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andrologia W (5): 508-510 (1981) Received July 20, 1981 I Andrologie in der Praxis 1 Zentrum fur Dermatologie, Andrologie und Venerologie, Giessen Hormonbestimmungen in der Andrologie W. KRAUSE 1. Voruussetzungen anderem LHRH, welche die Hypophyse stimulieren. Die Hypophyse sezerniert LH und FSH in das periphere Blut. Diese Gonadotropine bewirken am Hoden eine Zunahme der Leydigzellfunktionen und (indirekt) der Spermatogenese. Die Leydigzellen ihrerseits se- zernieren Testosteron und zahlreiche andere Steroide, unter anderem Ostradiol. Diese wir- ken auf die peripheren Zielorgane, jedoch auch im Sinne eines Riickkopplungseffekts brem- send auf den Hypothalamus. Dazu sezernieren die Sertolizellen ein weiteres Hormon (In- hibin). Dieses System ist kein fester Regelkreis, sondern wird durch zahlreiche andere en- dokrine Systeme, durch ortlich wirkende Faktoren und die Durchblutung modifuiert. Der Hypothalamus als oberste endokrine Steuerzentrale bildet Releasinghormone, unter 2. Wie kann mn Hormone messen? Fur klinische Zwecke lafit sich weder die absolute Sekretion noch die Ausscheidung be- friedigend messen. Zuganglich ist allein die Blutkonzentration der jeweiligen Hormone. Aus dem Blut konnen die oben genanten Hormone und einige andere mehr, wie Prolactin, radioimmunologisch bestimmt werden. Die untere Empfindlichkeitsgrenze der Methode liegt bei etwa 5 pg, damit unter dem physiologischen Bereich. Die Methoden sind gut konfektioniert, von verschiedenen Herstellern werden vollstandige Reagenziensiitze (Kits) angeboten. Dennoch sind bei vergleichenden Bestimmungen, wie Ringversuche zeigen, er- hebliche Schwankungen moglich. Insbesondere die Proteohormone konnen nicht in abso- luten Mengen gemessen, sondern nur jeweils auf einen bestimmten Standard bezogen wer- den. 3. Wann ist es sinnvoll, Hormonbestimmungen vorzunehmen? - Bei Storungen der mannlichen Pubertatsentwicklung. Diese beruhen entweder auf ei- ner mangelnden Stimulation durch das Hypothalamus-Hypophysensystem oder einer mangelnden Androgenbiosynthese im Hoden. Im ersten Fall findet man verminderte Werte von LH und FSH im Serum (hypogonadotroper Hypogonadismus); im zweiten Fall liegen wegen der fehlenden Ansprechbarkeit des Hodens erhohte Werte vor (hy- pergonadotroper Hypogonadismus). In beiden Fallen sind die Testosteronspiegel im Key words: Hormone analysis - FSH - LH - testosterone - LHRH - hCG ~ Prolactin andrologia U (1981)

Hormonbestimmungen in der Andrologie

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Page 1: Hormonbestimmungen in der Andrologie

andrologia W (5): 508-510 (1981) Received July 20, 1981

I Andrologie in der Praxis 1 Zentrum fur Dermatologie, Andrologie

und Venerologie, Giessen

Hormonbestimmungen in der Andrologie

W. KRAUSE

1. Voruussetzungen

anderem LHRH, welche die Hypophyse stimulieren. Die Hypophyse sezerniert LH und FSH in das periphere Blut. Diese Gonadotropine bewirken am Hoden eine Zunahme der Leydigzellfunktionen und (indirekt) der Spermatogenese. Die Leydigzellen ihrerseits se- zernieren Testosteron und zahlreiche andere Steroide, unter anderem Ostradiol. Diese wir- ken auf die peripheren Zielorgane, jedoch auch im Sinne eines Riickkopplungseffekts brem- send auf den Hypothalamus. Dazu sezernieren die Sertolizellen ein weiteres Hormon (In- hibin). Dieses System ist kein fester Regelkreis, sondern wird durch zahlreiche andere en- dokrine Systeme, durch ortlich wirkende Faktoren und die Durchblutung modifuiert.

Der Hypothalamus als oberste endokrine Steuerzentrale bildet Releasinghormone, unter

2. Wie kann m n Hormone messen? Fur klinische Zwecke lafit sich weder die absolute Sekretion noch die Ausscheidung be-

friedigend messen. Zuganglich ist allein die Blutkonzentration der jeweiligen Hormone. Aus dem Blut konnen die oben genanten Hormone und einige andere mehr, wie Prolactin, radioimmunologisch bestimmt werden. Die untere Empfindlichkeitsgrenze der Methode liegt bei etwa 5 pg, damit unter dem physiologischen Bereich. Die Methoden sind gut konfektioniert, von verschiedenen Herstellern werden vollstandige Reagenziensiitze (Kits) angeboten. Dennoch sind bei vergleichenden Bestimmungen, wie Ringversuche zeigen, er- hebliche Schwankungen moglich. Insbesondere die Proteohormone konnen nicht in abso- luten Mengen gemessen, sondern nur jeweils auf einen bestimmten Standard bezogen wer- den.

3. Wann ist es sinnvoll, Hormonbestimmungen vorzunehmen? - Bei Storungen der mannlichen Pubertatsentwicklung. Diese beruhen entweder auf ei-

ner mangelnden Stimulation durch das Hypothalamus-Hypophysensystem oder einer mangelnden Androgenbiosynthese im Hoden. Im ersten Fall findet man verminderte Werte von LH und FSH im Serum (hypogonadotroper Hypogonadismus); im zweiten Fall liegen wegen der fehlenden Ansprechbarkeit des Hodens erhohte Werte vor (hy- pergonadotroper Hypogonadismus). In beiden Fallen sind die Testosteronspiegel im

Key words: Hormone analysis - FSH - LH - testosterone - LHRH - hCG ~ Prolactin

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Hormonbestimmungen in der Andrologie 509

Abb. 1: Kurztest ZUI iiberpriifung der hypo- physiren Gonadotropinsekretion

i .v. LH - RH Test

100 uq LH - RH i. v.

t

I 0

w 30 Min t

20 in1 20 m i Blut Blut

Plasma vermindert. Wahrend im ersten Fall jedoch durch hCG die fehlende hypophysii- re Stimulation nachgeahmt werden kann und dann die Testosteronspiegel ansteigen, bleibt dieses im zweiten Fall aus.

- Tumoren, Traumen, postoperative Zustande verandern die Hormonspiegel. Allerdings sind Veranderungen der endokrinen Situation im erwachsenen Alter meist klinisch nicht eindeutig. Bei Storungen der Hypophyse findet man niedrige Gonadotropinwer- te, bei Storungen, die den Hoden betreffen, niedrige Testosteronwerte mit erhohten Gonadotropinen.

- Storungen der Spermatogenese gehen im allgemeinen nicht mit direkten Verschiebun- gen einher. In etwa der Halfte der Falle findet man jedoch als Reaktion auf das fehlen- de ,,Inhibin" eine Erhohung des FSH im Serum. Will man Spermatogenesestorungen hormone11 mit Gonadotropinen behandeln, ist es logisch, solche Storungen mit erhoh- ten Gonadotropin-Werten von der Behandlung auszunehmen.

- Veranderungen der mannlichen Adnexorgane gehen meist nicht mit charakteristischen Verschiebungen einher.

- Gynakomastie. Als Ursache konnen erhohte Produktion von Prolactin aus der Hypo- physe, von Ostrogenen aus Nebenniere, Hoden oder sonstigem Gewebe sowie Produk- tion von prolactinartig wirkenden Substanzen aus neoplastischem Gewebe (Cho- rioneptheliom) in Frage kommen. Bei jenseits des 22. Lebensjahrs auftretender Gyna- komastie miissen immer die Konzentrationen der genannten Hormone gemessen wer- den. Dazu muf3 nach ,,Tumormarkem" der Hodentumoren (AFP, fl-hCG) gesucht wer- den. Eine organtypische Diagnostik schlieBt sich an. Auch bei der Adoleszenten-Gyna- komastie (vor dem 22. Lebensjahr) fuhrt man diese Messungen durch; fast nie ergeben sich Verschiebungen.

4. Wie geht man praktisch vor? - Die Bestimmung einzelner Hormone erfordert nur wenig Serummenge, fur mehrfache

- Wegen der Tagesschwankungen der Hypophysen- und Hodenfunktion miissen Blutab- Tests ist es jedoch besser, 20 ml Blut abzunehmen.

nahmen immer zu gleicher Tageszeit, ublicherweise morgens zwischen 8 und 10 Uhr er- folgen.

- Die hypophysare Kapazitat kann durch LHRH uberpriift werden. Man nimmt vor und 30 min. nach einer Injektion von 100 pg LHRH (GnRH) eine Blutprobe, aus den Blut-

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510 W. Krause

i .v. hCG - Test

5000 I E hCG i. v.

I I I 0 2 4 h * w *

20 m l 20 ml 20 ml Abb. 2: Kurztest zur tiberpriifung

Blut Blut B I U t der Leydigzellfunktion

1.m. hCG - Test

5oM) I E hCG + 5000 IE hCG + I I I I 1 0 I, 2 1 3 Tq. + + + + Abb. 3: Mehrtagiger Test zur

20 ml 20 ml 20 rnl 20 ml aerpxiifung der Leydigzellfunk- Blut Blut Blut Blut tion bei fehlender Hodenreife

proben werden LH und FSH bestimmt. Der Test kann in der Praxis durchgef~rt wer- den, er ist frei von Nebenwirkungen (Abb. 1).

- Die endokrine Hodenfunktion kann durch hCG stimuliert werden. Bei entwickeltem Hoden ist ein Kurztest aussagefag, man nimmt vor, 2 Std. und 4 Std. nach einer i.v.- Injektion von 5000 iE hCG Blutproben ab, aus den Blutproben wird Testosteron be- stimmt. Bei nicht eindeutiger Aussage oder fehlender Hodenentwicklung (prapuberal) wird der hCG-Test auf mehrere Tayge ausgedehnt, man entnimmt an 4 Tagen nachein- ander morgens eine Blutprobe und injiziert am ersten Tag und am 3. Tag jeweils nach der Blutentnahme 5000 iE hCG i.m. oder i.v. (unter 40 kg 2500 iE) (Abb. 2 und 3).

- Das Blut kann als Vollblut, aber auch als abzentrifugiertes Serum zur Hormonbestim- mung eingesandt werden. Bei Tests ist es zweckmafiig, alle Blutproben zusammen ein- zuschicken. Fur langeren Transport (> 48 Std.) ist das Einfrieren sinnvoll.

Anschrift: Prof. DhW. Krause, Zentrum fur Dermatologie, Andrologie und Venerologie, Gaffkystr. 14, D-6300 Giessen.

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