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Publikationsorgan des Vereins Pro ISSI Nr. 14, Juni 2005 Grundlagen der Physik im extraterrestrischen Test INTERNATIONAL SPACE SCIENCE INSTITUTE

Grundlagen der Physik im extraterrestrischen Test

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Page 1: Grundlagen der Physik im extraterrestrischen Test

Publikationsorgan des Vereins Pro ISSI Nr. 14, Juni 2005

Grundlagender Physikim extraterrestrischenTest

INTERNATIONAL SPACESCIENCEINSTITUTE

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Eine kurze Begegnung im Okto-ber 1798 änderte das Leben desjungen schottischen Botanikersund Militärarztes Robert Browngrundsätzlich: Er lernte Sir JosephBanks, den grossen Naturforscherkennen, der ihn gleich für seineForschungsreise mit dem Segel-schiff Investigator anheuerte. DieReise führte ihn nach Australienund Tasmanien, und als die Inves-tigator vier Jahre später wieder inLondon anlegte, hatte sie Tau-sende von Pflanzen an Bord, vondenen die meisten noch unbe-kannt waren.

Fünf Jahre benötigte RobertBrown, um das umfangreiche Material zu beschreiben und zuklassif izieren. Dazu nutzte er dasMikroskop, um möglichst genaueHinweise für die systematischeEinordnung der Pflanzen zu f in-den. Eine überraschende Beob-achtung gelingt ihm 1827: Er stelltfest, dass der Pollen der Clarkiapulchella aus kleinen Partikelnbesteht, die sich offensichtlich inunaufhörlicher Bewegung befin-den. Der Biologe denkt zunächstan kleinste Lebewesen, die sichmit eigener Kraft fortbewegen;daher untersucht er im Weiterenauch Pollenkörner, die währendMonaten in Alkohol konserviertwurden, nur um wieder dieselbedauernde Bewegung festzustellen.Selbst zu Staub zerriebener Felszeigt das gleiche Verhalten. Brown,der systematische Forscher, ziehtdaraus den Schluss, dass es sichhier um ein physikalisches undnicht um ein biologisches Phäno-men handelt.

Achtzig Jahre später stimmte derjunge Albert Einstein dieser In-terpretation zu. Er deutete dieBrown'sche Bewegung als die Fol-ge von Stössen der sich in ther-mischer Bewegung befindlichenunsichtbaren Moleküle der Flüs-sigkeit auf die kleinen sichtbarenPartikel. Diese Erkenntnis publi-zierte er 1905 zusammen mit dreiweiteren Arbeiten in den Annalender Physik, womit er ein neuesKapitel der Physik aufschlug.

Seit Einstein bemühen sich dieWissenschafter, in immer kom-plexeren Experimenten die Aus-sagen des Einstein'schen Gedan-kengebäudes zu überprüfen oder –noch besser – zu widerlegen. Dennbis heute ist es nicht gelungen,seine Relativitätstheorie mit derQuantenmechanik in Einklang zubringen. Daher suchen die Physi-ker selbst nach kleinsten Unstim-migkeiten zwischen der Relativi-tätstheorie und dem Experiment,um allfällige Hinweise darauf zuerhalten, wo anzusetzen ist, umvielleicht doch noch die GrandUnified Theory zu f inden, von derdie Physiker seit Einstein träumen.Diesem Thema ist die vorliegendeAusgabe des Spatiums gewidmet.

Wir danken Herrn Professor Mar-tin C.E.Huber, Präsident der Euro-päischen Physikalischen Gesell-schaft, für die freundliche Erlaub-nis, sein Referat vom 21.Oktober2004 für Pro ISSI in erweiterterForm wiedergeben zu dürfen.

Hansjörg SchlaepferZürich, Juni 2005

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Impressum

SPATIUMPublikationsorgan desVereins Pro ISSIErscheint zweimal jährlich

Verein Pro ISSIHallerstrasse 6,CH-3012 BernTel. +41 (0)3163148 96www.issi .unibe.ch /pro-issi .html(hier sind alle bisherigen Nummerndes Spatiums als pdf verfügbar)

Präsident Prof.Heinrich Leutwyler,Universität BernHerausgeberDr.Hansjörg Schlaepfer,legenda schläpfer wort & bild,CH-8185 WinkelLayoutMarcel Künzi,marketing · kom-munikation, CH-8483 KollbrunnDruck Schellenberg Druck AGCH-8330 Pfäffikon

TitelbildDieses Bild zeigt die Wirkunghoher Massenkonzentrationen aufdie Ausbreitung des Lichts: ImVordergrund ist der Galaxienhau-fen Abell 1689 als gelbe Objektezu sehen. Die Masse seiner Gala-xien ist so gross, dass er das Lichtder dahinter liegenden Galaxieablenkt und verzerrt, sodass siemehrfach als blaue Kreissegmentesichtbar wird. (Quelle: NASA /ESA, STScI )

Editorial

INTERNATIONAL SPACESCIENCEINSTITUTE

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Einleitung

Der österreichische Wissenschafts-philosoph Karl Popper 2 schreibt1972 in seiner « Objektiven Er-kenntnis »3:

« . . . die neue Theorie kann wiejede unwiderlegte Theorie auchfalsch sein. Der Theoretiker wirdalso alles versuchen, unter dennicht widerlegten Theorien falscheherauszufinden, «dingfest zu ma-chen». . . . »

« Er wird . . . versuchen, strengePrüfungen sowie zwischen Theo-rien entscheidende Prüfungs-situationen zu entwerfen. » . . .

«Ziel des Experimentes muss es . . .sein, eine Theorie zu falsifizieren,um auf diesem Weg allenfalls aufeine wahre Theorie zu stossen . . . »

Albert Einstein4, der Schöpfer derRelativitätstheorie, war sich derepochalen Bedeutung seines Wer-kes wohl bewusst. Er selbst hat Ex-perimente vorgeschlagen, um dieGültigkeit seiner Theorien zuüberprüfen, ihre Aussagen allen-falls zu falsif izieren. Es ist beson-

ders seit den Sechzigerjahren einesder zentralen Anliegen der Phy-sik, die Relativitätstheorie immer«strengeren Prüfungen» zu unter-

werfen und damit in den inners-ten Kern unseres physikalischenWeltbildes vorzustossen. Einerseitsgibt das Universum selbst mit seinerunvorstellbaren Grösse und seinenriesigen Massen den idealen Rah-men für solche Tests. Andererseitseröffnet die Weltraumtechnik die

Möglichkeiten, Experimenteunter praktisch störungsfreienBedingungen durchzuführenund zu Messgenauigkeiten vor-zudringen, die weit über den-jenigen irdischer Versuchsvor-richtungen liegen. Der Zugangzu solch exquisiten Experi-mentiertechniken ermöglichtes, sowohl die Richtigkeit derTheorien als auch die ihnenzu Grunde liegenden Annah-men mit stets grösserer Ge-nauigkeit zu überprüfen. Das

vorliegende Spatium ist dem Men-schen Albert Einstein und den Be-mühungen der Physiker gewidmet,seine Theorien zu falsif izieren.

Bild 1: Der junge Albert Einstein imannus mirabilis 1905

Grundlagen der Physikim extraterrestrischen Test1

Eine Theoriesollte so einfachwie möglich sein,

aber nichteinfacher.

1 Nach dem Pro ISSI Referat vom 21.Oktober 20042 Sir Karl R.Popper,1902 Wien bis1994 London; Philosoph und Wissenschaftstheoretiker 3 K.Popper: Objektive Erkenntnis, campe paperback,19934 Albert Einstein,1879 Ulm bis1955 Princeton; Physiker,Nobelpreis für Physik 1922

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Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie

Die Spezielle Relativitätstheorie (1905) beschreibt die physikalischen Gesetzeim Spezialfall unbeschleunigter Referenzsysteme, der sogenannten Inertial-systeme.

Die Allgemeine Relativitätstheorie (1916) beschreibt die physikalischen Ge-setze im allgemeinen Fall, also auch für beschleunigte Referenzsystemeoder solche, die sich im Einflussbereich eines Gravitationsfeldes befinden.

Der entscheidende Gedanke der Relativitätstheorie ist der, dass alle phy-sikalischen Gesetze in beschleunigten Systemen dieselben sind, unabhängigdavon, ob die Beschleunigung von der Schwerkraft oder von einer Änderungder Geschwindigkeit stammt.

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Die Zeit vorder Relativitäts-theorie

Am 14. März 1879 kommt in Ulmein Knabe zur Welt,der die Natur-wissenschaften in ihren Funda-menten erschüttern wird: Al-bert Einstein. Mit vier Jahrenerhält er von seinem Onkel ei-nen Kompass, der mit seinerstets nach Norden zeigendenNadel den jungen Albert fas-ziniert. Vielleicht ahnt er da-bei ein erstes Mal, dass etwashinter den Dingen unsichtbarverborgen sein muss, das dieWelt beherrscht. Von einemFreund der Familie erhält erim Laufe der Jahre eine Viel-zahl populärwissenschaftlicherBücher, die der heranwach-sende Junge mit grossem Inte-resse verschlingt. In der Schulein München erbringt er zwarausgezeichnete Leistungen inMathematik und auch in denklassischen Sprachen, doch diewie «Feldwebel agierendenLehrer» werden ihm zuneh-mend zum grossen Ärgernis.Ein eifriges Selbststudiumhilft, den ihm völlig unge-nügend erscheinenden Unterrichtin Mathematik zu ertragen. DieMittelschule bricht er unvermit-telt ab, reist zu seinen Eltern, diesich mittlerweile in Mailand nie-dergelassen haben, und beginntsich dort im Selbststudium für dieAufnahmeprüfung am Polytech-nikum in Zürich vorzubereiten.

Diese f indet im Oktober 1895statt, endet für den erst 16-Jäh-rigen aber mit einem Fiasko: Al-bert hatte die Sprachen vernach-lässigt und sich zu sehr auf dieihn so faszinierenden naturwis-senschaftlichen Fächer konzen-triert. Für einen zweiten Anlaufschreibt er sich in der Abschluss-klasse der Kantonsschule Aarauein. Ihr liberales Klima sagt ihmsehr zu. Die herzliche Aufnahme

durch die Familie des Kantons-schullehrers Winteler, vor allemaber die Tochter Marie, Einsteinserste grosse Liebe, haben es ihmangetan, und der junge Freigeistfühlt sich in Aarau überaus wohl.Das Ergebnis ist entsprechend:Eine hervorragende Maturität,wenn auch mit einer ungenügen-

den Note in der französischenSprache . . .

Zu jener Zeit verfasst Albert Ein-stein seine erste wissenschaftli-che Arbeit über den Äther, einhypothetisches, das Vakuum aus-füllendes Medium, das damals zurErklärung der Ausbreitung derelektromagnetischen Strahlungpostuliert wurde. Im Oktober1896 immatrikuliert er sich am

Polytechnikum in der «Schulefür Fachlehrer mathemati-scher und naturwissenschaft-licher Richtung». Die obli-gatorischen Lehrveranstaltun-gen lässt er mit mässiger Be-geisterung über sich ergehen.Er fühlt sich eher zu der ei-nen oder anderen fakulta-tiven Vorlesung hingezogen,wie zum Beispiel zur Urge-schichte des Menschen oderzur Geologie der Gebirge.Nach vier Jahren schliesst Al-bert Einstein sein Studiummit dem Diplom ab, dochtrotz intensiver Bemühungengelingt es ihm nicht, eineStelle als Assistent am Polyoder an einer anderen euro-päischen Hochschule zu f in-den. Daher muss er sich mehrschlecht als recht zunächstals Hilfslehrer am Techni-kum Winterthur, dann alsLehrer an einer Privatschule

in Schaffhausen und als freierPrivatlehrer in Bern durchschla-gen. Dem gebürtigen Deutschen,der seine Staatsbürgerschaft nachder Übersiedlung in die Schweizabgelegt hat, gewährt die stadt-zürcherische Einbürgerungskom-mission das Schweizer Bürger-recht und – mit Blick auf seine

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Mir geht es gut;ich bin ehrwürdiger

eidgenössischer Tintenscheisser mit

ordentlichem Gehalt:Daneben reite ich aufmeinem alten mathe-

matisch-physikalischen

Steckenpferd undfege auf der Geige.

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bescheidenen f inanziellen Ver-hältnisse – erst noch zu einem re-duzierten Tarif. Dies und vertrau-ensvolle Beziehungen ermögli-chen ihm, am 23. Juni 1902, eineAnstellung als TechnischerExperte III. Klasse am Eid-genössischen Amt für Geis-tiges Eigentum in Bern zuf inden. Nun sind auch dief inanziellen Verhältnisse ge-regelt, sodass er zu Beginndes Jahres 1903 seine ehe-malige Kommilitonin MilevaMaric heiraten kann. Das jungePaar fühlt sich in der Dachwoh-nung an der Tillierstrasse 18 inder «altertümlichen, urgemütli-chen» Stadt Bern sehr wohl.

Es sind die Widersprüche der Phy-sik seiner Zeit, die Albert Einsteinzu den grossen Entdeckungen an-regen: Während die klassischeMechanik von Isaac Newton5 voneiner zeitverzugslosen Wirkungder Gravitation auf Massen aus-geht, postuliert die neuere Feld-

theorie von James Clerk Maxwell6

die Ausbreitung elektromagneti-scher Felder mit Lichtgeschwin-digkeit. Auch der Begriff desÄthers führt zu Widersprüchen,

denn das Licht einer bewegtenQuelle müsste sich darin mitgrösserer als Lichtgeschwindigkeitausbreiten, was undenkbar ist,hatten doch Albert Michelson7

und Edward Morley 8 erst vor we-nigen Jahren in ihrem wegwei-senden Experiment gezeigt, dassdie Lichtgeschwindigkeit die glei-che ist, unabhängig davon, ob essich in Richtung der Bahn derErde um die Sonne – immerhinmit einer Geschwindigkeit vonetwa 30 Kilometern pro Sekunde– oder quer dazu ausbreitet.

Oft diskutiert Einstein zu jenerZeit bis spät in die Nacht hineinoder auf Ausflügen am Sonntagmit seinen Freunden, die ihrenKreis scherzhaft Akademie Olym-pia nennen. Albert Einstein arbei-tet an verschiedenen Themen-kreisen gleichzeitig, und im Früh-jahr 1905 publiziert er innerhalbweniger Monate fünf Arbeiten,welche der Physik die grosseWende bringen: Die erste Arbeitgilt den energetischen Eigenschaf-ten des Lichts. Hier führt er einezum bisherigen Wellenbild alter-native Erscheinungsform des Lichtsein: Energiepakete, die wir heutePhotonen nennen. Dafür erhält er1922 den Nobelpreis für Physik.

Die zweite Arbeit, seine Dis-sertation, betrifft die Be-stimmung der Grösse vonMolekülen. Die dritte damitverbundene Publikation er-klärt die Brown'sche Bewe-gung von in ruhender Flüs-sigkeit suspendierten Körpern

durch Stösse der unsichtbarenMoleküle, die sich gemäss den Gesetzen der Thermodynamikbewegen. Die vierte Arbeit erst behandelt die Elektrodynamik be-wegter Körper: Die Grundlageder Speziellen Relativitätstheorie.Im Herbst veröffentlicht er nocheinen fünften Artikel, in welchemer die wohl berühmteste Formelder Naturwissenschaften

herleitet. Vier dieser Arbeiten er-scheinen in den Annalen der Phy-sik zwischen März und Dezember

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Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Zentrales Element der Relativitätstheorie ist die absolute Konstanzder Lichtgeschwindigkeit von 299’792’458 m/s im Vakuum.Sie bedingt, dass sich in einem bewegten Bezugssystem Raum undZeit in Abhängigkeit seiner Geschwindigkeit so verändern, dass die Lichtgeschwindigkeit erhalten bleibt: Die Zeit dilatiert und dieRaumdimensionen verkürzen sich; die Lichtgeschwindigkeit istkonstant, aber Raum und Zeit sind relativ.

5 Sir Isaac Newton,1643 Woolsthorpe bis1727 London; Physiker6 James Clerk Maxwell,1831Edinburg bis 1879 Cambridge; Physiker7 Albert Michelson,1852 Strelno (Posen) bis 1931Pasadena; Physiker8 Edward Morley,1838 Newark, New Jersey, bis 1923; Physiker

E = m· c 2

Nur wer nicht sucht,irrt nicht.

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1905, die Arbeit über die Grösseder Moleküle reicht er als Doktor-arbeit an der Universität Zürichein. Diese ungeheure Leistungkennt in der gesamten Wissen-schaftsgeschichte nichts Ebenbür-

tiges: Man spricht vom Jahr 1905als dem annus mirabilis, dem Wun-derjahr. So überragend die bisheri-gen Erkenntnisse von Albert Ein-stein auch sind, so zermürbend undrastlos ist der ihm noch bevorste-

hende, weitere elf Jahre dauerndeWeg, der ihn erst auf die Höheseines wissenschaftlichen Denkensbringen wird. Er versucht sich zu-nächst an der Universität Bern alsPrivatdozent für theoretische Phy-sik zu habilitieren; erfolglos, denner hat dem Gesuch zwar viele ver-öffentlichte Arbeiten, aber keineeigentliche Habilitationsschrift bei-gelegt. Erst nachdem Einstein derForderung mit der unveröffent-lichten, aber leider verschollenenArbeit «Folgerungen aus dem Ener-gieverteilungsgesetz der Strahlungschwarzer Körper, die Konstitu-tion der Strahlung betreffend»nachkommt, sind die Formalitä-ten erfüllt, und Einstein beginntVorlesungen zu halten. Doch de-ren Erfolg hält sich in engen Gren-zen: Nur wenige Hörer verirrensich in seine Lektionen.

Ein Jahr später folgt er einer Be-rufung der Universität Zürich alsExtraordinarius. Ein weiteres hal-bes Jahr später übernimmt Ein-stein eine ordentliche Professur ander Universität Prag. Nach einemweiteren Jahr übersiedeln die Ein-steins wieder nach Zürich und zweiJahre später übernimmt Einsteineine Stelle in Berlin.

In dieser turbulenten Zeit arbeitetsich Einstein Schritt für Schrittvoran: Zunächst postuliert er, dassdie Physik in einer beschleunigtenUmgebung dieselbe ist, gleichgül-tig ob die Beschleunigung durchGravitation entsteht oder durchÄnderung der Geschwindigkeiterzeugt wird. Man nennt dies dasstarke Äquivalenzprinzip (1907).Dieses beinhaltet auch die Äqui-valenz von schwerer und träger

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Bild 2: Titelblatt der Publikation von Albert Einstein über die Elektrodynamik be-wegter Körper. Diese Arbeit ist die Grundlage der Speziellen Relativitätstheorie.

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Masse, das sogenannte schwacheÄquivalenzprinzip. Dann erarbei-tet er die nicht-euklidische Geo-metrie für gekrümmte Räumeund stellt schliesslich die Feldglei-chungen der Allgemeinen Rela-tivitätstheorie auf (1916).

Es ist ein äusserst anstrengenderWeg: Einstein verirrt sich einigeMale, muss umkehren, um wiedervon Neuem anzufangen. Hart-näckigkeit und überragende physi-kalische Intuition verhelfen ihmletztendlich doch zum krönendenAbschluss: Das wunderbare Werkder Allgemeinen Relativitätstheo-rie ist gelungen.Allerdings bezahlter einen hohen Preis dafür: DasVerhältnis zu Mileva hat sich inden ruhelosen Jahren so sehr ver-schlechtert, dass sie mit den beidenSöhnen von Berlin zurück nachZürich reist. Endgültig trennen siesich im Sommer 1914, und AlbertEinstein ist fortan allein, fern vonseinen geliebten Söhnen HansAlbert und Eduard . . .

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Bild 3: Die zeitliche Entwicklung der Messgenauigkeit zur Verifikation des Äquivalenzprinzips seit Galileo Galilei. Die heutige Genauigkeit liegt bei 10 –13. Dasentspricht etwa der Wellenlänge von rotem Licht verglichen mit dem Durchmesserder Erde.

Die Äquivalenz der Massen

Wenn sich ein Beobachter im freien Fall, zum Beispiel in einer frei fallenden Liftkabine, befindet und einenApfel loslässt, so wird der Apfel bei der Hand bleiben. Wenn er sich für dieses Experiment an Bord einesum die Erde kreisenden Raumfahrzeuges begibt, so wird er das gleiche Resultat feststellen: In beiden Fäl-len fühlt er Schwerelosigkeit, in beiden Fällen wird er behaupten, keiner Gravitation ausgesetzt zu sein.

Wenn er sich dagegen auf dem Erdboden befindet, wird er feststellen, dass sein Apfel mit einer Beschleu-nigung von 9,8 m/s2 zu Boden fällt. Entsprechend wird er an Bord eines mit 9,8 m/s2 beschleunigtenRaumfahrzeugs dasselbe feststellen.

Das Äquivalenzprinzip sagt aus, dass die – sich der Beschleunigung widersetzende – träge Masse und die–vom Gravitationsfeld angezogene–schwere Masse unabhängig von ihrer Zusammensetzung einanderstrikt proportional sind. Für Albert Einstein war dies eine Annahme, die damals erst mit einer Genauigkeitvon 10 –5 bestätigt war. Heute ist das Äquivalenzprinzip bis zu einer Genauigkeit von 10–13 überprüft.

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Die frühenTests der Allgemeinen Re-lativitäts-theorie

Die Kenntnis der Newton'schenGesetze reicht in unserem Alltaglängstens aus, um zurechtzukom-men, denn hier sind die Ge-schwindigkeiten stets klein imVergleich zur Lichtgeschwindig-keit, und das Gravitationsfeld derErde ist überall auf ihrer Ober-fläche annähernd konstant undverhältnismässig schwach. Daherspielen relativistische Effektekeine merkliche Rolle; zumGlück muss man sagen, denn diefür das Verständnis der New-ton'schen Gesetze erforderlicheMittelschul-Mathematik ist denmeisten Menschen zugänglich,was bei der speziellen Relati-vitätstheorie gerade noch, bei derAllgemeinen Relativitätstheorieaber nicht mehr zutrifft.

Den Zeitgenossen Einsteins gehtes gleich; seine Gedanken werdenselbst in der Fachwelt zunächstnur mit äusserster Skepsis aufge-nommen. Den ersten Durch-bruch ermöglicht die Klärungeines seit Jahrzehnten offenenProblems, nämlich der Wande-rung des Perihels des Merkurs,das heisst des Punktes der Mer-kurbahn, welcher der Sonne amnächsten liegt.

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Bild 4: Merkur, der innerste Planet, aufgenommen 1974 von der amerikanischenSonde Mariner 10. Er umkreist die Sonne auf einer elliptischen Bahn hoher Exzen-trizität: Das Aphel, der sonnenfernste Punkt der Umlaufbahn, misst 69,82 Mio km,das Perihel (der sonnennächste Punkt) 46 Mio km. In diesem Bereich ist das Gravita-tionsfeld der Sonne so stark, dass sich das Perihel schneller um die Sonne dreht, als esdie klassische Mechanik erwarten lässt. Dies war der erste Hinweis auf die Gültigkeitder Allgemeinen Relativitätstheorie.

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Die Drehung des Perihels desMerkurs

Nach dem ersten Kepler'schen9

Gesetz bewegen sich die Plane-ten auf Ellipsen um die Sonne.Das gilt, solange es sich um eineneinzigen Planeten handelt, derum die Sonne kreist. Im Sonnen-system beeinflussen sich aber die Planeten gegenseitig, was zu einer laufenden Bahnänderung namentlich auch des Merkursführt. Auch das kann die New-ton'sche Physik noch erklären.

Bereits 1855 erkannte Urbain LeVerrier 10, dass die Bahn des Mer-kurs von diesen Erwartungenabweicht. Er versuchte, die Dis-krepanz mit einem bisher nichtbeobachteten Planeten oder ei-nem unsichtbaren Asteroiden-gürtel zu erklären. De Sitter 11

stellte um 1880 auf Grund prä-ziserer Messungen fest , dass dasPerihelion um etwa 531 Bogen-sekunden pro Jahrhundert wan-dert, während die klassischeNewton'sche Mechanik einenetwas kleineren Wert voraus-sagt. Die Allgemeine Relativi-tätstheorie erklärt die fehlenden43 Bogensekunden mit der Dila-tation der Zeit im Gravitations-feld der Sonne,womit sie in Wis-senschaftskreisen ein erstes Malfür Aufmerksamkeit sorgt. Da-mit wird die Erklärung der Dre-hung des Merkur-Perihels zumersten grossen Erfolg der Rela-tivitätstheorie.

Die Ablenkung des Lichts anmassereichen Sternen

Von Albert Einstein stammt da-gegen die Idee, die Änderung derAusbreitungsrichtung des Lichtsim Bereich des Gravitationsfeldesder Sonne zu bestimmen,denn dieklassische Mechanik sagt eine Ab-lenkung voraus, die halb so grossist wie die von der AllgemeinenRelativitätstheorie vorhergesagte.Der Unterschied ist zwar im Be-reich der Sonne klein, er ist zujener Zeit aber schon messbar.Dazu ist eine totale Sonnenfins-ternis erforderlich, bei welcher derMond die Sonnenscheibe voll-ständig bedeckt, so dass die Sterne

sichtbar werden. Zur Beobachtungder Sonnenfinsternis vom 21. Au-gust 1914 macht sich eine Expe-dition nach Russland auf. Sie en-det mit der Gefangennahme derdeutschen Expeditionsteilnehmer.Zwar können diese später gegenrussische Kriegsgefangene ausge-tauscht werden, doch die Sonnen-finsternis ist mittlerweile vorüber.

Eine weitere Finsternis ist für den29.Mai 1919 in äquatorialen Breitenvorausgesagt. Sir Arthur Edding-ton12, ein engagierter Verfechterder Relativitätstheorie,versucht, diesich zusehends verschlechterndenBeziehungen Englands zu Deutsch-land nach der Besetzung des neu-tralen Belgiens durch Zusammen-arbeit auf wissenschaftlicher Ebenezu verbessern. Er organisiert zweiExpeditionen,von denen die eine in

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Bild 5: Die zeitliche Veränderung derMerkurbahn um die Sonne: Das Peri-hel des Merkurs wandert im Laufe derZeit um die Sonne nicht nur auf Grundder Einflüsse der (hier nicht eingezeich-neten) Nachbarplaneten, sondern auchinfolge relativistischer Effekte im Gra-vitationsfeld der Sonne.

Bild 6: Zur Geometrie des Versuchs vonI.I. Shapiro: Die Laufzeit eines Radar-signals von der Erde zum Merkur undzurück wird zunächst bei grossem Ab-stand der Achse Merkur/Erde von derSonne gemessen und ein weiteres Mal,wenn die Achse nahe an der Sonnevorbeigeht. Im zweiten Fall wird dasSignal im Gravitationsfeld der Sonneum insgesamt 0,2 ms gegenüber der vonder klassischen Mechanik vorhergesag-ten Laufzeit verzögert.

89 Johannes Kepler,1571Weil bis 1630 Regensburg; Mathematiker und Astronom10 Urbain Le Verrier,1811 St. Lô bis 1877 Paris; Mathematiker und Astronom11 Willem de Sitter,1872 Sneek bis 1934 Leiden; Astronom12 Sir Arthur Eddington,1882 Kendal bis 1944 Cambridge; Physiker und Astronom

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10SPAT IUM 14

den Norden Brasiliens, die anderezur Insel Principe im Golf von Gui-nea ausgesandt wird.Trotz schwieri-gen Wetterbedingungen entstehensieben brauchbare fotograf ischePlatten. Sie werden ausgemessenund die Sternpositionen mit älterenFotos des Nachthimmels, bei de-nen die Sonne weit weg von derSichtlinie war, verglichen. AnfangSeptember 1919 hält Eddington inBournemouth einen Vortrag, inwelchem er das vorläufige Ergebnisbekannt gibt: Die beobachtetenPositionsverschiebungen der Sternein Sonnennähe stimmen mit derVorhersage der Allgemeinen Rela-tivitätstheorie überein! Dieser au-genfällige Beweis bringt Einsteindie allgemeine Anerkennung sei-ner neuen Ideen, nicht nur in wis-senschaftlichen Kreisen, sondernnun auch in der breiteren Öffent-lichkeit . . .

Der Shapiro-Effekt13

Einen ähnlichen Versuch führtetwa 50 Jahre später I. I. Shapirodurch: Er sendet Radarsignale zuden Planeten Venus und Merkurund misst an den reflektiertenSignalen die Verzögerung infolgeder Dilatation der Zeit im Gra-vitationsfeld der Sonne. Die er-wartete Verzögerung beträgt 0,2Tausendstel Sekunden, was er miteiner Genauigkeit von etwa 10%bestätigen kann.

Auch die Natur selber führt rela-tivistische Experimente durch, dievon aufmerksamen Astronomenbeobachtet werden können. Eshandelt sich um die Gravitations-linsen: Hohe Dichten von Mate-rie, die zwischen einer Galaxie imHintergrund und dem Beobachterliegen, führen zu einer Ablenkungdes Lichts der Galaxie, sodass die-se mehrfach beobachtet werdenkann, siehe Bild 7. Das berühmte

Einsteinkreuz, wie es in der Ab-bildung 11 des Spatium Nr. 3 dar-gestellt ist, kommt auf diese Weisezustande.

Die Gravitations-Rotverschiebung

Eine weitere «strenge Prüfung»im Popper'schen Sinne betrifft dieRotverschiebung des Lichts, dieauftritt, wenn sich die Strahlungs-quelle in einem stärkeren Gravi-tationsfeld befindet als der Beob-achter. Dort laufen die Uhrenlangsamer, und entsprechend sen-det ein Atom seine Spektrallinienauch mit einer etwas langsamerenFrequenz aus. Dies kann man mitmodernen Spektrometern im Son-nenspektrum beobachten.

Das präziseste bisher durchgeführ-te Experiment zur Bestimmungder Rotverschiebung kommt über-raschenderweise ohne das Gravi-tationsfeld eines Sterns aus, abernützt die Potenzialdifferenz aufunterschiedlichen Höhen im Gra-vitationsfeld der Erde. Es stammtvon Pound-Rebka-Snider (1960bis 1965) und besteht darin, dassam Fuss des Laborturms der Har-vard Universität angeregtes EisenPhotonen emittiert, die an derSpitze des Turms von einem aufdem Mössbauer-Effekt beruhen-den Empfänger detektiert werden.Die Photonen bewegen sich ent-gegen dem Schwerefeld der Erdeund verlieren dabei etwas Energie,was zu einer zwar äusserst gerin-gen Rotverschiebung führt, dieaber mit diesem empfindlichenMessverfahren doch zweifelsfreinachgewiesen werden kann.

Bild 7: Zur Geometrie der Gravitationslinsen. In Abwesenheit der vorderen Gala-xie sieht der Beobachter die Galaxie im Hintergrund in der Richtung 1. Unter dem re-lativistischen Einfluss der Gravitation der Galaxie im Vordergrund wird das Licht derGalaxie im Hintergrund umgelenkt, und der Beobachter sieht ihr Bild in den Rich-tungen 2, d. h. rund um die vordere Galaxie. Wären die beiden Galaxien praktischpunktförmig und lägen sie exakt auf derselben Linie, so entstünde ein kreisförmigesBild der Hintergrundgalaxie. Die ausgedehnten Massenverteilungen von Galaxienführen zu einem verzerrten Bild, wobei das umgelenkte Licht vor allem in Form vonKreissegmenten erscheint. Das Titelbild der vorliegenden Nummer zeigt diesen Fall.

13 Irwin I.Shapiro,1929 New York;Physiker

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Die extra-terrestrischenTests

Seit etwa 50 Jahren steht die er-forderliche Technik zur Verfü-gung, um Experimente im Welt-raum, aber auch in grossen Teil-chenbeschleunigern durchzufüh-ren und die Relativitätstheorie wieauch die Quantenmechanik umviele Grössenordnungen genauerzu testen, als es mit den bisher be-sprochenen Versuchsanordnungenmöglich ist. Und ohne dass wir esbemerkt hätten, hat sich die The-matik der relativistischen Zeitschon in unseren Alltag eingeschli-chen, denn die Navigation mittelsSatelliten ist eine alltägliche An-wendung der Relativitätstheorie.Diese Navigationssysteme erfor-dern Uhren höchster Genauigkeit.Damit alle Uhren im System die-selbe Zeit anzeigen, müssen ihrerelativistischen Frequenzabwei-chungen ständig kompensiert wer-den. Doch kehren wir zunächst

zum ersten Test im Weltraum, zurGravity Probe A, zurück.

Die GravityProbe A

Ende der 70er-Jahre startet dieamerikanische RaumfahrtbehördeNASA auf einer Scout-Rakete das

Experiment Gravity Probe A. DerVersuchsaufbau besteht aus zweiWasserstoff-Masern (siehe Kas-ten) als Zeitnormale höchster Prä-zision, wovon der eine auf demErdboden stationiert ist, während-dem der zweite mit der Rakete aufeine Höhe von 10'000 Kilometerngebracht wird. Während des Flu-ges werden die Taktfrequenzen derbeiden Uhren laufend miteinan-der verglichen. Die Geschwindig-keit der Rakete führt zu einer Ver-langsamung der Uhr an Bord derRakete gemäss der Speziellen Re-lativitätstheorie. Andererseits be-wirkt das mit zunehmender Höheschwächer werdende Gravitations-feld der Erde eine stets raschereGangart der Borduhr entspre-chend der Allgemeinen Relativi-tätstheorie. Die Messungen bestä-tigen diese mit einer Genauigkeitvon einem Teil in 100’000.

Satellitennavigation

Die 24 Satelliten des zukünftigen europäischen Galileo-Systemsumkreisen in 12 Stunden die Erde einmal. Die Uhren an Bord der Satelliten verlieren auf Grund ihrer Geschwindigkeit 7�s pro Tag imVergleich zu den Referenzuhren am Boden (Spezielle Relativitäts-theorie). Die in der Umlaufbahn der Satelliten geringere Schwerkraftder Erde führt andererseits zu einem Gewinn von 45�s pro Tag (Allgemeine Relativitätstheorie). Somit ergibt sich eine Differenzvon 38 �s pro Tag, was bei der Lichtgeschwindigkeit von ca.300’000 km/s zu Fehlmessungen von bis zu 11’400 m führen würde,wenn die relativistischen Effekte nicht kompensiert würden.

Maser und Laser

Der Maser (Microwave Amplification by Stimulated Emission ofRadiation) und der Laser (Light Amplification by Stimulated Emissionof Radiation) sind Verfahren zur Erzeugung kohärenter elektro-magnetischer Strahlung.

Im Bohr’schen Atommodell umkreisen die Elektronen den Kern, undzwar je nach ihrem Energiezustand in unterschiedlichen Bahnen.Energiezufuhr durch ein Photon bewirkt, dass die Elektronen in ener-giereichere Bahnen übergehen (angeregte Zustände), aus denensie normalerweise spontan wieder in den Grundzustand fallen unterAbgabe eines Photons.

Einstein hat 1915 das Konzept der stimulierten Emission eingeführt:Hier wird ein angeregtes Atom durch ein Photon zu einem Übergangin einen tieferen Energiezustand stimuliert, was zu einer Verstärkungführt: Aus einem Photon werden zwei. Dieser Vorgang wird in Lasernmehrfach wiederholt, wobei die entstehenden Lichtwellen im Takteiner wohldefinierten Frequenz sind. Damit lassen sich Uhrenhöchster Präzision herstellen.

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Das ACES (Atomic Clock En-semble in Space) Experiment

Von allen physikalischen Grössenkann die Zeit mit Abstand am ge-nauesten gemessen werden. DiesenVorsprung weiter voranzutreiben,ist eines der Ziele des ACES-Ex-periments, das für die Installationals externe Nutzlast des Europä-ischen Columbus Labors an Bordder Internationalen RaumstationISS vorgesehen ist. Es besteht auszwei Atomuhren mit unterschied-lichen Atomen: Das PHAR AO(Projet d'horloge atomique par re-froidissement d’atomes en orbite)des französischen Centre Nationald’Etudes Spatiales (CNES) basiertauf Caesium-Atomen, die mittelsLaserstrahlung auf eine Tempera-tur von wenigen Millionstel Gradüber dem absoluten Nullpunkt ge-kühlt werden. Diese Temperaturund das praktische Fehlen von Be-schleunigungen an Bord der ISSermöglichen eine Stabilität besserals 3 x 10 –16 über einen Tag. Diezweite Uhr wird vom Obser-vatoire Cantonal de Neuchâtel inZusammenarbeit mit ContravesSpace entwickelt. Es handelt sichdabei um den Space HydrogenMaser (SHM ), der auf Wasser-stoffatomen basiert.Während PHA-RAO eine hervorragende Lang-zeitstabilität besitzt, ist ihm derWasserstoffmaser über Zeiträumevon weniger als einer Stunde über-legen. Er dient daher als Referenzfür den Caesium Maser. Zusam-men bilden PHARAO und SHMeine Uhr, die genauer ist als allebisherigen Uhren: Sie hat eineAbweichung von weniger als einerSekunde in 100 Millionen Jahren!Derartige Genauigkeiten sind er-

forderlich, wenn Verkehrsflugzeu-ge künftig mit satellitenbasiertenNavigationssystemen sicher lan-den sollen.

Die Signale der beiden Uhren ge-langen zunächst zu einer gemein-samen Datenverarbeitung an Bordder Raumstation und anschlies-send zu Forschungslaboratorien inaller Welt. Das Experiment ver-folgt damit auch das Ziel einer ge-nauen zeitlichen Synchronisationvon globalen Datennetzwerken.

Gemäss der Allgemeinen Relativi-tätstheorie ist zu erwarten, dass diebeiden Uhren schneller gehen wer-den als auf der Erde,da auf der Höheder Raumstation das Gravitations-potenzial der Erde geringer ist ;andrerseits folgt aus der Speziellen

Relativitätstheorie, dass die Uhrenwegen ihrer Geschwindigkeit ge-genüber fest auf der Erdoberflächemontierten Uhren etwas langsa-mer laufen. Beide Effekte lassensich aber aufgrund der bekanntenPosition und Geschwindigkeit derUhren in der Umlauf bahn be-rechnen. Mit dieser Versuchsan-ordnung wird auch das Äquiva-lenzprinzip überprüft, das besagt,dass sich die beiden Uhren amBoden und im Orbit der Raum-station gleich verhalten, obwohl siefür die Zeitmessung verschiedeneAtome benützen. Eine allfälligeDrift der Taktfrequenzen der bei-den Uhren im Orbit, das heisst ineinem anderen Gravitationspoten-zial, käme daher einer Verletzungdes Äquivalenzprinzips gleich.

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Bild 8: Das Messprinzip des Microscope-Satelliten: Zwei Testmassen aus unter-schiedlichen Materialien (gelb und blau eingetragen) sind konzentrisch angeordnet.Sie können sich gegenseitig entlang der gemeinsamen Achse verschieben. Eine all-fällige Verletzung des Äquivalenzprinzips würde zu einer Auslenkung der inneren ge-genüber der äusseren Testmasse im Rhythmus des Erdumlaufs führen.

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Die Microscope-Mission

Das Äquivalenzprinzip und damitauch die Äquivalenz von trägerMasse und schwerer Masse ist derzentrale Kern, sozusagen das Dog-ma der Allgemeinen Relativitäts-theorie. Für die Verif ikation desÄquivalenzprinzips hatten Wis-senschafter schon 1989 die Mis-sion «Satellite Test for the Equi-valence Principle» (STEP) vorge-schlagen. Die Mission ist jedochbis heute nicht realisiert worden,dagegen hat die französische Raum-fahrtbehörde CNES die Initiativeergriffen und das Projekt Micro-scope (MICROSatellite à TraînéeCompensée pour l'Observationdu Principe d'Equivalence) in ihrProgramm aufgenommen. DiesesExperiment wird auch von derESA unterstützt; es bef indet sichderzeit in Entwicklung und sollim März 2008 in eine Erdumlauf-bahn gebracht werden.

Das Messverfahren

Das Konzept der Mission gleichtdem Versuch von Galileo Galilei,der um 1590 zwei Körper unter-schiedlicher Zusammensetzunggleichzeitig vom Schiefen Turm inPisa fallen liess und feststellte, dasssie exakt zur gleichen Zeit aufdem Boden auftreffen. Auch beimMicroscope-Experiment handeltes sich um den freien Fall zweierunterschiedlicher Testmassen ausreinem Platin, resp. aus einer Pla-tin-Titan-Legierung. Sie befindetsich in einer Erdumlaufbahn undunterliegen dem Gravitations-feld der Erde: Ihre schweren Mas-sen erfahren demnach die glei-

che Anziehung. Beide bewegensich mit einer Geschwindigkeitvon etwa 20'000 Kilometern proStunde um die Erde, und ihre trä-gen Massen widersetzen sich ingleicher Weise der durch das Gra-vitationsfeld erzwungenen Kreis-bahn. Wenn nun die träge Masseungleich der schweren Massewäre, dann würden mit der Zeitdie Bahnen der beiden Testmassenauseinanderlaufen. Um den Ver-such zu vereinfachen, sind dieTestmassen nur entlang einerRichtung frei beweglich. Präzisekapazitive Sensoren messen lau-fend ihre Lage. Sobald sie kleinsteUnterschiede erkennen, werdenRückführkräfte ausgelöst, sodassdie Testmassen in ihrer ursprüng-lichen Lage bleiben. Sollten perio-dische Rückführkräfte im Rhyth-

mus der Umlaufbahn auftreten, soliesse sich daraus eine Verletzungdes Äquivalenzprinzips bestim-men. Dazu sind die Testmassenvor äusseren Einflüssen, wie zumBeispiel den restlichen Atomender Atmosphäre und der Strah-lung der Sonne, zu schützen. Dieswird erreicht, indem der Satellitmittels feiner Triebwerke so ge-steuert wird, dass die Testmassenstets in einer rein der Gravitationunterliegenden Umlaufbahn sind.

Der Satellit

Der Satellit basiert auf der My-riade-Plattform des CNES undfindet mit seinen nur 120 Kilo-gramm Gewicht an Bord einerZusatzstruktur der Ariane 5 Platz.

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Bild 9 zeigt den Microscope-Satelliten in einer Darstellung von D. Ducros.

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Gravitationswellen

Nach den Vorstellungen der klas-sischen Physik wirkt die Gravita-tionskraft über grössere Entfer-nungen zwar mit abnehmenderStärke, aber ohne Zeitverzug.Nach relativistischer Anschauungdagegen ist Gravitation ein sichmit Lichtgeschwindigkeit ausbrei-tendes Feld,was grundsätzlich dieExistenz von Wellen beinhaltet.

Als in Bern im Jahre 1955 unterdem Vorsitz von Wolfgang Pauli14

eine Konferenz zum 50. Jubi-läum von Einsteins annus mira-bilis stattf indet, gehen die Mei-nungen darüber, wie real Gra-vitationswellen seien, noch weitauseinander. Hermann Bondischreibt in seinen Erinnerun-gen15, dass er damals von MarkusFierz16 mit den Worten «theproblem of gravitational waves isready for solution, and you are theperson to solve it» aufgefordertworden sei, sich mit diesem Pro-blem zu beschäftigen. Und tat-sächlich haben Bondi und seineMitarbeiter in den folgenden Jah-ren die Theorie der Gravitations-wellen erarbeitet. Ihre Bemü-hungen f inden 1962 ihren krö-nenden Abschluss.

Bis heute ist es nicht gelungen,Gravitationswellen direkt nachzu-weisen. Aber zwei astronomischeEntdeckungen der 60er- und 70er-Jahre haben zu einem indirektenNachweis der Existenz von Gravi-

tationswellen geführt. Beidenwurden Nobelpreise zuerkannt.Antony Hewish17 und seine Stu-dentin Jocelyn Bell f inden 1967ein neuartiges Himmelsobjekt,einen Pulsar, d. h. eine Radio-quelle, die äusserst regelmässigkurze Pulse aussendet. In einerintensiven Suche nach weiterenPulsaren entdecken Russell Hulseund Joseph Taylor 1974 denDoppelpulsar PSR 1913+16, inwelchem ein Pulsar, zusammenmit einem etwa gleich schwerenBegleiter, ein enges Doppelstern-system bildet.

Dass es sich um ein Doppelstern-system handelt, bei dem die zweiObjekte umeinander kreisen,

schliessen Hulse und Taylor ausder regelmässigen Variation derPulsfolge: Während sich der Pul-sar von uns wegbewegt, verlang-samt sich scheinbar die Folgeseiner Pulse, und wenn er wiederauf uns zukommt, treffen diePulse wieder schneller hin-tereinander ein. Diese Modu-lation der Pulsfrequenz beruhtauf dem Dopplereffekt: Wennder Pulsar von uns wegfliegt ,vergrössert sich der Zeitabstandzwischen zwei Pulsen, weil derspätere Radiopuls einen etwaslängeren Weg zurücklegen mussals sein Vorgänger, bis er bei unseintrifft. Das Umgekehrte ist derFall, wenn der Pulsar auf uns zu-kommt.

Bild 10: Ein Pulsar rotiert und sendet Radiowellen in zwei Strahlenbündeln aus,die, ähnlich wie beim Lichtbündel eines Leuchtturms, an einem weit entferntenBeobachter vorbeiflitzen und von diesem als Radio- und Lichtpulse registriertbzw. empfunden werden. Pulsare sind äusserst kompakte Objekte, sogenannteNeutronensterne. Diese sind etwa gleich schwer wie die Sonne (genauer gesagt:Sie haben eine mit der Sonne vergleichbare Masse); aber dieselbe Masse, die in derSonnenkugel einen Durchmesser von 1,2 Millionen Kilometern einnimmt, ist inNeutronensternen enorm verdichtet – sie ist in einen Durchmesser von lediglichetwa 10 km gepackt.

14 Wolfgang Pauli,1900 Wien bis 1958 Zürich; Physiker, Nobelpreis für Physik 1945.15 Sir Hermann Bondi,1919 Wien; Mathematiker und Kosmologe: Science, Churchill and Me, Pergamon Press,199016 Markus Fierz,1912; Physiker17 Antony Hewish,1924 Fowey, Cornwall; Physiker, Nobelpreis für Physik 1974

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Taylor und seine Mitarbeiter be-obachten den Doppelpulsar übermehrere Jahre und f inden, dasssich die Pulsfolge langsam ver-ändert. Sie können eindeutignachweisen, dass das System ste-tig Energie verliert und sich dabeientsprechend den Voraussagender Allgemeinen Relativitäts-theorie verändert. Die verloreneEnergie entspricht genau demWert, den das System nach derTheorie von Bondi in Form vonGravitationswellen abstrahlt. Da-mit liegt ein erster indirekter Be-weis für die Existenz von Gra-vitationswellen vor.

Gravitationswellen entstehen,wennsich Massen relativ zueinanderbewegen. Dabei verändern sie inihrer Umgebung das Raumzeit-Kontinuum. Diese Störungen desRaumzeit-Kontinuums breiten sichals Gravitationswellen aus, ähn-lich wie wenn von einem Stein,

der ins Wasser geworfen wurde,an der Oberfläche Wellen erzeugtwerden. Allerdings breiten sichGravitationswellen mit Lichtge-schwindigkeit aus. Aber selbstdie Analogie mit elektromagneti-schen Wellen ist nicht vollständig.Der tiefere Grund dafür liegt inder Symmetrie der Gravitation.Diese ist eine von der Elektrizitätgrundsätzlich verschiedene Er-scheinung. Dort ziehen sich po-sitive und negative Ladungen an,während sich gleichpolige abstos-sen. In der Gravitation dagegengibt es nur eine Art «Ladung», dieMasse, und nur Anziehung, keineAbstossung. Dies bedeutet auch,dass Gravitationswellen nur ent-stehen, wenn sich Massen asym-metrisch gegeneinander bewe-gen. Beispielsweise erzeugt einStern, der so pulsiert , dass sichlediglich sein Radius periodischverändert , keine Gravitations-wellen.

Faszinierend am Doppelpulsarvon Hulse und Taylor ist, dass manhier zum ersten Mal ein Objektbeobachten kann, das starkerGravitation unterworfen ist. DieEffekte der Allgemeinen Relati-vitätstheorie führen hier zu er-heblichen Abweichungen von derNewton’schen Mechanik. So be-trägt im Doppelpulsar die Dre-hung des Periastrons 4,2� pro Jahr– rund 35’000 mal schneller als diedazu analoge Drehung des Mer-kurperihels von 43 Bogensekun-den pro Jahrhundert!

Gravitationswellen sind nicht nurdeshalb interessant, weil sie eineder wenigen bis heute nicht direktnachgewiesenen Voraussagen derAllgemeinen Relativitätstheoriesind, sondern auch, weil sie unsEinblicke in Objekte geben, indenen starke Gravitation herrscht.In der Tat eröffnen Gravitations-wellen ein völlig neues Fensterzum Universum, da sie einvon elektromagnetischen Wellengrundsätzlich verschiedenes Phä-nomen sind.

Gravitationswellen enthalten zwarenorme Energien, sie verzerren aberdas Raumzeit-Kontinuum nur ge-ringfügig, das heisst, sie haben nureine geringe Wechselwirkung mitder Materie. Typisch sind Verzer-rungen des Raums um einen Teilin 10 22, d. h. eine kilometerlangeStrecke, wie sie in den derzeit sichim Bau befindlichen erdgebunde-nen Gravitationswellen-Detekto-ren üblich ist, ändert sich lediglichum einen Zehntausendstel einesKerndurchmessers (10–19 m). Diesmacht es so schwierig, Gravita-tionswellen zu detektieren. Die

Bild 11 zeigt den von Hulse und Taylor entdeckten Doppelpulsar PSR 1913+16in einer Entfernung von 21'000 Lichtjahren. Er besteht aus zwei etwa gleich gros-sen Neutronensternen, die sich innerhalb von nur acht Stunden umkreisen. Einerder beiden Neutronensterne wird als Pulsar beobachtet ; er rotiert etwa 17 Mal pro Sekunde um seine eigene Achse. Der Abstand der beiden Neutro-nensterne im Doppelpulsar ist klein: lediglich einige Male die Distanz von derErde zum Mond.

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geringe Wechselwirkung zwi-schen Gravitationsstrahlung undRaum und Materie macht sie an-dererseits auch besonders attrak-tiv: Gravitationswellen werdenpraktisch nicht absorbiert odergestreut, wenn sie das Weltalldurchqueren.

Daher ist anzunehmen, dass Gra-vitationswellen tiefere Einblickeins Universum erlauben als elek-tromagnetische Wellen. Beispiels-

weise zeigt die kosmische Hinter-grundstrahlung das frühe Univer-sum im Alter von 300'000 Jahren,als es sich auf etwa 3000 K abge-kühlt hatte, so dass sich neutraleAtome bilden konnten und der Kos-mos für elektromagnetische Strah-lung durchlässig wurde. Noch frü-her war es von Plasma, das heisstelektrisch geladenen Teilchen, aus-gefüllt und damit für elektro-magnetische Strahlung undurch-lässig. Im Gegensatz dazu ist dieses

frühere Universum für Gravi-tationswellen durchsichtig. Diedirekte Beobachtung von Gravi-tationswellen öffnet daher inZukunft ein Fenster näher zumUrknall. Auch die unmittelbareUmgebung von schwarzen Lö-chern wird mittels Gravitations-wellen der Beobachtung zugäng-lich sein, bei denen uns heisse,ionisierte Materie den Einblickmit Hilfe elektromagnetischerStrahlung verwehrt.

Die LISA-Mission

Die Weltraummission LISA (LaserInterferometer Space Antenna) istein gemeinsames Projekt von ESAund NASA, ein Observatorium zurBeobachtung von Gravitationswel-len mit niedrigen Frequenzen oder,was dasselbe ist, Gravitationswel-len mit grossen Wellenlängen.LISA nützt mit seinen 5 Mil-lionen Kilometer langen Armendie Weite des Weltraums und er-möglicht damit die Beobachtungauch langwelliger Gravitations-wellen. Fern von den lokalenSchwankungen der Gravitationauf der Erde infolge seismischerAktivitäten, denen alle erdgebun-denen Observatorien unterwor-fen sind, kann LISA Gravitations-wellen im Bereich von 10–4 Hz bis10–1 Hz feststellen.

Die Beobachtung niederfrequenterGravitationswellen ermöglicht dasStudium von astrophysikalischenObjekten, die über lange Zeit– vonMonaten bis Äonen – detektierbareGravitationswellen ausstrahlen.FürBeobachtung vom Weltraum aus istder Himmel übersät von Objekten,

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Bild 12: Der Spiralnebel NGC 613 enthält , wie unsere Milchstrasse, ein Schwar-zes Loch in ihrem Zentrum. Diese seltsamen Objekte sind eine der erstaun-lichsten Voraussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie können entstehen,wenn ein massiver Stern unter seiner eigenen Gravitation in sich zusammenfällt .Dann krümmt er den Raum in seiner Umgebung derart , dass selbst das Licht nichtmehr entweichen kann. Schwarze Löcher können dann auch weitere Sterne auf-fressen und zu Monstern mit Millionen von Sonnenmassen anwachsen.(Bild: ESO)

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von denen wir aufgrund ander-weitiger, klassischer astronomi-scher Beobachtungen wissen, dasssie niederfrequente Gravitations-wellen aussenden. Dagegen sinddie Quellen, deren höherfrequenteGravitationswellen vom Erdbodenaus detektiert werden können, zumvornherein unbekannt und sieleuchten nur kurz auf. Damit istdie exakte Position dieser Quellenschwieriger zu bestimmen.

Das Messverfahren

LISA misst die Veränderung derräumlichen Dimensionen durchGravitationswellen. Ihr Messprin-zip beruht auf der laufenden,exakten Vermessung der gegen-seitigen Lage der Testmassen indrei je 5 Millionen Kilometer ent-fernten Satelliten, siehe Bild 13. Es

handelt sich dabei nicht um einestatische, sondern um eine dyna-mische Vermessung, bei der – an-statt Abweichungen von einermittleren Distanz–Abweichungenvon einer mittleren Frequenz ge-messen werden. Frequenzen kannman äusserst genau messen.

Jeder Satellit besitzt zwei Tele-skope, die auf die beiden andernSatelliten ausgerichtet sind, sieheBild 15. Jedes Teleskop enthält jeeinen Laser-Sender und -Empfän-ger. Jedes Teleskop enthält zudemeine aus einer Gold-Platin-Legie-rung gefertigte würfelförmigeTestmasse von etwa 4 cm Kanten-länge. Das Lichtsignal eines Laser-senders wird über das Teleskopauf einen der gegenüberliegenden

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Bild 13 zeigt die Konfiguration der LISA-Mission. Sie besteht aus drei identi-schen Satelliten, die ein gleichseit iges Dreieck mit 5 Millionen Kilometern Seiten-länge bilden, das sich im Abstand von 50 Millionen Kilometer von der Erde mitihr um die Sonne bewegt. Die Ebene des von den Satelliten aufgespannten Drei-ecks ist gegenüber der Ebene der Erdumlaufbahn um 60� geneigt.

Bild 14 zeigt die Lage der drei LISA-Satelliten im Laufe eines Jahres. Sie be-f inden sich in natürlichen, heliozentrischen Umlaufbahnen, sind aber gegenüberder Ekliptik leicht geneigt , sodass sich ein bestimmter Satellit ein halbes Jahr überund ein halbes Jahr unter der Ekliptik bef indet. Das von den Satelliten gebildeteDreieck dreht sich dabei im Laufe eines Jahres einmal um seinen Mittelpunkt. Dadie Umlaufbahnen der Satelliten, wie diejenige der Erde, leicht exzentrisch sind,verändert sich auch der Abstand der Satelliten, und damit die Armlänge der Inter-ferometer. Dies erleichtert die Messung tieffrequenter Gravitationswellen wesent-lich.

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Satelliten gerichtet. Dort befindetsich ebenfalls ein Teleskop, welchesdie eintreffende Strahlung sam-melt und, nach Reflexion an derTestmasse, auf einen Lasertrans-ponder abbildet. Dieser verstärktdas empfangene Signal und sendetes über das Teleskop zum erstenSatelliten zurück. Um die Verän-derung des Raumes durch Gravi-tationswellen zu messen, wirdnicht die gegenseitige Entfernungder Satelliten ermittelt , sondernderen zeitliche Veränderung. Jederder drei LISA-Satelliten befindetsich in einer natürlichen, erd-ähnlichen Umlaufbahn um dieSonne. Da die Erdbahn nicht exaktkreisförmig, sondern leicht exzen-trisch ist, ändert sich im Laufe der

Zeit der Abstand der Erde und derSatelliten zur Sonne und, in gerin-gerem Mass allerdings, auch dergegenseitige Abstand der Satelli-ten. Dies hat zur Folge, dass zwi-schen Sendesignal und Empfangs-signal eine zeitlich rasch verän-derliche Interferenz eintritt, dieeine Grundfrequenz definiert.Ver-zerrt nun eine Gravitationswelleden Raum, so erzeugt sie kleineperiodische Abweichungen vondieser Grundfrequenz, das heisst,sie moduliert die Grundfrequenz.Solche Modulationen sind leichtvon der Grundfrequenz zu tren-nen: Damit kann sowohl die Am-plitude wie auch die Frequenzder Gravitationswelle sehr genaugemessen werden.

Die Satelliten

Ähnlich wie bei der Microscope-Mission müssen auch bei LISAVorkehrungen getroffen werden,um die Testmassen gegen äussereStörungen abzuschirmen, sodassletztlich nur noch gravitationelleKräfte auf sie einwirken.Dazu wer-den kleine Triebwerke eingesetzt,welche eine aktive Korrektur derFlugbahnen der Satelliten so er-möglichen, dass die auf sie einwir-kenden nicht-gravitationellen Ef-fekte, wie zum Beispiel der Licht-druck der Sonnenstrahlung, kom-pensiert werden. Diese Triebwer-ke müssen Schübe im Bereich voneinigen �N (ein Zehnmillionsteleines Gramms) erzeugen.Um dieseTriebwerke und das dazu gehö-rende Navigationssystem im Welt-raum selbst zu testen, sieht dasProgramm eine Vorläufermission(LISA Pathf inder) vor. Erst an-schliessend wird LISA entwickeltund voraussichtlich im Jahre 2013von einer amerikanischen Träger-rakete in ihre Umlaufbahnen ge-bracht werden.

Die Gravity Probe B

In der Newton'schen Physik sindRaum und Zeit unabhängigeGrössen. In relativistischer Sichtsind dagegen Raum und Zeituntrennbar miteinander ver-knüpft. Nach der AllgemeinenRelativitätstheorie krümmt dieMasse die Raumzeit. In einemzweidimensionalen Modell führteine Masse, ein Stern beispielswei-se, zu einer Delle in der Raumzeit,die um so tiefer ist, je höher dieKonzentration der Masse ist, siehe

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Bild 15 zeigt einen der drei LISA-Satelliten. Diese bestehen aus einem gleich-seitigenY, in dessen beiden Armen je ein Teleskop mit seinen Testmassen und je einLaser-Sender- und -Empfänger untergebracht sind. Im unteren Teil des Y bef indensich die Bordelektronik, die Stromversorgung und die Telemetrieelektronik.

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Bild 15. Nun haben Lense18 undThirring19 wenige Jahre nach derPublikation der Allgemeinen Re-lativitätstheorie gezeigt, dass eineMasse nicht nur zu einer Krüm-mung der Raumzeit führt, son-dern diese auch mit sich zieht(verdrillt), wenn sie rotiert. DieserEffekt wird als Lense-Thirring-Effekt bezeichnet.

Der Lense-Thirring-Effekt zählt,wie die Gravitationswellen, zuden bisher experimentell nochnicht verif izierten Voraussagender Relativitätstheorie, was ihnnatürlich besonders attraktivmacht. Die Gravity Probe B derNASA wurde 2004 in eine Erd-

umlaufbahn gebracht, um diesensubtilen Effekt experimentellnachzuweisen.

Das Messprinzip

Die Aufgabe besteht in der exak-ten Bestimmung der lokalen Aus-richtung der Raumzeit auf derUmlaufbahn des Satelliten um dieErde.Als Sensoren eignen sich Krei-sel, denn ein rotierender Kreiselhat die Eigenschaft, dass er ohneäussere Einflüsse seine Drehrich-tung nicht ändert , solange er ro-tiert.

Die Gravity Probe B besteht daheraus vier hochpräzisen Kreiseln,deren exakte Ausrichtung im Uni-versum laufend zu bestimmen ist.Dazu besitzt der Satellit ein Tele-skop, das auf einen weit entferntenStern als Referenz ausgerichtet ist.Wenn der Satellit im Orbit ist ,werden die Kreisel in Rotationgebracht und ihre Drehrichtungmit der Richtung zum Referenz-stern verglichen. Im Verlauf deretwa ein Jahr dauernden Messungwird die Drehrichtung der Kreisel

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Bild 16 veranschaulicht die Krümmung der (hier zweidimensional angenom-menen) Raumzeit durch die Erde. In der relativistischen Vorstellung von Lense-Thirring krümmt die Masse der Erde einerseits die Raumzeit in ihrem Umfeld undführt zum geodätischen Effekt, andererseits verursacht ihre Rotation eine Verdril-lung der Raumzeit (frame dragging). Die quantitative Bestimmung dieser beidenEffekte ist das Ziel der Gravity Probe B Mission.

Der Lense-Thirring-Effekt

Schon kurz nach der Publikation der Allgemeinen Relativitätstheoriedurch Albert Einstein fanden die beiden österreichischen PhysikerLense und Thirring einen relativistischen Effekt, der im Englischen als«frame dragging effect» bezeichnet wird. Auf Deutsch heisst erLense-Thirring-Effekt.

Dieser bezeichnet das Phänomen, dass eine rotierende Masse dieRaumzeit in ihrer Umgebung mitrotieren lässt. Man kann sich dies sovorstellen, dass eine sich drehende Kugel in zähflüssigen Honig ge-worfen wird. Dabei nimmt die Kugel bei ihrer Drehung den sie um-gebenden Honig teilweise mit, und zwar je stärker, je näher zur Kugel sich der Honig befindet.

18 Joseph Lense,1890 Wien bis 1985 München; Physiker19 Hans Thirring,1888 Wien bis 1976 Wien; Physiker

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laufend beobachtet: Wenn die lo-kale Raumzeit durch die Gravita-tion der Erde verformt ist undwenn jene infolge der Erdrotationauf Grund des Lense-Thirring-Effektes verdrillt ist, dann musssich im Verlauf der Zeit eine Dif-ferenz zur anfänglichen Richtungder Kreisel bezogen auf den Refe-renzstern ergeben. Aus dieser Dif-ferenz lassen sich die lokale Krüm-mung sowie das Ausmass der Ver-drillung der Raumzeit ermitteln.Die zu messenden Differenzensind allerdings äusserst klein: Ge-

mäss der Allgemeinen Relativi-tätstheorie werden sich die Kreiselinfolge der durch die Masse derErde gekrümmten Raumzeit um6,6 Bogensekunden20 pro Jahr undauf Grund des Lense-Thirring-Effektes um 42 Tausendstel einerBogensekunde pro Jahr ändern.Dies entspricht einer vollen Um-drehung in 30 Millionen Jahren!Das Experiment ist so konzipiert,dass die erwarteten Verschiebun-gen rechtwinklig zueinander ste-hen, sodass sie experimentell ge-trennt bestimmt werden können.

Der Satellit

Der Satellit Gravity Probe B um-kreist derzeit die Erde auf einerHöhe von 600 km. Er besitzt ausGründen der Redundanz vierhochpräzise Kreisel. Diese sind –wie bei den bisher besprochenenSatelliten–vor externen Einflüssengeschützt. Bei den Kreiseln musszudem sichergestellt sein, dass dieMasseverteilung so homogen ist,dass das Gravitationsfeld der Erdenicht zu einer Präzession führt.Die Kreisel sind daher nahezuperfekte Kugeln von höchster Ho-mogenität.

Weil sich der Stern, auf den dasTeleskop der Gravity Probe B ge-richtet ist, am Himmel leicht be-wegt, muss auch diese Bewegunggegenüber weit entfernten Objek-ten geringer räumlicher Ausdeh-nung (sogenannten Quasaren 21) aufTausendstel einer Bogensekundegenau vermessen werden.Erst nach-dem sowohl die Messdaten desSatelliten als auch die Beobach-tungen des Referenzsterns unab-hängig voneinander ausgewertetsind, können die Resultate mitein-ander verglichen und die wissen-schaftlichen Erkenntnisse bekanntgegeben werden, was etwa imSpätsommer 2006 der Fall seindürfte.

Bild 18: Die gewaltigen Spiralarmeder Galaxie M101 haben einen Durch-messer von 170'000 Lichtjahren. Nachderzeitigem Wissen hat eine nahege-legene Galaxie zu Wellen von konden-siertem Gas geführt, welche um dasZentrum der M101 kreisen. Dabei wirddas vorhandene Gas komprimiert, waszur Entstehung neuer Sterne führt.

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Bild 17: Das Konzept der Gravity Probe B. Der Satellit umkreist die Erde. Er besitztKreisel, welche die Eigenschaft haben, laufend der Richtung der lokalen Raumzeit zufolgen. Der Stern IM Pegasi dient als räumliche Referenz für die Messung. Gemäss derAllgemeinen Relativitätstheorie ist eine Drift der Kreisel bezogen auf die Achse zumReferenzstern von 6,6 Bogensekunden pro Jahr in Richtung des Nordpols zu erwar-ten (geodätischer Effekt). Der Lense-Thirring-Effekt seinerseits verursacht eine zu-sätzliche Drift in azimutaler Richtung von 0,042 Bogensekunden pro Jahr.

20 Eine Bogensekunde entspricht etwa dem Winkel, den ein menschliches Haar in 20 Metern Entfernung einnimmt.

21 Quasare sind sehr leuchtstarke und meist weit entfernte aktive Galaxien.

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Die Zeit nachder AllgemeinenRelativitäts-theorie

Wenn Albert Einstein mit der Veröffentlichung seiner epochalen Erkenntnisse zwar in wissen-schaftlichen Kreisen zu Be-rühmtheit gelangt ist, so ver-schafft ihm doch erst die Be-stätigung der vorausgesagtenLichtablenkung bei der Son-nenf insternis von 1919 denDurchbruch in der breitenÖffentlichkeit. Die Beobach-tungen von Sir Arthur Ed-dington von 1919 bestätigendie Voraussagen der Allgemei-nen Relativitätstheorie, unddie Nachricht geht wie einLauffeuer über die ganzeWelt. Die Berliner IllustrierteZeitung beispielsweise kom-mentiert dieses Ereignis aufihrer Titelseite mit «Eine neueGrösse der Weltgeschichte:Albert Einstein, dessen For-schungen eine völlige Umwäl-zung unserer Naturbetrach-tung bedeuten und den Er-kenntnissen eines Koper-nikus, Kepler und Newtongleichwertig sind». Damit istder Höhepunkt seiner An-erkennung in Deutschlanderreicht, doch als Jude undüberzeugter Pazifist warnter vor dem aufkommenden

Nationalsozialismus und wird po-litisch zunehmend isoliert. BeiEinsteins Rückkehr von einer Rei-se in die USA kommt 1933 Hitleran die Macht. Einstein kehrt nichtmehr nach Berlin zurück, gibt ausProtest seinen deutschen Pass abund verreist unverzüglich wiedernach Princeton, USA, wo er diezweite Hälfte seines Lebens ver-bringt.

Auch im amerikanischen Exilengagiert sich Albert Einsteinpolitisch. Er, der Pazif ist, rät Prä-sident Roosevelt zur Entwick-lung der Atombombe, um darinden Deutschen zuvorzukom-men, ein Schritt , den er späteraufs Tiefste bereut. (Ob Roose-velt den Brief von Einstein aller-dings jemals gesehen hat, wirdheute bezweifelt.)

In wissenschaftlicher Hinsichtist 1916 mit der Publikationder Allgemeinen Relativitäts-theorie der Zenith erreicht.Zwar hat Einstein selber dieGrundlagen der Quantenme-chanik geschaffen, die nun voneiner neuen Generation vonPhysikern weiterentwickeltwird, doch er kann sich mitder von ihr postulierten Zufäl-ligkeit nicht mehr anfreunden:«Gott würfelt nicht», sagt er.Es kann nicht sein, wie derjunge Heisenberg 22 postuliert,dass sich Position und Ge-schwindigkeit eines Elemen-tarteilchens nicht exakt be-stimmen lassen, sondern nurderen Wahrscheinlichkeiten.In dieser Haltung erweist sichAlbert Einstein als der letzteder grossen klassischen Phy-siker.

Einen wesentlichen Teil seinerzweiten Lebenshälfte widmetAlbert Einstein dem Versuch,die Relativitätstheorie und dieQuantentheorie zu einer ein-heitlichen Theorie zusammen-zufassen. Seine Bemühungen

22SPAT IUM 14

22 Werner Karl Heisenberg,1901Würzburg bis 1976 München; Physiker, Nobelpreis für Physik1932

Meine Religiositätbesteht in der

demütigenBewunderung des

unendlichüberlegenen Geistes,der sich in dem weni-

gen offenbart,was wir mit

unserer schwachenund hinfälligen

Vernunft von derWirklichkeitzu erkennenvermögen.

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bleiben vergeblich, die Zeit istnoch nicht reif dafür. Sie ist esauch heute noch nicht: Nochimmer suchen die Physikerintensiv nach der Grand Uni-fied Theory . Dennoch hat Ein-stein fundamentale Beiträgezum Verständnis des Univer-sums geleistet.

In seinem mathematischenModell hat Albert Einsteindie berühmt gewordene kos-mologische Konstante � ein-geführt , um das dem da-maligen Paradigma entspre-chende stationäre Universumzu beschreiben. Doch im

Jahre 1928 entdeckt EdwinHubble 23, dass sich die Ga-laxien von uns entfernen, undzwar umso schneller, je weitersie von uns weg sind: dasUniversum befindet sich alsodoch in einem dynamischenZustand. Unter dem Eindruckdieser überraschenden Neu-entdeckung glaubt Einstein,die Einführung der kosmo-logischen Konstanten sei die«grösste Eselei seines Lebens».Neueste Messungen, unter an-derem mit dem Hubble SpaceTelescope, legen jedoch denSchluss nahe, dass sich dasUniversum sogar in einer be-schleunigten Expansion be-

f indet, was mit dem kosmolo-gischen Modell nur beschriebenwerden kann, wenn man die ver-schmähte kosmologische Kon-stante wieder einführt . . .

Am 13. April 1955 überfallen den76-Jährigen heftige Schmerzen.Aber er lehnt die von den Ärztendringend empfohlene Operationab. Am 18. April gegen 1 Uhrnachts schliesst Albert Einsteinseine Augen für immer. EineKrankenschwester ist bei ihm. Siehört seine letzten Worte, doch siekann kein Deutsch. So verhallenseine Worte unverstanden. «Thelast words of the intellectual giantwere lost in the world», berichtetdie New York Times am Tagdarauf.

23SPAT IUM 14

DasUnverständlichste

am Universumist im Grunde,

dass wires verstehen.

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Bild 19: Albert Einstein (1954)

23 Edwin Powell Hubble,1889 Marshfield bis 1953 San Marino; Jurist und Astronom

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Martin C. E.Huber ist Bürger derStadt Basel, wo er die Primar-schule und das HumanistischeGymnasium besuchte. Er studiertezunächst an der EidgenössischenTechnischen Hochschule (ETH)in Zürich und diplomierte miteiner Arbeit in experimentellerFestkörperphysik; anschliessendkehrte er nach Basel zurück undschloss sein Universitätsstudium1963 bei Prof. Miescher mit einerDissertation in Molekülspektro-skopie ab. Nach einem weiterenJahr in Basel, in dem er den wohlersten Moleküllaser der Schweizbaute, erhielt er ein Stipendiumder European Space ResearchOrganisation (ESRO) für einenForschungsaufenthalt am Harvard-Smithsonian Center for Astro-

physics in Cambridge (Massachu-setts, USA). Vorerst arbeitete erdort in Laboratoriumsastrophysik,d. h.an der Messung von astrophy-sikalisch relevanten Eigenschaftenvon Atomen. Er besorgte auch dieradiometrische Kalibrierung derHarvard-Instrumente auf dem Or-biting Solar Observatory, OSO-6,und dem Apollo Telescope Mountauf der damaligen Weltraumsta-tion Skylab.

Gegen Mitte der 70 er - Jahrekehrte M. Huber an die ETHZürich zurück, wo er weiterhinspektroskopische Arbeiten durch-führte und eff iziente optischeSysteme für Sonnenbeobachtun-gen im Weltraum entwickelte.Dort erwarb er auch die venia le-gendi und erhielt später den Titeleines Professors.

Als Vorsitzender der Solar SystemWorking Group der EuropäischenWeltraumorganisation ESA betei-ligte er sich in den 80er-Jahren ander Vorbereitung des langfristigenE SA-WissenschaftsprogrammsHorizont 2000. Bei der gemein-samen ESA / NASA-Mission Solarand Heliospheric ObservatorySOHO ist er Co-Investigator beidrei Experimenten.

Von 1987 bis 2001 arbeitete Mar-tin Huber in der ESA als Leiter desWissenschaftsdepartements undals Wissenschaftsberater. Danach

war er gelegentlich als Gast amSmithsonian Astrophysical Obser-vatory in Cambridge, Mass., undam ISSI tätig. Seit 2003 ist er re-gelmässiger Gast des Labora-toriums für Astrophysik am PaulScherrer Institut in Villigen.Martin Huber ist Mitherausgeberdes 2001 erschienenen umfassen-den Werkes The Century of SpaceScience und Redaktor der Zeit-schrift The Astronomy and Astro-physics Review.

Seine Wahl zum Präsidenten derEuropäischen Physikalischen Ge-sellschaft EPS, und insbesonderedas von der EPS initiierte und vonder UNESCO wie auch den Ver-einten Nationen unterstützteWeltjahr der Physik, gibt MartinHuber zahlreiche Gelegenheiten,der Öffentlichkeit nicht nur dietechnologische, sondern auch diekulturelle Bedeutung der Physiknäher zu bringen. Es ist seinWunsch, dass vor allem die jün-gere Generation die Bedeutungder Naturwissenschaften wiedervermehrt anerkennt; kurz gesagt:er hofft, dass ein Bekenntnis voll-kommener Ignoranz in physika-lischen Dingen in naher Zukunftabsolut uncool sein wird.

Als Amateur spielt Martin Huberin einem Klaviertrio – in demnunmehr seit über 40 Jahren be-stehenden Trio de Satigny – denVioloncellopart.

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Publikationsorgan des Vereins Pro ISSI Nr. 14, Juni 2005

Grundlagender Physikim extraterrestrischenTest

INTERNATIONAL SPACESCIENCEINSTITUTE