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Grundbegriffe der Theoretischen Informatik Sommersemester 2016 - Thomas Schwentick Teil C: Berechenbarkeit und Entscheidbarkeit 15: Unentscheidbare Probleme 2 Version von: 16. Juni 2016 (13:56)

Grundbegriffe der Theoretischen Informatik · ‚ Lösungsstrings für fppM,xqq beginnen mit der Konkatenation der Konfigurationen dieser Berechnung: Kˆ 0#Kˆ1#¨¨¨#Kˆ t ☞

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Grundbegriffe der Theoretischen InformatikSommersemester 2016 - Thomas Schwentick

Teil C: Berechenbarkeit und Entscheidbarkeit

15: Unentscheidbare Probleme 2

Version von: 16. Juni 2016 (13:56)

Einleitung‚ In Teil A der Vorlesung haben wir gese-

hen, dass es möglich ist, automatisch zuüberprüfen, ob die Implementierung einerregulären Sprache (durch einen DFA) kor-rekt ist bezüglich der Spezifikation (durcheinen regulären Ausdruck)

‚ Es ist auch möglich,

– eine „optimale“ Implementierung auseiner Spezifikation zu konstruieren

– zu testen, ob zwei Spezifikationenäquivalent sind

– zu testen, ob zwei Implementierungenäquivalent sind

‚ Natürlich wäre es schön, wenn dies allesauch allgemeiner möglich wäre:

– für Programme/Algorithmen statt DFAsund

– für allgemeine semantische Spezifika-tionen statt reguläre Ausdrücke

‚ In diesem Kapitel werden wir sehen:

– Für allgemeine Programme und Spezifi-kationen ist nichts von dem möglich

– Semantische Eigenschaften von Pro-grammen sind nicht automatisch über-prüfbar∗ Das ist unterm Strich die Aussage

des Satzes von Rice

‚ Wir werden sogar zeigen, dass die Un-möglichkeit von Äquivalenztests schon fürkontextfreie Sprachen und ihre Beschrei-bungsformen gilt

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 1

Inhalt

✄ 15.1 Der Satz von Rice

15.2 Das Postsche Korrespondenzproblem

15.3 Unentscheidbare Grammatikprobleme

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 2

Satz von Rice (1/3)‚ Wir zeigen jetzt, dass jede nicht-triviale se-

mantische Eigenschaft von Algorithmen(Programmen, Turingmaschinen) unent-scheidbar ist

‚ Wir betrachten dazu zunächst Turingma-schinen, die Funktionen berechnen

‚ Semantische Eigenschaften formalisierenwir duch Mengen von Funktionen

‚ Für jede Menge S Ď R berechenbarerFunktionen definieren wir das folgendealgorithmische Problem

Definition: TM-FUNCpSq

Gegeben: Turingmaschine M

Frage: Ist fM P S?

Satz 15.1 [Rice 53]

‚ Sei S eine Menge berechenbarer partiellerFunktionen mit H ­“ S ­“ R

‚ Dann ist TM-FUNCpSq unentscheidbar

‚ Wählt man beispielsweise S als Mengealler totalen, berechenbaren Funktionen,so folgt mit dem Satz von Rice, dass esunentscheidbar ist, ob eine gegebene TMeine totale Funktion berechnet

– Das ist natürlich nicht sehr überra-schend, aber wir werden gleich nochweitere Anwendungen betrachten

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 3

Satz von Rice: Anwendungen‚ Aus dem Satz von Rice lassen sich viele Unent-

scheidbarkeitsresultate folgern, beispielsweise:

‚ Für jede feste berechenbare Funktion f ist esunentscheidbar, ob ein gegebenes Programm fberechnet:

– Wähle S “ tfu

‚ Für beliebige feste Strings u,w ist es unent-scheidbar, ob ein gegebenes Programm bei Einga-be u die Ausgabe w hat:

– Wähle S “ tf | fpuq “ wu

‚ Es ist unentscheidbar, ob zwei gegebene Program-me äquivalent sind:

– Das folgt direkt aus der Unentscheidbarkeit desersten Problems

– Dieses lässt sich nämlich auf die Äquivalenzzweier Programme reduzieren

‚ Auf ähnliche Weise folgt die Un-entscheidbarkeit der in der Einlei-tung genannten Probleme

‚ Dass wir hier „Programm“ statt„TM“ schreiben, ist durch die(empirische Gültigkeit der) Church-Turing-These gerechtfertigt

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 4

Satz von Rice (2/3)Beweisskizze

‚ Sei fKpwqdef“ K, für alle w P Σ˚

‚ 1. Fall: fK R S:

– Sei f P S beliebig, Mf TM für f

‚ Wir zeigen: TM-E-HALT ď TM-FUNCpSq

‚ Also: bilde M so auf M 1 ab, dass gilt:

– Mpǫq terminiert ñ M 1 berechnet f

– Mpǫq terminiert nicht ñM 1 berechnet fK

‚ Für jede TM M sei dazu M 1 die TM, die beiEingabe x

(1) zuerst M bei Eingabe ǫ simuliert (allerdings„hinter x“ und ohne x zu verändern)

(2) und falls diese Berechnung terminiert, dieTM Mf bei Eingabe x simuliert

✎ Ein solches M 1 kann auch mit Satz 13.3 auseiner geeigneten 2-TM gewonnen werden

Beweisskizze (Forts.)

‚ Wir zeigen, dass M ÞÑ M 1 ei-ne Reduktion von TM-E-HALT aufTM-FUNCpSq ist

‚ Sei M P TM-E-HALT

➨ Mpǫq terminiert

➨ Phase (1) von M 1 terminiert

➨ Phase (2) simuliert das Verhaltenvon Mf bei Eingabe x und gibt alsofpxq aus (falls das definiert ist)

➨ M 1 berechnet f

➨ M 1 P TM-FUNCpSq

‚ Sei nun M R TM-E-HALT

➨ Mpǫq terminiert nicht

➨ M 1 berechnet fK

➨ M 1 R TM-FUNCpSq

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 5

Satz von Rice (3/3)Beweisskizze (Forts.)

‚ Im zweiten Fall (fK P S) lässt sich analog zei-gen, dass TM-E-HALT auf das Komplement

TM-FUNCpSq reduzierbar ist

➨ TM-FUNCpSq ist unentscheidbar

➨ TM-FUNCpSq ist unentscheidbar

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 6

Inhalt

15.1 Der Satz von Rice

✄ 15.2 Das Postsche Korrespondenzproblem

15.3 Unentscheidbare Grammatikprobleme

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 7

PCP ist unentscheidbar (1/7)‚ Zur Erinnerung:

Def.: Postsches Korrespondenzproblem (PCP)

Gegeben: eine Folgepu1, v1q, . . . , puk, vkq von Paa-ren nicht-leerer Strings

Frage: Gibt es eine Indexfolge i1, . . . , inmit n ě 1, so dass

ui1ui2 ¨ ¨ ¨ uin “ vi1vi2 ¨ ¨ ¨ vin?

Satz 15.2

‚ PCP ist unentscheidbar

Beweisidee

‚ Wir definieren ein „Zwischen-Problem“SPCP und zeigen:

– TM-HALT ď SPCP und

– SPCP ď PCP

‚ Daraus folgt mit Lemma 14.3, dass SPCPund dann auch PCP unentscheidbar sind

Def.: PCP-Problem mit Startpaar (SPCP)

Gegeben: eine Folgepu1, v1q, . . . , puk, vkq von Paa-ren von Strings

Frage: Gibt es eine Indexfolge i1, . . . , inmit n ě 1, so dass

‚ ui1ui2 ¨ ¨ ¨ uin “ vi1vi2 ¨ ¨ ¨ vin‚ und i1 “ 1?

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 8

Die erste Beispiel-TM (leicht modifiziert)Beispiel

Turing-Maschine zum Test, ob Eingabe von der Form wwR ist

a: 0 und 1 überlesen, nach links — falls ✄ oder \ nach rechts in b

b: Falls 0 nach rechts in c — falls 1 nach rechts in d (0/1 durch \überschreiben) — falls \ akz.

c: 0 und 1 überlesen nach rechts bis \, dann nach links in e

d: 0 und 1 überlesen nach rechts bis \, dann nach links in f

e: Falls 0 durch \ ersetzen nach links in a — falls 1 oder \ ableh-nen

f: Falls 1 durch \ ersetzen nach links in a — falls 0 oder \ ableh-nen

✎ Die TM nutzt \ statt #, da wir # für die Konkatenation verwen-den wollen

Beispielberechnung:

✄ 1 1

bbd\

d\

fa\

b

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 9

Beispiel-TM als DiagrammBeispiel-Turingmaschine als Diagramm

ab

c

d

e

f`

´0 : 0, Ð1 : 1, Ð

\ : \, Ñ✄ : ✄, Ñ

0 : \, Ñ

1 : \, Ñ\ : \, Ó

0 : 0, Ñ1 : 1, Ñ

\ : \, Ð

0 : 0, Ñ1 : 1, Ñ

\ : \, Ð

0 : \, Ð

1 : \, Ó\ : \, Ó

1 : \, Ð

0 : \, Ó\ : \, Ó

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 10

Beispielberechnung als Präfix einer LösungBeispiel (Forts.)

‚ Terminierende Berechnung von M bei Eingabe 11 als Präfix einer SPCP-Lösung

‚ Präfix des Lösungsstrings:

#

#a ✄ 11#

a✄

✄b

1

1

1

1

#

#

b1

\d

1

1

#

#

\

\

d1

1d

#

#

\

\

1

1

1d#

f1 \ #

\f1

a \ \

\

\

#

#

a\

\b

\

\

\

\

#

#

\

\

b\

ja\

\

\

#

#

‚ Verwendete Steintypen:

#

#a ✄ 11#,

a✄

✄b,

1

1,#

#,✄

✄,

b1

\d,

\

\,

d1

1d,

1d#

f1 \ #,

\f1

a \ \,

a\

\b,

b\

ja\

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 11

PCP ist unentscheidbar (2/7)Beweisskizze (Forts.)

‚ Wir konstruieren eine Reduktionsfunktionf mit:pM,xq P TM-HALT ðñ

fppM,xqq P SPCP

‚ Lösungen von fppM,xqq entsprechenalso terminierenden Berechnungen Mpxq

‚ Wir kodieren dazu KonfigurationenK “ pq, py, σ, zqq von M durch

Strings Kdef“ ✄yqσz

‚ Idee der Reduktion:

‚ Sei Mpxq “ K0 $M ¨ ¨ ¨ $M Kt

(K0

def“ K0pxq)

‚ Lösungsstrings für fppM,xqq beginnenmit der Konkatenation der Konfigurationendieser Berechnung:

K0#K1# ¨ ¨ ¨ #Kt

☞ über das Ende reden wir später

Beweisskizze (Forts.)

‚ Für jedes ℓ ă t

– ist K0#K1# ¨ ¨ ¨ #Kℓ ein Präfixui1 ¨ ¨ ¨ uik des Lösungsstrings

– und vi1 ¨ ¨ ¨ vik ist

K0#K1# ¨ ¨ ¨ #Kℓ`1

‚ Also übereinander geschrieben:# K0# K1# ¨ ¨ ¨ Kℓ#

#K0# K1# K2# ¨ ¨ ¨ Kℓ`1#

‚ Es gilt dann für jedes i:wenn ui eine Position in einer Konfigurati-on Kj repräsentiert, dann repräsentiert vidieselbe Position in Kj`1

‚ Dieses „Übereinanderlegen“ aufeinander-folgender Konfigurationen ermöglicht es,die Konfigurationsfolge auf Korrektheit zutesten

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 12

PCP ist unentscheidbar (3/7)Beweisskizze (Forts.)

‚ Sei M “ pQ,Γ, δ, sq TM, x P Σ˚

– OBdA: # R Γ‚ Die zugehörige SPCP-Eingabe hat das

Alphabet QYΓY t#u und die folgendenRegeln:

(1) Start:#

#s ✄ x#

(2) Kopierregeln:σ

σ,

für jedes σ P Γ Y t#u(3) δ-Regeln: für alle q, q1 P Q

und alle σ, σ1, τ P Γ Y t#u:

– falls δpq, σq “ pq1, σ1, Óq:qσ

q1σ1,

– falls δpq, σq “ pq1, σ1, Ñq:qσ

σ1q1

– falls δpq, σq “ pq1, σ1, Ðq:τqσ

q1τσ1, für alle τ P Γ,

Beweisskizze (Forts.)

(4) δ-Regeln für den „rechten Rand“:

Für alle q, q1 P Q und alleσ1, τ P Γ Y t#u:

‚ falls δpq, \q “ pq1, σ1, Óq:q#

q1σ1#,

‚ falls δpq, \q “ pq1, σ1, Ñq:q#

σ1q1#

‚ falls δpq, \q “ pq1, σ1, Ðq:τq#

q1τσ1#, für alle τ P Γ,

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 13

PCP ist unentscheidbar (4/7)‚ Wie gesagt: der erste Teil des Lösungsstrings ist die Konkatenation der Kodierungen

aller Konfigurationen der terminierenden Berechnung:# K0# K1# ¨ ¨ ¨ Kt´1#

#K0# K1# K2# ¨ ¨ ¨ Kt#

‚ Dies ist aber noch kein Lösungsstring, da der „u-String“ nur ein Präfix des v-Stringsist

– Der v-String ist genau um Kt# länger

– Da die Konfiguration Kt (im Gegensatz zu K0) nicht bekannt ist, kann diese Lückenicht durch eine einzelne Regel der SPCP-Eingabe überbrückt werden

‚ Stattdessen verwenden wir zusätzliche Löschregeln der Artenσja

jaund

jaσ

ja, durch

deren Anwendung immer kürzere Teilstrings von Kt entstehen, bis der v-String nurnoch zwei Zeichen länger ist als der u-String

‚ Sei dazu C0

def“ Kt und entstehe Ci`1 aus Ci jeweils durch Löschen eines Nach-

barzeichen des Zustandssymboles (ja, nein, oder h), und sei Cc P tja, nein, hu

‚ Insgesamt ergibt sich dann folgende Korrespondenz:# K0# K1# ¨ ¨ ¨ Kt´1# Kt# C1# ¨ ¨ ¨ Cc´1# Cc## “

#K0# K1# K2# ¨ ¨ ¨ Kt# C1# C2# ¨ ¨ ¨ Cc# #

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 14

PCP-Lösungsstring für die BeispielberechnungBeispiel (Forts.)

‚ Terminierende Berechnung von M bei Eingabe 11 als SPCP-Lösung‚ Lösungsstring:

#

#a ✄ 11#

a✄

✄b

1

1

1

1

#

#

b1

\d

1

1

#

#

\

\

d1

1d

#

#

\

\

1

1

1d#

f1 \ #

\f1

a \ \

\

\

#

#

a\

\b

\

\

\

\

#

#

\

\

b\

ja\

\

\

#

#

\ja

ja

\

\

\

\

#

#

✄ja

ja

\

\

\

\

#

#

ja\

ja

\

\

#

#

ja\

ja

#

#

ja##

#

‚ Verwendete Steintypen:

#

#a ✄ 11#,

a✄

✄b,

1

1,#

#,✄

✄,

b1

\d,

\

\,

d1

1d,

1d#

f1 \ #,

\f1

a \ \,

a\

\b,

b\

ja\,

\ja

ja,

✄ja

ja,

ja\

ja,

ja##

#

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 15

PCP ist unentscheidbar (5/7)Beweisskizze (Forts.)

‚ Sei M “ pQ,Γ, δ, sq TM, x P Σ˚

– OBdA: # R Γ‚ Die zugehörige SPCP-Eingabe hat das

Alphabet QYΓY t#u und die folgendenRegeln:

(1) Start:#

#s ✄ x#

(2) Kopierregeln:σ

σ,

für jedes σ P Γ Y t#u(3) δ-Regeln: für alle q, q1 P Q

und alle σ, σ1, τ P Γ Y t#u:

– falls δpq, σq “ pq1, σ1, Óq:qσ

q1σ1,

– falls δpq, σq “ pq1, σ1, Ñq:qσ

σ1q1

– falls δpq, σq “ pq1, σ1, Ðq:τqσ

q1τσ1, für alle τ P Γ,

Beweisskizze (Forts.)

(4) δ-Regeln für den „rechten Rand“:

Für alle q, q1 P Q und alleσ1, τ P Γ Y t#u:

‚ falls δpq, \q “ pq1, σ1, Óq:q#

q1σ1#,

‚ falls δpq, \q “ pq1, σ1, Ñq:q#

σ1q1#

‚ falls δpq, \q “ pq1, σ1, Ðq:τq#

q1τσ1#, für alle τ P Γ,

(5) Löschregeln:σja

ja,

jaσ

ja,σnein

nein,

neinσ

nein,

σh

h,

h,

für alle σ P Γ Y t#u

(6) Abschlussregeln:

ja##

#,

nein##

#,

h##

#

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 16

PCP ist unentscheidbar (6/7)Beweisskizze (Forts.)

‚ Falls Mpxq anhält, gibt es

K0, . . . , Kt, C0, . . . , Cc,so dass für alle i gilt:

– K0 kodiertK0pxq “ ps, px, 0qq,

– Ki $M Ki`1,

– C0 “ Kt,

– Ci`1 entsteht aus Ci durchLöschen eines Nachbarzei-chens von ja, nein, h, und

– Cc “ ja (oder nein oder h)

‚ Lösungswort:#K0#K1# ¨ ¨ ¨ Kt#C1# ¨ ¨ ¨

¨ ¨ ¨ Cc´1#Cc##

Beweisskizze (Forts.)

‚ Umgekehrt gibt es eine Lösung (mit i1 “ 1) nur,falls Mpxq anhält

‚ Denn:

– Die Regeln der Typen (2), (3) und (4) erzwingen,dass der Anfang des Lösungsstrings das An-fangsstück einer Berechnung von Mpxq kodiert

– Die Regeln (1)-(4) bewirken, dass der v-Stringzunächst immer länger als der u-String ist

– Ein Längenausgleich zwischen dem v-Stringund dem u-String ist nur durch Anwendung derRegeln aus (5) und (6) möglich

– Diese können jedoch nur angewendet werden,wenn die Berechnungsfolge eine Konfigurationmit einem Endzustand erreicht

➨ Mpxq terminiert

‚ Insgesamt haben wir also: TM-HALT ď SPCP

✎ Der vollständige, formale Beweis, dass f eine Re-duktion ist, ist natürlich etwas komplizierter

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 17

SPCP ď PCP: BeispielBeispiel

‚ Die PCP-Eingabe0

01,

1

11,

10

0

‚ z hat die PCP-Lösungsstrings

–0

01

10

0mit Indexfolge 1, 3 und

–1

11

10

0mit Indexfolge 2, 3

‚ Wir bilden diese PCP-Eingabe ab auf

fpzq “ @0@

@0@1,

0@

@0@1,

1@

@1@1,

1@0@

@0,

$

@$

‚ Die Indexfolge 2, 3 führt dann nicht mehr zu einer Lösung

‚ Die Indexfolge 1, 3 führt jetzt zur Lösung 1, 4, 5 mit dem Lösungs-string

@0@

@0@1

1@0@

@0

$

@$

‚ Allgemein gilt: fpzq hat genau dann eine Lösung, wenn z eineLösung mit i1 “ 1 hat

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 18

PCP ist unentscheidbar (7/7)Beweisskizze (Forts.)

‚ Es bleibt zu zeigen: SPCP ď PCP

‚ Wir nehmen dazu an, dass die Zeichen $ und@ nicht in den Eingaben für SPCP vorkom-men

‚ Für jeden String w “ a1 ¨ ¨ ¨ am,mit ai P Σ sei w der Stringa1@a2@ ¨ ¨ ¨ @am

‚ Wir definieren die Reduktion f wie folgt:

– Eine SPCP-Eingabeu1

v1

,u2

v2

, . . .uk

vk

wird abgebildet auf@u1@

@v1

,u1@

@v1

, . . . ,uk@

@vk

,$

@$

Beweisskizze (Forts.)

‚ Zu zeigen: f ist total und berechenbarund es gilt für alle SPCP-Eingaben z:

– z hat genau dann eine Lösung miti1 “ 1, wenn fpzq überhaupt eineLösung hat

‚ Denn:

‚ Sei p1, i2, . . . , inq eine Lösung für z

➨ p1, i2 ` 1, . . . , in ` 1, k ` 2q isteine Lösung für fpzq

‚ Sei umgekehrt pi1, . . . , inq eineLösung minimaler Länge für fpzq

➨ – i1 “ 1

– in “ k ` 2 sowie

– ij P t2, . . . , k ` 1u, fürj P t2, . . . , n ´ 1u

➨ p1, i2 ´ 1, . . . , in´1 ´ 1q ist Lösungfür z

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 19

Inhalt

15.1 Der Satz von Rice

15.2 Das Postsche Korrespondenzproblem

✄ 15.3 Unentscheidbare Grammatikprobleme

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 20

Unentscheidbare Grammatik-Probleme (1/3)Satz 15.3

‚ CFG-SCHNITT ist unentscheidbar

Beweis

‚ Dies folgt sofort aus der Unentscheidbar-keit von PCP und PCP ď CFG-SCHNITT

☞ Satz 14.2, Lemma 14.3

Definition: CFG-UNAMB

Gegeben: Kontextfreie Grammatik G

Frage: Ist G eindeutig?

‚ Eindeutige Grammatiken heißen auf Eng-lisch unambiguous

Definition: CFGEQUI

Gegeben: Kontextfreie Grammatiken G1, G2

Frage: Ist LpG1q “ LpG2q?

Definition: CFGREGEQUI

Gegeben: Kontextfreie Grammatik G, RE α

Frage: Ist LpGq “ Lpαq?

Definition: CFGALL

Gegeben: Kontextfreie Grammatik G

Frage: Ist LpGq “ Σ˚?

Definition: CFGCONT

Gegeben: Kontextfreie Grammatiken G1, G2

Frage: Ist LpG1q Ď LpG2q?

Satz 15.4

‚ Die folgenden Entscheidungsproblemesind unentscheidbar:

– CFG-UNAMB

– CFGEQUI

– CFGREGEQUI

– CFGALL

– CFGCONTGTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 21

Weitere unentscheidbare Grammatik-Probleme (2/3)Beweisskizze: CFG-UNAMB

‚ Beweis durch Reduktion:PCP ď CFG-UNAMB

‚ Sei z “ pu1, v1q, . . . , puk, vkq eineEingabe für PCP

‚ Wir definieren wieder:

– G1: S1 Ñ u1S11 | ¨ ¨ ¨ | ukS1k |u1$1 | ¨ ¨ ¨ | uk$k

– G2: S2 Ñ v1S21 | ¨ ¨ ¨ | vkS2k |v1$1 | ¨ ¨ ¨ | vk$k

‚ Klar: G1 und G2 sind jeweils eindeutig

– Die Zahlenfolge am Ende des Stringsbestimmt eindeutig den Ableitungs-baum ☞ sogar die Ableitung

‚ Sei G nun die durch Vereinigung derRegeln aus G1 und G2 entstehendeGrammatik, ergänzt um S Ñ S1 | S2

Beweisskizze (Forts.)

‚ Es gilt:

– Ist~i eine Lösung für z mit Lösungswort

w, so hat der String w$ÐÝi zwei Ablei-

tungsbäume

∗ Dabei stehtÐÝi für die umgekehrte

Konkatenation der Zahlen aus~i

– Also: z hat Lösung ñG ist nicht eindeutig

‚ Andererseits:

– Hat ein Wort w$ÐÝi zwei Ableitungsbäu-

me, so verwendet einer S1, der andereS2, also:

w$ÐÝi P LpG1q X LpG2q

➨ ~i ist Lösung von z

– Also: G ist nicht eindeutig ñz hat Lösung

‚ Insgesamt:z P PCP ðñ G nicht eindeutig

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 22

Weitere unentscheidbare Grammatik-Probleme (3/3)Beweisskizze (Forts.)

‚ Die Unentscheidbarkeit von CFGALL folgt aus dem Beweis derUnentscheidbarkeit von CFG-SCHNITT

‚ Zu den Grammatiken G1, G2 aus diesem Beweis lassen sichkontextfreie Grammatiken H1,H2 für die Komplemente vonLpG1q und LpG2q finden

– Denn: LpG1qR und LpG2qR sind deterministisch kontextfrei

➨ Die Komplemente von LpG1q und LpG2q sind kontextfrei!

➨ LpG1q X LpG2q “ H ðñ LpH1q Y LpH2q “ Σ˚

‚ Sei nun H die durch Vereinigung der Regeln von H1 und H2

und Hinzufügung einer neuen Startvariablen S und zusätzlichenRegeln S Ñ S1 | S2 entstehende Grammatik

➨ LpG1q X LpG2q “ H ðñ LpHq “ Σ˚

‚ Wir erhalten insgesamt: PCP ď CFGALL

‚ Daraus folgt die Unentscheidbarkeit von CFGALL

‚ Die Unentscheidbarkeit der anderen Probleme folgt leicht durchReduktion von CFGALL und damit auch von CFGALL

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 23

Zusammenfassung

‚ Der Satz von Rice sagt aus, dass semantische Aus-sagen über Programme nicht algorithmisch getestetwerden können

‚ Das Postsche Korrespondenzproblem ist unent-scheidbar

‚ Aus diesem Resultat lässt sich die Unentscheidbar-keit einiger Probleme nachweisen, die mit kontext-freien Sprachen zu tun haben

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 24

Literatur

‚ PCP:

– Emil L. Post. A variant of a recursively unsolvable problem.Bulletin of the American Mathematical Society, 52:264–269,1946

GTI / Schwentick / SoSe 16 C: 15. Unentscheidbare Probleme 2 . ✁✄ Folie 25