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Seit den Anfängen der griechischen Antike gehört die Frage nach der Wahrheit zu eine der wichtigsten Fragen der Philosophiegeschichte. Wie die Wahrheit in Relation zur Täuschung zu bestimmen ist, wurde auf unterschiedliche Weise untersucht und formuliert. Und obwohl wir die gesamte abendländische Philosophie als eine Art Fußnote zu Platon bezeichnen, hat uns Platon dennoch keine allgemeine Definition zum Begriff der „Wahrheit“ hinterlassen. Eines steht jedoch fest, nämlich, dass für seinen Lehrer Sokrates die Philosophie für die „Liebe zur Wahrheit“ steht. Ihm zufolge sind es die Philosophen, die das Falsche hassen, aber das Wahre lieben. Ihr gesamtes Leben streben Philosophen nach der Wahrheit, dem Ganzen und Vollständigen. Im siebten Buch des Dialogs Politeia erzählt Platon vom Höhlengleichnis des Sokrates. Dieses Gleichnis soll den Weg eines Philosophen illustrieren, den er notwendigerweise gehen muss. Es ist ein Befreiungsprozess, durch den er sich von seinen Vorurteilen befreien kann. Der Ausgangspunkt des philosophischen Bildungsweges wird mit einer unterirdischen Höhle verglichen, die stellvertretend für die sinnlich erfassbare Welt steht, aus dem der Philosoph sich im Laufe des Prozesses zum Tageslicht, dem wahrhaft und ewig Seienden, dem Reich der Ideen, bewegt. Dementsprechend könnte dieser Prozess auch als ein Weg von der Welt der Trugbilder zur Welt der Urbilder bezeichnet werden. Das Höhlengleichnis, welches

Inception Als Interpretation Des Höhlengleichnisses Von Sokrates

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Philosophischer Essay

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  • Seit den Anfngen der griechischen Antike gehrt die Frage nach der Wahrheit zu

    eine der wichtigsten Fragen der Philosophiegeschichte. Wie die Wahrheit in Relation

    zur Tuschung zu bestimmen ist, wurde auf unterschiedliche Weise untersucht und

    formuliert. Und obwohl wir die gesamte abendlndische Philosophie als eine Art

    Funote zu Platon bezeichnen, hat uns Platon dennoch keine allgemeine Definition

    zum Begriff der Wahrheit hinterlassen. Eines steht jedoch fest, nmlich, dass fr

    seinen Lehrer Sokrates die Philosophie fr die Liebe zur Wahrheit steht. Ihm

    zufolge sind es die Philosophen, die das Falsche hassen, aber das Wahre lieben. Ihr

    gesamtes Leben streben Philosophen nach der Wahrheit, dem Ganzen und

    Vollstndigen.

    Im siebten Buch des Dialogs Politeia erzhlt Platon vom Hhlengleichnis des

    Sokrates. Dieses Gleichnis soll den Weg eines Philosophen illustrieren, den er

    notwendigerweise gehen muss. Es ist ein Befreiungsprozess, durch den er sich von

    seinen Vorurteilen befreien kann. Der Ausgangspunkt des philosophischen

    Bildungsweges wird mit einer unterirdischen Hhle verglichen, die stellvertretend fr

    die sinnlich erfassbare Welt steht, aus dem der Philosoph sich im Laufe des Prozesses

    zum Tageslicht, dem wahrhaft und ewig Seienden, dem Reich der Ideen, bewegt.

    Dementsprechend knnte dieser Prozess auch als ein Weg von der Welt der

    Trugbilder zur Welt der Urbilder bezeichnet werden. Das Hhlengleichnis, welches

  • die Theorie von Schein und Sein veranschaulicht, bietet einen groen Raum fr

    Interpretation, aber auch Antworten zur Frage des Verhltnisses zwischen Wahrheit

    und Tuschung. Seit ber 2000 Jahren werden die grundlegenden Aspekte dieses

    Gleichnisses immer wieder neu gedacht und die daraus gezogenen Erkenntnisse bis

    in die heutige Zeit auf unterschiedliche Art und Weisen knstlerisch verarbeitet.

    Im Jahre 2010 erschien der Hollywood-Streifen Inception, ein US-amerikanischer

    Science-Fiction-Heist-Film. Die Handlung des Films erregte schnell groe

    Aufmerksamkeit aufgrund des auergewhnlich komplexen und originellen Plots.

    Der britische Regisseur Christopher Nolan schrieb neuen bis zehn Jahre am

    Drehbuch dieses Films und bediente sich Einflssen aus der Psychoanalyse, der

    Mythologie, Religion und der Philosophie. Inception weist neben einiger

    Unterschiede auch sehr starke Parallelen zum platonisches Hhlengleichnis auf. Das

    Hhlengleichnis handelt von Menschen, die in einer Hhle von ihrer Kindheit an

    Hals und Schenkeln gefesselt sind. Da sie sich nicht bewegen knnen, blicken sie

    stndig auf eine Felswand vor ihnen, auf der sie die Schatten von Gegenstnden

    sehen, die hinter ihnen an einem Feuer vorbeigetragen werden. Demnach entstehen

    diese Schattenbilder vom Schein des Feuers. Die Gefangenen haben Zeit ihres Lebens

    nie etwas anderes gesehen als die Schatten auf der Felswand. Eine Mauer trennt sie

    von den Gauklern, die durch ihre Kunststcke diese Bilder erzeugen. Sie werden nur

    diese Schatten fr das Wahre halten. Wenn diese Menschen entfesselt und

    gezwungen wren gegen das Licht zu sehen, dann wrden sie es nur widerwillig tun.

    Ebenso wren sie vollkommen verwirrt und wrden wahrscheinlich sogar glauben,

    dass das Vorherige wirklicher sei als das Jetzige. Wrden sie weiterhin gentigt

    werden, zum Ausgang zu gehen und ins Licht zu sehen, mssten sie sich unter

    Schmerzen an das helle Umfeld gewhnen mssen. Die Menschen wrden beim

    Austritt aus der Hhle nicht in die Sonne schauen knnen, sondern die Dinge, die

    sich im Wasser spiegeln wrden. Erst nach einer gewissen Zeit wren sie imstande

    die Sonne zu betrachten. Diese Erkenntnis ber das Wahre wrde sie dazu bringen,

    ihre Mitgefangenen, die sich weiterhin innerhalb der Hhle sind zu beklagen und nie

    wieder wie frher leben wollen. Dann wrde einer von ihnen wieder in die Hhle

    hinuntersteigen, um die anderen hinaufzubringen. Doch die Gefangenen wrden sich

    wehren, da sie die Bequemlichkeiten der Hhle der Erkenntnis vorziehen. Sie wrden

    ihn auslachen, verhhnen und wahrscheinlich sogar umbringen.

  • Das Schauen von Inception selbst erinnert an die Felswand aus dem Hhlengleichnis,

    auf der die Schattenbilder projiziert werden. Generell erscheinen groe Parallelen

    zwischen den Vorgngen in der Hhle und der heutigen Kino- und Fernsehwelt. Man

    denke nur einmal an einen gewhnlichen Kinobesuch. Die Zuschauer besetzen die

    Reihen und wenn das Licht zu dimmen beginnt, rhren sie sich nicht von ihrem

    Platz. Beginnt der Film, fixieren sie mit unseren Augen die Leinwand. Sie starren

    geradeaus auf das Spiel aus Licht und Schatten und beobachten die Bewegungen der

    Illusionen. Dabei wird der Realittseindruck der Bilder durch Musik und andere

    Tne verstrkt. Mindestens solange der Film andauert, knnen sie sich sogar mit der

    Rolle identifizieren, sie knnen sich ber sie definieren und nehmen sie sogar als real

    an. Sie vergessen fr einen Moment, dass sie sich in einem Kino befinden und

    betrachten die Atmosphre des Films als ihre Realitt. Sie denken und fhlen im

    Film. Genauso interpretieren die Hhlenbewohner die Schattenbilder und sehen

    diese als gesicherte Erkenntnisse an. Besonders der folgende Aspekt aus dem

    Gleichnis erinnert an die verbreitete Praxis des Filmpublikums, sich so sehr in den

    jeweiligen Film hineinzudenken und zu versuchen die Handlung vorauszusagen:

    Und wenn sie dort unter sich Ehre, Lob und Belohnung fr den bestimmt hatten,

    der das Vorberziehende am schrfsten sah und am besten behielt, was zuerst zu

    kommen pflegte und was zuletzt und was zugleich, und daher also am besten

    vorhersagen konnte, was nun erscheinen werde []. Die fr sie hrbaren Tne

    verstrken all ihre Eindrcke und erinnern sehr stark an die Sprachwiedergabe und

    Soundeffekte eines Films: Und wie wenn ihr Kerker auch einen Widerhall htte von

    drben her, meinst du, wenn einer von den Vorbergehendes sprche, sie wrden

    denken, etwas anderes rede als der eben vorbergehende Schatten?. Hierbei sind

    sich die Gefangenen nicht darber bewusst, dass sie sich in einer Hhle befinden.

    Und da sie nichts anderes als diese Schattenbilder kennen, werden diese zu ihrer

    einzigen Wirklichkeit. Doch im Gegensatz zu den Hhlenbewohnern lassen die

    Kinobesucher ihren Einzug in eine Welt der Trugbilder bewusst zu. Aber gerade nach

    den Gewaltakten und Selbstmorden, deren Ursprung in filmischen Inhalten verortet

    werden kann, wissen wir, dass Menschen sich auch in diesen Scheinwelten verlieren

    knnen. Eine bedeutende Rolle spielen oftmals die Charaktere eines Films, die ein

    weitreichendes Identifikationspotenzial aufweisen. Entsprechend dieser Wirkungen

    erlebt der Filmzuschauer den Realittsverlust im Vergleich zu den

    Hhlenbewohnern in umgekehrter Weise. Und dann tritt dieselbe Frage in Bezug auf

    diese Kinobesucher auf, die Sokrates ber die Hhlenbewohner stellt, als sie sich dem

  • Licht, dem wahrhaft Seienden nhern: Meinst du nicht, er werde ganz verwirrt sein

    und glauben, was er damals gesehen, sei doch wirklicher als was ihm jetzt gezeigt

    werde?

    Mit eben dieser alten Frage nach dem Verhltnis zwischen Wahrheit und Tuschung

    beschftigt sich der Film Inception. Im Verlauf des gesamten Films ist der Zuschauer

    mit Szenen und Dialogen konfrontiert, die an das Hhlengleichnis des Sokrates

    erinnern.

    Inception handelt von dem Protagonisten Dominick Cobb. Cobb ist ein Experte im

    Stehlen von Informationen aus dem Unterbewusstsein von Trumenden. Er schliet

    sie an eine Maschine an und injiziert ihnen ein Serum, die sogenannte Sedierung.

    Hier erscheint die erste Parallele zum Hhlengleichnis: Menschen werden gegen

    ihren Willen in einer Scheinwelt festgehalten und ihnen wird vorgetuscht, dass sie

    sich in der Realitt befnden und die dargestellten Projektionen wahr wren. Zu einer

    Verstrkung des Realittseindrucks bei den Trumenden kommt es durch die

    Beeinflussung des Bewusstseins durch gemeinsames Trumen. In hnlicher Weise

    starren im Hhlengleichnis mehrere Menschen gefesselt auf eine Felswand und

    erleben gemeinsam ihre Realitt. Im Film nutzt Cobb diese Fhigkeit zur Schaffung

    einer Scheinwelt fr die Trumenden nicht nur geschftlich, um Industriespionage

    im groen Stil zu betreiben, sondern auch privat. Gemeinsam mit Mal, seiner Frau,

    erlebt Cobb ganze Jahre in Trumen, indem er sich das Konzept vom Traum im

    Traum zu Nutze macht. So knnen sie in der Traumwelt mehrere Jahrzehnte

    verbringen, die jedoch in der Realitt nur wenigen Minuten entsprechen. In gleicher

    Weise folgt die Welt der Hhlenbewohner ihren ganz eigenen Mastben, die nicht

    der Welt auerhalb der Hhle entsprechen. Das gemeinsame Traum-Experiment von

    Cobb und Mal geht schief, da es ihnen immer schwerer fllt, den Traum von der

    Wirklichkeit zu unterscheiden. Dies entspricht auch dem Zweifel, den die

    Hhlenbewohner haben, als sie sich dem Licht nhern. Fr einen Moment wssten

    auch diese nicht, was realer wre, die Welt von damals oder die jetzige. Im Film nutzt

    Cobb einen kleinen Kreisel, um zu prfen, ob er sich in einem Traumzustand befindet

    oder schon wieder wach ist. Dreht sich der Kreisel unaufhrlich, handelt es sich um

    einen Traum. Kippt er aber um, dann befindet er sich in der Wirklichkeit.

    Cobb hatte sich nach den 50 Jahren in der Traumwelt bewusst fr die Realitt

    umentschieden: Am Anfang war es gar nicht so schlecht, sich wie Gtter zu fhlen.

  • Das Problem war nur, zu wissen, dass nichts davon echt ist. Irgendwann wurde es

    einfach unmglich fr mich so weiterzuleben. Doch Mal fllt der Gefahr des

    Zusammenspiels zwischen Traum und Realitt zum Opfer. Sie fordert von Cobb sich

    mit ihm in den Tod zu strzen, um dadurch wieder in der Wirklichkeit aufzuwachen.

    Da sie befrchtet, dass ihr Mann nicht gemeinsam mit ihr in den Tod springen

    wrde, hinterlegt sie bei einem Anwalt, einen Brief, indem sie schreibt, dass sie sich

    von ihm Mann bedroht fhle. Cobb lehnt ab, sich in den Tod zu strzen und versucht

    Mal davon zu berzeugen, dass sie sich tatschlich in der Realitt befinde.

    Sie will es nicht glauben und strzt sich in den Tod. Cobb flchtet vor der Anklage

    wegen Mordes und ist dabei gezwungen seine beiden Kinder in den USA

    zurckzulassen.

    Cobb trifft kurz darauf auf Saito, einen mchtigen Unternehmer, der ihm die

    Gelegenheit bietet, die USA wieder als freier Mann betreten zu knnen, wenn er es

    schafft, einen einfachen Gedanken in das Unterbewusstsein eines Konkurrenten zu

    pflanzen, damit dieser einer Aufteilung seines Weltkonzerns zustimmt. Cobb nimmt

    an und stellt den Flscher Eames und die Traumarchitektin Ariadne ein, um ihm bei

    diesem Auftrag zu helfen. Bevor Ariadne, die mit den Gauklern aus dem

    Hhlengleichnis verglichen werden kann, komplexe Traumwelten erschaffen soll,

    wird sie von Cobb in ihre Arbeit eingefhrt. Er erklrt den Aufbau eines Traums und

    sagt: Trume fhlen sich doch real an, whrend wir sie trumen. Erst wenn wir

    aufwachen, fllt uns auf, dass irgendetwas seltsam war. [] Man erinnert sich

    eigentlich nie genau an den Anfang eines Traums, nicht wahr? Man ist immer

    pltzlich mitten drin in dem, was passiert. Genau wie die Trumenden sich nicht an

    den Anfang erinnern knnen, knnen sich auch die Gefangenen aus dem

    Hhlengleichnis nicht daran erinnern, wann sie in die Hhle traten oder gebracht

    wurden.

    Ariadne erfhrt whrend dieses Lehrgangs von Cobbs Geheimnis um seine Frau, die

    immer wieder in seine Traumwelt eindringt, um seine Trume zu sabotieren und ihn

    davon zu berzeugen, in der Traumwelt zu bleiben. Da Ariadne eine groe Gefahr

    darin sieht, Traumwelten fr Cobb zu erschaffen, lehnt sie zunchst eine

    Zusammenarbeit ab. Cobb reagiert gelassen und prophezeit: Die kommt zurck! []

    Die Realitt wird ihr jetzt nicht mehr gengen. Im Hhlengleichnis lehnen die

    Gefangenen eine Befreiung aus Grnden der Bequemlichkeit ab. Auch fr Ariadne

    geht es um eine Welt, die bequemer ist als die Realitt. Deshalb zieht sie den Schein

  • dem Sein wenigstens fr eine gewisse Zeit vor. Sie beginnen mit dem Auftrag.

    Dafr steigen sie mit Fischer gemeinsam in ein Flugzeug, betuben ihn und schlieen

    sich gemeinsam an die Maschine an. Stufenweise dringen sie immer tiefer ins

    Unterbewusstsein von Fischer ein. Dabei beeinflussen sich die Realitt und die

    Traumebenen von oben nach unten, stehen daher in einem direkten

    Abhngigkeitsverhltnis.

    Nun versucht es Cobb mit der Einpflanzung eines Gedankens. An dieser Stelle wird

    deutlich, dass Cobb es schon einmal ausprobiert hat. Um seine Frau dazu zu

    bewegen, sich wieder zurck in die Realitt zu begeben, pflanzte er ihr den Gedanken

    ein, dass sie sich in einer Scheinwelt befnde. Cobb beschreibt, wie Mal von diesem

    Gedanken wie besessen war: Aber ich wusste nicht, dass der Gedanke in ihrem

    Verstand wachsen wrde wie ein Geschwr. [] Dass selbst nachdem du wieder in

    der Realitt warst, dass du weiterhin glauben wrdest, dass deine Welt nicht real

    ist Dass der Tod der einzige Ausweg wre.

    Es war dieser Gedanke, der Cobbs Frau in den Selbstmord trieb, fr den er sich selbst

    die Schuld gibt. Trotz dieser Erfahrung will er bei Fischer nun einen einfachen

    Gedanken besonders tief einpflanzen und geht diesmal auf die dritte Traumebene.

    Cobb stellt gleich zu Beginn des Films die Frage: Was ist der widerstandsfhigste

    Parasit? und beantwortet sie auch gleich: "Ein Bakterium? Ein Virus? [] Ein

    Gedanke! Resistent, hochansteckend. Wenn ein Gedanke einen Verstand erst einmal

    infiziert hat, ist es fast unmglich, ihn zu entfernen. Ein Gedanke, der vollkommen

    ausgeformt, vollkommen verstanden ist, der bleibt haften."

    Dieser einfache Gedanke ist genauso einfach wie die Schatten auf der Felswand. Da

    die Hhlenbewohner diese ohne jegliche Zweifel als real ansehen, mssten sie dazu

    gentigt werden, ihre Hhle zu verlassen.

    Die grte Parallele zum Hhlengleichnis wird deutlich, als Cobb im Traum der

    Projektion seiner Frau gegenber sitzt und sie ihn wiederholt bittet, bei ihr zu

    bleiben. Mal stellt Cobb die entscheidenden Fragen: Was ist, wenn du dich irrst?

    Was ist, wenn ich die Realitt bin? Du redest dir nur, die Dinge ein, die du weit!

    Aber woran glaubst du? Daraufhin entgegnet Cobb: Ich kann mir dich nicht

    vorstellen in deiner Gesamtheit, in deiner Vollkommenheit, in deiner

    Unvollkommenheit! Sieht dich doch nur an: nur ein Schatten! Du bist nur ein

    Schatten meiner realen Frau. Infolgedessen versucht sie ihn zu tten. Als der

  • Mensch im Hhlengleichnis vom Licht wieder in die Dunkelheit kommt, um den

    Gefangenen deutlich zu machen, sie in einer Scheinwelt leben wrden, ist ihr erster

    Vorwurf gegenber ihm, dass er mit verdorbenen Augen wiedergekommen sei. Dann

    fragt Sokrates seinem Gegenber, ob die Hhlenbewohner ihn nicht tten wrden

    und er antwortet mit: ganz gewiss.

    Cobb und seinem Team gelingt es, den Gedanken in Fischers Unterbewusstsein zu

    pflanzen, sodass er zur Erkenntnis kommt, den fhrenden Weltkonzern aufzugeben

    und etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Nach der erfolgreichen Beendigung des

    Auftrages wird das Team durch sogenannte Kicks aufgeweckt und wieder zurck in

    Realitt geholt. Nach dem Aufschlagen des Lieferwagens auf dem Wasser, in dem sie

    sich alle befinden, wachen sie wieder auf. Daraufhin befinden sich alle wieder im

    Flugzeug auf dem Weg nach Los Angeles. Saito hlt sein Wort und Cobb kann

    problemlos die USA betreten, um bei seinen Kindern zu sein. Die Befreiung aus der

    Hhle findet symbolisch statt, in dem Cobb als freier Mann zu seinen Kindern

    zurckkehrt. Das Ende lsst Regisseur Nolan bewusst offen. Als er seine Wohnung

    betritt, dreht den Kreisel. Whrend der Kreisel sich dreht, wendet sich Cobb den

    Kindern zu. Eine ganze Weile dreht er sich noch. Als er ins Trudeln gert, folgt eine

    schwarze Blende. Damit entlsst der Film den Zuschauer mit einer unklaren

    Abgrenzung von Traum und Realitt. Es wirft dieselben Fragen auf, die das

    Hhlengleichnis des Sokrates bis in die heutige Zeit bei den Lesern entstehen lsst:

    Was wre, wenn wir im bertragenen oder vielleicht sogar wortwrtlichen Sinne fest

    gekettet auf eine Projektion schauen, die wir als unsere Wirklichkeit wahrnehmen?

    Was wre, wenn wir ein Leben fhren, das nicht so ist wie es uns erscheint?