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Hinweise und Erläuterungen
Rahmenplan Philosophie
gymnasiale Oberstufe
Hamburg 2005
Impressum
Herausgeber:
Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Bildung und Sport
Amt für Bildung - B 22 -
Hamburger Straße 31, 22083 Hamburg
Alle Rechte vorbehalten
Referat Gesellschaftswissenschaftlicher Unterricht
Fachreferent:
Dr. Christian Gefert
Redaktion:
Dr. Carsten Behle
Hans Christof Kräft
Hamburg 2005
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
Inhalt
Vorwort 5
A. Zu den verbindlichen Inhalten und Anforderungen 6
1. Zu den Inhalten und Anforderungen der Vorstufe 10
2. Zu den Inhalten und Anforderungen der Studienstufe 18
B. Zur Organisation des Philosophieunterrichts 37
1. Zu Methoden der Themenwahl und Problembestimmung 37
1.1 Zur Themenwahl 37
1.2 Zur Bestimmung einer semesterleitenden Problemfrage 38
2. Zur Semesterplanung und Dokumentation der Unterrichtsinhalte 39
2.1 Grundlagen der Unterrichtsplanung zu Beginn und
während des Semesters
39
2.2 Dokumentation der Semesterinhalte zum Abschluss
des Semesters
40
3. Zur Arbeit der Fachkonferenz 40
C. Beispiele für die Gestaltung von Unterrichtseinheiten 42
Thema Der Mensch 43
Thema Sinn des Lebens 51
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 5 -
Vorwort
Der neue Rahmenplan Philosophie in Hamburg (2004) beschreibt inhaltliche und
methodische Standards für den Philosophieunterricht. Er formuliert konkrete
Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler, um das Philosophieren als
„Kulturtechnik“1
zu konturieren. Der Philosophieunterricht wird damit vor der Gefahr
bewahrt, entweder ein Ort des bloßen Austausches von Meinungen oder eine
problementbundene Reproduktionsstätte philosophischer „Klassiker“ zu sein.
Ausgehend von dem Verständnis, dass Philosophieren heißt, vor dem Hintergrund
eines Problems grundsätzlich zu reflektieren und auf grundlegende Fragen
Antworten zu suchen sowie eigene und fremde Wissensansprüche zu
problematisieren, zielt der mit dem Rahmenplan intendierte Philosophieunterricht auf
eine Stärkung des Urteilsvermögens der Schülerinnen und Schüler: Sie lernen hier,
sich in Hinblick auf grundlegende und wichtige Problemen zu orientieren.
Die Problemorientierung des Philosophieunterrichts ist also ein zentrales
Charakteristikum des Rahmenplans Philosophie: Unterrichtsleitende Themen bzw.
Fragen werden in diesem Fach in der Forschungsgemeinschaft zwischen
Schülerinnen bzw. Schülern und der Lehrkraft entwickelt. Sie bestimmen den
Unterricht und die Untersuchungsrichtungen bzw. können selbst Gegenstand des
Philosophierens werden. Fachphilosophische Denkmodelle werden im
Philosophieunterricht als Antwortangebote und Angebote zur genaueren begrifflichen
bzw. argumentativen Zuspitzung eines philosophischen Problems genutzt. Dabei
können unterschiedliche Methoden hilfreich sein, die den konkreten Arbeitsprozess
in der Lerngruppe bestimmen. Dieses Verständnis des Philosophieunterrichts
impliziert nicht nur ein hohes Maß an thematischer und methodischer
Selbstbestimmung für die Gestaltung philosophischer Bildungsprozesse in einer
spezifischen Lerngruppe, es setzt auch eine hohe Kompetenz bei der Auswahl
fruchtbarer philosophischer Themen, Materialien und Methoden voraus. Die
vorliegenden Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie sollen dazu
Anregungen geben. Sie verstehen sich nicht als bindende Anleitungen für die
inhaltliche und methodische Ausgestaltung des Philosophieunterrichts, sondern sie
beinhalten Konkretisierungsoptionen für die inhaltlichen und methodischen Vorgaben
des Rahmenplans. Ihre Gliederung verdeutlicht drei Schwerpunkte: Sie bieten
Anregungen zur Materialauswahl in Hinblick auf die verbindlichen Inhalte (Teil A),
Impulse für die Gestaltung der Organisationsstruktur des Philosophieunterrichts (Teil
B) und sie beinhalten zwei Beispiele für die konkrete Arbeit an Themen im
Philosophieunterricht (Teil C).
Mein besonderer Dank gilt den beiden Redakteuren dieser Hinweise und
Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie: Ohne das außerordentliche
Engagement von Dr. Carsten Behle und Hans Christof Kräft wäre dieser Text nicht
entstanden.
Dr. Christian Gefert
1 Vgl. Ekkehard MARTENS: Methodik des Ethik- und Philosophieunterrichts. Philosophieren als
elementare Kulturtechnik, Hannover 2003.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 6 -
A. Zu den verbindlichen Inhalten und Anforderungen
Der Rahmenplan Philosophie schreibt nicht die Behandlung eines Text- oder
Autorenkanons vor, sondern elementare, aber in gewisser Weise themenneutrale
philosophische Kompetenzen, die – so die Idee des Rahmenplans – mit
spannungsvollen Begriffspaaren oder alternativen philosophischen Konzepten
verknüpft sind. In der Erörterung der Beziehung zwischen den Begriffen und
Konzepten besteht der Erwerb der fraglichen Kompetenz.
Zwischen normativen und deskriptiven Aussagen und Fragestellungen unterscheiden
zu können ist beispielsweise eine elementare philosophische Kompetenz; verbunden
mit dem Inhalt „Deskription und Norm“ ist sie deshalb Anforderung des
Rahmenplans. – Für die meisten philosophischen Diskussionen ist die Fähigkeit zum
Aufbau und zur Kritik von Begriffsbestimmungen zentral; sie ist geknüpft an die
spannungsreiche Beziehung zwischen „Wort und Bedeutung“ und daher verbindliche
Anforderung des Rahmenplans und seiner Inhalte. – Ebenso ist für die meisten
ethischen Fragestellungen die Beherrschung und Unterscheidung der
deontologischen und der konsequentialistischen Argumentationsweise erforderlich;
sie wird als verbindliche Anforderung in den Rahmenplan aufgenommen und findet
sich unter dem Titel „Konsequentialismus und Deontologie“ in seinen verbindlichen
Inhalten wieder. – Vergleichbares lässt sich über fast alle anderen Inhalte des
Rahmenplans sagen.
Die Inhalte sind – lediglich zum Zwecke der Übersicht – in sieben Arbeitsbereiche
zusammengefasst, die also nicht als Semesterthemen gedacht sind:
Verbindliche Inhalte des Rahmenplans Philosophie
Vorstufe
Arbeitsbereich Philosophieren Arbeitsbereich Philosophische Arbeitsformen
(1) Meinung und Wissen
(2) Deskription und Norm
(3) Platon: Apologie
(4) Platon: Höhlengleichnis
(5) Gespräch und Schriftlichkeit
(6) Interpretation und Produktion
(7) Philosophieren und Reflexion des Philosophierens
Studienstufe
Arbeitsbereich
Sprache und
Erkenntnis
Arbeitsbereich
Ethik und Politik
Arbeitsbereich
Metaphysik
Arbeitsbereich
Ästhetik
Arbeitsbereich
Anthropologie
(1) Wort und
Bedeutung
(2) Empirismus und
Rationalismus
(3) Individualismus und
Gemeinsinn
(4) Konsequentialismus
und Deontologie
(5) Glaube und
Wissen
(6) Utopie und
Realität
(7) Kunstwerk und
Dokument
(8) Schönheit und
Hässlichkeit
(9) Leib und Seele
(10) Natur und
Kultur
Zusätzliche verbindliche Inhalte in Leistungskursen
(11) Wissenschaft
und Pseudo-
wissenschaft
(12) Tugend und Lust (13) Zeit und
Ewigkeit
(14) Ethik und
Ästhetik
(15) Determinismus
und
Indeterminis-
mus
Kompetenzen werden in den Rahmenplänen durchweg als „Anforderungen“
bezeichnet. Für den Philosophieunterricht formuliert der Rahmenplan also die mit
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 7 -
den „verbindlichen Inhalten“ verbundenen Anforderungen: Festgelegt werden
strenggenommen nicht die Inhalte des Unterrichts, sondern bestimmte als
„Anforderungen“ bezeichnete Kompetenzen, die im Unterricht erworben werden.
Das schafft thematische Freiräume. Es schafft aber auch Bedarf. Es schafft
einerseits Bedarf nach Materialien, mit denen sich Fachlehrer und Fachlehrerinnen
schnell und in gebotener Kürze die fragliche Kompetenz aneignen bzw. die sich für
den Einsatz im Unterricht eignen. Es schafft andererseits Bedarf nach
Fragekontexten, in denen die Behandlung eines verbindlichen Inhalts sinnvoll ist.
Hierfür werden im Folgenden unter den Titeln „Empfehlenswerte Materialien“ und
„Mögliche Fragekontexte“ Vorschläge gemacht.
Die folgende Materialsammlung richtet sich gleichermaßen an Unterrichtende und
Schülerinnen bzw. Schüler – eine Trennung für beide Benutzergruppen wurde nicht
vorgenommen, da die Verwendung des Materials im Kontext einer spezifischen
Unterrichtssituation bestimmt werden muss. Erläuternde Anmerkungen zum Material
und präzise Quellenangaben sind nur dort zu finden, wo es von den Autoren als
hilfreich erachtet wurde – so ist beispielsweise bei „klassischen“ Texten der
Philosophiegeschichte auf nähere Angaben zur Ausgabe verzichtet worden. Ferner
gibt es auch keine pauschalen Verweise auf Schulbücher, da der Verweis auf den
einzelnen philosophische Text im Mittelpunkt stehen soll. Die Benutzerinnen und
Benutzer der vorliegenden Handreichung sind herzlich eingeladen, die hier
gemachten Vorschläge durch eigene Hinweise für empfehlenswerte Materialien und
mögliche Fragekontexte zu ergänzen, damit sie in einer späteren Ausgabe der
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie aufgenommen werden
können. Der Ansprechpartner ist der Fachreferenten für Philosophie der Behörde für
Bildung und Sport.
Didaktik und Methodik des Philosophieunterrichts
n MARTENS, Ekkehard: Methodik des Ethik- und Philosophieunterrichts.
Philosophieren als elementare Kulturtechnik, Hannover 2003.
n MARTENS, Ekkehard / ROHBECK, Johannes / SÄNGER, Monika /STEENBLOCK, Volker
(Hg.): Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik (= ZDPE, bis 1992 Zeitschrift
für Didaktik der Philosophie = ZDP), seit 1979.Wichtige deutschsprachige Fachzeitschrift für Philosophiedidaktik.
n ROHBECK, Johannes: Methoden des Philosophierens (Jahrbuch für Didaktik der
Philosophie und Ethik, Bd. 1), Dresden 2000.
n STEENBLOCK, Volker: Philosophische Bildung. Einführung in die Philosophiedidaktik
und Handbuch: Praktische Philosophie, 2. Auflage, Münster/Hamburg/London 2002.Umfangreiche unterrichtspraktische Hinweise.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 8 -
Allgemeine philosophische Nachschlagewerke
n HÖFFE, Otfried: Lexikon der Ethik. Erweiterte Auflage, München 1997.
n HÜGLI, Anton / LÜBCKE, Poul (Hg.): Philosophielexikon. Personen und Begriffe der
abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart, Reinbek 52003
(Rowohlts Enzyklopädie).Deutsche Übersetzung eines dänischen Lexikons. Für den schnellen und zuverlässigen Einblick und
Überblick bestens geeignet.
n KRINGS, Hermann / BAUMGARTNER, Hans Michael / WILD, Christoph (Hg.):
Handbuch philosophischer Grundbegriffe. Studienausgabe, 6 Bände. München 1973.Ausführliche Artikel zu zentralen Begriffen der Philosophie; bestens geeignet zur Sachanalyse.
n MARTENS, Ekkehard / SCHNÄDELBACH, Herbert: Philosophie. Ein Grundkurs.
Überarbeitete und erweiterte Ausgabe in zwei Bänden. Reinbek 1991.Enthält zwar Einzelbeiträge zur Einführung in philosophische Teildisziplinen, eignet sich aber gerade
deshalb und wegen seines Registers hervorragend als Nachschlagewerk.
n MITTELSTRAß, Jürgen (Hg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 4
Bde., Mannheim 1980-1996.Längere Überblicksartikel, hervorragende Überblicke.
n OSBORNE, Richard: Philosophie. Eine Bildgeschichte für Einsteiger. München 1997.Philosophiegeschichte als Comic.
n Philosophisches Wörterbuch. Begründet von Heinrich SCHMIDT. Neu bearbeitet von
Georgi SCHISCHKOFF. Stuttgart 22
1991.Wissenschaftlich fundierte, kompakte Einträge zu Begriffen und Autoren.
n SEIFFERT, Helmut / RADNITZKY, Gerard (Hg.): Handlexikon zur
Wissenschaftstheorie, München 1992.Trotz des Titels in der Hauptsache ein Philosophielexikon. 88 längere Artikel in einem Band.
n SPECK, Josef (Hg.): Handbuch wissenschaftstheoretischer Grundbegriffe, 3 Bände,
Göttingen 1980.Trotz des Titels in der Hauptsache ein Philosophielexikon. Längere Artikel aus der Feder namhafter
internationaler Gegenwartsphilosophen.
n VOLPI, Franco / NIDA-RÜMELIN, Julian (Hg.): Lexikon der philosophischen Werke.
Stuttgart 1988.Zuverlässige bibliographische Angaben und Zusammenfassungen.
Internetlinks
Didaktik der Ethik und Philosophie (http://www.deletaphi.de)
Literaturdatenbank mit Verweisen zu Aufsätzen zur Philosophiedidaktik.
Ephilo Suchmaschine und Experten-Forum (http://www.ephilo.de)Spezielle Suchmaschinen für Philosophie, Linkkatalog und Recherche im Internet.
Episteme Links (http://epistemelinks.com)
Die englischsprachige Internetquelle mit schier unerschöpflichen Hinweisen.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 9 -
Filmographie (http://learnline.de/Angebote/praktphilo)
Liste von Filmen, die sich für den Philosophieunterricht eignen, u.a.
HotList (http://www.uni-koeln.de/phil-fak/fs-philo/info/hotlist.html)Kommentierte Liste von deutschen und internationalen Philosophie-Links.
Information Philosophie (www.informationphilosophie.de)
Online Auftritt der Zeitschrift „Information Philosophie“ mit umfangreichem Archiv.
The Internet Encyclopedia of Philosophy (http://www.utm.edu/research/iep)
Philosophers Today (www.philosophers-today.com)
Kommentierte Linksliste zu wichtigen Philosophen der europäischen Tradition, zu modernen
deutschsprachigen Philosophen und deren Homepages, Informationen zu philosophischen Aktivitäten
im deutschsprachigen Raum.
Philosophie (http://www.geocities.com/mulmi2000/Lexika.htm)
Enthält eine Reihe von Links zu Philosophielexika und anderen Nachschlagewerken.
Philosophische Bücherei (http://buecherei.philo.at)
Sammlung von kommentierten Ressourcen zur Philosophie. Der Schwerpunkt liegt bei
deutschsprachigen Seiten.
PhilSearch (http://www.philsearch.de)
Spezialsuchmaschine für Philosophie-Seiten zu deutschsprachigen Seiten .
The Stanford Encyclopedia of Philosophy (http://plato.stanford.edu/contents.html)
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 10 -
1. Zu den Inhalten und Anforderungen der Vorstufe
Im Mittelpunkt der Arbeit in der Vorstufe steht eine Einführung in die Methoden des
Philosophierens bzw. der Philosophieunterrichts. Aus diesem Grund sind in diesem
Abschnitt der Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie viele
Materialien mit methodischen Impulsen zur Gestaltung des Philosophieunterrichts zu
finden.
„Am Ende der Vorstufe erfüllen die Schülerinnen und Schüler folgende allgemeine
Anforderungen:
• Sie erläutern die Eigenart philosophischen Fragens als Fragen nach dem „Wesen der
Dinge“ anhand einzelner Beispiele.
• Sie unterscheiden zwischen Person und Position und berücksichtigen dies im eigenen
Diskussionsverhalten.
• Sie artikulieren persönliche Erfahrungen und Vorurteile in bezug auf den
Unterrichtsgegenstand.
• Sie artikulieren sich mündlich wie schriftlich in diskursiv und präsentativ angemessener
Form.
• Sie knüpfen an die Beiträge anderer Diskursteilnehmer an und gewichten diese in der
eigenen Argumentation.
• Sie formulieren leitende Fragestellungen für den Unterricht.
• Sie wenden die philosophischen Reflexionsdimensionen auf unterschiedliche
Fragestellungen an.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
(1) Meinung und Wissen
„Die Schülerinnen und Schüler unterscheiden zwischen Wissen und Meinung, nennen
adäquate Unterscheidungskriterien und beurteilen, wann sich Äußerungen in der Kursarbeit
als Meinung oder Wissen verstehen lassen. Sie nennen Kriterien für gute Argumente und
beurteilen die Plausibilität vorgelegter Argumentationen unter anderem dadurch, dass sie
verschiedene Strategien der Argumentkritik auf vorgelegte Argumente anwenden.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n CRAIG, Edward: Was wir wissen
können. Pragmatische
Untersuchungen zum Wissensbegriff.
(Wittgenstein-Vorlesung der Universität
Bayreuth, hg. von W. VOSSENKUHL),
Frankfurt a. M. 1993.Zugang zum Wissensbegriff über dessen
Zweck. Kritik an der analytischen Diskussion
um die richtige Analyse des Wissensbegriffes.
n DANCY, Jonathan / SOSA, Ernest
(Hg.): A Companion to Epistemology,
Oxford 1992.Hervorragendes Nachschlagewerk zur
Erkenntnistheorie; einschlägig sind
insbesondere die Artikel Knowledge and Belief
und Argument.
n GETTIER, Edmund: Ist Wissen wahre,
gerechtfertigte Meinung? In: BIERI,
Peter (Hg.): Analytische Philosophie
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 11 -
der Erkenntnis, Frankfurt a. M. 1987,
Weinheim 31994, Seite 91-93.
Berühmte und einflussreiche Kritik an der
platonischen Analyse des Wissensbegriffes.
n NAGEL, Thomas: Was bedeutet das
alles? Eine ganz kurze Einführung in
die Philosophie, Stuttgart 1990. Besonders Kapitel 1.
n Philosophie und Begründung. Hg.
vom Forum Philosophie Bad Homburg.
Frankfurt a. M. 1987.Textsammlung mit neueren Beiträgen zur
Frage philosophischer Begründung, vor allem
auch zum Problem der Letztbegründung von
Wissensansprüchen.
n PLATON, Theaitetos.Klassische Untersuchung zu der Frage, was
Wissen sei. Darin Entwicklung der sog.
platonischen Analyse des Wissensbegriffes.
n ROSENBERG, Jay F.: Philosophieren.
Ein Handbuch für Anfänger, Frankfurt
a. M. 1986.Einschlägig insbesondere die Kapitel 2, 3 und
6.
n SAVIGNY, Eike von: Grundkurs im
logischen Schließen. Übungen zum
Selbststudium, München 1976.Fundgrube für Übungen und Aufgaben zum
logischen Schließen.
n SCHNÄDELBACH, Herbert:
Philosophische Argumentation. In:
SCHNÄDELBACH, Herbert / MARTENS,
Ekkehard (Hg.): Philosophie. Ein
Grundkurs, 2 Bände, Reinbek 1991
(Rowohlts Enzyklopädie): Band 2,
Seite 683–707.Einführung in die Theorie der philosophischen
Argumentation, v.a. Unterschied zwischen
Begründung und Argumentation.
n TUGENDHAT, Ernst / WOLF, Ursula:
Logisch-semantische Propädeutik,
Stuttgart 1983.Sehr klare Einführung in philosophische
Grundbegriffe und in die Philosophie der Logik.
n VON FOERSTER, Heinz / PÖRKSEN,
Bernhard: Wahrheit ist die Erfindung
eines Lügners, Heidelberg 1998.Konstruktivistische Position.
Mögliche Fragekontexte
• Was ist Wissen?
• Was kann ich wissen?
• Gibt es sicheres Wissen?
• Wer weiß etwas? Nur Menschen? Oder auch Tiere? Computer?
• Woher stammt unser Wissen? Was sind die Quellen unseres Wissens?
• Was soll ich wissen? Was muss ich wissen? Gibt es unerlässliches Wissen?
• Wann ist eine Meinung gerechtfertigt?
• Betrachten wir die Welt immer nur im Lichte unserer Vorurteile?
• Kann man wissen, dass etwas schön ist?
• Was kann man wissen über Gott / den Sinn des Lebens / ein Leben nach dem
Tod?
• Ist der Mensch mehr als ein zivilisiertes Tier?
• Gibt es Fortschritt in der Geschichte?
• Kann man eine andere Person vollkommen durchschauen?
• Gibt es wahre Gefühle?
• Können Tiere denken?
• Was ist ein gutes Argument?
• Wie lässt sich ein Argument kritisieren?
• Lässt sich die Existenz Gottes / lässt sich irgendein historisches Faktum (z.B.
die erste Mondlandung) beweisen?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 12 -
(2) Deskription und Norm
„[Die Schülerinnen und Schüler] beschreiben den Unterschied zwischen deskriptiven und
normativen Aussagen und erörtern, in welchen (Gesprächs-) Situationen eine Unterscheidung
zwischen Deskription und Norm sinnvoll ist.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n Moralisches Argumentieren,
Themenheft, ZDPE 3/2003.
n AYER, Alfred Jules: Sprache,
Wahrheit und Logik (1936), Stuttgart
1970.Insbesondere das Kapitel VI Kritik der Ethik
und Theologie.
n FRANKENA, William K.: Der
naturalistische Fehlschluss (1939). In:
GREWENDORF, Günther / MEGGLE,
Georg (Hg.): Seminar Sprache und
Ethik. Zur Entwicklung der Metaethik,
Frankfurt a. M. 1974, Seite 83–99.
n GREWENDORF, Günther / MEGGLE,
Georg (Hg.): Seminar Sprache und
Ethik. Zur Entwicklung der Metaethik,
Frankfurt a. M. 1974.Sammelband mit klassischen Aufsätzen zur
Metaethik.
n KIM, Jaegwon / SOSA, Ernest (Hg.):
A Companion to Metaphysics, Oxford
1995.Hervorragendes Nachschlagewerk, einschlägig
insbesondere der Artikel Fact / Values.
n NAGEL, Thomas: Was bedeutet das
alles? Eine ganz kurze Einführung in
die Philosophie. Stuttgart 1990. Besonders Kapitel 6.
n WOLF, Jean-Claude / SCHABER,
Peter: Analytische Moralphilosophie,
Freiburg / München1998.Überblick u.a. über die Metaethik heute.
n Film: Thelma & Louise (USA 1991,
Regie: Ridley Scott)Roadmovie zum Widerstand gegen Normen.
Mögliche Fragekontexte
• Wie verbindlich sind kulturelle Traditionen?
• Gibt es einen Grund für die Existenz der Welt / der Menschheit?
• Ist der Mensch ein freies Wesen?
• Darf der Mensch seinesgleichen bestrafen?
• Gibt es einen Anspruch der Natur auf Schutz durch den Menschen?
• Haben Pflanzen Gefühle?
• Darf der Mensch alles, was er kann?
• Ist das Gewissen eine zuverlässige Entscheidungsinstanz?
• Ist das Leben ein Wert an sich?
• Was ist Mündigkeit? Wie erwirbt man Mündigkeit?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 13 -
(3) Platon, Apologie
„[Die Schülerinnen und Schüler] beschreiben und problematisieren mindestens zwei Aspekte
der platonisch-sokratischen Philosophie. Sie rekonstruieren das platonische Philosophie-
Verständnis anhand der Apologie sowie des Höhlengleichnisses und untersuchen deren
aktuelle Bedeutung.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n MARTENS, Ekkehard: Die Sache des
Sokrates, Stuttgart 1992.Portrait des Sokrates aus der Feder eines
Philosophiedidaktikers.
n RITZ, Eberhard / SCHNEIDER,
Friedhelm / LANGE, Klaus: Platons
Apologie des Sokrates. In: ZDP
3/1993.Unterrichtseinheit zum Thema.
n Hörbuch: Verteidigungsrede des
Sokrates, gesprochen von Gerda
GMELIN.
n Hörbuch: Die Verteidigungsrede des
Sokrates, zusammengestellt und
vorgetragen von Rainer HAUER.
n Hörbuch: Werner Krauss spricht die
Verteidigungsrede des Sokrates nach
Platon.
n Internet:
http://www.prometheusonline.de/
heureka/philosophie/klassiker/platon/Gegliederte Textfassung der Apologie.
Mögliche Fragekontexte
• Wozu gibt es Philosophie?
• Nach welchen Kriterien wurde im alten Athen geurteilt?
• Worin sieht Sokrates die Aufgaben eines Richters?
• Was wurde Sokrates vorgeworfen?
• Wie würde heute eine Anklage gegen Sokrates lauten?
• Wie verteidigte sich Sokrates?
• Wie würde Sokrates sich heute verteidigen?
• Wie unterscheidet Sokrates seine Tätigkeit von jener der Sophisten?
• Warum glaubt Sokrates weiser als seine Mitbürger zu sein?
• Lässt sich ein zeitloses Urteil über Sokrates formulieren?
• Was ist Weisheit?
• Lohnt es sich, für die Wahrheit zu sterben?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 14 -
(4) Platon, Höhlengleichnis
„[Die Schülerinnen und Schüler] beschreiben und problematisieren mindestens zwei Aspekte
der platonisch-sokratischen Philosophie. Sie rekonstruieren das platonische Philosophie-
Verständnis anhand der Apologie sowie des Höhlengleichnisses und untersuchen deren
aktuelle Bedeutung.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n BLUMENBERG, Hans: Höhlenaus-
gänge, Frankfurt a. M. 1989.
n HEIDEGGER, Martin: Vom Wesen der
Wahrheit. Zu Platons Höhlengleichnis
und Theätet. In: ders., Gesamtausgabe
II, 34, Frankfurt a. M. 1988.
n PATZIG, Günther: Platons Ideenlehre,
kritisch betrachtet. In: ders.,
Tatsachen, Normen, Sätze. Aufsätze
und Vorträge, Stuttgart 1988, Seite
119–143.Kurzgefasste und sehr klare, kritische
Behandlung des Kontextes des
Höhlengleichnisses.
n WEIZSÄCKER, Carl Friedrich von:
Platons Höhlengleichnis. In: ZDP 10,
1988, Seite 3-8.
n Film: F wie Fälschung (Frankreich /
Deutschland 1973, Regie: Orson
WELLES).Film über Schein und Wirklichkeit der
Medienwelt.
n Film: Die Truman Show (USA 1998,
Regie: Peter WEIR).Laut Aussage des Regisseurs eine Verfilmung
des Höhlengleichnisses.
Mögliche Fragekontexte
• Muss / soll Erkenntnis schmerzhaft sein?
• Hat jeder seinen eigenen Weg zur Wahrheit?
• Liefern (nur) die Sinne Erkenntnis?
• Welche Aufgaben hat der Philosoph in der Gesellschaft?
• Was behindert den Menschen auf der Suche nach der Wahrheit?
• Darf man Menschen zur Wahrheit zwingen?
• Sollen wir wirklich alles wissen wollen?
• Ist die Wahrheit wichtiger als das Leben?
• Ist der Mensch ein Vernunftwesen?
• Kann man Wissen lehren oder muss man es selbst finden?
• Bilden Medien die Wirklichkeit ab?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 15 -
(5) Gespräch und Schriftlichkeit
„Die Schülerinnen und Schüler erläutern den begrifflich-argumentativen Verlauf
philosophischer Gespräche schriftlich, benennen und problematisieren zentrale Begriffe,
Thesen und Argumente philosophischer Texte mündlich, jeweils mit Bezug auf
Fragestellungen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n Texte schreiben, Themenheft, ZDPE
2/2002:.
n ADORNO, Theodor W.: Der Essay als
Form. In: ders.: Philosophie und
Gesellschaft, Stuttgart 1984.
n DERRIDA, Jacques: Die différance. In:
ders.: Randgänge der Philosophie,
Wien 1988, Seite 31-56.Basistext des Dekonstruktivismus.
n MARTENS, Ekkehard: Die Sache des
Sokrates. Stuttgart 1992.Besonders Kapitel 3 „Mündlichkeit und
Schriftlichkeit“.
n PLATON: Die Apologie des Sokrates. Besonders der erste Teil, in dem Sokrates
über die Kunst der schönen Rede spricht.
n REED, Ronald: Dialog oder
Gespräch. In: MARTENS, Ekkehard /
SCHREIER, Helmut: Philosophieren mit
Schulkindern, Heinsberg 1994.
n ROSENBERG, Jay F.: Philosophieren.
Ein Handbuch für Anfänger, Frankfurt
a. M. 1986.Einschlägig insbesondere die Kapitel 5 und 8 –
10.
Mögliche Fragekontexte
• Bei welchen Gelegenheiten ist die Anfertigung eines Textes einem Gespräch
vorzuziehen? Bei welchen Gelegenheiten ist ein Gespräch hilfreicher als ein
schriftlicher Austausch?
• Welche Unterschiede bestehen zwischen mündlicher und schriftlicher Artikula-
tion?
• Was macht ein gutes Protokoll, was macht ein gutes Referat aus?
• Was ist ein Diskurs?
• Wann sind mündliche oder schriftliche Diskursbeiträge konstruktiv, wann sind
sie es nicht?
• Was ist ein philosophischer Essay?
• Wie schreibt man einen philosophischen Essay?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 16 -
(6) Interpretation und Produktion
„[Die Schülerinnen und Schüler] wenden Methoden der Interpretation und Produktion
philosophischer Äußerungen an.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n GEFERT, Christian: Didaktik
theatralen Philosophierens.
Untersuchungen zum Zusammenspiel
argumentativ-diskursiver und theatral-
präsentativer Verfahren bei der
Texteröffnung in philosophischen
Bildungsprozessen, Dresden 2002.
n MARTENS, Ekkehard: Methodik des
Ethik- und Philosophieunterrichts.
Philosophieren als elementare
Kulturtechnik, Hannover 2003.
n ROHBECK, Johannes: Anschauliches
Denken, Dresden 2005.
n ROSENBERG, Jay F.: Philosophieren.
Ein Handbuch für Anfänger, Frankfurt
a. M. 1986. Besonders die Kapitel 5 und 8–11.
n RUNTENBERG, Christa: Didaktische
Ansätze einer Ethik der Gentechnik.
Produktionsorientierte Verfahren im
Unterricht über die ethischen Probleme
der Gentechnik, München 2001.Besonders die Kapitel IV, V und VI.
n SOENTGEN, Jens: Selbstdenken! 20
Praktiken der Philosophie, Wuppertal
2003.
Mögliche Fragekontexte
• Welche Rolle spielt die Aneignung fremder Gedanken für die Formulierung
eigener Gedanken?
• Wie genau muss man beim Philosophieren einen Text oder eine mündliche
Äußerung verstehen?
• Kann man ohne andere Texte oder Gesprächspartner philosophieren?
• Welches sind Kriterien für einen guten philosophischen Text, der a) zu lesen
und b) zu schreiben ist?
• Mit welchen Techniken lassen sich philosophische Texte erschließen?
• Mit welchen Mitteln lassen sich philosophische Texte kritisieren?
• Lassen sich Texte nur sprachlich interpretieren?
• Welche Ausdrucksmöglichkeiten gibt es neben Texten?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 17 -
(7) Philosophieren und Reflexion des Philosophierens
„[Die Schülerinnen und Schüler] reflektieren philosophische Prozesse im Hinblick auf ihre
Ausgangssituation, methodisches Vorgehen und ihre sinnvolle Fortführung.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22)
Empfehlenswerte Materialien
n BLUMENBERG, Hans: Arbeit am
Mythos, Frankfurt a. M. 2001.
n BRÜNING, Barbara / SEWING, Eva-
Maria (Hg.): Einführung in die
Philosophie, Berlin 2004.
n MARTENS, Ekkehard: Methodik des
Ethik- und Philosophieunterrichts.
Philosophieren als elementare
Kulturtechnik, Hannover 2003.
n NORA K. / HÖSLE, Vittorio: Das Cafe
der toten Philosophen. Ein
philosophischer Briefwechsel für
Kinder und Erwachsene. München
2001.
n ROSENBERG, Jay F.: Philosophieren.
Ein Handbuch für Anfänger, Frankfurt
a. M. 1986.
n SALAMUN, Kurt (Hg.): Was ist
Philosophie?, Tübingen 2001.
n SCHULTE, Günter: Schnellkurs
Philosophie, Köln 2001.
Mögliche Fragekontexte
• Wohin hat uns das gerade stattgefundene Gespräch / die Lektüre dieses Textes
geführt?
• Was war der Ausgangspunkt des gerade stattgefundene Gespräches / der
Lektüre dieses Textes?
• Warum hat die Diskussion an dieser Stelle nicht geklappt?
• Warum kommen wir mit diesem Text nicht klar?
• Wo genau liegt in dieser Diskussion / in diesem Text das Problem?
• Warum sind wir mit dieser Position nicht zufrieden, ohne sie einfach widerlegen
zu können?
• Müssen wir uns jetzt einig werden?
• Was ist das Philosophische an diesem Gespräch / an diesem Text / an dieser
Äußerung?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 18 -
2. Zu den Inhalten und Anforderungen der Studienstufe
„Am Ende der Studienstufe erfüllen die Schülerinnen und Schüler im Grundkursbereich die
folgenden allgemeinen Anforderungen:
• Sie formulieren einzelne Probleme des bekannten Diskussionszusammenhangs und
setzen ihnen ggf. andere Problemformulierungen entgegen.
• Sie knüpfen an Sätze und Mitteilungen anderer an, formulieren begriffssprachlich klar
und verständlich, erörtern problembezogen und argumentieren zielstrebig und
folgerichtig.
• Sie erfassen philosophische Texte, beziehen diese auf den unterrichtlichen
Diskussionskontext und referieren sie dem jeweiligen Diskussionsinteresse
entsprechend.
• Sie prüfen Thesen und Argumente auf ihren jeweiligen Anspruch und beurteilen ihre
Gültigkeit.
• Sie reflektieren die Voraussetzungen fremden und eigenen Argumentierens und
gewichten deren Geltungsansprüche.
• Sie erläutern eigene Stellungnahmen unter Berücksichtigung bekannter, theoretischer
Positionen.
• Sie fertigen mindestens einen längeren, selbst konstruierten Text an, in dem sie eine
Problemstellung selbständig entwickeln, strukturieren, analysieren und bewerten.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 22 und 23)
„Im Arbeitsbereich „Sprache und Erkenntnis“ erläutern die Schülerinnen und Schüler die
Problematik um die Rechtfertigung von Wissensansprüchen vor dem Hintergrund ihrer
sprachlich-begrifflichen, argumentativen und erfahrungs-(un)abhängigen Grundlagen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 24)
(1) Wort und Bedeutung
„[Die Schülerinnen und Schüler] nennen Kriterien für korrekte Begriffsbestimmungen. Sie
erkennen im Zusammenhang mit philosophischen Diskursen Begriffsbestimmungen als solche
und überführen implizite Begriffsbestimmungen in eine explizite Form. Sie vergleichen
verschiedene Bestimmungen desselben Begriffes miteinander, beurteilen die Plausibilität
vorgelegter Begriffsbestimmungen und ihre Relevanz für die jeweilige philosophische
Fragestellung.“ (Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 24)
Empfehlenswerte Materialien
n DERRIDA, Jacques: Die différance. In:
ders.: Randgänge der Philosophie,
Wien 1988, Seite 31-56.Basistext des Dekonstruktivismus
n KÜNNE, Wolfgang: Verstehen und
Sinn. Eine sprachanalytische
Betrachtung. In: Allgemeine Zeitschrift
für Philosophie 6 (1981), Seite 1–16.Grundlegende Unterscheidung verschiedener
Hinsichten des Verstehens und der
Bedeutungen sprachlicher Äußerungen.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 19 -
n KÜNNE, Wolfgang: G.E. Moore –
Was ist Begriffsanalyse? In:
FLEISCHER, Margot (Hg.): Philosophen
des 20. Jahrhunderts. Eine Einführung,
Darmstadt 1990, Seite 27–40.Darstellung der philosophischen Idee der
Begriffsanalyse und ihrer Problematik im
Kontext eines Portraits des Philosophen G.E.
Moore.
n NAGEL, Thomas: Was bedeutet das
alles? Eine ganz kurze Einführung in
die Philosophie. Stuttgart 1990.Kapitel 6: „Die Bedeutung von Worten“.
n SAVIGNY, Eike von: Grundkurs im
wissenschaftlichen Definieren.
Übungen zum Selbststudium,
München 1970.Ein Lehr- und Lernbuch der Definitionslehre
mit zahlreichen Aufgaben und Lösungen.
n WILSON, John: Begriffsanalyse. Eine
Einführung, Stuttgart 1984.Zahlreiche Arbeitsanregungen.
n Bild: Ceci n'est pas une pipe (René
Magritte, 1928).Präsentative Auseinandersetzung mit dem
Spannungsfeld zwischen Wort und Bedeutung.
Mögliche Fragekontexte
• Kann man ohne Sprache denken? Kann man über einen Begriffe verfügen,
ohne ein Wort für ihn zu haben?
• Was ist Kunst?
• Sind Utopien sinnvoll?
• Brauchen wir eine einzige Weltsprache?
• Was heißt es, ein Wort zu verstehen?
• Gibt es einen Sinn des Lebens?
• Sind Dichter Lügner?
• Lassen sich religiöse Überzeugungen argumentativ beurteilen und begründen?
• Was ist Menschenwürde?
• Gibt es die absolute Wahrheit?
(2) Empirismus und Rationalismus
„[Die Schülerinnen und Schüler] erläutern die Positionen des Empirismus und des
Rationalismus im Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Frage nach einem letzten
Erkenntnisgrund, wenden sie auf Fallbeispiele an und beurteilen beide Positionen hinsichtlich
ihrer Tragweite.“ (Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 24)
Empfehlenswerte Materialien
n BACON, Francis: Novum Organon
(1605).Vor allem die Vorrede zur Instauratio Magna.
n BIERI, Peter (Hg.): Analytische
Philosophie der Erkenntnis, Frankfurt
a. M. 1987, Weinheim 31994.
Sammlung einflussreicher Texte der
zeitgenössischen Erkenntnistheorie, versehen
mit äußerst klaren Einführungskapiteln des
Herausgebers.
n CHISHOLM, Roderick M.: Theory of
Knowledge, Englewood Cliffs, N.J. 21977. – Dt.: Erkenntnistheorie,
München 1979. Einführung eines führenden
Erkenntnistheoretikers der Gegenwart.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 20 -
n DANCY, Jonathan / SOSA, Ernest
(Hg.): A Companion to Epistemology,
Oxford 1992 (Blackwell Companions to
Philosophy). Hervorragendes Nachschlagewerk zur
Erkenntnistheorie; einschlägig sind
insbesondere die Artikel A Priori / A Posteriori;
A Priori Knowledge; Analyticity; Empiricism;
Rationalism.
n DESCARTES, René: Meditationen
über die Erste Philosophie (1641).
n HEGEL, Georg Wilhelm Friedrich:
Phänomenologie des Geistes (1807). Insbes. Abschnitt I.I und I.II.
n HUME, David: Untersuchung über
den menschlichen Verstand (1748).
n KANT, Immanuel: Kritik der reinen
Vernunft (2. Auflage 1787). Insbes. die Vorrede.
n LOCKE, John: Versuch über den
menschlichen Verstand (1689).
n RICKEN, Friedo (Hg.): Lexikon der
Erkenntnistheorie und Metaphysik,
München 1984.
Mögliche Fragekontexte
• Woher stammt unser Wissen? Was sind die Quellen unseres Wissens?
• Ist 2 x 2 wirklich 4? Und wenn ja, warum?
• Lässt sich die Existenz Gottes / lässt sich irgendein historisches Faktum (z.B.
die erste Mondlandung) beweisen? Was ist überhaupt beweisbar?
• Gibt es Wissen, das nicht durch Erfahrung gerechtfertigt wird?
• Worin unterscheiden sich die Erkenntnisquellen der Mathematik und der
Philosophie von den Erkenntnisquellen anderer Wissenschaften?
• Gibt es informatives Wissen über die Außenwelt, das sich unabhängig von der
Erfahrung rechtfertigen lässt?
• Gibt es moralisches Wissen?
• Besteht unser vermeintliches Wissen lediglich in Konstruktionen, die uns unser
Sinnesapparat und unser Gehirn aufnötigen?
„Im Arbeitsbereich „Ethik und Politik“ erläutern die Schülerinnen und Schüler anhand von
Beispielen Probleme und Lösungsstrategien um die Verbindlichkeit und Rechtfertigung von
Normen und Werten.“ (Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 24)
(3) Individualismus und Gemeinsinn
„[Die Schülerinnen und Schüler] erläutern das Konzept der konstitutiven Vorgängigkeit von
Gemeinschaft zur Ausbildung von Individualität und Kultur und vergleichen es mit
vertragstheoretischen Konzeptionen. Vor diesem Hintergrund beurteilen sie die Notwendigkeit
staatlicher Regelungen sowie der Erhaltung politischer Freiheit.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 24)
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 21 -
Empfehlenswerte Materialien
n Individualität und Gemeinsinn,
Themenheft, ZDPE 2/2001.
n ARISTOTELES: Der Mensch als
Staaten bildendes Lebewesen. In:
Wege zur Philosophie. Grundband für
die Oberstufe, Berlin 1995, Seite
295–300.Gute Zusammenstellung einzelner Texte in
einem Schulbuch.
n CICERO, Marcus Tullius: Vom
pflichtgemäßen Handeln (De officiis).
n GOODIN, Robert E. / PETTIT, Philip: A
Companion to Contemprary Political
Philosophy, Oxford 1995.Hervorragendes Nachschlagewerk zur
Politischen Philosophie.
n HABERMAS, Jürgen: Die
Einbeziehung des Anderen. Studien
zur politischen Theorie. Frankfurt a. M.
1996.
n HASTEDT, Heiner: Gerechter Staat
oder überhaupt kein Staat? In: ZDP
2/1984.
n HOBBES, Thomas: Leviathan (1651).
n HÖFFE, Otfried: Vernunft und Recht.
Bausteine zu einem interkulturellen
Rechtsdiskurs, Frankfurt a. M. 1996.
n HOERSTER, Norbert: Klassische
Texte der Staatsphilosophie, München
1976.Historisch angelegte, in vielen Auflagen
erschienene Sammlung mit gut lesbaren
Kapiteleinführungen des Herausgebers.
n NOZICK, Robert: Anarchy, State, and
Utopia, New York 1974. – Dt.:
Anarchie, Staat, Utopia, München
1981.Einflussreiche zeitgenössische Rechtfertigung
eines Minimalstaates.
n NUSSBAUM, Martha C.: Menschliches
Tun und soziale Gerechtigkeit. Zur
Verteidigung des aristotelischen
Essentialismus. In: BRUMLIK, Micha /
BRUNKHORST, Hauke (Hg.):
Gemeinschaft und Gerechtigkeit.
Frankfurt a. M. 1993, Seite 323–363.
n PLATON, Kriton.
n RAWLS, John: Eine Theorie der
Gerechtigkeit, Frankfurt a. M. 1975.
n ROUSSEAU, Jean-Jacques: Über den
Ursprung der Ungleichheit unter den
Menschen (1750).
n SARTRE, Jean Paul: Ist der
Existentialismus ein Humanismus? In:
ders.: Drei Essays. Neue, durchges.
Auflage. Berlin 1970.
n SHAFTESBURY, Anton Ashley Cooper
Earl of: Die Moralisten (1705).
Zur geselligen Natur des Menschen in der
Naturrechtslehre und der Moral-Sense-
Philosophie.
n STEINVORTH, Ulrich: Gerechtigkeit.
In: SCHNÄDELBACH, Herbert / MARTENS,
Ekkehard (Hg.): Philosophie. Ein
Grundkurs, 2 Bände, Reinbek 1991
(Rowohlts Enzyklopädie): Band 1,
Seite 306–347.Eine der seltenen systematischen
Darstellungen des Problemfeldes und der
Positionen zur Rechtfertigung staatlicher
Ordnungen.
n THOREAU, Henry D.: Walden oder
Das Leben in den Wäldern (1854).Utopie eines Einsiedlerdaseins.
n Film: 1984 (GB 1984, Regie:
MICHAEL RADFORD).
n FILM: Cube (Can 1999, REGIE:
VINCENZO NATALI).Beschreibt das Spannungsfeld zwischen Moral
und individuellem Überlebenskampf.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 22 -
n FILM: Herr der Fliegen (nach dem
Roman von William HOLDING) (GB
1963, Regie: Peter BROOK).
Mögliche Fragekontexte
• Ist der Mensch ein Herdentier?
• Handeln wir immer egoistisch? Ist jede uneigennützige Handlung im Kern doch
eine verkleidete Form von Egoismus?
• Ist Mitleid anerzogen?
• Gibt es ein natürliches Gewissen?
• Ist das Wohl der Gruppe wichtiger als das Wohl des Einzelnen?
• Ist Anarchie machbar?
• Gibt es eine Pflicht zur Geselligkeit? Ist es ein Gebot der Klugheit, gesellig zu
sein?
• Sollten wir uns so unabhängig wie möglich von anderen Menschen machen?
• Ist unser Handeln frei?
• Gibt es eine ideale Gesellschaftsform?
• Was ist wertvoller, Freiheit oder Gleichheit?
(4) Konsequentialismus und Deontologie
„[Die Schülerinnen und Schüler] erläutern die Positionen des Konsequentialismus und der
Deontologischen Ethik und stellen sie kontrastierend gegenüber. Sie wenden beide Ethiken auf
Fallbeispiele an, indem sie in der Erörterung eines moralischen Problems sowohl
konsequentialistische als auch deontologische Argumentationen aufbauen; sie beurteilen
Möglichkeiten und Grenzen der konsequentialistischen und der deontologischen
Argumentationsweise.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n BENTHAM, Jeremy: An Introduction
into the Principles of Morals and
Legislation (1789).
n BIRNBACHER, Dieter / HOERSTER,
Norbert (Hg.): Texte zur Ethik,
München 1976.Sammlung klassischer Texte zur Ethik mit
Kapiteleinführungen der Herausgeber.
n BROAD, C.D.: Five Types of Ethical
Theory, London 1930.Hervorragende kritische Abhandlung eines der
originellsten und klarsten Ethikers des 20.
Jahrhunderts. Einschlägig insbesondere die
Kapitel über KANT und SIDGWICK.
n FRANKENA, William K.: Ethics,
Englewood Cliffs 1963. – Dt.:
Analytische Ethik. Eine Einführung,
München 1972.Klare Behandlung der verschiedenen Theorien
zur Begründung von Kriterien für moralische
Richtigkeit.
n HABERMAS, Jürgen: Erläuterungen
zur Diskursethik. Frankfurt a.M. 1991.Insbesondere das gleichnamige 6. Kapitel.
n KANT, Immanuel: Grundlegung zur
Metaphysik der Sitten (1785 und
1786).
n MILL, John St.: Utilitarianism (1863).
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 23 -
n SAVATER, Fernando: Tu was du
willst. Ethik für die Erwachsenen von
morgen. Aus dem Spanischen von
Wilfried Hof, Weinheim / Basel / Berlin
2001.
n SINGER, Peter: Practical Ethics,
Cambridge 1979. – Dt.: Praktische
Ethik, Stuttgart 1991.Umstrittene Positionen und Argumentationen
eines Utilitaristen zu Fragen der Tierethik, der
Embryonenethik, der Wirtschaftsethik.
n TUGENDHAT, Ernst: Vorlesungen über
Ethik, Frankfurt a. M. 31995.
Sehr sorgfältige Behandlung ethischer
Probleme eines deutschsprachigen
Moralphilosophen. Einschlägig insbesondere
die zwei Vorlesungen über Kant und die
Vorlesung über den Utilitarismus.
n WILLIAMS, Bernard: Morality. An
Introduction to Ethics, London 1976. –
Dt.: Der Begriff der Moral. Eine
Einführung in die Ethik, Stuttgart 1978.Einschlägig insbesondere die kritische
Darstellung des Utilitarismus.
n Film: Das Experiment (Deutschland
2000, Regie: Oliver HIRSCHBIEGEL).
n Film: Die Klapperschlange (USA
1981, Regie: John CARPENTER).Zukunftsszenario zum Verhältnis zwischen
Gesetzlosigkeit und Moral.
Mögliche Fragekontexte
• Darf man manchmal lügen, oder muss man immer aufrichtig sein?
• Welches ist unser Kriterium zur moralischen Beurteilung von Handlungen?
Welches ist das beste Kriterium?
• Dürfen Embryonen zu Forschungszwecken verbraucht werden?
• Dürfen Menschen manchmal instrumentalisiert werden?
• Was ist Sexualmoral? Gibt es eine gut begründete Sexualmoral?
• Darf der Menschen seinesgleichen bestrafen? Wenn ja: Welches ist die beste
Rechtfertigung für unsere Strafpraxis?
• Was ist der beste Strafvollzug?
• Ist Folter unter allen Umständen abzulehnen?
• Sollte die Todesstrafe unter bestimmten Umständen erlaubt sein?
• Kann man sich moralischen Dilemmata entziehen?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 24 -
„Im Arbeitsbereich »Metaphysik« beschreiben die Schülerinnen und Schüler wesentliche
menschliche Hoffnungen unter den Aspekten der Stellung des Menschen im Ganzen der
Wirklichkeit, des Glaubens und ihrer Realisierbarkeit. Sie prüfen die Berechtigung von
Hoffnungen. Sie beziehen Hoffnungsperspektiven auf menschliche Erkenntnismöglichkeiten,
Selbstverständnisse und Handlungszielbestimmungen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 25)
(5) Glaube und Wissen
„[Die Schülerinnen und Schüler] unterscheiden verschiedene Wissens- und Glaubensformen.
Sie vergleichen Glaubens- und Wissensorientierungen und zugrundeliegende
Orientierungsbedürfnisse.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n Glauben und Wissen. Themenheft,
ZDPE 1/2003.
n HERMS, Eilert: Offenbarung. In:
Funkkolleg Religion, 13
Studienbegleitbriefe, Weinheim / Basel
1983/84: Studienbegleitbrief 7, Seite
11-54.Systematische und historische Darstellung des
Problems um die Offenbarung als
Wissensquelle.
n JASPERS, Karl: Einführung in die
Philosophie. Zwölf Radiovorträge
(1953).Verteidigung der Möglichkeit verschiedener
Wissensformen, insbesondere der Möglichkeit
religiösen Wissens.
n LESSING, Gotthold Ephraim: Die
Erziehung des Menschengeschlechts
(1780).Dazu auch die Ringparabel aus Nathan der
Weise, 3. Aufzug, 3. Auftritt.
n PASCAL, Blaise: Pensees (1670).
n PLATON: Phaidon.
n PLATON: Apologie.
n SCHAEFFLER, Richard: Der
Wahrheitsanspruch der Religion. In:
Funkkolleg Religion, 13
Studienbegleitbriefe, Weinheim / Basel
1983/84: Studienbegleitbrief 2, Seite
85-116.Verteidigung des Wissens- und
Wahrheitsanspruches der Religion mit
sprechakttheoretischen Argumenten.
n SCHILLER, Friedrich: Über die
ästhetische Erziehung des Menschen,
in einer Reihe von Briefen (1795).
Mögliche Fragekontexte
• Was kann man wissen über Gott / den Sinn des Lebens / ein Leben nach dem
Tod?
• Lässt sich die Existenz Gottes beweisen?
• Was heißt es, religiös zu sein? In welchen Verhaltensweisen zeigt es sich?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 25 -
• Muss der Mensch religiös sein, um das Dasein zu bewältigen?
• Gibt es spezifisch religiöse Wirklichkeitszugänge? Wenn ja: Kann man darin
Fortschritte machen?
• Worin besteht die Autorität religiöser Führer?
• Gibt es richtige und falsche, bessere und schlechtere Religionen?
• Ist Wissenschaft ein Religionsersatz?
• Ist die Evolution bewiesen?
(6) Utopie und Realität
„[Die Schülerinnen und Schüler] artikulieren menschliche Zukunfts- und
Gegenwartshoffnungen sowie deren Realisier- und Wünschbarkeit. Sie problematisieren die
Instrumentalisierung der Gegenwart durch den Versuch, Utopien zu realisieren.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n BACON, Francis: Neu Atlantis (1627).
n BLOCH, Ernst: Tübinger Einleitung in
die Philosophie, Frankfurt a. M. 1996.Seite 92 ff.: Verteidigung utopischen Denkens.
n CASSIRER, Ernst: Vom Mythos des
Staates (1946).
n HOMER, Daedalus und Ikarus.
n JONAS, Hans: Das Prinzip
Verantwortung, Frankfurt a. M. 1984.Problematisierung utopischen Denkens.
n KIM, Jaegwon / SOSA, Ernest (Hg.):
A Companion to Metaphysics, Oxford
1995.Hervorragendes Nachschlagewerk.
n MARX, Karl / Friedrich ENGELS: Die
deutsche Ideologie (1845/46).
n MORUS, Thomas: Utopia (1516).
n PASSMORE, John: Der vollkommene
Mensch. Eine Idee im Wandel von drei
Jahrtausenden, Stuttgart 1975.
n Film: I Robot (USA 2004, Regie:
Alex PROYAS).
n Film: Running Man (USA 1987,
Regie: Paul Michael GLASER).
n Film: Panzerkreuzer Potemkin
(UdSSR 1925, Regie: S. EISENSTEIN).
Mögliche Fragekontexte
• Was ist der Mensch?
• Wohin entwickelt sich die Menschheit?
• Sind Utopien gefährlich? Oder ist vielmehr Realitätssinn gefährlich?
• Warum laufen in den Kinos so viele negative Utopien?
• Kann man aus der Geschichte Prognosen für die Zukunft ableiten?
• Verläuft die Geschichte nach Gesetzmäßigkeiten?
• Warum gibt es die Menschheit?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 26 -
"Im Arbeitsbereich „Ästhetik“ formulieren die Schülerinnen und Schüler die Bedeutung
künstlerisch-ästhetischer Wirklichkeitszugänge und ihre Grenzen."
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23)
(7) Kunstwerk und Dokument
„[Die Schülerinnen und Schüler] erläutern Kriterien zur Unterscheidung von Dokumenten bzw.
profanen Gegenständen und Kunstwerken und erörtern deren Tragfähigkeit.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n Ästhetik und Alltag, Themenheft,
ZDPE 4/2004.
n ARISTOTELES, Poetik.
n BENJAMIN, Walter: Das Kunstwerk im
Zeitalter seiner technischen
Reproduzierbarkeit (1936). In: ders.:
Das Kunstwerk im Zeitalter seiner
technischen Reproduzierbarkeit. Drei
Studien zur Kunstsoziologie, Frankfurt
a. M. 1963.
n CASSIRER, Ernst: Philosophie der
symbolischen Formen (3 Bd., 1923 -
1929).
n DANTO, Arthur C.: Die Verklärung
des Gewöhnlichen. Eine Philosophie
der Kunst, Frankfurt a. M. 1984.Einschlägig insbesondere das erste Kapitel.
n GETHMANN-SIEFERT, Annemarie:
Einführung in die Ästhetik, München
1995.
n HAUSKELLER, Michael: Was ist
Kunst? Positionen der Ästhetik von
Platon bis Danto, München 1998.Handliche Einführung zur Ästhetik anhand von
13 Positionen.
n HEIDEGGER, Martin: Der Ursprung
des Kunstwerkes (1935). Mit einer
Einführung von Hans-Georg GADAMER,
Stuttgart 2002.
n KANT, Immanuel: Kritik der
Urteilskraft (1790).Besonders der erste Teil, erstes Buch.
n PLATON: Der Staat. Besonders das 10. Buch.
n REICHER, Maria E.: Einführung in die
philosophische Ästhetik, Darmstadt
2005.Besonders die Kapitel IV („Die Ontologie des
Kunstwerks“) und V („Was ist Kunst?“).
n SEEL, Martin: Ethisch-ästhetische
Studien. Frankfurt a. M. 1996.
Zu Charakter und Struktur ästhetischer
Wahrnehmung.
n WELSCH, Wolfgang: Ästhetisch
Denken, Stuttgart 1990,.Besonders das Kapitel über „Ästhetik und
Anästhetik“.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 27 -
Mögliche Fragekontexte
• Belügen uns die Künstler?
• Folgt die (wissenschaftliche) Wahrheitssuche auch ästhetischen Kriterien?
• Folgt das bemühen um das Tun des Richtigen auch ästhetischen Kriterien?
• Wann ist etwas ein Kunstwerk?
• Brauchen wir Kunst?
• Warum sind einfache Erklärungen besser als komplizierte Erklärungen?
(8) Schönheit und Hässlichkeit
„[Die Schülerinnen und Schüler] formulieren Begründungen für die Werturteile »schön« und
»hässlich« und erörtern deren Berechtigung anhand konkreter Artefakte der Kunst.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 23 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n ECO, Umberto: Die Geschichte der
Schönheit, München 2004.
n GETHMANN-SIEFERT, Annemarie:
Einführung in die Ästhetik, München
1995.Besonders der Abschnitt 3.6.2 („Das Ideal der
Schönheit“).
n HEGEL, G. F. W.: Vorlesung über
Ästhetik (1835–38).Insbes. Einleitung und 1. Teil: Die Idee des
Kunstschönen oder das Ideal.
n KANT, Immanuel: Kritik der
Urteilskraft (1790). Besonders der erste Teil, erstes Buch.
n LESSING, Gotthold Ephraim:
Laokoon: oder über die Grenzen der
Malerei und Poesie (1766).
n PLATON, Symposion.Besonders die Rede der Diotima.
n ROSENKRANZ, Karl: Ästhetik des
Hässlichen (1853).
n SÜTTERLIN, Christa: Was uns gefällt.
Kunst und Ästhetik. In: SCHIEFENHÖVEL,
Wulf / VOLLMER, Gerhard / VOGEL,
Christian: Funkkolleg Der Mensch, 10
Studienbegleitbriefe, Weinheim / Basel
1992 / 1993: Studienbegleitbrief 6,
Studieneinheit 18.Darstellung der Evolutionären Ästhetik, d. h.
der Theorie von Angeborenheit mancher
ästhetischer Empfindungen.
n ZIMMERMANN, Jörg: Das Schöne. In:
SCHNÄDELBACH, Herbert / MARTENS,
Ekkehard (Hg.): Philosophie. Ein
Grundkurs, 2 Bände, Reinbek 1991
(Rowohlts Enzyklopädie): Band 1,
Seite 348–394.
n Bild: Portraits von Cindy SHERMAN
(vgl. http://www.temple.edu/photo/
photographers/cindy/mannequins/
sherman.htm).
n Skulptur: Puppy (Jeff KOONS, 1998).Zur Diskussion um das Phänomen Kitsch.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 28 -
Mögliche Fragekontexte
• Gibt es objektive Schönheit?
• Lassen sich Werturteile begründen? Wenn ja: wie?
• Sind Werturteile nichts anderes als Kundgaben von Gefühlen, zuweilen mit
Appellcharakter?
• Sind unsere ästhetischen Urteile (zumindest teilweise) angeboren?
• Lässt sich über Geschmack streiten?
• Was tun Kunstkritiker?
• Wozu Schminke?
• Warum müssen mich andere schön finden? Darf man hässlich sein?
• Welche Beziehung besteht zwischen dem Wahren, dem Guten und dem
Schönen?
„Im Arbeitsbereich »Anthropologie und Kultur« formulieren die Schülerinnen und Schüler
verschiedene Bestimmungen des Menschen und beziehen Erkenntnis-, Handlungs- und
Hoffnungsfragen auf menschliche Selbstverständnisse unter den zwei Aspekten der
Leiblichkeit und Natürlichkeit.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 24)
(9) Leib und Seele
„[Die Schülerinnen und Schüler] unterscheiden zwischen Leib und Seele, Geist und Körper und
prüfen, in welchem Verhältnis Leib und Seele zueinander stehen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 24 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n BECKERMANN, Ansgar: Analytische
Einführung in die Philosophie des
Geistes, Berlin / New York 1999.Klare Darstellung der Forschungsdebatte im
20. Jahrhundert, die sich zugleich als
Einführung in die Philosophie überhaupt lesen
lässt.
n DESCARTES, René: Meditationen
über die Erste Philosophie (1641).
n HASTEDT, Heiner: Das Leib-Seele-
Problem. Zwischen Naturwissenschaft
des Geistes und kultureller
Eindimensionalität, 2. Auflage
Frankfurt a. M. 1989.Umfassende Darstellung verschiedener
Verhältnisbestimmungen zwischen Leib und
Seele.
n LA METTRIE, Julien Offray de la:
L’Homme machine (1748).
n LEM, Stanislaw: Existieren Sie Mr.
Johns? In: ders.: Nacht und Schimmel.
Erzählungen, Frankfurt a. M. 1976.Ein modernes „Schiff des Theseus“: Der
Rennfahrer Mr. Johns wird Stück für Stück
durch Ersatzteile ausgetauscht.
n NAGEL, Thomas: Was bedeutet das
alles? Eine ganz kurze Einführung in
die Philosophie. Stuttgart 1990. Besonders das Kapitel Das psychophysische
Problem.
n SCHILLER, Friedrich: Über die
ästhetische Erziehung des Menschen,
in einer Reihe von Briefen (1795).
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 29 -
n STIER, Marco: Leib und Seele. In:
FRÖHLICH, Michael / HASTEDT, Heiner /
RUNTENBERG, Christa / THIES,
Christian: Praxishandbuch
Anthropologie. Hannover 2004, Seite
111-127.Guter Überblick zur Quellenlage.
Mögliche Fragekontexte
• Können Hirnforscher heutzutage beweisen, dass es keinen freien Willen gibt?
• Was sichert meine Identität im Verlaufe von Veränderungen meines Körpers
(z.B. beim Altern, bei Transplantationen)?
• In welcher Beziehung stehen Körper (Leib) und Geist (Seele)?
• Können Computer (bald) denken? Fühlen? Sich erinnern? etc.
• Gibt es Leben außerhalb unseres Planeten?
• Woher wissen wir etwas über die Gedanken und Gefühle anderer Menschen?
• Was zählt zum Bereich des Körperlichen, was zählt zum Bereich des
Geistigen?
• Gibt es Geistiges ohne Körperliches?
• Sind Embryonen Träger der Menschenwürde?
(10) Natur und Kultur
„[Die Schülerinnen und Schüler] beschreiben einen naturalistischen und einen
kulturalistischen Ansatz zur Bestimmung des Menschen und prüfen die Natürlichkeit bzw.
Kulturalität menschlicher Eigenschaften.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 24 und 25)
Empfehlenswerte Materialien
n BISCHOF, Norbert: Das Rätsel
Ödipus. Die biologischen Wurzeln des
Urkonfliktes von Intimität und
Autonomie, München 1985 u.ö.Ausgehend von der Frage nach der Herkunft
der menschlichen Inzestvermeidung eine groß
angelegte Behandlung der Beziehung
zwischen Natur und Kultur.
n FREUD, Sigmund: Das Unbehagen in
der Kultur (1930). In: ders.: Abriss der
Psychoanalyse (1938), Reinbek 1983.
n GEHLEN, Arnold: Anthropologische
Forschung. Zur Selbstbegegnung und
Selbstentdeckung des Menschen.
Reinbek 1961.
n HOBBES, Thomas: Leviatan (1651).
n LETHMATE, Jürgen: Vom Affen zum
Halbgott – Die Besonderheiten des
Menschen. In: SCHIEFENHÖVEL, Wulf /
VOLLMER, Gerhard / VOGEL, Christian:
Funkkolleg Der Mensch, 10
Studienbegleitbriefe, Weinheim / Basel
1992 / 1993: Studienbegleitbrief 1,
Studieneinheit 2.Eine dem Forschungsstand in den
biologischen Wissenschaften verpflichtete
Darstellung des „Tier-Mensch-Vergleiches“.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 30 -
n NIETZSCHE, Friedrich: Also sprach
Zarathustra. Ein Buch für alle und
keinen (1883–1885). Insbes. Zarathustras Vorrede.
n NIETZSCHE, Friedrich: Zur
Genealogie der Moral (1887).
n ROUSSEAU, Jean-Jacques: Über den
Ursprung der Ungleichheit unter den
Menschen (1750).
n SCHÄFER, Lothar: Natur. In:
SCHNÄDELBACH, Herbert / MARTENS,
Ekkehard (Hg.): Philosophie. Ein
Grundkurs, 2 Bände, Reinbek 1991
(Rowohlts Enzyklopädie): Band 2,
Seite 467–507.
n SCHNÄDELBACH, Herbert: Kultur. In:
SCHNÄDELBACH, Herbert / MARTENS,
Ekkehard (Hg.): Philosophie. Ein
Grundkurs, 2 Bände, Reinbek 1991
(Rowohlts Enzyklopädie): Band 2,
Seite 508–548.
n SIERTS, Volker: Aggression und
Gewalt. In: FRÖHLICH, Michael /
HASTEDT, Heiner / RUNTENBERG,
Christa / THIES, Christian:
Praxishandbuch Anthropologie.
Hannover 2004.
n THIES, Christian: Gene und Umwelt.
In: FRÖHLICH, Michael / HASTEDT,
Heiner / RUNTENBERG, Christa / THIES,
Christian: Praxishandbuch Anthropolo-
gie. Hannover 2004.
n VOGEL, Christian / VOLAND, Eckart:
Evolution und Kultur. In: IMMELMANNN,
Klaus / SCHERER, Klaus R. / VOGEL,
Christian (Hg.): Funkkolleg
Psychobiologie, 13 Studienbegleit-
briefe, Weinheim / Basel 1986 / 1987:
Studienbegleitbrief 2, Seite 42-76.Biologische und kulturanthropologische
(„ethnologische“) Darstellung der fraglichen
Beziehung.
n VOWINCKEL, Gerhard: Die Natur der
Kultur – Egoistische Gene und die List
der Kultur. In: SCHIEFENHÖVEL, Wulf /
VOLLMER, Gerhard / VOGEL, Christian:
Funkkolleg Der Mensch, 10
Studienbegleitbriefe, Weinheim / Basel
1992 / 1993: Studienbegleitbrief 3,
Studieneinheit 7.Leistungsfähigkeit der Übertragung
evolutionsbiologischer Konzepte auf Kulturen.
n FILM: Herr der Fliegen (nach dem
Roman von William HOLDING) (GB
1963, Regie: Peter BROOK).Kulturalistische Auffassung vom Menschen.
n Film Gattaca, (USA 1997, Regie:
Andrew Niccol).
Zukunftsvision zur Gentechnik.
Mögliche Fragekontexte
• Ist die Kultur des Menschen Natur? Macht erst die Kultur den Menschen zum
Menschen?
• Was ist Biologismus?
• Haben Tiere keine Kultur?
• Funktioniert die Kultur genauso wie die Natur? Wenn nicht, wäre es
wünschenswert?
• Müssen (manche) Kulturen geschützt werden?
• Lassen sich aus Feststellungen über die Natur Gebote ableiten?
• „Zurück zur Natur!“ – ja oder nein?
• Was ist der Unterschied zwischen Zivilisation und Kultur?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 31 -
„Über die allgemeinen Anforderungen in Grundkursen erfüllen die Schülerinnen und Schüler
der Leistungskurse am Ende der Studienstufe die folgenden Anforderungen:
• Sie untersuchen Diskussionen und Probleme nach formalen Kriterien und führen diese
auf die elementaren Unterscheidungen und Positionen der Arbeitsbereiche zurück.
• Sie leisten eine stringente Rekonstruktion und differenzierte Bewertung komplexer
Gedankensysteme und Theorien.
• Sie vergleichen behandelte Positionen immer auch mit anderen Denkangeboten der
philosophischen Tradition und/oder der aktuellen fachphilosophischen Debatte und
untersuchen Gemeinsamkeiten und Widersprüche.
• Sie unterscheiden Paradigmen und Methoden der Philosophiegeschichte und bewerten
deren Leistungsvermögen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 24)
(11) Wissenschaft und Pseudowissenschaft [nur im Leistungskurs!]
„[Die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse] nennen Grundbegriffe zur Beschreibung
der Vorgehensweise von Erfahrungswissenschaften und charakterisieren mit deren Hilfe die
Rolle der wissenschaftsinternen Kritik. Sie nennen Kriterien für eine Unterscheidung von
Wissenschaft und Pseudowissenschaft. Sie beschreiben Mechanismen wissenschaftlichen
Wandels und wenden diese auf Beispiele an.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 24)
Empfehlenswerte Materialien
n BÜCHEL, Wolfgang: Gesellschaftliche
Bedingungen der Naturwissenschaft,
München 1975.Soziologischer Ansatz zur Beschreibung
wissenschaftlicher Entwicklungen, ergänzt
KUHNs Struktur wissenschaftlicher
Revolutionen.
n DETEL, Wolfgang: Wissenschaft. In:
SCHNÄDELBACH, Herbert / MARTENS,
Ekkehard (Hg.): Philosophie. Ein
Grundkurs, 2 Bände, Reinbek 1991
(Rowohlts Enzyklopädie): Band 1,
Seite 172–216.Knapper grundlegender Überblick über die
Themen der Wissenschaftstheorie.
n HUND, Wolfgang: Das gibt's doch gar
nicht. Okkultismus im Experiment,
Mülheim a. d. R. 1998.Materialien zum Durchführen okkulter
„Experimente“. Entwicklung eines
Wissenschaftsbegriffes.
n HUND, Wolfgang: Gibt's das wirklich?
Okkultismus und Esoterik in Fragen
und Antworten, Neuried 2004.Ein Ratgeber für Schule und Jugendarbeit,
gute Ergänzung zu dem anderen Titel von
HUND.
n SEIFFERT, Helmut: Einführung in die
Wissenschaftstheorie, 3 Bände,
München 1969-1985.Sehr einfach und klar geschriebene
Einführung.
n ZIMMER, Dieter E.: Tiefenschwindel.
Die endlose und die beendbare
Psychoanalyse. Reinbek 1986.Streitbare Kritik an der Psychoanalyse.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 32 -
Mögliche Fragekontexte
• Ist die Astrologie eine Wissenschaft?
• Was unterscheidet eine Religion von einer Wissenschaft?
• Wann ist eine These wissenschaftlich bewiesen?
• Was ist ein Beweis?
• Was bedeutet die „Freiheit der Wissenschaft“?
• Welchen Einfluss darf bzw. muss die Gesellschaft auf die Entwicklung der
Wissenschaft nehmen?
• Welchen Einfluss darf bzw. muss die Wissenschaft auf die Entwicklung der
Gesellschaft nehmen?
• Wann ist jemand ein Wissenschaftler bzw. ein Pseudowissenschaftler?
• Was wäre, wenn alle Menschen Wissenschaftler wären?
• Welche Maßstäbe gibt es, um eine Wissenschaft von einer Pseudowissenschaft
zu unterscheiden?
(12) Tugend und Lust [nur im Leistungskurs!]
„[Die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse] erläutern das Verhältnis zwischen
Handlungen und Charaktereigenschaften, zwischen Tugenden und Lastern. Sie beurteilen die
Leistungsfähigkeit eines Tugendkonzepts für die Gestaltung des eigenen Lebens.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 25)
Empfehlenswerte Materialien
n ARISTOTELES: Nikomachische Ethik.
n EPIKUR: Brief an Menoikeus.
n KONDYLIS, Panajotis (Hg.): Der
Philosoph und die Lust, Frankfurt a. M.
1991.Historisch gegliederte Textsammlung von
Demokrit bis Marcuse.
n MACINTYRE, Alasdair: Der Verlust der
Tugend. Zur moralischen Krise der
Gegenwart, Frankfurt a. M. / New York
1987.
n NUSSBAUm, Martha C: Gerechtigkeit
oder das gute Leben, Frankfurt a. M.
1999.
n SCHILLER, Friedrich: Gewissens-
krupel. In: Xenien (1795/96).
n SPAEMANN, Robert: Glück und
Wohlwollen. Versuch über Ethik.
Stuttgart 1989.
Mögliche Fragekontexte
• Ist Lust immer unmoralisch?
• Was motiviert mich tugendhaft zu sein?
• Gibt es einen unveränderbaren Maßstab für tugendhaftes Verhalten?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 33 -
• Inwiefern kann und will ich nach Tugenden leben, die mir keine Lust
verschaffen?
• Sind Helden tugendhaft?
• Wie bzw. warum verändern sich Tugenden?
• Was wäre, wenn alle Menschen nur das täten, wozu sie Lust hätten bzw. was
sie für tugendhaft hielten?
• Bin ich frei, zwischen tugendhaftem und lustvollen Handeln zu unterscheiden?
• Bietet die Natur mir Maßstäbe für Tugenden?
• Sind Tugenden unverzichtbar für den Menschen?
(13) Zeit und Ewigkeit [nur im Leistungskurs!]
„[Die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse] erläutern verschiedene Verständnisse der
Zeit. Sie unterscheiden zwischen gegenwärtiger, zeitloser Ewigkeit und Ewigkeit als unendlich
langer Dauer. Sie nennen epistemologische Aufhebungen der Zeit in der Antike. Sie gewichten
Folgen von Unsterblichkeit und Sterblichkeit für menschliche Lebenshoffnungen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 25)
Empfehlenswerte Materialien
n ANDERS, Günther: Die Antiquiertheit
von Raum und Zeit. In: ders.: Die
Antiquiertheit des Menschen, Band 2:
Über die Zerstörung des Lebens im
Zeitalter der dritten industriellen
Revolution, München 1980. Seite
335–354.Über die Veränderung von Zeitwahrnehmung
unter den Bedingungen der Technisierung der
Lebenswelt.
n ANDERS, Günther: Die atomare
Drohung. München 1981Über die „Endzeitthese“.
n ELIAS, Norbert: Über die Zeit.
Frankfurt a. M. 1988.Über Zeit als soziales Konstrukt und Mittel
sozialer Disziplinierung.
n KANT, Immanuel: Kritik der reinen
Vernunft (2. Auflage 1787). In Transzendentale Ästhetik, 2. Abschnitt: Von
der Zeit eine einschlägige transzendentale
Theorie der Zeit als reine Anschauungsform.
n KNÖDLER-RASCH, Margarete (Hg.):
Zeit. Ein Geheimnis wird hinterfragt,
Leipzig 2001.Zusammenstellung von Unterrichtsmaterialien.
n REUSCH, Siegfried (Hg.): Das Rätsel
Zeit. Ein philosophischer Streifzug.
Darmstadt 2004. Verschiedene Aufsätze, vor allem zu
Zeitwahrnehmung und Zeitbewusstsein.
n THOLEN, Norbert: Über die Zeit, in
der Zeit, mit der Zeit. Ein
philosophisches Arbeitsbuch, Frankfurt
a. M. 1997.Mit vielen Anregungen für den Unterricht.
n WILLIAMS, Bernard: Die Sache
Makropulus. Reflexionen über die
Langeweile der Unsterblichkeit. In:
ders.: Probleme des Selbst, Stuttgart
1978.Auseinandersetzung mit der Frage, wie
lohnenswert Unsterblichkeit wäre.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 34 -
Mögliche Fragekontexte
• Was ist die Unendlichkeit?
• Was ist die Gegenwart?
• Möchte ich unsterblich sein?
• Ist die Zeit objektiv?
• Was war der Anfang der Zeit?
• Endet die Zeit?
• Was bedeutet der Tod für die Wahrnehmung von Zeit?
• Was bedeutet der Begriff Ewigkeit?
• Wann und warum verändert sich mein Zeiterleben?
• Gibt es eine Verbindung zwischen Zeitwahrnehmung und dem Erleben von
Glück?
(14) Ethik und Ästhetik [nur im Leistungskurs!]
„[Die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse] rekonstruieren und bewerten die
Wechselwirkung zwischen ethischen Haltungen und ästhetischen Urteilen sowie ästhetischen
Handlungen und moralischen Empfindungen. Sie erörtern, ob eine Autonomie der Kunst bzw.
Ästhetik gegenüber der Ethik sinnvoll ist.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 25)
Empfehlenswerte Materialien
n Lebenskunst, Themenheft, ZDPE
1/2004.
n ARENDT, Hannah: Vom Leben des
Geistes. Band 2: Das Wollen.
Neuausgabe. München 1989. Anhang: Das Urteilen. Auszüge aus
Vorlesungen über Kants politische Philosophie.
n KANT, Immanuel: Kritik der
Urteilskraft (1790). Insbes. Erstes Buch, Viertes Moment des
Geschmacksurteils sowie § 42: Von dem
intellektuellen Interesse am Schönen.
n SCHILLER, Friedrich: Über die
ästhetische Erziehung des Menschen,
in einer Reihe von Briefen (1795).Klassischer, von Kant inspirierter Versuch zur
Versöhnung von Stoff- und Formtrieb des
Menschen in der Kunst.
n WETZ, Franz Josef/ TAG, Brigitte
(Hg.): Schöne Neue Körperwelten. Der
Streit um die Ausstellung, Stuttgart
2001.Mit kontroversen Beiträgen zur Ausstellung
„Körperwelten“.
n Film: Olympia – Fest der Schönheit
(Deutschland 1936, Regie: Leni
RIEFENSTAHL)Ein Film mit künstlerischem Anspruch im
Dienste nationalsozialistischer Propaganda.
n Film: Die Macht der Bilder – Leni
Riefenstahl (D/GB/F 1993, Regie: Ray
MÜLLER).
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 35 -
n Der Komponist Karl-Heinz
STOCKHAUSEN über den 11. September
2001: „Was da geschehen ist, ist
natürlich – jetzt müssen Sie alle Ihr
Gehirn umstellen – das größte
Kunstwerk, was es je gegeben hat.“
(zitiert nach http://www.mdr.de/kultur/
musik/872412.html).
Vgl. dazu auch die Absage von Konzerten
Stockhausens unter
http://fhh1.hamburg.de/fhh/aktuelle_
meldungen/archiv_2001/september/
pe_2001_09_17_kb_02.htm.
Mögliche Fragekontexte
• Ist mein Leben ein Kunstwerk?
• Welche Bedeutung hat Kunst für meine Lebensführung?
• Kann Kunst Menschen in ihrer Moral beeinflussen?
• Muss Kunst moralisch sein?
• Was ist „politische Kunst“?
• Gibt es moralische Grenzen der Kunst?
• Ist das „Schöne“ immer das „Gute“ und das „Gute“ immer das „Schöne“?
• Wie unterscheiden sich Politiker von Künstlern?
• Welchen Stellenwert sollte die Kunst in unserer Gesellschaft haben?
• Wie kommerziell darf bzw. soll Kunst sein?
(15) Determinismus und Indeterminismus [nur im Leistungskurs!]
„[Die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse] beschreiben deterministische
Bestimmungen des Menschen und prüfen deren Gültigkeit. Sie unterscheiden verschiedene
Freiheitsbegriffe, insbesondere negative und positive Freiheit. Sie beschreiben und prüfen,
welche Rolle deterministische Konzepte für unser subjektives Selbstverständnis und für
gesellschaftliche Regelungen haben. Sie unterscheiden insbesondere zwischen Essenz und
Existenz des Menschen.“
(Rahmenplan Philosophie, Seite 26)
Empfehlenswerte Materialien
n ADORNO, Theodor W.: Studien zum
autoritären Charakter. Aus dem
Amerikanischen von Milli Weinbrenner.
Vorrede von Ludwig von Friedeburg,
Frankfurt a. M. 1973.Beispiel für soziale Determination.
n BIERI, Peter: Das Handwerk der
Freiheit. Über die Entdeckung des
eigenen Willens, Frankfurt a. M. 2003.Lesenswerte Darstellung und Behandlung des
Problems, klar und mit einer Fülle
phänomenologischer Beschreibungen.
n FROMM, Erich: Die autoritäre
Persönlichkeit. In: Deutsche
Universitätszeitung, 12. Jg. Nr.9/ 1957,
Seite 3 f.
n HOSPERS, John: Zweifel eines
Deterministen. In: BIRNBACHER, Dieter /
HOERSTER, Norbert (Hg.): Texte zur
Ethik, München 1976.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 36 -
n KANT, Immanuel: Prolegomena zu
einer jeden künftigen Metaphysik
(1783).Insbes. § 53.
n MILGRAM, Stanley: Das Milgram-
Experiment. Zur Gehorsam-
keitsbereitschaft gegenüber Autori-
täten, Reinbek 1982.Beklemmendes Dokument von der
Autoritätshörigkeit als Handlungsdeterminante.
n NIETZSCHE, Friedrich: Menschliches,
Allzumenschliches. Ein Buch für freie
Geister, (1878). Insbes. §§ 106f.
n POTHAST, Ulrich: Seminar Freies
Handeln und Determinismus, Frankfurt
a. M. 1978.Umfangreiche Sammlung klassischer Texte.
n SCHLICK, Moritz: Freiheit und
Verantwortung. In: BIRNBACHER, Dieter
/ HOERSTER, Norbert (Hg.): Texte zur
Ethik, München 1976.
Mögliche Fragekontexte
• Sind Menschen in ihrem Handeln frei?
• Was ist Schuldfähigkeit?
• Was ist Verantwortung?
• Lässt sich Verantwortung teilen?
• Inwieweit lässt sich menschliches Handeln – z.B. durch die Werbung –
manipulieren?
• Welche Rolle spielt die Erziehung für einen Menschen?
• Sind wir Opfer der Umstände?
• Bestimmen die Gene unser Leben?
• Was bedeutet die Freiheit oder die Unfreiheit des Menschen für die Vorstellung
von der Liebe?
• Wann bin ich frei?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 37 -
B. Zur Organisation des Philosophieunterrichts
1. Zu Methoden der Themenwahl und Problembestimmung
Die Problemorientierung des Philosophieunterrichts ist ein zentraler didaktischer
Grundsatz des Rahmenplans: Den Gang des Unterrichts soll nicht ein Textbuch oder
eine Themenliste leiten, sondern eine oder mehrere Problemfragen.
Themen (z.B. Glück, Tod, Klonen), die ja noch nicht per se philosophisch sind,
schreibt der Rahmenplan ebenso wenig vor wie bestimmte semesterleitende
Problemstellungen, die mit einem bestimmten Thema verbunden sind (z.B.: Ist Glück
das höchste Lebensziel? Wovor fürchten wir uns, wenn wir uns vor dem Tod
fürchten? Soll Klonen erlaubt sein?).
Nun besteht Problemorientierung nicht schon darin, statt von Themen einfach von
Problemen auszugehen, sondern sich zu versichern, dass es sich hier auch wirklich
um Probleme für die Schüler handelt. Aus diesem Grund ist im Philosophieunterricht
zu Beginn eines jeden Halbjahres die Wahl des Semesterthemas sowie die
Bestimmung der semesterleitenden Problemfrage erforderlich und besonders
wichtig.
Hierfür werden im Folgenden einige didaktisch-methodische Anregungen gegeben.
Dazu wird unterschieden zwischen der Themenwahl, die ggf. in einem ersten Schritt
erfolgt, und der eigentlichen Bestimmung einer Problemfrage.
1.1 Zur Themenwahl
Eine Liste möglicher Themen kann beispielsweise folgendermaßen zustande
kommen:
• Der Unterrichtende gibt Themen, die sich für den Philosophieunterricht eignen,
einfach vor. Beispiele für solche Themen: Glück, Frieden, Freundschaft, Geld,
Gefühle, Tod, Liebe, Klonen, Freiheit, Mensch, Wissenschaft, Schicksal.
• Themen, die Schülerinnen und Schüler interessieren, werden entweder (a)
spontan im Unterricht gesammelt oder (b) als Hausaufgabe formuliert, so dass
in der anschließenden Stunde die Themen zusammengetragen werden.
Für die anschließende Wahl des Semesterthemas aus der Liste bieten sich z.B.
folgende Methoden an:
• Der Unterrichtende sammelt als Moderator während eines Gesprächskreises
unter dem Motto „Was mich an dem Thema X aus der Themenliste interessiert“
übergreifende Themen und erste philosophische Problemstellungen, die er dem
Kurs vorschlägt.
• Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten eine Hausaufgabe „Ich plädiere für die
Behandlung des Themas X, weil ...“, der eine Auswertung im Unterricht folgt.
• Die Themen auf der Themenliste werden im Anschluss an die Artikulation der
Interessen einfach bepunktet.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 38 -
1.2 Zur Bestimmung einer semesterleitenden Problemfrage
Eine Liste möglicher Problemfragen kann auch ohne vorangegangene Themenwahl
erstellt werden:
• Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten dazu z.B. Sammlungen
philosophischer Problemstellungen in Kleingruppenarbeit, präsentieren die
bearbeiteten Problemstellungen und diskutieren sie dann im Plenum.
Anschließend folgt die Wahl des semesterleitenden Problems per Abstimmung.
– Diese Methode eignet sich besonders für den philosophischen
Anfangsunterricht.
Problemsammlungen bieten z.B. die Kapiteleinleitungen aus NAGEL, Thomas:
Was bedeutet das alles? Eine ganz kurze Einführung in die Philosophie,
Stuttgart 1990 oder COHEN, Martin: 99 philosophische Rätsel, Frankfurt a. M.
2001.
• Der Unterrichtende stellt philosophische Problemlagen vor, die im
zurückliegenden Semester als „offene Enden“ und daher als diskussionswürdig
eingestuft worden sind.
Eine Problemliste kann auch im Anschluss an eine vorangegangene Themenwahl
erstellt werden:
• Der Unterrichtende stellt im Zusammenhang mit seiner Moderation des
Gesprächskreises „Was mich an dem Thema X aus der Themenliste
interessiert“ zugrunde liegende philosophische Problemlagen vor.
• Die Schülerinnen und Schüler diskutieren ein vom Unterrichtenden
ausgewähltes geeignetes Material zu dem Thema, für das sie sich entschieden
haben, der Moderator sammelt angesprochene Phänomene und Aspekte und
mögliche philosophische Problemstellungen. Zum Beispiel äußern die
Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken zu einem fiktiven Brief eines Bürgers
„Sehr geehrte Steuerkasse, hiermit trete ich aus dem Steuersystem aus...“;
dabei werden Aspekte wie Freiheit, staatliches Gewaltmonopol, Naturzustand
etc. geäußert.
Die Bestimmung der semesterleitenden Problemstellung(en) kann der Unterrichtende
z.B. vorschlagen
• im Anschluss an das zurückliegende Semester („offene Diskussionsenden“ /
s.o.);
• im Anschluss an den Gesprächskreis „Was mich an dem Thema X aus der
Themenliste interessiert“ (s. o.);
• im Anschluss an die Diskussion geeigneten Materials zum ausgewählten
Thema (s. o.).
Eines der Lernziele des Philosophieunterrichts besteht darin, dass Schülerinnen und
Schüler im Verlauf einer Erörterung selbst eine Problemfrage finden und bestimmen.
Die bzw. der Unterrichtende kann diesen Prozess forcieren, indem sie bzw. er sie im
Rahmen der Erörterung direkt fragt, worin das Problem eigentlich besteht.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 39 -
2. Zur Semesterplanung und Dokumentation der Unterrichtsinhalte
2.1 Grundlagen der Unterrichtsplanung zu Beginn und während des Semesters
Nach der Einigung auf eine konkrete Problemfrage ist es Aufgabe der bzw. des
Unterrichtenden, mögliche thematische Arbeitsschwerpunkte zu finden und zu
formulieren.
Diese Arbeitsschwerpunkte ergeben einerseits eine erste Übersicht über die
möglichen inhaltlichen Arbeits- und Anforderungsbereiche des Semesters (im Sinne
einer mind map) und führen zugleich zu einer möglichen curricularen Struktur des
Vorgehens (im Sinne einer road map, in der mögliche Denkwege, Verzweigungen,
Umgehungen etc. erfasst werden).
Diese road map lässt sich weiter ausarbeiten,
• indem einige der verbindlichen Inhalte des Rahmenplans integriert werden, wo
es sinnvoll erscheint (die bzw. der Unterrichtende erhält damit einen Überblick
über die mit der gewählten Fragestellung zusammenhängenden
Arbeitsbereiche und Inhalte);
• indem unterschiedliche Möglichkeiten des methodischen Umgangs mit
einzelnen auf der road map verzeichneten Materialien erwogen werden (die
bzw. der Unterrichtende erhält so einen Überblick über die methodischen
Varianten, die im Zusammenhang mit der gewählten Fragestellung sinnvoll
erscheinen).
Diese erste Semesterplanung ist so offen wie möglich zu halten: Sie enthält mehr
Möglichkeiten und Material, als in einem Semester zu bearbeiten ist.
Die Realisierung der Planung erfolgt im Laufe des Semesters und berücksichtigt
dabei vor allem drei Kriterien:
a) Der Philosophieunterricht orientiert sich an der Denkbewegung der
Schülerinnen und Schüler. Dabei gilt der Grundsatz,
• sie in ihren Grundintuitionen ernst zu nehmen,
• ihnen zu helfen, diese auf ein begrifflich-systematisches Niveau zu
heben und
• sie mit anderen Denkmöglichkeiten zu konfrontieren.
b) Der Philosophieunterricht orientiert sich an fachsystematischen
Zusammenhängen: Themen und Fragestellungen der Philosophie lassen sich
nicht in beliebiger Weise angehen; häufig sind z.B. bestimmte
erkenntnistheoretische Voraussetzungen zu klären, bevor ein moralisches
Problem überhaupt zu begreifen ist.
c) Der Philosophieunterricht orientiert sich an den im Rahmenplan vorgegebenen
verbindlichen Inhalten: Ziel des Unterrichts sollte es dabei sein, anhand einer
Problemfrage innerhalb eines Semesters möglichst mehrere der vorgegebenen
Arbeitsbereiche zu berücksichtigen und unterschiedliche verbindliche Inhalte zu
integrieren (vgl. hierzu auch das Kapitel C). Dabei spielt auch die
Lerngeschichte des Kurses eine Rolle; möglicherweise ist v. a. gegen Ende der
Studienstufe ein bestimmter verbindlicher Inhalt noch nicht behandelt, so dass
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 40 -
es Aufgabe der bzw. des Unterrichtenden ist, ihn in einen möglichst sinnvollen
Zusammenhang zur semesterleitenden Fragestellung zu bringen.
2.2 Dokumentation der Semesterinhalte zum Abschluss des Semesters
Um am Ende der Studienstufe (auch im Hinblick auf die Abiturprüfung) einen
Überblick darüber zu erhalten, welche verbindlichen Inhalte in welchem
Zusammenhang behandelt wurden, ist eine sorgfältige Dokumentation der Kursarbeit
in jedem Semester der Studienstufe notwendig. Dies ist um so wichtiger, wenn es zu
einem Wechsel der Lehrerin oder des Lehrers im Verlauf der Studienstufe kommt,
damit es möglich wird, sich darüber zu informieren, was in diesem Kurs bereits
erarbeitet wurde und wo die Schwerpunkte der weiteren Arbeit zu setzen sind.
Entscheidungen über die genaue Ausgestaltung der Dokumentation trifft die
Fachkonferenz; sie sollte grundsätzlich die folgenden Angaben enthalten:
a) Angaben zu(r) vereinbarten leitenden Problemstellung(en); ggf. auch Angaben zu
deren Zustandekommen (z.B. Verweise auf im Kurs diskutierte Alternativen, die in
späteren Semestern wieder aufgegriffen werden können),
b) Angaben zum Reflexionszusammenhang und zum Denkweg, der im Kurs
beschritten wurde,
c) Angaben zu den auf diesem Weg behandelten verbindlichen Inhalten des
Rahmenplans,
d) Angaben zu Materialen und Positionen, die behandelt wurden,
e) ggf. Angaben zu(r) möglichen abschließenden Formulierung(en) für eine Lösung
der leitenden Problemstellung(en). (Diese muss keinen im Kurs zustande
gekommenen inhaltlichen Konsens dokumentieren, sondern kann auch in einer
genaueren Problemformulierung, der Verständigung über begriffliche und / oder
empirische Prämissen etc. bestehen.)
Eine solche Dokumentation der Semesterinhalte dient einerseits dem Zweck, neu in
einem Kurs unterrichtende Kolleginnen und Kollegen über den jeweiligen
Arbeitszusammenhang zu informieren; sie soll zugleich dazu geeignet sein, auf ihrer
Grundlage die unterrichtlichen Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Stellung
von Abituraufgaben zu formulieren.
3. Zur Arbeit der Fachkonferenz
Fachkonferenzen gewährleisten den Austausch über Themen und Methoden im
Philosophieunterricht und realisieren bzw. koordinieren möglichen
Fortbildungsbedarf. Sie sind ein Forum zur gegenseitigen Information über
Materialien, Medien sowie Methoden im Philosophieunterricht und leisten damit
einen wesentlichen Beitrag zur Methodenvielfalt des Faches.
Fachkonferenzen erörtern und beschließen ggf. die Anschaffung neuer Medien für
den Fachunterricht. Impulse für die Entwicklung des Fachunterrichts werden hier
diskutiert und sie beteiligen sich am Diskurs zur Profilierung des Faches auch über
die eigene Schule hinaus bzw. kooperieren mit Fachkonferenzen anderer Schulen.
Der Austausch über Inhalte und Methoden anderer Fächer, die im
Philosophieunterricht genutzt werden können, wird durch Fachkonferenzen
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 41 -
gewährleistet. Sie tragen damit zum fächerübergreifenden Bezug des
Philosophieunterrichts bei.
Fachkonferenzen sind eine Plattform zur Entwicklung von Methoden zur internen
Evaluation bzw. zur Entwicklung einer Feedbackkultur für den Philosophieunterricht.
Sie gewährleisten den regelmäßigen Austausch über Erfahrungen im
Philosophieunterricht und ermöglichen die kontinuierliche Unterrichtsentwicklung des
Faches. Ihre Aufgabe besteht ferner darin,
• die ab dem Schuljahr 2006/2007 für das achtstufige Gymnasium geplante
Implementierung des Philosophieunterrichts in den Jahrgangsstufen 9 und 10
zu unterstützen;
• Methoden für eine Dokumentation der verbindlichen Semesterinhalte in der Vor-
bzw. Studienstufe zu entwickeln. Sie stellen dadurch den Informationsfluss über
Inhalte und Themen sicher, die hier unterrichtet werden, und tragen so dazu
bei, Überschneidungen und Lücken zu verhindern. Fachkonferenzen legen
dazu auch verbindliche Inhalte fest, die im zweiten Jahr der Studienstufe vertieft
behandelt werden.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 42 -
C. Beispiele für die Gestaltung von Unterrichtseinheiten
Den Abschluss dieser Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
bilden zwei Beispiele, an denen exemplarisch vorgeführt wird, wie sich der
Philosophieunterricht zu einem bestimmten Thema mit Hilfe des Rahmenplans
gestalten lässt.
Selbstverständlich können hier nicht Unterrichtseinheiten dargestellt werden, die sich
einfach „nachunterrichten“ ließen. Das ist durch die im Rahmenplan festgelegte
Schüler- und Problemorientierung eindeutig ausgeschlossen. Festgelegen lassen
sich vorab höchstens Themen, nicht semesterleitende Fragestellungen – denn die
sollen ja erst im Unterricht zusammen mit den Schülerinnen und Schülern gefunden
werden.
Daher enthalten die beiden Gestaltungsbeispiele (zu den Themen Mensch und Sinn
des Lebens) ausschließlich offene Listen von Möglichkeiten. Es werden also sehr
viele, aber längst nicht alle Alternativen genannt, die der bzw. dem Unterrichtenden
bei der Beantwortung seiner didaktischen Fragen zur Unterrichtsgestaltung möglich
sind. Und es werden mindestens so viele Alternativen genannt, dass die bzw. der
Unterrichtende sie unmöglich alle in einem Kurs verwirklichen kann.
Der strukturelle Aufbau ist in beiden Gestaltungsbeispielen derselbe. Im Anschluss
an einige didaktische Bemerkungen (0) werden Beispiele für semesterleitende
Fragestellungen aufgeführt (1). Der Präsentation einer Auswahlliste von Materialien
(2) folgt die Beschreibung von Bildungschancen (3), die sich mit dem Thema
verbinden lassen. Wie sich das Thema jeweils systematisch aufschlüsseln lässt,
erläutern die Hinweise zur eigenen Strukturierung des Themas (4). Dann wird
aufgezeigt, wie sich in die Erarbeitung des Themas die verbindlichen Inhalte des
Rahmenplans integrieren lassen (5). Schließlich werden konkrete
Unterrichtstätigkeiten beschrieben (6) und zwar jeweils bezogen auf die im
Rahmenplan genannten Unterrichtsphasen des „Begreifens und Entwickelns“, des
„Erörterns und Erprobens“ und des „Urteilens und Bewertens“. Ein Beispiel für eine
Klausur beschließt die Darstellung (7).
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 43 -
1. Thema Der Mensch
0. Didaktische Vorbemerkungen
„Die erste Frage [der vier berühmten KANT-Fragen, d. Red.] beantwortet die
Metaphysik, die zweite die Moral, die dritte die Religion und die vierte die
Anthropologie. Im Grunde könnte man aber alles dieses zur Anthropologie rechnen,
weil sich die drei ersten Fragen auf die letzte beziehen“, schreibt Immanuel KANT in
seiner Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1800). Weil das Thema Mensch viele
philosophische Fragen zu integrieren vermag, eignet es sich besonders, um in der
Vorstufe in die Philosophie „einzusteigen“. Und weil für viele zeitgenössische
Philosophen die Anthropologie vollständig in den empirischen Wissenschaften
aufgegangen und somit kein philosophisches Thema mehr sei, lässt sich hier
erarbeiten, was das Proprium der Philosophie eigentlich ist oder sein könnte.
Außerdem ist die Beschäftigung mit der Anthropologie besonders geeignet, um
philosophische Interessen aus den übrigen Reflexionsbereichen des Rahmenplans
zu erkennen und zu entwickeln.
Die Schülerinnen und Schüler sind an diesem Themenkomplex erfahrungsgemäß
sehr interessiert. Schließlich geht es bei ihnen als junge Erwachsene auch um den
Erwerb eines Selbstverständnisses, nicht nur um ein individuell-persönliches,
sondern auch um ein Selbstverständnis hinsichtlich der Zugehörigkeit zur gesamten
Menschheit. Sie bringen meist hinreichend Wissen und Vorerfahrungen mit, um
sogleich ihre eigenen Deutungsmuster artikulieren zu können.
1. Beispiele für (semesterleitende) Fragestellungen
• Was ist der Mensch? (die anthropologische Standardfrage)
• Ist die Frage nach dem Wesen des Menschen überhaupt ein philosophisches
Thema? Ist Anthropologie nicht längst in Biologie, Medizin, Psychologie,
Soziologie und Kulturanthropologie / Ethnologie aufgegangen? – Was ist
überhaupt Philosophie?
• Welches ist das richtige Vergleichsobjekt für den Menschen: Tiere, Maschinen,
Engel, Gott?
• Was ist die differentia specifica des Menschen im Vergleich mit Tieren?
• Ist der Mensch ein weiterentwickelter Schimpanse, der im Unterschied zu
diesem lediglich über Vergangenes und Zukünftiges nachdenken kann?
• Gibt es falsche Menschenbilder? Gibt es richtige Menschenbilder? Gibt es
genau ein richtiges Menschenbild?
• Wohin steuert die Menschheit?
• Ist die Geschichte der Menschheit eine Fortschrittsgeschichte?
• Ist der Mensch ein Vernunftwesen?
• Was unterscheidet den Menschen von einem Computer?
• Repräsentiert der Mensch die Selbsterkenntnis der Natur, das Ziel der
Evolution?
• Ist der Mensch mehr wert als ein Tier?
• Ist der Mensch ein geselliges Lebewesen?
• In welchem Verhältnis stehen (bzw. sollten stehen) Natur, Kultur und Zivilisation
für den Menschen?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 44 -
• Ist der Mensch ein freies Wesen?
• Unterscheidet sich die Sprache des Menschen von der Sprache der Tiere?
Wenn ja, wie?
• Was ist Wahnsinn?
2. Materialien (Auswahl)
• ASSMANN, Lothar u.a.: Zugänge zur Philosophie. Grundband für die Oberstufe,
Berlin 1995, Seite 92 – 194.
• BISCHOF, Norbert: Das Rätsel Ödipus. Die biologischen Wurzeln des
Urkonfliktes von Intimität und Autonomie, München 1985 u.ö.
• DIERKES, Hans (Hg.): Philosophische Anthropologie, Stuttgart 1989 (Arbeitstexte
für den Unterricht).
• HELLER, Bruno: Philosophische Anthropologie. In: ders.: Grundkurs Philosophie,
Band 1, München 1992, Seite 103 – 202.
• LETHMATE, Jürgen: Vom Affen zum Halbgott – Die Besonderheiten des
Menschen. In: SCHIEFENHÖVEL, Wulf / VOLLMER, Gerhard / VOGEL, Christian:
Funkkolleg Der Mensch, 10 Studienbegleitbriefe, Weinheim/Basel 1992/1993:
Studienbegleitbrief 1, Studieneinheit 2.
• LIESSMANN, Konrad / Gerhard ZENATY: Vom Denken. Einführung in die
Philosophie, Wien 1996, Seite 167 – 183.
• TÜRK, Hans Joachim / Werner TRUTWIN (Hg.): Anthropologie, Düsseldorf 1978
(Philosophisches Kolleg, Band 4).
• WETZ, Franz Josef: Bedeutsam oder unerheblich? Der Mensch im Lichte seiner
Selbstdeutungen. In: SCHIEFENHÖVEL, Wulf / VOLLMER, Gerhard / VOGEL,
Christian: Funkkolleg Der Mensch, 10 Studienbegleitbriefe, Weinheim/Basel
1992/1993: Studienbegleitbrief 1, Studieneinheit 3.
3. Bildungschancen
Die Schülerinnen und Schüler
• lernen am Beispiel der anthropologischen Standardfrage „Was ist der Mensch?“
verschiedene Lesarten und Auffassungen einer vermeintlich völlig klaren Frage
zu unterscheiden;
• erwerben in der Beschäftigung mit dem Thema Mensch Kenntnisse über die
Mannigfaltigkeit der verschiedenen Ansätze und Herangehensweisen an dieses
Thema und damit auch eine Auffassung darüber, was das Proprium der
Philosophie ist oder sein kann;
• lernen verschiedene Menschenbilder und ihre praktische Relevanz kennen und
beurteilen;
• entwickeln ein eigenes, der Heterogenität der Erscheinungsformen des
Menschen gerecht werdendes Menschenbild, das sie gegen andere
Menschenbilder verteidigen;
• beschäftigen sich mit grundlegenden Fragen des menschlichen
Zusammenlebens;
• reflektieren ihr Verhältnis zu ihrer inneren sowie zur äußeren Natur;
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 45 -
• entwickeln ein individuelles Selbstverständnis im Rahmen einer
Auseinandersetzung mit (vermeintlich) allgemeinen Eigenschaften der
menschlichen Gattung.
4. Hinweise zur Strukturierung des Themas
Einige der oben aufgelisteten semesterleitenden Fragestellungen zum Thema
Mensch lassen sich in einen systematischen Zusammenhang bringen, wenn man
verschiedene Deutungen der anthropologischen Grundfrage „Was ist der Mensch?“
unterscheidet. Mit Hilfe einer solchen Unterscheidung lässt sich eine „Landkarte“
zeichnen, die es ermöglicht, die im Semester bisher beschrittenen und die noch zu
beschreitenden Wege nachzuzeichnen.
Im ersten Fragenkreis erscheint die Philosophie als Konkurrentin im Wettstreit mit
anderen Wissenschaften vom Menschen um die beste Antwort auf die Frage nach
„Wesen“ und „Stellung“ des Menschen.
1. „Was ist der Mensch?“ kann verstanden werden als Frage nach der differentia
specifica des Menschen gegenüber Tieren (insbesondere Schimpansen), gegenüber
Maschinen, gegenüber Engeln oder Gott. Die Philosophie konkurriert u.a. mit
Antworten aus der Biologischen Anthropologie, der Neurophysiologie und
Forschungen zur Künstlichen Intelligenz.
2. „Was ist der Mensch?“ kann verstanden werden als Frage nach der conditio
humana des Menschen bzw. seiner Stellung in der Welt. Hierzu zählen insbesondere
die Bereiche: Mensch und Arbeit, Mensch und Natur, Mensch und Kultur, Mensch
und Gemeinschaft / Gesellschaft, Mensch und Technik, Mensch und Geschichte,
Mensch und Gott. Die Philosophie konkurriert u.a. mit Antworten aus der empirischen
Kultur- und Sozialanthropologie, der Geschichtswissenschaft oder der
Religionswissenschaft.
Im zweiten Fragenkreis liefert die Philosophie ihren fachspezifischen Beitrag zu einer
Allgemeinen Anthropologie (wie ihn Philosophen wie KANT und STRAWSON
verstehen), insofern die Frage „Was ist der Mensch?“ genuin philosophische Fragen
zu integrieren vermag wie:
• Haben nur Menschen Wissen und Erinnerung? Was ist überhaupt Wissen? Was
ist Erinnerung? Was können wir (nicht) wissen?
• Haben nur Menschen eine Moral? Was ist überhaupt Moral?
• Bestehen wir aus einem Körper und einem Geist? Was ist der Geist eine
Menschen?
• Sind Gefühle die Widersacher der Vernunft? Was sind Gefühle, was ist
Vernunft?
In einem dritten Fragenkreis erscheint die Philosophie weniger produktiv in der
Schaffung eines Menschenbildes als kritisch, insofern sie vorhandene
Menschenbilder auf ihre Voraussetzungen, ihre Plausibilität und ihre Konsequenzen
hin untersucht: Gegenstand sind explizite Menschenbilder, wie sie z.B. die
Religionen, die biologische Anthropologie, die Psychoanalyse, die Humanistische
Psychologie, die Existenzphilosophie propagieren; aber auch implizite
Menschenbilder, wie sie z.B. im Erziehungswesen, im Polizeiwesen und Strafvollzug,
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 46 -
in der Medizin, in der Werbung, in Wirtschaft und Personalführung sowie in nicht
reflektierten Voraussetzungen in Einzelwissenschaften vorhanden sind.
5. Möglichkeiten der Integration verbindlicher Inhalte des Rahmenplans
11-1 Meinung und Wissen
Können nur Menschen etwas meinen und wissen? Oder auch Tiere? Oder auch
Computer? Gibt es ein sicheres Wissen über das Wesen des Menschen?
11-2 Deskription und Norm
Gibt es Normen und Moral nur im Bereich des Menschen? Wenn ja, warum? Sind
Aussagen der Anthropologie deskriptiv oder normativ?
12/13-1 Wort und Bedeutung
Hat nur der Mensch eine Sprache? Was tun wir mit Wörtern? Was ist Sprache?
12/13-2 Empirismus und Rationalismus
Wie lassen sich Wissensansprüche im Bezug auf den Menschen begründen? Ist
Wissen Selbstzweck?
12/13-3 Individualismus und Gemeinsinn
Welche Aussagen über einen „Naturzustand der Menschheit“ machen empirische
Wissenschaften? Was folgt daraus für die Frage nach einer ursprünglich
individuellen oder ursprünglich gesellschaftlichen Existenzweise der Menschheit?
Was folgt daraus wiederum für die Frage, wie Menschen zusammen leben sollten?
12/13-4 Konsequentialismus und Deontologische Ethik
Hat der Mensch moralische Verpflichtungen gegenüber der Natur? Wie lassen sich
diese begründen?
12/13-5 Glaube und Wissen
Wie wird beispielsweise das christliche Menschenbild von der Erbsünde begründet?
Welche Konsequenzen hat dieses Menschenbild? Welche Kraft und welche
Berechtigung haben Menschenbilder, die einem religiösen Glauben entspringen?
12/13-6 Utopie und Realität
Wie wird sich die Menschheit weiterentwickeln? Welche Hoffnungen bieten uns die
empirischen Wissenschaften vom Menschen? Welche Rolle spielen solche
Hoffnungen für unser Selbstverständnis im Alltag?
12/13-7 Kunstwerk und Dokument
Ist die Kunst eine „Wissenschaft vom Menschen“ (Lichtenberg)?
12/13-8 Schönheit und Hässlichkeit
Gibt es biologische Grundlagen für unsere Vorstellungen von (menschlicher)
Schönheit und Hässlichkeit?
12/13-9 Natur und Kultur
Ist Kultur dasjenige, was uns von den Tieren unterscheidet? Warum spielt Kultur eine
so große Rolle in der Lebensweise der Menschheit? Welchen Kräften und Gesetzen
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 47 -
unterliegt die Entwicklung von Kulturen? Sind Kulturen schützens- und erhaltenswert
in dem Sinne, in dem es viele Tier- und Pflanzenarten sind?
12/13-10 Leib und Seele
Ist Geist / Seele / Vernunft dasjenige, was uns von den Tieren unterscheidet?
„Bestehen“ wir aus einem Körper und einer Seele?
12/13-11 Wissenschaft und Pseudowissenschaft
Sind Philosophische Anthropologie, Futurologie, Anthroposophie Wissenschaften?
Was unterscheidet eine Wissenschaft von einer Pseudowissenschaft?
12/13-12 Tugend und Lust
Gibt es natürliche Belohnungen für moralisches Verhalten?
12/13-13 Zeit und Ewigkeit
Ist Zeit eine Erfindung des Menschen? Wozu dient Zeit dem Menschen in
theoretischer / in praktischer Hinsicht?
12/13-14 Ethik und Ästhetik
Ist das menschliche Leben ein Kunstwerk?
12/13-15 Determinismus und Indeterminismus
Sind wir Menschen nur hochkomplexe (und insofern determinierte) Maschinen? Oder
macht uns unsere Vernunft frei?
6. Mögliche Bausteine für die Unterrichtspraxis
6.1 Phase der Eröffnung und Problemerfassung
(„Begreifen und Entwickeln“)
Die Schülerinnen und Schüler
• assoziieren und sammeln Phänomene, die sie mit dem Thema „Mensch“
verbinden;
• sammeln Bilder (z.B. aus Illustrierten) zum Thema Mensch, die sie in Form
einer großen Collage zusammen stellen;
• sammeln mit Hilfe von Lexika und Studienführern Disziplinen und
Wissenschaften, die sich explizit mit dem Wesen des Menschen befassen;
• sammeln eigene Erfahrungen mit Mitmenschen, die sie als wichtig für ihr
Menschenbild erachten;
• versuchen, den Unterschied zwischen Mensch und Tier pantomimisch (oder auf
andere Weise szenisch) darzustellen;
• sammeln am Beispiel einer typisch menschlichen Verhaltensweise (z.B. dem
Rauchen) mögliche Erklärungen für dieses Verhalten, arbeiten diese
Erklärungen zu Motivationstheorien aus und beurteilen das in diesen Theorien
enthaltene Menschenbild;
• führen ein Gedankenexperiment durch: Warum kann eine Pflanze nicht zu einer
Mitschülerin oder einem Mitschüler werden? (Ggf. komplementär dazu: Warum
kann ein Engel nicht zu unserer Mitschülerin oder unserem Mitschüler werden?)
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 48 -
6.2 Phase des Untersuchens und der Problembearbeitung
(„Erörtern und Erproben“)
Die Schülerinnen und Schüler
• interpretieren die eingangs zitierte Textstelle bei KANT über die vier Fragen der
Philosophie;
• unterscheiden verschiedene Lesarten der anthropologischen Standardfrage
„Was ist der Mensch?“, z.B. als Frage nach einer Definition, als Frage nach der
conditio humana;
• befassen sich mit philosophischen Beiträgen zu der Frage, was den Menschen
vom Tier unterscheidet, z.B. von HERDER, SCHELER, PLESSNER, GEHLEN;
• erarbeiten biologische Antworten auf die Frage nach den menschlichen
Besonderheiten (z.B. aus ihren Schulbüchern), stellen diese Antworten
philosophischen Beiträgen gegenüber und beurteilen schließlich die biologische
Sichtweise;
• erarbeiten und beurteilen die pseudobiologische Anthropologie GEHLENs;
• erarbeiten sich und beurteilen die evolutionsbiologische Anthropologie von
Norbert BISCHOF;
• recherchieren mittels „Experten“-Befragungen verschiedene Menschenbilder in
unserer Gesellschaft, erarbeiten deren Unterschiede und erklären und
beurteilen die Unterschiede, und zwar Menschenbilder z.B. von Erziehern,
Ärzten (auch Pathologen), Polizisten, Richtern, Mitarbeitern des Strafvollzugs,
Personalchefs, Priestern (der verschiedenen Religionsgemeinschaften),
Komikern und Clowns, street-workern, Werbetextern, Humanbiologen,
Ethnologen;
• untersuchen die Verwendungsweise von Ausdrücken wie „menschenwürdig“,
„Menschenwürde“ (insbesondere im Grundgesetz) und „menschenverachtend“;
• untersuchen futurologische Beiträge zu der Frage, wie die Menschheit sich
weiterentwickeln wird;
• erörtern die Forderung ROUSSEAUs: „Zurück zur Natur!“ (evtl. in
Gegenüberstellung mit NIETZSCHEs Forderung nach dem „Übermenschen“);
• gehen der Frage nach der natürlichen Sozialität des Menschen und ihren
Konsequenzen z.B. für eine Natur- oder Vernunftrechtslehre nach;
• beschäftigen sich mit dem Verhältnis des Menschen zur (inneren und äußeren)
Natur unter theoretischen und/oder normativen Gesichtspunkten.
6.3 Phase des Zusammenfassens und der Problemverortung
(„Beurteilen und Bewerten“)
Die Schülerinnen und Schüler
• erklären die Bedeutung und Relevanz der anthropologischen Standardfrage;
• bestimmen die Rolle der Philosophie bei der Beantwortung von Fragen nach
dem Menschen;
• plädieren mit Gründen für die ihnen am plausibelsten erscheinende
Anthropologie bzw. das ihnen am wichtigsten erscheinende Menschenbild und
verteidigen es gegen andere Menschenbilder, die sie kennen gelernt haben;
• arbeiten ihr eigenes Menschenbild aus, um der Heterogenität der
Erscheinungsformen des Menschen (in den verschiedenen Lebensaltern, in den
Geschlechtern usw.) Rechnung zu tragen;
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 49 -
• organisieren eine Ausstellung mit selbst (um)gestalteten Bildern und
Aphorismen unter dem Titel: „Der Mensch ist …“
• verfassen Briefe an die Menschheit / an künftige Generationen / an sich selbst
in einem späteren Lebensabschnitt, in denen sie ihr derzeitiges
Selbstverständnis als Mensch erläutern und überlegen, wie sich dies entwickeln
könnte;
• erarbeiten ein Beratungsgespräch z.B. für Adam und Eva („Sollen wir den Apfel
essen?“), Kain und Abel („Wie kann ich mit meinem Bruder leben?“),
Prometheus („Sind die Menschen deinen Einsatz wert?“), Odysseus („Warum
treibt es dich nach Hause?“).
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 50 -
7. Beispiel für eine Klausur
Material:
„Im Leipziger Zoo grübeln Affen über komplizierte Labyrinthe und beeindrucken die
Forscher mit raffinierten Beschaffungsstrategien, wenn es ums Futter geht oder um
das andere Geschlecht. Es gibt Schimpansen, die einen Sprachschatz von 200
Begriffen beherrschen, und andere, die wie Avantgardisten malen. […] Die Forscher
sprechen mittlerweile vom Erkennen, von der »Kognition« der Tiere in visueller,
auditiver oder auch sozialer Hinsicht.
Schon am Yerkes-Primatenzentrum der Emory University in Atlanta hat Josep Call
[…] überraschende Einsichten in die sozial-kognitiven Fähigkeiten von Affen
gewonnen.
In Gegenwart eines dominanten Artgenossen zum Beispiel versagt es sich ein
Schimpanse, nach jenen Früchten zu greifen, die vor den Augen beider, des
dominanten und des untergebenen, platziert wurden. Wenn das Futter nur vor den
Augen des Rangniederen, in einem Moment der Unachtsamkeit seines Chefs
gewissermaßen, versteckt wird, nutzt der untergebene Schimpanse indes die
Gelegenheit und bedient sich. Zutiefst menschlich, ist man geneigt zu sagen. […]
Call meint, dass die Forscher mit den bisherigen Befunden auf »evolutionäre
Quellen« menschlicher Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen und das Erkennen
fremder Absichten gestoßen seien.“
(Aus: Regine RACHOW: Erkenntnis und Interesse im Pongoland. Am Max-Planck-Institut für
Evolutionäre Anthropologie lernen Menschen von Affen etwas über die Menschen. In: Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung, Nr. 4 (27.1.02.), Seite 65. © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter
Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.)
Aufgabenstellung: Entscheiden Sie sich für einen der folgenden Aufgabenblöcke:
A: Wie entwickeln sich die sozialen Fähigkeiten des Menschen?
1. Gen Sie den beschriebenen Experimentaufbau wieder und erläutern Sie,
inwiefern die Forscher meinen, den evolutionären Quellen von sozialen
Fähigkeiten des Menschen auf die Spur gekommen zu sein.
2. Untersuchen Sie auf der Grundlage unseres Materials und unserer
Unterrichtsgespräche des vergangenen Semesters, ob auch andere Quellen
von sozialen Fähigkeiten des Menschen denkbar sind und in welchem
Verhältnis diese zu denen stehen, die im Text beschrieben werden.
3. Stimmen Sie der Schlussfolgerung der Forscher zu? Begründen Sie Ihre
Meinung ausführlich.
B: Ist Intelligenz eine spezifisch menschliche Eigenschaft?
1. Geben Sie den beschriebenen Experimentaufbau wieder und erläutern Sie,
inwiefern die Forscher meinen, den evolutionären Quellen von sozialen
Fähigkeiten des Menschen auf die Spur gekommen zu sein.
2. Untersuchen Sie im Rückgriff auf unser Unterrichtsmaterial, inwiefern
angesichts der im Text beschriebenen Forschungsergebnisse von der
Intelligenz von Menschenaffen die Rede sein kann.
3. Halten Sie Intelligenz für eine Eigenschaft, die als Unterscheidungsmerkmal
zwischen Mensch und Tier genutzt werden kann? Begründen Sie Ihre Meinung
ausführlich.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 51 -
2. Thema Sinn des Lebens
0. Didaktische Vorbemerkungen
Fragen nach dem Leben als Ganzem stellen sich in verschiedenen
Lebenssituationen in unterschiedlicher Dringlichkeit. Im Scheitern, bei
Verlusterfahrungen und in bedeutsamen Entscheidungssituationen drängen sie sich
unmittelbar auf, im Zusammenhang mit einem Philosophiekurs der Studienstufe in
dieser Schärfe nicht. In der damit verbundenen Distanz zum Thema lässt sich eine
Chance schulischen Lernens im Philosophieunterricht sehen.
Das Thema ist den Schülerinnen und Schülern erfahrungsgemäß sehr wichtig und
wird immer wieder angefragt. Jedoch erwarten sie in der Regel die Angabe von
verbindlichen Zielen und Zwecken, die zu verfolgen sind bzw. die sich zu verfolgen
lohnen. So etwas kann ein Kurs zum Lebenssinn natürlich nicht leisten. Ein
Bewusstsein für die Problematik und eine generelle Diskursbereitschaft kann bei den
Schülerinnen und Schülern angenommen werden. Vielleicht wird es jedoch zunächst
schwierig sein, einen echten Diskurs im Unterschied zu einem bloßen
Meinungsaustausch zu eröffnen.
Das Thema ist komplex, denn wie die Frage genau zu verstehen ist und von welcher
Art die Antwort ist, die wir erwarten und die uns befriedigen könnte, ist durchaus nicht
klar. Vermutlich verbirgt sich hier ein ganzer Themen- und Fragenkomplex, und es
kann ein Ergebnis des Unterrichts sein, diese Mannigfaltigkeit aufzudecken. Zu
unterscheiden sind in diesem Zusammenhang philosophische Auffassungen,
Positionen, Theorien über das Leben von Verhaltensweisen, Haltungen,
Einstellungen, in denen sich eine Lebensauffassung ausdrückt.
1. Beispiele für (semesterleitende) Fragestellungen
• Gibt es einen Sinn des Lebens? Wenn ja, worin besteht er?
• Lässt sich Allgemeingültiges über das Leben als Ganzes sagen? Wenn ja, was?
• Wird der Lebenssinn gefunden, erfunden, herausgefunden, vorgefunden?
• Hat jeder einen eigenen Sinn oder brauchen wir einen gemeinsamen
(regionalen, nationalen, kulturellen, universalen) Sinn?
2. Materialien (Auswahl)
• ANDERS, Günter: Die Antiquiertheit des „Sinnes“. In: Die Antiquiertheit des
Menschen, Band 2.
• ARENDT, Hannah: Vita activa. Kap. 5: Das Handeln.
• CAMUS, Albert: Der Fremde.
• CAMUS, Albert: Der Mythos von Sisyphos.
• Werke des Dadaismus.
• DÜRRENMATT, Friedrich: Der Richter und sein Henker (zum Nihilismusproblem).
• FEHIGE, Christoph / MEGGLE, Georg / WESSELS, Ulla (Hg.): Der Sinn des Lebens
München 2000.
• FELLSCHES, Josef: Sinn des Lebens? – Lebenssinn!, Donauwörth 2002
(Arbeitshefte Ethik, Sekundarstufe II).
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
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• GOTTHOLD, Beatrix / THIES, Christian (Hg.): Denn jeder sucht ein All. Vom Sinn
des Lebens, Leipzig 2003.
• MELVILLE, Herman: Bartleby, der Schreiber.
• NIETZSCHE, Friedrich: Also sprach Zarathustra.
• Film: Spiel mir das Lied vom Tod (I/USA 1968, Regie: Sergio LEONE).
• Film: Der dritte Mann (GB 1949, Regie: Carol REED).
• Film: Ist das Leben nicht schön? (USA 1947, Regie: Frank CAPRA).
• Film: Das Leben ist schön (I 1997, Regie: Roberto BENIGNI).
• Film: Moby Dick (USA 1956, Regie: John HOUSTON).
• Film: Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss (F 1987, Regie: Etienne CHATILIEZ).
• Film: Das Leben ist ein Spiel (F/CH 1997, Regie: Claude CHABROL).
• Film: Das Leben ist eine Baustelle (D 1997, Regie: Wolfgang BECKER).
• Musik: My Way in den Interpretationen von Frank SINATRA, Harald JUHNKE oder
den SEX PISTOLS.
3. Bildungschancen
Die Schülerinnen und Schüler
• erkennen die Heterogenität der Fragen- und Problembereiche, die sich hinter
der Frage nach dem Lebenssinn verbergen;
• lernen verschiedene Sinnangebote aus Religion und Gesellschaft kennen und
problematisieren;
• erkennen und benennen Voraussetzungen für einen philosophischen Diskurs
über das Thema;
• stellen verschiedene radikale Auffassungen über das Leben allgemein dar und
beurteilen diese;
• lernen Möglichkeiten kennen, wie Sinn entstehen kann;
• machen Erfahrungen im Spannungsfeld von Fremd- und Selbstbestimmung;
• reflektieren anthropologische Grundsatzfragen wie die nach der Natur- bzw.
Kulturgebundenheit des Menschen.
4. Hinweise zur Strukturierung des Themas
Wegen der eingangs erwähnten Heterogenität der Fragen ist es schwierig, eine
Systematik anzugeben. Hier wird vorgeschlagen, wenigstens drei Fragenkreise zu
unterscheiden. Im ersten Fragenkreis wird nach vorhandenen Sinnangeboten
gefragt. (Hierzu werden unter 6.1 Vorschläge gemacht.) Im zweiten Fragenkreis
werden radikale und eher nihilistische Thesen über das Leben auf ihre Plausibilität
hin befragt. Zu solchen Thesen gehören:
• Nichts ist wichtig (bzw.: alles ist egal).
• Der Sinn des Lebens ist das, was wir finden, wenn wir danach suchen.
• Wir sind wie Sisyphos.
• Der Sinn des Lebens ist für jeden ein anderer.
• Das Leben ist sinnlos.
• Das Leben ist absurd.
• Ich bin zu nichts verpflichtet.
• Dieses Leben dieser (konkreten) Person ist sinnlos.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 53 -
Im dritten Fragenkreis werden Determinanten des Sinnes gesucht und dabei auch
folgende Thesen geprüft:
• Der Sinn des Lebens hängt vom Sinn der Menschheitsgeschichte / der
Erdgeschichte ab.
• Der Sinn des Lebens hängt davon ab, was nach dem Tod kommt.
• Der Sinn des Lebens hängt von der Existenz Gottes ab.
• Der Sinn des Lebens hängt von der Kultur / vom sozialen Umfeld ab.
5. Möglichkeiten der Integration verbindlicher Inhalte des Rahmenplans
11-1 Meinung und Wissen
Können wir wissen, worin der Sinn des Lebens besteht, oder es nur meinen? Oder
weder noch? Ist Leben (physikalisch-chemisch) notwendig? Kann man mit
wissenschaftlichen Mitteln den Sinn des Lebens erfassen?
11-2 Deskription und Norm
Ist die Frage nach dem Sinn des Lebens eine deskriptive oder eine normative Frage?
12/13-3 Individualismus und Gemeinsinn
Sind wir frei darin, Lebenssinn individuell und originell zu setzen, oder wird er
übernommen?
12/13-1 Wort und Bedeutung
Worin unterscheiden sich Zuschreibungen wie „sinnvoll“, „sinnhaft“, „sinnerfüllt“ etc.?
In welchem Verhältnis stehen Sinn, Zweck und Wert?
12/13-2 Empirismus und Rationalismus
Kann die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens empirisch gerechtfertigt
werden?
12/13-5 Glaube und Wissen
Inwiefern hängt die Frage nach dem Sinn des Lebens von religiösen Überzeugungen
ab? Garantiert Gott den Sinn des Lebens? Hat der Erfolg der Naturwissenschaften
uns des Lebenssinnes beraubt?
12/13-6 Utopie und Realität
Verleiht die Geschichte unserem individuellen Leben Sinn und Wert? Welche
Auffassung von Geschichte und dem Sinn der Geschichte sollen wir haben?
12/13-7 Kunstwerk und Dokument
Inwiefern lässt sich das Leben konzipieren? Liegen Lebenskonzepten ästhetische
Kriterien zugrunde? Ist mein Leben ein Kunstwerk?
12/13-10 Natur und Kultur
Gibt es einen natürlichen Sinn der menschlichen Existenz (als Gattung und/oder als
Individuum?) Lassen sich kulturelle Zusammenhänge als Sinn-Einheiten verstehen?
12/13-15 Determinismus und Indeterminismus
Inwiefern widersprechen Vorstellungen von der Determiniertheit und Zwanghaftigkeit
menschlichen Handelns den Überlegungen zum Lebenssinn?
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
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6. Mögliche Bausteine für die Unterrichtspraxis
6.2 Phase der Eröffnung und Problemerfassung
(„Begreifen und Entwickeln“)
Die Schülerinnen und Schüler
• recherchieren Sinnangebote, z.B. der Religionen, der Wirtschafts- und
Arbeitswelt, von Sekten;
• protokollieren eine Woche ihres Lebens im Hinblick auf sinnvolle und sinnlose
Tätigkeiten;
• recherchieren Biographien von älteren Menschen aus ihrem Bekanntenkreis
und deren Auffassungen vom eigenen Leben;
• unterscheiden auf der Basis von Lebensbeschreibungen verschiedene
Temperamente (Pessimisten, Optimisten, etc.) und die damit verbundenen
unterschiedlichen Haltungen und Einstellungen dem Leben gegenüber (z.B.
Suchende, Neugierige und Staunende, Zerstörende);
• entwerfen aus Anlass ihres bevorstehenden Schulabganges ein Konzept für ihr
eigenes Leben („Ich in 10 [20 etc.] Jahren“);
• befassen sich mit Motiven dafür, Klassentreffen zu besuchen bzw. nicht zu
besuchen;
• verfassen Briefe an Hoffnungslose (z.B. Terroropfer, Todkranke);
• betrachten literarische Figuren (z.B. Merseault aus CAMUS' Der Fremde,
Bartleby aus MELVILLEs gleichnamiger Erzählung, Gastmann aus DÜRRENMATTs
Der Richter und sein Henker) und cineastische Figuren (z.B. „Mundharmonika“
aus dem Film Spiel mir das Lied vom Tod) und versuchen sie zu verstehen;
• betrachten „letzte Worte“ und versuchen, zwischen den Zeilen Auffassungen
über das Leben herauszulesen;
• lesen sich die unzähligen, einzeln in Briefumschläge verpackten Aussagen über
den Sinn des Lebens aus dem Vorwort von FEHIGE / MEGGLE / WESSELS
gegenseitig blitzartig vor;
• analysieren Verfahren bewusster und unbewusster Sinnstiftung.
6.2 Phase des Untersuchens und der Problembearbeitung
(„Erörtern und Erproben“)
Die Schülerinnen und Schüler
• analysieren den Ausdruck „Sinn“ in seinen mannigfachen umgangssprachlichen
Verwendungsweisen (u.a. Sinn von Handlungen, Sinn sprachlicher Ausdrücke,
Sinn von Äußerungen, Sinn von Werkzeugen etc.);
• analysieren den Ausdruck „Leben“ in seinen mannigfachen
Verwendungsweisen (u.a. individuelles Dasein von der Zeugung bis zum Tod,
das menschliche Dasein als solches, das Dasein der Menschheit, das Dasein
aller Lebewesen);
• analysieren die Frage nach dem „Sinn des Lebens“ und unterscheiden
schließlich mehrere Lesarten;
• setzen sich mit bestimmten extremen Auffassungen über das Leben als
Ganzem auseinander. Dabei studieren sie auch zeitgenössische Aufsätze (in
Auszügen) wie: Bernard WILLIAMS, Der Amoralist (zu der „Ich-bin-zu-nichts-
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 55 -
verpflichtet-These“ bzw. zum Amoralisten); HARE, Alles egal? (zu der „Alles-
egal-These“); TAYLOR, Sisyphos und wir (zu der Sinnlosigkeits-These); NAGEL,
Das Absurde (zu der Absurditäts-These) u. a.
• gestalten Standbilder, Szenen, Podiumsdiskussionen zu verschiedenen
extremen Auffassungen über den Sinn des Lebens (z.B. nihilistisch,
biologistisch bzw. orthodox religiös);
• unterscheiden am Beispiel sprachlicher Äußerungen und nichtsprachlicher
Handlungen verschiedene Hinsichten des Verstehens und damit verschiedene
Sinnbegriffe; sie übertragen anschließend diese Idee auf die Frage nach dem
Sinn des Lebens.
6.3 Phase des Zusammenfassens und der Problemverortung
(„Beurteilen und Bewerten“)
Die Schülerinnen und Schüler
• verfassen ihren eigenen Nachruf nach einem „sinnerfüllten Leben“;
• antworten einem fiktiven eigenen Kind, das in verschiedenen Altersstufen die
Frage nach dem Sinn des Lebens stellt;
• entwerfen Umgestaltungen für sinnstiftende Bauwerke / Denkmäler (z.B.
Brandenburger Tor; Bismarck- oder Hermanns-Denkmal);
• entwickeln kurze Texte (z.B. Elfchen), die sie in der Schule / im Stadtteil als
„Stolpersteine“ vermeintlich abgeschlossener Sinnsuche anbringen, und
beobachten Reaktionen;
• diskutieren in einem philosophischen Café (z.B. mit den Eltern) über den Sinn
des Lebens.
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
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7. Beispiel für eine Klausur
Material: Textauszug aus Herr Lehmann über „Lebensinhalte“
Herr Lehmann, der Titelheld des Romans von Sven REGENER, ist knapp über 30
Jahre alt. Er hat weder Ausbildung noch Studium absolviert und arbeitet in Berlin in
einer Kneipe. Dort lernt er eine Frau kennen, in die er sich verliebt. Zu Beginn ihrer
Beziehung führen sie das folgende Gespräch:
„Und was machst du in der Kneipe […]?“
[…]
„Na hinterm Tresen stehen natürlich.“
„Und das findest du gut, oder was?“
„Wie, gut finden?“
„Na, ob du das gut findest eben. Hinterm Tresen stehen und die Leute abfüllen. Das
ist doch kein Lebensinhalt!“
„Moment mal“, sagte Herr Lehmann. „Was soll das heißen, Lebensinhalt?
Lebensinhalt ist doch ein total schwachsinniger Begriff. Was willst du damit sagen,
Lebensinhalt? Was ist der Inhalt des Lebens? Ist das Leben ein Glas oder eine
Flasche oder ein Eimer, irgendein Behälter, in den man was hineinfüllt, etwas
hineinfüllen muss sogar, denn irgendwie scheint ja die ganze Welt einig zu sein, dass
man so etwas wie einen Lebensinhalt unbedingt braucht. Ist das Leben so? Nur ein
Behältnis für was anderes? Ein Fass vielleicht? Oder eine Kotztüte?“
[…] „Lebensinhalt ist doch eine Scheißmetapher, das steht ja wohl mal fest […], aber
selbst wenn man sie verwendet, was soll das denn dann sein? Gibt es irgendeinen,
der mir das mal sagen kann? Kann ich jetzt zu einem von den Leuten hier an den
Tisch gehen und ihn fragen: Entschuldigung, kannst du mir mal ein, zwei
Lebensinhalte nennen? Nix! Nix! Aber alle glauben, es gibt so was. Und keiner denkt
darüber nach. Wenn man von Lebensinhalt spricht, dann sieht man das Leben nur
als Gefäß, als Mittel zum Zweck, in das es etwas hineinzufüllen gilt, statt dass man
sich vielleicht mal darüber klar wird, dass das Leben einen Wert an sich hat und dass
man, wenn man sich dauernd damit beschäftigt, es mit Inhalt zu füllen, das vielleicht
überhaupt nicht kapiert. Aber bleiben wir ruhig beim Bild des Lebens als Gefäß […].
Ein Gefäß, in das man etwas hineinfüllen muss, kann es so lange nicht sein, wie mir
keiner sagen kann, was genau dieses Hineinzufüllende eigentlich sein soll. Dann
kann man es nur noch anders herum sehen, wenn man an der Metapher festhalten
will: Dann ist das Leben ein Gefäß, das man gefüllt hingestellt bekommt, und zwar
gefüllt mit Zeit. Und in diesem Gefäß ist ein Loch drin und die Zeit fließt unten raus,
so ist das nämlich, wenn man überhaupt von einem Gefäß sprechen will. Und die
Zeit, das ist das Blöde daran, kann man nicht nachfüllen. […] Was hat […] die
Tatsache, dass man in einer Kneipe arbeitet, mit Lebensinhalt zu tun? Das ist doch
der letzte Scheiß, Lebensinhalt. Man lebt und erfreut sich daran, das reicht doch
völlig. […] Wenn ich jetzt sagen würde, eigentlich bin ich Künstler, dann würde doch
jeder sagen: Ach so, na dann, alles klar. Aber was ist so schlimm daran, einfach nur
hinterm Tresen zu stehen und das auch noch gerne zu tun? […] Es gibt mehr
Kneipen als Kirchen oder Galerien oder Konzerthäuser oder Clubs oder Discos oder
was weiß ich was. Die Leute mögen das, sie gehen gerne in Kneipen. Es ist gut und
nützlich, in einer Kneipe zu arbeiten. […] Würdest du einen Künstler fragen, warum
er nicht mal was anderes macht? Zum Beispiel in einer Kneipe arbeiten? […]
Was ist gegen eine Arbeit zu sagen, die darin besteht, den Leuten etwas zu bieten,
was sie gern haben? Lebensinhalt! Vielleicht sind die Leute hinterm Tresen die
Hinweise und Erläuterungen zum Rahmenplan Philosophie
- 57 -
einzigen, die so was wie Lebensinhalt geben. Vielleicht füllen wir ja den Lebensinhalt
in die Leute rein, Mund auf, Lebensinhalt rein, fertig.“
(Aus: Sven Regener: Herr Lehmann. Ein Roman, 13. Auflage, München 2003, Seite 54-58.
© Eichborn AG, Frankfurt a.M., September 2001.)
Aufgabenstellung:
1. Fassen Sie in eigenen Worten zusammen, was die beiden Beteiligten zur Frage
nach einem Lebensinhalt denken.
2. Lassen Sie mindestens einen der Ihnen aus dem Unterricht bekannten
Philosophen in das Gespräch eingreifen. Verfassen Sie entweder einen
Kommentar aus seiner / ihrer Sicht oder formulieren Sie eine mögliche
Anschlussdiskussion, an der er / sie sich beteiligt.
3. Lassen sich die in dem Gespräch und Ihrer Bearbeitung zum Vorschein
gekommenen Kontroversen ausräumen? Nehmen Sie begründet Stellung zu
den Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt.