14
Interview mit Frau Schindel

Interview mit Frau Dora Schindel

Embed Size (px)

DESCRIPTION

 

Citation preview

Page 1: Interview  mit Frau Dora Schindel

Interviewmit Frau Schindel

Page 2: Interview  mit Frau Dora Schindel

Wir betreten das Haus von Frau Schindel, einer 92-jährigen Dame, die uns ihre bemerkenswerte Lebensgeschichte erzählt :

ein Leben voller Angst und immer auf der Flucht.

Page 3: Interview  mit Frau Dora Schindel

Frau Schindel wurde 1915 als Jüdin in München in einer gut bürgerlichen Familie geboren und machte dort ihr Abiturim Jahre 1935.

Zuerst wollte sie die Schule vor dem Abitur verlassen, doch ihr Direktor konnte sie vom Gegenteil überzeugen. Zudem wollte ihre Familie 1934 ein Haus kaufen, was jedoch glücklicherweise gescheitert war. Von diesem ersparten Geld konnten sie später die Nazis bestechen und dadurch ihreMutter retten.

Diese Beispiele zeigen, dass die Menschen zu dieser Zeit selbst noch nicht begriffen hatten und vielleicht auch nicht begreifen konnten, was es mit dem Nationalsozialismus auf sich hatte.

Page 4: Interview  mit Frau Dora Schindel

„Sie haben das Geschehen wahrgenommen, aber nicht begriffen.“

Diese Wahrnehmung war bei jeder Familie anders. So dachten viele, dass diese Zeit schon nach einigen Monaten ihr Ende finden würde. Diese Annahme beruhte auf den Erfahrungen mit den verschiedenen Regierungen der Weimarer Republik.

Nach ihrem schulischen Abschluss studierte sie Kunst und Geschichte an der Uni in München und nahm an zahlreichen Kunstvorlesungen teil.

1935, nachdem das Rassengesetz eintrat, verblieb ihre Familie in München und sie flüchtete zu Verwandten in die Schweiz, wo sie in Zürich die Universität besuchte.

Page 5: Interview  mit Frau Dora Schindel

Ihr Bruder arbeitete als Arzt an der Saar und erreichte das Ziel der Familie, Israel, als erster. Der Rest der Familie rückte nach, bis auf Frau Schindel, die in Zürich blieb.

Page 6: Interview  mit Frau Dora Schindel

In der Schweiz arbeitete sie zusammen mit Prof. Hermann Görgen, den sie in Salzburg kennen gelernt hatte, und Prof. Friedrich Wilhelm Förster in der „Gruppe Görgen“ gegen die Nazis. Zu dieser Gruppe gehörte auch Johannes Hoffmann, der spätere Ministerpräsident des Saarlandes.

Zu dieser Zeit wurden viele Flüchtlinge in Zürich untergebracht. In Genf gründeten sie das „Komitee Intellectuelle“, das sich für rassisch und politisch Verfolgte einsetzte.

Page 7: Interview  mit Frau Dora Schindel

Verhandlungsnachweis:

Page 8: Interview  mit Frau Dora Schindel

So konnte die „Gruppe Görgen“ 45 Erwachsene und 3 Kinder nach Brasilien bringen.

1941 reiste Frau Schindel zusammen mit Prof. Görgen und dieser Flüchtlingsgruppe von Genf nach Lissabon und von dort mit einem spanischen Schiff nach Brasilien.

[1. Wohnsitz von Frau Schindel in Brasilien]

Page 9: Interview  mit Frau Dora Schindel

Die Vorbereitungsarbeiten waren sehr aufwändig; es wurden Taufbescheinigungen und „Ariernachweise“, sowie (tschechische) Pässe für die jüdischen Gruppenmitglieder besorgt, Hilfsorganisationen wurden um Unterstützung gebeten, bei neun Ländern wurden Einreiseanträge gestellt, Transitvisa wurden beschafft und vieles mehr.Für die Durchreise durch Franco-Spanien half der Vatikan.

Page 10: Interview  mit Frau Dora Schindel

[Exemplar eines erstellten tschechischen Passes]

Page 11: Interview  mit Frau Dora Schindel

[Visum von Prof. Herrmann Görgen ]

Page 12: Interview  mit Frau Dora Schindel

In Brasilien blieb Frau Schindel bis 1955 und traf sich danach mit ihrer Verwandtschaft in der Schweiz.

Nach dem Ende der Naziherrschaft vollzog Frau Schindel 1955 in Zürich ihre Konversion zum Katholizismus, dem sie schon seit Jahren innerlich verbunden war.

In den nächsten zwei Jahren war sie zuerst bei ihrer Schwester in Israel zu Besuch und hatte danach für ein Jahr in Frankfurt für die URO (United Refugee Organisation) gearbeitet.

Im Jahre 1957 kam sie dann nach Bonn und gründete zusammen mit Prof. Görgen 1960 die Deutsch-Brasilianische Gesellschaft, die sich bis heute der Intensivierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet widmet. Ein Jahr später kam es zur Gründung des Lateinamerika-Zentrums, mit dem Ziel Sozialprojekte im Rahmen der Entwicklungshilfe zu verwirklichen.

Innerhalb dieser Flüchtlingsbewegung von 1938 bis 1957 hat sich Frau Schindel’s Freundeskreis deutlich verändert, da all ihre Freunde in verschiedene Länder

ausgewandert sind.

Page 13: Interview  mit Frau Dora Schindel

Außerdem berichtet sie uns von der Gesellschaft in Deutschland nach dem Krieg.

Hier in Deutschland sind ihr die viel kürzeren Distanzen zwischen den Städten im Vergleich zu Brasilien aufgefallen und sie bemerkte ebenfalls, dass die Deutschen heutzutage viel ernster und unzufriedener sind mit dem was sie haben.

Sie betonte auch, dass sie heute nur Gott dafür danken kann, dass sie in kein KZ gebracht wurde und die Nazizeit so „glücklich“ überlebt hat.

Page 14: Interview  mit Frau Dora Schindel

Simon Sirch und Martin Stürmer

Frau Schindel - Eine Frau mit einer bemerkenswerten Geschichte über ihr Leben voller Angst und auf ständiger Flucht.