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Zeitschrift fur angewandte Chemie und Zentralblatt fir technische Chemie. XXII. Jahrgang. Heft 39. 24. September 1909. Hauptversammlung des Vereins deintscher Chemiker zu Frankfurt a. M. vom 14. bis 18. September 1909. Allgelueiner Beriehl. Als am Dienstag den 14./9. vormittags 10 Uhr die Ausstellung von Apparaten und Hilfsgeriitschaften f u r angewandte und technische Chemie im Institut des Physikalischen Vereins eroffnet wurde, hatte sich schon eine stattliche Zahl von Festteilnehmern zu- sammengefunden. Chemiker aus allen Gauen Deutschlands und dariiber hinaus hatten das alt- beruhmte Frankfurt a. M., aller Welt ah Stadt G o e t h e s bekannt, dem Chemiebeflissenen aber auch als eine StLtte regsten gewerblichen, insbe- sondere auch chemischen Lebens und Strebens wert, aufgesucht, um hier die jahrliche Haupt- versammlung des Vereins deutscher Chemiker ab- zuhalten. Der Vortag des eigentlichen Festes war, wie bemerkt, vormittags der Eroffnung einer fur Che- miker hochinteressanten Ausstellung und daneben nachmittags 2 Uhr einer Sitzung des Vorst,ands- rates im Frankfurter Hofe gewidmet. Mit ihr zu- gleich fullten B e s i c h ti g u n g e n des stiidtisihen Elektrizitiitswerkes mit Dampfturbinenanlage, des stadtischen Lagerhauses und Hafens, der neuen stiidtischen Klirbeckenanlage mit Abfallbeseitigung und der internationalen Luftschiffahrtsausstellung den Nachmittag aus. Abends 8-101/, Uhr fand der E m p f an g der Festteilnehmer im Romer statt. Hier hieR die Stadt Frankfurt ihre GLste herzlich willkommen. Oberbiirgermeister A d i c k e s be- griiBte im prgchtigen Saale des altberuhmten R6- mew, wo so viele deutsche Kaiser die Kronung empfangen haben, mit humorvoller Rede die wo- gende Schar der Festteilnehmer mit ihren Damen, worauf Prof. D u i s b e r g in gewohnter kraftvoller und dabei herzlicher Weise erwiderte. Ein vortreff- liches Essen und vorziiglicher Hochheimer erzeugten dann bald eine hijchst animierte Stimmung. Eine gemiitliche Nachsitzung im Alemanniakeller am Schillerplatz beschloB den Tag. Festsitzung. Am Mit,twoch den 15./9. vormittags 9 Uhr nahm die Festsitzung im groRen Horsale des Physi- kalischen Vereins ihren Anfang. Prof. Dr. D u i s - b e r g , Vorsitzender des Vereins deutacher Chemiker, ergriff das Wort zu einem warmen WillkommensgruB an alle, die herbeigeeilt waren, redend und horend, dime bedeutsame Zusammenkunft der groBten Chemikervereinigung der Welt verherrlichen zu helfen. Redner fiihrte etwa folgendes aus: Ch. 1909. Obgleich Hunderte deutscher Chemiker in diesem Jahre aus AnlaB des Internationalen Kon- gresses fiir angewandte Chemie in London schon einmal versammelt waren, sind doch zahlreiche Mitglieder unseres Vereins dem in Jena gefaBten Beschlusse und der liebenswiirdigen Einladung des Frankfurter Bezirksvereins zur diesjghrigen Haupt- versammlung in Frankfurt a. M. gefolgt, trotzdem sie diesmal in die .Ferienstille des Septembers ver- legt worden ist. Redner heil3t die Erschienenen in der alten deutschen Kaiserstadt willkommen, auf dem histo- rischen Boden der auch fiir die Entwicklung der chemischen Industrie so bedeutungsvollen Einigung der deutschen Stimme und der Errichtung des Deutschen Reiches, an dem wichtigsten Knoten- punkt der groBen Wasser- und EisenbahnstraBen. Schon vor 14 Jahren, im Juni 1895, tagte der Verein, noch unter dem einseitigen Namen ,,Deutsche Gesellschaft fur angewandte Chemie", in Frankfurt, von allen Kreisen, besonders herzlich auch von der stidtischen Bevolkerung unter Fiihrung ihres Ober- burgermeisters Dr. A d i c k e s begriil3t und emp- fangen. 1120 akademisch gebildete Chemiker ge- horten damals der Gesellschaft an, und heute sind mehr als 4000 Mitglieder im Verein deutscher Che- miker zusammengeschlossen. Auf schwach be- suchten Hauptversammlungen wurden damals meist nur analytische Themata von Vertretern der ange- wandten Chemie behandelt, wihrend die heutigen Versammlungen mit ihrem interessanten Pro- gramm den glanzvollen Sammelpunkt aller Ver- treter der Chemie, der Wissenschaftler und der Techniker, der Gewerbeunternehmer und der An- gestellten, bilden. Auch damals wurden zwar schon Standes- fragen behandelt, fur die Ausbildung der Chemiker ein Stastsexamen verlangt. Seither ist aber eine Un- menge neuer Probleme, vor allem das der sozialen Frage, aufgetaucht, der wir nicht ausqewichen sind. Dank den Bestrebungen, die chemische Vor- bildung auf einc hohere Stufe zu heben, ist laut einer vom Redner angeregten Statistik die Zahl der Nichtabiturienten unter den Chemikern (und damit ihre Aussicht) auf ein Minimum gesunken. Der neugeschaffene. auf paritatischer Grund- lage emichtete soziale AusschuR ist berufen, die Versohnung vermeintlicher Gegensatze durchzu- fuhren, die nur durchgefiihrt werden kann, wenn alle noch zweifelnd und grollend beiseite Stehenden dem Vereine beitreten, um nach aul3en und vor 2%

Hauptversammlung des Vereins deutscher Chemiker zu Frankfurt a. M. vom 14. bis 18. September 1909

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Page 1: Hauptversammlung des Vereins deutscher Chemiker zu Frankfurt a. M. vom 14. bis 18. September 1909

Zeitschrift fur angewandte Chemie und

Zentralblatt fir technische Chemie. XXII . Jahrgang. Heft 39. 24. September 1909.

Hauptversammlung des Vereins deintsc her Chemiker zu Frankfurt a. M. vom 14. bis 18. September 1909.

Allgelueiner Beriehl. Als am Dienstag den 14./9. vormittags 10 Uhr

die A u s s t e l l u n g v o n A p p a r a t e n u n d H i l f s g e r i i t s c h a f t e n f u r a n g e w a n d t e u n d t e c h n i s c h e C h e m i e im Institut des Physikalischen Vereins eroffnet wurde, hatte sich schon eine stattliche Zahl von Festteilnehmern zu- sammengefunden. Chemiker aus allen Gauen Deutschlands und dariiber hinaus hatten das alt- beruhmte Frankfurt a. M., aller Welt a h Stadt G o e t h e s bekannt, dem Chemiebeflissenen aber auch als eine StLtte regsten gewerblichen, insbe- sondere auch chemischen Lebens und Strebens wert, aufgesucht, um hier die jahrliche Haupt- versammlung des Vereins deutscher Chemiker ab- zuhalten.

Der Vortag des eigentlichen Festes war, wie bemerkt, vormittags der Eroffnung einer fur Che- miker hochinteressanten Ausstellung und daneben nachmittags 2 Uhr einer Sitzung des Vorst,ands- rates im Frankfurter Hofe gewidmet. Mit ihr zu- gleich fullten B e s i c h t i g u n g e n des stiidtisihen Elektrizitiitswerkes mit Dampfturbinenanlage, des stadtischen Lagerhauses und Hafens, der neuen stiidtischen Klirbeckenanlage mit Abfallbeseitigung und der internationalen Luftschiffahrtsausstellung den Nachmittag aus.

Abends 8-101/, Uhr fand der E m p f a n g d e r F e s t t e i l n e h m e r i m R o m e r statt. Hier hieR die Stadt Frankfurt ihre GLste herzlich willkommen. Oberbiirgermeister A d i c k e s be- griiBte im prgchtigen Saale des altberuhmten R6- mew, wo so viele deutsche Kaiser die Kronung empfangen haben, mit humorvoller Rede die wo- gende Schar der Festteilnehmer mit ihren Damen, worauf Prof. D u i s b e r g in gewohnter kraftvoller und dabei herzlicher Weise erwiderte. Ein vortreff- liches Essen und vorziiglicher Hochheimer erzeugten dann bald eine hijchst animierte Stimmung. Eine gemiitliche Nachsitzung im Alemanniakeller am Schillerplatz beschloB den Tag.

Festsitzung. Am Mit,twoch den 15./9. vormittags 9 Uhr

nahm die Festsitzung im groRen Horsale des Physi- kalischen Vereins ihren Anfang. Prof. Dr. D u i s - b e r g , Vorsitzender des Vereins deutacher Chemiker, ergriff das Wort zu einem warmen WillkommensgruB an alle, die herbeigeeilt waren, redend und horend, dime bedeutsame Zusammenkunft der groBten Chemikervereinigung der Welt verherrlichen zu helfen. Redner fiihrte etwa folgendes aus:

Ch. 1909.

Obgleich Hunderte deutscher Chemiker in diesem Jahre aus AnlaB des Internationalen Kon- gresses fiir angewandte Chemie in London schon einmal versammelt waren, sind doch zahlreiche Mitglieder unseres Vereins dem in Jena gefaBten Beschlusse und der liebenswiirdigen Einladung des Frankfurter Bezirksvereins zur diesjghrigen Haupt- versammlung in Frankfurt a. M. gefolgt, trotzdem sie diesmal in die .Ferienstille des Septembers ver- legt worden ist.

Redner heil3t die Erschienenen in der alten deutschen Kaiserstadt willkommen, auf dem histo- rischen Boden der auch fiir die Entwicklung der chemischen Industrie so bedeutungsvollen Einigung der deutschen Stimme und der Errichtung des Deutschen Reiches, an dem wichtigsten Knoten- punkt der groBen Wasser- und EisenbahnstraBen.

Schon vor 14 Jahren, im Juni 1895, tagte der Verein, noch unter dem einseitigen Namen ,,Deutsche Gesellschaft fur angewandte Chemie", in Frankfurt, von allen Kreisen, besonders herzlich auch von der stidtischen Bevolkerung unter Fiihrung ihres Ober- burgermeisters Dr. A d i c k e s begriil3t und emp- fangen. 1120 akademisch gebildete Chemiker ge- horten damals der Gesellschaft an, und heute sind mehr als 4000 Mitglieder im Verein deutscher Che- miker zusammengeschlossen. Auf schwach be- suchten Hauptversammlungen wurden damals meist nur analytische Themata von Vertretern der ange- wandten Chemie behandelt, wihrend die heutigen Versammlungen mit ihrem interessanten Pro- gramm den glanzvollen Sammelpunkt aller Ver- treter der Chemie, der Wissenschaftler und der Techniker, der Gewerbeunternehmer und der An- gestellten, bilden.

Auch damals wurden zwar schon Standes- fragen behandelt, fur die Ausbildung der Chemiker ein Stastsexamen verlangt. Seither ist aber eine Un- menge neuer Probleme, vor allem das der sozialen Frage, aufgetaucht, der wir nicht ausqewichen sind.

Dank den Bestrebungen, die chemische Vor- bildung auf einc hohere Stufe zu heben, ist laut einer vom Redner angeregten Statistik die Zahl der Nichtabiturienten unter den Chemikern (und damit ihre Aussicht) auf ein Minimum gesunken.

Der neugeschaffene. auf paritatischer Grund- lage emichtete soziale AusschuR ist berufen, die Versohnung vermeintlicher Gegensatze durchzu- fuhren, die nur durchgefiihrt werden kann, wenn alle noch zweifelnd und grollend beiseite Stehenden dem Vereine beitreten, um nach aul3en und vor

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allem der Gesetzgebung gegenuber eine Macht zu bilden, mit der gerechnet werden mu&

Deutmhlands Industrie, HBndel und Gewerbe haben einen gewaltigen Aufschwung genommen. Nach einem Jahre niedergehender Konjunktur hat eich die deutache chemische Industrie dank ihrer Internationalitiit und Beteiligung am Welthandel schnell wieder erholt und sich weiter entwickelt.

Nach diesen Ausfuhrungen dankt Redner allen, die dazu beigetragen haben, auch der diesjiihrigen Hauptversammlung Glanz und Bedeutung zu ver- leihen: den stiidtischen Behorden, den wissenschaft- lichen Vereinen der S t d t , vor allem dem physika- lischen Verein, der seine herrlichen Fest- und Arbeitariiume fiir die Tagung mr Verfugung ge- stellt hat. Einen beaonderen WillkommensgruB er- halten die Ehrenmitglieder, darunter der Altmeister der Farbenchemie, H e i n r i c h C a r o , der Griin- der deg Vereins deutscher Chemiker, Prof. F e r d. F i s c h e r , und das jungste Ehrenmitglied Dr. E. A. M e r c k .

Redner gedenkt ferner dea 70. Geburtstagea G e o r g L u n g e s , des ruhmvollen Vorbildes zahlreicher in der Technik tiitiger Chemiker.

Nachdem der Vorsitzende seine Rede beendet hatte, sprach fiir die stiidtischen Behorden (siimt- liche Staatsbehorden hatten aus Sparsamkeitsruck- eichten keine Vertreter gesandt) Oberbiirgermeister A d i c k e 8 , fiir die Akademie und den physikali- schen Verein der Rektor der ersteren Prof. Dr. F r e u n d , fiir die freie Vereinigung deutacher Nah- rungsmittelchemiker, fiir den Verband selbstiindiger offentlicher Chemiker und den Verein offentlicher analytischer Chemiker Sachsens, Dr. P o p p , fiir den Verein osterreichischer Chemiker Dr. B e i n , fur die chemische Gesellschaft, die elektrotechnische Gesellschaft und den technischen Verein Frank- furts Dr. B e c h h o 1 d , fiir den Verein deutacher Ingeneiure Dir. K 6 s t e r; spiiter erschien noch und sprach fur den Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie und f i i r die deutsche Bun- sengesellschaft Prof. L e p s i u s. Alle dieseRedner be- griiBtendenVerein deutacher Chemiker aufs wiirmste. Bedeutungsvoll waren die Worte dea Oberburger- meisters uber die harmonische Pflege von Wissen- echaft und beruflichen Interessen im Verein deut- scher Chemiker und die Ausfuhrungen Prof. F r e u n d s uber die bewunderungswiirdige Entwick- lung des physikalischen Vereins und der Akademie.

Prof. Dr. D u i s b e r g dankte im Namen des Voratandes des Vereins fiir die freundlichen WillkommensgriiBe und braelite ein an S. M. d e n K a i s e r abzusendendes Telegramm zur Verlesung. Es lautete:

Seiner Majestiit dem deutschen Kaiser, Mergentheim.

Dem machtvollen Schirmherrn des inneren und iiul3eren Friedens, deutachen technischen Strebem und Konnem allzeit verstiindnisvollem Forderer bringt zu Beginn seiner diesjiihrigen Tagung in Frankfurt a. M. ehrerbietigste Huldi- gung dar

Der Verein deutacher Chemiker, i. A.: Prof. Dr. Duisberg.

ER folgte die Verleihung der L i e b i g d e n k -

m ii n z e an Dr. 0 t t o S c h o t t , den verdienten L i t e r des Glaswerkes Schott und Genossen in Jena. Mit warmen Worten gedenkt der Vors. des leider durch eine unaufschiebbare Reise iiber den Ozean verhinderten Dr. S c h o t t und ubergibt die Denk- miinze an seinen Vertreter und Mitarbeiter Dr. S c h a l l e r - J e n a .

Inzwischen war ein BegriiDungstelegramm vom B e z i r k s v e r e i n N e u - Y o r k einge- troffen, der ,,be& Wunsche sendet."

Erste Reihe tier Festvortrage.

Den ersten Festvortrag hatte Geh. Reg.-Rat Dr. M. B a u e r - Marburg : ,,Uber kiinstliche Edel- steine" ubernommen. Seine Darlegungen waren etwa die: Schon fruher ist es gelungen, Tiirkise herzustellen mit allen wesentlichen Eigenschaften des natiirlichen, so daB sie von diesem liaum unter- schieden werden konnen. Vie1 grooere Wichtigkeit hat aber in neuerer Zeit die kiinstliche Reproduk- tion der Edelsteine aus der Gruppe des Korunds, des krystallisierten Aluminiumoxyds erlangt, unter ihnen wieder in erster Linie die des weitaus kost- barsten aller Edelsteine, des Rubins.

In der Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahr- hunderts erschienen zuerst, und zwar aus Genf, die sog. r u b i s r e c o n s t i t u 15 s, schone rote Steine von ziemlicher GroBe, anfangs unbekannten Ursprungs, von denen man jetzt weiB, daB sie durch Zusammen- schmelzen von Rubinsplittern mit Schmelzmitteln erzeugt worden sind. Das Produkt hat aber dabei einen Teil der natiirlichen Eigenschaften des Rubins verloren und ist mehr oder weniger vollstandig gla- sig amorph und etwas weicher geworden.

I p Jahre 1891 machte F r e m y sein Verfaliren der Darstellung der r u b i s s c i e n t i f i q u e s be- kannt. Er schmolz reines amorphea Aluminium- oxyd mit etwas Kaliumcarbonat und Fluorcalcium oder -barium, sowie mit einem kleinen Zusatz von Kaliumbichromat als FBrbungsmittel. Die Schmel- zung geschah in einem Windofen in einem porosen Tontiegel, der der feuchten Luft und den Wasser- dampf enthaltenden Verbrennungsgasen Zutritt ZII

dem SchrnelzfluD gestattete. Die amorphe Tonerde verwandelte sich dabei in ein Aggregat von Rubin- krystillchen yon der Form und mit allen Eigen- schaften des natiirlichen Rubins. Sie waren auch vollkommen durchsichtig und somit zu Schmuck- steinen an sich sehr geeignet. Aber es waren kleine diinne Tafelchen, die zum SchIeifen nicht die erfor- derliche GroBe und namentlich nicht die notige Dicke hatten. Man versuchte zwar, sie'in ihrer na- turlichen Form in Schmuckstucke einzusetzen, und erhielt so ganz niedliche Sachen, auch hegte F r B m y die Hoffnung, durch Schmelzen groBerer Massen, bis 60 kg, besser brauchbare Krystalle von badeu- tenderem Umfang zu erzielen, aber er scheint nicht zum Ziel gekommen zu sein, jedenfalls hijrte man bald nichts mehr davon.

Das, was wirtschaftliche Bedeutung erlangt hat, und was heute auf diesem Gebiete den Markt beherrscht, sind dia r u b i s s y n t h k t i q u e s , die synthetischen Rubine. A. V e r n e u i 1 hat das Verfahren ihrer Herstellung 1902 bekannt*gemacht, und seitdem werden allein in Paris jahrlich mehr

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39. XXII. Jahrgang. September ,909] Hauptversemmlung eu Frankfurt a. M. 1909. 1875

d s 5 Mill. Karat oder etwas iiber 1000 kg in dieser W&se fabriziert. Dabei fillt feinstes Pulver che- miseh reinen Aluminiumoxyds mit etwas Chrom- oxyd d m h oin feines Platinsieb auf eine Benkrecht nach unten gerichtete Knallgasflamme, wo es sehmilzt. Die geschmolzenen Partikelchen werden auf der Spitze eines kleinen Kegels aus Tonerde aufghngen, der durch dieselbe Flamme bis nahezu zum Schmelzen erhitzt wird. Hier hiiufen sie sich an und bilden zunlichst ein diinnes, rundes Stiib- ehen, das allmiihlich in die Hohe witchst und sich ghhzeit ig rasch verdickt, so daO schlieOlich Schmlztropfen von der Form einer dick- und rund- bauchigen Wasserflasche mit nach unten gerichte- tem IIals entstehea Diese haben verschiedene &oh; aie werden bis 2.8 cm lang und 1,6 cm dick,

bis 50 Karat, etwa 10 g, schwer und geben, in de.r gewohnlichen Weise geschliffen, Steine von entsprechendem Gewicht. Die Schmelztropfen haben skh trotz ihrer nicht runden Gestalt als vollkommen einheitlich gebaute Rubinkrystalle erwiesen, und manche zeigen auch regelmaaige Formen, die ganz der Krystallform des Rubins entaprechen. Auch das spez. Gew. und die Hkte, sowie die op- tischen Eigenschaften sind ganz diejenigen des Ru- bins. Es ist also kiinstlicher Rubin vollkommen von der %chaffenheit des natiirlichen und gleichzeitig von der klarsten Durchsichtigkeit und von der schomten Farbe, die ja auch bei dem letzteren auf einem kleinen Gehalt von Chromoxyd beruht. Bei geniigender Menge des letzteren erhiilt man das tiefe und gesiittigte Rot der feinen birmanischen Rubine, und auch die bei diesen so hoch geschiitzte ,,Taubenblutfarbe", das reine Carmin, ist oicht zu selten. Bei einem geringen Chromgehalt entsteht ein zartes Rosa, wie bei dem Rosatopas. Steine dieser Art werden daher auch falschlich ,,synthe- tische Topase" genannt. 1st gar kein Chrom vor- handen, so erhalt man farblose, wasserhelle Tropfen, die dem sog. weiDen Saphir entsprechen. Durch andere firbende Zusiitm, die aber nicht allgemein bekannt sind, kann man gelben Korund und andere Varietaten dieses farbenreichen Minerals erhalten. Hierher gehort u. a. auch der sog. ,,synthetische Alexandrit", der bei Tage hellgriin, bei Lampen- licht ausgesprochen violett ist, ilhnlich wie der zum Chrysoberyll gehijrige echte Alexandrit. Die synthe- tischen Steine mit diesem Farbenwechsel haben aber nicht die Eigenschaften des letzteren, sondern eben- falls die des Korunds, bei dem etwas Ahnliches auch in sehr seltenen Flillen an natiirlichen Steinen zu beobachten ist. Alle diese anders als rot gefiirb- ten synthetischen Korunde haben aber nur sehr ge- ringe praktische Bedeutung.

Auch den Saphir suchte man auf demselben Wege kiinstlich zu reproduzieren, stiel3 aber auf grole Schwierigkeiten. Da die blaue Farbe der echten Steine nicht feuerbestiindig ist, so suchte man sich bei der synthetischen mit einem kleinen Zusatz von Kobaltoxyd zu helfen. Dieses wurde in- dessen von der geschmolzenen Tonerde erst auf- gelijet, als dieser etwas Calcium- oder Magnesium- oxyd zugesetzt worden war, dann jedooh geniigte O, l% Co203 zu einer rwht intemiven F b u n g . Die Masse erstarrt aber in diesem Falle nicht krystalli- nisch, sondern stets glasig amorph, war also in keiner Weise ein synthetischer Saphir, sondern nur

ine iihnlich zusammengesetzte und gefiirbte Sub- ihnz mit somt ganz anderen Eigenschaften. Die runstliche Herstellung des Saphirs ist noch nicht {egliickt.

Dies gilt ebenso fiir alle anderen Edelsteine md vorzugsweise fiir den wichtigsten derselben, ien Diamant, auf den etwa 90% der im Edelstein- iandel ausgegebenen Summen entfallen. In win- rigen Krystillchen ist er schon auf verschiedene Weise dargestellt worden, bis zur Produktion kiinst- icher Brillanten ist jedoch noch ein weiter Weg.

Den zweiten Vortrag hielt Dr. S c h a l l e r - lena: ,,uber die Fortschritte der Glasindustrie in 7ena seit 25 Jahren". Nach einer kurzen histo- rischen Einleitung wird an einigen Beispielen die 4rt und Weise der physikalisch-chemischen Unter- mchung von Glagschmelzen auf ihre Brauchbar- keit fiir den technischen Hiittenb6trieb gezeigt. Die Gliiser werden zu diesem Zwecke graphisch 50 geordnet, daO der EinfluB der einzelnen Komponenten auch in komplizierteren Zusammen- 3etzungen leicht zu ubersehen ist. An dem System N%O-SiOz wird die Abhiingigkeit der glasigen Beschaffenheit der Schmelze von der oberen Ent- ;lasungstemperatur (oberste Temperatur, bei der noch Krystallisation oder Abscheidung einer Kom- ponente eintritt) und der Zahigkeit graphisch dar- zestellt. - Diese Gliiser sind Losungen von SiOa in einem Natriumsilicat (Natriumdimlicat?). Neben diesern sind als Losungsmittel fiir SiOz wichtig: die Silicate des Kaliums und des Bleies und die Borate der Alkalimetalle und des Bleies.

Auf einem Diagramm, das System N%O - CaO - Si02, soweit erforderlich, darstellend, wird die Lage des Gebietes gezeigt, in darc die Zusammen- setzungen der gewijhnlichen Femtergliiser fallen, wie es auf der einen Seite begrenzt wird von Kurven, welche die verschiedenen Grade der chemischen Widerstandsfahigkeit bezeichnen, auf der anderen Seite von den Kurven verschiedener Entglasungs- temperaturen.

Der Vergleich eines anderen Diagramms mit dem vorigen veranschaulicht die Wirkung eines Ton- erdezusatzes auf die chemieche Haltbarkeit der Na- tronkalkgkser und der eines weiteren die Wirkung der BorsSure.

Zum SchluS werden die verschiedenen i u Je- naer Hiittenbetrieb getwhmolzenen Glasgruppen und Glaser, besonders in Riicksicht auf ihre physikali- schen und chemischen Eigenschaften, kurz be- sprochen. [H. V. R. 2906.1

Im dritten Vortrage verbreitete sioh Geh. Obermedizinalrat Prof. Dr. P. E h r l i c h iiber: ,,Die ap.undlagen der experimentellen Chemotherapie". Vortr. bespricht daa Wesen der experimentellen Therapie und insbesondere der Chemotherapie. Aufgabe dieser neuen Richtung ist es, an kiinstlich infizierten Tieren Stoffe auffindig zu machen, die imstande sind, die Infektion zu heilen. Hierdurch ist ein Unterschied von der iibrigen Pharmakologie gegebea Die Aufgabe erfordert einen besonderen %us von Instituten, wie ein solches in Frankfurt dank der hochherzigen Stiftung des G e o r g S p e y e r geschaffen wurde.

Ein deutlicher Fortschritt in der Therapie, und zwar in der Bekiimpfung der Infektionskrank-

[H. V. R. 2888.1

%*

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[ Zeitschrift ftir angewandte Chemie. 1876 Kauptversammlung 5u Frankfurt a. 116. 1900.

heiten, bedarf ausgedehnter wissenschaftlicher Vor- untersuchungen an Tieren. Parasitiire Erkrankun- gen konnen nur gelieilt werden, wenn man Stoffe anwendet, die die Parasiten im lebenden Organis- mus abtoten, was nur moglich ist, wenn die betref- fende Substanz von den Parasiten aufgenommen wird, mit anderen Worten, wenn sie parasitotrop ist. Die Vorfrage, ob iiberhaupt ein bestimmter Stoff abtotende Kraft besitzt, ist leicht zu ergriin- den. Es geniigt, zu diesem Zwecke, genau nach dem Vorgange der bekannten Desinfektionspriifung die Parasiten mit der betreffenden Substanz in Ver- bindung zu bringen und zu sehen, ob sie beeinflufit, geliihmt oder abgetotet werden. Aber hiermit ist nur ein Teil, und zwar der allerkleinste Teil der Auf- gabe erfiillt. Im Mischungsversuch stellen namlich die Bakterien die alleinigen Angriffszentren fiir die Chemikalien dar ; anders aber, wenn man infizierte Tiere heilen will. Alle Sterihationsmittel, die wir besitzen, sind Gifte und haben als solche auch Ver- wandtachaft zu den Bestandteilen des Organismus, sind also gleichseitig parasitotrop und organotrop. Spritzt man einem Organismus derartige Substan- Zen ein, so hiingt der Heilerfolg ausschlie13lich davon ab, ob die Organotropie oder ;$ie Parasitotropie iiberwiegt. So hat R o b e r t K o c h gezeigt, da13 Sublimatlosungen, die Milzbrandbazillen in sehr niedrigen Konzentrationen abtoten, im Tierversuch auch bei moglichst groRen Dosen erfolglos ist: das Tier stirbt an Sublimatvergiftung, wiihrend die Bacillen weitemchern. Hier war also die Organo- tropie stiirker als die Parasitotropie. Noch viel weitergehende Beispiele hierfiir sind von Dr. B e c h - h o 1 d in Gelneinschaft mit dem Vortragenden und neuerdings von Dr. R a z a ermittelt worden. - Die Chemotherapie steht mithin schwierigen Auf- gaben gegeniiber, indem sie solche Stoffe ausfindig machen soll, die die Parasiten maximal, die Korper- organe nur minimal schadigen. DaB das Chinin als Heilmittel bei Malaria schon seit Jahrhunderten bekannt ist, spricht fur die Moglichkeit, diese Auf- gabe dennoch zu losen. Allerdings darf nicht ver- gessen werden, daB die Naturvolker Heilstoffe, wie das Chinin, erst durch Jahrtausende langes Auspro- bieren aller moglichen Naturprodukte fanden, von dessen Intensitiit man sich kaum eine Vorstellung machen kann. Am eklatantesten tritt ihr Spiirsinn darin zutage, daR im alten Griechenland f i i r die Be- handlung des Kropfes die Asche eines bestimmten Seeschwammes verwendet wurde, der, wie sich jetzt herausstellt, von allen am meisten Jod, unser bestes Mittel gegen Kropf, enthilt. Auch der Chemothera- peut mu8 eine Reihe von Substanzen in grob em- pirischer Weise ausprobieren, aber sobald hierbei eine Substanz von deutlicher Wirkung gefunden ist - z. B. die Klasse der Arsenikalien - beginnt der wissenschaftliche Weg, darin bestehend, daB von diesem Typus mijglichst viel Abarten hergestellt und auf ihre Wirkungskraft gepriift werden. Wir miiesen also ,,zielen" lernen, zielen durch chemisohe Variation. Um aber erfolgreich zu zielen, mu13 man das, was man treffen will, genau kennen. Die Se- rumtherapie hat gezeigt, daB die bei der Immuni- sierung an bestimmten Stellen entstehenden Heil- kijrper sich an die Bakterien verankern. In den Bakterien existieren niimlich bestimmte chemische Gruppierungen, die sog. Rezeptoren, die sich mit

Len Antikorpern vereinigen und sie abtoten. Ande- ,erseits haben diese Serumstoffe nach ihrer Ent- ,hehung gar keine Verwandtschaft zu den Zelleri les lebenden Korpers ; sie sind also gewissermal3en Zauberkugeln, die ihr Ziel von selbst aufsuchen. ius diesem Grunde ist die Serumtherapie da, wo sie lurchfiihrbar ist, jedem anderen Heilmodus vor- Luziehen. I n der Chemotherapie konnen wir auf iolche Erfolge nicht rechnen und miissen daher tlle Kriifte daran setzen, moglichst scharf zu zielen, lamit die Parasiten moglichst viel, der Korper noglichst wenig getroffen wird.

Eingehende Untersuchungen haben gezeigt, iaB es sich bei der Aufnahme von Arzneistoffen licht um Flachenanziehung oder Verwandtschaften liffuser Art handelt, sondern daR hier, genau wie beim Antitoxin, bestimmte chemische Gruppie- rungen, ,,Chemoseptoren", in Aktion treten. Der Beweis hierfiir war nicht ganz leicht. Umfiingliche 3tudien wurden besonders an Trypanosomen an- Sestellt, relativ groRe, fischlhnliche, mit einer Plesse versehene Parasiten, die als Erreger schwerer rierseuchen und besonders der menschliclien Schlafkrankheit in den Tropen eine verhiingnisvolle Rolle spielen. Diese Krankheiten sind sehr schwer zu bekiimpfen. Hier in Frankfurt und an auderen Stellen sind tausende von Stoffen untersucht wor- den, die imstande sind, die Trypanosonion thern- peutisch zu beeinflussen, aber es haben sich nur wenige therapeutisch wirkaame Klasseii anffindig machen lassen: 1. Azofarbstoffe aus der Eenzo- purpurinreihe, Trypanrot; 2. Fuchsin und einige seiner Derivate und 3. Arsenderivate, arsenige Siiure und Derivate der Phenylarsinsiiure, deren bekann- testes das Atoxyl ist. Bei den Tierversuchen, in denen Vortr. von seinen Mitarbeitern aufs eifrigste unterstiitzt wurde, zeigte sich bei langer dauernder Behandlung, da13 die Parasiten sich an jeden der Arzneistoffe gewohnten, oder mit anderen Worten, daB sie ,,arzneifest" wurden. Das Studium dieser Arzneifestigkeit ist fur die therapeutische Biologie der Parasiten von groDtem Wert gewesen. Es zeigte sich namlich, da13 die Arzneifestigkeit eine stabile, durch hunderte von Generationen vererb- bare Erwerbung darstellte, und weiterhin, daB diese Arzneifestigkeit eine gewisse Spezifitit darstellte, derart,, daR der gegen einen Typus von Arznei- stoffen gefestigte Stamm nur fevt war gegen die8en und verwandte Stoffe, nicht aber gegen die Stoffe einer anderen Klasse. An solchen StLminen konnte auch die Ursache der Arzneifestigkeit nachgewiesen werden. Es zeigte sich zunachst., daR alle drsen- derivate, in denen alle Vdenzen des Arsens gcsat- tigt waren, in denen also das R.adika1 fiinfwertig fungierte, vollkommen wirknngslos sind gegen die Parasiten. Reduziert man aber die Derivate, so entstehen ungesiittigte Verbindungen, in denen der Arsenrest nur dreiwertig fungiert. Den Typ der gesiittigten fiinfwertigen Verbindung stellt z. B. die Arsensiiure, den T y p der dreiwertigen Verbindung die viel giftigere arsenige Saure dar. Es stellt sich heraus, daB in den Trypanosomen ein Chemoseptor fiir das dreiwertige Arsen enthalten ist, gleichgiiltig, in welcher Form dasselbe vorhanden ist. Verglich man durch Mischungsversuch den arsenfesten Stamm rnit dem Ausgangsstamm, so konnte man nachweisen, daB an dem festen Stamm zwar noch

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XXII. Jahreang. Heft 39+ SeDtember1909] Hauptversammlung au Frankfurt a. M. 1009. 1877

die Arsenozeptoren vorhanden waren, daB sie aber an Verwandtschaft zum Arsen erheblich eingebiiot hatten. Da die Herausbildung eines ,,festen" Stam- mes ein sehr unangenehmes, die Fortfuhrung der Arsentherapie schwer beeintrachtigendes Vorkomm- n i s ist, galt es, noch weitere Mittel auffindig zu machen, die imstande sind, die festen Parasiten noch abzutoten. Ein solches Mittel ist das Arsen- phenylglycin, eine Verbindung, die den Rest der Essigsaure an Stickstoff gefesselt enth&lt. Aus dem Ausgangsstamm gelang es eine weitere Ab- zweigung zu erhalten, die ich als die Arsenophenyl- glycinrasse bezeichnen will, und die schlieBlich auch fest war gegen die grolten Mengen dieses Stuffes. Die Untersuchung zeigte, daB in diesem Falle ein neuer Rezeptor das Trypanosomens in Aktion ge- treten war, der noch imstande ist, den Essigsaure- rest als solchen zu binden, und deshalb als ,,Acetico- zeptor" bezeichnet wird. Der erste, der Arsen- stamm, unterschied sich von dem Arsenophenyl- glycinstamm nur insofern, als bei letzterem die Verwandtachaft des $ceticozeptors zum Arsenphe- nylglycin stark herabgemindert war; dagegen war in beiden Stammen, wie Abtiitungsversuche zeigten, eine Anderung des Arsenozeptors nicht eingetreten. Vortr. kommt auf Grund dieser Ergebnisse zu der Anschauung, daB das Arsenophenylglycin mit Hilfe seines Aceticozeptors an die Trypanosomen ver- ankert wird, und nimmt daher an, daB jeder Arznei- stoff von etwas komplizierterer Art in seinen ver- schiedenen Gruppierungen sukzessive von besonde- ren Fingen des Protoplasmas gefesselt wird, gleich wie ein Schmetterling, dessen einzelne Teile beim Priiparieren mit verschiedenen Nadeln fixiert wer- den. Es gelingt auch nicht selten, die primiire fixie- rende Gruppe festzulegen; beim Arsenophenylglycin ist dies nicht der Arsenrest, sondern der Essig slurerest.

Die Theorie der multiplen Bindung ist fur den Ausbau der experimentellen Therapie von grolter Wichtigkeit, da es, von dieser Basis ausgehend, gelingt, ,,spezifisrhe" Heilmittel herzustellen. Wich- tig fur die Auffassung des Arsenozeptors ist die Tatsache, d a l es gelingt, mit einer Reihe von Stoffen, die gar nichts mit Arsen zu tun haben, Rassen zu erzeugen, die auch gleichzeitig gegen Arsenikalien fest sind; so zeigt eine im Speyerhause erzeugte Pyroninrasse auch eine ganz hohe Atoxyl- und Arsenotinfestigkeit.

Von den bisher gefundenen chemischen Stoffen ist das Arsenophenylglycin gegen Trypanosomen das wirksamste, indem es bei den verschiedensten Abarten der Trypanosomenkrankheiten gelingt, kranke und zum Teil schwer kranke Tiere durch eine einzige Injektion glanzend zu heilen, was durch Demonstration von Bildern erhartet wird.

Es handelt sich nun um den allerwichtigsten Punkt in der experimentellen Chemotherapie: die Ubertragung der Tierversuche auf die Behandlung des Menschen, die immer besondere Schwierigkeiten hat. Wenn man bedenkt, daLi noch immer nach der besten Anwendungsform jahrhundertelang be- kennter Arzneimittel gesucht wird, so kann man nicht erwarten, d a l bei so eigenartipen neuen Sub- stamen im Laufe weniger Monate sicliere Resultate erzielt werden konnen. A 1 t - Uchtspringe hat nachgewiesen, daR drts Xrscnophenylplycin bei

einem Teile von Paralytikern imstande ist, die be- kannte W a s s e r m a n n sche Reaktion, die An- zeichen noch restierender luetischer Erkrankungen nachweist, zum Verschwinden zu bringen. - Im allgemeinen werden zwei Behandlungsformen bei Menschen in Versuch zu ziehen sein: 1. die Etappen- behandlung, wie sie z. B. von K o c h bei Atoxyl ausprobiert ist, darin bestehend, daB man kleine Dosen, die nur ein zeitweiliges Verschwinden der Parasiten bedingen, anwendet und diese Behandlung in geeigneten Intervallen wiederholt, und 2. der Versuch, mit einigen groden Schlagen die Krank- heit als solche zu brechen, ahnlich wie der Chirurg durch eine eingreifende Operation das Kranke im Organismus vom Gesunden abtrennt. Vortr. nennt dies das Ideal der Therapie, die ,,Therapie sterilisana magna." Welcher Weg der bessere ist, 1aGt sich a priori nicht sagen, da dies im Tierversuch je nach der Tierspezies verschieden ist. So kann bei Ka- ninchen die Etappenbehandlung die allerschonsten Resultate liefern, wahrend sie bei allen anderen Tierspezies weit hinter der einmaligen Behandlung zuriicksteht.

Die esperimentelle Chemotherapie befiudet sich erst am Anfang ihres Weges, und wie weit sie vom Ziel entfernt ist, kann man noch nicht sagen. Vortr. gibt aber der festen ttberzeugung Ausdruok, daB der Weg als solcher in gerader Linie zum Ziel fiihren mul. Urn das Ziel zu erreichen, wird die Chemotherapie auf die Hilfe der reinen Chemie immer mehr angewiesen sein, und es ist zu er- warten, d a l aus dieser Union zwischen Chemie und Therapie schijne Erfolge entstehen werden.

Gegen 1 Uhr wurde die Versammlung mit herz- lichem Dank des Vorsitzenden an die Vortragenden geschlossen. Man begab sich darauf zum gemein- schaftlichen Frubtuck in den Palmengarten. Nach genossener Stirkung nahm man zur photographi- schen Aufnahme Aufstellung. Diese Aufnahme selbst lieferte dann ein aul3erst gelungenes Bild.

Geseliaftliehe Sitziing des Vcreins am 15./9. 1909, nachmittags 3,1a3 Uhr in der

Akademie zu Frankfurt a. M. Vors.: Herr Prof. Dr. D u i s b u r g ; zum

Protokollfuhrer wird der Generalsekretkr Herr Prof. Dr. B. R a s s o w ernannt.

Der Vorsitzende stellt fest, daB die Sitzung rechtzeitig einberufen, und d a l gegen die Tages- ordnung kein Widerspruch erhoben worden ist.

Die Beglaubigung des Protokolls iibernehmeu die Herren: P u s c h , B a m m a n n , G a r t e n - s o h l l g e r , L a n g f u r t h , C h r . H e B , F 1 e m m i n g , F 1 i m m.

T a g e s o r d n u n g.

1. Der Gescliaftsbericht des Vorstandes liegt gedruckt vor und wird genehmigt.

2. Die Jahresrechnung fur 1908 wird geneh- migt und der Bericht der Rechnungspriifer wird verlesen. Auf Antrag des Herrn Dr. L a n g f u r t h wird diese Reohnung richtig gesprochen und dem Vorstand Entlastung erteilt.

3. Der Voransrhlag fiir 19IO mirrl Penehmigt.

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[ Zeltachrlft fUr angewandte Chemle. 1878 Eauptversdung 5u Fmnkfurt a. M. 1000.

4. Als Rechnungsprufer wurden die Herren Dr. F 1 i m m und Prof. Dr. K o 1 b wiedergewlihlt,

An Stelle von Herrn Dr. J o h. C B r a t e n s , der sein Amt niedergelegt hat, wird Herr Dr. F 1 e m m i n g einstimmig ah Beisitzer in den Vor- stand gewiihlt.

Herr Dr. F 1 e m m i n g nimmt die Wahl a n Herr Prof. D u i s b e r g ubergibt den Vorsitz

Herrn Dr. K r e y. Die Herren Prof. Dr. C. D u i s b e r g als Vor-

Bitzender und Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. M. D e 1 - b r u c k als Beigeordneter werden einstimmig wiedergewiihlt.

Beide Herren nehmen die Wahl an. Den Vorsitz ubernimmt wider Herr Prof.

D u i s b e r g. 6. Zum Ehrenmitglied wird Herr Geh. Reg.-

Rat Prof. Dr. C a r 1 G r a e b e gewiihlt. 6. Fiir die niichste Hauptversammlung wird

Miinchen ale Versammlungsort, ale Zeit die Tage vom 18.-22./5. 1910 bestimmt.

Fiir 1911 wird auf Einladung des Bezirkaver- eins Pommern Stettin in Aussicht genommen.

7a. 1. Herr L u t y referiert uber die Entwick- lung der Zeitschrift in den leteten Jahren und iiber die Rechnung fiir 1908.

Der Bericht wird genehmigt. Der ffbersohud von 1097 M wird dem Zeitschriftreservefond zu- geachrieben.

7.a 2. Herr R a s s o w beriohtet uber die Ent- wicklung des Inhalta der Zeitsohrift; die Vereamm- lung genehmigt den Bericht.

7b. Herr O s t e r r i e t h berichtet uber die Entwicklung der Rechtsauakunftsstelle i. J. 1908 und Anfang 1909.

Der Bericht wird mit bestem Dank fiir den Herrn Rechtabeirat genehmigt.

7c. Die Versammlung stimmt dem Bericht iiber die Stellenvermittlung zu.

7d. Die Statistik der Chemiker und Chemie- studierenden wird zur Kenntnis genommen.

7e. Herr R a s s o w berichtet uber dm Adressenverzeichnis siimtlicher Chemiker.

Der Antrag des Vorstandsrates auf Herausgabe ekes Mitgliederalmanachs der Vereinsmitglieder wird angenommen.

7f. Der Bericht uber die Vermittlungsstelle fur Vortriige wird gleichfalls angenommen.

Der Vors. setzt den soeben eintreffenden Ge- heimrat G r a e b e von seiner Ernennung zum Ehrenmitglied in Kenntnis. Unter jubelndem Bei- fall der Versammlung bedankt sich Herr G r a e b e fiir die Ehrung. Der Vors. begruBt Herrn Prof. H a 11 e r aus Paris als Gast unseres Vereins.

7g. Herr Dr. Go 1 d s c h m i d t berichtet uber das Studium der Auslander an deutschen Hochschulen.

Nach einigen Erlauterungen der Herren Prof. M 8 h 1 a u und Prof. H e m p e 1 wird der Bericht zur Kenntnis genommen.

8.a Herr 0 s t e r r i e t h berichtet uber die Tiitigkeit des Sozialen Ausschusses im Jahre 1908.

Er bittet die Bezirksvereine, die Anfragen betr. Zwangsversicherung der Angestellten moglichst schnell und vollstandig zu beantworten.

8b. Die ausscheidendeu Herren Dr. Q u i n c k e und Dr. S c h e i t h a u e r als Mitglieder, Dr. U 1 r i c h und Dir. R u s s i g als ihre Stellvertreter

werden wiedergewiihlt. Die Herren nehmen die Wahl ruL

Fiir Herrn Dr. F 1 e m m i n g wird Herr Dr. J a e g e r - NeuB zum Mitglied des sozialen Aus- schusses gewlihlt.

9. tfber den Antrag des Vorstandrats betr. eine Resolution iiber die Frage des Erfinderrechts, die folgendermaBen lautet:

,,Der Verein deutscher Chemiker schlieBt sich den Beschlussen dea Stettiner Kongresses fiir gewerblichen Rechtsschutz mit der MaBgabe an, daO der Ziffer I1 die Worte beigefugt werden: ,,unbeschadet der Bestimmungen des 0 133 des B. G. B. iiber die Unwirksamkeit sittenwidriger Vertragsbestimmungei.

Der Verein deutscher Chemiker spricht auhrdem die Ansicht aus, daO ah gegen die guten Sitten verstoflend solche Vertragsbestim- mungen anzusehen sind, durch die den Ange- stellten eine Vergiitung versagt wird fe Leistun- gen, die das DurchschnittsmaB der geschuldeten Leistungen erheblich ubersteigen. "

berichtet im Namen des Vorstandsrates Herr Dr. K 1 o e p p e 1. Es sprechen dazu die Herren K e r - t e B , K a r l G o l d s c h m i d t , B a c h f e l d , O s t e r r i e t h , B u c h n e r , K e r t e B , K o b - n e r , I s a y , H e s s e , S t e c h e , B e r n t h s e n , W e n t z k i , B u c h n e r , H e s s e , K 1 o e p p e 1.

Der Antrag wird mit 393 gegen 123 Stimmen angenommen. Es stimmen dafiir 128 Hcrren mit 1 Stimme und 32 Herren mit 263 Mehrstimmen; dagegen 27 mit 1 Stimme und 12 mit 96 Mehr- stimmen

9b. Antrag des Vorstandsrats zur Frage der Konkurrenzklausel:

WP',,Der Verein deutscher Chemiker hklt im Interesse der chemischen Industrie seinen auf der Hauptversammlung in Danzig in der Frage der Konkurrenzklausel eingenommenen Standpunkt aufrecht mit der MaBgabe, daB der Absatz 2 der damals beschlossenen Fassung des $ 133f der Gewerbeordnung ersetzt wird durch folqende Bestimmung:

,,Der Gewerbeunternehmer ist berechtigt, auf die Einhaltung der vereinbarten Beschriin- kung zu verzichten. Wiihrend der Dauer dea Dienstverhiltnisses muD die Verzichtleistung spiitestens 6 Monate vor Ablauf des Dienstver- hiltnisses oder, falls der Vertrag durch den An- gestellten gekiindigt wird, spiitestens 14 Tage nach Entgegennahme der Kiindigung ausgesprochen werden.

Nach Ablauf des Vertrages behalt, der An- gestellte im Falle der Verzichterkliirung den An- spruch auf die vorgesehene Vergiitung noch fur die Dauer eines Jahres von der Abqabe der Ver- zichterkliirung ab."

Herr K 1 o e p p e 1 referiert uber den Antrag; er wird darauf einstimmig angenommen.

10. 11. Die Berichte iiber den AusschuB zur Wahrung der gemeinsamen Interessen des Che- mikerstandes und des deutschen Susschusses fur mathematischen und naturwissenschaftlichen Un- terricht werden zur Kenntnis genommen.

12. Herr D e 1 b r u c k berichtet uber die Kon- stituierung und die Bauplane des Vereins cheinische Reichsanstalt.

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Hett59. XXII. w. September Jahrgsng. 1 Hauptversammlung BU Frankfurt a. M. 1909. 1819

13. Herr R a s c h i g berichtet iiber den Stand der Hilfskaase, im AnschluB an seinen schriftlichen Bericht. Er erwiihnt daa Legat dea verstorbenenHerrn Dr. P 1 a t h und bittet um fernere Zuwendung von Beitriigen des Hauptvereins und der Bezirksvereine.

Der Vors. teilt mit, daB an Stelle des Herrn L a n g e , der sein Amt niedergelegt hat, Herr S c h e i t h a u e r in daa Kuratorium der Hilfs- kaase vom Vorstandsrat gewiihlt worden ist.

14. Der vom Vorstandsrat abgeiinderte An- tragder Herren E r d m a n n , F i s c h e r , R a s - l o w , V o n g e r i c h t e n , W i c h e l h a u s lautet:

,,Der Verein deutscher Chemiker macht die in dem Berichte der Antragsteller uber ,Techno- logic fiir Chemiker und Juristen an den deutschen Universitilten' (vgl. diese Z. 21, 1959 [1908]) nie- dergelegten Grundsiitze zu den seinen und beauf- tmgt seinen Vorstand, die auf S. 1973 erhobenen Fordemngen fiir die Verbeaserung des technolo- gischen Unterrichts an den Universitiiten bei den deutschen Unterrichtsverwaltungen und Fakultiiten zu vertreten."

Diese Fordemngen lauten nunmehr: ,,W i r b i t t e n d i e U n t e r r i c h t s -

v e r w a l t u n g e n , d a f u r S o r g e z u t r a g e n , d a B d i e t e c h n i s c h e C h e m i e a n a l l e n d e u t s c h e n U n i v e r s i t i i t e n d u r c h e i n e n e t a t s m i i D i g e n P r o - f e s s o r g e l e h r t w i r d .

W i r b i t t e n f e r n e r , d a D a n d e n U n i v e r s i t i i t e n s c h r i t t w e i s e b e - s o n d e r e A b t e i l u n g e n f u r t e c h n i s c h e C h e m i e m i t e i g e n e m E t a t e i n g e r i c h - t e t w e r d e n , i n d e n e n g e e i g n e t e R i i u m e f u r S a m m l u n g , B i b l i o t h e k , V o r l e s u n g , s o w i e f u r f f b u n g e n i n t e c h n i s c h e r C h e m i e e i n g e r i c h t e t w e r d e n.

W e i t e r b i t t e n w i r f u r d i e w i s - s e n s c h a f t l i c h e n Ex k u r s i o n e n j ii h r - l i c h e i n e b e s t i m m t e S u m m e a u s - z u w e r f e n , m i t d e r e n H i l f e w e n i g - a t e n s e i n T e i l d e r R e i s e - u n d A u f e n t h a 1 t s k o s t e n d e s l e i t e n d e n D o z e n t e n u n d d e r S t u d i e r e n d e n g e t r a g e n w i r d .

S c h l i e S l i c h b i t t e n w i r d a r u m , d a B d i e t e c h n i s c h e C h e m i e b e i m D o k t o r e x a m e n u n d S c h u l a m t s - e x a m e n d i e u n b e d i n g t n o t i g e B e r ii c k s i c h t i g u n g f i n d e t."

Herr R a s s o w begriindet den Antrag. Es sprechen dazu die Herren: B u s c h ,

H e m p e l , W i c h e l h a u s , D u i s b e r g . Der Antrag wird einstimmig angenommen.

15. Der Vors. weist auf die Reformbediirftig- keit der Organisation der internationalen Kongresse fur angewandte Chemie hin; er kundigt an, daB der Vereinsvorstand auf die Verbesserung hinarbeiten wird. Auch wird der Vorstand darauf hinwirken, daB die Kongresse nur alle 5 J a k e stattfinden.

SchluB der Sitzung 63/, Uhr.

Das Festmshl. Gegen 8 U h r stromte die Menge der Festteil-

nehmer, Damen und Herren, dem Festsaale im

Die Versammlung stimmt dem zu.

Palmengarten zu. Die frohliche Stimmung an der :eich mit Speise und Trank besetzten Tafel war Gne allgemeine.

Unter den Rednern dea Abends ergriff alsbald ier Vorsitzende des Vereins deutacher Chemiker dau Wort; an ein bekanntea G o e t h e sches Wort er- innernd, gedenkt er mit Vergnugen der Stunden ler Erholung, die nunmehr dem heiDen Ringen lea Nachmittags folgen; er preist den ungeheuren Aufschwung, den in den letzten Jahrzehnten das 3anze deutsche Reich und mit ihm die chemische hdustrie genommen hat, und schlieBt rnit der Auf- Eorderung zu einem dreifaohen Kaiserhoch.

Als zweiter Redner spricht Geheimrat Prof. Dr. D e 1 b r C c k von den alten, riihmlichen Tradi- tionen Frankfurts, von der immer offenen Hand der Biirger Frankfurts fur Wissenschaft und Kunst, bber auch von Frankfurt als einer Stiitte groBartiger Bhemischer Industrie; er geht dabei auf G o e t h e als Chemiker, sonderlich ah Coloristen ein und kDt seine Rede in ein freudiges Hoch auf G o e t h e s Vaterstadt ausklingen. Ihm erwidert Stadtrat Dr. Z i e h e n mit begeisterter Anerkennung der groDen Verdienste der chemischen Industrie um das Auf- bliihen der deutschen Stiidte und tringt dem Verein deutscher Chemiker die besten Wiinsche dar.

Geheimrat Prof. Dr. H e m p e 1 von der Dresde- ner Hochschule erinnert daran, daB der Rijmer (das Frankfurter Rathaus) und die Leipziger fTniversiGt zu gleicher Zeit erbaut seien, und hofft, daf3 noch die Zeit kommen wird, wo Frankfurt sich einer eigenen, gliinzenden Hoahschule erfreut. -Sein Hoch gilt dem Zentrum geistigen Strebens in Frankfurt, dem physikalischen Verein und der Handelshoch- schule. Fur diese nimmt der derzeitige Rektor, Prof. Dr. F r e u n d , daa Wort; er verherrlicht den Idealismus der Frankfurter Biirgerschaft und schlieBt mit einem Hoch auf die chemische Industrie. Der Damen gedenkt dann noch im humorvoller Rede Prof. B e c k e r.

Zweite Reihe der Festvortrage. Am Donnerstag vorm. 9 Uhr fulIte wiederum

ein zahlreicher Harerkreis den groBen Horsaal dee physikalischen Vereins. Es hielten Vortrige:

Prof. Dr. C. S c h i f f n e r - Weiberg: ,, uber Vor- kommen, Gewinnung und Eigenschuften radioaktiver Krirper." Nach Erorterung der Frage nach der Be- rechtigung der neuen auf die Emcheinung der Radio- aktivitit gegriindeten Hypothesen wurde zuniichst das Vorkommen radioaktiver Stoffe besprochen und darauf hingewiesen, daB, abgesehen von grofieren auf Erzlagerstitten konzentriert auftretenden Mengen, diese KBrper sich in allgemeinster Verbreitung in der festen Erdhs t e , in Wiissern und in der Luft vor- finden, wenn auch in so geringen Prozentgehalten, daB zu ihrem Nachweise chemische oder spektral- analytische Methoden versagen. Die Anwendung des Elektroskops zur Messung so geringer Mengen wurde an einem Beispiel - Bestimmung der Aktivitiit eines Wassers mittels des Fontaktoskops - vor- gefiihrt,. Nach einigen kurzen Worten uber die Ver- arbeitung der Uranerze auf Radium und die dabei zu erwartende Ausbeute ging Vortragender uber zu einer Erliiuterung des Wesens der Radioaktivitiit, wie es sich nach unseren neuesten Anschauungen darstellt, nnd wies hin auf einige, insbesondere auf

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[ Zeitschrlft fUr angewandte Chemie. 1880 Hauptversammlung BU Frankfurt a. M. 1000.

die Entstehung von Helium a m aktiven Korpern gestiitzte Folgerungen, die sich hinsichtlich der Moglichkeit der Atomurnwandlung ziehen lassen, und die ea u. a. wahrscheinlich machen, daB die Ak- tivitit, die Neigung, spontan zu zerfallen, vielleicht eine ganz allgemeine Eigenschaft der Materie ist.

Prof. Dr. F r i e d 1 a n d e r - Wien. Der Vor- trag wird in dieser Z. vollstandig _veroffentlicht werden.

Dr. P. K r a i s - Tiibingen. ,,Die moderne Echt- heitsbewegung in der Teerfarbenfabrikatwn." Heute vor fiinf Jahren hat es um die Echtheit der Teer- farbstoffe noch recht schlecht ausgesehen. Es gab wohl in der Wollfiirberei schon eine Reihe von echten Farbstoffen, es gab auch f i i r Baumwolle die zum Teil sehr echten Schwefelfarbstoffe, dazu Tiirkischrot, Indigo und Anilinschwarz. Aber vom Fiirber und Drucker sowohl, a h auch vom Farben- fabrikanten wurde das Hauptgewicht nicht auf die Echtheit, sondern auf Billigkeit und auf Einfachheit und Betriebssicherheit der Farbemethoden gelegt.

Es ist sehr erfreulich, daB dies heute wesent- lich anders geworden ist, und daB man fur die nahe Zukunft voraussagen darf, daB es noch vie1 besser werden wird.

Die deutschen und schweizerischen Farbenfab- riken, auf die sich Redner bei einer vor einigen Wochen angestellten Rundfrage beschrankt hat, ha- ben ihn in dankenswerter Weise mit einer reichen Fiille von Mustermaterial versehen. Der Einfach- heit wegen will er nur von der Woll- und Baum- wollfarberei auf Garn und Stuck, vom Baumwoll- druck und vom Tapetendruck sprechen. Auch will er nur diejenigen Echtheitseigenschaften heran- ziehen, die das Publikum bei der praktischen Be- nutzung der gefarbten Garne, Stoffe und Tapeten zu verlangen berechtigt ist. E r l i B t also alle die vielen Echtheitseigenschaften au13er Betracht, die das gefarbte Material auf seinem Weg der Weiterverarbeitung bis zur fertigen Ware haben muB, wie Walkechtheit, uberfirbeechtheit usw.

Was wir in der Theorie verlangen, ist, daB ein gefarbtes Material seine Farbung so lange be- hLlt, als es benutzt wird. Bei gewebten Stoffen und Teppichen, bei Stickereien und Kunstgegen- stinden ist dies auch gewiB keine unbillige Forde- rung, denn die Farbe, die gewohnlich nur wenige Prozente des Gesamtmaterials ausmacht, steht im Wert meist weit hinter dem Textilmaterial zuriick. Diese Forderung wird aber nur in seltenen Fallen erfiillt, obwohl es Farbstoffe gibt, die unzerstort iibrig bleiben, wenn man die Faser, auf der sie sitzen, mit chemischen Mitteln zerstort. So ver- halt sich z. B. Alizarin, Indigo, Anilinschwarz und andere mehr.

Da wir aber unsere Wiinsche nicht zu hoch treiben wollen, so miissen wir die Echtheitsfrage analysieren und die in jedem Fall zu verlangenden Echtheitsgrade zu normieren versuchen.

Es handelt sich um Lichtechtheit, Waschecht- heit, Reibechtheit, Wasser- und Schweifiechtheit, Biigelechtheit und Widerstandsfahigkeit gegen StraBenschmutz, also Alkaliechtheit. AuBerdem wiinschen wir, daB eine Farbe bei kiinstlichem Licht moglichst ebenso aussieht und wirkt wie bei Tages- licht.

Es ist selbstverstandlicli, claB man von einem

Futterstoff keine hervorragende Lichtechtheit, von einem Mobelstoff keine Echtheit gegen Hauswasche verlangt, sondern jedes Material soll nur gerade diejenigen Echtheitseigenschaften haben, die fur seinen Gebrauch in Betracht kommen.

Es mu13 auch zugegeben werden, daR der Farber in denjenigen Fallen, wo ihm nicht bekannt ist, wozu das Earbegut spater verarbeitet und ge- braucht werden soll, in einer schwierigen Lnge ist.

Aber das diirfen wir immer verlangen, da6 alles unter allen Umstanden so echt als nur nioglich gefarbt wird und da13 die Art der Farberei, wie sie friiher vielfach gang und gebe war, und die man nicht Farberei, sondern Schmiererei nennen sollte, aufhort. Der Englander macht hier den Unter- schied zwischen ,,dyeing" und ,,staining", und die Schwaben nennen es ,,schmotzen". DaD dies auf- hort, diirfen wir deshalb verlangen, weil die Farben- fabrikanten in den letzten Jahren mit groBeiu FleiS und ebenso grodem Erfolg die Anzithl der echten Farben vermehrt haben. Die meisten Farben- fabrikanten haben beizeiten herausgefiihlt, daB eine Zeit kommen wird, wo die Echtheit wieder in den Vordergrund kommt. Diese Zeit ist da, und die Farbenfabrikanten sind geriistet :

Die Echtheitsproben wurden so gemacht, daD ich iiberzeugt bin, daB jeder Sachverstindige sie als milde und gerecht anerkennen wird - und doch haben sie es ermoglicht, eine scharfe Trennung des Guten vom Schlechten und MittelmiBigen durchzufiihren.

Die Lichtechtheit wurde durch zwanzigtagige Belichtung hinter Glas gepriift. Alle Woll- und Baumwollmuster wurden nach Ostsiidost ex- poniert vom 16./8. bis 4./9. und haben etwa 50 Stunden hellen Sonnenschein gehabt.

Die Waschechtheit wurde mit einer Losung von 2 g Sunlightseife und g calcinierter Soda im Liter Wasser gepriift und zwar wurde immer

Stunde geseift, die Baumwolle bei 9 5 O , die Wolle bei 60'. ,Die Echtheit wurde an mitgeseiften weil3en Liippchen festgestellt.

Die Wasser- und SchweiBechtheit wurde nur bei den Farbungen auf Wollstiick gepriift durch UbcrgieDen mit kochendem Wasser und Erknlten- lassen. Der Echtheitsgrad wurde an den1 mit- behandelten weiden Wollappclien festgestellt,.

Da der Charakt,er dieses Vortrages die Nerinung von Firmen und Farbstoffnamen ausschlieBt, hat Redner die Farbstoffe nur in Klassen eingeteilt.

Seine Muster beweisen, wie z. B. die eine Fabrik eine Serie von Baumwollfarben, die andere eine solche von Wollfnrben in der Lichteclitheit verbessert. hat.

Es gibt eine vollstandige Skala von licht- und waschechten Woll- und Baumwollfarbstoffen f i i r Garnfarberei. Nur im Griin sind sie noch etwaa dunn gesat.

In der Baumwollstiickfirberei haben Redner einige Schwefelfarbstoffe durch Lichtunechtheit iiberrascht. Da13 auch der Indigo auf Baumwolle in hellen Farbungen reclit lichtempfindlich ist, ist j a bekannt.

Ganz b e s o n d e r s vollstandig und schon ist die Serie der Wollfarbst.offe von hervorragender Licht- und Wasser- oder Schweil3echtheit.

Uber die Frage, ob da Natur oder Kunst, den

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Vorrang verdient, ist vie1 gestritten worden. Sie ist heute fast ganz zugunsten der kunstlichen Farbetoffe entschieden. Die Licht- und Wasser- echtheit, selbst von direkten Wollfirbungen, ist bedeutend groDer als die der entsprechenden Natur- firbungen. Auch beim 3 l a u h o l z darf man sagen, daB hellere Farbungen im Vergleich mit Teer- farbstoffen minderwertig sind. In der S c h w a r z - fiirberei herrscht wohl immer noch eine gewisse Gleichheit, so da13 je nach der Preislage, nach ort- lichen Verhaltnissen oder nach bestimmten Eigen- schaften, die das Farbegut bekommen son, einmal daa Blauholz, ein andermal die Teerfarben vorteil- hafter ersc heinen.

Im Baumwolldruck haben sich wohl die neuen echten Farbstoffe am schnellsten eingefiihrt, weil da die feine Musterung, der klare WeiBgrund und das unverschwommene Gegenspiel der Farben sehr wesentlich sind. So ist denn auch diese Kollektion von Drucken fast durchweg auf der Hohe der Echtheit.

Ich komme nun zum T a p e t e n d r u c k . Da mu13 ich mit besonderem Nachdruck betonen, daB die Tapete noch weitaus am schlimmsten damn ist, obwohl von ihr doch nur die e i n e Echt- heit, die Lichtechtheit, verlangt wird. Die in diesem Jahr mit diesjiihriger Ware angestellten Priifungen des Redners haben leider wieder er- geben, daB keine Verbesserung gemacht worden ist, und es ist wohl an der Zeit, einmal recht energisch daruber zu schimpfen.

Man gewinnt den Eindruck, daW daa Publikum der Tapete vollig kritiklos gegeniibersteht.

Ich habe die Muster nicht etwa wie die Fiirbe- muster belichtet, sondern ich habe sie nach Norden 20 Tage exponiert, sie haben also nur an klaren Tagen ein paar Stunden schriiges Sonnenlicht be- kommen, im ganzen hochstens 10 Stunden. Und was ist aus ihnen geworden!! Man wird nicht klagen, wenn eine 35 Pfennigtapete, die auf ge- ringes Holzpapier mit billigstem Farbengeschmier gedruckt ist, voUig zerstijrt wird. Wenn aber eine Tapete fiir 1,70 M sich in ihr Negativ umwandelt, wenn eine Tapete fur 11,25 M nach 20 Tagen Nord- belichtung von Blau in ein Schmutzgrau ubergeht, dann mu13 man doch sagen, da8 ein solcher Material- schwindel an den Pranger gestellt zu werden ver- dient.

Die erste Laienantwort ist: naturlich, die Teer- farbstoffe! Sie haben die schonen alten Erdfarben verdriingt, und die Cherniker sind einmal wieder a n allem schuld!

Dem ist nicht so. Alle Farben dexi Spektrums sind in Farblacken aus Teerfarbstoffen vorhanden und alle haben die zwanzigtigige Belichtung ohne Veriinderung ertragen.

So gut, wie Redner. sollten die Tapetenfabri- kanten imstande sein, diese einfache Probe zu machen m d ihre Farben danach auszuwiihlen.

Es sind in erster Linie die neuen Kiipenfarb- etoffe, denen wir einen grol3en Aufschwung in der Echtheit verdanken, einen Aufschwung, der noch in voller Bewegung begriffen ist, denn fast jede Woohe bringt uns einen neuen Farbstoff dieser Blasse. Es ist zu wihchen, daD diese dem Indigo und dem Alizarin entstammende neue Farbstoff- reihe sich noch recht vielseitig weiterentwickelt ;

Ch. 1908

Redner kann denjenigen Farbenfabriken, die noch keine Kupenfarbstoffe fiihren, nur rakn , sich recht bald solche zuzulegen, nicht nur in ihrem eigenen Interesse, sondern auch in dem des goBen Publi- kums. Denn je groler die Konkurrenz ist, desto billiger werden auch diese Farbsbffe werden. Diese Farbstoffe eignen sich fiir Wolle u n d Baumwolle.

Fur B a u m w o 11 e kommen dann in zwei- ter Linie die Schwefelfarbstoffe in Betracht, fiir Wolle die Chromierungsfarbstoffe. Eine gewisse Beunruhigung, die in der Frage des Einflumes des Chromsuds auf die Qualitat der Wollfaser vor einiger Zeit geherrscht hat, hat sich vollstiindig wieder gelegt.

Wahrend es aber fur Wolle eine ganze Anvthl von direkt ziehenden Farbstoffen gibt, die ge- niigend echt sind, so mochte ich heute den direkten und allen basischen Baumwollfarbstoffen eine recht kurze Zukunft wunschen, wenigstens soweit irgend wertvolle und auf die Dauer berechnete Farbungen in Betracht kommen. Diese Farbstoffe sind fiir Reklamepapiere, fur Bonbons und fur die Wilden gut genug, aber fur den modernen deutachen Haus- halt, der sich heutzutage immer zielbewuDter wieder auf Reinheit des Stils und Echtheit des Materials einstellt, sind sie nicht mehr gut genug.

Und deshalb ist es hoch erfreulich und be- wundernswert, daD die Teerfarbenfabriken, diesen Zug der Zeit erkennend, in emsiger Arbeit eine reiche Auswahl von echten Farben geschaffen haben, an denen wir nur Freude erleben werden!

Urn zum SchluB einen Begriff von dem Arbeitaapparat zu geben, dessen sich die moderne Teerfarbenfabrikatioo bedient, hat Redner von den zehn gro13ten deutschen und schweizerischen Farben- fabriken einige Zahlen erbeten, die (zum Teil schatzungsweise ergiinzt) folgende Gesamtsummen ergeben :

Diese zehn Fabriken beschaftigen insgesamt 550 Koloristen und technische Reisende, 850 wissen- schaftliche und Betriebschemiker. Sie produzieren jiihrlich an Musterkarten, Prospekten und Hand- biichern 1 500 000 Stuck und fertigen au13erdem 1 Mill. Musterfiirbungen fiir die Kundschaft an.

Bei einer solchen Titigkeit ist bestimmt zu erwarten, daB sich die modernen echten Farbstoffe bald uberall Boden verschaffen werden.

A. L o t t e r m o s e r. ,,Der jetzige Stand der Kolloidchemie. Nach einer kurzen Einleitung uber die Gasgesetze, ihre Anwendung auf verdiinnte Losungen und die Molekularhypothesen, werden die neuesten Erfolge der Kolloidchemie besprochen, die in der Auffindung mehrerer Beweise der korper- lichen Existenz der Molekiile bestehen. Der Vor- tragende verbreitet sich dann uber die Bedeutung der elektrischen Ladung der Hydrosole, h e n Zu- sammenhang mit der Erscheinung der Elektrolyt- fiillung, fqrner uber die gegenseitige Einwirkung entgegengesetzt geladener Hydrosole und die damit in Zusammenhang stehende Erscheinung des Auf- tretena unregelmiiliger Reihen und Vorzonen bei der Elektrolytfillung. Nach ein paar Worten iiber die Bestiindigkeit von Hydrosolen unter Einwir- kung der Schwerkraft und Zentrifugalkraft wird die Methode der Ultrafiltration besprochen. Auch die Einwirkung von Temperaturerhohung uod -erniedrigung erfihrt eine kurze Erwiihnung, worauf

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Page 10: Hauptversammlung des Vereins deutscher Chemiker zu Frankfurt a. M. vom 14. bis 18. September 1909

eine eingehendere Wiirdigung der Krystallinitiits- theorie der Kolloide den SchluR des Vortrages bildet.

Fachgruppensiteungen. (Bericht im niichsten Hefte.)

Der Kommers, gegeben vom Frankfurter Bezirksverein am Don- nerstag den 16./9. abends 9 Uhr im groBen Saale des Kaufmannischen Vereins am Eschenheimer Turm.

Dime Veranstaltung des festgebenden Bezirks- vereins nahm einen auBerordentlich glucklichen Verlauf. Von den Rednern des Abends sprach Prof. B e c k e r iiber den Verein deutscher Chemiker ah einen neutralen Boden, auf dem sich Unternehmer und Angestellte friedlich zusammenfinden.

Prof. Dr. D u i a b e r g verlas folgendes Ant- wortstelegramm s. M. des Kaisers:

,,S. M. der Kaiser und Konig lassen dem Verein deutscher Chemiker fur die freundliche BegruBung bestens danken. .4uf allerhochsten Refehl der geheime Kabinetsrat v. Valentini. "

Dir. F. L ii t y spricht dem Frankfurter Be- zirksverein namens des Hauptvereihs herzlichsten Dank aus; er konnte nicht genug die freundliche Aufnahnie seitens der Frankfurter Kollegen, die Vortrefflichkeit alles Dargebotenen und das tiefe Gefiihl der Dankbarkeit, von dem alle beseelt seien, hervorheben.

Dr. R a s c h i g vertieft sich in Frankfurte Vergangenheit und fordert zu einem Hoch auf die chemische Industrie in und um Frankfurt auf. Geh. Kommerzienrat G a n s feiert die Beamtenschaft der chemischen Industrie.

Besichlignngen. am Freitag den 18./9. vormittags und nachmittags.

Wer vormittags sovie1 Zeit eriibrigen konnte, insbesondere also die Damen, nahm die internatio- nale Luftachiffahrtsausstellung (Ila) und die Aus- stellung chemischer Apparate in Augenschein. Der Nachmittag war dem Besuche der D y c k e r - h o f f schen Ze m e n t f a b r i k in Biebrich a. Rh., der S c h a u m w e i n f a b r i k B u r g e f f & Co. inHochheima.M., der P l a t i n s c h m e l z e v o n W. C. H e r a e u s in Hanau, der F e l t e n - u n d G u i l l a u m e L a h m e y e r - W e r k e , und der A d l e r w e r k e v o r m . H e i n r . K l e y e r ge- widmet.

Vergniigungen. Am Freitag Abend hatten viele Festteilnehmer die

freundlich gebotene Gelegenheit benutzt, die Statten darstellender Kunst, Oper und Schauspielhaus zu be- suchen. Die Theaterverwaltungen waren dem Kunst- sinn der ,Cfiemiker durch liebenswiirdiges Angebot ermaRigter Eintrittspreise entgegengekommen.

Einen wiirdigen AbschluB fand d a m die Hauptversammlung mit der Rheinfabrt am Sonn- abend. Vomittags 9 Uhr stand auf dem Haupt- Bahnhof. Frankfurt ein Sonderzug bereit, der die Festteilnehmer nach Biebrich fiihrte. An einen Spaziergang nach dem Rheinufer schlol3 sich eine Dampferfahrt bis zur Loreley und zuriick bis 813- mannshausen. Hier fand gemeinechaftliches Mittag- essen in der ,,Krone" statt.

Nach einer Fiille von Tischreden, die einem kleineren Kreise galten, ergriff Dr. Q u i n c k e das Wort zu einer allgemeinen, hochst launigen und humorvollen Rede, deren Inhalt auch nur andeu-

tungsweise wiederzugeben uns leider der Raum mangelt.

Um 6 TJhr gings mit dem Dampfer nach Biebrich zuriick. Sobald der Dampfer aus dem rheinischen Schiefergebirgc heraus in jenen von flacheren Ufern umshumten Teil des Rheins einlief, der zurzeit vollufrig fliel3end wie ein weites Meer flutete, er- glanzte bald hier bald dort, wo cheniisclie Fabriken ihre hohen Schlote in die Liifte ragen lieBen, das Ufer in magischer Beleuchtung, lautes Hurra erklang und donnernde Biillerschiisse, vom Dampfer aus fleiBig erwidert, hallten von Ufer zu Ufer. Hier fand das schone Fest eigentlich sein Ende; daa in Wiesbaden geplante Kurhausfest konnte bei der Ungunst der Witterung - whon nachniittags hatte sich Regen eingestellt - leider den gehegten Envartungen nicht entsprechen. Etwas enttauscht trat man um 11 Uhr nachts die Riickfahrt von Wiesbaden nach Frankfurt an. .Sm folgenden Sonntagmorgen fuhr jeder wieder der Heimat zu mit dem Gedanken: Hoffen wir auf ein gleich schones Fest im nLchsten Jahre in Miinchen.

Rauchschgden durch Dampfkesselfeuerungen.

(Eingeg. 26.18. 1Bo9.)

Die im Jahre 1908 bei Paul Parey-Berlin erschienenen Druckschriften von H. W i s 1 i c e - n u s: ,,Uber die Grundlagen technischer und ge- setzlicher MaSnahmen gegen Rauchschaden" und von E. S c h r o t e r: ,,Die Rauchquellen im K6nig- reich Sachsen und ihr EinfluS auf die Forstwirt- schaft", bilden eine wertvolle Ergilnzung der be- kannten alteren Arbeiten S t 6 c k h a r d t s I ) ,

F r e i t a g s z ) , v o n S c h r o d e r s , v o n S c h r o - d e r s R e u S S ) , C l e m e n s W i n k l e r s 4 ) und der neueren Forscliungen von R. H a s e n - c l e v e r 6 ) , H. O s t 6 ) und H. W i s l i c e n u s ' ) .

In den oben genannten Veroffentlichungen werden in iibersichtliclier Zusammenstellnng die Gefal~en behandelt, welche der Forstwirtschaft und der Bodenkultur im allgemeinen durch die Ab- gase der Industrie drohen.

Unter diesen Abgasen spielen nun dieYRauch- gase der Dampfkesselfeuerungen insofern eine recht bedeutsame Rolle, als durch den Verbrauch groder Mengen schwefelhaltiger Kohlen ganz enorme Mengen von schwefliger Saure der Theorie nach erzeugt und durch die Schornsteine in die Atmo- sphare befordert werden, so daB namentlich bei ungiinstiger Lage des Forstbetriebes zu den rauch- erzeugenden Industriestatten eine Schadigung der Bestinde herbeigefuhrt werden kann.

Die Storungen der Vegetation, welche durch 1) Tharandter forstl. Jahrbuch 1853, 9. Band. 2 ) Jahrbuch fur das Berg- und Huttenwesen

3) Die Beschadigung der Vegetation durch

4) Verhandlungen des Vereins zur Beforderung

6 ) Chem. Induetrie 1896 und 1896. 6 Chem. Industrie 1900 p. 92. Chem.-Zt.g. 1896,

in Sachsen 1873, 1875.

saure Gase. Berlin 1883.

des GewerbfleiSes 1899.

p. 165. 7) Diese Z. 1901, 689.