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Die Schule braucht mehr Spiel

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NZZ am Sonntag 16. Oktober 2016

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Spielen ist zentral für die Entwicklung der Kinder: Sie lernen so auf lustvolle Weise das Leben kennen. Dennoch kommt das Spiel oft zu kurz - vor allem in der Schule

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.. asstdie Kinder spielen! Die Forschung zeigt: Mädchen und Buben, die viel spielen, lernen besser, leichter und meistens auch mehr. Und dennoch hat das Spiel in der Schule einen schweren Stand - selbst im Kindergarten kommt es unter Druck. Von Rene Donze

Wenn sie wüssten, was auf sie zukommt. Da schnallen sich Jahr für Jahr Tausende Kinder den Thek auf den Rücken und fie­

bern ihrer ersten Schulstunde entgegen. Künftig gilt für sie: Wandtafel statt Pup­penstube. Schulhefte statt Bauklötze. Schulbank statt Basteltisch. Nie mehr werden sie so viel Zeit zum Spielen ha­ben wie im Kindergarten. «Mit der Schu­le beginnt der Ernst des Lebens» heisst es im Volksmund. Und die Kinder freuen sich erst noch darauf.

das freie Spiel, das nachweislich wichtig ist für die Entwicklung des Kindes.

Im Spiel erschliessen sich die Mäd­chen und Buben die Welt, und sie lernen sich selber kennen. Sie üben Sozialkom­petenz, Frustrationstoleranz, Kreativität, sie entwickeln ihre Sprache und ihre Vor­stellung von Mengen, Zeit und Raum weiter. Nicht umsonst hat die Natur Men­schen und Tiere mit dem Spieltrieb aus­gestattet. Der Nachwuchs soll auf lust­volle Art und Weise das üben, was er zum überleben braucht, dieweil die Eltern sich um die ernsten Seiten des Lebens kümmern. Sehr gut lässt sich beim Kind beobachten, wie es sich in den ersten Jahren immer mehr Fähigkeiten aneignet (Spalte ganz rechts). Vor allem beim Rol-

Lernwerkstatt Spiel

lenspiel, im «so tun als ob», kann dies gut beobachtet werden. Dökterlis, Müeterlis, Vätterlis, Lehrerlis oder das Nachspielen von Märchen. All das hilft den Kindern, das Leben zu begreifen. Gleichzeitig regt das kontrafaktische Denken die Phantasie an: Ein Holzbrett wird zum Klavier, ein Stuhl zur Lokomotive, ein Stein zu Geld. Und nebenbei üben die Kinder auch noch den Konjunktiv: «Also: Du wärst jetzt Schneewittchen, und ich würde Dir jetzt den vergiftetenApfelgeben ... »

Elke Hildebrandt befürwortet zwar auch angeleitete Spielformen und Regel­spiele, betont aber den Wert des zweck­freien und spontanen Spiels: «Pädagogi­sche Fachpersonen sollten dabei vor al­lem jene Kinder unterstützen, die nicht

NZZamSonntag 16.0ktober2016

Eintauchen in die Phantasiewelt: Ein Kind malt in der Lernwerkstatt in Brugg. (13.9.2014)

Nicht umsonst hat die Natur Menschen und Tiere mit dem Spieltrieb ausgestattet.

von selbst ins Spiel kommen.» Dabei hält sie es mit Johan Huizinga, der den Begriff «Homo ludens» prägte - der spielende Mensch als Ergänzung zum «Homo sa­piens» (wissend) und zum «Homo faber» (arbeitend). «Alles Spiel ist zunächst und vor allem ein freies Handeln. Befohlenes Spiel ist kein Spiel mehr», schrieb er 1938 in seinem Standardwerk. Es brauche das Spiel, weil darin die menschliche Kultur «aufkommt und sich entfaltet».

Lernen mit Freude

«Der übertritt vom Kindergarten in die Primarschule ist ein grosser Einschnitt», sagt Elke Hildebrandt. Sie ist Leiterin der Professur für Unterrichtsentwicklung für Kindergarten und Primarschule an der Pädagogischen Hochschule der Fach­hochschule Nordwestschweiz. Auf einen Schlag soll das spielende Kind zum ler­nenden Kind werden. Dabei zeigt die For­schung: Die grössten Lernerfolge erzie­len Kinder, wenn sie mit Freude bei der Sache sind. «Die intrinsische Motivation ist beim selbstgesteuerten Spielen viel höher als beim von oben instruierten Lernen und Übern>, sagt Hildebrandt, die in Brugg die Lernwerkstatt Spiel (Text rechts) aufgebaut hat.

Wo Lehrerinnen experimentieren

Doch ist nur freies Spiel auch gutes Spiel? Kann nicht auch die Schule den Spiel­trieb des jungen Menschen nutzen, um ihm Stoff zu vermitteln? In dieser Frage zeigen sich verschiedene Strömungen in der Fachwelt. Die Verfechter des freien Spiels kritisieren angeleitete, auf be­stimmte Lernziele ausgerichtete Regel­spiele als «verdidaktisiert». Umgekehrt gibt es Pädagogen, die den didaktischen Wert des freien Spiels relativieren: «Im Freispiel üben die Kinder in der Regel vor allem das, was sie schon einigermassen oder gar gut können», sagt Bernhard Hauser. Der Leiter des Studiengangs für frühkindliche Entwicklung an der Päd­agogischen Hochschule St. Gallen gilt als Koryphäe in Sachen Spielen. Er spricht vom «Mythos Freispiel». «Davon profitie­ren vor allem jene, die schon viel können und sich auch gerne selber herausfor­dern», sagt er. «Die schwächeren Kinder aber bleiben oft aussen vor.»

Die Welt entdecken Idealerweise wäre also alles in der Schule Spiel. Die Realität läuft indes in die um­gekehrte Richtung: Statt dass das Spiel vermehrt vom Kindergarten in die Schu­le hinübergerettet wird, schleichen sich typisch schulische Lernformen in die Kindergärten ein. Der Pisa-Schock im Jahr 2000 hat den Druck auf die Vorschu­le erhöht. Mit Sprach- und Mathematik­förderung will man die Chancengerech­tigkeit verbessern und die Kinder mög­lichst optimal auf die Schule vorbereiten. «Der Kindergarten ist durchgetaktet», sagt auch die Erziehungswissenschafte­rin Margrit Stamm im Interview (Seite 7). Zunehmend auf der Strecke bleibt dabei

Auf dem Gestell liegen zwei aufblasbare Boxhandschuhe: Riesig und rot sind sie. Damit lässt Mark Weisshaupt die ange­henden Lehrerinnen auch mal mitein­ander kämpfen. Oder mit den Gummi­schwertern, die auf einem Tisch liegen. Willkommen in der «Lernwerkstatt Spiel» der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg. «Sie sollen selber erfahren, wie sich spielerisches Kämpfen anfühlt», sagt Weisshaupt, der die Werkstatt leitet. Die vorwiegend weib­lichen Studierenden haben in der Regel wenig Erfahrung mit Raufen und Balgen. «Sie lernen, dass das nicht per se etwas Schlechtes ist.»

Normalerweise aber widmen sich die Studentinnen auch in der Lernwerkstatt dem weniger wilden Spiel. Vielmehr vertiefen sie sich in alle möglichen

Spielformen, um sich den Perspektiven der Kinder anzunähern. So kommt es, dass zwei Frauen mit Kappla-Hölzern einen Turm erstellen, während andere am Bildschirm «Marie Kart» gamen. Die Turmbauerinnen präsentieren am Ende stolz ihr Kunstwerk, die Gamerinnen strahlen ebenfalls, sagen aber auch: «Es macht schon ziemlich nervös.» Auf den Tablaren an den Wänden der beiden Räume liegen unzählige Spiele: Von Klötzen bis zum Brettspiel, vom form­baren Sand bis zum Computergarne. Sonst gibt es vor allem eins: viel Platz.

Vor fünf Jahren hat die Hochschule diese Lernwerkstatt eingerichtet, um die künftigen Lehrer in die Welt des Spielens einzuführen - und zwar nicht vorrangig dadurch, dass ein Dozent ihnen etwas vorträgt, sondern indem sie Themen selbständig aussuchen und

sich damit auseinandersetzen. Sie gestalten eigene Spiele, führen kleine Forschungsprojekte durch, sammeln Erfahrungen. Manchmal besuchen auch Schulklassen die Werkstatt. So können die Studentinnen die Effekte des Spie­lens auf die Kinder beobachten. Wie interagieren Kinder? Wie verändert sich die Gruppenzusammensetzung? Was üben und lernen sie im Spiel?

Für alle, die sich in Brugg zur Lehre­rin für den Kindergarten bis 3. Klasse ausbilden lassen, sind die Lernwerk­statt-Seminare Fflicht, für die oberen Stufen sind sie fakultativ. Weisshaupt will innerhalb der sonst so strukturier­ten Ausbildung einen Freiraum anbie­ten, genauso wie das Spiel den Schülern Freiraum sein soll: «ein Ort des Auspro­bierens, der das Studium um eine lust­volle Dimension erweitert». (rd.)

Hauser setzt vielmehr - vor allem bei benachteiligten Kindern - auf didakti­sche Spiele. «Spielen ist hohe Übungsin­tensität, aber mit mehr Freude an der Sa­che», sagt er. Dass dies funktioniert, hat sein Team mit einer Studie bewiesen. Sie liessen eine Gruppe Kindergartenkinder gezielt mit mathematischen Spielen spie­len, während andere ein gängiges Mathe­matik-Förderprogramm besuchten. Die Kontrollgruppe hatte gewöhnlichen Kin­dergartenbetrieb. Am Ende des Versuchs hatten die spielenden Kinder ihre mathe­matischen Fähigkeiten stärker verbessert

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als jene im Förderprogramm. «Und sie hatten mehr Spass», sagt Hauser. Auf sei­ner Skala betrug der Lernzuwachs der spielenden Kinder 11,3 Punkte, die geför­derten Kinder verbesserten sich um 9,1, jene in der Kontrollgruppe um 8 Punkte. Die Spieler machten also signifikant mehr Fortschritte. Doch nicht nur das: Sie waren auch aktiver und konzentrier­ter. Die Auswertung von Videoaufuah­men zeigt, dass die Kinder im Förderpro­gramm während 20 Prozent der Zeit nicht bei der Sache waren, die Spielen­den waren nur halb so lang abgelenkt.

Dass sich auch sprachliche Fähigkei­ten im Spiel gezielt fördern lassen, zeigt

eine Untersuchung der Universität Carn­bridge. Dabei liessen die Lehrer ihre Schüler Szenen einer Geschichte mit Lego-Figuren nachspielen. Anschlies­send sollten sie die Handlung zu Papier bringen. Das Resultat: Der Wortschatz wurde grösser, die geschriebenen Sätze wurden länger. Die Kompetenz der Kin­der, ihre Gedanken niederzuschreiben, hatte sich markant verbessert.

Es braucht neue Formen Nicht umsonst kommt die bis anhin um­fassendste Metastudie im schulischen Bereich von John Hattie unter anderem zum Schluss, dass Spielförderung einen

beachtlichen Einfluss auf den Schuler­folg hat. Der von ihm ermittelte Einfluss des Spiels auf den Lernerfolg entspricht etwa jenem der elterlichen Unterstüt­zung oder der Leseförderung. Allerdings: Am wichtigsten ist, was noch vor dem Kindergarten geschieht, wie eine Unter­suchung von Margrit Stamm ergeben hat. Wenn Kleinkinder zu Hause viel und in­tensiv spielen, gehören sie in der Schule viel eher zur Leistungsspitze, als wenn sie ohne Spiel aufwachsen.

«Die Schule sollte also viel stärker auf dem Spieltrieb des Menschen aufbauen», sagt Hauser. Der Übertritt vom Kinder­garten in die Primarschule müsse nicht

das Ende des Spielens bedeuten, sondern vielmehr den Beginn anderer Spielfor­men. Gute Beispiele, sinnvolle Spiele und auch didaktisch wertvolle Compu­terspiele gebe es zur Genüge. Da diese in­des noch viel zu wenig in den Lehrmit­teln beriicksichtigt sind, liegt es an den Lehrerinnen und Lehrern, sie zu finden und in den Unterricht zu integrieren.

Und wann ist es fertig mit Spiel? «Gar nie», sagt Hauser. Selbst im Gymnasium liesse sich viel mehr machen: Warum nicht auch Integral- und Differenzial­rechnungen spielerisch üben? Damit könnte man den «Ernst des Lebens» we­nigstens ein bisschen lustiger gestalten.

Schritte der kindlichen Entwicklung

0 bis 18 Monate

3

Das Baby lernt im Funktionsspiel sich und seine Umgebung kennen. Es greift nach Gegenständen und nimmt sie in den Mund. Nach und nach beginnt es stimm­liche Eigenschaften anderer Menschen zu imitieren. Es entwickelt mit viel Unter­stützung der Eltern Freude an Ad-hoc­Spielen wie «Gugus - dada». So lernt es, alltägliche Aktivitäten von spielerischen Interaktionen zu unterscheiden.

Ab 18 Monaten

Erste Konstruktionsspiele werden interes­sant, z. B. einen Turm bauen. Dazu kommen nach und nach auch Symbol­spiele. So wird im zweiten Lebensjahr ein Holzklotz zum Handy oder ein Kochtopf zum Helm. Das Kind begreift den Unter­schied zwischen «so tun als ob» und dem Ernstfall. Es spielt aber noch weitgehend «parallel» mit anderen Kindern und nicht mit ihnen zusammen.

Ab3Jahren

Die Interaktion mit anderen Kindern nimmt zu. Rollen werden nachgespielt (Mutter, Doktor, Lehrer, Polizist), die Sprache wird immer wichtiger. Mit zuneh­mendem Alter werden die Rollen und Dialoge komplexer, sie orientieren sich an realen Abläufen wie zum Beispiel einer Schifffahrt. Die Kinder gehen zwischen­durch auch auf die Metaebene: «Nein, das spielt man nicht so.» Sie beginnen zu verhandeln und zu planen. Dies ist eine zentrale Phase für die Sprachent­wicklung.

Ab4Jahren

Die Kinder spielen oft im Konjunktiv («Du wärst jetzt»). Sie entwickeln Intuition: Sie merken, dass andere Menschen anders denken und auch täuschen können. In diesem Alter beginnt auch das Interesse für Regel­spiele zu erwachen.

Ab5Jahren Nun werden Regelspiele und Gesell­schaftsspiele immer wichtiger: Brett­spiele, Kartenspiele und sportliche Spiele lösen das Rollenspiel vermehrt ab. Das Regelverständnis entwickelt sich und damit auch das Gefühl für Richtig und Falsch.

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90 Minuten voll bei der Sache Wenn Spieltrainerin Priska Flury in die Schule kommt, sind die Kinder kaum zu bremsen. Auch Schreibmuffel und Mathenieten haben plötzlich Spass an Buchstaben und Zahlen. Von Regula Freuler

S chribt mer <Hoon mit einem oder mit zwei <O> ?» Die elf­jährige Lea* schaut fragend in die Runde. Die Klasse sitzt in Gruppen verteilt auf dem Schulzimmerboden. Vor jedem Kind liegen acht

Buchstaben-Würfel, wer zuerst sieben davon zu Wörtern kombiniert hat, be­kommt den Wanderpokal. «Speed Dice» heisst das Spiel: Tempo-Würfel. Leas Klassenkameraden schauen darum nur kurz hoch und knobeln gleich weiter. «Auf welche Sprache habt ihr euch ge­einigt?», fragt Priska Flury. «Für Hoch­deutsch brauchtest du zwei <a>: Haar.» In einem anderen Grüppchen rätselt ein Mädchen über dem Wort «Pusie», löst es aber wieder auf, bevor Flury dazutritt. Alles will man ja nicht fragen.

Heute ist die Baselbieter Spieltrainerin im Örtchen Ottoberg, Kanton Thurgau, unterwegs: schmucke Fachwerkhäuser, gepflegte Gärten, volle Apfelbäume. Im Tal unten fliesst die Thur, am Horizont prangt der Säntis. Durch die offenen Fenster riecht es nach Kuhstall und frisch geschnittenem Gras. «Bei klarer Sicht sieht man die Berner Alpen», sagt Anja Albasini. Dafür hat die Klassenlehrerin heute aber keine Augen. Aufmerksam verfolgt sie mit, wie ihre 18 Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Primarstufe in den beiden Spiellektionen mit Priska Flury mittun. Albasini freut sich: In den 90 Minuten lassen weder der Elan noch das Interesse je nach. «Noch mal! Noch mal!», betteln die Kinder im Chor beim Spiel «Zahlenkönig» nach je­der Runde: Die Klasse steht im Kreis und muss auf Englisch durchnummerieren. Wen es bei einer der vorher bestimmten Zahlen trifft, muss sich setzen. Wer zu­letzt steht, ist König. Hierzu muss man nicht nur schnell reagieren, sondern sich auch sehr konzentrieren. Keine einfache Kombination. Manch ein Schüler stot­tert, dann prustet die Klasse los: «Absit­zen! Rausgeflogen!»

Spielende Lehrer Priska Flurys Besuch hat einen doppel­ten Zweck: Zum einen erhält die Lehrerin Anregungen zur spielerischen Gestal­tung des Unterrichts. Wie ein Blick ins Regal zeigt, ist Anja Albasini dieser di­daktischen Methode gegenüber sehr of­fen: In mehreren Fächern, geordnet nach Lernbereich, stapeln sich Spiele. Manche stanunen aus dem Lehrmittelverlag, an­dere findet man im Handel, etwa das Wörterquiz «Eureka», das Reaktionsspiel «5 Second Rule» und das Taktikspiel «Brändi Dog». «Ich spiele nicht ganze Lektionen lang durch, sondern integriere Spiele punktuell», sagt Albasini. «Wichtig

Wer zuletzt steht, hat gewonnen: Priska Flury spielt mit den Kindern «Zahlenkönig». (Ottoberg, 12.9.2016)

Wichtig ist, dass Spiele nicht als <goodie> eingesetzt werden, sondern als ein didaktisches Grundprinzip.

nlw Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Wirtschaft

ist, dass man sie mehrmals einsetzt. Das steigert den Lerneffekt.»

Natürlich lernt nicht nur die Lehrerin, sondern vor allem die Klasse etwas. «Beim Spielen erwerben die Kinder in erster Linie nicht Wissen, sondern Kompetenzen», sagt Priska Flury. «Die Flexibilität, die sich im Spiel entwickelt, können sie auf viele andere Bereiche des Lernens und des Lebens übertragen.»

An den meisten pädagogischen Hoch­schulen gibt es in der Lehrerausbildung kein eigenes Modul für spielerische Lern­methoden, sondern diese sind in ver­schiedenen Fächern integriert, etwa der Allgemeinen Didaktik. «Wichtig ist, dass Spiele nicht einfach als Auflockerung des Unterrichts eingesetzt werden oder als goodie, sondern als ein didaktisches Grundprinzip», sagt Yael Herz, Dozentin für Theaterpädagogik an der Pädagogi­schen Hochschule (PH) Zürich. Wenn es nach ihr ginge, könnte Spielpädagogik in der Ausbildung noch mehr ausgebaut werden: «Es geht nicht nur darum, sich didaktische Methoden anzueignen, son­dern auch um persönliche Bildung.» So würden die Schüler doppelt profitieren: «Ein homo ludens ist ein besserer Lehrer als einer, der nicht spielt.»

Aus-und

Die Akademie für Spiel und Kommuni· kation bietet jedes Jahr eine dreimona· tige Ausbildung in Spielpädagogik an. Nächster Kursstart am 31. Oktober (Spielakademie.eh). Die Spieltrainerin Priska Flury gibt auch Lehrerfortbil· dungskurse (www.spiel-training.ch).

Spielen ist als didaktische Methode auf Kindergarten- und Unterstufe fest verankert, wird auf der Oberstufe aber eher selten angewandt. Spielpädagogen kritisieren das. Marcel Naas von der PH Zürich pflichtet grundsätzlich bei: «Ich finde auch, dass manche Oberstufen­Lehrpersonen mehr Spiele in den Unter· richt integrieren könnten, um Inhalte zu präsentieren oder zu vertiefen.» Dem Be· reichsleiter Bildung und Erziehung für die Sekundarstufe ist aber wichtig, dass differenziert wird. «Auf der Oberstufe werden Spiele selten zweckfrei einge· setzt, sondern sind in Form von Lern· oder Rollenspielen mit klaren Lernzielen oder zu erwerbenden Kompetenzen ver·

bunden.» Laut Naas sind Spielpädagogen eine gute Ergänzung zum schulischen Alltag- auch auf der Oberstufe. «Aber sie dürfen eine Lehrperson nicht ersetzen», sagt er. «Diese sollte sich selbst täglich fragen, wie die Schüler spielerisch lernen können.»

Priska Flury bedauert das geringe In­teresse an Spielpädagogik auf der Ober­stufe. «Ich höre immer wieder, dass dafür die Zeit fehle. Dabei könnte man damit im Bereich Sozialkompetenzen sehr viel erreichen.» Ihr Fokus liegt sowieso weni­ger auf der Stoffvermittlung als darauf, Freude an der Materie zu vermitteln. «Ich sage Lesemuffeln nie: <Lesen ist doch toll!> Ich fange einfach an zu spielen -und sofort machen alle mit.»

Kindernut Ausdauer Zum Berufsfeld Spieltrainerin inspirierte Flury ein Kurs, den sie 2004 an der Aka­demie für Spiel und Kommunikation in Brienz machte. Gegründet wurde diese 1984 von Hans Fluri. Er gilt als Schweizer Spiel-Pionier, im November startet der 74-Jährige seinen dreissigsten Spiel­pädagogik-Kurs. Seit den 1970er Jahren entwickelte der Pädagoge Coaching-und Spieltherapie-Fermen, unterrichtete an Hochschulen und Universitäten und lei­tete über 50 Spielgruppen-Leiterkurse. Sein Buch «1012 Spiele» ist ein Klassiker und liegt in der 9. Auflage vor. «Der Be­griff <Spiel-Pionier> klingt ein wenig so, als hätte ich etwas erfunden», sagt Hans Fluri. «Dabei tue ich nur, was schon im­mer da war. Den Gegensatz Lernen -Spielen gibt es nicht. Man lernt immer beim Spielen.» Auch Fluri bedauert, dass manche glauben, das Interesse am Spie­len erlösche im Teenageralter. Gerade erst hat er Spiellektionen mit 300 Ju­gendlichen in Herzogenbuchsee durch­geführt. «Von Desinteresse oder Lange­weile war da keine Spur!», sagt Fluri.

In der Primarschule Ottoberg läutet es bald zur Mittagspause. Die Schüler sind mit der zweitletzten Übung beschäftigt: Jeweils zwei sind mit einem Seil, das sie ums Handgelenk geschlungen haben, an­einandergebunden und müssen sich be­freien, ohne das Seil kaputtzumachen oder abzustreifen. Die Kinder steigen kreuz und quer über die Seile, kriechen untereinander durch, fast sieht es aus wie die Hühner bei «Max und Moritz». Schliesslich zeigt Priska Flury, wie der Trick geht. «Welche Fähigkeit ist gefragt, eine solche Aufgabe zu lösen?», fragt sie die Klasse. «IQ», sagt ein Bub. «Wille», ein anderer, «und Geduld.» Voile zehn Minu­ten haben die Schüler gerätselt. «Das ist länger, als viele Erwachsene es jeweils aushalten», sagt Flury. Stolze Gesichter im Klassenzimmer.

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Learning bygaming Auch am Computer können Schüler Kompetenzen erwerben. Dennoch sind die Vorurteile gegen die Games weit verbreitet. Und die Schulung der Lehrer steckt noch in den Kinderschuhen. Von Joel Bedetti

NZZamSonntag 16.0ktober2016

Nach der Lektüre des Buchs kreieren amerikanische Schüler mit «Minecraft» eine Hobbit-Welt. (Palatine, USA, 24.4.2014)

Im vergangenen Jahr gab der Game­Experte Marc Bodmer einen Work­shop vor rund hundert angehen­den Lehrpersonen aus der Ost­schweiz zum Thema «Garnen». Als er fragte, wie viele von ihnen selber

spielen würden, streckten etwa zwölf Personen auf. «Viele Lehrpersonen - dar­unter viele Lehrerinnen -wählen den Be­ruf in der irrigen Annahme, um Informa­tik herumzukommen», sagt Bodmer. Der studierte Jurist und passionierte Gamer gibt seit sieben Jahren solche Work­shops, um Lehrer und Eltern mit der Game-Welt vertraut zu machen.

Games und die Schule: Das war nie eine einfache Beziehung. Die Gewaltdar­stellungen in vielen Spielen -und die Tat­sache, dass einige Amokläufer exzessive Garner waren - haben bei Lehrern und Eltern zu einer ablehnenden Haltung geführt. Dabei können Games laut der jüngsten Forschung bloss bestehende Ge­waltphantasien verstärken; sie sind aber nicht die Ursache. Gemäss Bodmer ten­dieren manche Lehrer dazu, Games die Schuld an Problemen der Schüler zu ge­ben. «Sie sehen nicht, dass es eine Flucht aus einem Umfeld ist, in dem etwas nicht stinunt.» Dabei könnten Computergarnes die Schule bereichern. «Sie müssen nicht Spass machen>>, betont er, «sie müssen je­manden bei der Sache halten, zum Bei­spiel einer mathematischen Aufgabe.»

Auf das Leben vorbereiten Für diegamification der Zürcher schulen zuständig ist Peter Suter, Dozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich für Medienbildung. Man habe auf allen Ebe­nen noch einen langen Weg vor sich, sagt

Virtuelle Realität

Flüchtling spielen: Ein schottischer Lehrer fördert so die Empathie der Kinder.

Games packen die Schüler vor allem, wenn sie ein Problem lösen müssen.

Suter, bis die Informatik auch in der Bil­dung die Rolle spiele, die sie heute im Alltag innehat. «Schliesslich soll ja das Ziel der Schule sein, die Kinder auf ihre Lebenswelt vorzubereiten.»

Die Rolle von Computergarnes sieht Suter in der Vermittlung von generellen Kompetenzen. Weniger geeignet seien sie für das Erreichen spezifischer Lern­ziele. «Es gibt Games, die in eine Ge­schichte verpackt das Einmaleins näher­bringen sollen. Aber die Schüler durch­schauen das schnell.» Für solcherlei lohne sich konventionelles Üben mehr. «Games packen Schüler vor allem, wenn sie ein Problem lösen müssen.» Für Suter

widerspiegelt diese Sicht eine N euorien­tierung weg vom Pauken, hin zur Bildung von Kompetenzen. «Man kann den Schü­lern sagen: Baut diesen Turm nach dieser Anleitung. Man kann ihnen aber auch sagen: Baut einen Turm. Entweder steht danach der Turm, oder er steht nicht. Das sehen die Schüler dann selbst.»

Einer der wenigen Lehrer in der Schweiz, die Games bereits gezielt im Unterricht einsetzen, ist Pirmin Stadler, Sekundarlehrer für Mathematik und Naturkunde im Kanton Uri. Er nutzt das populäre Game «Minecraft», in dem die Spieler in einer unendlichen Welt mit Werkzeugen alles Mögliche bauen - und wieder zerstören - können. Microsoft hat das Game gekauft und kürzlich eine «Edu-Version» für die Schule herausge­geben. Stadler nutzt «Minecraft» zum Beispiel in der Geometrie. «Wenn die Schüler einen Würfel und Quader in ei­nem 3-D-Raum selbst basteln, bekom­men sie ein anderes Gefühl dafür, als wenn ich es an der Wandtafel erkläre.»

Mit «Minecraft» lässt sich mehr als bloss Fachkompetenz vermitteln, auch soziale Fähigkeiten lassen sich schulen. Stadler erzählt von einem schottischen Lehrer, dessen Schüler Mühe hatten, eine empa­thische Diskussion über Flüchtlinge zu führen. «Daraufhin baute er für sie in «Minecraft» ein zerbombtes Dorf auf, das sie verlassen mussten. Sie mussten ent­scheiden, welche Gegenstände sie mit­nehmen, wohin sie gehen, zum Schluss liess er ihr Schiffim Meer versinken», er­zählt Stadler. «So konnten sich die Schü­ler besser in diese Situation versetzen.»

Bei Lehrerkollegen trifft Pirmin Stad­ler auf Skepsis. «Die gamen zu Hause

Die ETH erforscht die Zukunft des Spiels Seit dem letzten Jahr existiert an der ETH Zürich ein Game Technology Center. Das Kompetenzzentrum soll zeigen, welche Rolle Games in der For­schung einnehmen können. Es soll aber auch die Game-Industrie vernetzen. «Es gibt in der Schweiz viele Talente, Infor­matiker von der ETH, aber auch von den Gamedesign-Studiengängen an der Zürcher Hochschule der Künste», sagt Titularprofessor Bob Surnner, der das Zentrum mitbegründet hat. «Mit dem Center wollen wir helfen, diese Kräfte zu koordinieren.»

Die Entwickler haben bereits mit eigenen Ideen für Aufmerksamkeit gesorgt. An der diesjährigen Informatik­messe «CeBit» im Februar in Hannover stellten die Forscher gleich mehrere Prototypen von Games für Kinder vor, welche die reale Umgebung mit virtuel­len Elementen anreichern. So sollen Mit dem Tablet lassen sich Kinderzeichnungen zum Leben erwecken.

Kinder zu mehr Kreativität, Kooperation und Interaktion mit ihrer Umwelt ani­miert werden. Sie nennen das augmen­ted creativity - erweiterte Kreativität. Zum Beispiel haben die Forscher ein virtuelles Malbuch entwickelt, mit dem Kinder auf dem Tablet ein Tier malen können, das danach mittels eines Algo­rithmus scheinbar zum Leben erweckt wird und sich bewegt. «Wir haben dafür durchwegs positive Reaktionen erhal­ten», sagt Surnner.

Langfristig sieht der Forscher den Fokus indes eher in der Wirtschaftswelt. «Wir sind daran, ein Progranun zu gestalten, mit dem wir Wirtschaftskader vom Nutzen von Games überzeugen wollen. In diesem Feld könnte sich die Schweiz künftig als führendes Game­Land positionieren.» Für 2017 plant das Zentrum einen Kurs, der zeigen soll, wie Unternehmen Games sowohl für

schon genug», hört er manchmal. Dahin­ter kann sich auch eine Unsicherheit ver­bergen. Die grösste Herausforderung von Games im Unterricht für die Lehrer sei nämlich, betont Stadler, dass sie zu ei­nem gewissen Grad die Kontrolle abge­ben müssen. «Es kann gut sein, dass die Kinder das Spiel besser beherrschen als der Lehrer.» In der Aufweichung dieser Autorität sieht der Lehrer aber eine zusätzliche Chance. «Mit einem Game können auch die Schüler aus ihrer Rolle als Konsumenten von Wissen schlüpfen und selbst etwas erschaffen.»

Es hapert bei der Ausbildung Lehrer wie Pirrnin Stadler sind Pioniere. Damit Computergarnes aufbreiter Front sinnvoll eingesetzt werden, muss die In­formatikausbildung an den pädagogi­schen Hochschulen ausgeweitet werden. Dies wird mit der Umsetzung des Lehr­plans 21 auch kommen. Die Pädagogische Hochschule Zürich führe aller Voraus­sicht nach obligatorische Medienbil­dungs- und Informatiklektionen in der Lehrerausbildung ein, sagt Dozent Peter Suter. Vorgesehen seien einige Module für Sekundarlehrer, etwas weniger für die Lehrerinnen und Lehrer der Primar­und Kindergartenstufe.

Die grössere Herausforderung, sagt Peter Suter, sei jedoch, die 7500 bereits amtierenden Lehrer in diesem Bereich zu schulen. «Es braucht bei den meisten eine längere Weiterbildung, damit sie grundlegendste Informatik verstehen und vermitteln können.» Angesichts der knappen öffentlichen Mittel für die Schu­len rechnet Suter mit einem Prozess, der mehrere Jahre dauern wird.

firmeninterne als auch externe Zwecke nutzen können. Als Beispiel nennt Surnner eine kürzlich erfolgte Promo­tion für Smart: Man konnte mit dem Handy in Schweizer Städten virtuell Golf spielen und dem Ball folgen. Wer mit den wenigsten Schlägen den Golf­kurs beendete, gewann den Smart.

Ein anderes Beispiel ist «Gnome Trader», das Surnner und seine Kollegen entwickelt haben: Wenn die Spieler mit der Handykamera auf eine Zeitungsbox zielen, verwandelt sich diese auf dem Bildschirm in ein Ladenlokal. Dort können die Spieler dann Waren kaufen und verkaufen. Das Spiel soll einer breiten Bevölkerungsschicht tiefere Einblicke in das Funktionieren der Wirtschaft geben. Und es hilft der ETH, Forschung über das ökonomische Ver­halten der Bevölkerung zu betreiben. J oelB edetti

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NZZ am Sonntag 16. Oktober 2016 l JIUl'.111.llli.~'lll,llll.JllUli.:B, 7

«Kinder sollen sich auch langweilen» Die meisten Kinderzimmer seien übersät mit Spielsachen, sagt Erziehungswissenschafterin Margrit Stamm. Diese Reizüberflutung behindert Kreativität und Spiellust. Interview: Rene Donze

NZZ am Sonntag: Wann haben Sie das letzte Mal gespielt?

Margrit Stamm: Das war vor einigen Wochen, als wir in einer Berghütte zusammensassen. Wir spielten das Geografiespiel, bei dem man Berge, Seen und Städte mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben möglichst schnell aufschreiben muss. Das war sehr lustig, zumal wir eine Gruppe von Erwachse­nen waren, die sich zuvor noch nie gese­hen hatten.

Was bedeutet Ihnen persönlich das Spiel? Als Kind war mir spielen sehr wichtig.

Ich habe im Sommer im Garten Hütten gebaut, mit Freunden Theater gespielt oder bei einer Freundin in ihrem gros­sen Puppenhaus mit den Bäbis gespielt. Später haben wir zu Hause sehr viel gejasst. Mein Vater war ein leidenschaft­licher lasser. Das hat mir sehr viel gebracht in der Mathematik, ich bin sehr schnell im zusammenzählen. Heute spiele ich aber kaum mehr.

Warum? Das ist schwer zu sagen. Mit unseren

Kindern haben wir noch gespielt. Doch dann ist es irgendwie abhandengekom­men. Vielleicht bin ich einfach gesättigt.

Kann man eigentlich generell sagen, dass jedes Kind spielen will?

So gesehen stimmt das nicht ganz. Der Spieltrieb ist nicht einfach angebo­ren. Das Spielen muss gelernt werden. Jedes Neugeborene bringt aber eine gesunde Neugier mit ins Leben, die im Normalfall später zum Spiel führt. Wenn man bei einem Kind diese Neugier jedoch unterdrückt, dann wird es auch nicht spielen.

Warum ist das Spielen aus Ihrer Sicht für die Entwicklung der Kinder wichtig?

Kinder erwerben im Spiel alle Kom­petenzen, die sie brauchen, um im schulischen und ausserschulischen Leben zu bestehen. Im freien Spiel ver­senken sie sich freiwillig in den Lebens­ernst und üben dabei fürs Leben. Sie organisieren sich, müssen Entscheidun­gen treffen, müssen sich verständigen, müssen sich einigen. Spielen fördert die Intelligenz, die Sozialkompetenz, die Selbstkompetenz.

Was passiert, wenn ein Kind nicht spielt? Wer als Kind nicht spielen kann, hat

später Probleme beim Lernen. Das ist gut belegt. Wenn das selbstbestimmte Spiel fehlt, haben die Kinder auch mehr Mühe, sich zu organisieren oder kreativ tätig zu sein. Sie werden zu unselbstän­digen Erwachsenen, die immer auf Befehle warten.

Was ist denn ein gutes Spiel? Die Kinder sollen spielen, was und

wie sie wollen. Ganz wichtig ist, dass Erwachsenen nur eine zweitrangige Rolle spielen. Sie müssen vielleicht am Anfang etwas nachhelfen, eine Initial­zündung geben. Doch dann sollten sie sich unbedingt zurückhalten. Vor allem sollte kein Fördergedanke dahinter stehen. Spass und Freude sind tigsten Faktoren des Spiels.

Welche Ralle sollen die Eltern einneh­men? Sollen sie mit den Kindern spielen oder sie in Ruhe lassen?

Spielen muss gelernt werden. Eltern sollten viel mit ihren Kindern spielen und ihnen zeigen, wie das geht. Und sie sollten die Umgebung der Kinder spielfreundlich gestalten mit entspre­chenden Materialien und Freiheiten. Heute sind 90 Prozent der Kinderzim­mer übersät mit Spielzeug. Ein Zuviel behindert die Kreativität. Wenn die Kinder ins Spielen kommen, sollte man sich auch wieder zurückziehen und sie gewähren lassen.

Was unterdrückt die Spiellust? In erster Linie ist es die Reizüberflu­

tung. Die Kinder haben zu viel Ablen­kung, sei es durch ein Übermass an

«Der Zeitgeist ist ungünstig für Spielereien»: Erziehungswissenschatterin Margrit Stamm in ihrem Büro. (Bern, 29.2.2016)

Spielsachen oder durch digitale Geräte und den Fernseher. Gleichzeitig haben sie immer weniger Zeit zum Spielen. Dazu kommt noch die Ängstlichkeit der Eltern. Sie wollen ihren Kinder kaum mehr Freiheiten zugestehen, aus Sorge, dass ihnen etwas passieren könnte.

Besteht nicht die Gefahr, dass den Kin­dern langweilig wird, wenn man ihnen ihre Spielsachen wegräumt?

Nietzsche sagte: Die Langeweile ist die Windstille der Seele. Ich meine, aus der Langeweile entsteht auch Kreativi­tät. Kinder sollen sich auch langweilen.

Stamm

Von der Lehrerin zur Bildungsforscherin Die Erziehungswissenschafterin ist Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education und emeritierte Pro­fessorin der Universität Freiburg. Zu ihren Schwerpunkten gehören unter anderem frühkindliche Bildung und Begabungsforschung. Ihre berufliche Laufbahn hat sie als Primarlehrerin begonnen. Margrit Stamm ist verheira­tet und hat zwei erwachsene Kinder.

Oft aber sind gelangweilte Kinder schwer zu ertragen. Sie nörgeln und quengeln.

0 ja. Ich mag mich gut erinnern, dass unserem Sohn oft langweilig war, wenn seine Schwester weg war. Es ist mir nicht gelungen, ihm diese Langeweile zu lassen. Ich habe stets etwas mit ihm unternommen. Heute würde ich ver­suchen, das auszuhalten.

Ein schnelles Rezept gegen Langeweile sind Handy, Tab/et, Computer.

Es ist natürlich einfach, quengelnde Kinder damit zum schweigen zu brin­gen. Früher haben wir auf langen Auto­fahrten Spiele erfunden, um tote Zeit zu überbrücken: Autonummern verglichen oder im Dezember nach Tannenbäumen mit Beleuchtung Ausschau gehalten. Ich verstehe es aber, wenn Eltern heute so ausgelaugt sind, dass sie nicht mehr spielen mögen und auch die Langeweile der Kinder nicht aushalten. Sie sind zeitlich unter Druck, müssen Familie und Beruf unter einen Hut bringen.

Sind elektronische Spiele des Teufels? Ich habe eigentlich nichts gegen

Tablets und Computer, es braucht ein­fach ein gesundes Nebeneinander. Und es braucht Zeiten und Zonen, wo die Geräte ausgeschaltet werden. Hier soll­ten die Erwachsenen Vorbilder sein: Wenn die Eltern ständig am Bildschirm hängen, wie sollen die Kinder dann

Frühförderung heisst eben nicht nur Kurse. Frühförderung heisst auch Freiraum, Freizeit, Freiheit.

davon überzeugt werden, nach draus­sen spielen zu gehen?

Eine deutsche Studie besagt, dass die Zeit zum freien Spielen in den letzten zwanzig Jahren um rund einen Drittel abgenom­men hat.

Das ist tatsächlich ein grosses Pro­blem. Heute wird das Leben der Kinder durchorganisiert: Von der Kita über den Musikunterricht, den Sportklub bis zur Schule mit Mittagstisch. Die Freiräume der Kinder haben massiv abgenommen.

Wie wichtig ist denn der Faktor Zeit? Er ist der wichtigste Faktor. In einer

anderen deutschen Studie sagen Kinder, sie wünschten sich, mehr mit ihren Eltern zu Hause zu sein. Doch wenn diese Eltern dann einmal etwas Zeit haben, dann nutzen sie diese, um das Kind in irgendwelche Kurse oder Trai­nings zu fahren oder sie sonst wie zu fördern. Damit wollen sie dem Kind zwar etwas Gutes tun, doch nehmen sie ihm etwas Wichtiges weg: frei verfüg­bare Zeit.

Ist Spiel bloss Freizeitbeschäftigung? Eben nicht. Auch in der Schule sollte

das Spiel seinen Platz haben. Es ist eine sehr wichtige Lernform, die die anderen Methoden sinnvoll ergänzt. Leider aber hat es in der Primarschule und in der Oberstufe keine etablierte Funktion. Der Zeitgeist ist ungiinstig für Spiele­reien. Heute wird immer mehr gemes­sen und diagnostiziert. Das beginnt ja bereits im Kindergarten. Das Spiel steht im Widerspruch zu diesem Trend.

Der Kindergarten gehört ja seit Harmos offiziell auch zur Schule.

Die Verschulung des Kindergartens ist tatsächlich ein Problem. Kürzlich habe ich Unterlagen aus dem Kanton Zürich gesehen, die einen Morgen im Kindergarten skizzieren. Er ist mit Lek­tionen durchgetaktet, und am Schluss ist dann noch von 11 bis 11 Uhr 30 Spie­len vorgesehen. Auch der Kindergarten ist lernzielorientiert geworden. Kinder­gärtnerinnen, die die Kinder häufig frei spielen lassen, müssen sehr selbstbe­wusst sein. Viele Eltern finden das eine Zeitverschwendung, unnötig. Es passt nicht in unseren Zeitgeist, den Leis­tungswettbewerb, die Orientierung am Können.

Jetzt wurde jahrelang Frühförderung gepredigt, und nun sagen Sie, dass die frühe Förderung den Kindern die Zeit stiehlt. Das widerspricht sich doch.

Nein, das widerspricht sich nicht. Wir Forscher waren einfach zu wenig diffe­renziert. Die Frühförderung ist gut. Es gibt nicht ein Entweder-oder. Man kann ein Kind früh fördern, aber man muss schauen, dass die Freiräume für das Kind erhalten bleiben. Das wurde zu wenig kommuniziert.

Sie waren eine Vorkämpferin dieser Frühförderung. Höre ich da auch etwas Selbstkritik?

Eindeutig. Es ist ein Hype um das Thema entstanden, der ungesund ist. Frühförderung ist zwar sehr wichtig für benachteiligte Kinder aus bildungsfer­nen Familien. Das Problem ist aber, dass vor allem gut situierte, bildungsambi­tionierte Eltern darauf aufgesprungen sind. Und sie übertreiben es oft. Die Benachteiligten hingegen fallen nach wie vor durch die Maschen. Der Graben ging eigentlich eher auf statt zu.

Müsste man nicht einfach das freie Spie­len als Teil der Frühförderung verstehen?

Das ist durchaus so. Wenn man Kinder fragt, was sie am liebsten tun, sagen sie meistens: draussen spielen. Aber sie wollen nicht auf einen durch­geplanten, sicheren Spielplatz. Sie wollen den Waldrand, den Hinterhof, den Bach, wo sie ihre Phantasie aus­leben können. Frühförderung heisst eben nicht nur Kurse. Frühförderung heisst auch Freiraum, Freizeit, Freiheit.

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NZZamSonntag 16.0ktober2016

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Gutes Spiel schlechtes Spiel Möglichst schrill und aus Plastic? Oder lieber aus Holz und über Generationen vererb bar? Kinder und Eltern wollen nicht dasselbe. Ein kleiner Guide durch den riesigen Dschungel der Spielzeugabteilung. Von Katharina Bracher

Interaktion

Zu berücksichtigen Ein gutes Spielzeug ist eines, das konstruktiv ist. Es muss ohne grosse Erklärung zur Interaktion einladen. Mit anderen Worten: Es soll die Möglichkeit offen lassen, etwas damit zu erschaffen, zu bauen oder nachzuspie­len. Im Idealfall handelt es sich dabei um lange haltbare, robuste Spielsachen, die mehrere Zwecke erfüllen und sich für mehrere Altersstufen eignen. Zum Beispiel Oogi, die Puppe des Zürcher Her­stellers Moluk (Bild oben). Schmeisst man die Figur ans Fenster, haftet sie. Durch Verdrehen und Ziehen kann man ihr neue Gestalt geben. Oogis Ausdruck ändert sich mit jeder Pose.

Zu vermeiden Spielsachen mit wenig lnter­aktionsmöglichkeit - zum Beispiel ein batteriebetriebe­ner Hund, der bellen und laufen kann, oder eine spre­chende Puppe - mögen Kinder anfangs begeistern, verlieren aber bald ihren Reiz, weil der kreative Raum einge­schränkt ist. Lediglich auf einem Bildschirm herumzu­wischen und damit Reaktio­nen auszulösen, wirkt nicht stimulierend auf das Kinder­hirn. Die entwicklungspsy­chologische Forschung stellt den meisten Unterhaltungs­spielen auf dem Tablet ein mangelhaftes Zeugnis aus: Weder die geistige noch die physische Entwicklung wird damit begünstigt. Anders sieht es mit Lernprogram­men für ältere Kinder aus.

Fernfachhochschule Schweiz

Mitglied der SUPSI

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Gut: Schmeissen, ziehen, drehen: Die unkonventionelle Puppe Oogi. Schlecht: Kämpfen ist sein einziger Spielzweck-Actionfigur He-Man_

Phantasie

Zu berücksichtigen Spielsachen sollten der Phan­tasie Raum gewähren und die Zahl der Spielmöglichkei­ten offen lassen. Sie sollen zum Zweckentfremden anre­gen. Sinnvoll sind erweiter­bare Spielzeuge: Durch Zukaufen von Teilen wird ein neuer Spiel-Impuls ausgelöst. Haushaltsgegenstände sind auch Spielzeuge: Töpfe, Schwingbesen, Kartons, Dosen, Wäscheklammern und Stoffreste lassen sich kreativ nutzen. Aber auch Gegenstände aus der Natur wie Kastanien, Holzstöcke und Muscheln sind geeignet. Ausgespielt? Es gibt kein Spielzeug, das immer im Gebrauch ist. Man kann einen Teil der Spielsachen auch einmal für eine Weile ganz wegräumen. Die Kinder ent­wickeln sich weiter und ent­decken selbständig neue Spielmöglichkeiten. Voraus­gesetzt, die Sachen sind noch immer altersgerecht.

Zu vermeiden Generell sind Spielzeuge, die Kinder zum passiven Zuschauer machen, ungeeig­net: Wenn etwas nur aufge­zogen oder angeschaltet werden muss, regt das die Phantasie nicht an und lang­weilt die Kinder schnell. Kleinkinder imitieren gerne ihre Eltern. Daher gibt es teure Miniaturen zu kaufen, die nach Ablauf der Phase nur noch in der Ecke stehen. Statt mit Kinder-Küchen, Mini-Staubsaugern, Baby­Handys kann die Erwachse­nenwelt auch mit Kisten, Besen und Plasticgefässen imitiert werden. Die Vorstel­lungskraft der Kleinen ist fast grenzenlos. Hersteller schreiben ihre Produkte oft bewusst mit zu tiefen Alters­angaben an. Komplizierte Spielzeuge, die überfordern, frustrieren Kinder. Solche, die ihren individuellen Fähig­keiten und Begabungen entsprechen, stärken das Selbstbewusstsein.

Koordination

Zu berücksichtigen Dinge, die immer wieder neu aufbau bar sind, fördern das manuelle Geschick: etwa eine Kugel- oder Eisenbahn. Ausserdem lassen die sich allein oder gemeinsam bespielen. Spielsachen, welche die Koordination schulen, am besten im Geschäft auf ihre Robustheit testen.

Zu vermeiden Vermeintlich harmlos: Kinderchirurgen warnen vor dem Trampolin. Das Gerät eignet sich nur für ein Kind aufs Mal. Keine Saltos machen! Kinder unter 6 Jahren gehören nicht aufs Trampolin. Elektrische Spielzeuge sind nicht des Teufels, fördern aber nur selten die manuelle Geschicklichkeit des Kindes.

Design

Zu berücksichtigen Ein Spielzeug darf ruhig unfertig aussehen: Je sim­pler, desto eher lädt der Gegenstand zum kreativen Spielen ein. Grundsätzlich gilt: Je jünger das Kind ist, desto grösser das Spielzeug (kleinere Erstickungsgefahr).

Zu vermeiden Schönes Design verführt Erwachsene. Fehlt der Spielzweck, wird das Ding zur Deka: Kinder zuerst aus­probieren lassen! Rosa schränkt die Spielwelt der Buben ein. Wer kauft seinem Sohn schon rosa Geschirr?

Ich habe mein

Zeitmanagement im Griff.

Material

Zu beri.icksichtigen Holz, Plastic, Stein, Sand: Mit unterschiedlichen Mate­rialien lernen Kleinkinder intuitiv Naturgesetze kennen (der Plasticbecher schwimmt. der Stein nicht). Bei den Kleinsten ist das Erkunden von Gegenstän­den mit unterschiedlicher Haptik wichtig für das sensorische Lernen.

Zu vermeiden Billiges, dünnes Plastic ist nicht nur schnell kaputt, an splitternden Teilen kann man sich verletzen. Aus­serdem sind Schadstoffe bei solchen Spielsachen öfter zu finden. Zuverlässige Informationen dazu gibt es im Internet beim deutschen Arbeitsausschuss «Spiel gut».

WEITERBILDUNG - ZEIT- & ORTSUNABHÄNGIG:

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Gaffen war gestern Nur 20 Sekunden betrachtet der durchschnittliche Ausstellungsbesucher ein Exponat. Die moderne Museumspädagogik wirbt um mehr Aufmerksamkeit, indem sie auf spielerische Vermittlung setzt. Wie soll das gehen? Von Katharina Bracher

F ür Glikl war das Leben alles andere als ein Spiel. Und dennoch ist die Geschäfts­frau heute eine Spielfigur im Jüdischen Museum in Berlin. In einer Ecke steht eine

Nachalunung ihrer Reisetruhe, darin ver­senkt ein Bildschirm. Die Besucher erfah­ren Details aus dem Leben der jüdischen Kauffrau im 17.Jahrhundert, indem sie per Touchscreen verschiedene Aufgaben lösen und strategisch wichtige Entschei­dungen für Glikl fällen. Welche Handels­beziehungen pflegen? In welche Landes­teile die Kinder verheiraten? Wann rei­sen? Was packen für eine fünftägige Rei­se durch das Heilige Römische Reich? Braucht es den jiddischen Kalender? Die Münzwaage? Die Schabbat-Lampe? - Was

es heisst, sich als jüdische und noch dazu alleinstehende Unternehmerin und Mut­ter im Deutschland des ausgehenden 17.Jahrhunderts zu bewegen, wollen die Ausstellungsmacher mit dem Spiel ver­mitteln. Es soll auch klarmachen, dass der Wohlstand und der Erfolg Glikls nicht der Regelfall eines jüdischen Frauenle­bens war. Das Spiel über dieses Leben nimmt mehrere Minuten in Anspruch. Die meisten Besucher heben dabei kaum den Blick vom Bildschirm. Einige lesen ihren Kindern die Texte vor und lassen sie die Antworten raten.

Jede dieser Informationen könnte auch auf einer Schautafel stehen, beglei­tet von einem Bild, wie Glikl ausgesehen und wann sie gelebt hat. Der Besucher könnte sich über einen Schaukasten beu-

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gen, indem ein Replikat ihrer Original­Memoiren liegt. Dafür würde er 20 Se­kunden aufbringen - im Durchschnitt. So jedenfalls besagt es die Museumsfor­schung. Ein paar tiefer Interessierte wür­den es vielleicht noch bis zum Lebens­lauf von Glikl schaffen.

Mitmachen ist gefragt Wie also bringt man den Museumsbesu­cher dazu, sich vertiefter mit den Aus­stellungsinhalten zu befassen? Man lässt ilm spielen. So wie das Jüdische Museum in Berlin den Besucher dazu auffordert, das Leben von Glikl, der jüdischen Kauf­frau, oder von Hofjude Joseph Süss Op­penheimer spielerisch zu erkunden.

Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt, schrieb schon Friedrich

Schiller. Denn nur das Spiel sei in der Lage, den Menschen ganzheitlich zu bil­den. Durch das Spiel, erkannte der Dich­ter, erfährt der Mensch die Welt neu. Seit Schillers Feststellung ist die Schnapszahl von 222 Jahren vergangen. Aber erst in den letzten Jahrzehnten haben die fort­schrittlichsten unter den europäischen Museen angefangen, ihre Ausstellungen nach diesem Prinzip zu gestalten. Wäh­rend sich amerikanische Museen längst als Institutionen ausserschulischer Bil­dung begreifen, begannen die Museen der alten Welt erst vor ein paar Jahren ernsthaft damit, die Vermittlung ins Zen­trum ihrer Arbeit zu stellen. Als gute Aus­stellung gilt heute nicht mehr, was Schautafel an Schautafel, Exponat an Ex­ponat = passiven Begaffung ausstellt

und lediglich von einem eingeschränk­ten Kreis von Eingeweihten überhaupt begriffen wird. Heute wird der Besucher zum Mitmachen, zur spielerischen Er­kundung des Ausstellungsgegenstandes eingeladen.

Das Jüdische Museum in Berlin ist ei­nes der wenigen, wo das Spiel von An­fang im Zentrum stand. Sein Vermitt­lungsansatz gilt als wegweisend für die europäische Museumspädagogik. «Wir haben von Anfang spielerische Momente in die Ausstellung eingebracht, weil wir davon überzeugt sind, dass auf diese Weise Erkenntnisse erfolgreicher zu ver­mitteln sind», sagt Cilly Kugelmann, die Progranundirektorin des Museums. Ku­gelmann, 69-jährig, dichtes blondes Haar und rotes Brillengestell, hat dabei nicht

Die Zukunft ist näher, als Sie denken. In der Umwelt Arena Spreitenbach entdecken Ihre lernenden die Umweltbildung von ihrer spannendsten Seite. Interaktiv und branchengerecht werden sie durch die Ausstellung geführt und lernen die nachhaltigsten Energien kennen.

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Schillers Abhandlung zum Vorbild ge­nommen, sondern die Erkenntnisse der modernen Didaktik. «Eine neue mentale Haltung entwickelt man, indem emotio­nale und kognitive Perspektiven zusam­menkommen», sagt Kugelmann. Diese Gleichzeitigkeit von Emotion und Kogni­tion erreiche man am einfachsten durch das Spiel. «Vorausgesetzt, das Thema ist richtig aufgebaut, und man schraubt die Erwartungen an den Lernerfolg nicht allzu hoch», relativiert sie.

Wichtig sei auch, dass Museen den Bo­gen nicht überspannten, indem sie etwa den Besucher emotional manipulierten. Re-Enactments, also das Nachspielen von Szenen einer historischen Begeben­heit, seien so ein Beispiel für eine emo­tionale Manipulation. «Genauso falsch wäre es aber, ganz auf Kognition zu set­zen und blosse Abhandlungen über ein Objekt anzubieten», sagt Kugelmann. Im Zentrum des Berliner Ansatzes stehen zudem angeleitete Programme - also Führungen. Aber auch sehr moderne Programme wie die «App durchs Mu­seum», eine virtuelle Schnitzeljagd für Kinder, die das Museum mit einem iPad ausgerüstet erkundigen.

Kraft der eigenen Phantasie Warum aber soll dieser spielerische An­satz des Berliner Museums derart überle­gen sein? Die Wissenschaft erklärt sich dies mit dem Wesen des spielenden Men­schen. «Der Leichtsinn eines Spiels hilft, den Geist flexibel zu machen, neue Per­spektiven auf einen Gegenstand zu fin­den und schliesslich mit Phantasie neue Erkenntnisse zu gewinnen», heisst es etwa in einer Studie der Universität L und aus dem Jahr 2015. Im Spielmodus ver­bänden Menschen kraft ihrer Phantasie neue Information mit Bildern, schreiben die schwedischen Forscher.

Zwar stellte eine Studie aus Grossbri­tannien auch fest, dass eine spielerische Umgebung die Risikobereitschaft erhöhe und das Herunterspielen von Gefahren fördere. Davon abgesehen jedoch, eröff­ne das Spiel Raum für Kreativität. Weil der spielende Mensch nicht an die Regeln und Vorbehalte der eigenen Welt gebun­den sei, könne er sich in Beziehungen und Situationen einfühlen, die in der ei­genen Realität nicht stattfänden. Diesen Vorteil machen sich Museen wie das Jü­dische Museum in Berlin zu eigen. Auch Schweizer Museumspädagogen propa­gieren den spielerischen Ansatz.

Franziska Dürr leitet seit 16 Jahren den Studiengang «Kulturvermittlung und Museumspädagogik» an der Pädagogi­schen Hochschule Nordwestschweiz. Sie hat sich mit der Frage befasst, welche Spiele Erkenntnisgewinn bringen. «Spie­le im Sinne von Eile mit Weile sind im Museum nicht gefragt», sagt Dürr. Man müsse in erster Linie Spiele erfinden, die an einen Gegenstand heranführten. «Ein Spiel muss die Wahrnehmung der Betei­ligten fördern», sagt Dürr. Dabei müssen Spiele nicht besonders komplex und hochstehend sein.

Dies zeigt etwa das zum Kunstmu­seum St. Gallen gehörende Kirchhofer­haus. Es ist die erste Institution der Schweiz, die nicht nur Kunst ausstellt, sondern sich ganz und gar deren Vermitt­lung widmet. In den riesigen, fast leeren Räumen der Jugendstilvilla wird zur spielerischen Erkundung der bildenden Kunst eingeladen. Auf dem Boden der einstigen Bibliothek des grossbürgerli-

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SVENJA KUTSCHER/ JODJSCHESMUSEUM BERLIN

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Mit dem iPad werden die Kinder auf eine virtuelle Schnitzeljagd durch die Dauerausstellung des Jüdischen Museums in Berlin geführt.

Der Leichtsinn des Spiels hilft, den Geist flexibel zu machen und neue Perspektiven zu gewinnen.

chen Ehepaars Kirchhofer sitzen Kinder auf Kissen. Zuerst werden sie in die Tech­nik der Malerei und dann in die Farben­lehre eingeführt. Die kleinen Besucher halten etwa Flaschen mit rot, grün und blau gefärbtem Wasser übereinander ins Licht und lernen so das Prinzip der addi­tiven Farbmischung kennen. Angeleitet werden sie dabei von ausgebildeten Kunstvermittlerinnen.

Ein anderes einfaches Spiel hat die vertiefte Betrachtung eines Kunstwerkes zum Ziel. Die Kinder schauen sich ein Ge­mälde an, prägen es sich genau ein und erzählen dann möglichst detailliert mit dem Rücken zum Bild, was sie gesehen haben. Auch Erwachsene werden aufge­fordert, ihr Gedächtnis zu testen. «Im Ge­gensatz zu den Kindern muss man Er­wachsenen genau erklären, mit welchen Regeln und zu welchem Zweck ein Spiel gespielt wird», erklärt Dürr. Erwachsene müssten klarer und auf der kognitiven Ebene angesprochen werden.

Kinder von 5 bis 99 Jahren Dass der spielerische Ansatz auch bei den Erwachsenen ankommt, zeigt eine Kin­derausstellung im jüdischen Museum in Amsterdam. Wenige Wochen nach deren Eröffnung hatte sich der restliche Teil des Museum merklich geleert. Die Erwachsenen standen nun im Kinder­museum und setzten sich dort mit dem Judentum auseinander: Sie zählten die Lichter auf der Chanukkia, dem Leuchter zum Chanukka-Fest. Sie berührten den traditionellen Gebetsschal, versuchten mit hebräischen Buchstaben ihren Na­men zu schreiben.

«Auch Erwachsene wollen etwas in die Hand nehmen, etwas ausprobieren, et­was anhören», sagt Daniel Kaysel. Er ist Co-Leiter des Schweizer Kindermuseums in Baden. «Vor dreissig Jahren gab es noch keine Museen fürs Kind. Sie sind nicht sehr erwünscht gewesen», erinnert sich Kaysel. Heute ist das anders. Seine

Ausstellungen richten sich an Besucher zwischen 5 und 99 Jahren.

Derzeit ist eine Sonderausstellung zum Thema «Klein und Gross» zu sehen. Kinder und Erwachsene werden mit Bil­dern auf der emotionalen Ebene ange­sprochen: ein grosses Frachtschiff und neben ihm ein kleines Lotsenboot. Ein Elefantenschädel neben einem Mäuse­schädel. Erwachsene werden auf der ko­gnitiven Ebene abgeholt, indem ihnen Songtexte und Zitate aus der Literatur zum Thema angeboten werden. Ein Pan­tograph macht Schattenbilder der Besu­cher, dabei zeigt sich, wie sich je nach Lichteinfall der Schattenwurf vergrössert

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oder verkleinert. Hier kann man selbst Hand anlegen und experimentieren.

Doch was bringt diese spielerische Art der Vermittlung unter dem Strich? Die Ausstellungsmacher scheinen es selbst nicht so genau zu wissen und üben sich in Bescheidenheit. «Wie viel hängen­bleibt, ist ungewiss», sagt Kaysel. Aber sein Kindermuseum sei schliesslich ein Einstiegsmuseum. «Wenn alle ein gutes Erlebnis gehabt haben, ist das Ziel er­reicht», sagt Kaysel. Auch Kugelmann vom Jüdischen Museum bleibt beschei­den. «Wenn wir die Besucher ein biss­chen zum Nachdenken bringen, dann waren wir erfolgreich.»

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NZZ am Sonntag 16. Oktober 2016 l-··--·.1111.•s 13

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Kinder lernen leichter, wenn sie mit Freude dabei sind: Schülerinnen und Schüler der Primarschule Ottoberg (TG) kombinieren gewürfelte Buchstaben zu Wörtern. (12. September 2016)

Die Schule neu denken Die Gleichschrittsschule muss zu einer Bildungsschule werden, in der die Kinder auf spielerische Art experimentieren. Nur so lernen sie effizient, meint Rainer Buland

S pielen und lernen ist ein The­ma, das in der europäischen Geistesgeschichte seit Jahr­hunderten diskutiert wird. In den letzten Jahren hat die Ge­hirnforschung klar «pro Spiel»

entschieden. Fragen wir also nach den Einsatzmög­

lichkeiten des Spiels in der Schule. Dazu müssen wir jedoch zuerst die Frage be­antworten: Welche Schule meinen wir? Die Gleichschritt-Schule (Lernfortschrit­te im Gleichschritt der Alterskohorten, im Takt der Schulstunden usw.) oder die Schule, in der gehirngerechtes Lernen betrieben wird?

Wenden wir uns zuerst der Gleich­schritt-Schule zu. Damit keine Missver­ständnisse aufkoIIlIIlen, möchte ich noch betonen: Ich spreche hier ausschliesslich über das System Schule und nicht über einzelne Lehrkräfte. Ich durfte die Erfah­rung machen, dass die Lehrerinnen und Lehrer wesentlich besser sind als das System, in dem sie arbeiten müssen.

In der Gleichschritt-Schule sollte nicht oder nur eingeschränkt gespielt werden, denn: Das Spiel lebt von der Selbstver­antwortung des Spielers, was in der Schule schon aus disziplinarischer Sicht ein Problem darstellt. Es lebt von einem Spannungsbogen, der nur zufällig in die Zerstückelung der Zeit nach Stunden­plänen passen kann. Im Spiel kann und wird viel gelernt, aber nur zufällig. Und es ist nicht planbar das, was vorweg von den Erwachsenen als Soll bestimmt wor­den ist und hinterher in einer Prüfungs­situation abgefragt werden könnte. In diesem Schulsystem ist es folgerichtig, dass das Spiel bloss in den Randberei­chen der Schul-Inszenierung seine mar­ginale Existenz fristet: In Freigegen­ständen, bei Schulfesten, Theaterinsze­nierungen und vielleicht als Auflocke­rung beim Lernen von Sprachen.

Anders sieht die Lage in einer Schule aus, in der gehirngerechtes Lernen be­trieben wird. Ich werde diese Art von Schule eine Bildungs-Schule nennen. Da­mit meine ich nicht nur Bildung im her­köIIlIIllichen Sinne, sondern auch die Bil-

dung von neuen Synapsen und Verbin­dungen im Gehirn, wie sie durch das Spielen angeregt wird. In der Bildungs­Schule wird Bildung ermöglicht, nicht über Vermittlung von Wissen, sondern über die Anregung zum Selbst-Tun. Die­ses Tun und Ausprobieren in Modellen, in Simulationen, in Rollenspielen, in Ex­perimenten können wir zusa=enfas­send als Spiel bezeichnen. Das Spiel hat also in der Bildungs-Schule einen zen­tralen Stellenwert.

Weil Bildung ohnehin immer nur Selbst-Bildung sein kann, sind dabei die Motivation, die Neugier, das Wecken von Begeisterung und dann die Beglei­tung von Bildungsprozessen (Coaching) von zentraler Bedeutung. Das Wissen steht ohnehin jederzeit online zur Ver­fügungl Wir wissen aus der Lernpsycho­logie, der Gehirnforschung und zum Beispiel aus der Burnout-Prävention, wie gehirngerechtes Lernen funktio­niert. Wir lernen effizienter und vor al­lem nachhaltiger (im Sinne von länger­fristig und in der Praxis anwendbar), wenn wir erstens mit Freude dabei sind, zweitens das zu Lernende für uns sinn­voll ist und drittens, wenn wir die Gele­genheit haben, etwas selbst auszupro-

Rainer Btdand

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':tfitJl\\ Rainer Buland leitet das Institut für Spielforschung an der Universität Mozarteum Salzburg. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des Master­studiums «Soziokulturelle Animation» an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien.

bieren. Das heisst: spielen im Sinne von experimentieren, ausprobieren, ma­chen, tun und dann die erspielten Erfah­rungen reflektieren. Das ist die Methode für effizientes Lernen.

Es wäre an der Zeit, die Schule nach diesen Erkenntnissen zu organisieren. Der Einwand, die Disziplin würde zu­s=enbrechen, stimmt nicht. Das Spiel ist eine Tätigkeit mit Regeln. Erst dann kann gespielt werden, wenn alle diszipli­niert genug sind, die Regeln einzuhalten - einschliesslich Verhaltensregeln.

D arnit niemand meint, ich würde hier dem Besuch von Spiel-Casinos einen pädagogischen Wert bei­messen, müssen wir noch klären, was ich genau mei­

ne, wenn ich von Spiel spreche. Im Deut­schen ist dies notwendig, weil ein einzi­ges kurzes Wort vier unterschiedliche Spielformen bezeichnet. Im Englischen ist dies klarer: • Zug-um-Zug-Spiele (games): Der Spie­ler entscheidet seinen Zug gemäss der Spielregel. Das sind grob gesagt alle Kar­ten- und Brettspiele. Diese Spielform ist für Schulen dann interessant, wenn es darum geht, Strategien und auch Diszi­plin (Einhaltung von Regeln) zu lernen und zu üben. Bedingt können damit auch Inhalte gelernt werden (siehe die Tradition der Umwelt-Spiele). o Wettspiele (gamblings): Dabei geht der Spieler die Wette ein, dass diese oder jene Zahl oder Kombination gezogen, gewürfelt oder in anderer Weise ermit­telt wird. Auch ein Pokerspieler wettet auf seine Karten. Diese Spielform hat für das Lernen keinerlei Wert und hat in der Schule - ja selbst in Wirtschafts-Schulen - überhaupt nichts verloren. o Bewegungsspiele (sports): Das umfasst nicht nur den Sport im eigentlichen Sin­ne, sondern auch die kleinen Bewe­gungsspiele der Kinder. Diese Spielform sollte einen zentralen Stellenwert in je­der Schule einnehmen, aber auch in je­der Bildungsinstitution, in jedem Be­trieb und in jedem Leben. Bewegungs-

Wir sollten die Motivation, das Lernen-Lernen, die Begeisterung und die Neugier der Kinder ins Zentrum stellen.

spiele können auch dazu beitragen, Ag­gressionen und soziale Spannungen zu kanalisieren. • Gestaltungsspiele (plays). Das sind alle Bauspiele, Rollenspiele und freien Spie­le (obwohl ich das Wort «freies Spiel» unzutreffend finde, ich würde lieber sa­gen «Spiel mit inhärenten Regeln», doch das führt uns hier zu weit). Spielen im Sinne von playing liegt immer dann vor, wenn es darum geht, irgendetwas so oder anders zu gestalten. Das geht na­turgemäss in Richtung Kunst.

Die Organisation einer Bildungs-schu­le baut auf das Spiel im Sinne von plays, sports undgames als Lernmedium auf.

Daraus ergibt sich eine Vielzahl von Fragen, die hier nur kursorisch aufge­zählt werden können: Wie müsste die Or­ganisation genau aussehen? Wie geht man mit desinteressierten Jugendlichen um? (Eine Frage, an der die derzeitige Schule bereits massenhaft scheitert.) Wie erreichen wir Jugendliche, die mit ihren interaktiven Kleinfernsehern in Welten abtauchen, die nicht mehr anschlussfä­hig sind? Wie überprüfen wir Lernerfolg? Auf diese Fragen sollten wir schnell Ant­worten finden, wenn wir unseren Kin­dern eine Zukunft eröffnen wollen, die über das hinausgeht, was wir ihnen ver­mitteln können.

Was ist zu tun? Vieles. Ich greife hier lediglich einen einzigen zentralen Punkt heraus: Wir sollten die Motiva­tion, das Lernen-Lernen, die Begeiste­rung und die Neugier der Kinder ins Zentrum stellen. Demotivierte Schüle­rinnen und Schüler können wir uns als Gesellschaft momentan noch leisten, aber wie lange noch? Wir erreichen die Kinder über das Spiel. Da ich selbst eine Kinder-Universität leite und wir be­wusst in soziale Brennpunkte gehen, weiss ich, wovon ich rede.

Wir sehen, die Frage nach dem Spiel in der Schule ist eine heikle Angelegenheit. Wenn wir sie ernst nehmen und sie mit den Erkenntnissen der Gehirnforschung verbinden, dann ko=en wir um eine Neuorganisation der Schule nicht herum. Wollen wir das?