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Grundpraktikum Physikalische Chemie Themenbereiche Thermodynamik, Kinetik und Elektrochemie Universität Potsdam SS 2011

Grundpraktikum Physikalische Chemie - chem.uni-potsdam.de · Abschnitt 1 Protokollierung und Auswertung 1.1 AnfertigungeinesMessprotokolls Im Praktikum fertigt jeder Student für

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Grundpraktikum Physikalische Chemie

ThemenbereicheThermodynamik, Kinetik und Elektrochemie

Universität Potsdam

SS 2011

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Vorbemerkung

Das vorliegende Skript ist als eine Anleitung zur Durchführung der Experimente im Physikalisch-Chemischen Grundpraktikum (PCGP) gedacht. Es kann und soll nicht ein Lehrbuch der Physikali-schen Chemie sein und ersetzen. Zur Vorbereitung der Versuche gehört daher in jedem Fall, dassdie entsprechenden Thematiken in einschlägigen Lehrbüchern der Physikalischen Chemie aufgearbeitetwerden.

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Regeln im Physikalisch-Chemischen Grundpraktikum(PCGP)

1. Das PCGP

(a) Eingangsvoraussetzung zum PCGP ist ein bestandenes Modul Physikalische Chemie I.

(b) Für die Zulassung zur Prüfung im Modul Physikalische Chemie II müssen im PCGP 10 Ver-suche erfolgreich durchgeführt werden. Damit ein Versuch insgesamt als bestanden gewer-tet werden kann, müssen folgende Leistungen

• das Testatgespräch (Kolloquium)• die praktische Versuchsdurchführung• das Protokoll

erfolgreich erbracht werden. Die entsprechenden Leistungen sind auf dem Laufzettel vomjeweiligen Assistenten gegenzuzeichnen (s. letzte Seite dieses Skripts)!Die Testatgespräche und Protokolle dienen der Kontrolle der Studienleistungen.

(c) Es ist während des Versuches ein Messprotokoll anzufertigen. Dazu sind gebundene Heftezu benutzen. Nach Abschluss der praktischen Arbeiten ist der Arbeitsplatz beim Assistentenabzumelden und das Messprotokoll ist vom Assistenten abzeichnen zu lassen.

(d) Das Protokoll zum Versuch ist zum nächsten Praktikumstermin abzugeben (in der Regelalso in der folgenden Woche). Ohne Protokollabgabe kann der neue Versuch nicht begonnenwerden und gilt als nicht bestanden. Das Protokoll ist in einer gedruckten und einerelektronischen Version (vorzugsweise Word-Format) abzugeben. Werden in einem ProtokollHinweise auf Kopieren/Abschreiben gefunden (typischerweise 7 aufeinander folgende Worte,die zu einer anderen Vorlage identisch sind, oder gravierende Ähnlichkeiten in Abbildungenund Formeln), gilt der Versuch als nicht bestanden.

(e) Bei unentschuldigtem Fehlen oder grobem, unentschuldigtem Zu-Spät-Kommen gilt der Ver-such als nicht bestanden. Sollten Sie aufgrund von Krankheit verhindert sein, ist einAttest vorzulegen.Wir sind telefonisch zu erreichen! (Tel.: Sekretariat Physikalische Chemie: 0331 - 977 5221oder direkt im Praktikumssaal 0331 - 977 5375).

(f) Der Ausschluss vom PCGP erfolgt, sollte zweimal eine Leistung nicht erfolgreich er-bracht werden. Konkret heißt dies, dass ein nicht-bestandenes Testatgespräch und ein nicht-akzeptiertes Protokoll zum Praktikumsausschluss führt. Wichtig ist dabei, dass es sichum ein beliebiges Testatgespräch bzw. Protokoll handeln kann, also nicht des selbenVersuches!Achtung: Bei allen Protokollen gibt es eine (mögliche) Korrekturrunde, d.h. erst nach derzweiten, nicht-akzeptierten Protokollabgabe gilt das Protokoll endgültig als nicht ak-zeptiert und der Versuch muss komplett wiederholt werden bzw. das PCGP wird abge-brochen.Sollte der Abbruch des Praktikums erfolgen, so muss das gesamte Praktikum im kommen-den SS wiederholt werden - bereits absolvierte Versuche werden nicht angerechnet.

2. Sicherheitshinweise (auszugsweise - weitere Details entnehmen Sie bitte der Laborordnung. Dieseliegt im Praktikum aus!).

(a) Vor jedem Praktikumstermin werden Schlüssel für die Umkleideschränke ausgegeben, dienach jedem Termin wieder abzugeben sind (Unterschrift auf dem Laufzettel).

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(b) Zum Praktikum ist ein Kittel mit langen Ärmeln mitzubringen. Die Versuche im PCGPdürfen nur mit einem Kittel begonnen werden, d.h. Kein Kittel - kein Versuch! (= Versuchnicht bestanden!).Weiterhin ist während des Praktikums festes Schuhwerk sowie eine lange Hose und, solltees der Versuche erfordern, eine Schutzbrille zu tragen.In einigen Versuchen empfiehlt es sich, Handschuhe zu tragen. Achten Sie darauf, Compu-tertastaturen und Türöffner nicht mit kontaminierten Handschuhen zu bedienen - denkenSie an die anderen Studierenden!

(c) Kein Essen, Trinken oder Rauchen im Praktikumssaal.

(d) Die Arbeitsplätze sind nach Beendigung des Versuches sauber und ordentlich zu hinterlas-sen.Sollten während des Versuches Gerätschaften ihre Funktionstüchtigkeit verlieren (z.B. Glas-bruch, defekte Sicherung usw.), so ist dies dem Praktikumsleiter mitzuteilen.Es dürfen nicht selbstständig Geräte von anderen Versuchen oder aus Schränken genom-men werden. Sollte zur Versuchsdurchführung ein Gerät fehlen, so wenden Sie sich bitte anden Praktikumsleiter.

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Inhaltsverzeichnis

1 Protokollierung und Auswertung 91.1 Anfertigung eines Messprotokolls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.2 Auswertung des Messprotokolls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.2.1 Numerische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.2.2 Anwendung grafischer Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101.2.3 Lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.2.4 Linearisierung von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.3 Einschätzung der Versuchsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.3.1 Fehlerarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.3.2 Mittelwert und Standardabweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.3.3 Absoluter und relativer Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.3.4 Der Größtfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.3.5 Fehlerfortpflanzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.3.6 Angabe von Ergebnissen im Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.4 Gesamtprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2 Thermodynamik 152.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.1.1 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.1.2 Die kalorische Grundgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.1.3 Das chemische Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2.2 Neutralisationsenthalpie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.2.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.2.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192.2.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.2.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.2.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.2.7 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.2.8 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.3 Verbrennungsenthalpie einer festen organischen Substanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.3.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.3.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.3.4 Grundlagen und Auswertung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.3.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252.3.6 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272.3.7 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.4 Verdampfungsenthalpie von Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

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6 INHALTSVERZEICHNIS

2.4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.4.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.4.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.4.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292.4.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292.4.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302.4.7 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302.4.8 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2.5 Thermische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.5.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.5.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.5.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.5.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312.5.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322.5.7 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

2.6 Schmelzdiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.6.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.6.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.6.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342.6.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.7 Siedediagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382.7.7 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

2.8 Adsorptionsisotherme einer gelösten Substanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.8.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.8.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.8.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.8.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402.8.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

2.9 Wasserdampfdestillation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.9.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.9.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.9.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.9.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.9.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.9.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442.9.7 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

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INHALTSVERZEICHNIS 7

3 Kinetik 453.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.1.1 Reaktionsgeschwindigkeit und Reaktionsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 453.1.2 Temperaturabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.2 Geschwindigkeitskonstante einer Esterhydrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473.2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473.2.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473.2.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473.2.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483.2.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483.2.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493.2.7 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3.3 Trisoxalatomanganat(III)-Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.3.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.3.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513.3.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.3.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.3.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

3.4 Inversionsgeschwindigkeit des Rohrzuckers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543.4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543.4.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543.4.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543.4.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553.4.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563.4.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573.4.7 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

3.5 Säurekonstante von p-Nitrophenol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.5.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.5.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.5.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593.5.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603.5.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623.5.7 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

3.6 Dynamische Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653.6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653.6.2 Vorbereitungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653.6.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653.6.4 Grundlagen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653.6.5 Durchführung des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.6.6 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673.6.7 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

4 Elektrochemie 694.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

4.1.1 Elektrolytlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694.1.2 Elektrochemische Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

4.2 Konduktometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724.2.1 Eingangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

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8 INHALTSVERZEICHNIS

4.2.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724.2.3 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 734.2.4 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 734.2.5 Messprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744.2.6 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754.2.7 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

4.3 EMK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764.3.1 Eingangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764.3.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764.3.3 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784.3.4 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784.3.5 Messprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794.3.6 Literaturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

4.4 Hittorf’sche Überführungszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804.4.1 Eingangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804.4.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804.4.3 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804.4.4 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 814.4.5 Messprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 824.4.6 Arbeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

4.5 Potentiometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.5.1 Eingangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.5.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.5.3 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.5.4 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 834.5.5 Messprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

4.6 Zersetzungsspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 854.6.1 Eingangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 854.6.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 854.6.3 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 874.6.4 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 874.6.5 Messprotokoll und Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

4.7 Leitfähigkeitstitration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.7.1 Eingangsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.7.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.7.3 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.7.4 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

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Abschnitt 1

Protokollierung und Auswertung

1.1 Anfertigung eines Messprotokolls

Im Praktikum fertigt jeder Student für jeden Versuch ein Messprotokoll an. Diese Protokolle sollensauber und für jeden Kenner der Materie verständlich sein. Sie müssen gewährleisten, dass die Ver-suchsbedingungen und die Messergebnisse reproduziert werden können. Auf den festgehaltenen Datenbasiert die Auswertung des durchgeführten Versuchs. Messprotokolle sind der Führung eines Labor-buchs äquivalent.

Diese Protokolle sollen enthalten:

• laufende Nummer des Versuchs

• genaue Bezeichnung des Versuchs

• Namen der Durchführenden

• Datum der Versuchsdurchführung

• Alle Angaben, die zu einer Reproduktion des Versuches notwendig sind (z.B. verwendete Lösun-gen und ihre Konzentrationen, verwendetes Gerät, Temperatur usw.)

• Die Messergebnisse in tabellierter Form mit Einheiten

Das Messprotokoll wird schon vor dem Praktikum vorbereitet. Hinweise dazu sind in den Versuchsanlei-tungen enthalten. Einträge in das Messprotokoll werden mit Kugelschreiber oder Tinte vorgenommen.

1.2 Auswertung des Messprotokolls

1.2.1 Numerische Auswertung

Nach Beendigung der experimentellen Arbeit erfolgt die Auswertung des Versuchs. Im anzufertigendenProtokoll werden die verwendeten Beziehungen und Gleichungen angegeben. Für ein Ergebnis wirdeine vollständige Rechnung beigefügt. Alle Resultate, auch die der Zwischenrechnungen, werden nachMöglichkeit in Tabellen zusammengefasst. Als Hilfsmittel für die Rechnung bieten sich Taschenrechnerund Computer an. Dabei wird das Ergebnis nur auf so viele Stellen angegeben, wie es der Genauigkeitder verwendeten Messmethode entspricht.

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10 ABSCHNITT 1. PROTOKOLLIERUNG UND AUSWERTUNG

1.2.2 Anwendung grafischer Methoden

Grafische Darstellungen geben meist einen besseren Überblick über Zusammenhänge als tabellarischeDarstellungen. Bei vielen Versuchen sind sie Grundlage für die Auswertung (z.B. Kalibrationskurven,Schmelzdiagramme, Titrationskurven, Regressionsgeraden). Die darzustellenden Wertepaare werdenentweder durch direkte Messung bestimmt oder aus Messergebnissen berechnet. Dabei sind die Achsenmit der dargestellten Größe einschließlich Einheit zu beschriften. Für grafische Darstellungen hat dieWahl des Maßstabs wesentliche Bedeutung. Bei ungünstiger Wahl können Kurvenabschnitte verzerrtwerden, Details des Kurvenverlaufs sind nicht erkennbar oder werden überbewertet. Im Protokollaus-druck eingebundene Grafiken werden entweder auf ein einzelnes A4-Blatt gedruckt oder im laufendenText, wobei eine Größe von 15 cm breit x 10 cm hoch anzustreben ist. Abb. 1.1 zeigt eine schlechteund eine gute grafische Darstellung einer Kalibriergerade, die mit MS-Excel angefertigt wurden:

Abbildung 1.1: oben: Falsch: zu klein, y-Achsenbeschriftung fehlt, x-Achsenbeschriftung falsch, Le-gende unnötig, Zeichnungsfläche grau gefüllt, Trendlinie zu dick, Marker mit Linieverbunden. unten: gut.

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1.3. EINSCHÄTZUNG DER VERSUCHSERGEBNISSE 11

1.2.3 Lineare Regression

Eine lineare Gleichung hat die allgemeine Form

y = ax+ b (1.1)

Darin ist a der Anstieg (oder Steigung der Geraden) und b entspricht dem Schnittpunkt der Gerade mitder y-Achse (Achsenabschnitt). a und b sowie ihre Fehler sind mittels Regressionsrechnung bestimm-bar. Diese ist mit geeigneten Computerprogrammen (z. B. RGP-Funktion in Excel) oder mit vielenTaschenrechnern ausführbar. Als Gütemaß für die berechnete Regressionsgerade wird das Bestimmt-heitsmaß R2 angegeben. Unter den Bedingungen des Praktikums liegt ein linearer Zusammenhangzwischen x und y vor, wenn 0,95 < R2 < 1,0 gilt.

1.2.4 Linearisierung von Funktionen

Durch lineare Regression kann man beliebige Funktionen auswerten, wenn es gelingt, sie in eine lineareFunktion umzuformen.Beispiele:

1. Die Geschwindigkeitsgleichung für eine Reaktion 1. Ordnung lautet

cA = c0A exp−kt (1.2)

mit cA: Konzentration von A zur Zeit t, c0A: Ausgangskonzentration von A, k: Reaktionsgeschwin-digkeitskonstante. Logarithmieren liefert:

ln cA = ln c0A − kt (1.3)

Trägt man ln cA als Funktion der Zeit t auf, erhält man eine fallende Gerade, deren Anstiega = -k beträgt.

2. Will man von der Funktion

y = axn (1.4)

die Parameter a und n bestimmen, so logarithmiert man zunächst:

ln y = ln a+ n lnx (1.5)

Trägt man also ln y gegen lnx auf, erhält man eine Gerade mit dem Anstieg n und dem Achsen-abschnitt ln a.

1.3 Einschätzung der Versuchsergebnisse

1.3.1 Fehlerarten

Alle Ergebnisse praktischer Messungen sind fehlerbehaftet. Ein Messwert oder ein daraus berechnetesResultat ist erst dann aussagekräftig, wenn der dazugehörige Fehler bekannt ist. Als Fehler bezeichnenwir die Abweichung von einzelnen Messwerten oder Resultaten vom (unbekannten) fehlerfreien Wert.Im Praktikum sind die Werte der zu bestimmenden Größen häufig aus der Literatur bekannt. Sie sindvon geübten Experimentatoren ermittelt worden und sind in Tabellenwerken zu finden. Deshalb könnenim Praktikum auch die Abweichungen der ermittelten Werte vom Literaturwert als Fehler angesehenwerden. Nach ihrer Ursache lassen sich Fehler in Gruppen einteilen:

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12 ABSCHNITT 1. PROTOKOLLIERUNG UND AUSWERTUNG

1. Grobe Fehler: Sie kommen durch Irrtümer, mangelnde Sorgfalt bei der praktischen Arbeit, unge-eignete Auswerteverfahren und Rechenfehler zustande. Sie sind vermeidbar. Bei Auftreten von grobenFehlern im Praktikum ist die Messreihe oder der Versuch zu wiederholen. Bei groben Fehlern bei derVersuchsauswertung ist das Protokoll zu korrigieren und noch einmal vorzulegen.2. Systematische Fehler: Sie verändern das Messergebnis in eine Richtung, der Wert ist entweder immergrößer oder immer kleiner als der wahre Wert. Sie entstehen durch Unvollkommenheit der Messgerä-te und -verfahren, aber auch durch Unzulänglichkeiten des Experimentators (fehlerhafte Skalierungoder Kalibrierung von Geräten, Nichteinhaltung der Temperaturkonstanz in einer Richtung, ständigesTitrieren über den Äquivalenzpunkt hinaus usw.). Manche solcher Fehlerquellen lassen sich im Grund-praktikum durch Studenten nicht überprüfen oder vermeiden. Somit sind systematische Fehler undihre Ursachen in einer Fehlerbetrachtung zu diskutieren.3. Zufällige Fehler: Sie verursachen Schwankungen der Einzelergebnisse um den wahren Wert. Wieder-holt man eine Messung genügend oft, ergibt sich eine Häufung der Werte um einen bestimmten Wert.Diese Fehler sind nicht vermeidbar. Sie werden mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung statistischbeschrieben. Als Kenngrößen einer Messreihe, bei der eine Größe mehrmals bestimmt wurde, werdendas arithmetische Mittel und die Standardabweichung angegeben.

1.3.2 Mittelwert und Standardabweichung

Der Mittelwert x einer Größe x, die aus N Messwerten xi ermittelt wird, die keinen systematischenGang zeigen, ist:

x =1N

N∑i=1

xi (1.6)

Die Standardabweichung σ (der Fehler) ist bei N einzelnen Messwerten xi einer Messreihe gegebendurch:

σ =

√√√√ 1N − 1

N∑i=1

(xi − x)2 (1.7)

Wird ein Resultat x als Ergebnis einer linearen Regression erhalten, gibt man statt der Standardab-weichung vom Mittelwert die Standardabweichung des entsprechenden Regressionskoeffizienten an. Sieist bei Verwendung von Computerprogrammen berechenbar (z.B. RGP-Funktion in Excel).

1.3.3 Absoluter und relativer Fehler

Bei numerischen Fehlerangaben unterscheidet man:1. Absoluter Fehler: Er ergibt sich aus der Differenz zwischen dem fehlerbehafteten Messwert xi unddem Mittelwert x:

dx = xi − x (1.8)

Handelt es sich um den zufälligen Fehler einer Stichprobe, ist der absolute Fehler gleich der Standard-abweichung σ. Absolute Fehlerangaben haben einen Zahlenwert und eine Einheit.2. Relativer Fehler: Er ergibt sich als Quotient des absoluten Fehlers und dem Mess- bzw. Mittelwert:

δx =dx

x(1.9)

Er ist einheitenlos und sein Betrag ist üblicherweise kleiner 1. Er wird meist in % angegeben.

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1.3. EINSCHÄTZUNG DER VERSUCHSERGEBNISSE 13

1.3.4 Der Größtfehler

Er ergibt sich aus der Differenz des Messwertes, der am meisten vom Mittelwert abweicht, und demMittelwert selbst:

∆x = max|xi − x| (1.10)

Er kann als absoluter, relativer oder prozentualer Fehler angegeben werden und findet immer dannAnwendung, wenn nur weniger Messwerte vorliegen. In solchen Fällen ist die Angabe einer Standard-abweichung nicht statthaft, da die Grundlagen für eine statistische Behandlung (große Anzahl einzelnerMesswerte) nicht erfüllt sind. Dazu einige Beispiele:

1. Die Zellspannung einer Konzentrationskette wird dreimal gemessen. Man erhält die Werte E =58; 59; 61 mV. Der Mittelwert wird auf die gleiche Stellenanzahl ermittelt, er beträgt 59 mV. Derabsolute Größtfehler ist ±2 mV, der relative Größtfehler ± 0,034 bzw. ± 3,4 %.

2. Bei der Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten für den Zerfall des Trisoxalato-manganat-(III)-Ions wird die Extinktion der Lösung in Abständen von drei Minuten gemessen.Der Größtfehler der Zeitmessung kann je nach Beobachter auf wenige Sekunden genau abgeschätztwerden, sollte aber ± 5 Sekunden nicht übersteigen.

3. Bei der Volumenmessung mit einer 50 ml-Bürette kann man die Messgenauigkeit und damitden Größtfehler als Volumen eines Tropfens (etwa 0,03 ml) annehmen. Bei Verwendung einesMesszylinders gibt man wegen der Adhäsionswirkung am Gefäßrand die Differenz der letztennoch ablesbaren Volumina an. Das sind bei einem 1 l-Messzylinder mit 10 ml-Teilung 10 ml.

4. Bei analogen elektrischen Messgeräten werden nicht nur die Skalierung, sondern auch möglicheZeigerschwankungen berücksichtigt. Ist z. B. ein Voltmeter mit einer Skala von 100 Teilstrichenauf einen Messbereich von 2,5 V eingestellt und schwankt der Zeiger während der Messung umetwa 4 Skalenteile hin und her, gibt man einen Größtfehler von ± 0,1 Volt an.

Diese Art der Fehlereinschätzung hat für das Grundpraktikum den größten Wert, da mit geringemAufwand und nur wenigen Messwerten eine Einschätzung der Messergebnisse erfolgen muss.

1.3.5 Fehlerfortpflanzung

Meist wird aus mehreren fehlerbehafteten Größen nach einer bestimmten Gleichung ein Ergebnis be-rechnet. Dann muss man auch ermitteln, wie die Fehler der Messwerte das Gesamtergebnis beeinflussen.Mit Hilfe des Fehlerfortpflanzungsgesetzes kann der Größtfehler des Endresultats aus den Fehlern dereingehenden Größen berechnet werden. Dieser ergibt sich für ein Resultat z, das aus zwei Größen xund y nach einer Gleichung der allgemeinen Form z = f (x, y) bestimmt wird, nach dem Taylor’schenSatz als

∆z =∣∣∣∣∂z∂x

∣∣∣∣∆x+∣∣∣∣∂z∂y

∣∣∣∣∆y (1.11)

Dabei sind ∆x und ∆y die Fehler der Ausgangsgrößen, für die sowohl Größtfehler, Standardabwei-chung oder Fehler von Regressionskoeffizienten verwendet werden können. |∂z/∂x| und |∂z/∂y| sinddie absoluten Beträge der partiellen Differentialquotienten von z nach x bzw. y.Beispiel: Bestimmung der Wärmekapazität eines Verbrennungskalorimeters. Im Versuch wird dazu eineTablette mit Benzoesäure im Kalorimeter verbrannt. Die Masse der Tablette wird durch Wägung zum = (0,443 ± 0,002) g bestimmt. Der Fehler ist hier der Größtfehler der verwendeten Waage. DieTemperaturerhöhung wird mit einem Thermometer als ∆T = (0,80 ± 0,02) K gemessen. Weiterhinist bekannt, dass bei der Verbrennung von 1 g Benzoesäure unter den Bedingungen des Versuchs

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14 ABSCHNITT 1. PROTOKOLLIERUNG UND AUSWERTUNG

eine Wärmemenge q von 26,477 kJ produziert wird (Tabellenwert, als fehlerlos angenommen). DieBestimmungsgleichung für die Wärmekapazität lautet:

C =qm

∆T(1.12)

Damit beträgt die mit dieser Tablette bestimmte Wärmekapazität C = 14,66 kJ/K. Ihr Fehler ent-sprechend der Fehlerfortpflanzung ist:

∆C = ±(∣∣∣∣∂C∂m

∣∣∣∣∆m+∣∣∣∣ ∂C∂∆T

∣∣∣∣∆ (∆T ))

= ±(∣∣∣∣ q∆T

∣∣∣∣∆m+∣∣∣∣ −qm(∆T )2

∣∣∣∣∆ (∆T ))

= (1.13)

= ±(

26, 477kJ/g0, 80K

0, 002g +26, 477kJ/g0, 443g

0, 64K20, 02K

)= (1.14)

= ± (0, 066 + 0, 37) kJ/K = ±0, 43kJ/K (1.15)

Man erkennt, dass hier Fehler bei der Temperaturmessung (2. Term) das Ergebnis mehr beeinflussen,als Wägefehler (1. Term). Als Ergebnis wird 14,7 ± 0,4 kJ/K angegeben.Sind Parameter aus einer Regressionsanalyse nicht direkt zugänglich, sondern z.B. als Logarithmus(vgl. ln a in Gl. 1.5), so muss für eine Fehlerbestimmung aus den Ergebnissen der linearen Regressionebenfalls eine Fehlerfortpflanzungsrechnung durchgeführt werden. Sei ∆ ln a für diesen Fall der Fehlerdes Achsenabschnittes aus der linearen Regression, ergibt sich für den Parameterfehler ∆a:

∆a =∣∣∣∣∂ expln a

∂ ln a

∣∣∣∣∆ ln a = a∆ ln a (1.16)

1.3.6 Angabe von Ergebnissen im Protokoll

Das Endergebnis wird angegeben als x = x ± ∆x. Der Fehler kann entweder Größtfehler oder Stan-dardabweichung sein. Die Anzahl der signifikanten Ziffern des Ergebnisses richtet sich nach der Größedes Fehlers.

• Beträgt der Mittelwert 12,41 und der Fehler ±0,03, wird das Endergebnis wie berechnet mit zweiStellen nach dem Komma angegeben.

• Ist der Mittelwert 11,35 und der Fehler ± 0,16, ist es sinnlos, für Mittelwert und Fehler zweiNachkommastellen anzugeben. Der Fehler wird auf die erste signifikante Ziffer gerundet, derMittelwert wird auf die entsprechende Anzahl von Nachkommastellen gerundet. Das Ergebnislautet 11,4 ± 0,2. Bei der Angabe von absoluten Fehlern ist die Einheit anzugeben, also z. B.∆T = (0,80 ± 0,02) K. Bei der Angabe von prozentualen Fehlern ist dies entsprechend kenntlichzu machen, z. B. ∆C = 14,7 kJ/K ±3 %.

1.4 Gesamtprotokoll

Messprotokoll und Auswertung werden zu einem Gesamtprotokoll vereinigt. Dieses umfasst:

• Deckblatt mit Datum, Namen der Praktikanten, Titel des Versuchs, Ergebnisse

• kurze Erläuterung des Versuchsprinzips (keine Tätigkeitsabfolge, keine Wiederholung der Ver-suchsanleitung)

• Messprotokoll

• Auswertung mit Gleichungen, Rechenbeispielen, Tabellen, Grafiken

• Fehlerbetrachtung

• Diskussion der Ergebnisse

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Abschnitt 2

Thermodynamik

2.1 Grundlagen

Im Folgenden sollen einige grundlegende Elemente der Thermodynamik, die für das Praktikum vonBedeutung sind, dargestellt werden. Diese Darstellung soll ausschließlich als Gedächtnisstütze dienenund ersetzt in keinem Fall ein Lehrbuch der Physikalischen Chemie, das zur Vorbereitung der Versuchezwingend erforderlich ist!

2.1.1 Der erste Hauptsatz der Thermodynamik

2.1.1.1 Die Innere Energie U

Der erste Hauptsatz der Thermodynamik beschreibt die Erhaltung der Energie eines Systems (Ener-gieerhaltungssatz). Er lautet:

∆U = w + q (2.1)

Dabei bezeichnet U die Innere Energie, w die Arbeit und q die Wärme. w und q können dabei sowohlein positives wie negative Vorzeichen haben, je nachdem ob Arbeit bzw. Wärme den System zugeführtoder abgeführt werden. Dabei wird die Abgabe von innerer Energie, Arbeit oder Wärme des Systemsan die Umgebung durch ein negatives Vorzeichen ausgedrückt. Die Innere Energie U ist eine Zustands-größe.Zur Messung der Änderung der Inneren Energie eines Systems können z.B. Bombenkalorimeter ver-wendet werden (s. Abschnitt 2.3), weil hier keine Volumenänderung stattfinden kann und somit auchkeine Volumenarbeit geleistet wird (w = 0).

Die Wärmekapazität Cv und Cp Durch Temperaturerhöhung lässt sich die Innere Energie einesSystems steigern. Die zugeführte Wärmemenge ist der Temperaturänderung ∆T proportional:

q = C∆T (2.2)

Der Proportionalitätsfaktor ist die Wärmekapazität C (in J/K−1). Gl. 2.2 wird auch als kalorischeGrundgleichung bezeichnet. Bei Flüssigkeiten und Feststoffen wird nur ein geringer Effekt von Druck(bzw. Volumenänderung) auf die Wärmekapazität C beobachtet. Anders verhält es sich bei Gasen. Hierist die Wärmekapazität bei konstantem Volumen Cv von der bei konstantem Druck Cp zu unterscheiden.Für ideale Gase kann der Unterschied zwischen beiden nach

Cp = Cv + nR (2.3)

bestimmt werden. Phänomenologisch kann man sich vorstellen, dass bei konstantem Druck ein Teil derzugeführten Wärme für Verdrängungsarbeit verbraucht wird und damit dem System nicht mehr zurTemperaturänderung zur Verfügung steht.

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16 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.1.1.2 Die Enthalpie H

Häufig werden Reaktionen bei konstantem Druck p durchgeführt. Dabei muss das betrachtete SystemVolumenarbeit leisten und die Änderung seiner Inneren Energie ist entsprechend verändert und nichtgleich der zugeführten Energie (Wärme). Die Zustandsgröße Enthalpie H berücksichtigt dies.

∆H = q p = const. (2.4)∆H = Cp∆T p 6= const. (2.5)

Als Zusammenhang zwischen der Enthalpie und der Inneren Energie eines Systems ergibt sich:

H = U + pV (2.6)

Allgemein wird häufig in der Notation der Enthalpie und ähnlicher Größen nicht exakt zwischen mo-laren und absoluten Größen unterschieden. Beachten Sie aber die unterschiedlichen Zahlenwerte undEinheiten!

Reaktionsenthalpie In der Thermochemie werden die Wärmemengen, die bei chemischen Reaktio-nen verbraucht oder freigesetzt werden, untersucht. Als zentrale Größe wird dabei die Reaktionsent-halpie ∆RH verwandt. Da der numerische Wert von ∆RH von den jeweiligen Reaktionsbedingungenbeeinflusst wird, sind für Vergleiche die so genannten Standard-Reaktionsenthalpien ∆RH

tabel-liert. Die Standard-Reaktionsenthalpie ∆RH

ist als die Reaktionsenthalpie für die Umwandlung derReaktanden in ihren Standardzuständen in die Produkte in deren Standardzustände definiert. Als Stan-dardzustand einer reinen Substanz wird die bei einem Druck p = 1,013 bar (und der interessierendenTemperatur) vorliegende stabile Form definiert. Demnach ist es wichtig auch den Aggregatzustand derSubstanz zu spezifizieren. Es gibt also einen Standardzustand für flüssiges und gasförmiges Methanol- um nur ein Beispiel zu nennen.

Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpie Die Standard-Reaktionsenthalpie ∆RH än-

dert sich mit der Temperatur. Wird eine Reaktion bei einer um ∆T höheren Temperatur durchgeführt,so ändert sich auch ∆RH

und zwar um den Betrag ∆T∆Cp (Gesetz von Kirchhoff):

∆RH′ = ∆RH

+ ∆T∆Cp (2.7)

∆Cp entspricht der Differenz der Wärmekapazitäten von Produkten und Edukten der Reaktion. In Gl.2.7 wird stillschweigend vorausgesetzt, dass die Wärmekapazitäten Cp temperaturunabhängig sind.Dies ist nur für relativ kleine Temperaturintervalle korrekt.

Phasenumwandlungen Auch bei Phasenumwandlungen ändert sich die Enthalpie. Folgenden Pha-senumwandlungen bzw. dazugehörige Enthalpien sind zu beachten:

• Schmelzenthalpie (∆MH)

• Verdampfungsenthalpie (∆VH)

• Sublimationsenthalpie (∆SH)

Die Begriffe beschreiben die Wärmemenge q, die bei konstantem Druck benötigt wird, um eine be-stimmte Menge einer Substanz von einem in den anderen Aggregatzustand (z.B. von fest nach flüssig)zu überführen.

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2.1. GRUNDLAGEN 17

2.1.2 Die kalorische Grundgleichung

Die Bestimmung von ∆H und ∆U für chemische Reaktionen beruht auf der Messung von Tempera-turunterschieden ∆T aufgrund des Freiwerdens oder des Verbrauchs einer bestimmten Wärmemenge qin einem thermisch isolierten System (Kalorimeter). Die Grundlage solcher Messungen ist die kalorischeGrundgleichung Gl. 2.2.Die Erwärmung des Kalorimeters setzt sich aus der Wärmeaufnahme verschiedener Anlagenteile (Was-ser, Bombe, Dewargefäß, Rührer, ...) zusammen. Die Fähigkeit des Kalorimeters, Wärme aufzunehmen,ist durch seine Wärmekapazität C gekennzeichnet. Sie muss zunächst durch Zufuhr einer definiertenund bekannten Wärmemenge bestimmt werden (Kalibrierung des Kalorimeters). Im Versuch kann dieKalibrierung durch Verbrennung einer definierten Menge einer Substanz, deren Verbrennungsenthal-pie bekannt ist (vgl. Abschnitt 2.3) oder durch die Zufuhr in Form elektrischer Energie erfolgen (vgl.Abschnitt 2.2). Im letzteren Fall ist die zugeführte elektrische Energie gegeben durch:

Eelek = UIt (2.8)

Dabei kennzeichnen U , I und t Spannung, Stromstärke und Heizzeit. Wird die zugeführte elektrischeEnergie Eelek ausschließlich zur Erwärmung genutzt, gilt:

q = UIt (2.9)

Abbildung 2.1: Temperatur-Zeit-Kurve .

Bei der grafischen Auswertung wird der protokollierte Temperaturgang (bzw. Spannungsgang) gegendie Zeit abgetragen bzw. liegt bereits als Schreiberausdruck vor (s. Abb. 2.1). Eine durch die Messpunk-te der Vorperiode zu ziehende Gerade wird in Richtung auf wachsende Zeitwerte verlängert. Analogwird der Gang der Nachperiode linear nach rückwärts extrapoliert, und man erhält zwei Hilfsgeraden.Zwischen beiden wird eine Senkrechte im Zeitpunkt tx errichtet. tx entspricht dem halben Zeitwertder Hauptperiode. Die Strecke zwischen den Schnittpunkten A und B entspricht der Temperaturdiffe-renz ∆T . Bei Verwendung eines xt-Schreiberausdrucks wird statt der Temperaturdifferenz ∆T die derTemperaturdifferenz proportionale Länge der Strecke |AB| in mm ausgemessen.

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18 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.1.3 Das chemische Gleichgewicht

2.1.3.1 Einfluss der Temperatur auf die Gleichgewichtskonstante

Der Temperatureinfluss auf die Gleichgewichtskonstante einer Reaktion K kann durch die van’t Hoff-Gleichung beschrieben werden.

lnK ′ = lnK +∆H

R(

1T− 1T ′

) (2.10)

R bezeichnet die allgemeine Gaskonstante. Die Anwendbarkeit von Gl. 2.10 ist streng auf kleine Tem-peraturintervalle beschränkt, da nur dann ∆H als Konstante angenommen werden darf.

2.1.3.2 Phasengleichgewichte

Auf den Phasengrenzlinien, die durch die Wertepaare von p und T charakterisiert sind, befinden sichdie beiden betrachteten Phasen (z.B. fest/flüssig) im Gleichgewicht, d.h. die beiden Phasen 1 und 2besitzen das gleich chemische Potential µ.

µ1 = µ2 (2.11)

In einem Einkomponenten-System (z.B. H2O) besitzt das betrachtete System auf der Phasengrenzli-nie nur noch einen Freiheitsgrad (vgl. auch Gibbs’sche Phasenregel). Damit weiterhin beide Phasennebeneinander vorliegen, muss bei einer Druckänderung die Temperatur entsprechend mit verändertwerden und vice versa. Für Betrachtungen des Phasenverhaltens ist es oft sehr nützlich, die Steigungder Phasengrenzlinien dp/dT zu kennen. Damit sich auch bei Veränderungen von p (oder T ) beide Pha-sen immer im Gleichgewicht befinden, müssen diese Änderungen der Zustandsvariablen in sehr kleinen(infinitesimalen) Schritten durchgeführt werden. In diesem Fall gilt dann, dass die Veränderungen deschemischen Potentials dµ in beiden Phasen gleich sind (dµ1 = dµ2). Durch Ersetzen mit dem totalenDifferential dµ = f(p, T ) ergibt sich daraus die Clapeyron’sche Gleichung:

dp

dT=

∆S∆V

(2.12)

Dabei bezeichnen ∆S und ∆V die Entropie- bzw. Volumenänderung. Diese Beziehung gilt für beliebigePhasengleichgewichte von reinen Stoffen. Für die Phasengrenzlinie flüssig/gasförmig gilt demnach mit∆VS = ∆VH/T für die Phasengrenzlinie

dp

dT=

∆VH

T∆VV(2.13)

Unter der Annahme, dass das Molvolumen von Gasen viel größer ist als das von Flüssigkeiten und dasssich das Gas ideal verhält, kann mit guter Näherung angenommen werden:

∆VV ≈ ∆VV (Gas) =RTp

(2.14)

Damit ergibt sich dann die Clausius-Clapeyronsche Gleichung:d(ln p)dT

=∆VH

RT 2(2.15)

Eine analoge Beziehung kann für die Phasengrenzlinie fest/gasförmig abgeleitet werden.

2.1.3.3 Die Phasenregel nach Gibbs

Für ein Systems im Gleichgewicht gilt nach Gibbs:

F = K − P + 2 (2.16)

Dabei bezeichnet F die Zahl der Freiheitsgrade des Systems, K die Anzahl der von einander unabhän-gigen Komponenten und P die Anzahl der Phasen.

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2.2. NEUTRALISATIONSENTHALPIE 19

2.2 Neutralisationsenthalpie

2.2.1 Einleitung

Im vorliegenden Versuch wird die Enthalpieänderung der Reaktion von Hydronium- und Hydroxid-Ionen in einem offenen Kalorimeter untersucht. Dazu werden Säuren mit Basen neutralisiert, wobei beiVerwendung starker Basen bzw. Säuren sowohl Neutralisations- als auch Verdünnungsprozesse stattfin-den. Bei der Neutralisation schwacher Säuren mit Basen treten zusätzlich Dissoziations-, Assoziations-und Hydratationsvorgänge auf. Die erwähnten Nebenreaktionen sind im Messergebnis enthalten.

2.2.2 Vorbereitungsfragen

1. Bei welchen Reaktionen ist die gemessene Reaktionsenthalpie ∆RH gleich der Reaktionsenergie∆RU?

2. Diskutieren Sie die Unterschiede der molaren Neutralisationsenthalpien ∆H für die in Tab. 2.1enthaltenen Säuren und Basen.

3. Welche weiteren Methoden außer elektrischer Kalibrierung könnten zur Bestimmung der Wär-mekapazität des vorliegenden Kalorimeters eingesetzt werden?

4. Schätzen Sie die Wärmekapazität des verwendeten Kalorimeters unter der Annahme ab, dass sievorrangig durch die flüssigen Komponenten bestimmt wird!

5. Wie wird ∆H aus dem q der kalorimetrischen Messung berechnet?

6. Aus welchem Grund werden bei diesem Versuch so stark unterschiedliche Volumina von Säureund Lauge eingesetzt?

2.2.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell die Temperaturänderung der Kalorimeterflüssigkeit bei der Neu-tralisation von Salzsäure und Essigsäure mit Natronlauge sowie die Temperaturänderung derKalorimeterflüssigkeit bei der Zufuhr einer definierten Wärmemenge auf elektrischem Wege.

2. Bestimmen Sie die Verdünnungswärmen der benutzten Säurelösungen, indem Sie dabei analogzu den Messungen der Neutralisationswärmen vorgehen. Dazu füllen Sie das Kalorimeter stattmit NaOH nur mit 110 ml Wasser.

3. Berechnen Sie aus den Messdaten die Wärmekapazität des Kalorimeters und die Neutralisations-enthalpien der beiden Säuren mit Natronlauge.

4. Schätzen Sie die Fehler ab, die sich durch die Ermittlung von ∆T und durch die Bereitstellungder nötigen Volumina ergeben. Berechnen Sie den daraus resultierenden Größtfehler von ∆RHund diskutieren Sie die im Versuchsaufbau begründeten möglichen systematischen Fehler undihre Auswirkungen auf das Messergebnis!

5. Vergleichen Sie die experimentell ermittelte Wärmekapazität des Kalorimeters mit dem abge-schätzten Wert (Vorbereitungsfrage 5) sowie die Werte der Neutralisationsenthalpien mit Litera-turwerten und diskutieren Sie Ursachen für etwaige Unterschiede.

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20 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.2.4 Grundlagen des Versuchs

Die Reaktionsenthalpie für die Reaktion

NaOH + HCl −→ Na+ + Cl− + H2O

wird als Neutralisationsenthalpie ∆RH bezeichnet. Bei der Neutralisation starker Basen mit star-ken Säuren findet man für ∆RH immer den gleichen Wert, wenn die gemessenen Werte um dieVerdünnungsenthalpie korrigiert sind. Die Neutralisationsenthalpie entspricht hier der Reaktion derWasserstoff- und Hydroxidionen zu Wasser:

H+ + OH− −→ H2O

Bei schwachen Säuren bzw. Basen setzt sich der experimentell bestimmte Wert additiv aus der Neutrali-sationsenthalpie und den Enthalpieänderungen zusammen, die sich aus der Änderung des Dissoziations-, Assoziations- und Hydratationsgrades der Moleküle ergeben. Im Versuch wird die Reaktion in einemgegen die Atmosphäre offenen Dewargefäß durchgeführt, das mit einem empfindlichen Temperatur-messgerät und Rührer ausgestattet ist. Grundlage der Messung ist die kalorische Grundgleichung.Da im Versuch sehr kleine Temperaturänderungen zu beobachten sind, erfolgt die Temperaturmessungüber einen empfindlichen elektronischen Messwandler, der die von einem Temperaturfühler gemesseneTemperatur in eine proportionale Gleichspannung umsetzt und verstärkt. Diese Spannung wird einenxt-Schreiber aufgezeichnet. Die Kenntnis der der Spannung entsprechenden absoluten Temperatur istnicht notwendig, wenn die gemessenen Spannungsdifferenzen bei der Neutralisation und der Kalibrie-rung rechnerisch miteinander verknüpft werden.

2.2.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Kalorimeter mit Dewargefäß, Heizung, Verbindungskabel mit Schalter

• Temperaturmessfühler mit Temperaturmessgerät und x,t-Schreiber, Verbindungskabel, Stativ

• Konstantstromquelle

• Stoppuhr, Thermometer, Magnetrührwerk und Rührstäbchen, 3 Bechergläser, 10 ml Messpipette,1 ml Eppendorf-Pipette, 100 ml Pipette

Abbildung 2.2: Messapparatur mit x,t-Schreiber.

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2.2. NEUTRALISATIONSENTHALPIE 21

b) Reagenzien:

• 0,1 N Natronlauge, 1 N Salzsäure, 1 N Essigsäure, destilliertes Wasser

c) Arbeitsablauf:

• Vorbereitung des Kalorimeters

1. Füllen Sie das Dewargefäß mit 100 ml destilliertem Wasser sowie 10 ml 0,1 N Natronlauge(beide Flüssigkeiten besitzen Raumtemperatur!) und geben Sie vorsichtig den Magnetrührerhinzu.

2. Verschließen Sie das Kalorimeter. Die Kalibrierheizung befindet sich am Kalorimeterdeckel.Senken Sie den Temperaturmessfühler durch die Bohrung im Kalorimeterdeckel bis kurzüber den Boden des Dewargefäßes ab! Überzeugen Sie sich durch vorsichtiges Öffnen desDeckels davon, dass der Temperaturfühler genügend weit in die Kalorimeterflüssigkeit ein-taucht. Schalten Sie das Rührwerk auf mittlere Rotationsgeschwindigkeit!

3. Drehen Sie an der Spannungsquelle die Regelknöpfe für die Spannung auf den Maximal-wert, den für die Stromstärke auf Minimum! Schließen Sie die Spannungsquelle mit einemBananensteckerkabel kurz, schalten Sie das Gerät ein und stellen Sie mit dem Regelknopffür die Stromstärke eine konstante Stromstärke von 0,200 A (Anzeige an der Spannungs-quelle) ein! Mit dieser Stromstärke wird später die Kalibrierheizung betrieben. EntfernenSie die Kurzschlussbrücke und schließen Sie die elektrischen Kontakte der Heizung an dieSpannungsquelle an! Achten Sie darauf, dass die Kalibrierheizung ausgeschaltet ist!

• Vorbereiten des Temperaturmessgerätes

1. Der x,t-Schreiber ist mit dem Temperaturmessgerät verbunden! Überprüfen Sie, ob derSchalter am Temperaturmessgerät die Betriebsart „Differenz I“ (∆T = 1 K entspricht∆U = 1 V) eingestellt ist und schalten Sie das Gerät ein!

2. Am Temperaturmessgerätes können bei der Betriebsart Differenz über den Differenzabgleichgrob/fein eine Verschiebung des Nullpunktes (U = 0 V, Spannweite −10 . . . + 10 V) zuhöherer oder niedrigerer Temperatur und über die Trägheit die Mittelung des Messwertesüber einen stufenlos einstellbaren Zeitraum (max. 30 s) zur Eliminierung von schnellenzeitlichen Temperaturschwankungen eingestellt werden.

• Vorbereiten des x,t- Schreibers:

1. Schreiber einschalten

2. Papiervorschubgeschwindigkeit(chartspeed): 0,2 mm/sec, Messbereich(Range): 0,2 V/cm

3. Trägheitsregler des Temperaturmessgerätes auf Minimum stellen

4. Schreiberstift mittels Differenzabgleichsregler des Temperaturmessgerätes und Nullpunkts-regler des Schreibers auf die linke Seite (ca. 1cm vom Rand) stellen.

5. bei starker Schwingung des Stiftes Trägheit des Temperaturmessgerätes erhöhen (nicht mehrals die Hälfte des Maximalwertes)

6. Senken Sie den Schreiberstift auf das Papier ab. Drücken Sie dazu den Knopf „pen up/down“.Zum Starten der Aufzeichung, drücken Sie den Knopf„record on/off“.

7. Stoppen Sie die Temperaturaufzeichnung. Drücken Sie dazu die Knöpfe „record on/off“ und„pen up/down“ am Schreiber.

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22 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

• Durchführung der Messung

1. Aufnahme der Vorperiode (ca. 3min, ca. 3 – 4 cm): Der vom x,t-Schreiber aufgezeichneteKurvenzug sollte im Mittel linear sein.

2. Füllen Sie die Eppendorf-Pipette mit 1 ml der Säurelösung (Raumtemperatur) und pipet-tieren Sie die Lösung in das Kalorimeter! Die auftretende Reaktionswärme ist mit einerBewegung des Schreiberstiftes verbunden.

3. Aufnahme der Nachperiode: Die aufgezeichnete Temperaturerhöhung klingt ab und nähertsich einem im Mittel linearen Anstieg entsprechend der Vorperiode an.

4. Im Anschluss wird die Position des Schreiberstiftes mit Hilfe des Differenzabgleichs am Tem-peraturmessgerät korrigiert, falls der verbleibende Raum für eine vollständige Aufzeichnungder zu erwartenden Kurve für die Kalibrierung nicht ausreicht. In diesem Fall ist nach Jus-tierung des Stiftes erneut eine für die Auswertung ausreichende Vorperiode aufzuzeichnen.

5. Schalten Sie die Kalorimeterheizung ein. Messen Sie genau die Heizzeit (ca. 20 s). NotierenSie während dieser Zeit Spannung und Stromstärke an der Spannungsquelle im Messproto-koll! Verfolgen Sie den Temperaturgang analog zur Messung der Neutralisationswärme!

6. Nach beendeter Nachperiode der Kalibrierung entleeren die Apparatur, trocknen sie vor-sichtig und beginnen mit der nächsten Messung! Für jede Messung wird eine Dreifachbe-stimmung durchgeführt.

7. In analoger Weise werden die Verdünnungswärmen (Verdünnungsenthalpien) der beidenSäurelösungen bestimmt. Dazu wird das Kalorimeter statt mit NaOH mit 110 ml destillier-tem Wasser gefüllt und eine höhere Auflösung der x,t-Schreibers (größere Empfindlichkeitdes Temperaturmessgerätes) sowie einen höherer Papiervorschub verwendet.

d) Messprotokoll: Dokumentieren Sie

• die der Kalorimetertemperatur proportionale Spannung als Funktion der Zeit bzw. des Papier-vorschubs mit dem x, t-Schreiber.

• die Zusammensetzung der Kalorimeterflüssigkeit (Volumina, Konzentrationen)

• den Messbereich des Temperaturmessgerätes, den Maßstab des Schreibers

• Heizspannung, Heizstromstärke, Heizzeit beim Kalibrieren

2.2.6 Auswertung

Bestimmen Sie aus den analog zu Abb. 2.1 die Temperaturänderung ∆T . Im Versuch ist speziell derSpannungsgang als Funktion der Zeit abgetragen. Durch Ermitteln von Vor- und Nachperiode wirdgrafisch eine Spannungsänderung ∆U bestimmt, die proportional zur Temperaturänderung ∆T ist.

2.2.7 Arbeitsschutz

Das Dewargefäß ist ein Vakuummantelzylinder, der vor Spannung und Stoß zu schützen ist (Implo-sionsgefahr!). Tragen Sie während des Versuchs eine Schutzbrille! Achten Sie auf die vorsichtige Hin-zugabe des Magnetrührers und des Temperaturfühlers! Kabelverbindungen sind bei ausgeschaltetenSpannungsquellen zu stecken oder zu lösen.

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2.2. NEUTRALISATIONSENTHALPIE 23

2.2.8 Literaturwerte

Säure Base ∆RH [kJ/mol]

HCl KOH -57,5

HCl NaOH -57,5

HCl NH4OH -53,2

HNO3 NaOH -57,3

CH3COOH NaOH -56,1

Tabelle 2.1: Molare Neutralisationsenthalpie für verschiedene Säuren und Basen.

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24 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.3 Verbrennungsenthalpie einer festen organischenSubstanz

2.3.1 Einleitung

Verbrennungswärmen fester organischer Stoffe werden mit einem Flüssigkeitskalorimeter bestimmt,dessen Hauptteil die Berthelot-Mahlersche Verbrennungsbombe ist. Diese standardisierte Methode lie-fert gut reproduzierbare thermodynamische Größen. Das verwendete adiabatische Bombenkalorimeterbesteht aus einem Behälter mit konstantem Volumen und einem umgebenden Wasserbad mit Rührer.Die Verbrennung einer als Tablette eingebrachten organischen Substanz erfolgt im Innern der Ver-brennungsbombe, die mit Sauerstoff unter Druck gefüllt ist. Durch einen Stromstoß wird der Verbren-nungsvorgang eingeleitet, die dabei entstehende Wärmemenge führt zur Erwärmung des Kalorimeters,welche registriert wird. Damit wird die Verbrennungsenthalpie ∆CH (das Subskript C leitet sich voncombustion - Verbrennung ab) bestimmt.

2.3.2 Vorbereitungsfragen

1. Was versteht man unter der Wärmekapazität eines Körpers? Schätzen Sie die Wärmekapazitätdes im Versuch verwendeten Kalorimeters unter der Annahme ab, dass diese hauptsächlich durchdas enthaltene Wasser bestimmt wird (Füllmenge 2,7 l)!

2. Wie lautet der erste Hauptsatz der Thermodynamik?

3. Wann können physikalische Größen als Zustandsgrößen bezeichnet werden?

4. Formulieren Sie die Reaktionsgleichungen für die vollständige Verbrennung von Benzoesäure undNaphthalin! Berechnen Sie die Volumenarbeit bei konstantem Druck und konstanter Temperatur,die bei der Verbrennung von je 1 mol Benzoesäure bzw. Naphthalin unter Standardbedingungenverrichtet wird!

5. Wie lassen sich die Änderungen der Enthalpie ∆H und der Inneren Energie ∆U ineinanderumrechnen? Welcher Wert ist für die Verbrennung von Naphthalin betragsmäßig größer?

6. Welche Beziehung besteht zwischen der molaren Verbrennungsenthalpie und der spezifischenVerbrennungsenthalpie einer Substanz?

7. Steinkohle hat eine spezifische Verbrennungsenthalpie von 35 MJ/kg. Welche Menge Wasser kanndurch Verbrennung von 1 kg Steinkohle von 25C zum Sieden erhitzt werden, wenn Wärmever-luste vernachlässigt werden?

8. Wo finden tabellierte Verbrennungsenthalpien in der Praxis Verwendung?

9. Ist der von Ihnen bestimmte Wert der Verbrennungsenthalpie des Naphthalins zur Berechnungseiner Bildungsenthalpie geeignet?

2.3.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell die zeitliche Änderung der Kalorimetertemperatur bei der vollstän-digen Verbrennung einer abgewogenen Menge Kalibriersubstanz (hier: Benzoesäure mit bekann-ter molarer Verbrennungsenthalpie ∆CH sowie einer bekannten Menge eines organischen Stoffes(hier: Naphthalin).

2. Berechnen Sie die Temperaturdifferenzen ∆T für die einzelnen Verbrennungsvorgänge, die Wär-mekapazität C des Kalorimeters, sowie die molare Verbrennungsenergie ∆CU und die molareVerbrennungsenthalpie ∆CH von Naphthalin.

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2.3. VERBRENNUNGSENTHALPIE EINER FESTEN ORGANISCHEN SUBSTANZ 25

3. Vergleichen Sie die ermittelte Wärmekapazität des Kalorimeters mit dem abgeschätzten Wert(Vorbereitungsfrage 1) und die ermittelte molare Verbrennungsenthalpie der organischen Sub-stanz mit Literaturangaben! Diskutieren Sie Ursachen für eventuelle Abweichungen!

4. Schätzen Sie den Fehler der Temperaturablesung und der Wägung quantitativ ab! BerechnenSie über den Fehler der Wärmekapazität und der Verbrennungsenergie den Fehler der Verbren-nungsenthalpie. Vergleichen Sie den so erhaltenen Fehler mit dem Unterschied zwischen IhremErgebnis und dem Literaturwert und geben Sie mögliche Erklärungen!

2.3.4 Grundlagen und Auswertung des Versuchs

Die Grundlagen dieses Versuchs und dessen Auswertung sind bereits in 2.1.2 dargestellt.

2.3.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Kalorimeter mit Wasserbehälter, Rührmotor, Thermometer (1/100 Gradeinteilung), Ableselupe,Kabel mit Netz- und Gerätestecker

• Druckbombe nach Berthelot-Mahler mit Zündkabel, Quarzschälchen und Aufhängestativ

• Sauerstoffflasche mit Druckminderventil und Metallschlauch

• 2 l-Maßkolben, 1 l-Messzylinder

b) Reagenzien:

• Benzoesäure: R22, 36; S24; Symbol Xn, gesundheitsschädlich

• Naphthalin: R22, 40, 50/53; S36/37, 46, 60/61; Symbol Xn, gesundheitsschädlich

c) Arbeitsablauf:

1. Herstellen der Tabletten

• Schneiden Sie zehn gleich lange (11 cm) Zünddrähte, die zusammen auf 1 mg genau zuwägen sind!• Pressen Sie je drei Tabletten (ca. 0,3 - 0,4 g) von Benzoesäure und Naphthalin. Wägen Sie

auf 1 mg genau und subtrahieren Sie das durchschnittliche Drahtgewicht!

2. Beschicken der Verbrennungsbombe (Abb. 2.3)

• Hängen Sie das Kopfstück der Bombe in das Stativ!• Befestigen Sie den Zünddraht mit Tablette an den Elektroden und das Quarzschälchen,

in dem die Verbrennung stattfindet, zwischen den Elektroden! Messen Sie den elektrischenWiderstand zwischen den Zündelektroden der Bombe. Er soll zwischen 7 Ω und 16 Ω liegen.• Setzen Sie die Bombe so zusammen, dass der Zünddraht die Gefäßwand nicht berührt!

Verschrauben Sie die Bombe mit Handkraft! Achten Sie darauf, dass weder Dichtungsringnoch Überwurfschraube verkantet sind.• Schrauben Sie den Metallschlauch der Sauerstoffflasche an die Einlassöffnung der Bombe

und füllen Sie sie mit Sauerstoff, so dass der Druck in der Bombe ca. 20 bar beträgt! LassenSie dazu zunächst bei leicht geöffnetem Auslassventil der Bombe ca. 3 s Sauerstoff durch dieBombe strömen und schließen Sie dann das Auslassventil der Bombe. Öffnen bzw. schließenSie das Bombenventil nicht mit Gewalt!

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26 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

• Messen Sie erneut den elektrischen Widerstand zwischen den Elektroden der befüllten Bom-be. Bestätigen Sie, dass der Widerstand zwischen 7 Ω und 16 Ω liegt.

Abbildung 2.3: Schematischer Aufbau der Bombe des Verbrennungskalorimeters.

3. Vorbereiten des Kalorimeters zur Messung

• Füllen Sie das Wasserbad des Kalorimeters mit 2,7 l Wasser, das auf Raumtemperaturtemperiert ist, stellen Sie die Verbrennungsbombe in das Wasserbad und schließen Sie dieZündkabel an!

• Führen Sie den Rührer und das Thermometer in das Wasserbad ein und schließen Sie dasKalorimeter! Schalten Sie den Rührmotor ein!

4. Messung des Temperaturganges

• Vorperiode: Beginnen Sie in Abständen von 60 s die Temperatur des Wasserbades abzule-sen, bis die Temperaturänderung zwischen zwei Ablesungen kleiner als 0,01 K ist. NehmenSie im Anschluss 8 bis 10 Ablesungen der Temperatur vor!

• Hauptperiode: Durch Drücken des Zündknopfes (2 s) wird die Verbrennung ausgelöst. DieTemperaturablesung wird ohne Unterbrechung fortgesetzt. Nach spätestens 3 min beginntein deutlicher Temperaturanstieg.

• Wenn die Temperaturänderungen in je 60 s wieder kleiner als 0,01 K werden, beginnt dieNachperiode. Nehmen Sie hier ebenfalls wieder 8 bis 10 Ablesungen der Temperatur vor!

• Wird innerhalb von 3 min nach Zündung kein Temperaturanstieg beobachtet, ist die Zün-dung der Probe fehlgeschlagen (Zünddraht gebrochen oder abgefallen, Zündkabel lose, Probeoder Bombeninneres nass). In diesem Fall ist die Messung abzubrechen und zu wiederholen.

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2.3. VERBRENNUNGSENTHALPIE EINER FESTEN ORGANISCHEN SUBSTANZ 27

• In der angegebenen Weise sind je drei Messungen für Benzoesäure und Naphthalin vorzuneh-men. Wägbare Rußabscheidungen im Verbrennungsgefäß machen die Messdaten wertlos. DieVerbrennungswärme des Zünddrahtes kann für Praktikumbelange vernachlässigt werden.

d) Messprotokoll:Benzoesäure Naphthalin

Messung 1 2 3 1 2 3

mTablette+Draht [mg]

mTablette [mg]

Zeit [s] Temperatur [C] Temperatur [C]

0

60...

2.3.6 Arbeitsschutz

Beim Umgang mit komprimiertem Sauerstoff müssen Reduzierventil, Metallschlauch und Verbren-nungsbombe sauber und fettfrei gehalten werden! Die gefüllte Bombe ist gegen harte Stöße oder Hin-unterfallen zu sichern! Vor dem Öffnen der unter Druck gefüllten Bombe lässt man überschüssigenSauerstoff durch Öffnen des Ausströmventils entweichen.

2.3.7 Literaturangaben

Molare Verbrennungsenthalpien bei 25C und 1,013 bar:∆CH(Benzoesäure) = -3229 kJ/mol∆CH(Naphthalin) = -5157 kJ/mol

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28 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.4 Verdampfungsenthalpie von Wasser

2.4.1 Einleitung

Für die Umwandlung einer Flüssigkeit in Dampf bei konstanter Temperatur wird eine bestimmteEnergiemenge benötigt, die als Verdampfungsenthalpie bezeichnet wird.

2.4.2 Vorbereitungsfragen

1. Wie ist die molare Verdampfungsenthalpie ∆VH definiert? Welches Vorzeichen hat sie?

2. Wie ändert sich die Temperatur des Systems siedende Flüssigkeit/Dampf, wenn ihm kontinuier-lich Wärme zugeführt wird?Bekanntlich siedet Wasser bei Normaldruck in einem offenen System bei 100C. Wie verändertsich die Temperatur, wenn das System geschlossen ist?

3. Skizzieren Sie das Phasendiagramm von Wasser und kennzeichnen Sie den Bereich, in dem dieserVersuch im Praktikum ausgeführt wird!

4. Vergleichen Sie die molaren Verdampfungsenthalpien von Wasser mit der anderer bei Zimmer-temperatur flüssiger Substanzen (z.B. Ethanol, Diethylether, Benzen)!

5. Stellen Sie die Abhängigkeit der Zustandsgröße Enthalpie eines reinen Stoffes von der Temperaturgrafisch dar, und kennzeichnen Sie Schmelz- und Verdampfungsenthalpie!

6. Formulieren Sie das Kirchhoff’sche Gesetz für die Phasenumwandlung flüssig/gasförmig des Was-sers! Welche Größen benötigen Sie zur Umrechnung von ∆VH bei 398 K auf ∆VH bei 300 K?

7. Welchen Einfluss hat der Druck auf die Größe der molaren Verdampfungsenthalpie?

8. Für eine Substanz sind die Schmelz- und Verdampfungsenthalpie bekannt. Wie kann daraus dieSublimationsenthalpie bestimmt werden?

9. Wie ändert sich die Entropie (Definition?) mit steigender Temperatur und an Phasenübergängen?

10. Welche thermodynamische Größe steckt in den Steigungen der Phasenumwandlungskurven ineinem p, T -Diagramm? Wie kann die Steigung (positiv - negativ) abgeschätzt werden (Hinweis:Formulieren Sie das totale Differential für G)?

11. Definieren Sie elektrische Arbeit und elektrische Leistung!

12. Bei der Versuchsdurchführung bestimmen Sie die in die Gasphase überführte Wassermasse beiZufuhr unterschiedlich großer Beträge an elektrischer Arbeit. Warum genügt es nicht, das Siedenbei einer Stromstärke zu verfolgen?

2.4.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell die dem Wasser als Wärme zugeführte elektrische Energie und dieMasse an Kondensat, die in der Heizzeit aus dem abgeleiteten Dampf gebildet wird.

2. Bestimmen Sie die molare Verdampfungsenthalpie ∆VH des Wassers bei seiner Siedetemperaturaus einer geeigneten grafischen Darstellung!

3. Schätzen Sie die Beträge folgender experimenteller Fehler: Zeitmessung, Tropfenfehler (Konden-sat), Wägung, Ablesegenauigkeit der elektrischen Messgeräte und ihre Anzeigeschwankungen!

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2.4. VERDAMPFUNGSENTHALPIE VON WASSER 29

4. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem Literaturwert und diskutieren Sie, welche Fehlerquelleneine positive bzw. negative Abweichung von diesem Wert verursachen!

5. Stellt die von Ihnen bestimmte Größe die molare Standardverdampfungsenthalpie von Wasserdar?

2.4.4 Grundlagen des Versuchs

Im Versuch wird Wasser in einer gegen die Atmosphäre offenen Destillationsapparatur durch eineelektrische Heizung zum Sieden erhitzt. Durch Messung der Stromstärke I, der Spannung U , und derHeizzeit t kann die durch die Heizung verbrauchte elektrische Energie festgelegt werden. Diese demSystem zugeführte Wärmemenge entspricht der Verdampfungsenthalpie und dem Wärmeverlust an dieUmgebung.

2.4.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Verdampfungsapparatur mit Dewargefäß, Heizquelle (300 W Tauchsieder), Liebig-Kühler, regel-bare Spannungsquelle (Wechselstrom), 2 Vielfachmessgeräte

• 4 50 ml-Erlenmeyerkolben mit Stopfen, kleines Becherglas, Analysenwaage, Stoppuhr, 500 mlMesszylinder

b) Reagenzien:

• destilliertes Wasser

c) Arbeitsablauf:

1. Füllen Sie das Dewargefäß mit 1,2l destilliertem Wasser, so dass der Tauchsieder ausreichendeintaucht. (Messen Sie das einzufüllende Wasser mit dem bereitgestellten Messzylinder ab.)

2. Schließen Sie die Vielfachmessgeräte als Voltmeter (Messbereich 200 V Wechselspannung) undAmperemeter (Messbereich 10 A Wechselstrom) an. Der Drehwiderstand der Spannungsquellemuss so eingestellt sein, dass beim Einschalten der Spannungsquelle zunächst kein Strom fließenkann. Lassen Sie die Schaltung durch den Betreuer abnehmen!

3. Schalten Sie die Kühlwasserzufuhr und die Spannungsquelle ein und stellen Sie mit Hilfe desDrehwiderstands am Amperemeter eine Stromstärke von 2,6 A ein.

4. Erhitzen Sie das Wasser zum Sieden, bis das Kondensat gleichmäßig abtropft.

5. Wägen Sie die Erlenmeyerkolben leer, fangen Sie anschließend das Kondensat während 300 s inden Erlenmeyerkolben auf und wägen Sie erneut.Während der Messung sollten Anzeigeschwankungen der Vielfachmessgeräte beobachtet und no-tiert werden.

6. Messen Sie in der angegebenen Weise bei den Stromstärken von 2,6 A bis 1,4 A in Abständenvon 0,2 A, wobei für jede Stromstärke vier Messungen durchzuführen sind. Da die Wassermengeim Dewargefäß während des Versuchs abnimmt, wird das Kondenswasser nach dem Wägen durchdie Stopfenöffnung in das Dewargefäß zurückgeführt.

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30 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

d) Messprotokoll:Messung 1 Messung 2

I [A] U [V] Masse Kolben Masse Kolben Masse Kolben Masse Kolbenleer [g] + Kondensat [g] leer [g] + Kondensat [g]

2,6

2,4

...

Messung 3 Messung 4

I [A] U [V] Masse Kolben Masse Kolben Masse Kolben Masse Kolbenleer [g] + Kondensat [g] leer [g] + Kondensat [g]

2,6

2,4

...

2.4.6 Auswertung

Die zugeführte Wärmemenge hängt linear mit der Stoffmenge des Kondensats zusammen. Als Steigungergibt sich die molare Verdampfungsenthalpie:

q = ∆VHn+ C (2.17)

C ist die Verlustwärme in der Zeit t, die keinen Beitrag zur Verdampfung des Wassers leistet, wenn dieMessung in einem thermisch schlecht isolierten System erfolgt. Erfolgt die Kondensatnahme immer überden gleichen Zeitbereich (im Versuch 300 s), kann man davon ausgehen, dass C konstant ist. Dann kann∆VH mittels linearer Regression erhalten werden. Die Verlustwärme C ist über den Achsenabschnittzugänglich. Die Verlustleistung P ergibt sich nach Division der Verlustwärme C durch die Zeit t. DieFehler der molaren Verdampfungsenthalpie, der Verlustwärme und der Verlustleistung sind aus derRegressionsrechnung zugänglich.

2.4.7 Arbeitsschutz

Das Dewargefäß ist ein Vakuummantelzylinder, der vor Spannungen und Stoß zu schützen ist (Implosi-onsgefahr). Während des gesamten Versuchs ist die Schutzbrille zu tragen. Besondere Vorsicht ist beimAbnehmen und Aufsetzen des Verschlussstopfens geboten! Achten Sie darauf, dass der Tauchsiedervollständig in die Flüssigkeit taucht, und nehmen Sie ihn nur bei ausgeschalteter Spannungsquelle ausdem Wasser!

2.4.8 Literaturwerte

∆VH(H2O) = 40,68 kJ/mol bei 100C und 1 bar

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2.5. THERMISCHE ANALYSE 31

2.5 Thermische Analyse

2.5.1 Einleitung

Zweikomponentensysteme, die im flüssigen Zustand unbegrenzt mischbar, im festen Zustand aber voll-ständig unlöslich ineinander sind, besitzen ein Schmelzdiagramm mit einfachem Eutektikum. In diesemVersuch wird so ein Schmelzdiagramm erstellt.

2.5.2 Vorbereitungsfragen

1. Was besagt die Gibbs’sche Phasenregel?

2. Wenden Sie Die Gibbs’sche Phasenregel auf die Knick- und Haltepunkte der Abkühlungskurvenan.

3. Warum besitzen die Abkühlungskurven reiner Stoffe keine Knickpunkte?

4. Wann sind die Abkühlungskurven reiner Stoffe und der Gemische nicht mischbarer fester Kom-ponenten identisch?

5. Worin sehen Sie die Ursache für die Unterkühlung der Schmelzen?

6. Wie können Sie aus den Abkühlungskurven ein Schmelzdiagramm erstellen?

2.5.3 Aufgaben

Stellen Sie die Abkühlungskurven grafisch dar. Ermitteln Sie die Temperaturen, die zu den Knick- undHaltepunkten gehören. Erstellen sie das Schmelzdiagramm. Bestimmen Sie grafisch die Schmelztem-peratur und die Zusammensetzung des eutektischen Gemisches.

2.5.4 Grundlagen des Versuchs

Das Schmelzdiagramm kann aus den Abkühlungskurven der Schmelze gewonnen werden. Die Abküh-lungskurven weisen charakteristische Knick- und Haltepunkte auf, die die einsetzende Bildung festerPhasen anzeigen. Die Verzögerung der Abkühlung bei beginnender Kristallisation durch frei werden-de Kristallisationswärme erkennt man an einem Knick in der Abkühlungskurve. Temperaturkonstanz(Haltepunkt) tritt bei fehlender Freiheit im System auf. Einen Abschnitt konstanter Temperatur in-nerhalb einer Abkühlungskurve wird es z.B. geben, wenn die Schmelze eines reinen Stoffes erstarrtoder wenn aus der Schmelze eines Zweikomponenten-Gemisches am eutektischen Punkt zwei verschie-dene Kristallformen gebildet werden. Die Kristallisation fester Phasen kann durch Unterkühlung derSchmelzen verzögert werden. Um derartige Unterkühlungsprozesse möglichst zu vermeiden, wird dieSchmelze während der Abkühlung ständig gerührt.

2.5.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Heizplatte, Becherglas (Wasserbad), Temperaturmessfühler, Reagenzglasständer

• verschlossene Reagenzgläser mit vorgegebenen Substanzgemischen, Magnetrührer

b) Reagenzien:

• Biphenyl- Naphthalin-Gemische unterschiedlicher Zusammensetzung(xNaphthalin = 0; 0,2; 0,3; 0,4; 0,5; 0,6; 0,7; 0,8; 1,0)

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32 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

• Napthalin: R22, 40, 50/53; S 36/37, 46, 60, 61; Symbol Xn, gesundheitsschädlich

• Biphenyl: R36/37/38, 50/53; S23, 60, 61; Symbol Xi reizend

c) Arbeitsablauf:

1. Schalten Sie den Computer ein und stecken den Stecker des Temperaturmessgerätes in die Steck-dose.

2. Schalten Sie die Heizplatte ein und erhitzen Sie darauf ein mit Wasser gefülltes Becherglas.Stellen Sie die Heizplatte auf 150C. Ist das Wasserbad erwärmt, kann die Temperatur auf 100Ceingestellt werden.

3. Erhitzen Sie die Probe im Reagenzglas im Wasserbad, bis die gesamte Probe geschmolzen ist(weiteres Erhitzen der geschmolzenen Probe führt nur zu einer unnötigen Verlängerung der Ab-kühlung). Messen Sie den Temperaturanstieg mit einem in das Messröhrchen eingeführten Tempe-raturmessfühler. Achten Sie darauf, dass der Messfühler in die Glycerinfüllung des Messröhrchenseintaucht. Fixieren Sie den Messfühler mit einem Bürstendraht. Untersuchen Sie die Proben inder Reihenfolge abnehmender Dichlorbenzolgehalte (also mit reinem Dichlorbenzol beginnen).

4. Nehmen Sie die Abkühlungskurven mit Hilfe eines Messprogramms auf. Übergehen Sie dazudie Passwortabfrage mit Enter und öffnen Sie das Programm Auslesen Testo.exe (Verknüpfungauf dem auf dem Desktop). Die Bedienung des Messprogramms ist weitgehend selbstklärend.Eine neue Messung wird durch Bestätigen des linken Knopfes (rot: Messung starten) gestartet.Daraufhin ändert dieser Knopf seine Farbe (grün: Messung läuft).

5. Beobachten Sie die Abkühlung der Schmelzen bis zum Auftreten von Knick- bzw. Haltepunk-ten in den Abkühlungskurven.(Bei der Aufnahme der Abkühlungskurve von Gemischen kann dieMessung bei ca. 30C oder einem deutlich erkennbaren Haltepunkt abgebrochen werden; bei denReinstoffen 10C unterhalb der Haltepunkte. Eine Messung lässt sich jederzeit durch das Be-stätigen des grünen Knopfes Stopp beenden. Andernfalls endet die Datenaufnahme automatischnach 25 Minuten. Nachdem eine Messung gestoppt wurde, öffnet sich automatisch eine Excel-Datei und Sie werden aufgefordert, diese Datei zu speichern.Vergessen Sie nicht Ihre Excel-Dateisinnvoll zu beschriften. Nach dem Speichern der Excel-Datei wird diese automatisch geschlossenund Sie können die nächste Messung durch drücken des linken Knopfes starten.

6. Gehen Sie in analoger Weise mit den restlichen Proben vor.

7. Sind die Abkühlungskurven von allen Gemischen aufgenommen, können Sie das Messprogrammdurch Bestätigen des Knopfes Versuchsende und über Datei beenden schließen. Die erhaltenenExcel-Dateien können nun auf den USB-Stick kopiert werden.

BRINGEN SIE EINEN USB-STICK MIT!

2.5.6 Auswertung

Bestimmen Sie aus den Temperaturverläufen die charakteristischen Knick- und Haltepunkte und kon-struieren Sie aus diesen ein Schmelzdiagramm. Bei welcher Temperatur und Zusammensetzung findetsich das Eutektikum?

2.5.7 Literaturwerte

Schmelzpunkt Biphenyl: 69CSchmelzpunkt Naphthalin: 80C

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2.6. SCHMELZDIAGRAMM 33

2.6 Schmelzdiagramm

2.6.1 Einleitung

Im Schmelzdiagramm wird der temperaturabhängige Phasenübergang fest / flüssig (bei konstantemDruck) einer Mischung aus Zimtsäure und Benzoesäure grafisch dargestellt. Dabei ist der Verlauf derSolidus- und Liquiduskurve von der Mischbarkeit der beiden Substanzen und von der Zusammensetzungder Mischung abhängig.

2.6.2 Vorbereitungsfragen

1. Welcher Zusammenhang wird durch ein Schmelzdiagramm dargestellt? Welche thermodynami-schen Zustandsgrößen sind hier konstant und welche variabel? Was bedeuten die Linien bzw.Flächen in einem Schmelzdiagramm?

2. Welche Aussagen lassen sich für ein vorgegebenes Phasengleichgewicht mit Hilfe des Gibbs’schenPhasengesetzes treffen?

3. Begründen Sie die konstante Schmelztemperatur eines eutektischen Gemisches!

4. Warum hat eine verunreinigte Substanz keine scharfe Schmelztemperatur?

5. Skizzieren Sie das Schmelzdiagramm H2O - NaCl (Eutektikum bei -21,2C und 23,5 % Massen-anteil NaCl). Erläutern Sie die Vorgänge in einer Kältemischung!

2.6.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell den Beginn und das Ende des Schmelzvorganges von Benzoesäure,Zimtsäure und fünf Mischungen beider Substanzen.

2. Ermitteln Sie das Eutektikum des Systems Benzoesäure / Zimtsäure.

3. Bestimmen Sie experimentell den Schmelzpunkt der Molekülverbindung aus p-Nitrophenol undBenzamid sowie die Eutektika der Mischungen der Molekülverbindung mit p-Nitrophenol undBenzamid anhand eines Kontaktpräparates.

4. Zeichnen Sie das Schmelzdiagramm des Gemisches Benzoesäure / Zimtsäure und das Schmelzdia-gramm des Systems p-Nitrophenol / Molekülverbindung p-Nitrophenol-Benzamid / Benzamid.

5. Vergleichen Sie die von Ihnen gefundenen Schmelzpunkte der reinen Substanzen Benzoesäure,Zimtsäure, p-Nitrophenol und Benzamid mit Literaturangaben! Wie stark sind die Abweichun-gen? Haben sie systematischen oder zufälligen Charakter? Welche Ursachen sehen Sie für dieAbweichungen?

6. Ließ sich bestätigen, dass Zimtsäure und Benzoeäure in festem Zustand ineinander unlöslich sind?Begründen Sie Ihre Aussage!

7. Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Unterschied der Schmelztemperaturen von reinem o-undp-Nitrophenol auf die Stärke der zwischenmolekularen Kräfte der beiden Substanzen im festenZustand? Begründen Sie Ihre Aussage anhand der Molekülstrukturen!

8. Wie kann man feststellen, ob Zimtsäure durch Benzoesäure verunreinigt ist? Schätzen Sie anhanddes Schmelzdiagramms ab, wie groß der Gehalt an Benzoesäure mindestens sein muss, um eineneindeutigen Temperatureffekt von 1 K festzustellen!

9. Konnte bestätigt werden, dass p-Nitrophenol und Benzamid eine Molekülverbindung bilden?Welcher Art sind die Bindungskräfte zwischen den beiden Komponenten?

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34 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.6.4 Grundlagen des Versuchs

Im Versuch wird durch mikroskopische Beobachtung der Schmelzintervalle des binären Gemisches einSchmelzdiagramm ermittelt. Die Besonderheit der untersuchten Mischung besteht darin, dass beideKomponenten im festem Zustand ineinander unlöslich, in der Schmelze dagegen vollständig ineinanderlöslich sind Die Temperaturen für den Schmelzbeginn der verschiedenen Gemische ergeben somit Punk-te der eutektischen Gerade, die Temperaturen für das jeweilige Ende des Schmelzens stellen Punkte derLiquiduskurve dar. Zur Erklärung des Schmelzverhaltens des Kontaktpräparates aus p-Nitrophenol undBenzamid benötigt man ein komplexeres Schmelzdiagramm, das die Bildung einer Molekülverbindungberücksichtigt.

2.6.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Mikroheiztisch Polytherm A bzw. Primostar/Eurotherm mit Zubehör (Temperaturanzeige, Heiz-tischregler, Kühlblock, Abdeckscheibe)

• Tiegelzange, Spatel, Objektträger, Pinzette, Deckgläser, Becherglas

b) Reagenzien:

• Benzoesäure, Zimtsäure, Benzamid, p-Nitrophenol Waschethanol

• 5 Mischungen von Benzoesäure/Zimtsäure bekannter Zusammensetzung (xZimtsure = 20, 40, 50,60, 80 %)

c) Arbeitsablauf:

Schmelzpunktbestimmung mit dem Mikroheiztisch

Mikroskop, Einstellung der Heizleistung und die Aufheizraten unterscheiden sich bei beiden verfügba-ren Messplätzen. Sie finden die Anleitungen für das jeweilige Gerät am Arbeitsplatz. In beiden Fällenerwärmen Sie die Heizplatte zunächst auf Maximaltemperatur(140C), um die Gemische aufzuschmel-zen. Nach anschließender Abkühlung und Erstarren der Schmelzen heizen Sie Proben erneut auf undbeobachten den Schmelzvorgang unter dem Mikroskop. Sowohl beim ersten Aufschmelzen der Pro-ben, als auch während der mikroskopischen Beobachtung wird die Heizplatte mit einer Glasscheibeabgedeckt. Das schützt einerseits die Heizplatte gegen zu starke Wärmeabstrahlung, anderseits dieObjektive gegen zu starke Erwärmung.

Vorbehandlung der Proben:

1. Eine geringe Menge der Probe wird auf einen Objektträger gegeben und mit einem Deckgläschenbedeckt. Vor der Entnahme aus den Vorratsflaschen wird die Probe gut durchgerührt. ReinigenSie den Spatel gründlich bevor Sie die nächste Probe vorbereiten!

2. Der Heiztisch wird aufgeheizt. Die Heiztischtemperatur wird über die Temperaturanzeige desHeiztische verfolgt. Die Proben werden auf dem Heiztisch bei ca. 140C geschmolzen.

3. Zum Erstarren wird die aufgeschmolzene Probe mit einer Pinzette vom Heiztisch genommen.

4. Behandeln Sie auf diese Art alle Proben. Reinigen Sie anschließend die Abdeckscheibe mit Ethanol

5. Nach dem Aufschmelzen der Proben wird der Heiztisch unter Verwendung des Kühlblocks ab-gekühlt. Während des Kühlvorgangs wird die Heizung, wie für den konkreten Arbeitsplatz be-schrieben, ausgeschaltet.

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2.6. SCHMELZDIAGRAMM 35

Schmelzdiagramm Benzoesäure/Zimtsäure

1. Man beginnt mit der Bestimmung der Schmelzpunkte der reinen Substanzen. Geben Sie dievorbandelte Probe erneut auf den abgekühlten Heiztisch. Decken Sie die Heizplatte mit der Glas-scheibe ab! Stellen Sie das Mikroskop ein. Setzen Sie entsprechend der Arbeitsplatzbeschreibungdas Heizprogramm in Gang.

2. Für die Untersuchung der Gemische muss der Heiztisch vor Beginn der Messung unter Ver-wendung des Kühlblocks jeweils ca. auf 70C abgekühlt werden. Dazu wird entsprechend derMessplatzbeschreibung die Heizung unterbrochen.

3. Hinweis: Beobachten Sie den Rand der erstarrten Schmelze. Als Schmelzbeginn betrachtet mandie Temperatur, bei der sich erste Bewegungen der Kristallgrenzen zeigen. Die Temperautur beider alle Kristalle verschwunden sind, wird als Ende des Schmelzintervalls angegeben. ReinigenSie zwischen den Proben gegebenenfalls die Abdeckscheibe.

4. Die Gemische werden in der Reihenfolge steigender Anteile an Zimtsäure untersucht.

5. Benutzte Objektträger sind mit Ethanol zu reinigen (Handschuhe!). Die Deckgläschen werdenentsorgt.

Kontaktpräparat p-Nitrophenol / Benzamid

Abbildung 2.4: Herstellung des Kontaktpräparates.

1. Man schmilzt zwischen Objektträger und Deckglas zunächst die höher schmelzende Komponente.

2. Die Substanzmenge wählt man so, dass nach dem Abkühlen nur die Hälfte des Deckglases vonerstarrtem Schmelzfilm bedeckt ist.

3. Nun bringt man an eine Stelle, an der sich die Endlinie des festen Schmelzfilms befindet, etwasvon der zweiten Substanz. Der Heiztisch wird abgekühlt und mit einer Heizleistung von wird dasPräparat erneut erwärmt.

4. Nach Erreichen der Schmelztemperatur der niedriger schmelzenden Substanz fließt diese unterdas Deckglas und diffundiert in die Grenzschicht der ersten Substanz hinein. Dabei bildet sicheine Molekülverbindung aus beiden Substanzen.

5. Die Erwärmung wird nun - noch vor Erreichen der Schmelztemperatur der höher schmelzendenKomponente - abgebrochen und das Präparat abgekühlt. Durch diese Art der Herstellung sind inder Kontaktzone der beiden Substanzen von reinem Benzamid über die Molekülverbindung biszu reinem p-Nitrophenol alle Konzentrationsverhältnisse kontinuierlich verwirklicht.

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36 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

6. Das fertige Präparat wird bei einer Temperatur von 75C auf den Heiztisch gelegt und eineStelle mit gut ausgeprägten Grenzbereichen ausgesucht. Die Molekülverbindung ist deutlich ander abweichenden Form der Kristalle zu erkennen.

7. Bei Erreichen der eutektischen Temperatur TE1 des Gemisches Molekülverbindung / p-Nitrophenolbeobachtet man, wie sich entlang der Linie, die dem Konzentrationsverhältnis des Eutektikumsentspricht, ein schmaler Schmelzfluss bildet, der sich verbreitert.

8. Bei Erreichen der eutektischen Temperatur TE2 des Gemisches Molekülverbindung / Benzamidentsteht ein zweiter Schmelzfluss. Zwischen beiden bleibt ein Streifen Molekülverbindung erhal-ten, der bei etwas höheren Temperaturen ebenfalls schmilzt. Zu notieren sind die TemperaturenTE1, TE2 und der Schmelzpunkt der Molekülverbindung.

d) Messprotokoll:Gemisch Benzoesäure / Zimtsäure:

Präparat xZimtsure [in %]

0 20 40 50 60 80 100

ϑ(Schmelzbeginn) / C

ϑ(Schmelzende) / C

Kontaktpräparat p-Nitrophenol / Benzamid:Schmelztemperatur von Benzamid / C

Eutektikum p-Nitrophenol / Molekülverbindung / C

Eutektikum Benzamid /Molekülverbindung / C

Molekülverbindung / C

2.6.5.1 Literaturangaben

Schmelzpunkte:Benzoesäure: 122CZimtsäure: 133Cp-Nitrophenol: 114CBenzamid: 129C

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2.7. SIEDEDIAGRAMM 37

2.7 Siedediagramm

2.7.1 Einleitung

Erreicht der Dampfdruck einer Flüssigkeit den Außendruck, so erfolgt auch im Inneren der Flüssigkeitder spontane Übergang in die Gasphase. Die Abhängigkeit der Siedetemperatur von der Zusammen-setzung binärer Gemische wird als Siedediagramm bezeichnet.

2.7.2 Vorbereitungsfragen

1. Schlagen Sie in Lehrbüchern der Physikalischen Chemie das Siedediagramm des Systems Benzol/ Methanol bzw. Dioxan / Wasser nach und vergleichen Sie es mit dem Diagramm eines idealenFlüssigkeitsgemisches!

2. Wie viele reale Freiheiten hat das System im azeotropen Minimum? Genügt die Phasenregel alsErklärung?

3. Skizzieren Sie das Dampfdruckdiagramm des Systems Dioxan / Wasser.

4. Erläutern Sie anhand des Siedediagramms, für welche Zusammensetzungen durch Dampfentnah-me die Siedetemperatur steigt! Was bleibt bei fraktionierter Destillation im Kolben zurück, waskann man abdestillieren?

5. Wo liegen die durch Ihre (x, T )-Wertepaare festgelegten Punkte im Siedediagramm?

2.7.3 Aufgaben

Zeichnen Sie aus den gemessenen bzw. berechneten Werten das Siedediagramm. Schätzen Sie aus dergrafischen Darstellung die Zusammensetzung und den Siedepunkt des azeotropen Gemisches ab!

2.7.4 Grundlagen des Versuchs

Flüssiges Gemisch und Dampfphase haben unterschiedliche Zusammensetzung. Die Zusammensetzungder Flüssigkeit kann mittels Refraktometer untersucht werden, wenn sich die Gemischbestandteiledeutlich in ihren Brechungsindices unterscheiden. Die Zusammensetzung der Dampfphase wird dannnach Kondensation (wenige Tropfen genügen) in gleicher Art bestimmt. In einem größeren Siedegefäßbildet sich bei längerem Sieden infolge der Kühlwirkung des rückfließenden Kondensats ein stabilerTemperaturgradient zwischen siedender Flüssigkeit und Gasphase aus. Es ist deshalb wichtig, die Pha-senzusammensetzung und die dazugehörige Temperatur zu erfassen!

2.7.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Refraktometer, Siedegefäß mit Rückflusskühler, Stativ mit Klemmen, Spannungsquelle, Heizkorb

• Tropfpipetten, 2 Thermometer, Siedesteine

b) Reagenzien:

• Dioxan- Wasser- Gemische unterschiedlicher Zusammensetzung (20, 40, 50, 70, 90, 93, 95 und98 Vol.% Dioxan)

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38 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

c) Arbeitsablauf:Aufnahme der Kalibrierkurve zur Bestimmung der Gemischzusammensetzung:Die Brechungsindices n der verschiedenen Dioxan-Wasser-Gemische werden mit Hilfe des Refraktome-ters bestimmt. Man beginnt mit der niedrigsten Dioxan-Konzentration. Mit den erhaltenen Daten wirdeine Kalibriergerade n = f(cDioxan) erstellt. Als Konzentrationsmass verwendet man Vol % Dioxan.

Aufnahme der Siedekurve:

1. Beginnend mit der niedrigsten Dioxan-Konzentration werden die Gemische nun zum Sieden er-hitzt.D as Siedegefäß wird über einen Trichter mit ca. 30 ml Lösung gefüllt (Siedesteinchen nichtvergessen!) und mit einem Schliffthermometer, das in die Flüssigkeit eintaucht, verschlossen.Mit einem zweiten Thermometer misst man die Gasphasentemperatur in der Höhe, in der dieKondensation abläuft. Um den Temperaturgradienten gering zu halten, ist ein Großteil der Appa-ratur mit Wärmeschutzfolie umhüllt. Anschließend wird der Heizkorb an das Kölbchen gehoben,das Kühlwasser angestellt und die Spannungsquelle eingeschaltet (der Regler wird auf Stufe 7-8eingestellt).

2. Man lässt das Gemisch solange sieden, bis sichtbar im Rückflusskühler die Kondensation einsetzt.An den beiden Thermometern werden die Temperaturen abgelesen. Nach ca. 5 min. geht mandavon aus, dass sich das Gleichgewicht zwischen den beteiligten Phasen eingestellt hat. Dieermittelten Temperaturen sollten sich während dieser Zeit nicht mehr ändern. Dann kann dieSpannungsquelle abgeschaltet und der Heizkorb entfernt werden.

3. Es wird der Brechungsindex des Kondensats und des Rückstandes bestimmt und notiert. An-schließend wird die Apparatur mit VE-Wasser ausgespült und vor dem erneuten Befüllen mitDruckluft ausgeblasen.

2.7.6 Auswertung

Die Auswertung dieses Versuches ist in 2.7.3 beschrieben.

2.7.7 Arbeitsschutz

Es darf kein Wasser in den Heizkorb gelangen - Kurzschlussgefahr! Der Rest des Gemisches wirdgesammelt und im Abfallbehälter für halogenfreie organische Lösungsmittel entsorgt.

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2.8. ADSORPTIONSISOTHERME EINER GELÖSTEN SUBSTANZ 39

2.8 Adsorptionsisotherme einer gelösten Substanz

2.8.1 Einleitung

An der Grenzfläche zwischen zwei Phasen finden Stoffaustausch- bzw. Sorptionsprozesse statt, die einBeispiel für heterogene Gleichgewichte darstellen. Es wurden verschiedene mathematische Modelle auf-gestellt (u.a. durch Langmuir und Freundlich), die in bestimmten Bereichen der Isotherme (Verhältnisaus Adsorbensoberfläche und freier Adsorptivkonzentration im Gleichgewicht) das Gleichgewicht mehroder weniger gut beschreiben. Im Versuch wird das Gleichgewicht zwischen Aktivkohle und Essigsäureuntersucht.

2.8.2 Vorbereitungsfragen

1. Wie unterscheiden sich physikalische und chemische Adsorption? Wie können Sie entscheiden, obes sich im vorliegenden Fall um chemische oder physikalische Adsorption handelt?

2. Wie bestimmen Druck bzw. Konzentration die Lage von Adsorptionsgleichgewichten?

3. Worauf beruht die chromatographische Trennung von Stoffgemischen?

4. Wie unterscheiden sich die Anwendungsbereiche der Freundlich’schen und der Langmuir’schenAdsorptionsisotherme?

5. Warum wird bei der graphischen Auswertung von Gl. 2.18 nicht q′ über cfrei, sondern ln q′ überln cfrei abgetragen?

6. Lässt sich die Freundlich’sche Gleichung so umformen, dass eine der beiden Konstanten als Gleich-gewichtskonstante erkennbar wird? Welche Aussagen macht die Konstante a über die Lage desAdsorptionsgleichgewichts?

7. Wie erklären Sie sich, dass eine Suspension von reiner Pulverkohle in Wasser sauer reagiert?

2.8.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell für das System Pulverkohle / Essigsäure die je Gramm Kohleadsorbierte Stoffmenge Essigsäure, wenn die Ausgangskonzentration c0 der Säure zwischen 0,3und 0,05 M variiert wird und die Temperatur konstant bleibt.

2. Ermitteln Sie, ob sich die adsorbierte Stoffmenge q′ als Funktion der freien Gleichgewichtskon-zentration cfrei an Säure mit Hilfe der Gleichung von Freundlich erfassen lässt:

q′ = acnfrei (2.18)

3. Bestimmen Sie die Freundlich-Parameter a und n aus der graphischen Darstellung.

4. Kann die Gültigkeit der Freundlich’schen Formel für das untersuchte System bestätigt werden?

2.8.4 Grundlagen des Versuchs

Die von der Oberfläche eines porösen, homogenen Materials (Adsorbens) adsorbierte Substanzmenge(Adsorbat) wird wegen der schwer zu bestimmenden Oberfläche auf ein Gramm Adsorbens bezogen.Schüttelt man Kohlepulver mit bestimmten Volumina Essigsäure bekannter Konzentration, so stelltsich nach wenigen Minuten ein Adsorptionsgleichgewicht ein. Seine Lage verändert sich praktisch nicht,wenn die Arbeitstemperatur um nur ± 1 K schwankt, so dass der Versuch auch ohne Thermostatdurchgeführt werden kann. Trennt man das beladene Adsorbens durch Filtration von überschüssiger

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40 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

Essigsäure, so lässt sich die Gleichgewichtskonzentration cfrei an Essigsäure in der Flüssigphase titri-metrisch bestimmen und die adsorbierte Stoffmenge q′ berechnen. Führt die graphische Darstellungvon lg q′ über lg cfrei zu einer Geraden, so ist die Freundlich’sche Formel (2.18) zur Beschreibung desuntersuchten Systems geeignet.

2.8.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• 10 Erlenmeyerkolben (300 ml) mit Schliffstopfen, 3 Weithalserlenmeyerkolben (300 ml),

• 10 Trichter, 2 Büretten, 10 ml- und 50 ml- Pipette,

• 9 Maßkolben (100 ml), 100 ml-Bechergläser,

• Tropfpipette, Spritzflasche, Spatellöffel, Faltenfilter, Thermometer, drei Filtriergestelle, glattesPapier für die Kohleeinwaage

b) Reagenzien:

• ca. 1 M Essigsäure,

• Aktivkohle gepulvert,

• ca. 0,1 M NaOH,

• Phenolphthalein-Indikatorlösung

c) Arbeitsablauf:

1. Stellen Sie mit Hilfe von Bürette und Maßkolben je 100 ml Essigsäure folgender Konzentrationenher (jeweils in M): 0,3 ; 0,25 ; 0,2 ; 0,175 ; 0,15 ; 0,125 ; 0,1 ; 0,075 ; 0,05.

2. Der 0,1 M Lösung werden drei Proben von je 10 ml entnommen und zur Kontrolle mit 0,1 MNatronlauge titriert (Messreihe A). Anhand der verbrauchten Lauge können Sie den Faktor derAusgangskonzentration der Essigsäure bestimmen.

3. Jeder Lösung aus 1. werden 50 ml entnommen und zu 2,00 g Aktivkohle gegeben, die man aufeinem Stück glatten Papiers abgewogen und in einen trockenen Erlenmeyerkolben mit Schliffüberführt hat.

4. Geben Sie 50 ml Wasser in einen mit 2,00 g Pulverkohle gefüllten Erlenmeyerkolben mit Schliff.

5. Die verschlossenen Kolben aus 3. und 4. werden 6 bis 7 Minuten mäßig geschüttelt und anschlie-ßend wird die Suspensionen filtriert.

6. Zur Bestimmung der Konzentration der nicht adsorbierten Essigsäure cfrei werden von jedemFiltrat drei Proben zu 10 ml mit 0,1 M Natronlauge titriert (Protokollwert B). Subtrahieren Siedabei den Laugenverbrauch, der auf die Neutralisation der sauren Reaktion der reinen Aktivkohleentfällt (s. 4.).

Vermeiden Sie Wärme-Einflüsse (Heizkörper, direkte Sonneneinstrahlung) auf die Kohle-Säure-Suspensionen!

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2.8. ADSORPTIONSISOTHERME EINER GELÖSTEN SUBSTANZ 41

d) Messprotokoll:

• Messreihe A

ml NaOH für 10 ml Säure

Messung 1 Messung 2 Messung 3 Mittelwert

• Messreihe B

ml NaOH für 10 ml Filtrat

cSaure0 [M] Messung 1 Messung 2 Messung 3 Mittelwert

0,00

0,05...

2.8.6 Auswertung

Berechnung:

• Berechnung von c0 (Kontrolle der Sollkonzentration 0,1 M):

c0 =cNaOHVNaOH

VSaureprobe(2.19)

• Berechnung von cfrei:

cfrei =cNaOHVNaOH

VFiltratprobe(2.20)

• Berechnung von q′:

q′ =V

m(c0 − cfrei) (2.21)

V Volumen eingesetzter Säure in Lm Masse Kohle in gq′ Stoffmenge adsorbierte Säure je Gramm Kohle

Graphische Auswertung:Beim Abtragen von ln q′ gegen ln cfrei sollen die Messpunkte eine steigende Gerade ergeben. Aus derSteigung n und dem Ordinatenabschnitt (ln a) werden n und a sowie ihre Fehler bestimmt. Bei Syste-men, deren Adsorptionsisotherme nicht durch die Freundlich’sche Formel zu beschreiben sind, ergibtdie graphische Auswertung eine monoton verlaufende, nicht lineare Kurve. Unregelmäßig streuendeMesspunkte weisen auf grobe Fehler bei der Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten hin (z.B. nochnicht eingestelltes Adsorptionsgleichgewicht).

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42 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

2.9 Wasserdampfdestillation

2.9.1 Einleitung

Mit Hilfe der Wasserdampfdestillation kann die Molmasse mit Wasser nicht mischbarer, flüchtiger Flüs-sigkeiten bestimmt werden. Dabei erfolgt die Untersuchung bei ca. 100C, auch wenn der Siedepunktder zu untersuchenden Flüssigkeit deutlich höher liegt.

2.9.2 Vorbereitungsfragen

1. Ideales Gasgemisch

2. Phasendiagramm des Wassers

3. Dampfdruck- und Siedediagramme binärer Systeme (ideale und nicht ideale Mischungen, Gemen-ge zweier nicht mischbarer Flüssigkeiten)

4. Clausius-Clapeyron’sche Gleichung

5. Destillation

6. Mischungseffekte

2.9.3 Aufgaben

Bestimmen Sie die Molmasse zweier mit Wasser nicht mischbarer Flüssigkeiten mittels der Wasser-dampfdestillation unter der Annahme, dass in der Gasphase ideales Verhalten vorliegt!

2.9.4 Grundlagen des Versuchs

Wenn die Mischbarkeit zweier Flüssigkeiten außerordentlich klein ist, bilden sich zwei getrennte Pha-sen. Die Siedetemperatur derartiger Systeme ist unabhängig vom Mengenverhältnis der Komponentenkonstant und stets niedriger als die Siedetemperatur der beiden reinen Flüssigkeiten. Der resultierendeDampfdruck dieses Systems ist im Grenzfall gleich der Summe der Dampfdrücke der reinen Flüssigkei-ten pA und pB bei der Siedetemperatur des Systems:

p = pA + pB (2.22)

Das Verhältnis der Partialdampfdrücke der reinen Flüssigkeiten ist gleich dem Verhältnis der Stoff-mengen der beiden reinen Komponenten in der Gasphase:

pA

pB=nA

nB(2.23)

2.9.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Manometer, Thermometer

• Destillationsapparatur

• Diverses: Erlenmeyerkolben, Scheidetrichter

b) Reagenzien:

• Destilliertes Wasser, 2 unbekannte organische Flüssigkeiten

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2.9. WASSERDAMPFDESTILLATION 43

c) Arbeitsablauf:

1. Stellen Sie vor Beginn des Versuchs fest, wo sich der nächste Feuerlöscher befindet, da die zuuntersuchenden organische Flüssigkeiten leicht entzündlich sind! Da Sie die Flüssigkeit nichtkennen, verwenden Sie bei dem Versuch Handschuhe und Schutzbrille und vermeiden Sie jeglichenHautkontakt. Atmen Sie keine Dämpfe dieser Flüssigkeiten ein!

2. Der Wasserdampfentwickler wird zu 75% mit destilliertem Wasser gefüllt. Zur Vermeidung vonSiedeverzug wird 1 Siedesteinchen zugegeben.

3. In den Destillationskolben wird soviel destilliertem Wasser gefüllt, dass der Stutzen vom Wasser-dampfentwickler in das Wasser hineinragt.

4. Vor dem Einschalten lassen Sie die Apparatur durch den Betreuer überprüfen!

5. Nun wird das Kühlwasser angestellt, und der Heizpilz des Wasserdampfentwicklers auf Stufe 3angeschaltet. Dabei ist der Belüftungshahn zunächst geöffnet. Außerdem wird der Heizpilz desDestillationskolbens zu Beginn auf Stufe 3 angeschaltet, vor dem Sieden den Heizpilz auf Stufe 1stellen. Unter den Kühler wird ein Erlenmeyerkolben gestellt.

6. Wenn das Wasser in beiden Kolben siedet, wird der Belüftungshahn geschlossen.

7. Nach dem der Wasserdampf den Kühler erreicht, wartet man Temperaturkonstanz am Thermo-meter ab (ca. 10 min) und notiert dann die Temperatur.

8. Lesen Sie den Umgebungsdruck am Manometer ab, und notieren Sie ihn!

9. Nun wird die Destillation unterbrochen, indem der Belüftungshahn geöffnet wird, und der Heizpilzunter dem Destillationskolben entfernt wird.

10. Nach ca. 5 min zum Abkühlen wird der Stopfen des Destillationskolbens vorsichtig entfernt, und100 ml der zu untersuchenden Flüssigkeit hinzugegeben. Dabei darf der Destillationskolben zunicht mehr als 3/4 gefüllt werden.

11. Nun wird die Destillation wieder in Gang gebracht, indem man den Belüftungshahn schließt. DerHeizpilz unter dem Destillationskolben wird nicht wieder angebracht!

12. Ist eine konstante Siedetemperatur erreicht (ca. 10 min.), wird die Siedetemperatur des Gemischesabgelesen und notiert.

13. Ein Erlenmeyerkolben wird gewogen (Masse notieren!) und unter den Kühler gestellt.

14. Wenn ca. 50 ml Destillat aufgefangen sind, wird der Erlenmeyerkolben gegen einen anderenausgetauscht und gewogen (Masse notieren!)

15. Anschließend werden die beiden Flüssigkeiten in einem Scheidetrichter getrennt. Dann wird dieMasse einer der beiden Flüssigkeiten bestimmt. Danach (!) überprüft man, ob es sich bei derFlüssigkeit um Wasser oder unbekannte Flüssigkeit handelt.

16. Der Heizpilz des Wasserdampfentwicklers wird abgeschaltet, und die Apparatur wird gereinigtund wieder zusammengebaut.

17. Nach dem Trennen der beiden Flüssigkeiten im Scheidetrichter bleibt ein nicht abtrennbarer Restim Wasser, dieses Wasser wird langsam über eine kleine mit Aktivkohle gefüllten Säule geleitetund danach entsorgt.

18. Zur Untersuchung der zweiten Substanz wird analog verfahren.

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44 ABSCHNITT 2. THERMODYNAMIK

d) Messprotokoll:

Siedetemperatur des dest. Wassers / C

Umgebungsdruck / mbar

Masse des leeren Erlenmeyerkolbens / g

Siedetemperatur des Gemisches / C

Masse des Erlenmeyerkolbens mit Destillat / g

Masse einer Komponente / g

Ist diese Komponente Wasser oder unbek. Flüssigkeit?

2.9.6 Auswertung

Aus dem gemessenen Atmosphärendruck und der beiliegenden Dampfdruckkurve bestimme man denerwarteten Siedepunkt des reinen Wassers ϑtheor

H2O . Man vergleiche ihn mit dem gemessenen Wert ϑexpH2O

und bilde einen Korrekturfaktor ∆ϑkorr für das Thermometer. Dabei gilt:

∆ϑkorr = ϑexpH2O − ϑ

theorH2O (2.24)

Mit diesem Korrekturfaktor werden die später abgelesenen Temperaturen korrigiert!Man bestimme den Dampfdruck der organischen Substanz aus der korrigierten Siedetemperatur desGemisches mittels der beiliegenden Dampfdruckkurve des Wassers und berechne die Molmasse derorganischen Flüssigkeit.

2.9.7 Literaturwerte

Abbildung 2.5: Dampfdruck von Wasser.

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Abschnitt 3

Kinetik

3.1 Grundlagen

Im Folgenden sollen einige grundlegende Elemente der Kinetik, die für das Praktikum von Bedeutungsind, dargestellt werden.

3.1.1 Reaktionsgeschwindigkeit und Reaktionsordnung

Die Stöchiometrie einer Reaktion wird beschrieben durch:

νAA + νBB + ... −→ νCC + νDD + ... (3.1)

Hier sind νi die stöchiometrischen Koeffizienten. Somit ergibt sich für die Reaktionsgeschwindigkeit vR:

vR = − dcAνAdt

= − dcBνBdt

=dcCνCdt

=dcDνDdt

(3.2)

ci ist die Konzentration der Komponente i, und t ist die Zeit. Bei konstanter Temperatur findet manhäufig:

vR = kcαAcβB... (3.3)

k ist die (Reaktions-)Geschwindigkeitskonstante, und die Summe der Exponenten n = α+ β + . . . istdie Ordnung der Reaktion. Für eine Reaktion erster Ordnung A → B gilt:

dcAdt

= −dcBdt

= −kt (3.4)

Nach Variablentrennung kann Gl. 3.4 integriert werden und man erhält:

ln cA(t) = ln cA(0)− kt (3.5)

Zur Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten bietet sich also eine Auftragung von ln cA(t) gegen tan. Aus der Steigung −k ist dann die Geschwindigkeitskonstante erhältlich. Häufig werden allerdingsnicht die Konzentrationen direkt bestimmt, sondern eine physikalische Größe (wie z.B. die Extinktionoder der Drehwinkel), die sich linear mit der Konzentration ändert. Bezeichnet man die Wert derphysikalischen Größe z zu Beginn der Reaktion und am Ende mit z0 bzw. z∞, so gilt:

cA(t) ∝ z(t)− z∞ (3.6)cA(t = 0) ∝ z0 − z∞ (3.7)

45

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46 ABSCHNITT 3. KINETIK

Mit Gl. 3.5 ergibt sich:

ln [z(t)− z∞] = ln [z0 − z∞]− kt (3.8)

Es gibt aber auch eine Reihe von Reaktionen, die nicht mit dem Geschwindigkeitsansatz erster Ordnungbeschrieben werden können. So könnte z.B. für die Reaktion A + B −→ C + D ein Ansatz 2. Ordnungaufgestellt werden:

dcA(t)dt

= −kcA(t)cB(t) (3.9)

Falls aber z. B. B in sehr großem Überschuss vorliegt, und sich daher seine Konzentration währendder Reaktion nur unwesentlich verändert (dcB(t) ≈ 0), liegt eine Reaktion pseudo-erster Ordnung vor,denn es gilt:

dcA(t)dt

= −kcA(t)cB(t) ≈ −k′cA(t) (3.10)

Für die so erhaltene experimentelle Geschwindigkeitskonstante k′ gilt also:

k′ = kcB(0) (3.11)

3.1.2 Temperaturabhängigkeit

Die Geschwindigkeitskonstante ist temperaturabhängig. Nach Arrhenius gilt für viele Reaktionen:

k = k0e−EART (3.12)

k0 und EA bezeichnen den Frequenzfaktor bzw. die Aktivierungsenergie. R ist die Gaskonstante, undT bezeichnet die absolute Temperatur. Für die Auswertung ist günstig, Gl. 3.12 zu linearisieren:

ln k = ln k0 −EA

RT(3.13)

So kann aus einer Auftragung von ln k gegen 1/T die Steigung −EA/R bestimmt werden, aus derwiederum die Aktivierungsenergie berechnet werden kann. Sind nur Geschwindigkeitskonstanten k1

und k2 bei zwei Temperaturen T1 und T2 bekannt, ergibt sich:

EA =R ln k1

k21T2− 1

T1

(3.14)

k0 = k1eEART1 (3.15)

Die Aktivierungsenergie kann für manche Reaktionen durch einen Katalysator herabgesetzt werden.Dies führt nach Gl. 3.12 zu einer Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit.

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3.2. GESCHWINDIGKEITSKONSTANTE EINER ESTERHYDROLYSE 47

3.2 Geschwindigkeitskonstante einer Esterhydrolyse

3.2.1 Einleitung

Der Versuch verwendet das Prinzip der kinetischen Messung durch die Abschreckmethode, d.h. derProbenahme zu verschiedenen Zeiten und dem Abbruch der Reaktion in den gezogenen Proben (Tem-peraturkonstanz - Starten der Reaktion - Abstoppen - Konzentrationsbestimmung). Es wird die Hy-drolyse von Essigsäureethylester in 0,5 M Salzsäure untersucht, wobei der Esterumsatz durch Titrationder entstehenden Essigsäure verfolgt wird.

3.2.2 Vorbereitungsfragen

1. Formulieren Sie den Reaktionsmechanismus für die saure Esterhydrolyse!

2. Welche Rolle spielt die Salzsäure im Reaktionsgemisch? Ändert sich die Reaktionsgeschwindigkeitwenn Sie in 0,8 M Salzsäure arbeiten?

3. Was versteht man unter Reaktionsordnung und Molekularität?

4. Wie ist es prinzipiell möglich, die Ordnung n einer gegebenen Reaktion auf n-1 zu erniedrigen?

5. Die Konzentration von H+ bleibt bei der Reaktion konstant. Warum gilt diese Annahme trotzzunehmender Menge entstehender Essigsäure? Warum wirkt die entstehende Menge an Essigsäurealso nicht autokatalytisch?

6. Warum lässt sich für die Esterhydrolyse das Geschwindigkeitsgesetz für Reaktionen 1. Ordnunganwenden?

7. Integrieren Sie den Geschwindigkeitsansatz Gl. 3.16 für eine Reaktion 1. Ordnung!

8. Leiten Sie aus dem Ergebnis die Arbeitsgleichung 3.18 zur Auswertung Ihrer Messdaten ab!

9. Wie wird in diesem Versuch die Reaktion nach der Probenahme gestoppt?

3.2.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell die Konzentrations-Zeit-Funktion (c = f (t)) für die Hydrolyse vonEssigsäureethylester in wässrig-salzsaurer Lösung bei 35C und 25C bzw. 45C! Dabei ist dieZunahme der Menge gebildeter Essigsäure ein Maß für den zeitlichen Ablauf der Reaktion.

2. Ermitteln Sie die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion mittels grafischer Analyse.

3. Berechnen Sie mit Hilfe der aus den Literaturwerten berechneten Aktivierungsenergie EA die fürIhre Messtemperatur zu erwartende Geschwindigkeitskonstante!

4. Liegt der erwartete Wert innerhalb der Fehlergrenzen Ihres experimentell ermittelten Wertes?Wie erklären Sie sich mögliche Abweichungen?

5. Bestimmen Sie Frequenzfaktor und Aktivierungsenergie mit ihren Fehlergrenzen und diskutierenSie mögliche Abweichungen von den Literaturwerten!

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48 ABSCHNITT 3. KINETIK

3.2.4 Grundlagen des Versuchs

Die saure Esterhydrolyse wird durch die Bruttogleichung (Abb. 3.1) beschrieben:

Abbildung 3.1: Bruttoreaktionsgleichung der Esterhydrolyse.

Die Konzentration der entstehenden Essigsäure kann durch Titration von Proben ermittelt werden, diedem Reaktionsgemisch zu verschiedenen Zeiten entnommen werden. Die Konzentration der katalytischwirkenden und im großen Überschuss vorhandenen Protonen ändert sich mit dem Esterumsatz nicht.So enthält jede dem Gemisch zu verschiedenen Zeiten entnommene Probe die gleiche Menge Salzsäure.Die Änderung des durch Titration ermittelten Säuregehaltes im Reaktionsgemisch entspricht deshalbder Stoffmenge gebildeter Essigsäure bzw. des hydrolysierten Esters. Da ferner die Konzentrations-änderung des Reaktionspartners Wasser vernachlässigbar klein ist (Überschusskomponente), ist dieReaktionsgeschwindigkeit nur der Konzentration an Ester proportional:

dcEster

dt= −k′cEster (3.16)

Die experimentelle Geschwindigkeitskonstante k′ hängt nicht nur von der Temperatur ab, sondern auchvon den willkürlich gewählten Konzentrationen an H+ und Wasser:

k′ = kcH+cH2O (3.17)

3.2.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Bad-Thermostat mit digitaler Temperaturanzeige in der Badflüssigkeit, Thermometer

• Bürette (50 ml), Pipetten (5 ml und 2 ml)

• 2 Erlenmeyerkolben (300 ml), 2 200 ml Stopfenflaschen, 50 ml Stopfenflaschen, 250 ml Messzy-linder

b) Reagenzien:

• 0,1 M NaOH

• 0,5 M Salzsäure

• Essigsäureethylester

• Phenolphthaleinlösung

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3.2. GESCHWINDIGKEITSKONSTANTE EINER ESTERHYDROLYSE 49

c) Arbeitsablauf:Es werden parallel zwei Messreihen mit gleichen Arbeitsschritten aufgenommen.

1. In zwei Stöpselflaschen werden je 100 ml 0,5 M Salzsäure, in einer dritten Flasche etwa 15 mlEssigsäureethylester bei etwa 25C bzw. 45C im Thermostatbad temperiert. Überprüfen Sienach 15 min bzw. 20 min die Temperatur in den Stopfenflaschen.

2. Nachdem Sie sich von der Temperaturkonstanz der Salzsäure und des Esters überzeugt haben(Höchstschwankung beträgt ± 0,1C), werden 5 ml Ester in eine der beiden Säureflaschen pipet-tiert und die Uhrzeit (t0) notiert.

3. Das Gemisch wird geschüttelt, und 2 ml davon werden sofort in etwa 200 ml destilliertes Wasserpipettiert, wodurch die Reaktion stark verlangsamt wird.

4. Die verdünnte und mit Indikator versetzte Lösung wird möglichst sofort mit 0,1 M Natronlaugetitriert. Auf zügige Titration achten. Der Äquivalenzpunkt ist bei der ersten Rosafärbung dergesamten Lösung erreicht (Ethylacetat wird durch Überkonzentration von NaOH zersetzt!).Nach 10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90, 100 Minuten werden jeweils weitere 2 ml des Reaktions-gemisches wie geschildert behandelt.

5. In analoger Weise wird parallel dazu die zweite Messreihe aufgenommen, beginnend mit demEinpipettieren von 5 ml Ester in die zweite Säureflasche. Bitte beachten Sie, dass die zweiteMessreihe etwa 5 min versetzt zur ersten begonnen wird.

6. Während der Reaktionszeit von 100 Minuten je Messreihe ist auf Temperaturkonstanz im Tem-perierbad zu achten. Bei jeder Probenahme ist die Versuchstemperatur ins Messprotokoll einzu-tragen.

7. Wiederholen Sie den gesamten Ablauf für 35 C.

8. Die Daten für die Messreihen bei 25 C bzw. 45 C werden mit der Nachbargruppe ausgetauscht.

d) Messprotokoll:Notieren Sie den Faktor der Natronlauge und beziehen Sie ihn in Ihre Berechnungen ein! Notieren Siejeweils für jede Messreihe folgende Werte:

t/hh:min (t− t0)/min ϑ/C VNaOH(t)/ml VNaOH(t)− VNaOH(t0)/ml

3.2.6 Auswertung

Die Menge der zur Neutralisation der entstandenen Essigsäure verbrauchten NaOH entspricht derKonzentration der entstandenen Essigsäure. Mit Gl. 3.8 erhält man:

ln (V∞ − Vt) = lnV∞ − kt (3.18)

Vt ist der Verbrauch an 0,1 M NaOH zur Neutralisation der nach der Zeit t entstandenen Essigsäureund V∞ der Verbrauch an 0,1 M NaOH zur Neutralisation der nach vollständiger Hydrolyse des Estersentstandenen Essigsäure.

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50 ABSCHNITT 3. KINETIK

Die Auswertung nach Gl. 3.18 erfolgt grafisch, zweckmäßigerweise mit Hilfe eines Computers und einesTabellenkalkulationsprogramms, wobei man auch die Fehler der Regressionskoeffizienten erhält. DieWerte Vt sind die für die Neutralisation der während der Reaktion entstehenden Essigsäure zur Zeit tverbrauchten Volumina an NaOH. Man erhält sie, wenn man vom protokollierten Verbrauch an NaOHdas zur Zeit t0 verbrauchte Volumen für die Neutralisation der katalysierenden Säure subtrahiert.Für die Berechnung von V∞ geht man von folgender Überlegung aus: 105 ml Säure-Ester-Gemischenthalten 5 ml reinen Ester; 2 ml Gemisch enthalten zum Zeitpunkt t0 x ml Ester. Mit Hilfe derunten angegebenen Dichte von Essigsäureethylester erhält man y mol Ester zum Zeitpunkt t0. Nachvollständigem Ablauf der Reaktion bei t∞ ist diese Menge vollständig zu y mol Essigsäure umgesetzt.Zu ihrer Bestimmung werden z ml = V∞ der verwendeten (faktorbehafteten) NaOH verbraucht.Aus der Temperaturabhängigkeit von k kann nun grafisch die Aktivierungsenergie EA und der Fre-quenzfaktor k0 mit ihren entsprechenden Fehlern bestimmt werden. Diskutieren Sie mögliche Abwei-chungen zu den angegebenen Literaturwerten!

3.2.7 Literaturangaben

Geschwindigkeitskonstanten für die Hydrolyse von Essigsäureethylester in 0,5 M HCl:k = 5,61·10−5 s−1 bei 25Ck = 1,31·10−4 s−1 bei 35C

Spezifische Dichte von Essigsäureethylester:

ϑ / C ρEster / gcm−3

15 0,907

20 0,901

25 0,894

30 0,888

35 0,882

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3.3. TRISOXALATOMANGANAT(III)-ZERFALL 51

3.3 Zerfallsgeschwindigkeit des Trisoxalatomanganat(III)-Ions

3.3.1 Einleitung

Bei vielen Reaktionen sind Extinktionsmessungen geeignet, kontinuierlich Konzentrationsänderungenzu verfolgen. Findet eine Lichtabsorption im sichtbaren Spektralbereich statt, zeigt oft ein deutlicherkennbarer Farbwechsel den Reaktionsfortschritt an. Ein solcher Fall liegt bei diesem Versuch vor.

3.3.2 Vorbereitungsfragen

1. Erläutern Sie Reaktionen, die zu Bildung und Zerfall des Trisoxalatomanganat-Komplexes führen!

2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Mechanismus einer Reaktion und der experimen-tell beobachteten Reaktionsordnung?

3. Formulieren Sie einen allgemeinen Geschwindigkeitsansatz für eine Reaktion 1. Ordnung undleiten Sie eine Gleichung ab, nach der man die Geschwindigkeitskonstante aus Messungen derKonzentration als Funktion der Zeit erhalten kann!

4. Wie lässt sich experimentell prüfen, ob eine Reaktion einem Geschwindigkeitsansatz 1. Ordnungoder 2. Ordnung gehorcht?

5. Leiten Sie Formeln zur Berechnung der Halbwertszeit einer Reaktion 1. Ordnung und einer Re-aktion 2. Ordnung her!

6. Erläutern Sie die Begriffe Transmission, Absorption, Extinktion und das Lambert-Beer’sche Ge-setz!

7. Wie lautet das Geschwindigkeitsgesetz für RO = 1 in Abhängigkeit der Extinktion der Reakti-onslösung?

8. Wie kann man berücksichtigen, dass auch das gebildete Produkt an der Messwellenlänge absor-biert?

3.3.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell die Extinktion als Funktion der Zeit bei mindestens drei konstantenTemperaturen (zwischen 20C und 30C).

2. Wiederholen Sie den Versuch bei der mittleren Temperatur für eine andere Ausgangskonzentra-tion an KMnO4.

3. Ermitteln Sie grafisch die Geschwindigkeitskonstante und berechnen Sie die Halbwertszeit derReaktion (beide mit entsprechenden Fehlerangaben)!

4. Woran lässt sich erkennen, dass die untersuchte Reaktion mit einem Geschwindigkeitsansatz1. Ordnung beschrieben werden kann?

5. Woran lässt sich erkennen, dass es sich bei der untersuchten Reaktion um eine komplexe Reaktionhandelt?

6. Wie lässt sich erklären, dass trotz eines komplexen Ablaufs die Reaktionsordnung 1 vorliegt?

7. Ermitteln Sie grafisch die Aktivierungsenergie und den Frequenzfaktor der Reaktion (beide mitentsprechenden Fehlerangaben)!

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52 ABSCHNITT 3. KINETIK

3.3.4 Grundlagen des Versuchs

Mn2+, (COOH)2 und KMnO4 reagieren beim Zusammengeben innerhalb weniger Sekunden unter Bil-dung eines braungefärbten Komplexions, das dann entsprechend der Bruttoreaktion

2 [Mn(C2O4)3]3− → 2 Mn2+ + 5 C2O2−4 + 2 CO2

in nahezu farblose Endprodukte zerfällt. Die Kinetik der Zerfallsreaktion kann durch einen Geschwin-digkeitsansatz für eine Reaktion 1. Ordnung beschrieben werden.

3.3.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Spektralphotometer mit Thermostat, Thermofühler, Stoppuhr, 2 Glasküvetten

• Glaspipetten (25 ml, 2 ml, 5 ml), Eppendorfpipette (100 µl), 2 Bechergläser (50 ml)

b) Reagenzien:

• 0,1 M Mangan(II)-sulfat-lösung (MnSO4)

• 0,1 M Oxalsäure ((COOH)2)

• 0,02 M Kaliumpermanganatlösung (KMnO4)

c) Arbeitsablauf:

1. Informieren Sie sich anhand der ausliegenden Bedienungsanleitung über die Handhabung desPhotometers.

2. Stellen Sie am Photometer die Messwellenlänge 480 nm ein!

3. Für die erste Messreihe mischen Sie in einem Becherglas 5 ml 0,1 M MnSO4-Lösung mit 25 ml0,1 M Oxalsäure. Pipettieren Sie davon 2 ml in eine Küvette und stellen Sie diese in den Küvet-tenhalter des Photometers!

4. Temperieren Sie die Küvette im Photometer etwa 15 Minuten auf 20 C und verfolgen Sie währenddieser Zeit die Temperatur in der Küvette!

5. Nachdem die Flüssigkeit in der Küvette eine konstante Temperatur angenommen hat, führenSie einen Nullabgleich des Photometers aus (siehe Bedienungsanleitung des Photometers)! Pipet-tieren Sie im Anschluss 100 µl 0,02 M KMnO4-Lösung zu der Lösung in der Messküvette undstarten gleichzeitig die Stoppuhr! Mischen Sie den Küvetteninhalt vorsichtig mit einem kleinenGlasstab.

6. Schließen Sie das Photometer und beginnen Sie sofort mit der Extinktions-Zeit-Messung! DasAblesen der Extinktion erfolgt im Abstand von 2 Minuten ausgehend vom Reaktionsstart. Zwi-schen den Ablesungen ist die Temperatur des Küvetteninhalts zu protokollieren. Die Messungenwerden so lange durchgeführt, bis die Extinktion auf 20% ihres Ausgangswertes gefallen ist.

7. Wiederholen Sie die Messreihe bei 25C und 30C. Es ist für jede Temperatur eine Doppelbe-stimmung durchzuführen!!

8. Für die vierte Messreihe stellen Sie aus der ausstehenden Lösung eine 0,01 M KMnO4-Lösungher. Diese Messung wird bei 25C durchgeführt. Zu Beginn der Messung 100 µl der 0,01 MKMnO4-Lösung hinzufügen. Die Durchführung der Messung gleicht bis auf die halbierte Per-manganatkonzentration den drei vorhergehenden Messreihen.

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3.3. TRISOXALATOMANGANAT(III)-ZERFALL 53

d) Messprotokoll:

1a. Messreihe 1b. Messreihe 2a. Messreihe 2b. Messreihet/min E ϑ/C t/min E ϑ/C t/min E ϑ/C t / min E ϑ / C

3a. Messreihe 3b. Messreihe 4a. Messreihe 4b. Messreihet/min E ϑ/C t/min E ϑ/C t/min E ϑ/C t / min E ϑ / C

3.3.6 Auswertung

Wichtig für die Auswertung der Messdaten ist, ob sowohl das Gemisch der Ausgangsstoffe als auchdas der Reaktionsprodukte bei der Messwellenlänge absorbieren. Bei der untersuchten Reaktion kannman in erster Näherung davon ausgehen, dass die gebildeten Produkte nicht zur Absorption beitragen.Wurde ein korrekter Nullabgleich des Photometers ausgeführt, ist E∞ = 0.Tragen Sie für jede Messreihe lnE = f(t) auf und bestimmen Sie nach Gl. 3.8 grafisch die Geschwin-digkeitskonstanten! Bei Abweichungen der Messwerte von der Linearität zu Beginn der Reaktion istdie Auswertung nur über den linearen Bereich auszuführen. Berechnen Sie anschließend aus den Ge-schwindigkeitskonstanten die Halbwertszeiten! Aus der Temperaturabhängigkeit von k′ kann nun nacheiner grafischen Auftragung analog Gl. 3.13 die Aktivierungsenergie EA und der Frequenzfaktor k0

sowie ihre Fehler bestimmt werden.

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54 ABSCHNITT 3. KINETIK

3.4 Inversionsgeschwindigkeit des Rohrzuckers

3.4.1 Einleitung

Wenn an einer Reaktion optisch aktive Stoffe beteiligt sind, kann man versuchen, die Kinetik der Reak-tion kontinuierlich mit einem Polarimeter zu verfolgen. Die optisch aktiven Komponenten beeinflussendie Drehung der Ebene des linear polarisierten Lichts, das in die Reaktionslösung eingestrahlt wird.Ändert sich im Reaktionsverlauf die Konzentration dieser Stoffe, so beobachtet man eine zeitliche Än-derung des Drehwinkels. Bei diesem Versuch treten sowohl ein optisch aktiver Ausgangstoff, als auchoptisch aktive Reaktionsprodukte auf.

3.4.2 Vorbereitungsfragen

1. Welche Stoffe sind an der Reaktion beteiligt, und welchem Mechanismus folgt sie?

2. Warum sind die Konzentrationen von Wasser nahezu und von Hydronium-Ionen vollständig kon-stant?

3. Leiten Sie aus dem Geschwindigkeitsansatz Gl. 3.20 eine Gleichung ab, nach der man die Reak-tionsgeschwindigkeitskonstante bei diesem Versuch ermitteln kann!

4. Was sagt die Arrhenius-Gleichung aus?

5. Was versteht man unter der Aktivierungsenergie? Welche Bedeutung hat ihr Wert für die Reak-tionsgeschwindigkeit?

6. Was kann man über die Geschwindigkeit einer Reaktion aussagen, die durch eine hohe Aktivie-rungsenergie (EA > 100 kJ/mol) charakterisiert ist?

7. Was ist eine homogene Katalyse? Warum verläuft eine Reaktion in Gegenwart eines Katalysatorsschneller ab als ohne?

8. Erläutern Sie den Begriff Frequenzfaktor!

9. Berechnen Sie aus den angegebenen Literaturwerten die erwartete Reaktionsgeschwindigkeits-konstante! Von welcher Reaktionsordnung müssen Sie ausgehen?

10. Durch welche Bedingungen kann man die Ordnung einer Reaktion erniedrigen?

11. Welche Auswirkungen hätte die Verwendung von 1 M Salzsäure statt 2 M Salzsäure im Versuch?

12. Erläutern Sie die Begriffe optische Aktivität, polarisiertes Licht, Drehwinkel der Polarisations-ebene, spezifische Drehung! Was bedeutet das Symbol [α]20

D ?

13. Warum müssen Sie bei der Bestimmung von α∞ die zunächst auf 70C erwärmte Probe wiederauf Ihre Messtemperatur abkühlen?

3.4.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell den Drehwinkel als Funktion der Zeit bei einer gegebenen Tempe-ratur T1. Wiederholen Sie den Versuch bei einer um 10 K abweichenden Temperatur T2.

2. Ermitteln Sie die Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 der Reaktion bei den Temperaturen T1

und T2.

3. Berechnen Sie die Arrhenius’sche Aktivierungsenergie EA und den Frequenzfaktor k0 der Reak-tion. Dabei wird jeweils die mittlere Thermostattemperatur verwendet.

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3.4. INVERSIONSGESCHWINDIGKEIT DES ROHRZUCKERS 55

4. Wie groß sind die Abweichungen Ihrer Werte (relative Fehler) von den Vergleichswerten in derLiteratur?

5. Für den Fall größerer Abweichungen (|∆EA| > 10% EA) diskutieren Sie systematische Fehler-quellen!

6. Wie wirkt sich ein Fehler in der Temperaturablesung von ±0,2 K im ungünstigsten Falle auf EA

aus? Berechnen Sie dazu EA mit den Werten T1 - 0,2 K und T2 + 0,2 K und vergleichen Sie dasResultat mit Ihrem Ergebnis!

3.4.4 Grundlagen des Versuchs

Die Hydrolyse des Rohrzuckers (C12H22O11, Saccharose) verläuft fast vollständig nach folgender Glei-chung:

C12H22O11 + H2O → C6H12O6 + C6H12O6

Saccharose D(+)Glucopyranose D(-)Fructopyranose

Dabei wirkt Salzsäure als Katalysator. Rohrzucker dreht die Ebene von polarisiertem Licht nach rechts;die spezifische Drehung [α]20

D beträgt 66,55ml/dm g (der Index D bezieht sich auf die Wellenlänge derNatrium-D-Linie, der Index 20 kennzeichnet die Temperatur in C). Das Gemisch der Endproduktedreht dagegen nach links, da Glucose zwar nach rechts dreht ([α]20

D = 52,5ml/dm g), Fructose jedochviel stärker nach links ([α]20

D = -91,9ml/dm g). Im Verlauf der Hydrolyse verändert sich deshalb dergemessene Drehwinkel und wird nach Durchlaufen des Nullwertes negativ (Inversion). Der Drehwinkelnähert sich gegen Ende der Reaktion einem Grenzwert α∞ an. Dieser Wert ist temperaturabhängig,da sowohl bei Glucose als auch bei Fructose ein temperaturabhängiges Gleichgewicht zwischen den α-und β-Formen vorliegt, die in unterschiedlichem Maße zum resultierenden Drehwinkel beitragen. Sodreht z.B. α-D-Glucose ([α]20

D = 111ml/dm g) stärker und β-D-Glucose ([α]20D = 19ml/dm g) weniger

stark nach rechts als das Gleichgewichtsgemisch aus beiden Formen.Um die Hydrolysereaktion zu beschleunigen, führt man sie in saurem Milieu durch. Die kinetischeUntersuchung ergibt den empirischen Zusammenhang:

−dcRdt

= kcRcH2OcH+ (3.19)

(cR: Konzentration des Rohrzuckers, cH+ : Konzentration der Protonen, cH2O: Konzentration des Was-sers, t: Zeit, k: Geschwindigkeitskonstante)Demnach wird die Bruttoreaktionsgeschwindigkeit durch Teilschritte kontrolliert, die die Umsetzungdes Rohrzuckers mit Wasser und Protonen enthalten. Die Protonen, die in der Bruttoreaktionsglei-chung nicht erscheinen, wirken als Katalysator. Sie protonieren den Rohrzucker und erleichtern seineReaktion mit Wasser. Die Protonenkonzentration bleibt während der Reaktion konstant. In der Rohr-zuckerlösung ist Wasser in hohem Überschuss vorhanden, so dass sich seine Konzentration während desgesamten Reaktionsverlauf nicht messbar ändert, und somit ebenfalls als konstant angesehen werdenkann. Während der Reaktion verändert sich lediglich die Konzentration des Rohrzuckers. Somit ist dieOrdnung der Reaktion von 3 auf 1 erniedrigt worden:

−dcRdt

= k′cR (3.20)

k′ ist die experimentelle Reaktionsgeschwindigkeitskonstante:

k′ = kcH2OcH+ (3.21)

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56 ABSCHNITT 3. KINETIK

3.4.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Polarimeter mit Polarimeterrohr

• Thermostat, Wasserbad

• Messzylinder (100 ml), 2 Pipetten (40 ml)

• 2 Probenflaschen

b) Reagenzien:

• Saccharose

• 2 M Salzsäure: R36/37/38; S26,45; Symbole C, ätzend und Xi, reizend

c) Arbeitsablauf: Die Bedienung des Polarimeters wird am Arbeitsplatz erläutert.

1. Der Thermostat wird angeschaltet und die Kühlwasserzufuhr geöffnet. Am Thermostaten ist dieReaktionstemperatur eingestellt (25 C bzw. 35C). Überprüfen Sie die Temperaturkonstanz undvermerken Sie bei jeder Ablesung am Polarimeter auch die Temperatur im Messprotokoll. Umden Ablauf zu beschleunigen, tauschen Sie nach Beendigung der Messungen bei der eingestelltenTemperatur mit der anderen Praktikumsgruppe die Versuchsplätze, so dass an einer Apparaturimmer nur bei einer Temperatur gearbeitet wird.

2. Stellen Sie 100 ml einer 15%igen Rohrzuckerlösung her!

3. In jeden Thermostaten werden zwei Flaschen gestellt. Eine enthält die Rohrzuckerlösung, dieandere 40 ml 2 M Salzsäure. Die Polarimeterrohre müssen im Messgerät thermostatisiert werden.

4. Wenn der Flascheninhalt die Thermostattemperatur erreicht hat, werden 40 ml der Rohrzucker-lösung zu der Säure gegeben und gemischt. Das Polarimeterrohr wird mit dieser Mischung gefüllt,und die Messung beginnt. Notieren Sie den Drehwinkel und die Messtemperatur! Der Rest derMischung aus Säure und Zuckerlösung wird für die Messung von [α]∞ benötigt. Bei der Füllungder Rohre dürfen keine Luftblasen eingeschlossen werden.

5. Die Ablesungen am Polarimeter erfolgen bei der Reaktionstemperatur von 25C alle 5 min, bei35C alle 3 min. Später kann in größeren Zeitabständen abgelesen werden. Die Messung bei 25Cbzw. 35C kann nach 100 min (bei 35C nach 85 min) beendet werden. Während der Messungmuss die Bestimmung der Enddrehung α∞ vorbereitet werden!

6. Die Enddrehung α∞ wird bestimmt, indem man den Rest der Versuchslösung mindestens 30 minlang in einem Wasserbad auf etwa 70C erwärmt, wobei sich die Hydrolyse sehr rasch vollzieht.Eine stärkere Erwärmung ist zu vermeiden, da sich die Zuckerlösung dann zersetzt.

7. Nach dem kurzzeitigen Abkühlen thermostatisiert man die Lösung im Thermostaten auf dieMesstemperatur.

8. Dann füllt man die thermostatisierte Lösung in das vorher entleerte Polarimeterrohr und be-stimmt den Wert für α∞.

9. Der gesamte Ablauf wird für die andere Temperatur wiederholt.

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3.4. INVERSIONSGESCHWINDIGKEIT DES ROHRZUCKERS 57

d) Messprotokoll: Das Messprotokoll soll für jede Messreihe (eine bei niedriger, eine bei höhererTemperatur) den Drehwinkel und die Temperatur in Abhängigkeit der Zeit enthalten. Zusätzlich sinddie beiden Werte von α∞ zu notieren.

Messreihe bei niedriger Temperatur Messreihe bei hoher Temperatur

α∞= α∞=

t/min ϑ/C α/ t/min ϑ/C α/

3.4.6 Auswertung

Aus den gemessenen Drehwinkeln wird analog Gl. 3.6 zunächst die experimentelle Geschwindigkeits-konstante k′ bestimmt. Aus der Temperaturabhängigkeit von k′ kann nun nach Gln. 3.14 und 3.15 dieAktivierungsenergie EA und der Frequenzfaktor k0 sowie ihre Fehler bestimmt werden. Diskutieren Siemögliche Abweichungen zu den angegebenen Literaturwerten!

3.4.7 Literaturwerte

EA = 106, 3kJ/molk0 = 7, 1 · 1014s−1

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58 ABSCHNITT 3. KINETIK

3.5 Säurekonstante von p-Nitrophenol

3.5.1 Einleitung

Der Versuch macht Sie mit einer Methode bekannt, mit der die Säurekonstante einer schwachen Säurephotometrisch bestimmt werden kann, wenn die undissoziierte Säure in einem anderen Spektralbereichals ihr Anion Licht absorbiert.

3.5.2 Vorbereitungsfragen

1. Welche Methoden zur Bestimmung von Säurekonstanten kennen Sie?

2. Erläutern Sie die Begriffe Aktivität und Aktivitätskoeffizient!

3. Begründen Sie unter Verwendung des pKa-Wertes von p-Nitrophenol aus der Literatur, warumdieses in 0,01 M Natronlauge nahezu vollständig dissoziiert ist! Berechnen Sie dazu den Disso-ziationsgrad α!

4. Warum absorbieren p-Nitrophenol und sein Anion Licht im UV/Vis-Bereich? Warum unterschei-den sich die UV/Vis-Spektren so deutlich?

5. Erläutern Sie die Begriffe Transmission, Absorption, Extinktion und das Lambert-Beer’sche Ge-setz.

6. Schlagen Sie anhand der Abb. 3.2 eine Wellenlänge vor, bei der das Experiment durchgeführtwerden soll! Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung, dass gemessene Extinktionen aus mess-technischen Gründen zwischen 0,1 und 1,0 liegen sollten! Schätzen Sie dazu mit Hilfe der inder Versuchsanleitung angegebenen Konzentrationen und den in Abb. 3.2 gezeigten molarenExtinktionskoeffizienten die maximal erwartete Extinktion bei der von Ihnen vorgeschlagenenWellenlänge ab!

7. Welche Änderung der Extinktion bei der gewählten Wellenlänge ist bei gleicher Gesamtkonzen-tration von p-Nitrophenol mit steigendem pH-Wert zu erwarten?

3.5.3 Aufgaben

1. Bestimmen Sie experimentell bei konstanter Temperatur, Wellenlänge und Schichtdicke die Ex-tinktion von Lösungen verschiedener Konzentrationen des p-Nitrophenolations in 0,01 M Natron-lauge und berechnen Sie daraus seinen molaren Extinktionskoeffizienten!

2. Bestimmen Sie experimentell bei konstanter Temperatur, Wellenlänge und Schichtdicke die Ex-tinktion einer p-Nitrophenollösung konstanter Gesamtkonzentration bei verschiedenen pH-Werten.

3. Ermitteln Sie die Dissoziationsgrade α von p-Nitrophenol für verschiedene pH-Werte.

4. Ermitteln Sie die DissoziationskonstanteKa und den entsprechenden pKa-Wert von p-Nitrophenol.

5. Stellt p-Nitrophenol im Vergleich zu aliphatischen Alkoholen (Methanol, Ethanol) eine stärkereoder schwächere Säure dar? Geben Sie Ursachen für dieses Verhalten an!

6. Diskutieren Sie die Eignung von p-Nitrophenol als pH-Indikator!

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3.5. SÄUREKONSTANTE VON P-NITROPHENOL 59

3.5.4 Grundlagen des Versuchs

Schwache Säuren HA protolysieren in wässriger Lösung:

HA H+ + A−

Dieses Protolysegleichgewicht wird mit der thermodynamischen Gleichgewichtskonstante Ka (Säure-konstante) bzw. ihrem negativen dekadischen Logarithmus pKa beschrieben:

Ka =aA−aH+

aHA(3.22)

pKa = − lgKa (3.23)

Dabei bezeichnen aA− , aH+ und aHA die Aktivitäten des Anions, der Protonen bzw. Säure. Zur Be-stimmung der Säurekonstante ist das Verhältnis der Aktivitäten des Anions und der Säure, aA−/aHA,bei verschiedenen Protonenaktivitäten (bzw. pH-Werten) zu messen. Aktivitäten werden mit Hilfevon Methoden zur Messung von Konzentrationen und Berücksichtigung ihrer Aktivitätskoeffizientenbestimmt. Sind die Aktivitätskoeffizienten unbekannt, lässt sich nur die so genannte scheinbare oderexperimentelle Säurekonstante auf der Grundlage von Konzentrationen ermitteln.Im vorliegenden Versuch wird die Säurekonstante von p-Nitrophenol bestimmt. Undissoziiertes p-Nitrophenol ist farblos, sein Anion ist gelb. Die Säure zeigt bei Messungen des UV/VIS-Spektrumsalso ein anderes Absorptionsverhalten als das Anion (siehe Abb. 3.2). Bei Wahl einer geeigneten Wel-lenlänge, bei der die Säure kein Licht absorbiert, lässt sich die Konzentration des Anions über dieMessung der Extinktion bestimmen.

Abbildung 3.2: Molare Extinktionskoeffizienten von p-Nitrophenol in 0,1 M HCl und 0,1 M NaOH.

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60 ABSCHNITT 3. KINETIK

Der Zusammenhang zwischen Konzentration c und Extinktion E ist durch eine Kalibrierfunktion expe-rimentell zu bestimmen. Dazu wählt man Bedingungen, bei denen p-Nitrophenol vollständig dissoziiertist, so dass die eingesetzte Konzentration an p-Nitrophenol der Konzentration des Anions entspricht.Bei Kenntnis der Konzentration des Anions im Gleichgewicht cA− lässt sich mit Hilfe der eingesetztenGesamtkonzentration c0 die Gleichgewichtskonzentration cHA der Säure und damit die Säurekonstanteermitteln.

3.5.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Spektralphotometer, 2 Küvetten (opt. Schichtdicke 1 cm)

• 2 Büretten (25 ml, Skalenteilung 0,05 ml), Messpipette (5 ml), Mikroliterspritze (100 µl, Skalen-teilung 0,5 µl)

• 10 Bechergläser (50 ml), 1 Becherglas (250 ml)

• 2 Tropfpipetten

• Thermometer

• pH-Messgerät

b) Reagenzien:

• 0,02 M p-Nitrophenollösung in Wasser

• 0,1 M Zitronensäurelösung

• 0,2 M Dinatriumhydrogenphosphatlösung

• 0,01 M Natronlauge

• Kalibrierlösungen pH 4 und pH 7

c) Arbeitsablauf:Informieren Sie sich am Arbeitsplatz anhand der ausliegenden Anleitung über die Bedienung des Pho-tometers! Stellen Sie zu Beginn des Versuches die Lampe des Spektralphotometers an, um eine ausrei-chende Einbrenndauer zu gewährleisten (mindestens 30 min).

1. Bestimmung des molaren Extinktionskoeffizienten vom Nitrophenolation.

• Füllen Sie eine Küvette mit 0,01 M Natronlauge und führen Sie einen Nullabgleich desPhotometers aus!

• Stellen Sie durch Mischung verschiedener Volumina von 0,02 M p-Nitrophenollösung (10 µlbis 100 µl in Schritten von 10 µl) mit je 5 ml 0,01 M Natronlauge eine Konzentrations-reihe her! Verwenden Sie dazu eine Messpipette oder Bürette und eine Mikroliterspritzeund achten Sie auf eine homogene Mischung der Komponenten! Messen Sie die Extinkti-on jeder hergestellten Lösung! Gehen Sie dabei von niedrigen zu höheren Konzentrationen!Stellen Sie insgesamt drei Konzentrationsreihen her! Der Mittelwert der drei Extinktionenje Konzentration geht in die Auswertung ein.

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3.5. SÄUREKONSTANTE VON P-NITROPHENOL 61

2. Messung der Extinktion des p-Nitrophenols in Puffern:

• Mischen Sie unter Verwendung von Büretten je 20 ml folgender Pufferlösungen:

V0,1 M Zitronensaure/ml V0,2 M Dinatriumhydrogenphosphat/ml pH

7,00 13,00 6,12

6,00 14,00 6,44

5,00 15,00 6,70

4,00 16,00 6,91

3,00 17,00 7,12

2,00 18,00 7,36

1,00 19,00 7,73

• Kontrollieren Sie die pH-Werte der hergestellten Pufferlösungen mit einem pH-Messgerät,dass Sie nach der ausliegenden Anleitung kalibrieren!

• Entnehmen Sie von jeder Pufferlösung dreimal 5 ml und pipettieren Sie jeweils 100 µl 0,02 Mp-Nitrophenollösung dazu. Messen Sie die Extinktion dieser drei Lösungen! Der Mittelwertder Extinktionen der drei Lösungen geht in die Berechnung der Dissoziationskonstanten ein.Alle Messungen erfolgen gegen den jeweils eingesetzten Puffer als Vergleichslösung.

• Führen Sie die Messungen der Puffergemische bei 20 C und bei 25 C durch!

d) MessprotokollExtinktionen der Konzentrationsreihe:

Schichtdicke der Küvette l / cm

Messwellenlänge λ / nm

Konzentration Stammlösung p-Nitrophenol c0 / M

Temperatur der Lösungen ϑ /C

Messungen bei 25 C:VStammlosung/µl 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

cA−/10−5 M

E Messung 1

E Messung 2

E Messung 3Extinktionen der Pufferlösungen

Vorlage an Puffergemisch 5 ml

Zusatz von p-Nitrophenol-Stammlösung 100 µl

c0 p-Nitrophenol im Puffer / M

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62 ABSCHNITT 3. KINETIK

Puffergemische aus x ml 0,1 M Zitronensäure und y ml 0,2 M Dinatriumhydrogenphosphat:

Messung bei 20 CVx / ml 0,01 M

Vy / ml NaOH

pH 12,0

E Messung 1

E Messung 2

E Messung 3

Messung bei 25 CVx / ml 0,01 M

Vy / ml NaOH

pH 12,0

E Messung 1

E Messung 2

E Messung 3

3.5.6 Auswertung

1. Ermittlung der Kalibrierfunktion E = f (cA−): Bei Gültigkeit des Lambert-Beer’schen Gesetzes

E = εcl (3.24)

ergibt sich für den Zusammenhang E = f (cA−) der p-Nitrophenollösung in 0,01 M Natronlaugeeine Gerade. Berechnen Sie über eine lineare Regression den molaren Extinktionskoeffizientenε des p-Nitrophenolations und seinen Fehler bei der verwendeten Wellenlänge! Ergibt sich beiAuftragung von E gegen cA− keine Gerade, ist die erhaltene Kurve zur Interpolation der p-Nitrophenolation-Konzentration heranzuziehen.

2. Bestimmung der Säurekonstante: Grundlage bildet Gl. 3.23. Unter Berücksichtigung der Defini-tion der Aktivität aA eines Stoffes A

aA = fAcA (3.25)

folgt

Ka =cA−fA−cH+fH+

cHAfHA(3.26)

Der Aktivitätskoeffizient fHA ist näherungsweise gleich 1, da HA ein elektrisch neutrales Teil-chen ist. Unter Zuhilfenahme der Debye-Hückel’schen Theorie für Elektrolytlösungen und derIonenstärke der verwendeten Lösungen kann fA− zu 0,68 geschätzt werden.

Das Konzentrationsverhältnis cA−/cHA− ist über die Beziehung

cA− + cHA = c0 (3.27)

aus der eingesetzten Gesamtkonzentration c0 zugänglich. Als nützlich für die Auswertung erweistsich die Definition des Dissoziationsgrades α:

α =cA−

c0(3.28)

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3.5. SÄUREKONSTANTE VON P-NITROPHENOL 63

Bei Gültigkeit des Lambert-Beer’schen Gesetzes 3.24 lässt sich der Dissoziationsgrad unmittelbaraus den gemessenen Extinktionen berechnen:

α =E

E∞(3.29)

Dabei ist E die Extinktion der p-Nitrophenollösung bei einem bestimmten pH-Wert und einerWellenlänge, bei der nur das Anion Licht absorbiert, undE∞ die Extinktion einer p-Nitrophenollösungderselben Gesamtkonzentration in 0,01 M NaOH (α = 1) bei der gleichen Wellenlänge. Gilt Gl.3.24 nicht (kein linearer Verlauf von E (cA−)), sind cA− und c0 durch Interpolation zu bestimmenund Gl. 3.28 zur Berechnung des Dissoziationsgrades zu verwenden. Einsetzen von Gl. 3.28 inGl. 3.25 ergibt:

Ka =αfA−aH+

1− α(3.30)

oder in logarithmierter Form

pKa = pH + lg1− αα− lg fA− (3.31)

3. Ermitteln Sie für jedes Puffergemisch aus der gemessenen Extinktion den Dissoziationsgrad α (Gl.3.28 bzw. 3.29), den pKa-Wert (Gl. 3.31), und die Säurekonstante Ka (Gl. 3.23)! Das Ergebnisdes Versuchs ergibt sich als Mittelwert aller bestimmten Säurekonstanten nach Eliminierung vonAusreißern.

4. Führen Sie über eine geeignete linearisierte Form von Gl. 3.31 eine grafische Analyse zur Bestim-mung des pKa-Wertes durch!

Fehlerbetrachtung:Berechnen Sie den absoluten Größtfehler ∆pKa! Grundlage bildet die Fehlerfortpflanzung von Gl. 3.30zur Berechnung des relativen Größtfehlers ∆Ka/Ka:∣∣∣∣∆Ka

Ka

∣∣∣∣ =∣∣∣∣∆αα

∣∣∣∣+∣∣∣∣∆ (1− α)

1− α

∣∣∣∣+∣∣∣∣∆aH+

aH+

∣∣∣∣+∣∣∣∣∆fA−

fA−

∣∣∣∣ (3.32)

|∆pKa| = |∆Ka

2, 3Ka

∣∣∣∣ (3.33)

Die einzelnen benötigten relativen Fehler sind wie folgt zu ermitteln:

1. Berechnung des relativen Größtfehlers ∆α/α und des Absolutfehlers ∆α:∣∣∣∣∆αα∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∆EE∣∣∣∣+∣∣∣∣∆E∞E∞

∣∣∣∣ (3.34)

Die Fehler der Extinktionsmessungen sind die mittleren Standardabweichungen aus je drei Mess-werten bei einem pH-Wert.

2. Herleitung des relativen Größtfehlers der Differenz 1-α:Wegen ∆ (1− α) = ∆1−∆α = −∆α sind die Beträge der Fehler von α und 1-α gleich.Damit ist |∆ (1− α) / (1− α) | mit Hilfe von ∆α aus Schritt 1 zugänglich.

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64 ABSCHNITT 3. KINETIK

3. Berechnung des relativen Größtfehlers der Protonenaktivität: Experimentell wurde der Größtfeh-ler ∆pH der hergestellten Pufferlösungen zu ±0,02 ermittelt. Aus der Definition des pH-Wertesund der Fehlerfortpflanzung folgt:∣∣∣∣∆aH+

aH+

∣∣∣∣ = 2, 3|∆pH| (3.35)

Er ist für alle pH-Werte gleich.

4. Abschätzung des relativen Größtfehlers des Aktivitätskoeffizienten des Anions: Für die Puffer-lösung (pH 7) ergibt sich unter Zugrundelegung der Debye-Hückel-Theorie und der Fehler derverwendeten Konzentrationen ein Fehler ∆fA− = ±0, 04. Der resultierende relative Fehler kannfür die anderen Pufferlösungen in erster Näherung übernommen werden.

5. Mittels Gln 3.32 bzw. 3.33 ist der relative Größtfehler der Säurekonstanten und der Absolutfeh-ler des pKa-Wertes zu ermitteln. Weicht Ihr pKa-Wert stärker vom Literaturwert ab, als es demGrößtfehler entspricht, geben Sie mögliche systematische Fehler an!

6. Für die grafische Auswertung können Sie den Fehler aus der linearen Regression bestimmen!

3.5.7 Literaturangaben

pKa(p−Nitrophenol) = 7, 21 bei 20CpKa(p−Nitrophenol) = 7, 15 bei 25C

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3.6. DYNAMISCHE VISKOSITÄT 65

3.6 Dynamische Viskosität

3.6.1 Einleitung

Im folgenden Versuch soll die dynamische Viskosität von Aceton untersucht werden.

3.6.2 Vorbereitungsfragen

1. Was versteht man unter laminarer und turbulenter Strömung?

2. Wie lautet das Newton’sche Reibungsgesetz?

3. Wie werden Transportprozesse allgemein beschrieben?

4. Wie ist die Temperaturabhängigkeit der Viskosität zu erklären?

5. Wie sind kinematische und dynamische Viskosität definiert?

6. Welche Typen von Viskosimetern gibt es?

3.6.3 Aufgaben

1. Messen Sie die kinematische Viskosität von Aceton zwischen 25C und 50C in 5C-Schritten.

2. Ermitteln Sie daraus die Aktivierungsenergie der inneren Reibung.

3.6.4 Grundlagen des Versuchs

Die dynamische Viskosität η wird durch das Newton’sche Reibungsgesetz definiert. Das Kapillarviskosi-meter beruht auf dem Strömungswiderstand in Kapillaren. Für die Strömungsgeschwindigkeit dV/dt ineiner Kapillare mit dem Radius r und der Länge l gilt bei laminarer Strömung das Hagen-Poiseuille’scheGesetz:

dVdt

8ηl∆pr4 (3.36)

Wird der Druckunterschied ∆p durch den hydrostatischen Druck einer Flüssigkeitssäule der Höhe herzeugt, erhält man unter Annahme, dass dV/dt im zeitlichen Mittel konstant ist, die kinematischeViskosität ν:

ν =η

ρ=πghr4

8lVt (3.37)

Falls die gerätespezifischen Parameter konstant gehalten werden, gilt:

ν = Kt (3.38)

Die GerätekonstanteK ist auf dem Viskosimeter in der Einheit 10−6 m2s−2 angegeben. Die dynamischeViskosität ist temperaturabhängig. Es gilt:

η = AeEART (3.39)

EA ist die Aktivierungsenergie der inneren Reibung.

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66 ABSCHNITT 3. KINETIK

3.6.5 Durchführung des Versuchs

a) Geräte:

• Kapillarviskosimeter (vgl. Abb. 3.3)

• Thermostat

• Thermometer, Stoppuhr

• Pipettierhilfe

Abbildung 3.3: Kapillarviskosimeter

b) Reagenzien:

• Aceton

c) Arbeitsablauf:

1. Das Viskosimeter wird durch Öffnung A mit Aceton gefüllt, bis sich der Meniskus im VorratsgefäßB zwischen den beiden Markierungen befindet.

2. Dann wird das Viskosimeter in das Thermostatisierungsgefäß gestellt. Es ist darauf zu achten,dass das Viskosimeter vollständig eintaucht, evtl. etwas destilliertes Wasser nachfüllen.

3. Zur Temperaturkontrolle wird das Thermometer in A gehängt.

4. Die Pipettierhilfe wird mit einem Gummischlauch mit Rohr C verbunden.

5. Zur Messung wird Öffnung D mit einem Finger verschlossen und mit der Pipettierhilfe vorsichtigFlüssigkeit angesaugt, bis das obere Reservoir E gefüllt ist. Dann wird die Pipettierhilfe ent-fernt und D freigegeben. Es ist die Zeit t zu messen, die der Flüssigkeitspegel braucht, um vonMarkierung F bis zur Markierung G zu sinken.

6. Die Messung ist für jede Temperatur jeweils dreimal zu wiederholen. Die genaue Temperatur istjeweils am Thermometer in A abzulesen. Beginnen Sie den Versuch bei 25C!

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3.6. DYNAMISCHE VISKOSITÄT 67

d) Messprotokoll:

ϑ/C t1/s t2/s t3/s

3.6.6 Auswertung

• Aus den drei Messungen wird der Mittelwert der Durchflusszeit gebildet und daraus die kinema-tische und die dynamische Viskosität errechnet.

• Tragen Sie ln η gegen 1/T auf und ermitteln Sie aus der Steigung EA sowie ihren Fehler (Ther-mischer Ausdehnungskoeffizient von Aceton: 1,4·10−4/K). Nehmen Sie dabei für K einen Fehlervon 10−11 m2s−2 an.

3.6.7 Literaturwerte

ρ = 0, 79 g/cm3

η = 0, 32 mPas

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68 ABSCHNITT 3. KINETIK

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Abschnitt 4

Elektrochemie

4.1 Grundlagen

Im Folgenden sollen einige grundlegende Elemente der Elektrochemie, die für das Praktikum vonBedeutung sind, dargestellt werden. Es wird aber dringend empfohlen, auch ein Lehrbuch der Phy-sikalischen Chemie zur Vorbereitung zu Hilfe zunehmen.

4.1.1 Elektrolytlösungen

Elektrolyte sind Stoffe, die in wässriger Lösung oder in der Schmelze in Ionen dissoziieren und beiAnlegen einer elektrischen Spannung den Stromtransport übernehmen. Für den Dissoziationsgrad αgilt:

α =Zahl der dissozierten Moleküle

Gesamtzahl der Moleküle vor Dissoziation(4.1)

Folgende Einteilung ist üblich:

• Starke Elektrolyten: vollständige Dissoziation (α ≈ 1),

• schwache Elektrolyten: nur teilweise Dissoziation,

• echte Elektrolyten: auch im festen Zustand aus Ionen aufgebaut,

• potenzielle Elektrolyten: Ionenbildung erst nach Reaktion mit Lösungsmittel.

4.1.1.1 Elektrolytische Leitfähigkeit

Die Leitfähigkeit G, [G] = Ω−1 = S (Siemens), ist der Kehrwert des elektrischen Widerstands R.Sie hängt von der spezifischen Leitfähigkeit κ, der Länge l und dem Querschnitt A ab, in dem derLadungstransport erfolgt.

G =1R

= κl

A(4.2)

G kann mit einen Konduktometer gemessen werden. Der Quotient l/A hängt von der Geometrie derLeitfähigkeitsmesszelle ab und wird als Widerstandskapazität C bezeichnet. C wird in der Praxis mitHilfe von Kalibrierlösungen bestimmt, da der Feldlinienverlauf in herkömmlichen Messzellen nur schwerzu erfassen ist. Die spezifische Leitfähigkeit κ ist konzentrationsabhängig, da sich mit der Elektrolyt-konzentration auch die Anzahl der Ladungsträger ändert. Die molare Leitfähigkeit Λ, [Λ] = Sm2mol−1,ist die auf die Konzentration c bezogene spezifische Leitfähigkeit.

Λ =κ

c(4.3)

69

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70 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

Durch Extrapolation von Λ auf c = 0 wird die Grenzleitfähigkeit bei unendlicher Verdünnung Λ∞ erhalten.Die Konzentrationsabhängigkeit von Λ begründet sich wie folgt:

1. Der Dissoziationsgrad α nimmt mit zunehmender Konzentration ab.

2. Mit zunehmender Ionen-Konzentration bilden sich in Elektrolytlösungen Ionenwolken, welchedie Ionenwanderung im elektrischen Feld behindern (Theorie von Debye und Hückel). Die da-durch verursachte Reduzierung der Leitfähigkeit wird durch den Leitfähigkeitskoeffizienten ϕ±beschrieben.

Als allgemeiner Ansatz ergibt sich:

Λ = ϕ±αΛ∞ (4.4)

• Starke Elektrolyten: nur (2) maßgebend, da vollständig dissoziiert (α ≈ 1).

• Schwache Elektrolyten: nur (1) maßgebend: wenig dissoziiert, geringe Ionenkonzentration, daherkaum interionische Wechselwirkungen (ϕ± ≈ 1).

Nach dem Gesetz der unabhängigen Ionenwanderung setzt sich Λ∞ aus den Grenzleitfähigkeiten derbeteiligten Anionen und Kationen zusammen.

Λ∞ = aΛ+ + bΛ+ (4.5)

a und b sind die stöchiometrischen Koeffizienten. Als Überführungszahlen t+ bzw. t− bezeichnet man denAnteil der durch eine Ionensorte transportierten Ladung bezogen auf die durch alle Ionen transportierteLadung. Drückt man die Ladung durch den durch die Elektrolytlösung fließenden Strom I aus, so ergibtsich.

t+ =I+I

bzw. t− =I−I

mit t− + t+ = 1 (4.6)

Bei unendlich verdünnten Elektrolytlösungen verteilt sich der Stromtransport auf Anionen und Katio-nen nach dem Gesetz der unabhängigen Ionenwanderung:

Λ+

Λ∞= t+ bzw.

Λ−Λ∞

= t− (4.7)

Experimentell zugängliche Überführungszahlen erlauben somit die Bestimmung von Ionenleitfähigkei-ten.

4.1.2 Elektrochemische Potenziale

Eine galvanische Zelle wandelt chemische in elektrische Energie um. Sie besteht aus zwei verbundenenHalbelementen. Im einfachsten Fall besteht ein Halbelement aus einem Metallstab, der in die zugehörigeMetallsalzlösung taucht.

Ein Beispiel ist das Daniellelement (Zn | ZnSO4 ‖ CuSO4 | Cu). Die Schreibweise symbolisiert dieRichtung der freiwillig ablaufenden Zellreaktion. Als Bezugspunkt zur Messung der Potentialdiffe-renzen verschiedener Halbelemente dient die Standardwasserstoffelektrode (Pt | H2 |H+), der unterStandardbedingungen (1,013 bar, 25C, αH+ = 1) das Potenzial 0 V zugeordnet wird. Die Tabellie-rung von Standardpotenzialen verschiedener Halbelemente wird als elektrochemische Spannungsreihebezeichnet.

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4.1. GRUNDLAGEN 71

Die Nernstsche Gleichung erfasst den Temperatureinfluss und von 1 abweichende Aktivitäten.

U = U +RTzF

lnΠaOM

ΠaRM(4.8)

U,U Potenzial bzw. Standardpotenzial

T Temperatur

F Faradaykonstante

R allgemeine Gaskonstante

z Zahl der an der Redoxreaktion beteiligten Elektronen

ΠaOM,ΠaRM stöchiometrisches Produkt der Aktivitäten der beteiligten

Oxidations- bzw. Reduktionsmittel.Für Feststoffe und reine Flüssigkeiten gilt: a = 1. Die Aktivitäten der einzelnen Ionen werden erhal-ten, indem die Konzentrationen c durch die Standardkonzentration c = 1 M geteilt und mit demAktivitätskoeffizient f multipliziert werden.

a = fc

c(4.9)

Einen mittleren Aktivitätskoeffizienten f± benutzt man, wenn man f nicht anteilig auf Kationen undAnionen des Elektrolyten aufteilen kann. Man kann f± mit Hilfe der Debye-Hückelschen Theorie nä-herungsweise berechnen.

I =12

∑ cicz2i und lg f± = −Az+z−

√I (4.10)

I Ionenstärke

ci Ionenkonzentration in M

zi, z± Ladungszahlen der Ionen des Elektrolyten

A lösungsmittel- und temperaturabhängige Konstante

(für Wasser bei 25C: A = 0,509)Den Betrag der Spannung einer galvanischen Zelle ohne Stromfluss bezeichnet man als elektromotori-sche Kraft (EMK, E). Die EMK ergibt sich aus der Potenzialdifferenz der Halbelemente:

E = |UKathode − UAnode| (4.11)

Die bei dem Stromfluss I gemessene Klemmspannung UK ist stets kleiner als die EMK, da der Innen-widerstand Ri der Zelle einen Spannungsabfall verursacht.

UK = E − IRi (4.12)

Als Elektrolyse bezeichnet man die durch Zufuhr elektrischer Energie erzwungene Umkehr der Zellre-aktion. Durch Aufnahme von Strom-Spannungskurven lässt sich die Zersetzungsspannung EZ ermit-teln. Kinetische Effekte können die Reaktion hemmen. Die Abweichung der bei Stromfluss messbarenAbscheidungspotenziale Uz von den Idealwerten der Nernstschen Gleichung bezeichnet man als Über-spannung η.

η = |Uz,exp. − Uz,Nernst| (4.13)

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72 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4.2 Konduktometrische Bestimmung von Säurekonstanten

4.2.1 Eingangsfragen

• Wie ist der Dissoziationsgrad definiert?

• Von welchen Systemeigenschaften hängen Leitfähigkeit, spezifische Leitfähigkeit, molare Leitfä-higkeit und Grenzleitfähigkeit einer gegebenen Elektrolytlösung ab?

• Welche Größen bestimmen die Zellkonstante?

• Welche Systemeigenschaften bleiben während des Versuchs konstant?

• Welche Säurekonstanten werden bei diesem Versuch bestimmt?

• Wie ändert sich die molare Leitfähigkeit eines schwachen Elektrolyten mit steigender Verdün-nung? (Begründen Sie Ihre Aussage!)

• Welche Möglichkeiten gibt es, Ionengrenzleitfähigkeiten zu ermitteln?

• Leiten Sie das Ostwald’sche Verdünnungsgesetz aus dem Massenwirkungsgesetz her!

• Warum findet bei konduktometrischen Messungen keine Elektrolyse der Elektrolytlösung statt?

• Wie können Sie die Säurekonstante grafisch aus der Verdünnungsreihe bestimmen?

4.2.2 Grundlagen

Sie ermitteln die Säurekonstanten schwacher einbasiger Säuren durch Leitfähigkeitsmessungen. Dazuwird zunächst die Zellkonstante C (Widerstandskapazität) der verwendeten Messzelle durch Kalibrie-ren bestimmt. Die Zellkonstante wird benötigt, um die mit dem Konduktometer primär gemesseneLeitfähigkeit einer Probe in deren spezifische Leitfähigkeit umzurechnen. Diese ist unabhängig vonder verwendeten Messzelle. Die Gleichgewichtskonstante für die Dissoziation einer wässrigen Lösungder schwachen Säure (Säurekonstante KS) erhält man aus der molaren Leitfähigkeit und der mola-ren Grenzleitfähigkeit des Elektrolyten. Beide Größen gehen in das Ostwald’sche Verdünnungsgesetzein. Bei Konduktometern, die die spezifische Leitfähigkeit κ anzeigen, muss die Zellkonstante über-prüft werden. Zur Kalibrierung verwendet man 0,01 M KCl-Lösung, deren spezifische Leitfähigkeit fürverschiedene Temperaturen unten angegeben ist. Die Zellkonstante C ergibt sich aus dem der Messtem-peratur entsprechenden Wert von κ und dem mit Hilfe eines Konduktometers gemessenen Leitwert Gder 0,01 M KCl-Lösung:

C =κ

G(4.14)

Die Zellkonstante wird benutzt, um den mit einem Konduktometer primär gemessenen Leitwert einerbeliebigen Probe in deren spezifische Leitfähigkeit umzurechnen, die unabhängig von der verwendetenMesszelle ist. Diese Umrechnung hat entweder manuell zu erfolgen oder wird vom Konduktometervorgenommen. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die spezifische Leitfähigkeit κ einer Probebekannt ist. Zur Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten der Dissoziation einer schwachen Säurein Wasser (Säurekonstante KS) wird die spezifische Leitfähigkeit κ wässriger Lösungen der Säure inverschiedenen Konzentrationen c0 gemessen. Die molare Leitfähigkeit Λ dieser Lösung ergibt sich aus

Λ =κ

c0(4.15)

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4.2. KONDUKTOMETRIE 73

Mit Kenntnis der molaren Grenzleitfähigkeit Λ∞ der Säure kann der Protolysegrad α der Säurelösungberechnet werden:

α =Λ

Λ∞(4.16)

Die Grenzleitfähigkeit der Säurelösung wird durch Addition der Grenzleitfähigkeiten von Wasserstoffionund Säurerestion ermittelt. Die Umrechnung der Ionengrenzleitfähigkeiten auf andere Temperaturen ϑerfolgt mit Hilfe der Gleichung

Λϑ = Λ25C(1 + β(ϑ− 25C)) (4.17)

mit βAcetat = 0,0238C und βH+ = 0,0154 C. Für die anderen Ionen wird β = 0,0155 C verwen-det. Die konzentrationsbezogene Säurekonstante Kc

S ergibt sich aus dem Protolysegrad α über dasOSTWALD’sche Verdünnungsgesetz:

KcS =

c0α2

1− α(4.18)

4.2.3 Aufgabenstellung

• Bestimmen Sie experimentell bei 25C die Leitfähigkeit einer 0,01 M Kaliumchloridlösung, dieLeitfähigkeit des verwendeten Wassers und die Leitfähigkeit wässriger Lösungen von Essigsäureund weiterer einbasiger organischer Säuren in Abhängigkeit vom Grad der Verdünnung.

• Ermitteln Sie die Zellkonstante C, die Grenzleitfähigkeit Λ∞, die spezifische Leitfähigkeit κ unddie molare Leitfähigkeit Λ , sowie den Dissoziationsgrad α und die konzentrationsbezogene Säu-rekonstante Kc

S für die verschiedenen Verdünnungsstufen jeder Säure.

• Ermitteln Sie die konzentrationsbezogene Säurekonstante KcS aus einer geeigneten grafischen

Analyse!

• Bestimmen Sie die entsprechenden Fehler und vergleichen Sie die experimentellen Werte mit denLiteraturwerten.

• Gehen Sie in der Auswertung auf folgende Probleme ein:

– Wie wirkt sich eine zu große Eigenleitfähigkeit des verwendeten Wassers auf die für dieSäurekonstante erhaltenen Werte aus? Konnten Sie derartige Auswirkungen bei Ihrem Ver-suchsergebnis feststellen?

– Welche anderen Fehlerquellen beeinflussen das Ergebnis?

– Entspricht die Änderung von α und Λ beim Verdünnen Ihren Erwartungen? Erklären Siedie Veränderung mit Hilfe des Ostwald’schen Verdünnungsgesetzes!

4.2.4 Versuchsdurchführung

a) Geräte:

• Konduktometer und Leitfähigkeitsmesszelle mit integriertem Temperaturfühler

• 100 ml-Maßkolben

• 50 ml-Vollpipetten

• 50 ml-Bechergläser

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74 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

b) Chemikalien:

• 0,01 M Kaliumchlorid-Lösung

• 0,1 M Essigsäure

• 0,1 M Ameisensäure

• 0,1 M Propionsäure

• 0,1 M Chloressigsäure

• 0,01 M Benzoesäure

4.2.4.1 Durchführung

1. Kalibriermessung mit 0,01 M Kaliumchlorid- LösungTauchen Sie die Leitfähigkeitsmesszelle in ein mit 0,01 M Kaliumchlorid-Lösung gefülltes Be-cherglas. Die Elektroden der Messzelle müssen sich unter der Flüssigkeitsoberfläche befinden. Dieangezeigte spezifische Leitfähigkeit beruht auf einer fiktiven Widerstandskapazität von 1 cm−1.Aus dem Messwert und dem tabellierten zu 25C gehörenden Wert von κ (1413 µScm−1) wird diewahre Zellkonstante berechnet. (Das Konduktometer rechnet die von der Leitfähigkeitsmesszellegemessene Temperatur auf 25C um.)

2. Messung der Leitfähigkeit des verwendeten WassersBestimmen Sie die spezifische Leitfähigkeit von destilliertem Wasser! Sie sollte 10−5 Ω−1cm−1

nicht überschreiten.

3. Leitfähigkeitsmessung der Essigsäure

• Bestimmen Sie die spezifische Leitfähigkeit von 0,1 M Essigsäure!

• Mit Hilfe eines Maßkolbens (100 ml) und einer Pipette wird die vermessene Lösung aufdie halbe Konzentration verdünnt und wiederum vermessen. Analog wird die spezifischeLeitfähigkeit von vier weiteren Verdünnungsstufen ermittelt. Bevor Sie eine neue Verdün-nungsstufe vermessen, spülen Sie die Messzelle mehrmals mit der neuen Lösung!

• Jede Messreihe ist einmal zu wiederholen. Die Mittelwerte der bestimmten Leitfähigkeitengehen in die Auswertung ein. Verfahren Sie mit den restlichen Säurelösungen analog.

4.2.5 Messprotokoll

Elektrolyt Messwert in µScm−1 für C = 1 cm−1 Spezifische Leitfähigkeit

0,01 M KCl 1413 µScm−1

Widerstandskapazität C =

H2O

1 2 3 1 2 3

0,1 M CH3COOH

0,05 M CH3COOH

....

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4.2. KONDUKTOMETRIE 75

4.2.6 Arbeitsschutz

Die verwendeten organischen Säuren können z.T. schwere Verätzungen hervorrufen und sind giftig beimVerschlucken. Berührungen mit der Haut und den Augen sind zu vermeiden, eventuell entstehendeDämpfe sollten nicht eingeatmet werden. Es gelten die R-Sätze 10-22-23/24/25-35-36-36/37/38-50 unddie S-Sätze 23-26-36/37/39-45-60-61. Bei den Arbeiten ist dementsprechend geeignete Schutzkleidung,d.h. Handschuhe und Schutzbrille, zu tragen. Die halogenierten Substanzen sind in die ausgewiesenenBehältnisse zu entsorgen!

4.2.7 Literaturangaben

Spezifische Leitfähigkeit von KCl-Lösungen:

18C 20C 22C 25C

κ (in Ω−1 cm−1 ) 0,001225 0,001278 0,001332 0,001413

Molare Grenzleitfähigkeiten:

Ion Λ∞(in cm2 Ω−1 mol−1 bei 25C)

H+ 349,8

HCOO− 54,6

CH3COO− 40,9

C2H5COO− 35,8

C6H5COO− 32,4

ClCH2COO− 39,8

BrCH2COO− 39,1

Säurekonstanten:

Säure ϑ / C KS KcS/M

Ameisensäure 20 1,76·10−4

Essigsäure 25 1,75·10−5 1,80·10−5

Propionsäure 25 1,34·10−5

Benzoesäure 25 6,24·10−5

Chloressigsäure 25 1,40·10−3

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76 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4.3 EMK - Einfluss von Konzentration und Temperatur

4.3.1 Eingangsfragen

• Erläutern Sie die Begriffe elektrochemische Zelle, Halbelement, Zellspannung (U), Elektroden-potenzial (E), Standardelektrodenpotenzial (E), Diffusionspotenzial, Elektromotorische Kraft(EMK)!

• Wie lautet die NERNST-Gleichung für die Elektromotorische Kraft (EMK) einer galvanischenKette MeI | Me2+

I || Me2+II | MeII mit verschiedenen Metallen MeI und MeII?

• Was versteht man unter einer Konzentrationskette? Durch welchen Vorgang wird dabei elektrischeEnergie gewonnen? Wie lange wird ein solches Element arbeiten?

• Wie kommt die Gl. 4.19 für das Elektrodenpotenzial E bei 298 K zustande? Vergleichen Sie diesemit der Gleichung für EMK = f(a) aus der vorhergehenden Frage! Welche Bedeutung hat dieGröße F? Aus welchen Konstanten ist F berechenbar?

• Eine Ag/Ag+-Konzentrationskette soll eine Spannung von etwa 0,6 V liefern. Wie müsste maneine solche Kette aufbauen?

• Warum sind Konzentrationsketten besonders geeignet, unbekannte Ionen-Aktivitäten bis zu ex-trem kleinen Werten zu bestimmen?

• Erklären Sie, wie durch Verwendung eines mit konzentrierter Ammoniumnitrat-Lösung gefülltenStromschlüssels das Diffusionspotenzial unterdrückt wird!

• Warum ist es oft möglich, einen schwerlöslichen Niederschlag durch Zugabe eines Elektrolytenaufzulösen, wenn ein Bestandteil des Niederschlages mit dem zugesetzten Elektrolyten einenlöslichen Komplex bildet?

4.3.2 Grundlagen

4.3.2.1 Konzentrationsketten

Wenn man die Halbelemente Ag/Ag+(a1) und Ag/Ag+(a2) - mit unterschiedlichen Aktivitäten derSilberionen (a1 6= a2) in den beiden Halbelementen - gegeneinander schaltet, hat man eine Konzentra-tionskette vor sich. Mit solchen Ketten werden im vorliegendem Versuch unbekannte Ionen-Aktivitätenbestimmt.Für die EMK bei 298 K gilt Gl. 4.19, wenn man das Diffusionspotenzial an der Grenzfläche der beidenLösungen durch die Verwendung einer Elektrolytbrücke eliminiert:

E =RTF

lna1

a2(4.19)

Durch Variation der Aktivitäten der Silberionen in den beiden Halbelementen ergeben sich unter-schiedliche EMK. Die Aktivität ai der Komponente i einer Lösung ist mit seiner Konzentration ci über

ai = ficic

(4.20)

verknüpft, wobei c = 1 M die Standardkonzentration der Komponente ist. Unter den Bedingungendes Versuchs kann der Aktivitätskoeffizient fi der Ionenart i mit Hilfe der Debye-Hückelschen Theorienach

lg fi = −0, 509z2i

√I (4.21)

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4.3. EMK 77

berechnet werden. Für elektrisch neutrale Teilchen gilt f = 1. Die Ionenstärke I einer Lösung mehrererIonen ergibt sich durch die Beziehung

I =12

∑ciz

2i (4.22)

wobei ci die Konzentration der Ionenart i und zi seine Ladungszahl ist. Gl. 4.22 vereinfacht sich fürden 1:1 Elektrolyten AgNO3 bei 298 K in wässriger Lösung zu

lg fAg+ = −0, 509√cAgNO3 (4.23)

Unter den Bedingungen des Versuches kann ein mittlerer Aktivitätskoeffizient mit Hilfe der Debye-Hückelschen Theorie berechnet werden. Im Falle einer 0,01 M AgNO3-Lösung erhält man beispielswei-se den Wert lg fAg+ = −0, 0509 bzw. fAg+ = 0, 8894. Im Experiment ist zunächst zu prüfen, ob diegemessenen EMK der Konzentrationsketten mit den Werten übereinstimmen, die man mit Hilfe derüber die Gln. 4.20 bis 4.23 berechneten Aktivitäten der Silberionen erhält.Im zweiten Teil des Versuchs werden Ag/Ag+-Halbelemente gesättigter Lösungen schwerlöslicher Sil-bersalze hergestellt und die Zellspannungen gegen eine Silbernitratlösung gemessen. Bei Kenntnis derAktivität der Silberionen in der Silbernitratlösung kann mit Hilfe von Gl. 4.19 aus der gemessenen EMKdie Aktivität der Silberionen in den gesättigten Lösungen von AgCl und AgI ermittelt werden. DieserWert wird zur Berechnung des thermodynamischen Löslichkeitsproduktes KL der schwerlöslichen Salzeherangezogen. Für 1:1-Verbindungen gilt:

KL = aKationaAnion (4.24)

Aus der Kenntnis der Silberionenaktivitäten in den Proben mit löslichen Komplexen kann die Kom-plexbildungskonstante K bestimmt werden:

K =aKomplex

Πaνii

(4.25)

Dabei bezeichnen aKomplex und Πaνii die Aktivität des Komplexes bzw. das stöchiometrische Produktder im Komplex enthaltenen Spezies.

4.3.2.2 Temperaturabhängigkeit der EMK

Die Temperaturabhängigkeit der EMK lässt sich aus der Temperaturabhängigkeit der freien Reakti-onsenthalpie ∆G ableiten

∆G = −zFE (4.26)

und

dG =(∂G∂T

)p

dT +(∂G∂p

)T

dp = −SdT + Vdp (4.27)

Hierbei stellt Gl. 4.27 das totale Differential von G für konstante Zusammensetzung dar. Aus den Gln.4.26 und 4.27 folgt unmittelbar die Temperatur- und Druckabhängigkeit der EMK.(

∂E

∂T

)p

=∆RS

zF(4.28)(

∂E

∂p

)T

=∆RV

zF(4.29)

Aus der Temperaturabhängigkeit der EMK bei konstantem Druck lässt sich somit direkt die Reakti-onsentropie ∆rS der Zellreaktion bestimmen.

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78 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4.3.3 Aufgabenstellung

• Bestimmen Sie experimentell bei konstanter Temperatur die EMK von Silber / Silbernitrat-Halbelementen mit unterschiedlichen Silbernitrat-Konzentrationen:0,1/0,01 M; 0,1/0,001 M; 0,01/0,001 M! Ermitteln Sie die Aktivitäten der Silbernitrat-Lösungenund die theoretischen Werte der EMK.

• Bestimmen Sie experimentell die EMK von einem Silber/Silbernitrat (0,01 M)-Halbelementund Lösungen von Silberchlorid, Silberjodid, [Ag(NH3)2]+ und [Ag(S2O3)2]3− mit unbekanntenSilber-Ionen-Aktivitäten!

• Ermitteln Sie die unbekannten Silber-Ionen-Aktivitäten und berechnen Sie damit die Löslichkeits-produkte von Silberchlorid und Silberjodid sowie die Komplexbildungskonstanten von [Ag(NH3)2]+

und [Ag(S2O3)2]3−!

• Vergleichen Sie die experimentell bestimmten Werte der Löslichkeitsprodukte mit den angegebe-nen Literaturwerten.

• Bestimmen Sie die Reaktionsentropie ∆RS der Zellreaktion einer Batterie

• Geben Sie die relative Abweichung Ihrer Ergebnisse vom Literaturwert an. Worauf führen Siediesen Fehler zurück?

• Bestätigen Ihre Messwerte die Gültigkeit der Gl. 4.19, wenn man unter den Bedingungen desPraktikums Abweichungen von ± 10% zulässt?

4.3.4 Versuchsdurchführung

4.3.4.1 Geräte

• Voltmeter mit großem Innenwiderstand, zwei Silberelektroden, Thermometer, Glasrohr (Strom-schlüssel)

• vier 50 ml-Maßkolben, sechs Pipetten (2x 5 ml, 2x 10 ml, 1x 20 ml, 1x 2 ml), Spritzflasche,Filterpapier, Tropfpipette, Flasche für Silberrückstände, zwei 25 ml Bechergläser

• Zink-Kohle-Batterie, Becherglas mit Öl, digitale Thermistorsonde (bzw. Thermometer), Magne-trührwerk, Eisbad

4.3.4.2 Chemikalien

• 0,1 M Silbernitrat, 0,01 M Kaliumchlorid, 0,01 M Kaliumjodid, 2,5%ige wässrige Ammoniak-Lösung, gesättigte Ammoniumnitrat-Lösung, 3 M Natriumthiosulfat-Lösung, chloridfreies destil-liertes Wasser (kein VE-Wasser)

4.3.4.3 Durchführung

1. Wählen Sie den Messbereich des Voltmeters so, dass Sie die Geräteanzeige optimal nutzen können.

2. Verdünnen Sie die 0,1 M Silbernitrat-Lösung mit Hilfe von Maßkolben auf 0,01 M bzw. 0,001 M.

3. Stellen Sie mit diesen Lösungen folgende Konzentrationsketten her:Ag / 0,1 M AgNO3 / NH4NO3 / 0,01 M AgNO3 / Ag

Ag / 0,1 M AgNO3 / NH4NO3 / 0,001 M AgNO3 / Ag

Ag / 0,01 M AgNO3 / NH4NO3 / 0,001 M AgNO3 / Ag

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4.3. EMK 79

4. Die Lösungen werden dazu in jeweils zwei verschiedene Reagenzgläser gegeben und durch einenStromschlüssel verbunden. Dieser ist mit gesättigter Ammoniumnitratlösung zu füllen und mitkleinen Filterpapierstopfen zu verschließen, die zuvor mit der gleichen Lösung durchfeuchtetwurden. Achten Sie darauf, dass sich im Stromschlüssel keine Luftblasen befinden.

5. Die Silberelektroden sind in die Lösungen zu tauchen und die Zellspannungen der Konzentrati-onsketten zu messen. Vor jedem Eintauchen werden Papierstopfen und Elektroden mit der neuenLösung gespült.

6. Nacheinander werden folgende Lösungen hergestellt und gegen 0,01 M Silbernitrat-Lösung ge-messen:

(a) gesättigte Silberchlorid-Lösung durch Ausfällen von Silberchlorid aus 20 ml 0,01 M Silbernitrat-Lösung mit 30 ml 0,01 M Kaliumchlorid-Lösung;

(b) eine [Ag(NH3)2]+-Lösung durch Auflösen von 2 ml der durchgeschüttelten Lösung von (a)mit 10 ml 2,5%iger NH3-Lösung;

(c) gesättigte Silberjodid-Lösung durch Ausfällen von Silberjodid aus 20 ml 0,01 M Silbernitrat-Lösung mit 30 ml 0,01 M Kaliumjodid-Lösung;

(d) eine Lösung von [Ag(S2O3)2]3− durch Auflösen von 2 ml der durchgeschüttelten Lösung (c)mit 10 ml 3 M Natriumthiosulfat-Lösung.

7. Führen Sie eine Doppelbestimmung durch.

8. Zur Bestimmung von ∆RS wird die zu untersuchende Batterie (z = 2) in einen mit Öl gefülltenBecherglas gehängt. Unter Rühren wird das Ölbad auf 45C geheizt (NICHT höher!). Nun wirddie Heizung abgestellt und das System passiv abgekühlt. In regelmäßigen Zeitabständen (z.Bjede Minute) werden die Temperatur und die Zellspannung notiert. Für Messungen unterhalbder Raumtemperatur wird der mit Öl gefüllte Becherglas in ein Eisbad gestellt, abgekühlt unddann wird nach Entfernen des Eisbades wieder in regelmäßigen Zeitabständen (s.o.) Temperaturund Zellspannung notiert.

4.3.5 Messprotokoll

Temperatur:

Kette EZ,exp/mV

1. 2. Mittelwert

Ag/0,1 M AgNO3-0,01 M AgNO3/Ag

Ag/0,1 M AgNO3-0,001 M AgNO3/Ag

Ag/0,01 M AgNO3-0,001 M AgNO3/Ag

Ag/gesätt. AgCl-0,01 M AgNO3/Ag

.....

4.3.6 Literaturwerte

KL (AgCl) = 1, 56 · 10−10 (25C)

KL (AgI) = 1, 50·10−16 (25C)

K ([Ag(NH3)2]+) = 1, 5 · 107 (25C)

K([Ag(S2O3)2]3−

)= 1 · 1013 (25C)

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80 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4.4 Hittorf’sche Überführungszahlen

4.4.1 Eingangsfragen

• Erklären Sie die Begriffe Wanderungsgeschwindigkeit eines Ions, Ionenbeweglichkeit und Grenz-leitfähigkeit!

• Wovon ist die Überführungszahl eines Ions abhängig?

• In welchem Verhältnis stehen die insgesamt transportierten Ladungsäquivalente zu den insgesamtabgeschiedenen Äquivalenten?

• Sind bei der Elektrolyse von 0,1 M Salpetersäure Hydroxid-Ionen am Stromtransport beteiligt?Wie groß ist ihre Ionenleitfähigkeit? Wie groß ist ihre Konzentration?

• Wovon hängt es ab, welche Teilchen an der Anode Elektronen abgeben? Warum werden keineNO−3 -Ionen entladen?

• Formulieren Sie die chemischen Teilgleichungen für den Anoden- und den Kathodenraum.

• Überlegen Sie sich, wie Sie nach Versuchsende die Anzahl der transportierten NO−3 -Ionen be-stimmen.

• Überlegen Sie sich anhand der folgenden Skizze, wie sich die Ionenkonzentrationen der Versuchs-apparatur während des Versuchs ändern.

Kathode ⊕⊕⊕⊕ ⊕⊕⊕⊕ ⊕⊕⊕⊕ Anode

• Welchen Einfluss hat die Zugabe von KNO3?

• Leiten Sie ab, dass zur Entwicklung vom 1 ml Knallgas durch Elektrolyse unter Standardbedin-gungen insgesamt 0,0594 mmol Ladungsäquivalente transportiert werden müssen!

• Erklären Sie die Bedeutung der Messung von Überführungszahlen für die Ermittlung von Ionen-beweglichkeiten!

4.4.2 Grundlagen

Der Versuch zeigt, wie man bei einer Elektrolyse die Unterschiede in der Ionenbeweglichkeit in Kon-zentrationsänderungen in den beiden Elektrodenräumen messbar machen und zur Bestimmung vonÜberführungszahlen nutzen kann. Unter der Überführungszahl ti eines Ions i versteht man eine Zahl,die den Beitrag dieses Ions zur gesamten spezifischen Leitfähigkeit eines Elektrolyten angibt.

4.4.3 Aufgabenstellung

1. Bestimmen Sie experimentell die Änderung der Konzentration von 0,1 M Salpetersäure imAnoden- und Kathodenraum eines Hittorfschen Überführungsgefäßes. Ermitteln Sie die währenddes Versuchs transportierte Ladungsmenge mit Hilfe eines Knallgas-Coulometers.

2. Ermitteln Sie die Hittorf’schen Überführungszahlen des Protons und des Nitrat-Ions in 0,1 MSalpetersäure.

3. Ermitteln Sie die Überführungszahlen Protons, des Kalium-Ions und des Nitrat-Ions in 0,1 MSalpetersäure mit KNO3-Zusatz. Gehen Sie dazu davon aus, dass das Verhältnis von den Überfüh-rungszahlen von Protonen zu Nitrat-Ionen hier proportional zur Konzentration der Nitrat-Ionenist.

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4.4. HITTORF’SCHE ÜBERFÜHRUNGSZAHLEN 81

4. Schätzen Sie die absoluten Größtfehler für die Titration im Kathodenraum ∆VK und im Anoden-raum ∆VA ein. Berechnen Sie daraus die relativen Größtfehler bezogen auf den Unterschied imNatronlauge-Verbrauch:

∆VK

VA − VK= ±.... und

∆VA

VA − VK= ±.... (4.30)

5. Berechnen Sie analog den relativen Größtfehler für die Messung des Knallgasvolumens

∆VGas

VGas= ±.... (4.31)

Der relative Größtfehler der Überführungszahl t− ergibt sich dann aus der Summe der Einzelfehlernach der Fehlerfortpflanzung:

∆t−t−

=∆VK

VA − VK+

∆VA

VA − VK+

∆VGas

VGas(4.32)

6. Vergleichen Sie Ihr Versuchsergebnis mit dem Literaturwert! Falls die Abweichung größer als derabgeschätzte Größtfehler ist, gehen Sie auf mögliche systematische Fehler ein!

7. Wie ist der große Unterschied in den Überführungszahlen von H+ zu NO−3 bzw. K+ zu erklären?

4.4.4 Versuchsdurchführung

4.4.4.1 Geräte

• Überführungsgefäß mit Stativ, Knallgas- Coulometer mit Stativ

• Gleichspannungsquelle 220(230) V, Vielfachmessgerät, 2 Platinelektroden (vom Versuchsleiterentgegennehmen)

• 25 ml-Bürette, zwei 20 ml-Pipetten, 2 Weithalserlenmeyerkolben, Glasstab, großes Wasserbad,Thermometer, Barometer

4.4.4.2 Chemikalien

• 0,1 M Salpetersäure, 0,1 M Natronlauge, Indikatorlösung Methylrot

4.4.4.3 Durchführung

1. Das Überführungsgefäß wird bei geöffneten Hähnen luftblasenfrei mit 0,1 M Salpetersäure gefüllt.Man spannt das Gefäß so ein, dass die Flüssigkeit in beiden Schenkeln den gleichen Füllstandhaben.

2. In die Kugeln werden die Platinelektroden eingehängt. Die Elektroden werden mit Stopfen in derKugelmitte fixiert. Dabei werden die Kugeln NICHT gasdicht verschlossen.

3. Das Überführungsgefäß wird in das Wasserbad eingetaucht, um die Säuretemperatur nahezu kon-stant zu halten. Durch Reihenschaltung von Spannungsquelle, Überführungsgefäß, Amperemeterund Coulometer wird ein Stromkreis hergestellt.

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82 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4. Am Coulometer wird durch Anheben Steigrohres die Kalilauge weitgehend in das Coulometergedrückt. Dazu muss das Coulometer kurzzeitig geöffnet werden. Nachdem das Steigrohr weit-gehend leer ist, wird das Coulometer wieder verschlossen und durch Absenken des SteigrohresNiveaugleichheit in Rohr und Coulometer hergestellt. Der Laugenstand wird am Steigrohr ge-nau abgelesen und notiert. Durch weiteres Absenken des Steigrohres erzeugen Sie danach imCoulometer einen Unterdruck.

5. Lassen Sie den Versuchsaufbau vom Praktikumsleiter abnehmen! Anschließend schaltenSie die Spannungsquelle ein! Die Stromstärke soll während des Versuches etwa 0,05 A betragen.Während der Elektrolyse wird die im Coulometer befindliche Kalilauge durch das entstehendeKnallgas in das Messrohr gedrückt.

6. Nachdem das Messrohr bis zur Markierung (ca. 5 cm3 unter der Höchstmarke) gefüllt ist, wirdder Stromfluss unterbrochen. Dazu schalten Sie das Stromversorgungsgerät aus und ziehen Sieden Netzstecker! Die Hähne des Überführungsgefäßes werden geschlossen.

7. Der Füllstand im Steigrohr wird bei exakter Niveaugleichheit abgelesen. Notieren Sie auch dieTemperatur des im Coulometer befindlichen Knallgases. An einem Barometer wird der Luftdruckabgelesen.

8. Die Säure in den Elektrodenräumen wird gut durchgerührt. Man entnimmt für zwei Bestimmun-gen mit der Pipette je 20 ml aus dem Kathoden- und dem Anodenraum und titriert mit 0,1 MNatronlauge.

9. Führen Sie ein Doppelbestimmung durch.

10. Geben Sie KNO3 in die Lösung (1 g auf 100 ml)und führen Sie für diese Lösung eine weitereBestimmung durch.

4.4.5 Messprotokoll

Konzentration der Salpetersäure 0,1 M

Temperatur des Wasserbades .....± ..... C

Stromstärke .... A

Dauer des Stromflusses .... min

Flüssigkeitsstand am Messrohr zu Beginn .... cm3

Flüssigkeitsstand am Messrohr am Ende .... cm3

Volumen Knallgas .... cm3

Temperatur Knallgas .... C

Luftdruck .... Torr

Verbrauch an 0,1 M NaOH für 20 ml Lösung Anodenraum Kathodenraum

1. .... ml ....ml

2. .... ml ....ml

3. .... ml ....ml

4.4.6 Arbeitsschutz

Bei der Elektrolyse im Überführungsgefäß und im Coulometer entsteht Knallgas. Tragen Sie währenddes Versuchs eine Schutzbrille und vermeiden Sie in der Nähe des Versuchsaufbaus das Entstehen vonFunken an stromführenden Geräten! Berühren Sie während des Versuchs nicht die Elektrodenenden!

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4.5. POTENTIOMETRIE 83

4.5 Potentiometrische pKS- Bestimmung schwacher Säuren

4.5.1 Eingangsfragen

• Was sind Pufferlösungen?

• Welche vereinfachenden Voraussetzungen wurden bei der Herleitung der Henderson-Hasselbalch’schenGl. 4.33 benutzt?

pKS = pH + lgcHA

cA−− lg fA− (4.33)

• Unter welchen Bedingungen wird der 2. Term gleich 0?

• Wovon hängt die Säurekonstante schwacher Säuren ab?

• Warum ist bei mehrbasigen Säuren der pKS-Wert der ersten Dissoziationsstufe kleiner als derder folgenden Stufen?

• Wie unterscheiden sich die Titrationskurven starker und schwacher Säuren?

• Beschreiben Sie den Aufbau einer Glaselektrode und einer pH-Einstabmesskette!

• Welche anderen Methoden zur Bestimmung von pKS-Werten kennen Sie?

4.5.2 Grundlagen

Die potentiometrische Titration schwacher Säuren ergibt bei graphischer Auswertung charakteristischeNeutralistationskurven. Die pKS-Werte der Säuren können aus den Wendepunkten der Titrationskur-ven pH= f(VLauge) bestimmt werden.

4.5.3 Aufgabenstellung

• Bestimmen Sie experimentell bei konstanter Temperatur die Kalibrierfunktion des verwendetenpH-Messgerätes und die Titrationskurven (pH als Funktion des zugefügten Laugevolumens) vonvier Säuren.

• Ermitteln Sie die Äquivalenzpunkte der Neutralisationen und die dazugehörigen LaugevolumenVN. Lesen Sie die zu VN/2 gehörenden pH-Werte ab und bestimmen Sie unter Berücksichtigungvon fA− die entsprechenden pKS-Werte der Säuren.

4.5.4 Versuchsdurchführung

4.5.4.1 Geräte

• pH-Meter mit Einstabmesskette, Temperaturfühler und Elektrodenhalter, Magnetrührwerk

• vier 100 ml Bechergläser, vier 25 ml Bechergläser, 5 ml Vollpipette, Eppendorfpipetten (100 µl,500 µl), Spritzflasche

4.5.4.2 Chemikalien

• 0,1 M Natronlauge, ca. 0,1 M Lösungen schwacher Säuren ( Essigsäure, Propionsäure, Chlores-sigsäure, Ameisensäure), destilliertes Wasser

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84 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4.5.4.3 Durchführung

1. Verdünnen Sie 5 ml Säure im Becherglas auf ca. 50 ml und stellen Sie das Rührwerk auf langsameRührgeschwindigkeit!

2. Titrieren Sie diese Lösung mit insgesamt 10 ml Natronlauge zunächst in Schritten von 0,5 ml!Notieren Sie nach jeder Zugabe von Natronlauge den pH-Wert!

3. In der Nähe des zu erwartenden Äquivalenzpunktes (zwischen 4 und 6 ml Natronlauge) wird dieSchrittweite auf 0,1 ml verringert, um den Äquivalenzpunkt möglichst genau erfassen zu können.Die Messungen sind in Doppelbestimmung durchzuführen!

4. Notieren Sie die Endtemperatur der Lösung.

5. Zu Beginn jeder Messreihe ist die Messkette mit destilliertem Wasser zu spülen.

6. Am Ende des Praktikums wird die mit destilliertem Wasser abgespülte Einstabmesskette wiederin die mit 3 M Kaliumchlorid gefüllte Kappe gesetzt.

4.5.5 Messprotokoll

cNaOH = 0,1 MFaktor = ...Volumen Säure: 5 ml

Messung 1:

pH-Wert

VNaOH Essigsäure Propionsäure Chloressigsäure Ameisensäure

in ml Tend = Tend = Tend = Tend =

0

0,5

1

....

Messung 2:

pH-Wert

VNaOH Essigsäure Propionsäure Chloressigsäure Ameisensäure

in ml Tend = Tend = Tend = Tend =

0

0,5

1

....

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4.6. ZERSETZUNGSSPANNUNG 85

4.6 Zersetzungsspannung

4.6.1 Eingangsfragen

1. Leiten Sie Gl. 4.34 her!

2. Erläutern Sie die Begriffe Kathode und Anode für den Fall einer galvanischen Zelle und einerElektrolysezelle!

3. Begründen Sie mit Hilfe von Gl. 4.34, dass bei |U | < |UZ| eine Erhöhung der angelegten Spannungeine Erhöhung der Zellspannung zur Folge hat!

4. Erläutern Sie den Begriff Zersetzungsspannung! Wie kann man die Zersetzungsspannung gra-phisch und numerisch ermitteln?

5. Zeigen Sie mit Hilfe der Gl. 4.34, a) unter welchen Bedingungen die Zersetzungsspannung vonHCl genau 1,36 V beträgt, b) wie sich die Zersetzungsspannung ändert, wenn im Verlauf derElektrolyse die Salzsäureaktivität sinkt, z.B. von 1 auf 0,1!

6. Warum ist es nicht möglich, Salzsäure in wässriger Lösung durch Elektrolyse restlos zu zersetzen?

7. Informieren Sie sich anhand von Tabellen, bei welchem Spannungswert die Zersetzungsspannungvon Iodwasserstoffsäure etwa zu erwarten ist!

8. Wie müsste sich der erhöhte Zusatz von KI in der 3. Messreihe auf die I-U-Kurve auswirken?

9. Welche Aktivität hat die 1,0 M Salzsäure?

10. Berechnen Sie die Konzentration der Iodid-Ionen zu Beginn der 2. Messreihe!

4.6.2 Grundlagen

Bei der Aufnahme von I − U -Kurven müsste man bei Gültigkeit des Ohmschen Gesetzes Geraden er-halten (I = U/R, R = Widerstand des Elektrolyten). Dieses Ergebnis erhält man jedoch nur, wenn sichdie Elektroden während der Elektrolyse chemisch nicht verändern. Im Allgemeinen sind die Verhält-nisse in der Elektrochemie komplizierter, und man erhält nur in begrenzten Bereichen von Stromstärkeund Spannung eine Gerade.Von besonderer Bedeutung sind Veränderungen an den Elektroden durch die Elektrolyseprodukte. Sowird der Verlauf der Elektrolyse von Salzsäure bei Verwendung von Platinelektroden wesentlich da-durch beeinflusst, dass die Elektroden durch das Beladen mit Elektrolyseprodukten polarisiert werden.Sie werden damit zu verschiedenen Polen einer galvanischen Kette. Die Platinanode z.B. adsorbiertdas bei der Elektrolyse entstehende Chlor und wird zur Kathode in der Zelle H2(Pt) | HCl | Cl2(Pt):

Elektrode: H2(Pt)/H+ Cl−/Cl2(Pt)

Elektrodenreaktion: 2H+ + 2e− →H2 Cl2 + 2 e− → 2Cl−

Elektrodenpotential: U = 0 V U = 1,36 V

Die Polarisationsspannung (Zellspannung) beträgt bei 298 K:

U = 1, 36V + 0, 0295V · lg pCl2pH2

a2Cl−a

2H+

(4.34)

= 1, 36V + 0, 0295V · lg pCl2pH2

c4HClf4±

(4.35)

und ist der angelegten Spannung entgegengerichtet. Jede Erhöhung der angelegten Spannung wirddurch eine Erhöhung der Polarisationsspannung kompensiert. Die resultierende Spannung und die

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86 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

Stromstärke sind deshalb nahezu Null. Die Stromstärke steigt erst dann, wenn der Gasdruck an denElektroden den Außendruck erreicht und die Gase als Blasen entweichen können. Die Zersetzung desElektrolyten beginnt. Ist die Aktivität der Salzsäure mit der Konzentration von 1 M bekannt und nimmtman als Außendruck den Standarddruck (1,013 bar) an, so lässt sich die Zellspannung der galvanischenKette über Gl. 4.34 aus Standardelektrodenpotenzialen berechnen. Es ergibt sich mit f± = 0,81 für 1 MHCl eine Zellspannung von 1,35 V. Überschreitet die angelegte Spannung die Zellspannung, beobachtetman die Elektrolyse der Salzsäure.Dieser theoretische Wert stimmt mit dem experimentell zu erwartenden Wert nur überein, wenn Über-spannungen an den Elektroden vermieden werden. Deshalb ist die Kathode, an der sich der Wasserstoffabscheidet, mit Platinmohr überzogen und relativ großflächig. So erreicht man eine geringe Stromdichteund kann die sonst bemerkbare Überspannung des Wasserstoffs vernachlässigen.

Abbildung 4.1: Polarogramm.

Die geringe Strommenge, die vor Erreichen der Zersetzungsspannung fließt (Reststrom), wird dadurchverursacht, dass winzige Mengen der abgeschiedenen Gase von den Elektroden wegdiffundieren odersich im Wasser lösen. Dieser Verlust von Elektrolyseprodukten an den Elektroden wird durch adäquateEntladung von H+ und Cl− ausgeglichen, wodurch ein geringer Stromfluss gemessen wird. Nach Errei-chen der Zersetzungsspannung entspricht die I−U -Kurve dem Ohmschen Gesetz, die Stromstärke steigtproportional zur resultierenden Spannung (angelegte Spannung minus Polarisationsspannung). Bei hö-heren Spannungen kann eine weitere Abweichung von Ohmschen Gesetz auftreten. Ist die Spannung sogroß, dass alle zu den Elektroden gelangenden Teilchen entladen werden können, und ist der Transportdieser Teilchen zu den Elektroden diffusionsbestimmt, dann wird die Diffusionsgeschwindigkeit zumdie Stromstärke begrenzenden Faktor. Da die Diffusionsgeschwindigkeit nur vom Konzentrationsgefäl-le in unmittelbarer Elektrodenumgebung abhängt und dieses Konzentrationsgefälle z.B. durch Rührenkonstant gehalten werden kann, wird auch die gemessene Stromstärke trotz Erhöhung der Spannungkonstant bleiben (Grenzstrom). Befinden sich in der Lösung mehrere Ionenarten, kann die Stromstär-ke wieder steigen, wenn die Abscheidungsspannung einer weiteren Ionenart erreicht wird. In diesenFällen erhält man treppenförmige I − U -Kurven (Polarogramme). Aus der Stufenhöhe d kann mandie Konzentration der betreffenden Ionenart durch Vergleich bestimmen; aus der Lage der Stufe zurSpannungsachse gewinnt man Aussagen über die Ionenart selbst. Die Polarographie (Aufnahme vonI − U -Kurven) stellt daher eine analytische Methode zur qualitativen und quantitativen Analyse dar.

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4.6. ZERSETZUNGSSPANNUNG 87

4.6.3 Aufgabenstellung

Sie untersuchen die Elektrolyse von Salzsäure und von Iodwasserstoffsäure in Gegenwart von Salz-säure an Platinelektroden. Der Versuch soll einen Eindruck vermitteln, welchen Einfluss chemischeVeränderungen an den Elektroden (chemische Polarisation) auf den Ablauf von Elektrolysen haben.

• Bestimmen Sie experimentell die Stromstärke I als Funktion der Spannung U bei konstanterTemperatur für 1,0 M Salzsäure und für 1,0 M Salzsäure mit Zusätzen von 0,4 bzw. 0,8 g KI.

• Ermitteln Sie die Stromstärke-Spannungskurven und die Zersetzungsspannungen UZ für die ver-wendeten Lösungen.

4.6.4 Versuchsdurchführung

4.6.4.1 Geräte

• RG3 (leistungsstarke Gleichstromquelle mit einstellbarem Spannungsausgang, digitaler Anzeigeder Spannung und der Stromstärke), 2 Platinelektroden (Platinmohrkatode, Platinanode) Ma-gnetrührerwerk mit Rührstäbchen, Stativ mit Klemmen

• Digitalmultimeter (Stromstärkemessung)

• Magnetrührwerk mit Stativ, Stativklemmen

• 2 Platinelektroden

• 150 ml-Messzylinder, Elektrolysegefäß (150 ml Kristallisierschale)

• Spatel, Wägeschiffchen

4.6.4.2 Chemikalien

• 1,00 M HCl, festes KI

4.6.4.3 Durchführung

• Bauen Sie die erforderliche Schaltung auf (siehe Abb. 4.2)! Die Platinspitze ist als Anode (+) zuschalten. Stellen Sie den Regler für die Spannung auf Minimum! Am Digitalmultimeter wird einMessbereich von 40 mA Gleichstrom eingestellt.

• Geben Sie 100 ml 1,0 M HCl in das Bechergals und stellen Sie das Rührwerk an! Schalten Siedie Spannungsquelle ein! Nehmen Sie die I-U-Kurve bis 1,6 V auf, indem Sie mittels Regler dieSpannung in Schritten von 0,1 V erhöhen! Nach jeder Spannungseinstellung wartet man etwa30 s und liest erst dann die Stromstärke ab. Wenn die Stromstärke anzusteigen beginnt, wird dieSpannung jeweils um 0,05 V verändert.

• Für die 2. Messreihe füllen Sie das Becherglas mit 100 ml frischer 1,0 M HCl. Fügen Sie zu dieserLösung 0,4 g KI hinzu! Nehmen Sie die I-U-Kurve bis zu einer Spannung von 1,6 V auf, wobeiSie U in Schritten von 0,05 V erhöhen!

• Für die 3. Messreihe geben Sie zu 100 ml frischer 1,0 M HCl 0,8 g KI und nehmen Sie erneuteine I − U -Kurve auf!

• Im Bereich des Grenzstromes stellen Sie den Rührer ab und überzeugen sich davon, dass dieStromstärke merklich von der Rührgeschwindigkeit abhängt.

• Wiederholen Sie die Messreihen (Doppelbestimmung)!

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88 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

Abbildung 4.2: Versuchsaufbau Zersetzungsspannung .

4.6.5 Messprotokoll und Auswertung

Stellen Sie die Messwerte in Diagrammen dar, wobei Sie die Werte aus den beiden Messreihen mitKI-Zusatz in ein Diagramm zeichnen! Ermitteln Sie durch Extrapolation die Zersetzungsspannungenvon HCl und HI in den einzelnen Messreihen! Bei Verwendung eines Computers können Sie die Extra-polationen über lineare Regressionen einzelner Teile der I − U -Kurve ausführen.Vergleichen Sie die experimentell ermittelten Zersetzungsspannungen mit den theoretisch zu erwarten-den Werten und begründen Sie Abweichungen! Gehen Sie auf Ursachen beobachteter Unterschiede derZersetzungsspannung von HCl in den drei Messreihen ein! Welchen Einfluss haben Ableseungenauig-keiten auf die Werte der Zersetzungsspannung? Überlegen Sie, ob Temperatur- und Luftdruckschwan-kungen einen Einfluss haben!

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4.7. LEITFÄHIGKEITSTITRATION 89

4.7 Leitfähigkeitstitration

4.7.1 Eingangsfragen

1. Wie ist der Dissoziationsgrad a definiert?

2. Gegeben sei die Lösung eines schwachen Elektrolyten in einem Leitfähigkeitsgefäß. Wie hängenfolgende Größen von der Konzentration ab: Widerstandskapazität, Leitfähigkeit, spezifische Leit-fähigkeit, molare Leitfähigkeit, Grenzleitfähigkeit, Dissoziationsgrad, Dissoziationskonstante?

3. Wie lassen sich Ionenleitfähigkeiten experimentell ermitteln?

4. Berechnen sie den Aktivitätskoeffizienten fA− in 0,1 M Essigsäure über Ka und a.

5. Welche Widerstandskapazität besitzt die verwendete Messzelle? Entnehmen Sie den Wert derKonduktometerbeschreibung.

6. Welche Kurvenverläufe erwarten Sie für die einzelnen Titrationen?

4.7.2 Grundlagen

Alle in einer Lösung vorliegenden Ionen tragen zu deren elektrischen Leitfähigkeit bei. Die Änderungder Zusammensetzung eines Ionengemisches bzw. eine Änderung der Gesamtionenaktivität schlägtsich auch in der Änderung der elektrischen Leitfähigkeit des Systems nieder. Besonders deutliche Än-derungen der Leitfähigkeit misst man in Reaktionen, in denen sich die H3O+- bzw. OH−-Aktivitätenändern. Durch Messung der Leitfähigkeit kann in Titrationen, in denen Ionenreaktionen ablaufen, derÄquivalenzpunkt bestimmt werden. Der Dissoziationsgrad und damit die Leitfähigkeit schwacher Elek-trolyte hängt von deren Verdünnung ab. Damit in Reaktionen, in denen schwache Elektrolyte beteiligtsind, Änderungen der Leitfähigkeit, die aus Verdünnungsschritten resultieren, vernachlässigt werdenkönnen, verwendet man zum Titrieren Maßlösungen mit möglichst hohen Konzentrationen (Zugabekleiner Volumina).

4.7.3 Aufgabenstellung

• Die Änderung der Leitfähigkeit soll während Neutralisationstitrationen verfolgt werden, in deneneine starke (HCl) bzw. eine schwachen Säure (HAc) und ein Gemisch aus beiden Säuren mit einerstarken Lauge (NaOH) titriert werden. Als Beispiel einer Fällungstitration wird die Zugabe vonAgNO3-Lösung zu einer HCl-Lösung verfolgt.

• Stellen Sie die Titrationskurven in Diagrammen dar und bestimmen Sie aus den Äquivalenz-punkten die Konzentrationen der bereitgestellten Lösungen. Diskutieren Sie die unterschiedlichenKurvenverläufe!

4.7.4 Versuchsdurchführung

4.7.4.1 Geräte

• Magnetrührer, Konduktometer LF 537 mit Leitfähigkeitsmesszelle TetraCon 96

• Stativ, Bürette, Bechergläser, Rührfisch

4.7.4.2 Chemikalien

• 0,1 N Natronlauge

• Salzsäure und Essigsäure unbekannter Konzentration, 0,1 N Silbernitratlösung

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90 ABSCHNITT 4. ELEKTROCHEMIE

4.7.4.3 Durchführung

1. Füllen Sie die Bürette mit Natronlauge.

2. Füllen Sie in ein 300 ml Becherglas 5 ml Salzsäure und ca. 250 ml Wasser und fügen Sie einenRührfisch hinzu. Stellen Sie das Becherglas auf den Magnetrührer, tauchen Sie die Messzelle voll-ständig (der Temperaturmessfühler befindet sich mindestens 1 cm unter der Lösungsoberfläche)in die Lösung und positionieren Sie die Bürette. Messfühler und Bürettenhahn befinden sich angegenüberliegenden Becherglaswänden.

3. Schalten Sie den Magnetrührer ein und notieren Sie die Leitfähigkeit. Zum Einschalten des Kon-duktometers LF 537 ist es notwendig, das Gerät zunächst für zwei Minuten laufen zulassen -die Einschalt- Taste befindet sich auf der Rückseite - und dann für kurze Zeit auszuschalten.Anschließend die µS/cm- Taste und die Einschalt- Taste (auf der Rückseite) gleichzeitig drücken.Eine gesonderte Bedienungsanleitung für das Konduktometer liegt am Arbeitsplatz bereit.

4. Titrieren Sie in 0,5 ml- Schritten und notieren Sie die Leitfähigkeiten solange, bis über denÄquivalenzpunkt hinaus gemessen wurde (ca. 9 ml).Führen Sie eine Doppelbestimmung durch!

5. Nach Beenden der Messung leeren und säubern Sie das Becherglas. Wiederholen Sie die Schritte(1) bis (4) für die weiteren Titrationen. Titriert werden jeweils 5 ml der bereitgestellten HCl-Lösung, der Essigsäurelösung und 10 ml eines 1:1 Gemisches aus beiden Säuren. Beim Gemischgeben Sie ca. 15 ml NaOH in 0,5 ml-Schritten zu.Auch hier werden Doppelbestimmungen durchgeführt!

6. Für die Fällungstitration füllen Sie die zweite Bürette mit 0,1 N Silbernitratlösung. Legen Sieerneut 5 ml Salzsäure vor (titrieren Sie mit insgesamt ca. 8 ml AgNO3). Entsorgen Sie die Sil-bersalzlösung in der bereitgestellten Abfallflasche. Auch hier werden Doppelbestimmungendurchgeführt!

7. Am Ende werden alle verwendeten Gerätschaften gründlich gesäubert.

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