30
Kanton St.Gallen Schulabsentismus Kein Bock auf Schule! Ein Angebot der Departemente Bildung, Gesundheit, Inneres sowie Sicherheit und Justiz.

Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Kanton St.Gallen

SchulabsentismusKein Bock auf Schule!

Ein Angebot der Departemente Bildung, Gesundheit, Inneres sowie Sicherheit und Justiz.

Page 2: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

3/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

«sicher!gsund!» ist ein Produkt der Departemente Bildung, Gesundheit, Inneres sowie Sicherheit und Justiz.

Diese Handreichung ist als Hilfestellung für Lehrpersonen, Schulleitungen, Schul-sozialarbeitende und Behörden zur Prävention, Früherfassung und Kriseninter-vention konzipiert und enthält nebst Hintergrundinformationen und Anregungen auch Literaturtipps und Internet-Links.

Bis jetzt sind folgende Themenhefte erschienen:• AlkoholimJugendalter• CannabisundPartydrogen• DrohungengegenüberLehrpersonen• Essstörungen• Jugendsuizid• KindesschutzundSchule–Früherkennenundhandeln•MobbinginderSchule• RassismusundRechtsextremismus• Schulabsentismus–KeinBockaufSchule!• Schulattentat–ZielgerichteteschwereGewalt• SchuleundGewalt• Schulstressmussnichtsein!• Sexualpädagogik• sicher?!online:-)• StressmanagementimSchulalltag• TodundTrauerinderSchule

Die Themenhefte können als PDF-Dateien heruntergeladen werden: www.sichergsund.ch

AutorinnendiesesThemenheftes:FranziskaTempler,ChristineRuckdäschel,KarinSchmid,ManuelaDepauly

Redaktionsteam:BLD, Amt für Volksschule, Simon AppenzellerGD, Amt für Gesundheitsvorsorge, Norbert Würth DI,AmtfürSoziales,RogerZahner SJD,Kantonspolizei,BrunoMetzger

Kontakt: [email protected]: www.sichergsund.ch

St.Gallen, Januar 2016 ©2016Redaktion«sicher!gsund!»,AmtfürVolksschuleSt.Gallen,überarbeiteteAusgabeJanuar2016Titelseite:DieAbbildungensindSymbolbilder.

Page 3: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Inhaltsübersicht

4/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Vorwort……………………………………………………………………………………5

1.Einleitung……………………………………………………………….………………6 1.1 Begriffe um Schulabsentismus…………………………………………………..6 1.2 Das Phänomen Schulabsentismus……………………………………………...6

2.Ursachen von Schulabsentismus…………………………………………………8 2.1 Individuelle, persönliche Gründe………………………………………………8 2.2Freunde,FreundinnenundMitschüler/-innen…………………………………..9 2.3Zuhause:ElternundFamilie……………………………………………………..9 2.4 Schule……………………………………………………………………………10 2.4.1 Schulleitung………………………………………………………………10 2.4.2 Lehrpersonen……………………………………………………………10

3.Prävention–WiekannmanoffenkundigvonderSchulnorm abweichendesVerhaltenverhindernundvermindern?………………………12 3.1 Gesundheitsförderung und primäre Prävention………………………………12 3.1.1 Ressourcen und Schutzfaktoren……………………………………….13 3.1.2 Massnahmen……………………………………………………………13 3.2 Sekundäre Prävention / Früherkennung………………………………………14 3.2.1 Risikofaktoren……………………………………………………………15 3.2.2 Frühwarnsignale…………………………………………………………15 3.2.3 ChancenundGefahren…………………………………………………..16 3.2.4 Massnahmen……………………………………………………………17

4.ReaktionsmöglichkeitenimUmgangmitSchulschwänzen…………………20 4.1 Das Volksschulgesetz als Orientierungshilfe…………………………………20 4.2 Kindesschutzmassnahmen……………………………………………………22 4.3ReagierenalsSchule–gutvorbereitetsein…………………………………23 4.4EntwicklungeinesAbsenzensystems…………………………………………25 Kopiervorlage: ChecklistefürdieEntwicklungeinerschulinternenAbsenzenordnung……26 4.5 Fazit………………………………………………………………………………28

5.Downloads……………………………………………………………………………29

6.LiteraturtippszumThemaSchulabsentismus…………………………………30

7.Links…………………………………………………………………………………..31

Page 4: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Schulabsentismus, als Oberbegriff für verschiedene Formen der Schulverweigerung, ist das Thema, mit dem sich dieses Kapitel von «sicher!gsund!» befasst. Damit wird einem Phänomen Beachtung geschenkt, welches bisher eher vernachlässigt und bagatellisiertwordenist,dasfürdieEntwicklungderKinderabervongrosserundfür die Gesellschaft von zunehmender Bedeutung ist.Wenn Lehrpersonen und Eltern resignieren und «wegsehen» – Eltern, indemsie falsche Entschuldigungen unterschreiben, Lehrpersonen, indem sie häufigeAbsenzennichthinterfragen–stehlensiesichausihrerVerantwortung.DasAus-weichverhalten der Kinder und Jugendlichen kann sich verfestigen und langfristig sehr negative Auswirkungen zeigen: So erschwert etwa ein Schulausschluss die Lehrstellenfindung und bedeutet eine Zukunft mit stark eingeschränkten (beruf-lichen)Perspektiven.EswirdsodieChanceverpasst,durchfrühesErkennendesindividuellen Entstehungszusammenhanges eine Situation zu verändern, eineungünstige «Bewältigungsstrategie» zu beenden und die Entwicklung wieder inpositive Bahnen zu lenken.Ursachen für Schulabsentismus gibt es viele; sie werden in den folgenden Bei-trägen detaillierter aufgeführt. Immer aber steht dahinter eine Situation, die das Kind als derart belastend erlebt, dass es zu einem drastischenMittel greift, dasdieErwachsenenausihrerDistanziertheitherausreisstundzumReagierenzwingt(diesgiltbesondersfürjüngereKinder).DasältereKind,dasdieSchuleschwänztundEntschuldigungen fälscht,will nichtmehr unbedingtReaktionenprovozieren;es richtet die destruktive Kraft dieser Verweigerung gegen sich selber, gegen seine Zukunftsperspektiven… Hinterall jenenFällen, indenenSchulschwänzenübereinseltenesMal«Grippenehmen» hinausgeht und es chronisch wird, steht eine Notlage, ein Hilferuf, der uns alle etwas angeht.WennwirErwachsenenineinersolchenSituationaufdiesenstarkenAppellnichtreagieren, verweigern wir den Kindern und Jugendlichen die notwendige Hilfe und drücken uns um unsere menschliche und pädagogische Verantwortung!Dort, wo es uns frühzeitig gelingt, schulabsentes Verhalten zu erkennen, die Hin-tergründezuverstehen,adäquatdaraufzu reagierenunddie richtigenMassnah-men zu ergreifen, kann eine Verfestigung des Verhaltens und die daraus folgende ungünstigeEntwicklungvielleichtverhindertwerden.Nicht nur aus sozialpolitischen Überlegungen heraus ist es eine absolute Notwen-digkeit,KinderundJugendlichedavorzubewahren,dasssieausdemRahmenvonSchule,BildungundGesellschaftherausfallen.EsisteinRechtderKinder,dassdieSchule ein guter Ort ist, wo Probleme angegangen und wenn möglich gelöst oder doch gelindert werden.Nicht mehr in die Schule zu gehen, sich damit einer gesetzlich festgelegten Pflicht zuentziehen,isteinhochwirksamesMittel;esmachtdasUmfeldhilflos.JelängerdieserZustanddauert,destoschwieriger isteineRückkehr.HäufiggeratenLehr-personen,BehördenundElternunterdiesemDruckinsAgierenundsuchenschnelleLösungen. Eine rascheund klareReaktion, eineAbklärungdesdahinterliegendenKonflikts,einemöglichstbaldigeRückkehr indieSchule,zielgerichteteMassnahmenschu-lischer, familiärer, u.U. medizinischer Art und eine enge Kooperation zwischen Schule und Elternhaus sind unabdingbar. Die notwendigen Schritte werden indiesem Kapitel vorgestellt und die Autorinnen bieten mit ihren konkreten Hinweisen eine gute Unterstützung für Lehrpersonen und Behörden.

RegulaSchilling,dipl.Psych.FHFachpsychologinfürKinderundJugendlicheSBAPSchulpsychologin

Vorwort

5/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 5: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

MorgensmallängerimBettbleiben,aneinemheissenTagindieBadi,stattnach-mittagszumUnterricht–wennJugendlicheabundzueinmaldieSchuleSchulesein lassen und sich eine Auszeit gönnen, so mag man ihnen dies trotz obligato-rischen Schulbesuchs verzeihen. Wird jedoch aus dem Schwänzen ein langfristiger, nachhaltiger Abkoppelungsprozess von der Institution Schule, dann verliert die Gesellschaft an Bildungskapital und muss die Kosten für die Folgen von Schulab-sentismusundinextremenFällensogarvonSchulabbruchtragen.EingenauererBlick auf dieses Phänomen lohnt sich also.

1.1BegriffeumSchulabsentismus

Schulabsentismus wird in der pädagogischen Forschung häufig als Oberbegriff fürverschiedeneFormenderAbwesenheitvomUnterrichtverwendet.Erumfasstein breites Spektrum von schuldistanzierten Einstellungen und Verhaltenswei-sen, die sich alsNichterscheinen, Zuspätkommen und vorzeitigesVerlassen derSchule oder einzelner Unterrichtsstunden zeigen. Ricking (1999) führte «Schul-absentismus» als Oberbegriff ein, welcher «das dauerhafte und wiederkehrende VersäumendesUnterrichtsvonSchülernohneausreichendeBegründung»(S.2)umschreibt. In diesem Beitrag wird Schulabsentismus häufig auch mit dem Aus-druck Schulschwänzen bezeichnet, damit soll auch eine Abgrenzung zum Begriff Schulverweigerung erfolgen. Unter Schulverweigerung verstehen wir eine ausge-prägte Schulangst, die häufig von somatischen Beschwerden verdeckt ist und sich inschwerenAngstsymptomenvordemSchulbesuchäussert(Schweissausbrüche,ZitternamganzenKörper,HerzrasenundÄhnliches).SteigertsichdieseAngstvorVersagen, Kränkung und Demütigung in der Schule ins Unkontrollierbare, wird ein Schulbesuch unmöglich. In manchen Fällen kommt noch die Verlustangst hinzu (z.B.Angst, vondenEltern verlassen zuwerden).Dies ist häufiger bei jüngerenKindern zu beobachten.

Eine zusätzliche begriffliche Unterscheidung ist jene zwischen manifesten und latenten Formen des Sich-Zurückziehens von Schülerinnen und Schülern ausSchule und Unterricht: manifest bedeutet die körperliche Abwesenheit, während latente Formen eher inneres «Abschalten», Träumen im Unterricht oder auch Leis-tungsverweigerung meinen.

1.2DasPhänomenSchulabsentismus

Schulschwänzer/-in ist nicht gleich Schulschwänzer/-in. Vielmehr hat man es mit einer sehr uneinheitlichen Gruppe von Jugendlichen zu tun, die während kürze-rer oder längerer Zeit undmehr oderminder regelmässig schwänzen. Forscher/-innen beschreiben ganz verschiedene Formen des Fernbleibens vom Unterricht: Vom gelegentlichen unentschuldigten Versäumen einzelner Stunden bis hin zu notorischer Schulmeidung vonmehrerenWochen Dauer (Reid, 1982; Ricking &Neukäter,1997).ZudemkannunterschiedenwerdenzwischendemsogenanntenUnterrichtsabsentismus, bei dem die Schüler/-innen noch im Schulhaus oder auf dem Pausenplatz anzutreffen sind und dem Schulabsentismus, bei dem sich die Jugendlichen nicht auf dem Schulgelände aufhalten. Auch die einzelnen Schul-niveaus weichen voneinander ab, wenn man die Häufigkeit von Absenzen ver-gleicht: Das Fribourger Forschungsprojekt hat für die Deutschschweiz gezeigt, dass inanforderungshohenSchulen(Sekundarschule)mehrgeschwänztwirdalsetwainRealschulen(Stammetal.,2007).VieleeuropäischeStudienfandenfürihreRegiondasGegenteilheraus(vgl.etwaWeissbrodt,2007).ZusammengefasstkannSchul-absentismus auch als ein Prozess verstanden werden, der mit dem gedanklichen

gesellschaftliche Relevanz

breites Spektrum von Absenzen,Nichterscheinen, Zuspätkommen

Schulschwänzen, Schulangst,Schulverweigerung

Abschalten und Träumen

Heterogenität der Schulschwänzer

Absentismus als Prozess

1.Einleitung

6/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 6: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Abdriften im Unterricht beginnt, sich abhängig vom Wohlbefinden der Jugendlichen inderSchule fortsetztundmitdemphysischenFernbleibenendet.Gutepraxis-orientierteStudienzeichnensolcheEntwicklungengemeinsammitdenbetroffenenJugendlichen nach und geben hilfreiche Einblicke in «Schulschwänz-Karrieren»(Oehme,2007;Puhretal.,2001).

Die folgenden Beispiele und Porträts (Kasten) stammen alle aus der Untersuchung «Schulabsentismus in der Schweiz – ein Phänomen und seine Folgen», in der sich neben 33 Schulleiterinnen und Schulleitern auch 14 bekennende Schulschwänzer/-innen aus verschiedenen Kantonen freiwillig für ein Interview zur Verfügung stellten.Die Untersuchung wurde unter der Leitung von Frau Professor Margrit Stamm im Departement für Erzie-hungswissenschaften an der Universität Fribourg durchgeführt.

7/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 7: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

vier Bereiche als Ursachenfelder

Fragebogen-Untersu-chung: „Warum hast du geschwänzt?“

individuelle Probleme

2.UrsachenvonSchulabsentismus

Schulabsentismus kann verschiedene Ursachen haben und ein Grund allein genügt nur selten, um die Entscheidung der Jugendlichen zu erklären. Die Auslöser fürSchulschwänzen können im Wesentlichen in vier Bereiche unterteilt werden, die in derLebensweltderSchüler/-innenbedeutsamsind(s.u.).

InunsererFragebogen-Untersuchungmitrund4000Schüler(inne)nausdreiAnfor-derungsniveauswurdenfolgendeGründefürsSchwänzenangegeben(vorgegebene Liste,Mehrfachnennungenmöglich).

Fragebogen-Untersuchung:«Warumhastdugeschwänzt?»

2.1Individuelle,persönlicheGründe

ZuBeginnderForschungüberSchulabsentismuswurdedasunerlaubteFernblei-ben vom Unterricht als Pflichtverletzung gesehen, für die Schüler/-innen und ihre Familienselbstverantwortlichsind(Nissen, 1972).DieLiteraturhierzusprichtvonpersönlichen Problemen und dem Vermeiden unangenehmer Situationen in der Schule,etwaderBegegnungmitungeliebtenLehrpersonenoderMitschülerinnenundMitschülern. Scheiternserfahrungenwie dieWiederholung einer Klasse oderpersönlicheEnttäuschungen im schulischenRahmen sindBeispiele fürmöglicheAuslöser von Schulabsentismus im persönlichen Bereich.

PorträtSämi(14),RealschülerSämi bezeichnet sich selber als Aussenseiter, der nicht gerne von sich aus aufanderezugeht.ErschwänztallepaarWocheneinigeStundenohnenen-nenswerten Grund, manchmal, weil er eine Probe schreiben soll, manchmal weiss er selber nicht genau weshalb. In der gewonnenen Freizeit bastelt er gerneanseinemMopedoder fährtdamit inderGegendherum.Sämigehtnicht gerne zur Schule, weil er sich dort nicht integriert fühlt. Er trifft sichregelmässig mit einer Schulsozialarbeiterin, findet aber, dass diese Treffen und Gespräche ihm nur wenig bringen. Sämi nimmt sich vor, in der Lehre mit dem Schwänzen aufzuhören.

8/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Keine Lust auf Schule 54,2 %

Ausschlafen wollen 35,0 %

Langweiliger Unterricht 32,6 %

EinePrüfungnichtschreibenwollen 26,5 %

ProblememiteinerLehrperson 19,3 %

MeineFreundemachendasauch 16,4 %

Hausaufgaben nicht gemacht 16,3 %

Für eine Prüfung lernen wollen 15,7 %

Bedroht oder gehänselt werden 6,2 %

Elternwolltendasso 2,7 %

Geld verdienen wollen/müssen 1,3 %

Page 8: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

2.2Freunde,FreundinnenundMitschüler/-innen

Vor allem Studien, die das Umfeld von Schulschwänzern und Schulschwänzerinnen indenBlicknehmen,widmensichgezieltderenFreunden,FreundinnensowieMit-schülernundMitschülerinnen.SchulewirddabeizumTeilüberspitztals«Zwangs-anstalt»(Ehmann&Rademacker,2003)bezeichnet,dergegenübersichdieJugend-lichen abgrenzen, um ihr Prestige unter ebenfalls schuldistanzierten Gleichaltrigen (sogenannten‚Peers’)zuerhöhen.SchulealsRaumdesZusammenlebensvermittelt denJugendlichengemeinsameVerbindlichkeiten,ErwartungenundRegeln,welche für alle gültig sind. Soziologische Theorien sehen Schulabsentismus in diesem Zusammenhang als Rollenübernahme Jugendlicher innerhalb einer Gruppe vonGleichaltrigen.EinenegativeEinstellunggegenüberderSchulekannbeispielsweise vonungünstigensozialenPositionenherkommen(Aussenseiter/-in).

PorträtVera(15),RealschülerinInderRegelfehltVeramindestenseinmalproWoche,zwischenzweiStundenund einem halben, selten auch einem ganzen Tag. Schwänzen ist für Vera einErlebnis,dasssiemitihrenFreundenteilt.Indergemeinsamverbrachten Zeit werden verbotene Dinge ausprobiert, wie kiffen und Alkohol trinken.Besondersreizvollistes,dieSchulzeitinRestaurantsoderaufParkbänkenzu verbringen. Vera schreibt in der Folge immer schlechtere Noten und wird vomSekundarschul-aufRealschulniveauzurückgestuft.Verabereut inzwi-schen ihr intensives Schwänzen und hat Angst, wegen der vielen Absenzen imZeugniskeineLehrstellezufinden.

2.3Zuhause:ElternundFamilie

Nicht selten trägt das familiäre Umfeld dazu bei, dass Jugendliche die Schule schwän-zen.StudienberichtenvonFällen,indenendieElternihreKindervomSchulbesuchabhalten,weilsieselbstkranksind,HilfebenötigenoderderSchulekeineRelevanzbeimessen(Ricking,1999).Oehme(2007)hathierzueinigeZusammenhängeauf-gezeigt, die die Schulschwänzer/-innen selbst formulieren: beispielsweise meiden sie die Schule, nachdem sie von zu Hause abgehauen sind, um nicht aufgefunden zuwerden.Oder sie spielen ihrenEltern Krankheiten vor, tricksen sie auf dieseWeiseausundrechtfertigenihrSchwänzenmitdemerschlichenenEinverständnisderEltern.

PorträtJim(15),SekundarschülerJimbetrachtetSchwänzeneinerseitsalsErholungundandererseitskanneraufdieseWeiseZeitmitseinerMutterverbringen.ErgeniesstdieZuwendungseinerMutter,die ihmversichert,dasssiesichgerneumihnkümmert.JimliegtdanndenganzenTagimBettundlässtsichvonseinerMutterbedienen,die ihm Suppe oder Süssigkeiten bringt oder einfach nur an seinem Bett sitzt.

innerhalb der Gruppe der Gleichaltrigen

familiärer Kontext

9/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 9: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

2.4Schule

MitderWeiterentwicklungderForschungverändertsichdiePerspektiveaufSchul-absentismus. Neben der individuell orientierten Blickrichtung gewinnt jene an Be-deutung, welche die Schule als Bildungsinstitution mit gesellschaftlichem Nutzen und Anspruch sieht. Schule wird als wichtige Umgebung verstanden, da genau hier Schulabsentismus «passiert», indem die Jugendlichen nicht vor Ort sind. Die zen-tralenEinflussfaktoren fürSchulabsentismus, die vonderSchuleausgehen, sindim Wesentlichen Beziehungsaspekte. Die Art und Weise wie Lehrpersonen unter sich, mit ihren Schülerinnen und Schülern, aber auch wie Schüler und Schülerinnen miteinanderumgehenund inKontakt stehen,hateinendirektenEinflussaufdasWohlbefindenjedesEinzelnenunddarausabgeleitetauchdarauf,obgeschwänztwird oder nicht. In den folgenden Abschnitten wird dies erläutert.

PorträtAnna(14),RealschülerinAnna kommt im Verlauf des 6. Schuljahres auf eine neue Schule, weil sie mit ihrenElternumgezogenist.SeitdemUmzugfehltsiemindestenseinmalproWoche aus Lustlosigkeit oder weil sie ihrem Klassenlehrer nicht begegnen will. Sie fühlt sich von ihm gedemütigt, vor der Klasse blossgestellt und unge-recht behandelt. Auch in der Klasse selbst geht es ihr nicht gut, ihre Freunde hat sie deshalb vorwiegend ausserhalb. Anna schwänzt, weil sie den «Ort» Schule vermeiden will. Dies führt zu einem deutlichen Leistungsabfall. Anna mussvonderSekundarschuleindieRealschulewechselnundeinSchuljahrwiederholen.ObwohlAnnadasAbsenzensystemalsstrengempfindet,hin-dertsiedasnichtamSchwänzen;ihreMutterschreibtihrjeweilsEntschuldi-gungen.

2.4.1Schulleitung

ÜberdieBerechtigung, formaleAspektebeimUmgangmitAbsenzenundRegel-verstössen zu bestimmen, kommt den Schulleitungen eine besondere Rolle imZusammenhangmit Absentismus zu. Im Führungsstil zeigen sich Elemente desSchulethos(‚Wiegehenwirmiteinanderum?’‚WieverstehenwirunsalsSchule?’)und auch Haltungen der Schulleitung, die für die Jugendlichen und ihre Identifikation mit dem Schulhaus wichtig sein können.

2.4.2Lehrpersonen

Lehrpersonen tauschen sich täglich mit ihren Schülern und Schülerinnen aus und habendurchdiegemeinsamverbrachteZeit einebesonderseinflussreicheRolleimUmgangmitAbsentismus.LehrpersonenwerdenalsModellewahrgenommen;so wirkt sich ein häufiges vorzeitiges Beenden von Schulstunden, ebenso wie die Erwartungshaltung der Lehrperson, auf dieAnwesenheit der Schüler/-innen aus (Rutteretal., 1980).

Rolle der Schule

Rolle der Schulleitung

Rolle der Lehrpersonen

10/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 10: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

a) Beziehung Lehrperson – Schüler/-innenDass gute, stabile Beziehungen im Schulhaus zu den wichtigsten Faktoren für die Identifikation mit der Schule zählen, wurde in der Schulentwicklungsforschung mehrfachnachgewiesen(Fend,1977;Hascher,2004).SowohlinnerhalbderKlas-sengemeinschaft als auch zwischen Schülern, Schülerinnen und Lehrperson ist ein wertschätzenderUmgangmiteinander von zentraler Bedeutung für die Entschei-dung, ob man schwänzt oder nicht.

b) Beziehung Lehrperson – ElternAuchdieElternderSchüler/-innensindeinflussreicheAkteureimBildungswesen:Erwartungen,Hoffnungen,WünscheundAnsprüchewerdenandaseigeneKind,aber auch an die Lehrperson gerichtet. Es entsteht ein Spannungsfeld, in demElternihrenKindernEinstellungenzurSchulevermitteln,mitwelchendieLehrkräfte umzugehenhaben.DieStudiezeigtauf,dassdieZusammenarbeitmitdenElternvon den Lehrpersonen meistens sehr geschätzt, aber auch zunehmend schwieriger wird,weildieSchuleimmermehrErziehungsaufgabenübernehmenmuss.

Die Sichtung verschiedener Forschungsergebnisse verweist auf drei Hauptbereiche, die schuldistanziertes Verhalten produzieren, nämlich:

- Beziehungen und Schulklima

- Unterricht im Spannungsfeld zwischen Unter- und Überforderung

- Die Betroffenheit einzelner Schüler/-innen, die sich aufgrund schwieriger Lebens- umstände von der Schule abwenden. Die Distanzierung geschieht vor allem auch deswegen, weil ihr Hilferuf in der Schule nicht gehört und/oder verstanden wird und weil ihm dort nicht adäquat begegnet wird. Die Fribourger Studie zeigt, dass dieseGruppevonSchüler(innen)n–imGegensatzzuderGruppe,diesichlang- weilt–nichtvorhat,ihrSchwänzenaufzugeben.

DerExkurs1–«SchuldistanziertesVerhaltenvonSchülerinnen,SchülernundLehr-personen.EineaktuelleHerausforderung fürdieSchulentwicklung»–beschäftigtsich besonders mit den beiden letztgenannten Bereichen.

Bewältigungsstrategien bei schwierigen Schul-situationen

11/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 11: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

WiekannmanoffenkundigvonderSchulnormabweichendesVerhaltenver-hindernundvermindern?

Gesundheitsförderung und Prävention werden vielfach synonym benutzt, obwohldahinterverschiedenehistorischeEntwicklungenstehen.DerPrävention liegteinRisikofaktorenmodellzugrunde,währenddieGesundheitsförderungaufeineStei-gerung der Gesundheit und des Wohlbefindens abzielt. Trotz unterschiedlichen Interventionsformen wollen sowohl Prävention wie auch Gesundheitsförderung einen individuellen und kollektiven Gewinn an Gesundheit erreichen.

DasWortPrävention stammtausdemLateinischenundbedeutet Zuvorkommen(synonymdazuVorbeugen,Verhütung,Prophylaxe).OftwerdendabeidiedreiZiel-ebenen primäre, sekundäre und tertiäre Prävention unterschieden.

3.1GesundheitsförderungundprimärePrävention

Das Phänomen Schulabsentismus kommt auf allen Schulstufen vom Kindergarten bisundmitderBerufsausbildungvor.Untersuchungen(vgl.Thimm&Ricking,2004;Michel&Richter,2004)zeigen,dasssichersteTendenzenvonschulabsentemVer-haltenbereitsinderUnterstufeerkennenlassenundeineZunahmevonSchulver-säumnissenmitsteigendemAlterzubeobachtenist.DieZeitzwischendem12.und14. Lebensjahr wird dabei als besonders sensibel in Bezug auf eine Verfestigung des Verhaltens beurteilt.

PräventiveMassnahmengegenschulabsentesVerhaltensolltendeshalbmöglichstfrühbeginnen,denprozesshaftenEntwicklungscharakterdesPhänomensberück-sichtigen und dem Übertritt von der Primar- in die Oberstufe besondere Aufmerk-samkeit schenken. Die Massnahmen zielen auf alle Schüler/-innen ab und finden im Idealfall nochzueinemZeitpunktstatt,wodieEntwicklungundFörderungderRessourcenundSchutzfaktorenvonSchulabsentismusimMittelpunktstehen.Zielistes,dasWohl-befinden, die Atmosphäre und die Identifikation mit der eigenen Schule zu steigern. AllenfallskanndadurchbereitseinepotenzielleRisikogruppevonSchülerinnenundSchülern erreicht und die Anzahl möglicher massiver schulabsenter Jugendlicher verringert werden.

Die Zusammenstellung dieses Kapitels inklusive Fallbeispiel basiert auf der unveröffentlichten Lizen-tiatsarbeit an der Universität Fribourg: «Schulabsentismus von Jugendlichen – Was kann eine Schule dagegen tun? Eine Untersuchung zu gesundheitsfördernden, primär und sekundär präventiven Mass-nahmen in der Schule» (Schmid, 2008).

3.Prävention

12/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Begriffsdefinitionen

vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung

prozesshafter Entwicklungscharakter

Page 12: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

3.1.1RessourcenundSchutzfaktoren

NachKutner(1995),Ricking(2006)undThimm(2003)sindimschulischenUmfeldbesonders die folgenden Schutzfaktoren bedeutsam:

- mindestens eine stabile und verlässliche Bezugsperson - Eltern,diesichfürihrKindinteressieren - Erwachsene,diedieSchüler/-innenermutigen - eine positive Schulkultur und ein angenehmes Schulklima - eine hohe Selbstwirksamkeit und ein positives Selbstwertgefühl - schulischeErfolgserlebnisseerfahren(unabhängigvondereigenen Leistungsfähigkeit) - eine hohe Identifikation mit der Schule - eine angemessene schulische Unterstützung - eine ausreichende Sprach- und Lesekompetenz - schulengagierte Freunde - befriedigende, herausfordernde Freizeitinteressen - MotivationzumregelmässigenSchulbesuch

Die erwähnten Faktoren gelten jedoch nicht ausschliesslich in Bezug auf schulab-sentes Verhalten, sondern können auch Auswirkungen auf weitere unerwünschte Verhaltensweisen(wiez.B.Sucht,Gewaltetc.)zeigen.

3.1.2Massnahmen

PrimärpräventiveundgesundheitsförderndeMassnahmen inderSchuleerfolgenmeistnichteinzeln,sondernwerdenkombiniertundbetreffenunterschiedlicheEbe-nen(z.B.Schule,Klasse,Elternarbeit,KooperationmitausserschulischenPartnern).

Schulebene:LehrpersonenundSchulleitungDie schulischenMassnahmenzurVerhinderung vonSchulabsentismus sind viel-fach nicht nur im Hinblick auf das Schwänzverhalten von Bedeutung, sondern beeinflussen auch das allgemeine Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen oder die Beziehungsebene in der Schule. Schüler/-innen wünschen sich eine Schule, an der sie sich wohlfühlen und mit der sie sich identifizieren können.

Als äusserst wichtige Faktoren gegen schulabsentes Verhalten erweisen sich eine gute Lehrpersonen-Schüler-Beziehung sowie Ansprechpersonen, welche den Ju-gendlichen zur Verfügung stehen. Von grosser Bedeutung sind ferner ein interes-santer Unterricht, bei welchem die Schüler/-innen auch aufgrund ihrer individuellen Leistungen gefördert werden, ein positives Schulklima, Partizipation in der Schule und Klasse, klare Schulregeln und eine Absenzenordnung, emotionale Sicherheit für die Schüler/-innen, gegenseitige Wertschätzung sowie die Pflege und Förderung desElternkontaktes(vgl.Schmid,2008).

13/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

wichtige Ressourcen und Schutzfaktoren

Massnahmen auf verschiedenen Ebenen

Verhinderung von Schulabsentismus

Beziehung Lehrpersonen-Schüler/-innen und weitere Ansprech-personen

Page 13: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Schule und Elternhaus

Schulsozialarbeit

Risikoschüler/-innen

KontaktzwischenSchuleundElternhausInwelcherFormkannderKontaktzwischenSchuleundElternhausimZusammen-hangmitschulabsentemVerhaltengefördertwerden?

- ThemenbezogenenElternabend,-briefoderAnlassorganisieren

- Elterninformationsblätter(Flyer,Checklisten,Leitfäden…)zumSchwerpunktthema Schulabsentismus erarbeiten

- ElterninsSchulgescheheneinbinden,z.B.einenElternrateinführen,Beteiligung derElternanderSchul-undUnterrichtsgestaltung

- Elternberatung in Erziehungsfragen, Förderung der Erziehungskompetenz der Eltern

- Regelmässige Entwicklungs-, Förderplanungs- und Beurteilungsgespräche ge- meinsammitdenSchülerinnenundSchülernsowiederenElterndurchführen

- SchulordnungundAbsenzenordnungbeim1.Elternabend inderOberstufebe- sprechenundvondenSchülerinnenundSchülernsowiedenElternunterzeichnen lassen

SchulsozialarbeitDie Kooperation zwischen Schule und Sozialarbeit mittels Schulsozialarbeit oder Jugendberatung wird als bedeutsame präventive Massnahme gegen Schulab-sentismus betrachtet. Schulsozialarbeit gilt als niederschwelliges Beratungs- und Unterstützungsangebot für Jugendliche, Lehrpersonen undEltern im schulischenKontext.

HerrM.,Schulsozialarbeiter:«DurchdieEinführungvonSchulsozialarbeit isteinwichtigesNetzentstan-den. Schulschwänzen wird im Vergleich zu früher nicht mehr isoliert betrachtet. ManschautvielfrüherhinundSchülermitSchwierigkeitenwerdenschnellererfasst. Die Betroffenen können oft schon unterstützt werden, bevor das Schulschwänzen anfängt.»

3.2SekundärePrävention/Früherkennung

Die sekundäre Prävention richtet sich im Unterschied zur primären einerseits an Schüler/-innen,diebestimmteRisikofaktorenaufweisen,undandererseitsanSchüler-gruppen,dieklareAnzeichenvonSchulabsentismuserkennenlassen.Eshandeltsich um Kinder und Jugendliche, deren schulabsentes Verhalten zwar absehbar, abernochnichtoffensichtlich ist. ImZentrumder InterventionensteheneineVer-minderungderRisikofaktoren, frühesErkennenderWarnsignaleundeinerascheReaktionaufdasschulnormabweichendeVerhalten.

14/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 14: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

3.2.1Risikofaktoren

FolgendeRisikofaktorenkönnenauchvonderSchulebeeinflusstwerden:

Risikofaktoren(vgl.Schmid,2008)- Unzufriedenheit mit der Schule und dem Unterricht- stoffliche und soziale Abkoppelung-LernverweigerungundMotivationsverlust- wenig Selbstdisziplin- geringes Selbstwertgefühl- mangelndes Selbstbewusstsein- mangelnde Identifikation mit der Schule- schlechte Schulleistungen- das eigene Leistungsvermögen als gering einschätzen- keine Bezugspersonen - problematische Lehrpersonen-Schüler-Beziehung- problematische Schüler-Schüler-Beziehung

3.2.2Frühwarnsignale

SchulabsentismusisteinPhänomenmitProzess-Charakter,dadurchfälltderErken-nungderFrühwarnsignaleeineentscheidendeRollezu.

Frühwarnsignale(vgl.Schmid,2008)-abgelöschtsein,Bedrücktheit,Motivationsverlust-aktiveundpassiveUnterrichtsverweigerung(Stören,Nichtbeteiligung,Rückzug)- später zur Schule kommen - gezielte Lektionen fehlen-SchwänzenvonRandstunden- Präsenzzeit in der Schule immer mehr verkürzen- Schule als nicht mehr wichtig betrachten- Leistungsabfall- viele fragwürdige Absenzen- soziale Probleme

Thimm&Ricking(2004)gehendavonaus,dassschulabsentesVerhaltenvonJu-gendlichen mehrere Phasen durchläuft und von Stören, punktuellem Fernbleiben vom Unterricht bis zur verfestigten Form der Schuldistanz reicht.

HerrW.,Schulsozialarbeiter:«MeinerMeinungnach kannmandasProblemSchulschwänzeneherauf-fangen, wenn von Seiten der Schule früh reagiert wird. Wenn die Schüler/-innen nun zu mir kommen würden, bevor sich das schulabsente Verhalten verfestigt hat, dann könnte man noch eher am Problem arbeiten. Viel schwie-riger ist es, wenn die Schüler/-innen erst zu mir kommen, wenn sie bereits 50 Malgeschwänzthaben.»

Risikofaktoren vermindern

Warnsignale erkennen

vom Stören bis zur Schuldistanz

15/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 15: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

HinschauenundErkennenderProblemegenügt jedochnicht,wenndarauf nichtreagiert wird. Bedeutsam ist zum einen, wanndieReaktionvonSeitenderSchule,derElternoderderFachpersonenerfolgtundzumanderndieArt und Weise, wie diesgeschieht. JenachdemkannderZeitpunktwieauchdieArt undWeisederReaktionbeimSchüler,beiderSchülerin,zueinerVerstärkungoderAbschwächungdes schulabsenten Verhaltens führen.

Interviews mit Schwänzerinnen und Schwänzern haben gezeigt, dass die Betroffenen sehr aufmerksam beobachteten und genau Auskunft geben können, wer wie auf ihr Fernbleiben reagierte.

Bettina(16),Realschülerin:«Am Anfang hab ich natürlich immer die Lehrer erst mal ein wenig einschätzen müssen. Da hab ich dann schnell gemerkt, wer ein wenig aufpasst und wer nicht und welcher Lehrer dich heimgehen lässt, wenn du Kopfweh hast. Oft binichdanninderOberstufeamMorgenschnellzweiStundenindieSchulegegangen und dann um zehn Uhr wieder heim.»

«Ein Schulklima, das schulabsentes Verhalten hemmen kann, artikuliert sich inerster Linie in der Art und Weise, wie Schulabsentismus von Lehrpersonen und Schulleitung interpretiert und verarbeitet wird, d.h. ob sie hinschauen und trotzdem soziale Wertschätzung zeigen, Präsenz ernst nehmen und sofort auf Schulver-säumnissereagieren»(Stamm,2006).

HerrF.,Schulsozialarbeiter:«Zielistes,hinschauenundnichtwegschauen,denSchülernUnterstützungsignalisieren, Halt geben und Grenzen setzen sowie versuchen, untereinander ein gutes Klima zu haben.»

3.2.3ChancenundGefahren

Chancen

FrauT.,mobileJugendarbeiterin:«Fürmich ist Schulschwänzen wie ein Symptom, welches zum Vorscheinkommt,wennmiteinemJugendlichenetwasnichtstimmt.EskannsichumeinZeichenhandeln,welchesderJugendlichegesetzthat.EineReaktionistdringendnotwendig.AusdiesemGrundkannesaucheineChancesein,dassüber das Schulschwänzen etwas aufgedeckt wird und man an das Problem des Jugendlichen herankommt.»

Schüler/-innen machen über ihr schulabsentes Verhalten das nähere Umfeld auf sich aufmerksam. Im Vergleich zu anderen schulnormabweichenden Verhaltens-formen liegt im Phänomen Schulabsentismus die Chance, dass Lehrpersonen,SchulenundElternnichtnurauspersönlicherÜberzeugungzumHandelnaufgefor-dert werden, sondern auch anlässlich der gesetzlich verankerten Schulpflicht.

hinschauen, erkennen und reagieren

Schulklima

Aufforderung zum Handeln

16/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 16: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

WelcheChancenergebensichjedochdarausfürdieSchüler/-innen,ElternunddieSchuleselber?

Die Schüler/-innen erhalten die Gelegenheit, dass ihre persönlichen oder famili-ärenProbleme,ÄngsteundNöte,welchesichhinterdemschulabsentenVerhaltenverbergenkönnen,aufgedecktundangegangenwerden(vgl.Nitzschmann,2004).

FürdieSchuleergibtsichdieChance,aufgerütteltdurchhoheAbsentismusquoten,das eigene institutionelle Verhalten zu reflektieren und nötigenfalls anzupassen.

GefahrenDie Gefahren für Jugendliche erhöhen sich besonders dann, wenn es sich um mas-siveSchulschwänzer/-innenhandelt.NebendemTeufelskreis–vonUnterrichtsstoffverpassen–Lückenungenügendaufarbeiten–schlechtePrüfungenschreiben–mangelnde schulischeBestätigung infolgeder schlechtenNoten–ZunahmevonAbwesenheit–sinkenauchdieberuflichenChancen.Nichtzuvergessensindzudem individuelle Probleme wie mangelndes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein bis hin zu Schwierigkeiten, welche die langfristige Lebensbewältigung betreffen, die massiverSchulabsentismusnachsichziehenkann(vgl.Schulzeetal.,2000;Will-mers&Greve,2002;Ricking&Neukäter, 1997,Schreiber-Kittl&Schröpfer,2002undMunk,2005).

VonmehrerenAutorenwurdeeinZusammenhangzwischenmassivemSchwänzenund delinquentem Verhalten nachgewiesen. Dies ist ein weiterer Grund, das Phäno-menSchulabsentismusaufgesellschaftlicherundpolitischerEbeneernstzunehmen undpräventiveMassnahmenzurVerhinderungvonschulabsentemVerhaltensofrüh wie möglich zu ergreifen.

3.2.4Massnahmen

Zielder sekundärpräventivenMassnahmen istes,einerVerfestigungvonschul-absentem Verhalten frühzeitig und gezielt entgegenzuwirken und gleichzeitig damit einhergehendeGefahrenaufeinMinimumzureduzieren.

Schulebene:LehrpersonenundSchulleitungenGallschütz und Puhr (2004) gehen davon aus, dass folgende Verhaltensweisenvon Seiten der Schule dazu beitragen, bereits Ansätze von Schulabsentismus zu verhindern oder zumindest abzuschwächen:

• angemessene Managementstrategien der Schule beim Fernbleiben der Schüler/-innen, z.B. rasch aktivwerden, offener Empfang nach längeren Fehlzeiten,disziplinarischeMassnahmenundgleichzeitigeFörderangebote kombinieren

• rascheReaktionvonSeitenderLehrkräfteaufsignalisierteProblemeder Kinder

• offenkundigeSchwierigkeitenernstnehmenundnichtbagatellisieren

• dasFehlenschwierigerSchüler/-innennichtnurinersterLiniealsEntlas- tung wahrnehmen

Chancen für Schüler/-innen

Chancen für die Schule

Gefahren für Schüler/-innen

delinquentes Verhalten

Verfestigung des Verhaltens verhindern

schulische Bedingungen

17/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 17: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

LehrpersonenEinSchlüsselderPräventionundInterventionvonSchulabsentismusliegtbeidenLehrpersonen selber und der Beziehung von Lehrpersonen und Jugendlichen. Wie Lehrpersonen Schulabsentismus wahrnehmen und anschliessend interpretieren ist fundamental für den Umgang mit dem Phänomen. Die Lehrperson muss sich ihrer bedeutenden Stellung bewusst sein und ihre Funktion konsequent erfüllen (vgl.Ricking,2006).

SchulleitungSchulleitungenmüsseneineoffene,aufbauendeEinstellungeinnehmen,dieSchul-absentismus nicht tabuisiert, sondern die Lehrkräfte ermutigt, ihre Schwierigkeiten mit der Abwesenheit von Schülerinnen und Schülern anzusprechen und konstruktiv anzugehen.FernersollenLehrpersonenimZusammenhangmitSchulabsentismusentlastet werden, indem Supervision, Intervision und Beratungsangebote an der Schule zur Verfügung stehen.

UmgangmitAbsenzenEine wirkungsvolle Bekämpfung von Schulabsentismus beziehungsweise eineEntwicklungvonHandlungsstrategien imBereichvonPräventionundInterventionbenötigt schulorganisatorische Grundlagen. Transparente Schulregeln und Absenzen-ordnungen, welche von den Lehrpersonen und Schulleitungen auch umgesetzt werden, können die Früherfassung von schulabsenten Schülerinnen und Schülern erleichtern(vgl.auchKapitel4.2).

KlareRegelnundAbläufeanderSchule,derenstetigeEinhaltungunddieReaktionaufRegelverstössevonSeitenderLehrpersonensindwichtig.DiebestenRegelnnützen nichts, wenn sie nicht einheitlich und konsequent angewendet werden.

HerrZ.,Schulsozialarbeiter:«DasbesteAbsenzensystemnütztnichts,wennesdieLehrerzumBeispielnichtumsetzen.WirhabeneingutesAbsenzensystem,aberes funktioniertauch nur deswegen gut, weil es die Lehrpersonen umsetzen.»

Die wichtigsten sekundär präventiven Massnahmen auf der Schulebene (vgl.Rickingetal.,2004;Schmid,2008)sind:

Lehrpersonen- Informationen über Absenzen an Klassenlehrpersonen weiterleiten- Absprachen zwischen Klassenlehrkräften und Fachlehrkräften - notorisch Fehlende der Schulleitung melden

-modellhaftesVorlebenimBereichZuverlässigkeitundPünktlichkeit-dieeigeneRolleimZusammenhangmitSchulabsentismusreflektieren- sich nicht vom Verhalten der Schüler und Schülerinnen provozieren lassen

- authentisch sein, persönliche Bedenken und Sorgen der Schülerin / dem Schüler mitteilen-ressourcenorientiertundsystemischmitSchülerinnenundSchülernarbeiten-Einzelfälledifferenziertbetrachten-Einzel-oderKlassengesprächeführen

Rolle der Lehrpersonen

Aufgabe der Schulleitung

Umgang mit Absenzen

klare Regeln und Abläufe

Zusammenfassung der Massnahmen auf Schulebene

18/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 18: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Schulleitung- Problembewusstsein der Lehrpersonen fördern und eine offene Kommunikation über Schulabsentismus führen

UmgangmitAbsenzen- Schul- und Absenzenregeln konsequent einhalten-sofortaufRegelverstössereagieren-klare Verhaltenserwartungen auch bezüglich Entschuldigungen von Absenzen äussern

KooperationvonSchuleundElternhausWichtigistdieKooperationzwischenSchuleundElternhausimRahmenvonPrä-vention und Frühintervention bei Verhaltens- und Lernauffälligkeiten der Schüler/-innen. Eltern sollen einerseits rasch über das Fernbleiben ihres Kindes von derSchule informiert und andererseits ins Schulgeschehen eingebunden werden.

HerrK.,Schulsozialarbeiter:«EigentlichistesbeijedemschulischenProblemsehrwichtig,soauchbeimSchulschwänzen,dassmandieElterneinbindetunddasssieVerantwortungübernehmen.»

WiekanneineKooperationzwischenSchuleundElternhausbeierstenAnzeichenvonschulabsentemVerhaltenderSchüler/-innenerfolgen?

-InstallationeinesRückmeldesystemsandieEltern-optimalerInformationsaustauschzwischenSchuleundEltern-imFallevonSchulabsentismusgemeinsameZielefestlegenundVereinbarungen treffen-ElternzueinemGesprächeinladen-mitElternzusammenarbeiten- Hilfsangebote vermitteln

AusserschulischePartnerBleiben Jugendliche der Schule fern, begründen sie ihre Absenz der Schule gegen-über oft mit Krankheit und wenden dabei vielfältige Strategien an, um ihr Fern-bleiben entschuldigen zu können. Sie fälschen beispielsweise die Unterschrift der Eltern,belügendieElternoderbearbeitensiesolange,bissiedieAbsenzfreiwilligunterschreiben. Problematisch erweist sich dieses Verhalten besonders dann, wenn ElternundauchÄrztebereitsind,diesenUmgangmitentschuldigtenAbsenzenzuunterstützenunddiesmitUnterschriftenoderZeugnissenlegitimieren.

DieSchulekanndasProblemSchulabsentismusnichtalleinelösen.ErstrebenswertistdeshalbeineKooperationderSchulemitJugendarbeit,Schulsozialarbeit,Ärzten,Polizei,Jugendanwaltschaft,Kinder-undErwachsenenschutzbehörde,Lehrbetrie-ben und Vereinen im Freizeitbereich der Schüler/-innen.

Eltern rasch informieren

Kooperation zwischen Schule und Elternhaus

Umgang mit entschuldigten Absenzen

interdisziplinäre Zusammenarbeit

19/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 19: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Der Umgang mit Schulabsentismus oder Schulschwänzen wird stark von der Hal-tung beeinflusst, die man dem Phänomen gegenüber einnimmt: Wie wird Schul-schwänzenaneinerSchulebewertet?WirdSchwänzenalsProblembeurteiltoderals jugendlichesRebellieren, dasman nicht überbewerten sollte?Orientiertmansich an den Leistungen der Schüler/-innen und vertritt die Ansicht «Solange die Noten stimmen, bei gleichzeitigem Schwänzen, ist es kein Problem» oder tritt Schul-schwänzen im Kontrast zu anderen Problemen so stark in den Hintergrund, dass mansichalsSchulenichtauchnochdarumkümmernkann?

In einer ersten Phase der Untersuchung wurden Interviews mit Schulleitungen durchgeführt.Eswurdefastimmerversichert,SchulschwänzenseiandieserSchulekein Thema.DieseAussagen stimmen nachdenklich,wennman sich dieErgeb-nisse der Fragebogenuntersuchung der Schüler/-innen und die der Lehrpersonen-befragung aus der zweiten Phase ansieht: die Hälfte der Schüler/-innen geben an, schon geschwänzt zu haben, 5% von ihnen sogar massiv, und die Lehrpersonen gebenfastvollständig(98%)an,mindestenseinmalindiesemSchuljahrmitSchul-schwänzen konfrontiert gewesen zu sein, knapp 10% von ihnen häufig und 32% gelegentlich.

FrauD.,Co-SchulleiterinOberstufeRealschule«Mir haben schon ein paar Lehrpersonen im Vertrauen gesagt, sie seienfroh darüber, dass gewisse Schüler hin und wieder schwänzen würden; so könnten sie endlich in entspannter Atmosphäre unterrichten, ohne diese Störenfriede.»

Tabea(15),Realschülerin«Ich habe mehrmals geschwänzt, einmal ganze zwei Tage lang, aber ich bin fast in Ohnmacht gefallen, als Frau U. vor unserer Wohnungstüre stand und wissen wollte, warum ich nicht in die Schule komme. Ich hätte nie gedacht, dass sie sich wegen mir Sorgen macht.»

Roli(13),Sekundarschüler«Ich schwänze immer wieder mal, man muss sich doch von diesem Schulst-resserholenkönnen.DieEntschuldigungenschreibe ichmirselber,meineElternwissennichts.Manchmalglaubeich,derLehreristmisstrauischwegender Unterschrift, so wie er mich anschaut, aber er hat noch nie genau nach-gefragt.»

4.1DasVolksschulgesetzalsOrientierungshilfe

Wer sich grundlegend mit dem Thema Schulschwänzen auseinandersetzt, findet auch im Volksschulgesetz Leitplanken dazu.Gemäss dem Volksschulgesetz des Kantons St.Gallen (VSG)unterstütztdieSchule dieElterninderErziehungdesKindes(Art.3,VSG).DiesgiltauchfürdieeinzelneLehrperson,vondereineVorbildfunktionerwartetwird(Art.76,VSG).

Wie stehen wir als Schule zum Schulschwänzen?

Vorbildfunktion

4.ReaktionsmöglichkeitenimUmgangmit Schulschwänzen

20/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 20: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

ImZusammenhangmitSchulabsentismuskannmandabeiandaspersönlicheVer-halten der Lehrperson denken: selber pünktlich sein, Lektionen nicht einfach zu früh beenden oder aus nichttriftigen Gründen ausfallen lassen.

ImAbschnittüberdieEltern(Art.92-97,VSG)wirdzuBeginnnochmalsklarfest-gehalten, dass die Schule mit den Eltern zusammenarbeitet. Die LehrpersonenpflegenKontaktzudenElternundförderndadurcheineAnteilnahmeamSchullebenihresKindes.Lehrpersonen(undderSchulrat)sindverpflichtet,dieElternüberdieLeistungenunddasVerhaltenihresKindeszuinformieren,wennesumdieEinlei-tungvonbesonderenMassnahmengehtund/oderwenndasVerhaltendesKindeszu Beanstandungen Anlass gibt. Dies kann der Fall sein, wenn das Schwänzen überhandnimmt und ein intaktes Schulleben für das Kind gefährdet ist oder wenn der Unterricht durch das Kind massiv gestört wird.

AufderanderenSeitehabendieElterndasRecht,AuskünfteüberVerhaltenundStand der Leistungen bei den Lehrpersonen zu erfragen und sich mittels Schulbe-sucheineneigenenEindruckzuverschaffen(Art.94,Abs.2,VSG).

In der Untersuchung hat sich dieses elterliche monitoringalseinederstärkstenEinflussgrössenimZusammenhangmitderSchwänzhäufigkeiterwiesen.MonitoringausSichtderElternmeintdas wohlwollende Beobachten und Überwachen des Kindes in seinem schulischen Bildungs- undEntwicklungsprozess.ImFragebogenmusstendieSchüler/-innenbspw.angeben,wiestarksieAussagenwie«MeineElternfragenoft,wasichinderSchulegemachtodergelernthabe»oder«MeineElternachtensehrdarauf,dassichregelmässigundpünktlichzurSchulegehe»zustimmen.AlsErgebnislässtsichfesthalten,dasssichdieElternvonmassivenSchulschwän-zerinnen und Schulschwänzern signifikant seltener für Belange, die mit der Schule eng zusam-menhängen, interessieren. Besonders die männlichen Jugendlichen dieser Gruppe sind davon betroffen.DiesesResultatunterstreicht,dasseslohnenswertist,wennsicheineLehrpersonumeineguteBeziehungzudenElternbemüht,geradeauchinFällen,wosiesichfürdasInteressederElternameigenenKindundderSchuleeinsetzenmuss.

Zu den wichtigsten Pflichten der Eltern im Schulalltag gehört es, das Kind zumregelmässigen Schulbesuch sowie zum Einhalten der gebotenen Schulordnunganzuhalten. Davon ausgenommen sind die zwei Halbtage, an denen sie ihr Kind ohneBegründung,aberaufVoranmeldung,nichtzurSchuleschickenmüssen(Art.96,Abs.1und2,VSG).WirddiesePflichtwiederholtvernachlässigtoderwirddasKindabsichtlichvondenElternamSchulbesuchgehindert,kannaufAnzeigedesSchulratseineBusseverhängtwerden(Art.131,VSG).DieseMassnahmezieltdi-rektaufdieElternresp.aufderenPflichtverletzungundnichtaufden/dieSchüler/-in.Sie scheint deshalb vor allem sinnvoll, wenn diese Pflichtverletzung tatsächlich stattgefunden hat, bspw. wenn eine Familie früher in die Ferien fliegt, weil die Flüge billiger sind. Da es aber häufiger vorkommt, dass Schüler/-innen ihr Schwänzen selber zu verantworten haben und es möglichst zu vertuschen versuchen, sodass dieElternkeineKenntnisdavonhaben,erscheintesdringlicher,Massnahmenzudefinieren, die direkt auf den/die Schwänzer/-in zielen.

Gegen Schüler/-innen, die sich ungebührend verhalten, kann ein auswärtiger Schul-besuchoderanderesinnvolleDisziplinarmassnahmenangeordnetwerden(Art.55,VSG).DieAnschlussfrage,waseinesinnvolleDisziplinarmassnahmeist,beantwor-tetderGesetzgeberallerdingsnicht,siemussvonderSchuleinZusammenarbeitmit dem Schulrat definiert werden.

Zusammenarbeit mit Eltern

elterliches monitoring ist wichtig

Verhängen von Bussen

sinnvolle Disziplinar-massnahmen

21/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 21: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

ImRahmenderStudiewurdenhäufigindenvondenSchulenvorgelegtenDisziplinarordnungen– fallsdiesüberhauptexplizitausgewiesenwurde–fürdasunentschuldigteFehlendiegleichenMassnahmenvorgesehen,wiewenndieJugendlichenMaterialvergessenhaben:StrafaufgabenschreibenoderNachsitzenderverlorenenZeitundAufarbeitendesverpasstenStoffes,meistanunterrichtsfreien Nachmittagen oder am Samstag. Damit signalisiert die Schule ihren Schülerinnen und Schülern, dass Schwänzen gleich bewertet wird wie bspw. den Taschenrechner oder das Turnzeug zu Hause zu lassen. Dies ist Ausdruck einer Haltung gegenüber Schulabsentismus, die ausgesprochen ungünstig ist.

In der weiterführenden Verordnung über den Volksschulunterricht(VVU)werdendiemöglichen Disziplinarmassnahmen, die der Lehrperson zur Verfügung stehen, auf-gezählt; fehlbareSchüler/-innenkönnenfürdieDauervoneinerLektionbismaxi-mal drei Tage vom Unterricht oder einer Veranstaltung weggewiesen oder ausge-schlossenwerden.EinenSchulausschlussvonmaximaldreiWochenkannnurderSchulrataussprechen.EindefinitiverSchulausschlusskannebenfallsnurseitensdesSchulratesausgesprochenwerden,allerdingsmitgleichzeitigerMeldungandieKinder-undErwachsenenschutzbehördeunddasBildungsdepartement.

EinSchulausschlussalsDisziplinarmassnahmebeiSchulschwänzenerscheintaufdenerstenBlick paradox respektive ungünstig: müsste nicht eine Reintegration das übergeordnete Zielsein?Mettauer&SzadayhabenimKantonZürich89(Oberstufen-)SchulgemeindenzumThemaSchulausschluss während des Schuljahres 2003/04 befragt. Insgesamt wurde von 116 Fällen von Schulausschluss berichtet: 32 befristet und 84 definitiv. Das entspricht einer Schulaus-schlussrate von 5 Promille. Von den definitiven Ausschlüssen wurde knapp ein Drittel aufgrund vonSchulschwänzenoderSchulmüdigkeit(passiveVerweigerung)ausgesprochen.Diebefragten SchulennennenalsGründeundZieledesAusschlussesdieEntlastungderLehrpersonundderKlasse sowie Grenzen setzen gegenüber den betroffenen Schülerinnen und Schülern.

Der Schulausschluss wird als schwerwiegende Notmassnahme bezeichnet, die als letztes Mittelherangezogenwird,daessichumeinenEntscheidvongrosserTragweitehandelt,deralleBeteiligtenvielZeitundEnergiekostet.DiebefragtenSchulenbetonen,wiewichtigesist,RichtlinienfürdasVorgehenineinemsolchenFallzuhabenundebensodieBereitstellungvonErsatzprogrammen(sog.Time-out-Projekte),damitderAusschlussalsZeitderBesinnung fürbeide Seiten genutzt werden kann und für die Schule und die/den Schüler/-in positive Verände-rungen bringt.

4.2Kindesschutzmassnahmen

Wenn ein Kind durch das häufige Fehlen in der Schule den Anschluss verliert und seine schulische und persönlicheEntwicklung gefährdet sind,muss auch inErwägunggezogenwerden,dieKinder-undErwachsenenschutzbehörde zu infor-mieren.Diese hat dieAufgabe, geeigneteMassnahmen zumSchutz desKindeszu beschliessen, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist und die Eltern nichtvonsichausfürAbhilfesorgenoderdazunichtinderLagesind.EineInformationder Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde ist also dann angebracht, wenn inZusammenarbeitmitdenSchülerinnenundSchülern,sowiederenElternunddurchdie Abklärung der individuellen Situation des Kindes oder der/des Jugendlichen in der Schule (in Zusammenarbeit mit dem Schulpsychologischen Dienst oder derSchulsozialarbeit)keineBesserungderSituationbewirktwerdenkann.DieElternsollen darüber informiert werden, wenn aufgrund von häufigem Schulschwänzen eineGefährdungsmeldungandieKinder-undErwachsenenschutzbehördeerfolgt.

Ausschluss als Massnahme

Befragung der Zürcher Oberstufengemeinden

Informieren der Kinder- und Erwachsenenschutz-behörde

22/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 22: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

DieKinder-undErwachsenenschutzbehördehatdiePflicht,dieLebenssituationdesKindes oder der/des Jugendlichen abzuklären. Da die Abklärungen nach den Vor-gaben des Vormundschaftsrechts erfolgen, kann sich der Blickwinkel des abklären-den Vormundschaftsamtes deutlich von demjenigen der Verantwortlichen der Schule unterscheiden.Deshalbisteswichtig,dassvonschulischerSeite,trotzMeldungandieKinder-undErwachsenenschutzbehörde,allenötigenundmöglichenMassnah-men weiterverfolgt werden.

DieKinder-undErwachsenenschutzbehördekannMassnahmenbeschliessenoder(vorerst) auch davon absehen. Zivilrechtliche Kindesschutzmassnahmen werdenzumSchutzundfürdasWohlvonKindernundJugendlichenbeschlossen.MöglicheVorgehensweisensind:ErmahnungenoderWeisungenzurErziehunganElternundKind, Erziehungsaufsicht oder Erziehungsbeistandschaft, Entzug der elterlichenObhut oder der elterlichen Sorge. Da die Schule nicht verfahrensbeteiligt ist, erhält sie aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes sowie aufgrund des Amts-geheimnisses keine Kopie der Verfügung der Vormundschaftsbehörde. Die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde informiert jedoch die Schule über Entscheide,soweit diese für die Arbeit der Schule von Bedeutung sind.

4.3ReagierenalsSchule–gutvorbereitetsein

Eine gute Vorbereitung erlaubt es, im Bedarfsfall rasch zu reagieren. Es wurdebereits in den vorangehendenKapiteln aufgezeigt,wiewichtig fixierteRegeln imUmgang mit Schulschwänzen sind. Die oben beschriebenen gesetzlichen Normen zeigendenRahmenauf,indemeineSchuleihrAbsenzensystem gestalten kann. Dieses soll festlegen, was Absenzen sind, welche entschuldbar sind und welche nicht, inwelcherFormEntschuldigungen vonwemakzeptiertwerden, aber auchwasdieKonsequenzenunddasVorgehensind,wenndieseRegelnnichteingehal-tenwerden.WannwerdendieElterneingeschaltet?WerüberwachtundkontrolliertgegebenenfallsdieSanktionen?WannwerdenderSchulrat,wannderSchulpsy-chologeoderdieSchulpsychologin,wanndieSchulsozialarbeit,derSchularztoderdieSchulärztinoderdieKinder-undErwachsenenschutzbehördebeigezogen?

EineguteVernetzungunterstütztdieErarbeitungeinesAbsenzensystems.Durchdie verschiedenen Perspektiven entstehen vielfältige Herangehensweisen und Lösungsvorschläge.IdealerweisestehtamEndeeinHandlungsplanzurVerfügung,der durch mögliche Situationen leitet und aufzeigt, was gemäss Abmachung zu tun ist. Dieser Plan sollte verschiedene Abstufungen aufweisen, damit er für leichte, aber auch für schwerwiegende Fälle Vorgehensvorschläge anbietet.

Abläufe und Vorgehen

Kindesschutz-massnahmen

23/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 23: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Ja

Ja

Ja

Nein

Nein

AbsenzenErfassung gemäss Absenzenordnung

entschuldigt unentschuldigt

korrekt entschuldigt,keine auffällige Häufi gkeit

Schüler/-in-Gespräch Klassenlehrperson / Schüler/-in

- Gründe klären - Massnahmen besprechen

keine weiterenMassnahmenJa

Nein

Gründe für häufi geAbsenzen plausibel

keine weiterenMassnahmen

Nein

evtl. Beratung durchSchulärztin / Schularzt

Absenzen begründet,Zusammenarbeit mit Eltern

funktioniert

Nein

keine weiterenMassnahmen

keine weiterenunentschuldigten Absenzen,

Bagatellfall

keine weiterenMassnahmen

Ja

Massnahmen zeigenWirkung, keine weiteren unent-

schuldigten Absenzen

keine weiterenMassnahmen

Nachfragen bei Schüler/-in und Eltern - Gründe für häufige Absenzen klären - Gründe für unkorrekte Entschuldi-

gung klären

Elterngespräch Klassenlehrperson / Eltern, evtl. Schüler/-in

und Miteinbezug Schulleitung- Gründe klären- Massnahmen besprechen

evtl. Soziale Beratung 1

und/oder SchulpsychologischeBeratung, evtl. Abklärung

und/oder Verfügen von Disziplinarmassnahmen

Schulkommission / Schulrat- Eltern zur schriftlichen Stellung-

nahme auffordern- Situation beurteilen- Massnahmen beschliessen- Sanktionen per Gesetz verfügen

evtl. Mitteilung an die Kinder-und Erwachsenenschutzbehörde

Elterngespräch Klassenlehrperson / Eltern, evtl. Schüler/-in - Gründe klären - Arztzeugnis verlangen - Massnahmen besprechen

Handlungsplan

24/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

1 Schulsozialarbeit, Jugendberatung, Erziehungs- und Familienberatung

Page 24: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

4.4EntwicklungeinesAbsenzensystems

Die Gestaltung eines Absenzensystems bringt auch dieWertvorstellungen einerSchule zum Ausdruck. Je grösser der Konsens unter den Lehrpersonen ist, welche Haltung eine Schule gegenüber dem Schulschwänzen einnehmen soll, umso besser sinddieAussichten,dasseinAbsenzensystemvonallengetragenwirdEinsolcherKonsens muss im Team erarbeitet werden. Durch eine begründete und einheitliche HaltungsignalisierteineSchuleEinigkeitgegenaussen,dieserzeugtRespektundAkzeptanz.

FrauJ.,Schulsozialarbeiterin«Wenn die Schule sich nicht traut, eine klare Position zum Thema Schul-schwänzen zu beziehen, mit allen Konsequenzen, oder wenn es da keine übereinstimmendeHaltung gibt in einem Lehrerkollegium – die einen sindliebundtolerantunddieandernangeblichrigideundstreng–,dannistdasschlecht und wirkt sich in meinen Augen meistens negativ aus. Dort muss sich ein Schulkollegium solidarisieren und klare Bedingungen stellen. Davon bin ich ganz fest überzeugt.»

FrauP.,Schulpsychologin«MandarfsichalserwachsenePersonnichtscheuen,dieGrenzenaufzuzei-gen.DassinddanndieKonsequenzen,wennRegelnumgesetztwerden.»

HerrW.,Schulpsychologe«Die Schüler probieren aus, was passiert, wenn sie schwänzen, wenn man eseinmalmacht,wiereagierteineSchuleundwiedieEltern?WieistesbeimzweitenMalusw.DieseReaktionenkönnendasSchwänzenverstärkenoderabschwächen.»

25/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 25: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

EineAbsenzenordnungkannniedieBeurteilungimEinzelfallersetzen!

EinAbsenzenordnungbestehtausdreiTeilen.ImerstenTeilwirddefiniert,welcheAbsenzenalsentschuldbarundwelchealsnichttoleriertbehandeltwerden.DerzweiteTeilhältdasMeldewesenunddieAbläufefest.DerletzteTeilbeschreibt,wannwelcheMassnahmenergriffenwerdenundwaspassiert,wenndiesenichtgreifenoder sich die Situation verschärft.

Esistempfehlenswert,eineAbsenzenordnungseparatoderalsAnhangderSchulordnungzuverfassen.DadurchwirdderenWichtigkeitunterstrichenunddieAnpassungderMassnahmenanneueGegebenheitenerleichtert.

KlärungsbedarfimVorfeld

Grundlegende Fragen

WasisteinesinnvolleMassnahme? WelcheZieleverfolgteineMassnahme? WassindpädagogischeMassnahmen? WassindMassnahmen,dieeineArt«Wiedergutmachung»vonderSchülerin /demSchülerverlangen?

ElementederAbsenzenordnung

KategorienvonAbsenzen

InwelcheKategorienwerdenwelcheAbwesenheiteneingeordnet?

• Abwesenheiten,dierückwirkendalsentschuldbargelten: - Krankheit - Unfall -Arztbesuch(e) - wichtige Familienereignisse oder Familienangelegenheiten - ……………………

• BezugvonbewilligtenfreienHalbtagen(«Jokertage») • Abwesenheiten,dieimVorausmiteinemUrlaubsgesuchgeprüftwerdenmüssen: - Schnupperlehre - verfrühter Ferienbeginn - Verlängerung der Ferien - Nutzung von Billigangeboten für Ferienreisen - ……………………

• Abwesenheiten,dieweitereAbklärungenerfordern -MithilfeimBetrieboderimHaushalt - Betreuung von Familienangehörigen - Unerklärbare, längere Krankheitsabwesenheit - ……………………

ChecklistefürdieEntwicklungeinerschulinternenAbsenzenordnung

26/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus Kopiervorlage 1/2

Page 26: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Absenzenmeldung

InwelcherFormkönnendie(entschuldbaren)Absenzengemeldetwerden? - mündlich im Direktkontakt per Telefon - schriftlich frei formuliert oder mittels Absenzenkarten oder -heften

Weristberechtigt,dieRichtigkeitderentschuldbarenAbsenzzubestätigen? -Eltern /Erziehungsberechtigte - Berufsbildner /Berufsbildnerin - Klassenkamerad/-in - Schüler/-in selbst - ……………………

WelcheFristengelten,damitAbsenzenalsentschuldigtakzeptiertwerden?

Abläufe

Werwirdinformiert? -Eltern /Erziehungsberechtigte - Kollegium - Schulleitung - Schulrat -(Schul-)Sozialarbeit -SchulpsychologischerDienst -Kinder-undErwachsenenschutzbehörde - ……………………

Wann und in welcher Art wird informiert /kommuniziert? InwelcherAusführlichkeitwirdinformiert? InwelchenFällenwerden(Schul-)Sozialarbeit,SchulpsychologischerDienstbeigezogen? WannerfolgteineMeldungandieKinder-undErwachsenenschutzbehörde? WeristzuständigfürdieAbläufe? fürdasFestlegenvonMassnahmen? fürdieDurchsetzungderMassnahmen?

Massnahmen

WelcheMassnahmenwerdenbeinichttoleriertenAbsenzenergriffen? WelcheZielewerdendamitverfolgt? WannistwelcheMassnahmesinnvoll? Waspassiert,wenndieMassnahmennichtgreifen? WelcheVerschärfungenbeidenMassnahmensindmöglich? Wiewirdvorgegangen,wennsichdieSituationdurchmassivesSchulschwänzenverschärft?

Informationspflicht ÜberdieAbsenzenordnungwerdenalleBeteiligten(Kollegium,Schulbehörde,Eltern,SchülerinnenundSchüler)informiert. Insbesondere ist die Haltung der Schule gegenüber Schulschwänzen darzulegen.

EineschriftlicheVersionistfüralleBeteiligteneinsehbar.Esistdabeiaufeineeinfache,klareSprachezuachten, dievonallenverstandenwird.FürSchuleinheitenmit vielenSchülerinnenundSchülernmitMigrationshinter-grund ist die Übersetzung in entsprechende Fremdsprachen angebracht.

27/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus Kopiervorlage 2/2

Page 27: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

4.5Fazit

AuchdasbesteAbsenzensystemdecktnichtalleSituationenab.SchliesslichmusshäufigesFernbleibenvonderSchule imEinzelfallsorgfältigbetrachtetundange-messeneMassnahmenergriffenwerden.

Schuldistanziertes Verhalten ist nur eines von vielen erzieherischen Problemen, mit dem Schulen heutzutage konfrontiert sind. Im Gegensatz zu Gewalt, Vandalismus, Disziplinlosigkeit, Drogen etc. handelt es sich dabei eher um ein Problem, das von den Lehrpersonen als nicht so belastend wahrgenommen wird. Schüler/-innen, die fehlen, stören nicht! Trotzdem muss die Schule handeln, sich ihrer sozialen Ver-antwortungbewusstseinundSchulabbrecher–dielangfristigzudenschwächstenMitgliedernderGesellschaftwerden–möglichstgutauffangen.

Da sich erzieherische Probleme in der Schule mehren, ist es angezeigt, dass sich die Schule nicht aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stehlen darf. Sie soll sich–natürlichinZusammenarbeitmitdenErziehungsberechtigten–verstärktumeineeffizienteErfüllungihresErziehungsauftragsbemühen.

28/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 28: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

• ScheiternimschulischenHandlungsfeld(sieheZusatzdokumente) Schuldistanziertes Verhalten von Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen. Eine aktuelle Herausforderung für die Schulentwicklung ManuelaDepauly

Die Bewältigung der schulischen Aufgabe wird in unserer sich kontinuierlich ver- ändernden Gesellschaft für alle Beteiligten anspruchsvoller und endet immer öfter in einem «aus dem Feld gehen». Dabei sind es aber nicht nur die Schüler/-innen, sondernauchdieLehrpersonen,diesichvonderSchuleinnerlichund/oderphy- sisch entfernen.

• ModelleinerNeukonzeptionvonSchule(sieheZusatzdokumente) Was kann die Einzelschule machen, um schuldistanziertes Verhalten von Schüler- innen, Schülern und Lehrpersonen zu vermindern? ManuelaDepauly

Schuldistanziertes Verhalten von Schülerinnen und Schülern ist ein Problem, das impädagogisch-erzieherischenBereichderEinzelschuleangesiedeltist.Esmuss daherauchhierseineBearbeitungfinden.FendsErgebnisseausderSchulklima- forschungweisendaraufhin,wiedieLösungdieses (oderaucheinesanderen erzieherischenProblems)konstruktivangegangenwerdenkönnte,nämlichdurch eine gemeinsame, aktive Problembewältigung eines hoch motivierten Kollegiums, dassichgegenseitigstütztundgemeinsamZieleerreicht.DiehoheArbeitszufrie- denheit eines Kollegiums resultiert dabei aus dem Bewusstsein, dass pädagogi- sche Gestaltung möglich ist und Freude machen kann. Aus einer wirkungsvollen Teamarbeit entstehen schliesslich die gewünschten integrierenden Kräfte, die dazu beitragen können, sowohl Lehrpersonen als auch Schüler/-innen «im Feld zu halten».

• HandreichungderSekundarschuleReinachBL WirbedankenunsbeiderSekundarschuleReinachBL,die inZusammenarbeit mitLehrpersonen,SchulpsychologischemDienst,SchulleitungundSchulsozial- arbeit einen Handlungsablauf mit Schreibvorlagen erarbeitet hat. Diese Hand- reichung steht als Word-Datei zu Verfügung.

• SNF-StudieSchulabsentismusinderSchweiz(Zusammenfassung)

• Quellenverzeichnis

¨www.sichergsund.ch

¨www.sichergsund.ch

¨www.sichergsund.ch

¨www.sichergsund.ch

¨www.sichergsund.ch

5.Downloads

29/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 29: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

Barth,G.,Henseler,J.(2005):JugendlicheinKrisen.ÜberdenpädagogischenUmgangmitSchulverweigerern.Baltmannsweiler: Schneider

Gentner,C.,Mertens,M.(2006):NullBockaufSchule?SchulmüdigkeitundSchulverweigerungausSichtderWissenschaftundPraxis.Münster:Waxmann

Stamm,M.(2008):DiePsychologiedesSchuleschwänzens.RatfürEltern,LehrerundBildungspolitiker.Bern:Hans Huber

Wagner,M.(2007):Schulabsentismus:soziologischeAnalysenzumEinflussvonFamilie,SchuleundFreundes-kreis. Weinheim: Juventa.

6.LiteraturtippszumThemaSchulabsentismus

30/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus

Page 30: Kanton St.Gallen - sicher!gsund · 2016-09-15 · • Schulabsentismus – Kein Bock auf Schule! • Schulattentat – Zielgerichtete schwere Gewalt • Schule und Gewalt • Schulstress

www.sichergsund.ch DownloadsalsErgänzungzumKapitel«Schulabsentismus»(S. 29)

www.zepra.info/beratungsstellen.html Download der Broschüre «Kontakt» mit allen Anlaufstellen für den Kanton St.Gallen

www.schulpsychologie-sg.ch SchulpsychologischerDienstdesKantonsSt.Gallen

www.schule.sg.ch Schlussbericht der Uni Fribourg zur SNF-Studie Schulabsentismus

www.hfh.ch HfH; Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik: Befragung der ZürcherOberstufengemeindenzumThemaSchulausschluss

7.Links

31/32«sicher!gsund!»Schulabsentismus