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Donepezil bei Lewy-Körper-Demenz Kognition, Verhalten und Gesamteindruck werden verbessert Fragestellung: Der Actetylcholinesterase-Hemmer Donepezil ist wirksam und in Deutschland für die leichte bis moderate Alzheimer-Erkrankung (AD) zugelassen. Diese Studie unter- suchte, ob sich der Behandlungseffekt auch bei der Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) nachweisen lässt. Hintergrund: Die DLB ist eine der häufigeren Demenzformen bei Älteren. Im Gegensatz zur AD besteht allerdings per Defi- nition noch ein Parkinson-Syndrom und weitere Störungen des dopaminergen Systems wie Fluktuationen, Halluzinationen und Neuroleptikasensitivität. Eine effektive Behandlung der DLB steht nicht zur Verfügung; kein Medikament ist hier zugelassen. Patienten und Methodik: 140 DLB-Patienten aus 48 japani- schen Zentren wurden in eine der folgenden vier Gruppen ran- domisiert: Placebo oder 3 mg, 5 mg oder 10 mg Donepezil. Die Studie wurde für zwölf Wochen durchgeführt. Ergebnisse: 5 mg und 10 mg Donepezil waren signifikant über- legen gegenüber Placebo im MMSE (▶Abb. 1) und CIBIC-Plus (Globale Funktion). 3 mg Donepezil war nur im CIBIC-Plus, nicht aber im MMSE überlegen. Auch die Verhaltensauffälligkei- ten (NPI; 5 mg und 10 mg Donepezil) besserten sich, ebenso wie die Angehörigenbelastung (Zarit Interview; 10 mg). Schlussfolgerungen: 5 mg und 10 mg Donepezil sind sicher und verträglich bei DLB und verbessern Kognition, Verhal- ten und Gesamteindruck bei DLB. Die Angehörigenbelas- tung verbessert sich ab 10 mg Donepezil. Prof. Dr. med. Markus Weih, Nürnberg Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenärztliche Gemeinschaftspraxis, Nürnberg E-Mail: weih@nervenaerzte- allersbergerstrasse.de −Kommentar von Prof. Markus Weih Eine Option für DLB-Patienten Patienten mit einer Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) sind in mehrfacher Hinsicht schlecht dran: Sie haben nicht nur eine Demenz, sondern auch ein Parkinson-Syndrom; das choliner- ge Defizit ist nach älteren neuropathologischen Studien bei der DLB noch stärker ausgeprägt als bei der AD; DLB-Patienten haben besonders quälende Verhaltensauffälligkeiten, sind schwer medikamentös zu behandeln; haben eine schlechtere Prognose als Alzheimer-Patienten und kein Medikament ist zu- gelassen. Umso erfreulicher ist es, dass sich in der vorliegenden japa- nischen Studie deutliche, eigentlich sogar erstaunliche Thera- pieeffekte zeigten. In der 5-mg-Donepezil-Gruppe war der Mi- ni-Mental um 3,8 Punkte höher als unter Placebo und auch andere Endpunkte zeigten ein positives und klinisch relevan- tes Ergebnis. Bereits aus anderen Studien war bekannt, dass zum Beispiel der Cholinesterasehemmer Rivastigmin auch die neurosychiatrischen Probleme bei der Parkinson-Demenz (PDD) bessern kann; ein negatives Ergebnis bei der pathophy- siologisch ähnlichen DLB wäre verwunderlich gewesen. Rivas- tigmin ist in der Indikation PDD ja auch zugelassen. Nachteil der vorliegenden Studie ist, dass es keinen primären Endpunkt gab, was angesichts der vielfältigen Probleme der DLB viel- leicht gar nicht so schlecht ist. Fast 50 % der Zentren rekrutier- ten nur ein bis zwei Patienten, sodass eine Verzerrung nicht auszuschließen ist. Die Autoren geben keine Erklärung dafür ab, warum Donepezil 5 mg besser sein soll als 10 mg (norma- lerweise zeigen Cholinesterase-Hemmer einen Dosis-Wir- kungseffekt). Angesichts der demografischen Entwicklung wird auch hier- zulande die Anzahl der DLB-Patienten zunehmen. Da Donepe- zil bei der AD mittlerweile generisch zugelassen ist, könnten künftig mehr DLB Patienten antidementiv versorgt werden, wenn es eine entsprechende Zulassungserweiterung von Do- nepezil auf die Demenz mit Lewy-Körperchen gäbe. Mori E, Ikeda M, Kosaka K et al. Donepezil-DLB Study Investiga- tors. Donepezil for dementia with Lewy bodies: a randomized, placebo-controlled trial. Ann Neurol 2012; 72: 41 –52 Änderung im MMSE Placebo 3 mg 5 mg 10 mg 8 6 4 2 0 – 2 – 4 Woche 0 Woche 4 Woche 8 Woche 12 LOCF 1 Signifikante Überlegenheit von 5 mg und 10 mg Donepezil im MMSE. © Ann Neurol 2012; 72: 41–52 journal club 20 In|Fo|Neurologie & Psychiatrie 2012; 14 (12)

Kognition, Verhalten und Gesamteindruck werden verbessert

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Donepezil bei Lewy-Körper-Demenz

Kognition, Verhalten und Gesamteindruck werden verbessertFragestellung: Der Actetylcholinesterase-Hemmer Donepezil ist wirksam und in Deutschland für die leichte bis moderate Alzheimer-Erkrankung (AD) zugelassen. Diese Studie unter-suchte, ob sich der Behandlungseffekt auch bei der Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) nachweisen lässt.

Hintergrund: Die DLB ist eine der häufigeren Demenzformen bei Älteren. Im Gegensatz zur AD besteht allerdings per Defi-nition noch ein Parkinson-Syndrom und weitere Störungen des dopaminergen Systems wie Fluk tuationen, Halluzinationen und Neuroleptikasensitivität. Eine effektive Behandlung der DLB steht nicht zur Verfügung; kein Medikament ist hier zugelassen.

Patienten und Methodik: 140 DLB-Patienten aus 48 japani-schen Zentren wurden in eine der folgenden vier Gruppen ran-domisiert: Placebo oder 3 mg, 5 mg oder 10 mg Donepezil. Die Studie wurde für zwölf Wochen durchgeführt.

Ergebnisse: 5 mg und 10 mg Donepezil waren signifikant über-legen gegenüber Placebo im MMSE (▶Abb. 1) und CIBIC-Plus (Globale Funktion). 3 mg Donepezil war nur im CIBIC-Plus, nicht aber im MMSE überlegen. Auch die Verhaltensauffälligkei- ten (NPI; 5 mg und 10 mg Donepezil) besserten sich, ebenso wie die Angehörigenbelastung (Zarit Interview; 10 mg).

Schlussfolgerungen: 5 mg und 10 mg Donepezil sind sicher und verträglich bei DLB und verbessern Kognition, Verhal-ten und Gesamteindruck bei DLB. Die Angehörigenbelas-tung verbessert sich ab 10 mg Donepezil.

Prof. Dr. med. Markus Weih, Nürnberg

Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenärztliche Gemeinschaftspraxis, NürnbergE-Mail: [email protected]

−Kommentar von Prof. Markus Weih

Eine Option für DLB-PatientenPatienten mit einer Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) sind in mehrfacher Hinsicht schlecht dran: Sie haben nicht nur eine Demenz, sondern auch ein Parkinson-Syndrom; das choliner-ge Defizit ist nach älteren neuropathologischen Studien bei der DLB noch stärker ausgeprägt als bei der AD; DLB-Patienten haben besonders quälende Verhaltensauffälligkeiten, sind schwer medikamentös zu behandeln; haben eine schlechtere Prognose als Alzheimer-Patienten und kein Medikament ist zu-gelassen.

Umso erfreulicher ist es, dass sich in der vorliegenden japa-nischen Studie deutliche, eigentlich sogar erstaunliche Thera-pieeffekte zeigten. In der 5-mg-Donepezil-Gruppe war der Mi-ni-Mental um 3,8 Punkte höher als unter Placebo und auch andere Endpunkte zeigten ein positives und klinisch relevan-tes Ergebnis. Bereits aus anderen Studien war bekannt, dass zum Beispiel der Cholinesterasehemmer Rivastigmin auch die neurosychiatrischen Probleme bei der Parkinson-Demenz (PDD) bessern kann; ein negatives Ergebnis bei der pathophy-siologisch ähnlichen DLB wäre verwunderlich gewesen. Rivas-tigmin ist in der Indikation PDD ja auch zugelassen. Nachteil der vorliegenden Studie ist, dass es keinen primären Endpunkt gab, was angesichts der vielfältigen Probleme der DLB viel-leicht gar nicht so schlecht ist. Fast 50% der Zentren rekrutier-ten nur ein bis zwei Patienten, sodass eine Verzerrung nicht auszuschließen ist. Die Autoren geben keine Erklärung dafür ab, warum Donepezil 5 mg besser sein soll als 10 mg (norma-lerweise zeigen Cholinesterase-Hemmer einen Dosis-Wir-kungseffekt).

Angesichts der demografischen Entwicklung wird auch hier-zulande die Anzahl der DLB-Patienten zunehmen. Da Donepe-zil bei der AD mittlerweile generisch zugelassen ist, könnten künftig mehr DLB Patienten antidementiv versorgt werden, wenn es eine entsprechende Zulassungserweiterung von Do-nepezil auf die Demenz mit Lewy-Körperchen gäbe.

Mori E, Ikeda M, Kosaka K et al. Donepezil-DLB Study Investiga-tors. Donepezil for dementia with Lewy bodies: a randomized, placebo-controlled trial. Ann Neurol 2012; 72: 41–52

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1Signifikante Überlegenheit von 5 mg und 10 mg Donepezil im MMSE.

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journal club

20 In|Fo|Neurologie & Psychiatrie 2012; 14 (12)