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Hamburg 18. Januar 2016 Arbeitsrechtliche Aspekte der multi-kulturellen Beschäftigung

Hamburg – 18. Januar 2016 Arbeitsrechtliche Aspekte der multi-kulturellen Beschäftigung

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Hamburg – 18. Januar 2016

Arbeitsrechtliche Aspekte der multi-kulturellen Beschäftigung

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I. Praktika / Mindestlohn

II. Anerkennung von Qualifikationen

III. Fragen der Vertragsgestaltung

IV. Diskriminierungsschutz

V. Religiöse Rücksichtnahmepflichten

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I. Praktika / Mindestlohn

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Orientierungspraktika vor Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums

- 3 Monate Maximallaufzeit -

Pflichtpraktika nach einer Schul-, Studien- oder Ausbildungsordnung

- keine Laufzeitbegrenzung, Ordnung gibt vor -

Freiwillige Praktika während Ausbildung oder Studium

- 3 Monate Maximallaufzeit -

kein Praktikum ohne Mindestlohn nach Ausbildung oder Studium

(Ausnahme: Minderjährige o. Neuorientierung)

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§ 22 Abs. 3 MiLoG „Praktikanten“

Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.

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Einstiegsqualifikanten - § 22 I Nr. 4 MiLoG,

• Qualifikationsmaßnahme nach § 54a SGB III oder §§ 68 bis 70 BBiG

• privilegiert, obwohl diese gerade keine Praktikanten nach §§ 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG und 26 BBiG sind

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Jugendliche - § 22 Abs. 2 MiLoG

• unter 18 Jahren (§ 2 JArbSchG)

• keine abgeschlossene Berufsausbildung

• Zweck: Förderung der Berufsausbildung; junge Menschen sollen von dieser nicht absehen, weil sie bei einer Alternativtätigkeit den „hohen“ Mindestlohn erhalten

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Azubis - § 22 Abs. 3 MiLoG

aber auch: Azubis sind keine AN

Ehrenamtliche - § 22 Abs. 3 MiLoG

einschl. Bundesfreiwilligendienst, freiwilliges soziales Jahr (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG). Ehrenamtlicher ist ohne Definition im Gesetz (aber: enge Auslegung)

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Sonstige Formen von Einstiegsbeschäftigung:

• „über die Schulter schauen“

• Gast im Betrieb

• Schnuppertage

• Probebeschäftigungen

• Erprobungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

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§ 22 Abs. 3 MiLoG „Praktikanten“

Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.

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Wann liegt ein Arbeitsverhältnis vor?

• Weisungsgebundenheit

• Eingliederung in den Betrieb

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Risiken bei Probebeschäftigung, falls doch Arbeitsverhältnis:

• Owi Mindestlohngesetz (Zoll)

• Entgelt(differenz)klage

• Begründung eines (unbefristeten) Arbeitsverhältnisses

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Fazit:

Auch ohne vorliegen eines (privilegierten) Praktikumsverhältnisses oder einer sonstigen Probe- oder seitens der Agentur für Arbeit geförderten Beschäftigung kann das Beschäftigungsverhältnis „frei“ eingegangen werden

nur eben unter Zahlung des Mindestlohns!

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II. Anerkennung von Qualifikationen

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• Voraussetzung der Berufsausübung in zahlreichen Berufen

• Anerkennung durch die jeweils zuständige Stelle (z.B. IHK, Handwerkskammer, Gesundheitsamt)

• Entscheidung durch Verwaltungsakt

• Kosten- und Arbeitsaufwand

keine arbeitsrechtliche Einstellungsvoraussetzung

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Hauptprobleme:

• fehlende Zertifikate

• mangelnde Vergleichbarkeit der Berufsbilder, Ausbildungsgänge

• fehlen von vergleichbaren Ausbildungsgängen und Abschlüssen insgesamt

• evtl. Vortäuschen von Qualifikationen

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Praxisbeispiel:

Der aus dem Irak stammende Bewerber B gibt an, in seiner Heimat die Qualifikation eines CNC-Fräsers erworben zu haben. Es stellt sich 2 Jahre nach Einstellung heraus, dass dies gelogen war und B tatsächlich als ungelernte Hilfskraft in einem Metallbetrieb gearbeitet hat. CNC-Maschinen hat er dabei nur gelegentlich bedient.

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Lösungsansätze zum Qualifikations-Check:

• Qualifikationsanalysen

• Arbeitsproben

• Fachgespräche

• Fachpräsentationen

regional angebotsabhängig

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III. Fragen der Vertragsgestaltung

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Grundsatz:

Für alle Beschäftigten gilt – unabhängig von ihrem etwaigen ausländerrechtlichen Status – das selbe Arbeitsrecht.

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Befristungsrecht:

• generell anwendbar

• Befristung des Aufenthaltstitels kein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG

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Befristungsgründe § 14 Abs. 1 TzBfG:

1. vorübergehender betrieblicher Bedarf

2. im Anschluss an Ausbildung oder Studium

3. zur Vertretung

4. wegen Eigenart der Arbeitsleistung

5. zur Erprobung

6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe

7. …

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Zeitarbeit:

• Asylsuchende und Geduldete erst nach 15 Monaten ununterbrochenem Aufenthalt

• Fachkräfte u.U. bereits nach 3 Monaten

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Arbeitsvertrag in deutscher Sprache mit ausländischem Arbeitnehmer

BAG Urt. v. 19.03.2014 – 5 AZR 252/12 (B)

• Annahmeerklärung auch dann wirksam, wenn AV in deutscher Sprache und AN der deutschen Sprache nicht mächtig

• keine Übersetzungspflicht AG

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Beim Vertragsschluss unterlassen:

• Differenzierung im Sinne einer betrieblichen Statusgruppe „Flüchtlinge“

• Konditionenabweichungen gegenüber vergleichbaren EU-Beschäftigten

• Regelungen betreffend „religiöse Ausnahmetatbestände“( besser über Weisungsrecht)

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V. Diskriminierungsschutz

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Zentrale Regelung:

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

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Wovor schützt das AGG?

Das AGG soll Benachteiligungen beseitigen oder verhindern aus Gründen• der Rasse• wegen der ethnischen Herkunft• der Religion • der Weltanschauung

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Wer wird durch das AGG geschützt? „Beschäftigte“

• Arbeitnehmer• Auszubildende• Bewerber• arbeitnehmerähnliche Personen• Arbeitnehmer auch nach Ende des AV• Leiharbeitnehmer• Praktikanten

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In welchen Bereichen spielt das AGG eine Rolle?

• Zugang zur Erwerbstätigkeit (=Einstellung)• Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen• Berufs(aus)bildung und Weiterbildung• Sozialschutz und soziale Vergünstigungen• eigentlich nicht: Kündigung

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Welche Formen der Benachteiligung verbietet das AGG?

• unmittelbare Benachteiligung• mittelbare Benachteiligung• Belästigung• sexuelle Belästigung

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Praxisfall:

Der aus Syrien stammende S hat sich bei einem Wachdienst für die Bewachung von Kundenobjekten beworben. Nach Abschluss des Arbeitsvertrags verweigert Kunde K dem S den Zutritt zum Werksgelände und verlangt von Arbeitgeber A die Entfernung des S wegen „Terrorgefahr“. A kündigt S in der Probezeit unter Hinweis auf das Drängen des Kunden K.

S klagt gegen A auf Diskriminierungsentschädigung.

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Das Verbot gilt für

• Arbeitgeber• Arbeitnehmer• Dritte (z.B. Kunden, Geschäftspartner)

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Wann ist eine unterschiedliche Behandlung erlaubt?

• § 8 AGG – allgemeiner Ausnahmetatbestand• § 9 AGG – Ausnahmen für Religions- und

Weltanschauungsgemeinschaften

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§ 8 Abs. 1 AGG „Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen“

Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

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Praxisbeispiel:

Arbeitgeber A entscheidet sich aus sozialen Erwägungen, Stellen vorrangig an Bewerber zu vergeben, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Er schreibt die Stellen auch mit diesem ausdrücklichen Hinweis aus.

Der aus den Niederlanden stammende Bewerber B klagt auf Diskriminierungsentschädigung.

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§ 5 AGG „Positive Maßnahmen“

Ungeachtet der in den §§ 8 bis 10 … benannten Gründe ist eine unterschiedliche Behandlung auch zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen.

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Wozu wird der Arbeitgeber vom AGG verpflichtet?

• Stellenausschreibungen unter Beachtung des AGG• Schulung von Mitarbeitern und Vorgesetzen• Kundgabe des AGG im Betrieb• Maßnahmen gegen „Störer“

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Als Maßnahmen gegen „Störer“ kommen in Betracht:

• Gespräch mit Betroffenen• Anweisungen• Umsetzungen und Versetzungen• Abmahnungen• Kündigungen

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Was können Beschäftigte bei Benachteiligung unternehmen?

• Beschwerderecht• Leistungsverweigerungsrecht (bei Belästigung

bzw. sexueller Belästigung)• Schadensersatz (ohne Haftungshöchstgrenze)• Entschädigung (immaterieller Schaden)• es besteht ein besonderes Maßregelungsverbot

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Welche Besonderheiten bestehen in der gerichtlichen Auseinandersetzung?

• Darlegungs- und Beweislast für AN für unterschiedliche Behandlung (Indizien)

• Darlegungs- und Beweislast für AN auch für Grund in Diskriminierungskriterium (Indizien)

• Entlastung muss dann durch den AG erfolgen (Vollbeweis)

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Darlegung von (bloß) Indizien durch AN

Entlastung durch AG im Vollbeweis

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V. Religiöse Rücksichtnahmepflichten

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Allgemeine (nicht religiös intendierte) Rücksichtnahmepflichten:

wie alle anderen Arbeitnehmer auch

• allgemeine Fürsorgepflicht

• familiäre Rücksichtnahme

• evtl. besondere Rücksichtnahme wegen Folgen von Flucht und Vertreibung

• Diskriminierungsschutz (s.o.)

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Hauptfallgruppen religiöser Rücksichtnahme

• Gebetspausen

• religiöse Feiertage

• Kleiderordnungen

• Tätigkeitseinschränkungen

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Art. 4 GG – Glaubens- und Gewissensfreiheit

1. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

2. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

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Staatsvertragliche Regelungen zwischen muslimischen Religionsgemeinschaften und der Freien und Hansestadt Hamburg bzw. der Freien Hansestadt Bremen

• Bindungscharakter in erster Linie des Staates

• mittelbare Drittwirkung über Art. 4 GG• Hauptfallgruppe: religiöse Feiertage

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Praxisbeispiel:

Eine Gruppe muslimischer Arbeitnehmer beantragt bei Arbeitgeber A

• die Zurverfügungstellung eines angemessenen Gebetsraums

• die Einräumung von drei in die Schicht fallenden (unbezahlten) Gebetspausen

• einen Schrank zur Lagerung von Gebetsteppichen• die Zusicherung von Urlaub an den islamischen

Feiertagen des Opferfestes, des Ramadanfestes und der Aschura

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Kleiderordnungen

• sind mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG)

• Kernrechtsprechung betrifft Streit um Tragen eines Kopftuchs im öffentlichen Dienst

• müssen religiöse Rücksichtnahmepflichten beachten

• aber: wie weitgehend?

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Kündigung wegen Glaubenskonflikts BAG Urt. v. 24.01.2011 – 2 AZR 636/09

• beruft sich AN bei Tätigkeit auf entgegenstehenden Glaubenskonflikt, kann Beharren des AG auf Vertragserfüllung ermessenfehlerhaft sein

• Kündigung gleichwohl auch ohne Pflichtverletzung möglich, wenn AG den AN nicht ohne Schwierigkeiten anderweitig sinnvoll einsetzen kann

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Direktionsrecht (Weisungsrecht):

Nähere Bestimmung der im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig beschriebenen Leistungspflicht des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nach

- Zeit

- Art und

- Ort der Leistung

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Rechtsgrundlage: § 315 Abs. 1 BGB, § 106 GewO

Prüfungsmaßstab:

Ausübung nach „billigem Ermessen“

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Das Direktionsrecht umfasst in der Praxis im Kern:

• Zuweisung eines betrieblichen Arbeitsplatzes

• Befugnis zur Übertragung konkreter Arbeitsaufgaben und von Arbeitsinhalten

• Einteilung in bestimmte Schichten/ Arbeitszeitmodelle

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Mit in den Abwägungsprozess bei der Beurteilung der Wahrung billigen Ermessens einzustellen:

• religiöse Rücksichtnahmepflichten

• aber auch:- Wahrung des Betriebsfriedens- Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes- Wahrung der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes- Sicherstellung von Arbeitsabläufen und – ergebnissen