2009 waren die Marktanteile neuer Eisenbahnunternehmen, die Güterbeförderungsleistungen erbringen (in Tonnen-km) im Vereinigten Königreich (100 %), in Estland (57 %), Rumänien (45 %), den Niederlanden (36 %) und in Polen (32 %) am größten. Im Durchschnitt stiegen die Marktanteile neuer Güterschienenverkehrsunternehmen in Europa von 10,5 % im Jahr 2005 auf 22 % im Jahr 2009 an. In der nachstehenden Abbildung sind die Marktanteile in einer Reihe von Mitgliedstaaten für die Jahre von 2005 bis 2009 dargestellt.

EU-12 EU-15

28

Page 33: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 8: Anteil neuer Betreiber in den Mitgliedstaaten (2005-2009)

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

AT BE BG CZ DE DK EE ES FI FR HU IT LT LV NL PL PT RO SE SI SK UK

2005 2006 2008 2009

Anmerkung: Griechenland, Irland und Luxemburg wurden nicht in die Abbildung aufgenommen, da es in diesen Mitgliedstaaten keine nicht etablierten Betreiber gibt. Andere Mitgliedstaaten wurden aufgrund fehlender Informationen ausgenommen.

Quelle: Europäische Kommission (2009), Steer Davies Gleave (2006), IBM (2008)

Die vorstehende Abbildung macht deutlich, dass die einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Tendenzen und Erfahrungen aufweisen, obwohl für die Eisenbahnbranche in allen Ländern derselbe allgemeine Rechtsrahmen gilt. Wie aus den folgenden Kapiteln hervorgeht, wird dieser Rahmen in den verschiedenen Ländern keinesfalls einheitlich umgesetzt, insbesondere im Hinblick auf die vertikale Trennung. Vor diesem Hintergrund ist anzumerken, dass die Länder mit dem höchsten Anteil an neuen Betreibern im Jahr 2005 offenbar, wie die vorstehende Abbildung belegt, auch in den Folgejahren die größten Zuwächse bei neuen Marktteilnehmern aufweisen. In Kapitel 4 werden die Folgen dieser Trends eingehender erörtert.

29

Page 34: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

30

Page 35: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

3. DIE EUROPÄISCHEN ERFAHRUNGEN MIT DER VERTIKALEN TRENNUNG

3.1. Arten der vertikalen Trennung Die einzelnen Mitgliedstaaten haben die in Kapitel 1 dargelegten Rechtsvorschriften auf unterschiedliche Weise umgesetzt. In einigen Fällen hat die Kommission Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil bestimmte Anforderungen der Rechtsvorschriften nicht umgesetzt wurden. Grundsätzlich ist es fraglich, ob alle der angenommenen Ansätze mit dem übergeordneten Ziel in Einklang stehen, jegliche Diskriminierung auszuschließen, um den Wettbewerb am Markt zu verstärken und den Eisenbahnsektor der EU insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen. In diesem Abschnitt werden die entsprechenden Ansätze beschrieben, einschließlich der verschiedenen Fälle einer vollständigen vertikalen Trennung. Bestimmte Optionen können, wenngleich sie nicht unbedingt gegen die Richtlinien 2001/12/EG und 2001/14/EG verstoßen, genau genommen nicht als vertikale Trennung betrachtet werden. In diesem Themenpapier wird unter Hinweis auf die in dem Bericht der Kommission KOM(2006)0189 enthaltenen Standarddefinitionen auf die Ansätze der verschiedenen Mitgliedstaaten eingegangen:

vollständige Trennung;

teilweise Trennung;

teilweise Integration und

vollständige Integration.

Die Definitionen könnten weiterentwickelt werden, und die von einigen Mitgliedstaaten angenommenen Ansätze zeichnen sich durch Merkmale von mehreren dieser Kategorien aus. Darüber hinaus hat sich in einigen Fällen der ursprüngliche Ansatz für die Umsetzung im Laufe der Zeit geändert. Die in diesem Themenpapier enthaltene Analyse basiert auf unserem Verständnis der derzeitigen Position in den einzelnen Mitgliedstaaten und spiegelt die im Februar 2011 verfügbaren Informationen wider. Möglicherweise werden weitere Änderungen vorgenommen, insbesondere in Großbritannien, wo zurzeit verschiedene Aspekte der Branchenstruktur auf dem Prüfstand stehen.

3.1.1. Vollständige Trennung Bei diesem Ansatz besteht in rechtlicher, organisatorischer und institutioneller Hinsicht eine vollständige Trennung. Der Infrastrukturbetreiber ist von dem bzw. den Eisenbahnunternehmen unabhängig, und die Erbringer von Eisenbahnverkehrsleistungen sichern sich den Zugang zur Trasse und zu den Bahnhöfen durch Verträge mit dem Infrastrukturbetreiber (wie zum Beispiel in den Niederlanden).

3.1.2. Teilweise Trennung Bei diesem Ansatz besteht eine organisatorische und rechtliche Trennung zwischen dem Infrastrukturbetreiber und der Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen, doch bleibt das wichtigste Eisenbahnunternehmen de facto verantwortlich für wesentliche Aufgaben im Zusammenhang mit dem Infrastrukturbetrieb. Charakteristisch für die teilweise

31

Page 36: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Trennung ist der französische Eisenbahnsektor, bei dem sich das Streckennetz im Eigentum des vom etablierten Eisenbahnbetreiber, der SNCF, unabhängigen Unternehmens RFF befindet, aber die SNCF mit vielen Tätigkeiten beauftragt wird, die den Infrastrukturbetrieb betreffen. Insbesondere ist die SNCF für die Unterhaltung und den Betrieb des Streckennetzes zuständig und stellt Ressourcen für die Stelle bereit, der die Erstellung des Fahrplans obliegt (Direction de Circulation Ferroviaire).

3.1.3. Modell der teilweisen Integration Bei der teilweisen Integration sind der Infrastrukturbetreiber und das Eisenbahnunternehmen unabhängig von der organisatorischen Trennung Tochterunternehmen ein und derselben Holdinggesellschaft. Daher ist es wahrscheinlich, dass sie gemeinsamen strategischen und kommerziellen Zielen unterworfen sind, die sich möglicherweise auf die Monopolisierung der Eisenbahnmärkte erstrecken. Ebenso ist der Spielraum für eine wirksame Koordinierung des Infrastrukturbetriebs und des Eisenbahnbetriebs entsprechend größer. Bei einigen Modellen der teilweisen Integration besteht ein starker Zustrom neuer Akteure auf den Güterverkehrsmarkt (so zum Beispiel in Deutschland und Italien). Dies wird in Kapitel 4 eingehender erörtert.

3.1.4. Modell der vollständigen Integration In diesem Fall gibt es keine Trennung zwischen dem Infrastrukturbetreiber und dem Eisenbahnunternehmen, da beide Tätigkeitsbereiche von einem vertikal integrierten Unternehmen wahrgenommen werden. Dies ist die am wenigsten transparente Struktur, die im Allgemeinen den geringsten Spielraum für den Markteintritt von Wettbewerbern bietet, dafür jedoch eine wirksamere Koordinierung der Schnittstelle Rad-Schiene ermöglicht. Von den oben genannten Modellen ist derzeit nach EU-Recht lediglich die vollständige Integration (bei der es keine Trennung zwischen der Erbringung von Eisenbahndiensten und der Gewährleistung eines gerechten und diskriminierungsfreien Zugangs zur Infrastruktur gibt) verboten.

3.1.5. Grad der Trennung in den Mitgliedstaaten In der nachstehenden Abbildung ist dargestellt, welche Mitgliedstaaten unter die einzelnen in dem Bericht der Kommission KOM(2009)1687 benannten Kategorien fallen (die die Kategorien in KOM(2006)0189 widerspiegeln) und unmittelbar den Beschreibungen im vorangegangenen Abschnitt entsprechen. Diese wurden nicht abgeändert, da es sich dabei um branchenübliche Definitionen handelt.

32

Page 37: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Tabelle 1: Grad der Trennung2

KATEGORIE MITGLIEDSTAAT

Vollständige Trennung Großbritannien, Finnland, Dänemark, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, Portugal, Slowakei, Litauen, Rumänien, Tschechische Republik, Griechenland

Teilweise Trennung Estland, Frankreich, Ungarn, Slowenien, Luxemburg, Lettland

Teilweise Integration Österreich, Belgien, Deutschland, Italien, Polen

Vollständige Integration Irland, Nordirland Anmerkung: Die bereitgestellten Daten schließen Bulgarien nicht ein.

Quelle: Europäische Kommission (2009)

Während die Mitgliedstaaten argumentieren, dass eine teilweise Trennung und eine teilweise Integration gemäß der Richtlinie 2001/14/EG erlaubt seien, kam die Kommission zu dem Schluss, dass viele der derzeit umgesetzten Modelle nicht mit den Anforderungen des ersten Eisenbahnpakets im Einklang stehen. Deshalb hat sie beim EuGH ein Verfahren gegen mehrere Mitgliedstaaten eingeleitet. Das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen3 zu dem Bericht an den Rat und das Europäische Parlament über die Überwachung der Entwicklung des Schienenverkehrsmarkts (RMMS 2009, Anhang 3)4 gibt einen Überblick über die Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Richtlinie 91/440/EWG und dem ersten Eisenbahnpaket im Oktober 2009. Im Jahr 2010 leitete die Europäische Kommission weitere rechtliche Schritte gegen einige Mitgliedstaaten ein, so unter anderem gegen

Frankreich5 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG (in der geänderten Fassung), Artikel 6 Absätze 2 bis 5, Artikel 11 und Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14/EG;

Griechenland6 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absätze 2 bis 5, Artikel 11, Artikel 30 Absätze 1, 4 und 5 der Richtlinie 2001/14/EG;

Slowenien7 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG in der geänderten Fassung, Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14/EG und Artikel 6 Absätze 2 bis 5, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 8 Absatz 1, Artikel 11 und Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2001/14/EG;

2 Es sei darauf hingewiesen, dass in einigen Mitgliedstaaten seit der Veröffentlichung der Studie über das

Überwachungssystem für den Schienenverkehrsmarkt (Rail Market Monitoring Scheme, RMMS) Änderungen stattgefunden haben (so ist beispielsweise Polen zur vollständigen Trennung übergegangen, während Litauen eine teilweise Trennung vollzogen hat. Auch in Bulgarien besteht eine teilweise Trennung). Für diesen Teil des Themenpapiers wurden die in der RMMS-Studie verwendeten Informationen veröffentlicht.

3 SEK(2009)1687. 4 KOM(2009)676. 5 Rechtssache C-625/10, Klage, eingereicht am 29. Dezember 2010 — Europäische

Kommission/Französische Republik. 6 Rechtssache C-528/10, Klage, eingereicht am 15. November 2010 — Europäische

Kommission/Hellenische Republik. 7 Rechtssache C-627/10, Klage, eingereicht am 29. Dezember 2010 — Europäische Kommission/Republik

Slowenien.

33

Page 38: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Tschechische Republik8 wegen Verstoßes gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 2, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 11 und Artikel 30 Absatz 5 der Richtlinie 2001/14/EG;

Deutschland9 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG und Artikel 4 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 2, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 8 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 2 und Artikel 30 Absatz 4 der Richtlinie 2001/14/EG in Verbindung mit Artikel 10 Absatz 7 der Richtlinie 91/440/EWG;

Portugal10 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie des Rates 91/440/EWG (geändert durch die Richtlinie 2001/12/EG), Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 91/440/EWG und Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2001/14/EG;

Polen11 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG, Artikel 4 Absatz 2, Artikel 6 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 8 Absatz 1 und Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14/EG;

Österreich12 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG in der geänderten Fassung, Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14/EG;

Ungarn13 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 3 und Anhang II der Richtlinie 91/440/EWG in der geänderten Fassung, Artikel 6 Absätze 1 und 2, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 11 und Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2001/14/EG; sowie gegen

Spanien14 wegen Verstoßes gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 1, Artikel 11 Absatz 2, Artikel 14 Absatz 1 und Artikel 30 Absatz 1 der Richtlinie 2001/14/EG und aus Artikel 10 Absatz 7 der Richtlinie des Rates 91/440/EWG.

3.2. Analyse des Grades der Unabhängigkeit In der Vergangenheit hat die Kommission Bedenken bezüglich sämtlicher Modelle geäußert, mit Ausnahme des oben beschriebenen Modells der vollständigen Trennung. Sie hat insbesondere Vertragsverletzungsverfahren gegen einige Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Umsetzung des ersten Eisenbahnpakets eingeleitet, einschließlich der Verfahren gegen elf Mitgliedstaaten, die die Trennung von Infrastrukturbetrieb und Eisenbahnbetrieb sowie die Unabhängigkeit wesentlicher Funktionen betreffen.

8 Rechtssache C-545/10, Klage, eingereicht am 23. November 2010 – Europäische

Kommission/Tschechische Republik. 9 Rechtssache C-556/10, Klage, eingereicht am 26. November 2010 – Europäische

Kommission/Bundesrepublik Deutschland. 10 Rechtssache C-557/10, Klage, eingereicht am 29. November 2010 – Europäische

Kommission/Portugiesische Republik. 11 Rechtssache C-512/10, Klage, eingereicht am 29. November 2010 – Europäische Kommission/Republik

Polen. 12 Rechtssache C-555/10, Klage, eingereicht am 26. November 2010 - Europäische Kommission/Republik

Österreich. 13 Rechtssache C-473/10, Klage, eingereicht am 29. September 2010 - Europäische Kommission/Republik

Ungarn. 14 Rechtssache C-483/10, Klage, eingereicht am 6. Oktober 2010 - Europäische Kommission/Königreich

Spanien.

34

Page 39: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Mit der vertikalen Trennung soll die Unabhängigkeit hergestellt werden, die erforderlich ist, um einen diskriminierungsfreien Zugang zur nationalen Eisenbahninfrastruktur zu gewährleisten. Die von der Kommission und anderen geäußerten Bedenken betreffen die Tatsache, dass viele der angenommenen Strukturmodelle die Nichtdiskriminierung nicht in angemessener Weise gewährleisten. So führt beispielsweise das Modell der teilweisen Integration zu fortbestehenden starken strategischen und wirtschaftlichen Bindungen zwischen dem Infrastrukturbetreiber und dem etablierten Zugbetreiber, die ein und demselben Eigentümer unterstehen. Es kann schwierig sein, diese Bindungen allein durch eine unabhängige Regulierung zu überwinden, so stark die Befugnisse der Regulierungsbehörde auch sein mögen, was nicht zuletzt auf Probleme im Zusammenhang mit der Informationsasymmetrie und der wirksamen Überwachung des Zugangs Dritter zusammenhängt. Unter diesen Umständen wird sich der Wettbewerb grundsätzlich nur langsam entwickeln oder ganz ausbleiben. In der „Railimplement“-Studie für die Europäische Kommission15 wurde auf eine Reihe von Tests auf Unabhängigkeit der wesentlichen Funktionen hingewiesen, die in der nachstehenden, aus dem „Railimplement“-Bericht entnommenen Tabelle dargestellt sind. Tabelle 2: Indikatoren für die unabhängige Kapazitätszuweisung

MASSNAHME

Haben das etablierte Eisenbahnunternehmen und die für die Kapazitätszuweisung zuständige Stelle oder deren Holdinggesellschaften gemeinsame Vorstandsmitglieder, d. h. gibt es Vorstandsmitglieder, die im Vorstand der Holdinggesellschaft und im Vorstand des Eisenbahnunternehmens bzw. des Infrastrukturbetreibers vertreten sind, oder Vorstandsmitglieder, die sowohl im Vorstand des Eisenbahnunternehmens als auch im Vorstand des Infrastrukturbetreibers vertreten sind?

Sind das etablierte Eisenbahnunternehmen und die für die Kapazitätszuweisung zuständige Stelle im selben Gebäude ansässig?

Übernimmt der etablierte Eisenbahnbetreiber einen Teil der Aufgaben des Infrastrukturbetreibers in Bezug auf das Hauptstreckennetz?

Kontrolliert das etablierte Eisenbahnunternehmen den Zugang zur Kapazität von Einrichtungen des Infrastrukturbetreibers wie Depots und Terminals?

Quelle: Steer Davies Gleave (2006)

In der nachstehenden Tabelle sind die Ergebnisse einer im Rahmen der „Railimplement“-Studie durchgeführten Analyse dargestellt, bei der diese Testfragen angewandt wurden. Soweit das möglich war, wurde die Tabelle für das vorliegende Themenpapier aktualisiert, um die derzeitige Situation widerzuspiegeln. Steer Davies Gleave vertritt die Auffassung, dass diese Kriterien für das Verständnis von Unabhängigkeit und Nichtdiskriminierung von Bedeutung sind, und dass sie weiterhin eine Erklärung dafür bieten, warum das erste Eisenbahnpaket nicht die erwarteten Folgen für die Gewährleistung des diskriminierungsfreien Zugangs und für die Förderung des Wettbewerbs bei der Erbringung von Schienenverkehrsdiensten hatte.

15 Steer Davies Gleave (2006), Railimplement: The implementation of the EU Directives 2001/12/EC,

2001/13/EC and 2001/14/EC in Member States, London.

35

Page 40: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Tabelle 3: Unabhängigkeit: Ergebnisse der „Railimplement“-Analyse

Gemeinsame Vorstandsmitglieder

Büros im selben

Gebäude

Das etablierte Unternehmen

beteiligt sich am Infrastrukturbetrieb

Das etablierte Unternehmen

kontrolliert den Zugang zu

einigen Einrichtungen

Belgien Ja Nein Nein Nein

Dänemark Nein Nein Nein Nein

Deutschland Nein Nein Nein Ja

Estland Nein Ja Ja Ja

Finnland Nein Nein Nein -

Frankreich Nein Nein Ja Ja

Griechenland Nein Ja entfällt entfällt

Großbritannien Nein Nein Nein Nein

Irland Ja Ja entfällt entfällt

Italien Nein Ja Nein Ja

Litauen Ja Ja Ja Ja

Luxemburg Ja Ja Ja Ja

Niederlande Nein Nein Nein Nein

Nordirland Ja Ja entfällt entfällt

Norwegen Nein Nein Nein Nein

Österreich Ja Nein Nein Ja

Polen Nein Nein Ja Ja

Portugal Nein Nein Nein Ja

Schweden Nein Nein Nein Nein

Schweiz Ja Nein Nein Ja

Slowakei Nein Nein Nein Ja

Slowenien Ja Ja Nein Nein

Spanien Nein Nein Nein Nein

Tschechische Republik

Nein Nein Ja Ja

Ungarn Ja Ja Ja Ja

Anmerkungen: Bulgarien und Rumänien wurden nicht einbezogen, da sie nicht Teil der ursprünglichen Studie waren. Für Lettland waren keine Angaben verfügbar.

Quelle: Steer Davies Gleave (2006)16

16 Die Angaben wurden durch Schreibtischrecherche und Telefonbefragungen bis Februar 2011 aktualisiert.

36

Page 41: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Ausgehend von diesen Ergebnissen ergab die „Railimplement“-Studie Folgendes:

Die Häufigkeit gemeinsamer Vorstandsmitglieder und das Ausmaß, in dem etablierte Eisenbahnunternehmen Aufgaben im Bereich des Infrastrukturbetriebs wahrnehmen, geben besonderen Anlass zur Besorgnis, da sie tendenziell die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers und des etablierten Eisenbahnunternehmens untergraben. Dies trifft auch zu, wenn die Holdinggesellschaft (bei dem Modell der teilweisen Integration) die Mitglieder der Leitungsgremien des Infrastrukturbetreibers und des Eisenbahnunternehmens benennen kann, wie dies zum Beispiel in Italien der Fall ist.

Wenn die Aufgaben des Infrastrukturbetreibers im Zusammenhang mit der Kapazitätszuweisung von einem Eisenbahnunternehmen wahrgenommen werden, dann besteht eindeutig die Gefahr der einseitigen Begünstigung dieses Unternehmens. Wenngleich die Verfasser nicht in der Lage sind, sich zu der Rechtmäßigkeit dieser Praxis zu äußern, erachten sie es für schwierig, sie mit den Bestimmungen der EU-Rechtsvorschriften in Einklang zu bringen.

Die übrigen Probleme im Zusammenhang mit der gemeinsamen Nutzung von Büros und der Verwaltung anderer Infrastruktureinrichtungen müssen ebenfalls angesprochen werden, da sie tendenziell das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers untergraben.

Haben der etablierte Betreiber und die für die Kapazitätszuweisung zuständige Stelle Büros in ein und demselben Gebäude, so besteht die Gefahr einer unangemessenen Wechselbeziehung zwischen ihnen (obwohl die Tatsache, dass die Mitarbeiter der beiden Einrichtungen in ein und demselben Gebäude arbeiten, nicht unbedingt ein Beweis für eine solche Wechselbeziehung ist).

In Abbildung 9 ist der Marktanteil der nicht etablierten Eisenbahnunternehmen im Verhältnis zur Zahl der in Tabelle 3 ausgewiesenen Fälle dargestellt, in denen ein Mitgliedstaat den Unabhängigkeitstest besteht (was durch den Eintrag „Nein“ in der betreffenden Spalte angezeigt wird). Abgesehen von den Ländern, in denen eine vollständige Liberalisierung besteht, wie Dänemark, Großbritannien und die Niederlande, gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Marktanteil der nicht etablierten Eisenbahnunternehmen und dem Grad der Trennung der ehemaligen nationalen Eisenbahnunternehmen. Es wäre zu erwarten, dass der Trend in Zukunft in Richtung auf eine zunehmende Fragmentierung des Eisenbahnmarktes gehen wird, wenn neue Akteure Zugang zum Markt erlangen. Derzeit ist jedoch der Umfang der Markteintritte in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich.

37

Page 42: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 9: Anteil der neuer Eisenbahnbetreiber in den Mitgliedstaaten und Grad der Trennung

0%

20%

40%

60%

80%

100%

LT LU HU EL EE CZ SI AT FR IT PL SK PT ES BE DE FI SE NL DK UK

Marktan

teil nicht etab

lierter Unterneh

men

Anzahl der Fälle, in denen der Unabhängigkeitstest bestanden wird

1 2 3 40

Quelle: Europäische Kommission (2009); Steer Davies Gleave (2006)17

Somit geben Unabhängigkeit und Nichtdiskriminierung im Eisenbahnsektor immer noch Anlass zur Sorge. In letzter Zeit haben die Mitgliedstaaten sich mit einigen dieser Kriterien direkt befasst, um sicherzustellen, dass sie mit den Anforderungen der Kommission in Einklang stehen. So ist den Verfassern bekannt, dass einige Akteure versucht haben, ihre Tätigkeiten im Bereich der Kapazitätszuweisung zu „schützen“, indem sie in dem gemeinsam genutzten Gebäude eine Mauer zwischen dem für den Zugang zuständigen Bereich und den übrigen Tätigkeiten des Infrastrukturbetreibers errichtet haben, und der Zugang nur durch eine mit Codeschloss versehene Tür möglich ist. Diese Maßnahmen halten jedoch die Mitarbeiter nicht davon ab, in gemeinsam genutzten Bereichen des Gebäudes informell zu interagieren. Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen Mitarbeiter, die für eine öffentliche Stelle arbeiten, nach wie vor von einer anderen Einrichtung (oder sogar vom Infrastrukturbetreiber) bezahlt werden, was wiederum Fragen bezüglich der Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers und des betreffenden Eisenbahnunternehmens aufwirft. Auf die Frage der Unabhängigkeit wird im nachfolgenden Kapitel im Zusammenhang mit einer eingehenden Prüfung des Verhältnisses zwischen Liberalisierung und Trennung genauer eingegangen.

17 Siehe Fußnote 15.

38

Page 43: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

4. DIE AUSWIRKUNGEN DER TRENNUNG Die Auswirkungen der Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets in den einzelnen Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich, nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Trennungsmodelle. In diesem Kapitel werden einige Beispiele für die Auswirkungen der Trennung in einem kleinen Kreis von Mitgliedstaaten erörtert. Folgende Länder wurden untersucht:

Großbritannien (GB)18,

Schweden,

Niederlande,

Italien und

Frankreich.

Dabei haben wir mindestens einen Mitgliedstaat für jedes der in Kapitel 3 genannten Modelle ausgewählt, mit Ausnahme des vollständig integrierten Modells (das nicht den Anforderungen der Richtlinien entspricht, wenn keine unabhängige Kapazitätszuteilung vorliegt), da diese stellvertretend für die verschiedenen Modelle sind. Bei der Betrachtung der in den einzelnen Fällen angewandten Modelle wurden die wirtschaftlichen Aspekte (Kosten und Nutzen im Zusammenhang mit der Art der Trennung), operative Fragen aufgrund der verschiedenen Trennungsansätze sowie alle Folgen für die Sicherheit und die Auswirkungen auf die Endnutzer berücksichtigt. 4.1. Fallstudie: Großbritannien

4.1.1. Hintergrund der Trennung Die vertikale Trennung in Großbritannien folgte dem Eisenbahngesetz von 1993 und richtete sich, zumindest anfangs, nicht nach den konkreten Anforderungen des Ersten Eisenbahnpakets. Dabei wurde die Branche umstrukturiert, um eine Politik des Wettbewerbs für den Markt (durch Konzessionierung von Diensten im Rahmen der Gemeinwohlverpflichtung) sowie im Markt (durch einen „offenen Zugang“) zu fördern. Die Umstrukturierung umfasste Folgendes:

Übertragung des Eigentums an Schienenfahrzeugen des Personenverkehrs an Fahrzeugpoolgesellschaften (rolling stock companies – ROSCOs), die unabhängig von den Bahnunternehmen sind, so dass Bahnunternehmen sich um vorhandene Konzessionen bewerben und diese übernehmen können, ohne eigenes rollendes Material erwerben oder bereitstellen zu müssen,

ein Regulierungsmechanismus der „Mäßigung des Wettbewerbs“, die die Fähigkeit von Personenverkehrsbetreibern beschränkt, direkt mit Konzessionsverkehren in Wettbewerb zu treten, und

vorbehaltlich dieses Mechanismus die Schaffung von Anreizen für Konzessionsbetreiber, auf kommerzieller Basis Leistungen über die in der Gemeinwohlverpflichtung aufgeführten Leistungen hinaus bereitzustellen.

18 Was das Vereinigte Königreich betrifft, so haben wir uns auf das nationale Eisenbahnnetz in

Großbritannien konzentriert, da dort die Anforderungen des Ersten Eisenbahnpakets vollständig umgesetzt wurden, und haben das viel kleinere Schienennetz in Nordirland, das weiter integriert bleibt, unberücksichtigt gelassen.

39

Page 44: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

In Ermangelung eines umfangreichen Wettbewerbs am Markt wurden Fahrpreise und Leistungsniveau durch den Konzessionsvertrag reguliert.

Nach der Trennung der Infrastrukturbewirtschaftung vom Zugbetrieb und der Schaffung einer Vielzahl von Bahnbetriebsgesellschaften für den Personen- und Güterverkehr wurden die Personenverkehrsbetreiber durch die Vergabe von geografisch bedingten Konzessionen auf Wettbewerbsbasis privatisiert. Seit der Einleitung dieses Prozesses haben einige Neueinsteiger den Betrieb von Nischenverbindungen im offenen Zugang (Open Access) begonnen. Der Güterverkehr wurde im Anschluss an die Umstrukturierung privatisiert. Mittlerweile wird der Güterverkehrsmarkt von einem großen Betreiber beherrscht, obwohl sich auch eine kleine Zahl von Neueinsteigern einen gewissen Marktanteil verschafft hat. Auch der Personenverkehrsmarkt hat in den vergangenen Jahren einen erheblichen Konsolidierungsprozess durchlaufen, der auch vom Einstieg der Deutschen Bahn durch Zukäufe sowohl im Güter- als auch im Personenverkehrsbereich begleitet wurde. Aus dem Geschäftsbereich Infrastrukturbetrieb von British Rail wurde 1994 das Unternehmen Railtrack gebildet und anschließend privatisiert. Aufgrund von finanziellen Schwierigkeit und Sicherheitsbedenken (Bahnunglück von Hatfield im Jahr 2000) meldete das Unternehmen 2001 Insolvenz an, und im Folgejahr wurde der Geschäftsbetrieb von Network Rail, einer Gesellschaft mit beschränkter Nachschusspflicht, übernommen. Obwohl Network Rail ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, hat es keine Aktionäre, sondern wird von Mitgliedern geführt, die im weitesten Sinne die Interessen der Eisenbahnbranche vertreten.

4.1.2. Wirtschaftliche Kosten der Trennung In den verschiedensten Studien wurde eine signifikante Erhöhung der Branchenkosten im Zeitraum seit der Umstrukturierung festgestellt, und es ist klar, dass die Gesamtkosten wesentlich höher liegen als vor der Privatisierung der britischen Eisenbahn Mitte der 1990er Jahre. Aus den Studien geht jedoch auch hervor, dass die Kostensteigerung diverse und komplexe Ursachen hat und nicht allein auf die vertikale Trennung zurückzuführen ist. Laut Smith (2004) betrafen die größten Kostensteigerungen den Zeitraum vor der Privatisierung bis 2001/2002, wie die folgende Tabelle zeigt.

40

Page 45: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Tabelle 4: Kostenveränderungen in Großbritannien

Jahresdurchschnitt des Zeitraums Vor der

PrivatisierungaNach der

Privatisierung, Nach der

Privatisierung, Einheit

1963 bis 1992/1993

1993/94 bis 1999/2000

2000/01 bis 2001/2002

Kostendaten Barkosten gesamt

Mio. GBP realb 6 095 5 633 8 419

Faktorpreisec Arbeitskräfte GBP real 16 318 25 200 28 740 Kraftstoff GBP real 257,7 139,1 139,6

Material und Investitionsausgaben

Index (1963=100) 95,7 89,6 93,0

Endertrag/Netzgröße Zugkilometer gesamt Tausend 405 048 410 560 467 872

Personenkilometer Tausend 335 514 381 463 431 550 Tonnenkilometer Mio. 19 757 15 366 18 750

Trassenkilometer km 37 193 32 704 32 757

Zwischenergebnisse Erneuerte Streckenkilometerd Anzahl 694 359 990 Qualitätsmaß Schienenbrüchee Anzahl 745 772 621 Leistungf Pünktlichkei 88,1 90,0 81,5

Unfallopferg Anzahl 42 22 16

Anmerkungen: (a) 1992/93 ist das letzte Jahr, bevor die Auswirkungen der Privatisierung spürbar waren. (b) Finanzwerte in Preisen von 2001/2002 auf der Basis des Einzelhandelspreisindex. (c) Arbeitskosten pro Kopf; Kraftstoffpreis je Tonne Rohöleinheit. (d) Siehe Abbildung 2 in Smith (2004). (e) Datenreihe beginnt 1969. (f) Datenreihe beginnt 1974. Die Leistung ist ein zusammengesetzter Indikator der von British Rail veröffentlichten Daten zu Pünktlichkeit/Zuverlässigkeit. (g) Datenreihe beginnt 1964.

Quelle: Smith (2004)

Diese Tabelle bestätigt die erhebliche Kostensteigerung seit der Umstrukturierung und Privatisierung, lässt aber auch erkennen, dass sich diese Steigerung besonders auf den Zeitraum 2000/2001 bis 2001/2002 konzentrierte. Dies stützt Auffassung, dass die Kosten sowohl vor als auch nach der Privatisierung durch systematische Minderinvestitionen in das Schienennetz künstlich gedrosselt wurden. Die erhöhten Kosten von 2000 an widerspiegelten die Notwendigkeit – ausgelöst vor allem durch das Unglück von Hatfield im Oktober 2000 –, den entstandenen Investitionsrückstau aufzuholen und im gesamten Netz die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten durchzuführen. Wie die Streckenerneuerungen seit 1963 verliefen, zeigt die Abbildung unten. Es sei darauf hingewiesen, dass der starke Rückgang bei den Streckenerneuerungsarbeiten bereits vor der vertikalen Trennung und der Privatisierung von Railtrack eingesetzt hatte.

41

Page 46: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 10: Gleiskilometer nach Jahr der Verlegung – Großbritannien

Anmerkung: Die Daten stehen stellvertretend für den jährlichen Erneuerungsumfang. Da jedoch einige der Gleise, die in den ersten Jahren der Stichprobe (z. B. in den 1960er Jahren) verlegt wurden, mittlerweile ersetzt wurden, geht der tatsächliche Erneuerungsumfang in diesem Zeitraum aus der Datenreihe möglicherweise nicht hervor. Diese Grafik beruht auf dem Geschäftsplan 2003 von Network Rail, wurde jedoch mit Daten zum tatsächlichen Gleiserneuerungsumfang aus den Jahreserträgen von Railtrack für einige Jahre nach der Trennung ergänzt.

Quelle: Smith (2004)

Legende: Kilometres of Rail Renewed Erneuerte Gleise in km Average Durchschnitt Diese Auffassung wird auch von Daten zu den Branchenkosten je Zugkilometer gestützt. Von Mitte der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre beliefen sich diese stets auf mehr als 15 GBP je Zugkilometer, sanken aber danach bis zum Jahr des Unfalls von Hatfield und stiegen anschließend auf über 19 GBP je Zugkilometer (Smith, 2004). Dies geht aus Abbildung 11 hervor.

42

Page 47: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 11: Gesamtbarkosten der Bahnbranche je Zugkilometer

Quelle: Smith (2004)

Legende: £ Per Train Km, 2001/02 Prices GBP je Zugkilometer, Preise von 2001/2002 Previous Peak Vorheriger Spitzenwert Unit cost average Stückkosten Durchschnitt Post-privatisation Nach der Privatisierung Hatfield accident Unfall von Hatfield Note: preliminary estimates for… Anmerkung: Die vorläufigen Schätzungen für

2002/2003 sowie 2003/2004 beruhen auf dem Anstieg der Kosten von Network Rail seit 2001/2002. Sonstige Branchenkosten werden als real konstant angenommen, da Daten über 2001/2002 hinaus noch nicht vollständig vorliegen.

Vor kurzem initiierte das britische Verkehrsministerium eine Studie zum Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Bahnbranche, die von Sir Roy McNulty geleitet und gemeinsam vom Ministerium und vom Office of Rail Regulation finanziert wurde. Bei Redaktionsschluss dieses Themenpapiers hatte Sir Roy zwar seinen Abschlussbericht noch nicht veröffentlicht, doch weisen seine Zwischenergebnisse auf gravierende Ursachen für die Eskalation der Branchenkosten seit der Privatisierung hin. Diese Ursachen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

43

Page 48: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Tabelle 5: Hautpursachen der Kostenveränderungen nach der Privatisierung – Großbritannien

Kategorie Betrag Beschreibung

Zugbetriebskosten 1,4 Mrd. GBP

0,7 Mrd. GBP beziehen sich auf den Zuwachs an Zugkilometern, und ein Teil der übrigen Summe geht wahrscheinlich auf eine Outputsteigerung, wie z. B. verbesserte Leistung, zurück. Der Wettbewerb zwischen Konzessionsbewerbern hat zu einer Kostendämpfung beigetragen, obwohl einige Elemente der Betriebskosten, vor allem die Lokführergehälter, erheblich gestiegen sind.

ROSCO 0,3 Mrd. GBP

Die gesamte Steigerung lässt sich auf den Zuwachs an Zugkilometern zurückführen.

Betrieb und Instandhaltung der Infrastruktur

0,2 Mrd. GBP

Ein kleiner Teil davon geht wahrscheinlich auf den Volumenzuwachs zurück (<0,1 Mrd. GBP).

Infrastruktur-erneuerung

2,0 Mrd. GBP

1,3 Mrd. GBP aufgrund einer Erhöhung des Umfangs der Erneuerung (kaum verkehrsbezogen, doch in gewissem Umfang im Zusammenhang mit der Beseitigung des Investitionsrückstaus).

Infrastruktur-verbesserungen

1,1 Mrd. GBP

Führt zu einem gesteigerten Output.

Quelle: McNulty-Team zum Kosten-Nutzen-Verhältnis, Präsentation für die Transport Economists‘ Group, 24. November 2010.

Diese Analyse zeigt, dass sich nach der vertikalen Trennung in der Branche eindeutig Kostensteigerungen ergeben haben, sich diese aber durch mehrere Faktoren erklären lassen. So kam es zu hohen Bahninvestitionen, insbesondere seit dem Unfall von Hatfield, die zu höherer Kapazität (so dass wesentlich höhere Fahrgastzahlen bewältigt werden können) und zu verbesserter Leistung geführt haben. Vor diesem Hintergrund sei darauf hingewiesen, dass das Office of Rail Regulation im Anschluss an die letzte Überprüfung der Trassenentgelte von Network Rail zu dem Schluss kam, dass der Infrastrukturbetreiber etwa 40 % weniger effizient arbeitet als die besten seiner Pendantunternehmen auf dem europäischen Kontinent, was auf ein wesentliches Verbesserungspotenzial in Sachen Effizienz für die nächste Zeit schließen lässt. Obwohl die Verfasser den Ergebnissen der McNulty-Studie nicht vorgreifen können, kristallisiert sich jedoch innerhalb der Branche die Meinung heraus, dass diese Ineffizienz wohl eher Ausdruck der Schwächen bei Management und Organisation von Network Rail sind, als das Ergebnis der vertikalen Trennung.

4.1.3. Auswirkungen der Trennung auf die Sicherheit Nach einer Reihe von aufsehenerregenden Unfällen ist das Thema Sicherheit in den letzten Jahren stärker in den Blickpunkt gerückt. In der Praxis hatte sich die Sicherheit bereits vor der vertikalen Trennung und Privatisierung verbessert, was sich auch danach fortgesetzt hat, doch die politische Reaktion auf Unglücksfälle wie Hatfield hat wahrscheinlich die Sicherheitskultur in der gesamten Branche weiter gestärkt. Dem ORR zufolge hat sich die Zahl der Verletzungen je 1 Mrd. Personenkilometer im Laufe der letzten 15 Jahre von 19 im Jahr 1997 auf 8 im Jahr 2008 mehr als halbiert. Auch wenn

44

Page 49: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

sich aus diesen Angaben nicht schließen lässt, dass die vertikale Trennung zu einer Verbesserung der Sicherheit geführt hat, geht sie doch einher mit einem hohen und sich im Laufe der Zeit verbessernden Sicherheitsniveau.

4.1.4. Auswirkungen auf den Betrieb Die vertikale Trennung wirkt sich nachhaltig auf den täglichen Bahnbetrieb aus, da sie zu einer Reihe von neuen betrieblichen Beziehungen geführt hat. Insbesondere hat die Umstrukturierung und Privatisierung eine erhebliche Ausweitung der Vertragsverhältnisse zwischen verschiedenen Beteiligten zur Folge, wie z. B. Verträge über den Trassenzugang, Verträge über Stationsanfahrten, Depotverträge und Leasingverträge für Rollmaterial. Nach Ansicht einiger Kommentatoren kompliziert dieses Vertragsgeflecht sowohl den täglichen Betrieb als auch die mittel- und langfristige Planung, da sich der Entscheidungsprozess verzögert. Gleichzeitig wurde damit aber auch mehr Rechtssicherheit für die Branche in einigen Bereichen geschaffen, z. B. in Bezug auf Entschädigungen für Verspätungen und Gleissperrungen, für die Vertragsstrafen gelten und die sich mit hinreichender Zuverlässigkeit vorhersagen lassen. Außerhalb der rein vertraglichen Verpflichtungen haben Network Rail und die Eisenbahnunternehmen wirksame Möglichkeiten der Zusammenarbeit gefunden, um den für Fahrgäste und Güterverkehrskunden angebotenen Dienst zu verbessern. Das gilt vor allem im Hinblick auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, die sich seit dem Umdenken aufgrund des Hatfield-Unfalls wesentlich verbessert haben. Unmittelbar nach der vertikalen Trennung lagen die Werte der Public Performance Measure (PPM), also der prozentuale Anteil der Züge, die höchstens 10 Minuten (Fernzüge) bzw. 5 Minuten (Nahverkehrszüge) nach der fahrplanmäßigen Ankunftszeit eintreffen, zwischen 87 % und 90 %. Nach Hatfield fiel der Wert auf unter 80 %, hat sich seitdem aber nachhaltig erholt, was als Resultat gemeinsamer Pläne zur Verbesserung der Leistung und der Etablierung einer starken Kultur der Verbesserung der Pünktlichkeitswerte anzusehen ist. Im Jahr 2009/2010 lag der PPM-Wert bei 91,5 %, und einige Betreiber erreichen regelmäßig 95 % und mehr.

4.1.5. Wettbewerbssituation Die vertikale Trennung des Eisenbahnbetriebs in Großbritannien hat sich ausgesprochen positiv auf die Wettbewerbs- und Marktentwicklung ausgewirkt, haben doch die Eisenbahnunternehmen verschiedene Neuerungen eingeführt und bieten spezielle Sondertarife für im Vorverkauf erworbene Fahrausweise oder für Fahrten außerhalb der Hauptverkehrszeiten an, um mehr Fahrgäste zu gewinnen. Das Verhältnis zwischen Branchenumstrukturierung, der wachsenden Nachfrage im Schienenverkehr und dem allgemeinen Wirtschaftswachstum ist komplex, und es wäre nicht korrekt, den in Kapitel 2 angeführten erheblichen Zuwachs im britischen Schienenverkehr der vertikalen Trennung zuzuschreiben. Allerdings haben die starken Anreize für konzessionierte Personen- und Güterverkehrsunternehmen, ihr Kundenaufkommen zu erhöhen, zweifellos dazu beigetragen, die im Zeitraum seit der Privatisierung beobachteten Trends zu verstärken. Dies wiederum leistet einen Beitrag zur Stützung des Wirtschaftswachstums im gesamten Land.

4.1.6. Auswirkungen auf die Nutzer Seit der vertikalen Trennung sind die Fahrgastzahlen im Schienenverkehr erheblich angestiegen, selbst im Gefolge der jüngsten Rezession. Güterverkehrskunden haben eine größere Auswahl an Anbietern, obgleich der in Tonnenkilometer gemessene scheinbare Zuwachs im Güterschienenverkehr zumindest teilweise auf den Transport von Kohle über

45

Page 50: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

längere Strecken zurückzuführen ist, wie in Kapitel 2 erwähnt wurde. Gleichzeitig ist ein spürbarer Anstieg der durchschnittlichen Fahrpreise im Personenverkehr zu verzeichnen, was einer realen Steigerung von 19 % im Zeitraum 1995 bis 2010 entspricht. Hinter diesem Durchschnittswert verbergen sich allerdings erhebliche Unterschiede: So sind die unregulierten Normalpreise im Fernverkehr in diesem Zeitraum um mehr als 47 % gestiegen, die regulierten Normalpreise im Fernverkehr jedoch nur um 0,2 %. Die oben erwähnten sehr niedrigen Vorverkaufstarife wurden durch die Einführung modernerer Ertragsmanagementverfahren im Fernverkehr begünstigt. Außerdem haben verschiedene Betreiber Innovationen beim Service, wie WLAN und Echtzeit-Fahrtinformationen eingeführt, obwohl hier natürlich die technologische Entwicklung eine große Rolle gespielt hat.

4.1.7. Schlussfolgerungen zur Fallstudie Großbritannien Als Fazit ist festzuhalten, dass das Beispiel Großbritannien Belege für einige der an anderer Stelle beschriebenen Vorzüge einer vertikalen Trennung liefert. Insbesondere die Einführung von Ausschreibungen für Konzessionen hat zur Ankurbelung des Marktwachstums beigetragen, Innovationen beim Service angeregt und zur Dämpfung von Elementen der Kostenbasis geführt. Obwohl zudem die Kosten seit dem Jahr 2000 erheblich angestiegen sind, ist dies zum Teil Ausdruck erhöhter Investitionen als Reaktion auf die Auswirkungen der früheren Politik der Streckenerneuerung. Dennoch gelangte die McNulty-Studie zu dem Schluss, dass die Branchenkosten zu hoch sind und dass dies teilweise das Ergebnis der komplizierten Verhältnisse und der Ineffizienzen ist, die ihren Ursprung in der Zeit der Privatisierung haben. Eine Schlussfolgerung der Studie wird möglicherweise darin bestehen, dass es einer weiteren Umstrukturierung bedarf, um dieses Problem anzugehen, obgleich nichts darauf hindeutet, dass die vertikale Trennung eine grundlegende Ursache der Kosteneskalation in den letzten Jahren ist. 4.2. Fallstudie: Schweden

4.2.1. Hintergrund der Trennung Schweden war 1988 Vorreiter bei der vertikalen Trennung und löste die Infrastrukturbewirtschaftung (Banverket) vom Zugbetrieb (SJ). Beide Unternehmen blieben in öffentlicher Hand, und SJ blieb zunächst Monopolanbieter von Eisenbahnverkehrsdiensten. Nach wie vor hält SJ ein Monopol für alle Zugverbindungen über Provinzgrenzen, die es kommerziell betreiben will. Der Trennung schloss sich eine Deregulierung des Sektors an, wobei Neueinsteiger im Personenverkehrsmarkt Marktanteile durch Ausschreibungen für Zugverbindungen innerhalb der Provinzen und im Güterverkehrsbereich durch Übernahme von Nischenverkehren übernahmen. Im Rahmen eines Vertrags über den Betrieb des Schienennetzes erhält Banverket staatliche Subventionen. Mit den Subventionen werden die Kosten gedeckt, die nicht über Trassenentgelte hereingeholt werden, da letztere auf Grenzkostenbasis festgelegt sind.

4.2.2. Wirtschaftliche Kosten der Trennung Die wirtschaftlichen Auswirkungen der vertikalen Trennung bei der schwedischen Eisenbahn wurden von Nilsson (2002) untersucht, um die Veränderungen bei den Transfers zwischen Staat und Bahnsektor herauszufinden. Wie aus den unten angegebenen Ergebnissen der Analyse hervorgeht, kam es nach der Trennung zu einem Kostenanstieg bei der Eisenbahn, wie im Falle Großbritanniens ist dieser jedoch vorrangig auf Investitionen zurückzuführen. Die Tabelle lässt erkennen, dass die Kosten im Zusammenhang mit dem täglichen Betrieb eines vertikal separierten Eisenbahnsektors

46

Page 51: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

minimal sind und dass die Einführung einer derartigen Branchenstruktur langfristig Vorteile mit sich bringt. Tabelle 6: Kostenveränderungen nach der Privatisierung - Schweden

(in Mio. SEK) 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993

Betriebssubvention für Netz 1409 1395 1474 1245 1404 1015 842 707

Investitionskosten 578 882 879 3195 3858 4513 5791 7213

Transfer vom Sektor zum Staat -125 0 0 -751 -729 -675 -681 -659

Nettoveränderung gesamt 1862 2277 2353 3689 4533 4853 5952 7261

Nettoveränderung (ohne Investitionen) 1284 1395 1474 494 675 340 161 48

Quelle: Nilsson (2002)

4.2.3. Auswirkungen der Trennung auf die Sicherheit Die Trennung hat sich nicht nachweisbar auf die Sicherheit in Schweden ausgewirkt. Bereits vor der Trennung konnte Schweden ein hohes Sicherheitsniveau aufweisen, doch die Umstrukturierung hatte keinen feststellbaren Effekt auf die Zahl der getöteten Personen bei Eisenbahnunfällen.

4.2.4. Auswirkungen auf den Betrieb Seit der Privatisierung hat sich die Gesamtzahl der Beschäftigten im Eisenbahnsektor wesentlich verringert, wie die Abbildung unten zeigt. Diese Entwicklung ging einher mit dem Rückgang der von SJ angebotenen Zugverbindungen sowie mit einer Verringerung des dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Rollmaterials.

Abbildung 12: Veränderung der Beschäftigtenzahlen - Schweden

Quelle: Nilsson (2002)

Die vertikale Trennung gilt nicht als Hindernis für eine wirksame Koordinierung. Seit der Trennung hat sich der Zugbetrieb sogar verbessert, vor allem dank eines Managementwandels sowohl bei SJ als auch bei Banverket, mit dem sichergestellt wurde, dass die Kundenbeziehungen den wichtigsten Aspekt des Geschäfts darstellen.

47

Page 52: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

4.2.5. Wettbewerbssituation Obwohl der schwedische Markt zu Beginn nicht wettbewerbsoffen war, hat er inzwischen vom Einstieg neuer Güter- und Personenverkehrsunternehmen profitiert, die neue Dienste eingeführt und die Servicequalität verbessert haben. In den vergangenen Jahren kam es zwar zu einer gewissen Konsolidierung des Marktes, doch gibt es keine Belege dafür, dass dies zu einer signifikanten Verringerung des Wettbewerbs geführt hat.

4.2.6. Auswirkungen auf die Nutzer Einer der wichtigsten Indikatoren für die Auswirkungen auf die Nutzer ist die Pünktlichkeit der Zugverbindungen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann festgestellt werden, dass sich die Pünktlichkeit im Personenverkehr seit der vertikalen Trennung auf über 90 % verbessert hat. Im Güterverkehr allerdings haben sich die Pünktlichkeitswerte leicht verschlechtert.

4.2.7. Schlussfolgerungen zur Fallstudie Schweden In Schweden ist die vertikale Trennung bereits seit langem Realität, und das Land war Vorreiter für eine umfassende Umstrukturierung des Eisenbahnsektors. Die schrittweise Deregulierung des Güter- und Personenverkehrs öffnete den Weg für Marktneueinsteiger und ermöglichte mehr Wettbewerb in der Branche. Insbesondere die Qualität des Personenverkehrs hat sich verbessert, und Güterverkehrskunden haben eine größere Auswahl, obwohl SJ und Green Cargo nach wie vor die marktbeherrschenden Unternehmen sind. Koordinierungsprobleme sind nicht aufgetreten; vielmehr sind seit der Trennung eine Verbesserung der Leistung und weniger Verspätungen zu verzeichnen. 4.3. Fallstudie: Niederlande

4.3.1. Hintergrund der Trennung Die vertikale Trennung des Eisenbahnsektors in den Niederlanden begann Ende der 1990er Jahre. Nach der Verabschiedung des Ersten Eisenbahnpakets wurde die zuvor vollständig integrierte Eisenbahngesellschaft in mehrere Einheiten aufgegliedert. Eine vollständige Trennung zwischen Infrastrukturbewirtschaftung und dem wichtigsten Eisenbahnunternehmen erfolgte 2002, als NS die Schienenverkehrsregelung, Infrastrukturbewirtschaftung und Planung abgab und all dies auf das neue Unternehmen ProRail überging. Erfolg oder Misserfolg der Trennung sind Gegenstand umfangreicher Debatten. Mulder et al. (2005) behaupten, dass der Wettbewerb auf der Schiene im Personenverkehrsmarkt gescheitert ist. Der Wettbewerb im Personenverkehr ist auf Regionalverbindungen beschränkt, für die Ausschreibungen stattfinden, während landesweite Verbindungen im Rahmen einer einzigen Konzession betrieben werden, die das staatliche Unternehmen Nederlandse Spoorwegen (NS) bis 2015 innehat. Im Güterverkehr dagegen verläuft der Wettbewerb erfolgreich, und mehrere Betreiber bieten Dienste im Schienennetz an.

4.3.2. Wirtschaftliche Kosten der Trennung Anfang der 1990er Jahre hat die niederländische Regierung nach Angaben der Commissie Wijffels (1992) die Transferzahlungen an den Eisenbahnsektor schrittweise verringert. Mit

48

Page 53: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

diesem Schritt sollte erreicht werden, dass der Personenverkehr zu einer nicht subventionierten Wirtschaftstätigkeit wird, während der Ausbau und der Betrieb der Infrastruktur in der Verantwortung des Staates bleiben sollten (van de Velde et al., 2009). In der ersten Phase der Reform (1995-2000) bemühte sich die Geschäftsführung von NS um Effizienzverbesserungen zur Erfüllung des ersten Punkts eines von der niederländischen Regierung aufgestellten Sechs-Jahres-Programms für den Zeitraum 1994-2000 (OECD, 1998). Wie Mulder et al. (2005) jedoch darlegen, waren die ursprünglichen Vorstellungen der NS-Geschäftsführung vom Investitions- und Instandhaltungsbedarf der Eisenbahn unzureichend, was sich kurz- und mittelfristig nachteilig auf das Schienennetz auswirkte. So sank beispielsweise die Pünktlichkeit der Züge so stark, dass die staatlichen Anforderungen nicht mehr erfüllt wurden (van de Velde, 2009). Nach Aussage von Mulder et al. (2005) stand dies einerseits im Zusammenhang mit Verzögerungen bei der Netzinstandhaltung und andererseits mit unzureichenden Investitionen in das rollende Material, wobei beide Probleme auf Unsicherheitsfaktoren bei politischen Entscheidungen der Jahre unmittelbar nach der Reform zurückgingen. Mulder et al. (2005) führten ebenfalls aus, dass zu wenig Gewicht auf eine Verbesserung der technischen Effizienz der Branche gelegt wurde, und die Mindereinnahmen aufgrund der reduzierten staatlichen Transferzahlungen wurden daher durch Fahrpreiserhöhungen statt durch Effizienzverbesserungen ausgeglichen. Außerdem war das Verhältnis zwischen dem Infrastrukturbetreiber und dem wichtigsten Bahnunternehmen zuweilen gespannt, da keine angemessenen vertraglichen und finanziellen Anreize zwischen den Parteien vorhanden waren, so dass es zu zusätzlichen Beeinträchtigungen wie Störungen des Schienenverkehrs und zu gegenseitigen Schuldzuweisungen kam (Mulder et al., 2005). In den letzten Jahren hat sich die Lage wesentlich gebessert und die Leistungs- und Pünktlichkeitswerte sind auf den zufriedenstellenden Stand vor der Trennung zurückgekehrt. Aus den Geschäftsberichten des Infrastrukturbetreibers (ProRail) und des etablierten Eisenbahnunternehmens (NS) geht ein längerfristiger Trend bei den Einnahmen und Kosten des gesamten Bahnsektors hervor. Wie die Tabelle zeigt, sind die Kosten des Infrastrukturbetreibers in den letzten Jahren von gut 1 Mrd. EUR im Jahr 2003 auf fast 1,5 Mrd. EUR im Jahr 2009 allmählich angestiegen. Die Kosten von NS folgten einem ähnlichen Trend, zumindest von 2006 an, als die entsprechenden Daten erstmals vorlagen. Beide Unternehmen verzeichneten von 2006 bis 2009 sinkende Gewinne, obwohl beide in diesem Zeitraum rentabel blieben. Tabelle 7: Einnahmen und Kosten von ProRail und NS - Niederlande (in Mio.

EUR)

(in Mio. EUR) 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Einnahmen ProRail 1029 1129 1197 1260 1330 1464 1476 Betriebskosten ProRail 1023 1106 1190 1229 1300 1463 1459 Einnahmen NS - - - 3846 4040 4253 4596 Betriebskosten NS - - - 3536 3685 3925 4435 Gewinn ProRail 6 23 7 31 30 1 17 Gewinn NS - - - 310 355 328 161

Quelle: Geschäftsberichte ProRail und NS.

49

Page 54: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Diese Trends bleiben auch bei Berücksichtigung der Inflation erhalten (siehe Tabelle 8)19. Tabelle 8: Reale Einnahmen und Kosten von ProRail und NS - Niederlande

(in Mio. EUR) 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Einnahmen ProRail 1029 1106 1149 1185 1225 1321 1304

Betriebskosten ProRail 1023 1083 1142 1155 1197 1320 1289

Einnahmen NS - - - 3616 3721 3837 4062

Betriebskosten NS 3324 3394 3541 3920

Gewinn ProRail 6 23 7 29 28 1 15

Gewinn NS - - - 291 327 296 142

Quelle: Geschäftsberichte ProRail und NS. Die oben angegebenen Werte sind in veranschaulicht, allerdings ohne Investitionen und nur für Betriebskosten. Abbildung 13: Betriebskosten ProRail und NS (bezogen auf 2003)

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Betriebskosten von Prorail Betriebskosten der NS

Quelle: Geschäftsberichte ProRail und NS.

Kosten und Einnahmen sowohl des Infrastrukturbetreibers als auch des etablierten Eisenbahnunternehmens sind also im Laufe der Zeit konstant gestiegen. Ob dies auf die vertikale Trennung zurückzuführen ist, lässt sich nicht feststellen.

4.3.3. Auswirkungen der Trennung auf die Sicherheit Steenhuisen und de Bruijne (2009) zufolge hatten die Reformen des Eisenbahnsektors seit der Trennung spürbare Auswirkungen auf die Sicherheit (1996-2007), denn so stieg

19 Im Zeitraum 1997-2010 lag die Inflation in den Niederlanden im Durchschnitt bei 2,08 % (Quelle:

http://www.inflation.eu/inflation-rates/the-netherlands/historic-inflation/cpi-inflation-the-netherlands.aspx).

50

Page 55: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

die Zahl der überfahrenen Haltesignale in diesem Zeitraum um etwa 70 %. Bis 2008 sank diese Zahl anschließend jedoch wieder um 20 %. Den Verfassern zufolge beeinträchtigte die Entbündelung des Eisenbahnsektors die Zusammenarbeit zwischen den Steuerungsstellen des Bahnbetriebs. Dennoch führen sie an, das die institutionelle Fragmentierung zwar die Handhabbarkeit großflächiger Infrastrukturen wie des Schienennetzes verringert, die Gesamtleistung aber nicht notwendigerweise beeinträchtigt wird. Die Sicherheit des niederländischen Schienennetzes insgesamt ist jedenfalls seit vielen Jahren hoch. Die einzigen Unfälle mit Todesfolge in den letzten 20 Jahren ereigneten sich 1990 (zwei Tote unter den Fahrgästen) und 2009 (ein Lokführer getötet).

4.3.4. Auswirkungen auf den Betrieb Steenhuisen und de Bruijne (2009) untersuchten außerdem die Auswirkungen der Reformen auf die Betriebsleistung der niederländischen Eisenbahn. Nach ihren Angaben sank die Pünktlichkeit bei NS in der ersten Zeit nach der Entbündelung von mehr als 86 % im Jahr 1999 auf unter 80 % im Jahr 2001. Wie Mulder et al. (2005) anführen, verschlechterte sich zudem die Zuverlässigkeit von Rollmaterial und Infrastruktur aufgrund einer übermäßigen Rationalisierung, was zu schlechten Pünktlichkeitswerten führte. Nach 2007 erholten sich die Werte jedoch wieder, was möglicherweise zum Fahrgastzuwachs von 4 % im Jahr 2008 beitrug.

4.3.5. Wettbewerbssituation Wie bereits erwähnt wurde, ist die Entwicklung des Wettbewerbs, vor allem im Personenverkehr, beschränkt, auch wenn der Wettbewerb im Güterverkehr größer ist und nunmehr verschiedene Anbieter den Hafen von Rotterdam anfahren.

4.3.6. Auswirkungen auf die Nutzer Wichtigste Folge der in den Niederlanden umgesetzten Strukturreformen war der Anstieg der Fahrpreise im Zusammenhang mit der finanziellen Selbständigkeit der Eisenbahn. Nach einem anfänglichen Leistungsabfall aufgrund von Kosteneinsparungen und anderen Umstrukturierungsmaßnahmen erholten sich die Pünktlichkeits- und Zuverlässigkeitswerte wieder, und auch Kapazität und Sicherheit haben sich verbessert. Im Zeitraum nach der Umstrukturierung waren die Fahrgäste jedoch mit erheblichen Preissteigerungen konfrontiert, die darauf zurückzuführen waren, dass Subventionskürzungen ausgeglichen und Investitionen in das rollende Material gedeckt werden mussten. Wie van de Velde et al. (2009) darlegten, sank die Kundenzufriedenheit von 2000 zu 2001 drastisch von 70 % auf 40 %, stieg danach aber wieder auf fast 80 % im Jahr 2009. Diese kontinuierliche Zunahme der Fahrgastzufriedenheit Anfang der 2000er Jahre fällt mit einer Verbesserung der Pünktlichkeit auf 80 % bis 90 % sowie mit dem erhöhten Sitzplatzangebot zusammen.

51

Page 56: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 14: Kundenzufriedenheit und Pünktlichkeit, NS, 2000-2009

Quelle: van de Velde et al. (2009) (2009)

Legende: Percentage Anteil (%) Quarter Quartal Customer satisfaction Kundenzufriedenheit Punctuality Pünktlichkeit

Schlussfolgerungen zur Fallstudie Niederlande Aus der Faktenlage geht hervor, dass die vertikale Trennung des Eisenbahnsektors in den Niederlanden nach der anfänglichen Periode eines Leistungsabfalls zu Verbesserungen bei Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Kapazität und Sicherheit geführt hat. Angeregt wurde dadurch auch der Wettbewerb, besonders im Güterbereich, aber in gewissem Umfang auch im Regionalpersonenverkehr. Auch wenn ein Wettbewerb bei Fernverbindungen durch die Vergabe nur einer Konzession bisher eindeutig verhindert wurde, ergeben sich vielleicht Möglichkeiten für eine Öffnung des Marktes von 2015 an. Es liegen keine klaren Belege dafür vor, dass die vertikale Trennung einen spürbaren Kostenanstieg beim Infrastrukturbetreiber oder beim etablierten Eisenbahnunternehmen zur Folge hatte. Nach der Umstrukturierung kam es zu einem deutlichen Fahrpreisanstieg. Dies ist jedoch das Ergebnis einer Verlagerung des Gleichgewichts bei der Finanzierung weg von öffentlichen Subventionen und hin zum Fahrgast. Dieser Wandel ist Ausdruck einer politischen Entscheidung, die Bahnbranche nicht mehr so stark vom Steuerzahler finanzieren zu lassen und den Grad der Unabhängigkeit vom Staat zu erhöhen. Damit ist er keine unmittelbare Folge der vertikalen Trennung. 4.4. Fallstudie: Italien

4.4.1. Hintergrund der Trennung Im italienischen Schienenverkehrsmarkt kam es 2000 und 2001 zu einer Liberalisierung, wobei der für Markt für neue Güter- und Personenverkehrsunternehmen geöffnet wurde. Einzige Einschränkung dieser Marktöffnung war die Auflage, dass zwischen den Ländern, aus denen sich Unternehmen um den Einstieg bewarben, Gegenseitigkeit herrschen sollte. Die Liberalisierung ging einher mit der organisatorischen Trennung, bei der der Infrastrukturbetreiber RFI vom Bahnunternehmen Trenitalia getrennt wurde, wobei jedoch beide Unternehmen im Eigentum und unter der Kontrolle der FS Holding verblieben. Es handelt sich also hierbei um ein Beispiel für ein teilintegriertes Modell.

52

Page 57: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Was die Trennung betrifft, so hat sich das Bild seit den ersten Bemühungen im Jahr 2000 nicht wesentlich verändert, abgesehen von einer Entscheidung von RFI, Trenitalia den Betrieb einer Reihe von schienenverkehrsbezogenen Diensten zu übertragen, die weiter unten erörtert werden.

4.4.2. Wirtschaftliche Kosten der Trennung Obwohl keine quantitative Schätzung der Trennungskosten bei der italienischen Eisenbahn vorgenommen wurde, lassen sich einige qualitative Anmerkungen zu den wirtschaftlichen Folgen der Entbündelung anbringen. Ein Blick auf die Gesamtsystemkosten der italienischen staatlichen Eisenbahn (also FS insgesamt) zeigt, dass sich nach einer ersten Zeit des Kostenanstiegs dieser Trend seit 2006 umgekehrt hat und die Kosten wieder sinken (obwohl sie 2009 noch über dem Stand von 2004 lagen). Abbildung 15 verdeutlicht die Veränderungen bei den Betriebskosten der FS Holding. Abbildung 15: Betriebskosten von FS (bezogen auf 2003)

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

8000

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

FS costs

Quelle: FS, Geschäftsberichte Hieraus geht hervor, dass die vertikale Trennung allein keinen signifikanten Kostenanstieg bewirkt hat. Nach einer ersten Zeit, in der die Kosten aus einer Reihe von Gründen gestiegen sind (z. B. höhere Personalkosten für die vertragliche Aktualisierung, Fusionierung und Umorganisation von Geschäftsbereichen usw.) hat andererseits die Kostenkontrolle zu einer ständigen Verbesserung der finanziellen Lage des Eisenbahnsektors in Italien geführt. Der Markteinstieg neuer Betreiber (wie z. B. NTV) lässt einen stärkeren Wettbewerb erwarten und könnte weitere Kostensenkungen auslösen.

4.4.3. Auswirkungen der Trennung auf die Sicherheit

Die italienische Eisenbahn gilt schon immer als eine der sichersten in Europa, und die Trennung hat sich kaum auf die wahrgenommene Sicherheit ausgewirkt. Allerdings ereigneten sich seit der Trennung einige aufsehenerregende Unfälle, in die sowohl das etablierte Eisenbahnunternehmen als auch Neueinsteiger verwickelt waren.

53

Page 58: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

4.4.4. Auswirkungen auf den Betrieb Es gibt keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Betrieb, da die Pünktlichkeitswerte seit der Trennung im Wesentlichen gleich geblieben sind. In den letzten Jahren erregte vor allem die Hygiene in den Waggons (besonders bei Regionalzügen und im Nicht-Hochgeschwindigkeitsbereich) Unmut bei den Fahrgästen. Auch Fahrbetriebsstörungen waren häufig Gegenstand von Presseberichten. Diese Kritikpunkte lassen sich jedoch nicht dem Trennungsprozess zuschreiben. Vielmehr stehen sie im Zusammenhang mit Managementfehlern und anderen Schwachstellen in der Branche. Ein weiterer, zunehmender Wettbewerb könnte in der Zukunft einen Anreiz dafür herstellen, die Leistung des etablierten Bahnunternehmens zum Vorteil der Reisenden zu verbessern.

4.4.5. Wettbewerbssituation Im Zuge der im Jahr 2000 erfolgten Trennung20 und der Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets im Jahr 2003 sind neue Betreiber in den Markt eingestiegen und haben einen erheblichen Anteil am Verkehr in wichtigen Korridoren erlangt, vor allem im Brenner-Korridor nach Österreich und Deutschland, aber auch bei Inlandsverbindungen. Der Güterverkehrsmarkt ist sehr offen, und auf den ersten Blick scheint die Liberalisierung gelungen. Allerdings haben sich Neueinsteiger verschiedentlich über den Zugang zu schienenverkehrsbezogenen Leistungen beschwert. So wurde dem etablierten Unternehmen Trenitalia vom Infrastrukturbetreiber RFI der Betrieb einiger Güterterminals übertragen, was Bedenken dahingehend auslöste, dass die Teilintegration nach wie vor die Unabhängigkeit und das nichtdiskriminierende Verhalten untergräbt, die mit dem Ersten Eisenbahnpaket etabliert werden sollten. Im Gegensatz dazu kam es im Personenverkehrsmarkt zu wenigen Neueinstiegen (SeaTrain), bis Ende 2009 DB, ÖBB und LeNord als Partner im offenen Zugang eine internationale Verbindung zwischen München und mehreren italienischen Städten mit mehreren Zwischenhalten im Land aufnahmen. Im November 2010 startete ein weiterer Betreiber, Arenaways, einen Dienst zwischen Turin und Mailand. Kurz vor der Aufnahme des Verkehrs durch Arenaways entschied jedoch die italienische Eisenbahnregulierungsbehörde URSF21,22, dass beide neuen Dienste nicht an italienischen Bahnhöfen auf der Strecke halten dürfen, da sich dies negativ auf die wirtschaftliche Position der Dienstleistungsverträge zwischen Trenitalia und den entsprechenden italienischen Regionen auswirken würde. Gegen die Entscheidung läuft derzeit ein Einspruchsverfahren, doch bleiben die Einschränkungen für Arenaways bestehen. Die Entscheidung gegen DB, ÖBB und LeNord wurde allerdings ausgesetzt23, während der Fall überprüft wird, so dass sie in der Zwischenzeit wieder Zwischenhalte durchführen können. Diese Bestimmungen dürften jedoch für NTV, den neuen Hochgeschwindigkeitsanbieter, der Ende 2011 seinen Dienst aufnehmen soll, da für Hochgeschwindigkeitsverbindungen keine öffentlichen Dienstleistungsverträge gelten, ohne Folgen bleiben.

20 Ministerialerlass vom 31. Oktober 2000, n. 138 T. 21 Entscheidung Nr. 589 vom 9. November 2010. 22 Entscheidung Nr. 659 vom 6. Dezember 2010. 23 Entscheidung Nr. 671 vom 10. Dezember 2010 und Entscheidung Nr. 134 vom 17. Februar 2011.

54

Page 59: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

4.4.6. Auswirkungen auf die Nutzer Die Trennung hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Nutzer und hat zu keinen Fahrpreissteigerungen geführt. Nach der Trennung blieben die Preise bis 2006 im Wesentlichen sogar nominal unverändert. Von da an stiegen die Fahrpreise infolge des Angebots neuer (Hochgeschwindigkeits-)Verbindungen und um den realen Rückgang der Preise im Zeitraum 2000 bis 2006 wieder auszugleichen.

4.4.7. Schlussfolgerungen zur Fallstudie Italien Das teilintegrierte Modell in Italien hat sich nicht signifikant auf die Branchenkosten ausgewirkt. Unterdessen sind viele Neueinsteiger auf den Güterverkehrsmarkt gelangt. Allerdings beklagen sich Neueinsteiger über den Zugang zu wichtigen Einrichtungen, und das Wettbewerbspotenzial im Personenverkehr muss erst noch vollständig ausgeschöpft werden. 4.5. Fallstudie: Frankreich

4.5.1. Hintergrund der Trennung Im Jahr 1997 wurden die Infrastrukturbetriebsaufgaben von SNCF, dem nationalen Eisenbahnunternehmen, durch die Schaffung von RFF vom Zugbetrieb getrennt. SNCF behielt die Zuständigkeit für den Zugbetrieb. Mit dieser Trennung sollte in erster Linie SNCF in die Lage versetzt werden, sich einer erheblichen Schuldenlast zu entledigen und zugleich die Anforderungen der Richtlinie 91/440/EG zu erfüllen. Wie bereits erörtert, kam es durch diese institutionelle Trennung zwar zu einer unabhängigen Führung der beiden Unternehmen, doch ist RFF verpflichtet, einige Aufgaben des Infrastrukturbetriebs an die SNCF zurückzuvergeben. Letzteres agiert nunmehr als Gestionnaire de l’infrastructure délégué“ (beauftragter Infrastrukturbetreiber), und RFF als eigentlicher Eigentümer der Infrastruktur kommt eine relativ kleine Rolle in Bezug auf den Infrastrukturbetrieb zu, die weitgehend auf die strategische Planung und die Festlegung von Netzzugangsentgelten beschränkt ist. Bei der Befragung im Verlauf der Railimplement-Studie24 für die Europäische Kommission äußerten einige Beteiligte Bedenken, dass dieser Ansatz nicht für ausreichende Unabhängigkeit und nichtdiskriminierenden Zugang sorgt und der Markteintritt dadurch behindert werde. Einige kleine Schritte in Richtung einer stärkeren Trennung wurden jedoch unternommen. So werden Entscheidungen über die Fahrwegbestimmung praktisch von RFF getroffen, obwohl sich beide Unternehmen die Zuständigkeiten für den Fahrplan teilen (bei der SNCF ist nach wie vor ein „Gremium“ tätig, das für das Verkehrsmanagement verantwortlich ist, obwohl der Vorsitzende von der Regierung und nicht von SNCF benannt wird). Darüber hinaus kann das Unternehmen RFF nunmehr Arbeiten zum Ausbau der Infrastruktur bei Unternehmen öffentlich-privater Partnerschaften in Auftrag geben und nicht bei der SNCF.

24 Steer Davies Gleave (2006), Railimplement: The implementation of the EU Directives 2001/12/EC,

2001/13/EC and 2001/14/EC in Member States, London.

55

Page 60: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

4.5.2. Wirtschaftliche Kosten der Trennung Da das Hauptziel der Trennung in Frankreich darin bestand, die Schuldenlage der SNCF zu verbessern, stand bei Folgestudien eher die Wirksamkeit des Schuldentransfers im Mittelpunkt. Einige Studien befassten sich jedoch mit den Gesamtkosten der Branche, und deren Ergebnisse lassen sich für eine Bewertung der Kostenauswirkungen der Umstrukturierung heranziehen. Filleul et al. (2001) weisen den Gesamtgewinn der französischen Eisenbahnbranche im Jahr vor der Trennung und in den Jahren unmittelbar danach aus. Die Jahresgewinne von SNCF und RFF sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt. Daraus geht ein Rentabilitätszuwachs hervor, obwohl es angesichts des breiten Spektrums von Faktoren, die den Gewinn in einem Jahr beeinflussen können, schwierig ist, Schlussfolgerungen für den Einfluss der Umstrukturierung auf die Kosten zu ziehen. Tabelle 9: Gewinn und Verlust von RFF und SNCF - Frankreich

(Mrd. EUR) 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

RFF 0,00 -2,15 -2,09 -1,57 -1,69 -1,65 -1,59 -1,42 -1,45 -0,92 -1,09 -1,57

SNCF -2,32 -0,15 -0,11 -0,09 0,06 -0,17 0,02 0,01 0,32 0,53 0,32 0,64

RFF +SNCF -2,32 -2,30 -2,20 -1,66 -1,63 -1,81 -1,57 -1,41 -1,13 -0,39 -0,77 -0,93 Anmerkung: Die Angaben vor 2002 wurden anhand des endgültigen Wechselkurses in Euro umgerechnet. Im Jahr 2004 wurde dem RFF zur Verminderung der Schuldenlast ein Zuschuss in Höhe von 800 Mio. EUR gewährt. Damit die Werte vor und nach 2004 vergleichbar sind, wurde dieser Betrag nicht in die Berechnungen einbezogen.

Quelle: Filleul et al. (2001), Finanzberichte SNCF und RFF.

Die Bücher von RFF weisen auch den Nominalbetrag aus, den das Unternehmen an SNCF für Tätigkeiten des Infrastrukturbetriebs bezahlte, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht. Inflationsbereinigt und unter Berücksichtigung einer schrittweisen Ausweitung der Streckenerneuerung seit 2007 deuten diese Zahlen auf eine stetigen Rückgang der realen Kosten seit 1997 hin. Tabelle 10: Zahlungen von RFF an SNCF für Infrastrukturbetrieb - Frankreich

(Mrd. EUR) 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

IB-Kosten 2561 2531 2622 2617 2632 2665 2630 2638 2688 2706 2863 2950 Quelle: Finanzberichte RFF.

Auf einer Ebene decken sich diese Belege mit der Auffassung, dass die vertikale Trennung eine verbesserte Effizienz nicht behindert, sondern unter Umständen sogar fördert. In Anbetracht der besonderen Aufteilung der Zuständigkeiten für den Infrastrukturbetrieb ist jedoch fraglich, ob diese Daten Einblicke in die Auswirkungen der vertikalen Trennung liefern. Vor allem, weil die SNCF nach wie vor eine Reihe zentraler Aufgaben des Infrastrukturbetriebs ausführt, sind Belege für wesentliche Veränderungen des Kostenniveaus in den Jahren nach 1997 nicht zu erwarten (nach Kontrolle anderer Faktoren, die in der Erörterung anderer Fallstudien hervorgehoben wurden, insbesondere Veränderungen der Investitionshöhe). Die jüngsten Initiativen könnten einen „Markttest“ für die Infrastrukturbetriebskosten und die Auswirkungen der Trennung auf Effizienz des Infrastrukturbetriebs darstellen. RFF hat Aufträge über die Planung, den Bau und den Betrieb von zwei Hochgeschwindigkeitsstrecken (Tours – Bordeaux und Le Mans –

56

Page 61: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Rennes – Nantes) vereinbart, die offenbar kostengünstiger als entsprechende Verträge mit der SNCF sind. Außerdem vereinbarte RFF Ende 2010 einen Dreijahres-Instandhaltungsauftrag mit einem Unternehmen für ein Teil des Schienennetzes in der Region Morvan, und es beabsichtigt die Erteilung ähnlicher Aufträge für andere kurze Strecken, um seine Kosten weiter zu senken.

4.5.3. Auswirkungen der Trennung auf die Sicherheit Die Trennung hatte keine spürbaren Auswirkungen auf die Sicherheit, da die Zahl der Unfälle, getöteten Personen und Zwischenfälle im Großen und Ganzen auf dem Stand vor der Trennung geblieben ist. Auch hierin widerspiegelt sich wahrscheinlich die Tatsache, dass es kaum Änderungen an der Art und Weise des Infrastrukturbetriebs gegeben hat.

4.5.4. Auswirkungen auf den Betrieb Wie wir Filleul et al. (2001) sowie den Angaben des französischen Rechnungshofes (2001 und 2008) entnehmen, herrschen starke Bedenken hinsichtlich des Verhältnisses zwischen SNCF und RFF. Infolge der sich überschneidenden Aufgaben beim Infrastrukturbetrieb bestehen weiterhin Spannungen zwischen den beiden Unternehmen, besonders dort, wo die Zuständigkeitsverteilung nicht klar ist (z. B. auf Bahnhöfen und Rangierbahnhöfen). Allerdings wurde nicht festgestellt, dass dies wesentliche unmittelbare Folgen für den Zugbetrieb hat.

4.5.5. Wettbewerbssituation Auf dem französischen Güterverkehrsmarkt sind bedeutende Akteure hinzugekommen; dabei haben Veolia (dessen Frankreich-Geschäft von Europorte 2, einer Tochterfirma von Eurotunnel, erworben wurde), EWS (jetzt Eurocargorail) und eine kleine Zahl weiterer Betreiber beschränkte landesweite Verkehre aufgenommen haben. Die Bedeutung dieser Markteinstiege muss jedoch im Zusammenhang mit einem Güterschienenverkehrsmarkt in Frankreich betrachtet werden, der in den zurückliegenden Jahren 50 % seines Marktanteils verloren hat. Bislang war im Personenverkehrsmarkt noch kein Neueinstieg zu verzeichnen (doch wird davon ausgegangen, dass Veolia und Trenitalia ab Dezember 2011 die Relation Paris-Mailand bedienen werden). Nach unseren Erkenntnissen sind die Unternehmen aufgrund der derzeitigen Struktur und der damit verbundenen Sorge um die tatsächliche Erlangung des Zugangs zum Schienennetz generell nicht gewillt, einen Markteinstieg zu versuchen.

4.5.6. Auswirkungen auf die Nutzer Die Auswirkungen der Trennung sind für die Reisenden nicht sichtbar, da die Dienste nach wie vor von SNCF verwaltet werden. Wenn Fahrgästen die Probleme im Zusammenhang mit der vertikalen Trennung und der Liberalisierung bekannt sind, dann infolge von Bahnstreiks aufgrund der Reaktion von Teilen der Branche auf die Aussicht auf Wettbewerb. Güterverkehrskunden haben jedoch vom begrenzten Wettbewerb für grenzüberschreitende Verkehre profitiert, und einige kleine Betreiber haben Nischenverkehre von SNCF abgezogen, was zum Teil auf Probleme zurückgeht, die in den letzten Jahren in der Güterverkehrssparte (Fret) von SNCF auftraten. Aus Daten des französischen Rechnungshofes geht hervor, dass seit der Umstrukturierung 2-3 % mehr Züge Verspätung haben. Ausgeglichen wurde dies jedoch

57

Page 62: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

durch einen spürbaren Rückgang der Verspätungen im Güterverkehr von etwa 19 % im Jahr 1997 auf ca. 13 % im Jahr 2006. Allerdings ist es nicht möglich, diese Veränderungen der vertikalen Trennung zuzuschreiben, da wahrscheinlich gleichzeitig auch andere Faktoren, wie z. B. Veränderungen des Verkehrsaufkommens, entsprechende Folgen hatten.

4.5.7. Schlussfolgerungen zur Fallstudie Frankreich Insgesamt finden sich in der französischen Bahnbranche kaum Belege für die Auswirkungen der vertikalen Trennung. Da diese nur teilweise erfolgt ist, wird das Potenzial für die Einführung von Wettbewerb und die Erhöhung der Transparenz nicht ausgeschöpft, und in Sachen Effizienz und Erfahrungen der Fahrgäste gab es kaum Veränderungen. Das derzeitige Verhältnis zwischen RFF und SNCF bedeutet, dass keine Unabhängigkeit gewährleistet ist, und es liegen keine eindeutigen Hinweise darauf vor, dass sich dies unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern könnte. 4.6. Trennung und Liberalisierung Eine genauere Untersuchung der europäischen Eisenbahnnetze hat ergeben, dass die Liberalisierung der Güterverkehrsmärkte in sehr unterschiedlichem Umfange erfolgt ist. Außer in zwei Fällen wurde den in den Richtlinien enthaltenen Liberalisierungsanforderungen durch innerstaatliche Rechtsvorschriften entsprochen, jedoch bestehen in einzelnen Fällen nach wie vor Hindernisse für den Marktzugang. Die RMMS-Studie25 und der nachfolgend diskutierte IBM-Liberalisierungsindex Bahn26 geben Aufschluss über den Umfang der Liberalisierung sowohl auf den Güter- als auch den Personenverkehrsmärkten.

4.6.1. RMMS Im RMMS-Bericht wurde unter Verwendung von Daten aus Erhebungen der Mitgliedstaaten ein Herfindahl-Hirschman-Index erstellt, mit dem eine Kennziffer für die Öffnung des Güterschienenverkehrsmarktes vorliegt (je niedriger die Kennziffer umso größer die Marktöffnung).

25 Anhang 13. 26 IBM Global Business Solutions (2007), Rail Liberalisation Index. Market opening: comparison of the rail

markets of the Member States of the European Union, Switzerland and Norway, Berlin.

58

Page 63: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 16: Kennziffer für die Öffnung des Güterschienenverkehrsmarktes – 2009

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

EE UK RO PL DE HU AT FR LV BE ES FI LT PT SI

H‐H inde

x score

Rail freight market opening score

Anmerkung: Das RMMS liefert nicht für alle Mitgliedstaaten Informationen.

Quelle: Europäische Kommission (2009) Legende: H-H index score H-H-Index Rail freigt market opening score Kennziffer für die Öffnung des

Schienengüterverkehrsmarktes Die gleiche Analyse wurde auch für den Personenverkehrsmarkt durchgeführt (siehe unten). Abbildung 17: Kennziffer für die Öffnung des

Personenschienenverkehrsmarktes – 2009

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

UK EE AT PL DE LV DK HU RO EL ES FI FR IE LT SI SK

H‐H inde

x score

Rail passenger market opening score

Anmerkung: Das RMMS liefert nicht für alle Mitgliedstaaten Informationen.

Quelle: Europäische Kommission (2009) Legende: H-H index score H-H-Index Rail passenger market opening score Kennziffer für die Öffnung des

Schienenpersonenverkehrsmarktes

59

Page 64: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Die Analyse im Rahmen des RMMS zeigt, dass in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten nach wie vor eine starke Konzentration zu verzeichnen ist, wenngleich durch die umfangreicheren Maßnahmen zur Öffnung des Güterverkehrsmarktes auf einigen Märkten der Wettbewerb gefördert wurde.

4.6.2. IBM-Liberalisierungsindex Der IBM-Liberalisierungsindex deutet auf ein etwas anderes Ergebnis hin, denn die Kennziffern für die Marktöffnung sind vergleichsweise sehr viel höher, und – dieser Umstand wiegt umso schwerer – die Rangfolge der Mitgliedstaaten ist wesentlich anders. Nachfolgend wird der Liberalisierungsindex für 2007 (das letzte Jahr, für das Ergebnisse vorliegen) und 2004 aufgeführt. Ein Vergleich zwischen beiden Jahren macht deutlich, dass sich die Kennziffern überall in den Mitgliedstaaten deutlich erhöht haben, wenngleich auch sämtliche Schlussfolgerungen zum erreichten Niveau der Liberalisierung unter Bezugnahme auf die zur Indexerstellung verwendeten Kriterien (die von einigen Interessenvertretern angefochten wurden) relativiert werden müssen.

Abbildung 18: IBM-Liberalisierungsindex 2007

Quelle: IBM (2007)

Legende: Rail Liberalisation Index Liberalisierungsindex Bahn Rail freight and passenger transport Schienengüter- und -personenverkehr Advanced Fortgeschritten On Schedule Planmäßig Delayed Verzögert

60

Page 65: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 19: IBM-Liberalisierungsindex 2004

Quelle: IBM (2007)

Legende: Rail Liberalisation Index Liberalisierungsindex Bahn Rail freight and passenger transport Schienengüter- und –personenverkehr On Schedule Planmäßig Delayed Verzögert Pending Departure Bevorstehender Beginn

4.7. Trennung und Marktanteile In der nachfolgenden Abbildung wird für verschiedene Mitgliedstaaten veranschaulicht, wie sich der Marktanteil von neu einsteigenden Unternehmen im Güterschienenverkehr und der Grad der vertikalen Trennung auf den entsprechenden Märkten zueinander verhalten.

61

Page 66: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 20: Trennung und Marktanteile

VertragsverletzungenKeine Vertragsverletzungen

100%

80%

60% 40%

20%

0% EL FI SK ES PT LU CZ DE LT SE NL RO DK UK SI HU FR LV EE BE AT IT PL

Vollständig getrennt Teilweise integriert

Teilweisegetrennt

Anmerkung: Bezieht sich nur auf die Anteile am Güterverkehrsmarkt. Nicht für alle Mitgliedstaaten sind Daten verfügbar. „Verstöße“ beziehen sich hier ausschließlich auf die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers und die Unabhängigkeit wesentlicher Funktionen.

Quelle: Europäische Kommission (2009) und Analyse von Steer Davies Gleave. Die Abbildung zeigt, dass keine einfache Korrelation zwischen dem Grad der Trennung und dem Marktanteil von neu in den Markt eintretenden Betreibern besteht. So scheint das Modell der vollständigen Trennung sowohl mit einem hohen als auch mit einem niedrigen Anteil der Markteinsteiger vereinbar zu sein. Außerdem ist festzustellen, dass in Ländern mit teilweiser Integration und teilweiser Trennung die Einsteiger generell einen geringeren Anteil ausmachen, einige Märkte jedoch einen ausgesprochen hohen Einsteigeranteil verzeichnen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass andere Faktoren darüber entscheiden, wie attraktiv Märkte im Vergleich zu anderen sind, und zwar insbesondere der Standort, der Umfang des Transitverkehrs, die Spurweite und die Bevölkerungszahl. Solche Faktoren spielen beispielsweise im Falle von Griechenland, Finnland und Litauen eine besonders wichtige Rolle. Angesichts dieser Ausgangslage scheint eine vollständige Trennung eine wichtige, wenn auch nicht ausreichende Voraussetzung zu sein, um ein etabliertes Eisenbahnunternehmen wettbewerblich stark unter Druck zu setzen. Ebenso ist keine enge Korrelation zwischen der Art der gewählten Trennung und der Tatsache zu verzeichnen, ob gegen einen Mitgliedstaat Vertragsverletzungsverfahren beim Gerichtshof eingeleitet wurden oder nicht. Wie bereits an anderer Stelle angemerkt wurde, hat sich während unserer früheren Arbeit für die Kommission herausgestellt, dass die in einigen Mitgliedstaaten angewandten Strukturmodelle bei den Akteuren Bedenken hervorrufen. Insbesondere bezweifeln sie, ob das Modell der teilweisen Integration in Italien und Deutschland und das der teilweisen Trennung in Frankreich die erforderliche Unabhängigkeit in Bezug auf den Betrieb der Infrastruktur gewährleisten würden. Es gilt zu beachten, dass sich die institutionellen Regelungen in diesen Mitgliedstaaten seit dem

62

Page 67: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

Abschluss von vorangegangenen Studien, wie etwa Railimplement27, nicht wesentlich verändert haben. Potenzielle Neueinsteiger auf dem französischen Markt beispielsweise müssen praktisch einige Dienste der SNFC in Anspruch nehmen, eines potenziellen Mitwettbewerbers. So sehen sich auch RFI in Italien und DB Netz in Deutschland nicht veranlasst, Dritten den Markteintritt zu erleichtern, da mögliche zusätzliche Einnahmen, die sie durch die Neueinsteiger erzielen, deutlich geringer sein dürften als die dem etablierten Eisenbahnunternehmen entstehenden Einnahmenverluste. Einige Gegner einer vollständigen Trennung argumentieren, sie würde zu Koordinierungsproblemen führen, während Gegner der Liberalisierung befürchten, dass es in deren Zuge zu „Rosinenpickerei“ bei den rentablen Verbindungen kommt (was zur Politik der Mäßigung des Wettbewerbs in Großbritannien führte und sich in ähnlichen Bestimmungen im dritten Eisenbahnpaket28 niederschlägt). Neu in den Markt eingetretene Unternehmen haben auch neuen Verkehr generiert, jedoch sind Gütertransportunternehmen nicht zu einem Anbieterwechsel verpflichtet (wobei den Verfassern der Railimplement-Studie der Fall eines Unternehmens bekannt war, dem Vergeltungsmaßnahmen angedroht worden waren, falls es dem etablierten Betreiber die Aufträge teilweise oder gänzlich entzieht). Trotz fehlender Unabhängigkeit haben einige Betreiber jedenfalls mit hohem Kostenaufwand den Markteinstieg geschafft und sind erfolgreich tätig.

4.8. Trennung und Wachstum Einen Vergleich der Zuwachsraten im Güterverkehr zwischen 2000 und 2009 ermöglicht Abbildung 21, die zugleich Aufschluss über den Grad der Trennung in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt.

27 Steer Davies Gleave (2006), Railimplement: The implementation of the EU Directives 2001/12/EC,

2001/13/EC and 2001/14/EC in Member States, London. 28 Im Erwägungsgrund 10 der Richtlinie 2007/58/EG heißt es, dass „[die] Mitgliedstaaten … die Möglichkeit

haben [sollten], das Zugangsrecht zum Markt einzuschränken, wenn dieses Recht das wirtschaftliche Gleichgewicht dieser Verträge über öffentliche Dienstleistungen gefährden würde“, sofern die nationale Regulierungsstelle eine entsprechende Bewertung vornimmt.

63

Page 68: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Abbildung 21: Trennung und Wachstum

PT

SK RO ES

DK FI

SE

NL UK ELLT

CZ

HU

FR

EE

SI

LV

IT PL

‐100%

‐80%

‐60%

‐40%

‐20%

0%

20%

40%

60%

Keine Vertragsverletzungen Vertragsverletzungen

Quelle: Europäische Kommission (2009) und Analyse von Steer Davies Gleave.

Aus dem Vergleich der Zuwachsraten und dem Grad der Trennung lassen sich keine aussagekräftigen Schlussfolgerungen ziehen, da es kaum eine Korrelation zwischen diesen Variablen gibt. Die Zuwachsrate auf den Güterverkehrsmärkten wird von vielen Faktoren beeinflusst, nicht zuletzt vom Wirtschaftswachstum insgesamt und von den Möglichkeiten für einen grenzüberschreitenden Verkehr, so dass sich die speziellen Auswirkungen der Branchenumstrukturierung nur schwer ermitteln lassen. 4.9. Zusammenfassung Die Fallstudien und die zusätzlichen Anhaltspunkte, die in diesem Abschnitt diskutiert werden, machen deutlich, wie schwer sich feststellen lässt, welche spezifischen Auswirkungen einzelne Ansätze auf die Umsetzung des ersten Paketes haben. So können rasant ausufernde Kosten auf einen dringenden Investitionsbedarf nach einer langen Zeit mit nur eingeschränkten Erneuerungen hinweisen, während deutliche Preiserhöhungen möglicherweise darauf zurückzuführen sind, dass es gezielte Bemühungen gibt, zur Finanzierung der Eisenbahn die Passagiere wieder stärker heranzuziehen und die Steuerzahler entsprechend zu entlasten. Ähnlich werden Markteintritt und Marktwachstum von der Größe, den Standortbedingungen und dem generellen Wirtschaftswachstum des betreffenden Mitgliedstaates beeinflusst. Die Auswirkungen der vertikalen Trennung dürften daher erst nach langer Zeit offenbar werden, ist der Eisenbahnsektor doch in einem einigermaßen stabilen rechtlichen, regulatorischen und wirtschaftlichen Umfeld tätig. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Entwicklung des Wettbewerbs in Ländern mit vollständiger Trennung, wie beispielsweise Großbritannien, erfolgreicher verlaufen ist als in anderen Mitgliedstaaten, in denen es keine so umfassende Umstrukturierung gegeben hat. Zudem geht aus vorangegangenen Studien hervor, dass die von Wirtschaftstheoretikern vorhergesagten Möglichkeiten für eine Diskriminierung unter diesen eingeschränkteren Formen der vertikalen Trennung durch die Bedenken von tatsächlichen Markteinsteigern und anderen Interessengruppen bestätigt werden. Unter diesen Umständen muss offenbar – ungeachtet der an anderer Stelle genannten Vertragsverletzungsverfahren der Kommission – mit der Umsetzung des ersten Paketes noch die ursprünglich angestrebte Entwicklung der europäischen Eisenbahn abgesichert werden.

64

Page 69: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN AUS DER ANALYSE Alle ehemaligen Versorgungsdienste innerhalb der EU wurden einer vertikalen Trennung und Liberalisierung unterzogen, um den Wettbewerb im Sektor zu verstärken und die Kosten für den Endverbraucher zu senken. Bei der Eisenbahn kann der Wettbewerb zu einer Verbesserung der Leistungen, einer Vergrößerung der Wahlmöglichkeiten und einer Senkung der Kosten für die Branche führen und deren Nutzung damit für Güterverkehrskunden und Fahrgäste attraktiver machen. Die Tatsache, dass bei der Eisenbahn nach wie vor beträchtliche technische Hindernisse zwischen den Mitgliedstaaten bestehen (Interoperabilität), unterscheidet sie grundlegend von den anderen Versorgungsnetzen. Die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) befasst sich bereits mit dieser Problematik, jedoch ist eine vollständige technische Harmonisierung in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich, vor allem weil die Agentur deren Umfang noch genau festlegen muss. Ohne eine solche Harmonisierung haben die abweichenden Standards dazu geführt, dass sich die Eisenbahnen weitestgehend innerhalb der nationalen Grenzen entwickeln, womit das Potenzial für grenzüberschreitende Verbindungen eingeschränkt wird. Neben den Bemühungen um eine technische Harmonisierung hat die europäische Politik auch eine verstärkte Marktöffnung bei Europas Eisenbahnen angestrebt. Zu diesem Zwecke wurde zunächst der Güterverkehr im TEN-V-Netz, nachfolgend auf allen internationalen Strecken und schließlich auch auf den Inlandsstrecken geöffnet. Zudem haben das Parlament und der Ministerrat mit der Liberalisierung der Personenverkehrsmärkte begonnen, wobei der Schwerpunkt anfänglich auf den internationalen Verkehrsströmen liegt. Eine wirksame Liberalisierung und die damit angestrebte Verstärkung des Wettbewerbs lassen sich nur bei einer richtigen Branchenstruktur realisieren. Insbesondere der Betreiber der Infrastruktur darf nicht von dem marktbeherrschenden Eisenbahnunternehmen abhängig sein, wenn ein diskriminierungsfreier Zugang zum Eisenbahnnetz gewahrt werden soll. Ohne eine solche Unabhängigkeit wird der Infrastrukturbetreiber geneigt sein, die kommerziellen Interessen des beherrschenden Unternehmens zu unterstützen, indem er Neueinstiege zu verhindern sucht und begrenzt. Wie in Kapitel 3 erläutert wurde, haben einige Strategien zur vertikalen Trennung, die als Reaktion auf das erste Paket angenommen wurden, nicht zur Sicherung einer solchen Unabhängigkeit geführt, obwohl sie teilweise den Neueintritt in den Markt sehr stark gefördert haben und die neuen Betreiber einen beträchtlichen Anteil des Verkehrs in den Hauptkorridoren übernommen haben. Unter Berücksichtigung der hier aufgeführten Beispiele muss festgestellt werden, dass eine rechtliche und organisatorische Trennung der Kernkompetenzen allein noch nicht ausreicht, um die erforderliche Unabhängigkeit zu garantieren. Die kommerziellen, institutionellen und kulturellen Beziehungen nämlich können über rechtliche und organisatorische Grenzen hinweg fortbestehen, vor allem wenn sie sich im Verlaufe der Zeit stark gefestigt haben. Werden beispielsweise die Schlüsselkompetenzen wieder dem wichtigsten Bahnunternehmen übertragen, kann im Rahmen des Strukturmodells nicht garantiert werden, dass die maßgeblichen operativen Entscheidungen, wie etwa im Zusammenhang mit der Trassenzuweisung, unabhängig von den kommerziellen Interessen des etablierten Eisenbahnunternehmens getroffen werden. Für potenzielle

65

Page 70: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

Neueinsteiger dürfte sich die Diskriminierung zumindest so darstellen, dass die Wahrscheinlichkeit ihrer Zulassung deutlich verringert ist. Das dürfte sie davon abhalten, nach neuen Geschäftsmöglichkeiten zu suchen, besonders wenn die damit verbundenen Zugangskosten recht hoch und nicht erstattungsfähig sind. Die hier vorgestellten Beispiele lassen darauf schließen, dass bei den nach dem ersten Eisenbahnpaket vorgenommenen Strukturveränderungen größtenteils nicht an den bestehenden Beziehungen zwischen dem Infrastrukturbetreiber und dem etablierten Eisenbahnunternehmen gerüttelt wurde. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Regulierung allein für eine Verhinderung der Diskriminierung ausreicht, zumal der Regulierungsprozess sorgfältig austariert sein muss und damit entsprechende Entscheidungen zwangsläufig verzögert werden. Zudem liegen der Regulierungsstelle normalerweise nicht so umfangreiche Informationen vor wie dem Infrastrukturbetreiber. Eine raschere Marktöffnung ist daher wahrscheinlich nur möglich, wenn Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen stärker getrennt werden, als dies bislang in vielen Mitgliedstaaten geschehen ist. Die Verfasser dieses Themenpapiers schlagen vor, dass sich künftige politische Ansätze zur Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs und zur Förderung des Einstiegs neuer Marktteilnehmer zweckmäßigerweise auf die Unabhängigkeit betrieblicher Entscheidungen (wie bei der vollständigen vertikalen Trennung) statt auf die rechtliche Trennung konzentrieren sollten. Weitere Probleme, wie die Tatsache, dass ein marktbeherrschendes Eisenbahnunternehmen in der Lage ist, die Kapazitätszuweisung sowie andere Entscheidungen durch den gemeinsamen Standort mit dem Infrastrukturbetreiber auf unzulässige Weise zu beeinflussen, sollten ebenfalls angegangen werden. Generell müssen sowohl auf den Güter- als auch auf den Personenverkehrsmärkten potenzielle Neueinsteiger überzeugt sein, dass bei den Entscheidungen über den Zugang zu den Eisenbahnnetzen die etablierten Betreiber nicht bevorteilt werden. Nur dann werden sie bereit sind, in neue Dienste zu investieren. Erreicht wird dies wahrscheinlich nur, wenn enge Beziehungen vermieden werden, von denen eine unbillige Einflussnahme auf derartige Entscheidungen erwartet werden kann, wie etwa zwischen einem Infrastrukturbetreiber und einem Eisenbahnunternehmen, die gemeinsames Eigentum verbindet oder die auf der Grundlage von individuell zugeschnittenen Verträgen agieren. Die Mechanismen zur Sicherstellung der vollständigen vertikalen Trennung müssen durch ein umfassendes Verständnis der potenziellen Kosten im Zusammenhang mit der Annahme eines bestimmten Strukturmodells untermauert sein. Wie in Kapitel 4 dargelegt wurde, können diese eine wichtige Rolle spielen, wenn das Modell die Einführung eines komplexen vertraglichen Rahmens erfordert, der unter anderem die Koordinierung des Fahrplans, die Zahlung von Schadenersatz für Verspätungen und eine umfassende Konsultation der Zugbetreiber bei der Planung des Ausbaus der Infrastruktur regelt. Ebenso wäre es hilfreich, ein besseres Verständnis der Auswirkungen der vertikalen Trennung auf das Management der Schnittstelle Rad-Schiene zu erlangen, als dies derzeit auf der Grundlage vorangegangener Studien möglich ist. Allerdings gilt es unbedingt zu vermeiden, dass bei der eingehenderen Untersuchung dieser Fragen auf der Grundlage der Erfahrungen einzelner Mitgliedstaaten zu einfache Schlussfolgerungen gezogen werden. Kapitel 4 hat gezeigt, dass sich die beobachtete Entwicklung bei Kosten, Fahrpreisen und Qualität der Dienstleistungen durch eine ganze Reihe von Faktoren erklären lässt, doch können sie in den meisten Fällen nicht der vertikalen Trennung selbst zugeschrieben werden.

66

Page 71: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Die Auswirkungen der Trennung von Infrastrukturbetrieb und Verkehrsleistungen auf den EU Eisenbahnsektor ____________________________________________________________________________________________

LITERATURVERZEICHNIS

Batisse, F. (2003), „Restructuring of Railways in France: A Pending Process“, in Japan Railway and Transport Review, Nr. 34, März 2003.

Cantos, P., Pastor, J. M. und Serrano, L. (2010), „Vertical and Horizontal Separation in the European Railway Sector and its Effects on Productivity“, in Journal of Transport Economics and Policy, Mai 2010.

Celli, E., Pettinari, L. und Piazza, R. (2006), La liberalizzazione del trasporto ferroviario, Giappichelli, Turin.

Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) (2005), Reforming Europe's Railways - An assessment of progress, Brüssel.

Gerichtshof (2003), La réforme ferroviaire de 1997: un bilan financier, Auszug aus „Le Rapport Public“, in Les Editions des Journaux officiels, Januar 2004, Paris.

Gerichtshof (2008), Le réseau ferroviaire - Une réforme inachevée, une stratégie incertaine, Paris.

Drew, J. (2006), Rail freight: the Benefits and Costs of Vertical Separation and Open Access, Drew Consulting.

Europäische Kommission (2006), Annexes to the Communication on the implementation of the railway infrastructure package Directives (‘Erstes Eisenbahnpaket’), SEK(2006)0530, Brüssel.

Europäische Kommission (2009), Accompanying document to the Second report on monitoring development of the rail market, SEK(2009)1687/2, Brüssel.

Europäische Kommission (2010), Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums, KOM(2010)0475 endg., Brüssel.

Everis Consulting (2010), Study on Regulatory Options on Further Market Opening in Rail Passenger Transport, im Auftrag der Europäischen Kommission, GD Mobilität und Verkehr, Brüssel.

Friebel, G., Ivaldi, M. und Vibes, C. (2003), Railway (De)Regulation: A European Efficiency Comparison, IDEI Report #3 on Passenger Rail Transport, Institut d’Economie Industrielle, Universität Toulouse.

Haenel, H. und Gerbaud, F. (2003), Fret ferroviaire Francais: la nouvelle bataille du rail („Der französische Güterverkehr auf dem Schienenweg: der neue Kampf um die Schiene“), Paris.

Haenel, H. (2007), Apres une decennie: l’heure du bilan de la reforme ferroviaire de 1997 est arrivee, Paris.

Haenel, H. (2008), Ecrire l’acte II de la révolution ferroviaire régionale, Paris.

IBM Global Business Solutions (2007), Rail Liberalisation Index. Market opening: comparison of the rail markets of the Member States of the European Union, Switzerland and Norway, Berlin.

Ivaldi, M. und McCullough, G. J. (2004), Subadditivity tests for network separation with an application to U.S. railroads, CEPR Discussion Paper Nr. 4392, Centre for Economic Policy Research.

Kopicki, R. und Thompson, L. (1995), Best Methods of Railway Restructuring and Privatization, CFS Discussion Paper Series, Nr. 111, Weltbank, Washington, D.C.

67

Page 72: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE

Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ____________________________________________________________________________________________

68

Merkert, R., Nash, C. und Smith, A. (2008), Looking beyond separation - A comparative analysis of British, German and Swedish railways from a new institutional perspective, Leeds.

Mizutani, F. (2010), Organization and Regulation of the Rail Industry in Japan, Vortrag auf dem „1st Florence Workshop on Rail Transport Regulation“, 15. November, 2010.

Mühlstein, P. (2001), Evaluation de la reforme du secteur du transport ferroviaire, Paris.

Mulder, M., Lijesen, M., Driessen, G. und van de Velde, D. (2005), Vertical separation and competition in the Dutch rail industry - A cost-benefit analysis, Beitrag für die „Third Conference on Railroad Industry Structure, Competition, and Investments“, Stockholm, 21. und 22. Oktober 2005.

Nilsson, J. E. (2002), „Restructuring Sweden’s railways: The unintentional deregulation“, in Swedish Economic Policy Review, 9/2002, S. 229-254.

OECD (1998), Railways: structure, regulation and competition policy, Competition Policy Roundtables, Paris.

OECD (2005), Report on experiences with structural separation, Paris.

OECD (2010), Safety and regulatory reform in the railways, Paris. Office of Rail Regulation (2010), National rail trends 2009-10 yearbook, London.

Pfund, C. (2003), „The Separation of Railway Infrastructure and Operations Constitutes a Fundamental Mistake“, in Public Transport International, 3/2003, S. 32.

Preston, J. (2002), „The transaction cost economics of railways“, in Trasporti Europei, Nr. 20-21/2002.

Raoul, J. C. (1995), „Interoperabilite Ferroviaire Europeenne - Railway Interoperability“, in Internationale Eisenbahn-Kongress-Vereinigung (Hg.), Rail International, Nr. 8-9, August 1995, S. 128-12, Brüssel.

Sanchez, P., Monsalvez, J. und Martinez, L. (2008), Vertical and Horizontal Separation in the European Railway Sector, Bilbao.

Smith, A. (2006), „Are Britain’s Railways Costing Too Much?“, in Journal of Transport Economics and Policy, Vol. 40(1), Januar 2006, S. 1–44, Leeds.

Steer Davies Gleave (2006), Railimplement: The implementation of the EU Directives 2001/12/EC, 2001/13/EC and 2001/14/EC in Member States, London.

Steer Davies Gleave (2006), Servrail - Assessment of present and likely future conditions of providing rail related services, London.

Steenhuisen, B. und de Bruijne, M. (2009), The Brittleness of Unbundled Train Systems: Crumbling Operational Coping Strategies, Beitrag für das „Second International Symposium on Engineering Systems“, MIT, Cambridge, Massachusettes, 15.-17. Juni 2009.

Thompson, L. (1997), „The Benefits of Separating Rail Infrastructure from Operations“, in Die Weltbankgruppe (Hg.), Public Policy for the Private Sector, Note Nr. 135, Dezember 1997.

van de Velde, D., Jacobs, J. und Stefanski, M. (2009), Development of railway contracting for the National passenger rail services in the Netherlands, Beitrag für die „11th Conference on competition and ownership in land passenger transport“, Technische Universität Delft, Niederlande, 20.-25. September 2009.

Page 73: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE
Page 74: GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE …...1.4. Vor- und Nachteile der vertikalen Trennung 17 1.5. Legislativer Hintergrund 20 1.6. Gliederung des Themenpapiers 22 2. MARKTANALYSE