5
serie hämato-onkologie pädiatrie & pädologie 22 © Springer-Verlag 5/2012 Benigne Neubildungen des Knochens und des Gelenkknorpels, welche in der Regel nicht aggressiv wachsen und nicht metastasieren, sind meist asymptoma- tisch und werden demnach meistens zu- fällig entdeckt. Schmerzen können auf- treten, wenn eine Irritation der anliegenden Strukturen (zum Beispiel Sehnen oder Nerven) vorliegt oder wenn durch die Schwächung der Knochen eine pathologische Fraktur auftritt. Man unterscheidet Tumoren, die von Kno- chen- oder Knorpelgewebe ausgehen, so- wie fibröse und zystische Läsionen und die Langerhanszell-Histiozytose. Von den nicht neoplastischen Erkrankungen ist vor allem die Osteomyelitis in differen- tialdiagnostische Überlegungen einzube- ziehen. Osteogene Tumoren Osteoid-Osteom und Osteoblastom Diese gutartigen Knochentumoren haben einen Häufigkeitsgipfel zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr, etwa 14 Prozent aller benignen Knochentumoren sind Osteoid- Osteome. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (3:1). Die typische Läsion be- steht aus einem osteolytischen Nidus, wel- cher von einer rundlichen Zone reaktiv wachsenden, sklerotischen Knochenge- webes umgeben ist. Lokalisiert ist das Os- teoid-Osteom zumeist in den Dia- oder Metaphysen der langen Röhrenknochen (>50%), insbesondere in Femur und Tibia. Das Osteoblastom unterscheidet sich als „großer Bruder“ des Osteoid-Osteoms von diesem vor allem durch einen größeren Ni- dus von über 2 cm („giant osteoblastoma“). Das Osteoblastom kann zudem vermehrt auch im Bereich des Stammskelettes auf- treten. Die Patienten klagen häufig über lokale Schmerzen, die regelhaft nachts zuneh- men. Ursächlich wird die Symptomatik der Wirkung von Prostaglandinen, welche vom Tumor produziert werden, zugeschrieben. Eine Behandlung mit nicht-steroidalen Antiphlogistika, vor allem Acetylsalicyl- säure (Aspirintest), führt zumeist zu einer Besserung der Beschwerden. Die Diagnosestellung erfolgt neben dem klinischen Befund durch bildgebende Verfahren (Abbildung 1). Im Röntgenbild findet man eine kortikal gelegene Sklero- sezone und einen strahlentransparenten, osteolytischen Nidus. Zur differentialdiag- nostischen Abgrenzung einer chronischen Osteomyelitis sind Schnittbildverfahren hilfreich. In der Computertomographie (CT) kann der Nidus besser dargestellt werden, die Kernspintomographie (MRT) hat den Vorteil, das regelmäßig vorkom- mende Knochenmarksödem und beglei- tende Weichteilveränderungen besser zu erkennen, der charakteristische Nidus zeigt sich jedoch weit weniger zuverlässig. Eine Skelettszintigraphie kann den Tumor oft schon in einem sehr frühen Stadium lo- kalisieren. Differentialdiagnostisch kön- nen vor allem Ermüdungsfrakturen schwer zu unterscheiden sein. Eine mögliche erapie des Osteoid- Osteoms ist die chirurgische Resektion. Um Rezidive zu vermeiden, sollte der Ni- dus möglichst vollständig entfernt werden. Der Nidus ist intraoperativ oft schwer zu identifizieren, sodass die chirurgischen Verfahren durch simultane Durchleuch- tung oder Computertomographie bzw. präoperative Draht- oder Farbstoffmarkie- rung optimiert wurden. In den letzten Jah- ren haben allerdings thermische Abla- 1 St. Anna Kinderspital Wien, Wien 2 Universitätsklinik für Orthopädie, MUW, Wien Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter Teil 2: Benigne Knochentumoren und nicht neoplastische Erkrankungen Karoly Lakatos 1 , Waltraud Friesenbichler 1 , Philipp Funovics 2 & Leo Kager 1 Abb.1a/b/c: Osteoid-Osteom am Trochanter minor des rechten Femur a: Rö-Übersicht mit perifokaler Sklerose und zentraler Aufhellung i.S. einer Nidusbildung; b: Skelettszintigraphie mit Mehranreicherung des Radionuklides am Trochanter minor; c: MRT T1-Wichtung mit ringförmiger Sklerosezone und Nidus in gleicher Lokalisation © St. Anna Kinderspital Zur Person Dr. Karoly Lakatos Studium der Humanmedizin in Mainz und Ulm Facharzt für Radiologie und Kinderradiologie Seit 2001 leitende Tätigkeit in der bildgebenden Diagnostik Seit 2010 Primarius im St. Anna Kinderspital Referenzradiologe in der pädiatrischen Onkologie

Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

serie hämato-onkologie

pädiatrie & pädologie22 © Springer-Verlag5/2012

Benigne Neubildungen des Knochens und des Gelenkknorpels, welche in der Regel nicht aggressiv wachsen und nicht metastasieren, sind meist asymptoma-tisch und werden demnach meistens zu-fällig entdeckt. Schmerzen können auf-treten, wenn eine Irritation der anliegenden Strukturen (zum Beispiel Sehnen oder Nerven) vorliegt oder wenn durch die Schwächung der Knochen eine pathologische Fraktur auftritt. Man unterscheidet Tumoren, die von Kno-chen- oder Knorpelgewebe ausgehen, so-wie �bröse und zystische Läsionen und die Langerhanszell-Histiozytose. Von den nicht neoplastischen Erkrankungen ist vor allem die Osteomyelitis in di�eren-tialdiagnostische Überlegungen einzube-ziehen.

Osteogene Tumoren

Osteoid-Osteom und Osteoblastom

Diese gutartigen Knochentumoren haben einen Häu�gkeitsgipfel zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr, etwa 14 Prozent aller benignen Knochentumoren sind Osteoid-Osteome. Jungen sind häu�ger betro�en als Mädchen (3:1). Die typische Läsion be-steht aus einem osteolytischen Nidus, wel-cher von einer rundlichen Zone reaktiv wachsenden, sklerotischen Knochenge-webes umgeben ist. Lokalisiert ist das Os-teoid-Osteom zumeist in den Dia- oder Metaphysen der langen Röhrenknochen (>50%), insbesondere in Femur und Tibia. Das Osteoblastom unterscheidet sich als „großer Bruder“ des Osteoid-Osteoms von diesem vor allem durch einen größeren Ni-dus von über 2 cm („giant osteoblastoma“). Das Osteoblastom kann zudem vermehrt auch im Bereich des Stammskelettes auf-treten.

Die Patienten klagen häu�g über lokale Schmerzen, die regelhaft nachts zuneh-men. Ursächlich wird die Symptomatik der

Wirkung von Prostaglandinen, welche vom Tumor produziert werden, zugeschrieben. Eine Behandlung mit nicht-steroidalen Antiphlogistika, vor allem Acetylsalicyl-säure (Aspirintest), führt zumeist zu einer Besserung der Beschwerden.

Die Diagnosestellung erfolgt neben dem klinischen Befund durch bildgebende Verfahren (Abbildung 1). Im Röntgenbild �ndet man eine kortikal gelegene Sklero-sezone und einen strahlentransparenten, osteolytischen Nidus. Zur di�erentialdiag-nostischen Abgrenzung einer chronischen Osteomyelitis sind Schnittbildverfahren hilfreich. In der Computertomographie (CT) kann der Nidus besser dargestellt werden, die Kernspintomographie (MRT) hat den Vorteil, das regelmäßig vorkom-mende Knochenmarksödem und beglei-

tende Weichteilveränderungen besser zu erkennen, der charakteristische Nidus zeigt sich jedoch weit weniger zuverlässig. Eine Skelettszintigraphie kann den Tumor oft schon in einem sehr frühen Stadium lo-kalisieren. Di�erentialdiagnostisch kön-nen vor allem Ermüdungsfrakturen schwer zu unterscheiden sein.

Eine mögliche �erapie des Osteoid-Osteoms ist die chirurgische Resektion. Um Rezidive zu vermeiden, sollte der Ni-dus möglichst vollständig entfernt werden. Der Nidus ist intraoperativ oft schwer zu identi�zieren, sodass die chirurgischen Verfahren durch simultane Durchleuch-tung oder Computertomographie bzw. präoperative Draht- oder Farbsto�markie-rung optimiert wurden. In den letzten Jah-ren haben allerdings thermische Abla-

1 St. Anna Kinderspital Wien, Wien2 Universitätsklinik für Orthopädie, MUW, Wien

Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

Teil 2: Benigne Knochentumoren und nicht neoplastische Erkrankungen

Karoly Lakatos1, Waltraud Friesenbichler1, Philipp Funovics2 & Leo Kager1

Abb.1a/b/c: Osteoid-Osteom am Trochanter minor des rechten Femur a: Rö-Übersicht mit perifokaler Sklerose und zentraler Aufhellung i.S. einer Nidusbildung; b:  Skelettszintigraphie mit Mehranreicherung des Radionuklides am Trochanter minor; c: MRT T1-Wichtung mit ringförmiger Sklerosezone und Nidus in gleicher Lokalisation

© S

t. A

nna

Kin

ders

pita

l

Zur PersonDr. Karoly LakatosStudium der Humanmedizin in Mainz und Ulm Facharzt für Radiologie und Kinderradiologie Seit 2001 leitende Tätigkeit in der bildgebenden Diagnostik Seit 2010 Primarius im St. Anna KinderspitalReferenzradiologe in der pädiatrischen Onkologie

Page 2: Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

serie hämato-onkologie

pädiatrie & pädologie 23© Springer-Verlag 5/2012

tionsverfahren (Kryotherapie, laser- induzierte Thermotherapie und Radiofrequenzablation) aufgrund exzel-lenter Ergebnisse und wesentlich geringe-rer Komplikationsraten die chirurgische Resektion als �erapie der Wahl nahezu völlig abgelöst. Osteoblastome erfordern nach wie vor meist eine operative Entfer-nung.

Chondrogene Tumoren

Gutartige Knorpeltumoren gehören im Kindesalter zu den häu�gsten primären gutartigen Knochentumoren. Chondrosar-kome werden im Kindes- und Jugendalter allerdings extrem selten gesehen.

Osteochondrom (Exostosen)

Osteochondrome sind die häu�gsten gut-artigen primären Knochentumoren (etwa 1/3 aller gutartigen Knochentumoren bei Kindern und Jugendlichen). Singuläre Lä-sionen werden bei 90 Prozent der Patien-ten gesehen. Diese treten vor allem an den Metaphysen der langen Röhrenknochen im Bereich von Sehnenansätzen auf (Fe-mur distal > Tibia proximal > Humerus proximal), prinzipiell können aber auch andere Knochen oder Lokalisationen in den Knochen betro�en sein. Oft werden Osteochondrome zufällig diagnostiziert,

Schmerzen können durch Irritation von anliegenden Strukturen (Sehnen, Nerven) oder sehr selten durch Frakturen auftreten. Nicht selten können begleitende Bursen ein eindrucksvolles Tumorwachstum vor-täuschen.

Man unterscheidet zwischen gestielten (pedunkulierten) und breitbasigen (sessi-len) Osteochondromen. Beide Formen ha-ben an der Ober�äche eine oft nur wenige Millimeter dicke Knorpelkappe, welche im Röntgen nicht sichtbar ist. Die Diagnose eines Osteochond-roms kann meist nativra-diologisch ge-stellt werden (Abbildung 2). Mittels MRT kann die Knorpelkappe – erscheint in der T2 Wichtung hyperintens – gut dargestellt werden. Osteochondrome wachsen meist nur bis zum Abschluss des Knochen-wachstums – bei Größenzunahme nach der Pubertät oder bei deutlicher Größen-zunahme der Knorpelkappe muss an die Möglichkeit einer malignen Entartung ge-dacht werden (sekundäres oder peripheres Chondrosarkom). Bei einer Dicke der Knorpelkappe von >2cm wird bei Diagno-sestellung de�nitionsgemäß von einem Chondrosarkom ausgegangen. Diese Ent-artung ist bei solitären Läsionen extrem

selten (<1%), bei multiplen kartilaginären Exostosen (einer autosomal dominant ver-erbten Erkrankung, OMIM # 133700) wird das Risiko etwas höher (~5%) angegeben.

Bei multiplen kartilaginären Exostosen �nden sich Mutationen in den für Gylco-syltransferasen kodierenden Exostosin-Genen (EXT-1, EXT-2 und EXT-3). Maligne Entartungen sind bis dato in Patienten mit Mutationen in EXT-1 beschrieben worden, diese Patienten sollten regelmäßig unter-sucht werden unter besonderer Bedacht-nahme auf zentrale, stammnahe Verände-rungen.

Eine chirurgische �erapie ist selten er-forderlich. Sie ist nur indiziert, wenn Be-schwerden durch Druck auf benachbarte Strukturen auftreten, wenn die Raumfor-derung kosmetisch störend ist, oder wenn der Verdacht auf eine maligne Entartung vorliegt.

Chondrome (intramedulläres Chondrom, periostales Chondrom)

Chondrome sind hyalinknorpelige, beni-gne Tumoren und treten in zwei verschie-denen Ausprägungen auf – als intramedul-läre Chondrome vor allem in den Phalangen der Hände (seltener metadia-physär in den langen Röhrenknochen) und als periostale Chondrome vor allem an langen (seltener kurzen) Röhrenkno-chen. Die Erkrankung kann auch im Kin-desalter manifest werden, der Diagnose-gipfel liegt aber zwischen der 3. und 4. Lebensdekade.

Die Diagnose ist meist ein Zufallsbe-fund, wenn Schmerzen auftreten, muss ein Chondrosarkom ausgeschlossen werden.

In der Diagnostik sind Röntgen und MRT hilfreich, um progrediente oder aktive Lä-sionen durch Zeichen wie intramedulläre Arrosionen des Kortex (endostales Scalop-ping) zu identi�zieren. Schwierig ist in die-sem Zusammenhang vor allem die Unter-scheidung großer Chondrome zu low-grade Chondrosarkomen.

Im Kindesalter symptomatisch werden Patienten mit multipler Enchondromatose (Morbus Ollier, OMIM #1666000), einer Störung der Knorpelentwicklung, die zur Entwicklung von (oft nur unilateralen) multiplen Chondromen und periostalen Chondromen mit Entstehung von Defor-

Abb.2a/b: Rö-Übersicht a.p.und seitliche Projektion: Kartilaginäre Exostose linke distale Femur-metaphyse mit unregelmäßiger kolbiger Auftreibung des Knochens, fehlende ossäre Destruktion, kein Weichteiltumor

© S

t. A

nna

Kin

ders

pita

l

Von den nicht neoplastischen Erkrankungen ist vor allem die Osteomyelitis in di�erentialdiagnostische Überlegungen einzubeziehen.

Page 3: Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

serie hämato-onkologie

pädiatrie & pädologie24 © Springer-Verlag5/2012

mitäten führt. Bei etwa einem Viertel der Patienten mit Morbus Ollier werden Chon-drosarkome in den langen Röhrenkno-chen bis zum 40. Lebensjahr diagnosti-ziert, weshalb entsprechende klinische und bildgebende Kontrollen durchzufüh-ren sind.

�erapeutisch-chirurgische Prinzipien richten sich wie bei Osteochondromen hauptsächlich nach der Symptomatik oder

der Notwendigkeit zur histologischen Ab-klärung suspekter Veränderungen. An-sonsten sind regelmäßige radiologische Verlaufskontrollen ausreichend (einmal jährlich).

Chondroblastom

Das Chondroblastom (oder Codman-Tu-mor) tritt als gutartiger Knorpeltumor bei

etwa 1 bis 2 Prozent der Jugendlichen auf. Charakteristisch ist sein teils osteolytisches Erscheinungsbild und vor allem die epi-physäre Lage in den langen Röhrenkno-chen (hauptsächlich distaler Femur und proximale Tibia). Obwohl prinzipiell als gutartiger Tumor eingestuft, birgt das Chondroblastom ein minimales Metasta-sierungsrisiko in die Lunge. Zusätzlich wird der langsam wachsende Tumor oft von Schmerzen und Ergüssen des benach-barten Gelenkes (Knie) begleitet. Di�eren-tialdiagnostisch muss das höchst seltene Clearcell-Chondrosarkom unterschieden werden. Aufgrund der häu�gen Beschwer-den besteht die �erapie meist in einer ge-lenkserhaltenden Currettage und Au�ül-lung der Läsion.

Fibröse Läsionen

Nichtossifizierende Fibrome

Nichtossi�zierende Fibrome (NOF) wer-den auch als �bröse Kortikalisdefekte oder als metaphysäre �bröse Defekte bezeich-net. Sie kommen schätzungsweise bei etwa einem Drittel aller Kinder und Jugendli-chen vor, werden aber meist nur zufällig entdeckt und liegen typischerweise in den Metaphysen der langen Röhrenknochen der unteren Extremitäten (Femur distal 40%, Tibia 40%, Fibula 10%). Im Röntgen zeigen sich exzentrisch gelegene randskle-rosierte, zystisch imponierende Defekte in der Kortikalis (Abbildung 3). Sehr selten kann ein NOF Beschwerden verursachen – vor allem bei jugendlichen Leistungssport-lern. NOF zeigen im Erwachsenenalter eine spontane Remission, und auch sehr selten auftretende pathologische Fraktu-ren können meist konservativ behandelt werden. Deshalb bezeichnet man NOF auch als „no-touch lesions“. Bei sehr gro-ßen Läsionen, wiederholtem Trauma, oder anhaltenden Beschwerden kann in Aus-nahmefällen eine chirurgische Interven-tion erforderlich werden.

Fibröse Dysplasie

Die Fibröse Dysplasie (FD) ist eine seltene Entwicklungsanomalie des Knochens mit Ersatz des normalen Knochens durch �-broides Gewebe und mit unvollständiger Knochenreifung, die entweder monosto-tisch (~60%) oder polyostotisch (~40%) auftritt. Die polyostotische Verlaufsform kann in Kombination mit kutanen Pig-mentierungen (Café-au-Lait Flecken) und endokrinologischen Störungen (Pubertas präcox) als McCune-Albright Syndrom

Abb.3: Nichtossifizierendes Fibrom linke Tibia mit zystischem Areal und Randsklerose

© S

t. A

nna

Kin

ders

pita

l

Abb.4: Fibröse Dysplasie linker Femur mit Osteolysezonen und Sklerosierungen sowie hirtenstabförmiger Deformierung des Femur

© S

t. A

nna

Kin

ders

pita

l

Abb.5: Juvenile Knochenzyste mit blasig veränderter Knochenstruktur, Zeichen des „fallenden Fragmentes“ und pathologischer Fraktur am rechten proximalen Humerus

© S

t. A

nna

Kin

ders

pita

l

Abb.6: Salmonellenosteomyelitis linker proxima-ler Humerus mit ausgedehnten ossären Destruktionen, periostaler Reaktion und pathologischer Fraktur

© S

t. A

nna

Kin

ders

pita

l

Page 4: Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

serie hämato-onkologie

pädiatrie & pädologie © Springer-Verlag

(MAS, OMIM #174800) manifest werden. Ursache der Erkran-kung sind somatische Mutationen (werden nicht weitervererbt) im GNAS-Gen, das für die Alpha-Untereinheit des Gs-Proteins der Zielzellen codiert. Nicht nur Knochenzellen können die Mu-tation tragen, sondern auch andere, eventuell an der Krankheit beteiligte Zellen wie Melanozyten oder endokrine Zellen.

Vorzugsweise befallen werden in abnehmender Reihenfolge Femur, Tibia, Rippen und Schädel. Die FD kann sowohl an Epi-, Meta- und Diaphysen auftreten. Die Läsionen verursachen häu-�g keine Symptome; Knochenschmerzen und Frakturen werden aber in einem Teil der Patienten gesehen. Manchmal sind die Läsionen hypertrophisch und können durch Druck auf Nerven neurologische Störungen verursachen.

Eckpfeiler der Diagnostik sind die Bildgebung (typisch ist der milchglasartige Aspekt der Läsionen mit Sklerosierungen (Abbil-dung 4)) und, wenn erforderlich, die Biopsie mit histologischer Untersuchung.

Bei Symptomen ist eine analgetische oder orthopädische (Prävention und Behandlung von Knochen-Komplikationen) �erapie erforderlich. Im Falle sehr ausgedehnter Läsionen kann es zur mechanischen Verformung des unzureichend ossi-�zierten Knochens mit mitunter schweren Deformitäten kom-men (zum Beispiel Hirtenstabdeformität), die aufwändige Kor-rekturen erfordern können. Bei Schmerzen sind auch Bisphosphonate erfolgreich eingesetzt worden. Eine maligne Entartung wurde extrem selten beschrieben, meist im Zusam-menhang mit einer Strahlentherapie.

Osteofibröse Dysplasie

Die osteo�bröse Dysplasie (Ossi�zierendes Fibrom, Campanac-ci-Tumor) ist eine sehr seltene, meist monostotische Knochen-läsion, die typischerweise im Kindesalter diagnostiziert wird. Befallen ist meist die ventral gelegene Kortikalis im mittleren Drittel (Diaphyse und Metaphyse) der Tibia, seltener der Fibula. Die betro�ene Tibia weist manchmal eine Antekurvation auf. Schmerzen fehlen meist, es sei denn, eine pathologische Fraktur tritt auf.

Die Läsionen wachsen longitudinal, bei Diagnosestellung haben die Tumoren häu�g >5cm Längenausdehnung, sind aber transversal auf die Kortikalis beschränkt. Radiologisch �nden sich exzentrisch blasenähnliche Osteolysen (oft milchglasartige Transparenz wie bei der FD) mit Randsklerose und prominenter Kortikalisverdickung.

Di�erenzialdiagnostisch ist ein Adamantinom auszuschlie-ßen (lokal aggressiv, manchmal auch metastasierend), welches aber typischerweise bei Erwachsenen auftritt. Der Verlauf ist nicht immer vorherzusehen, bei manchen Fällen kommt es zu einer spontanen Remission. In klinisch und radiologisch unver-dächtigen Fällen kann deshalb eine „wait-and–see“ Strategie eingeschlagen werden; sonst kann eine orthopädisch-chirurgi-sche �erapie erforderlich werden, die meist einer Curettage und Au�üllung des Defektes entspricht.

Zystische Läsionen

Solitäre Knochenzyste

Solitäre (juvenile) Knochenzysten (SKZ) sind nach dem NOF und den Chondroblastomen die dritthäu�gsten Knochenläsio-nen bei Kindern und Jugendlichen (zwei Häu�gkeitsgipfel: 6. und 12. Lebensjahr). SKZ sind gutartige lytische Läsionen mit

Fach

kurz

info

rmat

ion

sieh

e Se

ite 4

2

Page 5: Knochentumoren und tumorähnliche Knochenläsionen der Extremitäten im Kindes- und Jugendalter

serie hämato-onkologie

pädiatrie & pädologie26 © Springer-Verlag5/2012

�üssigem Inhalt und treten im Zentrum der Metaphysen vor allem im proximalen Humerus (Abbildung 5) und proximalen Femur auf. Im Bereich der Zysten ist der Knochen verdünnt und bruchgefährdet, und SKZ sind die häu�gsten Ursachen für pathologische Frakturen im Kindesalter. Die Zysten verursachen per se keine Schmerzen, außer bei pathologischer Fraktur oder Mikrofrakturen.

Die Diagnose wird radiologisch meist im Rahmen einer pathologischen Fraktur gestellt. Diese treten bei bis zu 95 Prozent der SKZ im proximalen Humerus und 50 Prozent der SKZ im proximalen Femur auf. Im Röntgen zeigt sich anfangs eine zent-rale, ovaläre, innerhalb der Knochengren-zen gelegene, lytische Läsion, welche im Verlauf gegen die Diaphyse hin wächst, dann entsteht ein lobuliertes, unregelmä-ßiges Erscheinungsbild. Die Zyste bleibt innerhalb der Knochengrenzen umschrie-ben. In etwa 20 Prozent sieht man ein Wandfragment im unteren Teil der Zyste (sog. ‚fallen fragments’), welches pathog-nomonisch für SKZ ist (Abb. 5).

Die Behandlung ist häu�g chirurgisch und richtet sich nach den Beschwerden und der Ausdehnung der SKZ und reicht von Entlastungsbohrungen mit oder ohne Kortisoninstillation in die Zyste, bis zur Ausräumung und Verplattung des Knochens.

Aneurysmatische Knochenzyste

Die aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) ist eine sehr seltene (etwa viermal seltener als Osteosarkome) prinzipiell gutartige aber lokal aggressiv und destruktiv wach-sende Läsion, die vor allem in den Meta-physen der langen Röhrenknochen (Hu-merus proximal > Femur distal > Tibia proximal), seltener in der Wirbelsäule (15-20%) oder im Becken lokalisiert ist und

Korrespondenz:Prim. Dr. Karoly LakatosSt. Anna KinderspitalKinderspitalgasse 6, 1090 WienTel.: ++43-1-40170-1250Fax: ++43-1-40170-7000Email: [email protected]

Fazit für die Praxis

Klinische Symptomatik, Laborbefund und bildgebende Diagnostik sind Grundpfeiler der Diagnostik von Knochenläsionen. Insbesondere sollte eine anhaltende Schmerz-symptomatik zu einer bildgebenden Diagnostik Anlass geben. Zur Beurteilung der Ag-gressivität einer Knochenläsion ist die konventionelle Röntgenaufnahme hilfreich. Die MRT ist in der Frühdiagnostik einer Osteomyelitis Standard und unverzichtbar. An-hand der Bildgebung ist eine di�erentialdiagnostische Abgrenzung zwischen benigner und maligner Knochenläsion nicht immer möglich, so dass eine Biopsie erforderlich sein kann. Die Kenntnis der Besonderheiten der für das Kindes- und Jugendalter typi-schen Knochenläsionen sowie Anbindung an ein Zentrum mit enger interdisziplinä-rer Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachdisziplinen ist entscheidend für eine rasche adäquate Diagnostik und optimale Behandlung der Kinder und Jugendlichen mit knöchernen Läsionen.

charakterisiert durch eine Proliferation von dendritischen Zellen, welche zusam-men mit anderen hämatopoetischen Zel-len (Lymphozyten, Plasmazellen, Eosino-philen, etc.) typische In�ltrate bilden. Das Skelett ist das am häu�gsten betro�ene Organ. Zumeist sind die Läsionen solitär in �achen Knochen (Schädel) lokalisiert. Mit abnehmender Häu�gkeit �ndet man Herde in langen Röhrenknochen, Wirbel-körpern (Vertebra plana) und Beckenkno-chen. Multifokaler Knochenbefall und multisystemische Verlaufsformen kom-men vor. Radiologisch �nden sich lytische Läsionen mit unterschiedlicher Demar-kierung. Eine MRT Untersuchung zeigt die Ausdehnung der Läsion und ist auch hilf-reich zur Verlaufsbeurteilung (Verminde-rung des T2 Signals im Rahmen der Hei-lung als Ausdruck der zunehmenden Sklerosierung). Der Krankheitsverlauf ist variabel. Isolierte Knochenherde werden im Rahmen der Biopsie ausgeräumt und bedürfen im Regelfall keiner weiteren �erapie. Eine Spülung des Defektes mit Kortikosteroidpräparaten wurde als hilf-reich beschrieben, um Rezidive zu verhin-dern. Wenn das Risiko einer spontanen Fraktur besteht oder die Läsionen Schmer-zen bzw. inakzeptable Deformitäten ver-ursachen, ist eine Au�üllung der Läsion nötig. In ausgewählten Sonderfällen kann eine systemische �erapie erforderlich sein.

Osteomyelitis

Prinzipiell können alle Stadien der Osteo-myelitis, vor allem aber die subakute Ver-laufsform tumorähnliche Symptome und Veränderungen in Knochen hervorrufen (Abbildung 6). Da die Di�erentialdiagnose vor allem zu Ewing-Sarkomen und Osteo-sarkomen schwierig ist, sollte bei Biopsie einer malignomverdächtigen Läsion Ge-webe für die pathologische Untersuchung, aber auch zur Gewebskultur versendet werden. Während in Blutkulturen ein Keimnachweis meist nur in der Hälfte der Fälle gelingt, kann im Biopsat in etwa 70 Prozent ein Erreger isoliert werden. Die antibiotische �erapie ist über Wochen gemäß den jeweils aktuellen Empfehlun-gen zu geben. n

vorwiegend bei Kindern oder jungen Er-wachsenen manifest wird. Klinisch �nden sich Schmerzen und eine rasch an Größe zunehmende Schwellung. In einem Drittel der Patienten �ndet sich eine pathologi-sche Fraktur. Die klinischen Symptome, assoziiert mit röntgenologischen Zeichen einer expansiven Läsion, lassen an einen malignen Tumor denken. Trotz der lokalen Aggressivität, welche radiologisch das Bild einer ausgedehnten Destruktion mit bla-senförmiger Expansion des Knochens und Verdünnung der Kortikalis zeigen kann, er-folgt kein Durchbruch durch das Periost. AKZ sind manchmal mit anderen Kno-chentumoren assoziiert (zum Beispiel Chondroblastome, Osteoblastome, Rie-senzelltumoren oder in seltenen Fällen Os-teosarkomen), weswegen meist eine biop-tische Abklärung indiziert werden muss.

Das Röntgenbild ist typisch, CT-Unter-suchungen erlauben die Beurteilung der Septen, der Kortikalis und des Periosts und somit die Ausdehnung der AKZ im Kno-chen. Das MRT zeigt durch Septen be-grenzte, multilokuläre Höhlen und intraca-vitäre Spiegelbildungen und erlaubt in der Regel die Bestätigung des klinischen Ver-dachts. Bei der diagnostischen Biopsie ist zu bedenken, dass es zu starken Blutungen kommen kann. Die Behandlung ist auf-grund der lokalen Ausdehnung meist chir-urgisch und besteht in einer Curettage mit Au�üllung des Defektes und allfälliger Ver-plattung. Zur Verbesserung der lokalen Kontrolle werden oft Adjuvantien wie Phe-nol zur Spülung der Höhle verwendet. Re-zidive treten bei bis zu 20 Prozent auf, be-sonders bei Patienten <15 Jahren.

Sonstige Erkrankungen

Langerhanszell-Histiozytose

Die Langerhanszell-Histiozytose (LCH) ist