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1 Kohle und die großen Energieversorger Allen Klimaschutzbeteuerungen zum Trotz werden in der Bundesrepublik gegenwärtig 45 Prozent des Stroms mit klimaschädlicher Kohle erzeugt 1 . Infolgedessen stammt derzeit etwa ein Drittel des in Deutschland insgesamt aus- gestoßenen Kohlendioxids aus Kohlekraf twer- ken 2 . Die Verstromung der Kohle wird dabei im Wesentlichen von einer Hand voll Unterneh- men vorangetrieben: von EnBW, E.ON, RWE, der STEAG und – bis zum angekündigten Ver- kauf der Kohlesparte – von Vattenfall. Obwohl es in der Bundesrepublik über 1.000 Stromanbieter gibt, erzeugen hier vier Konzer- ne – EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall – über 80 Prozent des Stroms 3 . Die Verdichtung auf wenige große Energieversorgungsunternehmen, ist Fol- ge der Liberalisierung der EU-Energiemärkte ab Anfang der 1990er Jahre. Bis 2011 waren die „gro- ßen Vier“ nicht nur für einen wesentlichen Teil der Stromerzeugung verantwortlich, sondern zugleich für die Übertragungs- und Verteilungs- netze. In Folge rechtlicher Entflechtungsmaß- nahmen übernahmen danach Tochtergesell- schaf ten der Konzerne diese Aufgabe. Kraf twerkspark In den konzernspezifischen Kraf twerksparks der vier großen Energieversorgungsunternehmen liegen die Schwerpunkte auf kapitalintensiven fossilen Großkraf twerken. Die meisten der 250 Großkraf twerke in der Bundesrepublik – von denen die Stromriesen den Großteil unterhal- ten – werden mit Kohle befeuert 4 . Während bei Vattenfall und RWE jeweils über die Hälf te der unternehmenseigenen Kraf twerkskapazitäten auf Braunkohle und Steinkohle entfällt, setzen E.ON und EnBW primär auf Steinkohle und Kern- energie (vgl. Abbildung 2). Der Kraf twerkspark der insbesondere in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland bedeutenden STEAG – dem fünf t- größten Stromerzeuger in der BRD – beruht im Wesentlichen auf Steinkohlekraf twerken. Während Wasserkraf t 2014 noch größere An- teile im Kraf twerkspark von Vattenfall, EnBW und E.ON hat (17,2 Prozent, 16,5 Prozent und 10,4 Prozent), kommen weitere erneuerbare Ener- gieträger (Windkraf t, Photovoltaik, Biomasse) bei keinem der Stromriesen in der Summe über einen Anteil von 2,5 Prozent der installierten Kraf twerksleistung. Auch die Wasserkraf t ist jedoch nicht immer als erneuerbare Energie zu verbuchen. Of tmals beziehen sich die in den Unternehmensbilanzen hierzu angegebenen Werte auf eine Mischung aus Pumpspeicher- kraf twerken (mit denen konventionelle Ener- gien kurzfristig verfügbar gemacht werden) und Kraf twerken mit natürlichem Zufluss (die den erneuerbaren Energien zuzuordnen sind). Den meisten Ökostrom erzeugen die Konzerne mit bis zu 100 Jahre alten Wasserkraf twerken 5 . Kaum über eigene Anlagen verfügen sie bislang bei Windkraf t, Photovoltaik und Biomasse. Während im Jahr 2014 in der Bundesrepublik bereits 25,8 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien stammte 6 , liegen die Stromriesen weit unter diesem Wert. EnBW © Philip Bedall Bagger im Tagebau Hambach Fokus: fossile Großkraf twerke Ökostrom vorwiegend aus bis zu 100 Jahre alten Anlagen

Kohle und die großen Energei versorger - rosalux.de · men vorangetrieben: von EnBW, E.ON, RWE, der STEAG und ... bei Windkraft, Photovoltaik und Biomasse. Während im Jahr 2014

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1

Kohle und die großen Energieversorger

Allen Klimaschutzbeteuerungen zum Trotz werden in der Bundesrepublik gegenwärtig 45 Prozent des Stroms mit klimaschädlicher Kohle erzeugt 1. Infolgedessen stammt derzeit etwa ein Drittel des in Deutschland insgesamt aus-gestoßenen Kohlendioxids aus Kohlekraf twer-ken 2. Die Verstromung der Kohle wird dabei im Wesentlichen von einer Hand voll Unterneh-men vorangetrieben: von EnBW, E.ON, RWE, der STEAG und  – bis zum angekündigten Ver-kauf der Kohlesparte – von Vattenfall.

Obwohl es in der Bundesrepublik über 1.000 Stromanbieter gibt, erzeugen hier vier Konzer-ne – EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall – über 80 Prozent des Stroms 3. Die Verdichtung auf wenige große Energieversorgungsunternehmen, ist Fol-ge der Liberalisierung der EU-Energiemärkte ab Anfang der 1990er Jahre. Bis 2011 waren die „gro-ßen Vier“ nicht nur für einen wesentlichen Teil der Stromerzeugung verantwortlich, sondern zugleich für die Übertragungs- und Verteilungs-netze. In Folge rechtlicher Entflechtungsmaß-nahmen übernahmen danach Tochtergesell-schaf ten der Konzerne diese Aufgabe.

Kraf twerkspark

In den konzernspezifischen Kraf twerksparks der vier großen Energieversorgungsunternehmen liegen die Schwerpunkte auf kapitalintensiven fossilen Großkraf twerken. Die meisten der 250 Großkraf twerke in der Bundesrepublik  – von denen die Stromriesen den Großteil unterhal-ten – werden mit Kohle befeuert 4. Während bei Vattenfall und RWE jeweils über die Hälf te der unternehmenseigenen Kraf twerkskapazitäten auf Braunkohle und Steinkohle entfällt, setzen E.ON und EnBW primär auf Steinkohle und Kern-energie (vgl. Abbildung 2). Der Kraf twerkspark der insbesondere in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland bedeutenden STEAG – dem fünf t-größten Stromerzeuger in der BRD  – beruht im Wesentlichen auf Steinkohlekraf twerken.

Während Wasserkraf t 2014 noch größere An-teile im Kraf twerkspark von Vattenfall, EnBW

und E.ON hat (17,2 Prozent, 16,5 Prozent und 10,4 Prozent), kommen weitere erneuerbare Ener-gieträger (Windkraf t, Photovoltaik, Biomasse) bei keinem der Stromriesen in der Summe über einen Anteil von 2,5 Prozent der installierten Kraf twerksleistung. Auch die Wasserkraf t ist jedoch nicht immer als erneuerbare Energie zu verbuchen. Of tmals beziehen sich die in den Unternehmens bilanzen hierzu angegebenen Werte auf eine Mischung aus Pumpspeicher-kraf twerken (mit denen konventionelle Ener-gien kurzfristig verfügbar gemacht werden) und Kraf twerken mit natürlichem Zufluss (die den erneuerbaren Energien zuzuordnen sind). Den meisten Ökostrom erzeugen die Konzerne mit bis zu 100 Jahre alten Wasserkraf twerken 5. Kaum über eigene Anlagen verfügen sie bislang bei Windkraf t, Photovoltaik und Biomasse. Während im Jahr 2014 in der Bundesrepublik bereits 25,8 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien stammte 6, liegen die Stromriesen weit unter diesem Wert. EnBW

© Philip Bedall Bagger im Tagebau Hambach

Fokus: fossile Großkraf twerke

Ökostrom vorwiegend aus bis zu 100 Jahre alten Anlagen

25,6 %

18 %

15,9 %

9,6 %3,4 %

8,6 %

Photovoltaik5,8 %

Biomasse7 %

Öl0,8 %

Sonstige4,4 %

BRDBRD

2

erzeugte 2014 nur 12,4 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien, E.ON 5,4 Prozent, Vat-tenfall rund zwei Prozent und RWE  – deutlich abgelegen – nur 0,5 Prozent.7

Stromerzeugung

Die von den Unternehmen installierte Kraf t-werksleistung, die sich je nach Energieträger deutlich unterscheidet, kommt bei der Stromer-zeugung keineswegs gleichberechtigt zum Zug: Primäres Entscheidungskriterium für den Ein-satz eines Kraf twerks ist für die Konzerne seine Rentabilität. Höchst rentabel laufen gegenwär-tig Braunkohle- und Kernkraf twerke, während vorhandene Kapazitäten an Gaskraf twerken  – den am wenigsten klimaschädlichen fossilen Energieträgern – of tmals stillstehen (vgl. Abbil-dung 3 und 4). Vattenfall erzeugte so in der Bun-desrepublik im Jahr 2014 rund 85 Prozent seines Stroms aus Kohle, obwohl Kohlekraf twerke nur etwas mehr als 60 Prozent der von Vattenfall installierten Kraf twerksleistung einnahmen. Bei E.ON trugen Gaskraf twerke (21 Prozent der von ihnen installierten Kraf twerksleistung) 2014 nur zu etwa 1,5 Prozent der Stromproduktion bei. Auch bei den anderen Stromriesen stellt sich dieses Verhältnis beim Gas nicht viel besser dar – insb. bei RWE (16,6 vs. 2,1 Prozent; vgl. Ab-bildung 4).

Steinkohle: intransparente Importe

Nur ein kleiner Anteil der von den Konzernen in der Bundesrepublik verstromten Steinkoh-le wird gegenwärtig auch noch dort gefördert (2013 weniger als 20 Prozent 8 ). Nach Auslaufen der Subventionen im Jahr 2018 wird der Stein-kohlebergbau in der Bundesrepublik vollständig eingestellt werden. Die verstromte Steinkohle

wird dann vollständig importiert (vor allem aus Russland, den USA und Kolumbien 9 ). Im Unkla-ren lassen die Kraf twerksbetreiber E.ON, EnBW, RWE, Vattenfall und STEAG jedoch, aus welchen Minen die verfeuerte Kohle konkret stammt  – und das obwohl die Abbaubedingungen in den Förderländern vielfach mit schwerwiegenden menschenrechtlichen und ökologischen Proble-men verbunden sind. Mindeststandards hierzu werden in den Lieferverträgen der Kraf twerks-betreiber jedoch nicht definiert. Auch einem regelmäßigen Überprüfungsverfahren durch unabhängige Kontrolleure verschließen sich die Konzerne.

Braunkohle: Verstromung und Förderung in einer Hand

Die Nutzung der Braunkohle setzt  – aufgrund ihres geringen Brennwerts  – im Gegensatz zur Steinkohle stets die Förderung in geographi-scher Nähe der Kraf twerke voraus. In der Re-gel sind es Tochterunternehmen der großen Energiekonzerne, die den Abbau in Tagebauen betreiben. Die Konzerne tragen dabei die Ver-antwortung für die Zerstörung von Natur- und Kulturlandschaf ten und eine Vielzahl – of tmals weiträumiger und irreversibler  – Folgeschäden für Ökologie, Gesellschaf t und Klima. Ob die Konzerne der Finanzierung der Folgekosten ver-ursachergerecht nachkommen, ist jedoch um-stritten. Ein großes Risiko besteht darin, dass die Gesellschaf t viele Kosten tragen muss, sei es bei der langfristigen Gewässernachsorge, den Bergschäden oder den psychosozialen und ge-sundheitlichen Folgen für die vor Ort betrof fene Bevölkerung 10. Rückstellungen der Konzerne, so kritische Stimmen, seien nicht für alle Bereiche vorgeschrieben und die bemessene Höhe getä-tigter Rückstellungen nicht ausreichend.

Braunkohle-tagebau: Profit und Folgekosten ungleich verteilt

Importkohle: menschen-rechtlich, sozial und ökologisch problematisch

Kohle und Kernenergie statt Erneuerbare und Gas

© Hubert Perschke Tagebau Inden im Rheinland

Quelle: Eigene Abbildung (Daten: Konzern-Geschäf tsberichte 2014)

Abbildung 1: Anteil der Energieträger an der Stromerzeugung in der BRD (im Jahr 2014)

78,7 %

10,8 %

3,4 %

4,3 %

Windkraft0,1 %

Biomasse, Abfall2,1 % Öl

0,7 %

Vatt

11,4 %

28,4 %

43,4 %

1,3 % 10,9 %

Windkraft0,9 %

Sonstige erneuerbare

Energien0,6 %

Sonstige Pumpspeicher

-kraft (Pumpbetrieb)

2,6 %

Sonstige thermische Kraftwerke

0,5 %

En

VATTEN-FALL

Steinkohle2.866 MW

Öl631 MWWindkraf t

12 MW

Braun kohle7.767 MW

Erdgas 1.707 MW

Kern energie771 MW

Wasserkraf t (primär Pumpspeicher)

2.880 MW

Biomasse, Abfall112 MW

49,2 %

18,0 %

20,9 %

2,1 %

Erneuerbare Energien

0,5 %

Pump-speicherkraft, Öl, Sonstige

1,9 %

RWE

Steinkohle5.318 MW

Pumpwasser, Öl, Sonstige

2.537 MWErneuerbare Energien

55 MW

Braun kohle10.291 MWErdgas

4.411 MW

Kern-energie

3.908 MW

EnBWSteinkohle4.776 MW

Sonstige thermische Kraf twerke

396 MW

Windkraf t242 MW

Braun kohle875 MW

Erdgas 1.191 MW

Kern energie3.333 MW

Wasserkraf t2.269 MW

Sonstige erneuerbare Energien121 MW

Pump speicher (Pump betrieb)

545 MW

E.ONSteinkohle4.976 MW

Öl1.105 MW

Windkraf t179 MW

Braun kohle500 MW

Erdgas 3.887 MW

Kern energie5.403 MW

Wasserkraf t1.925 MW

Sonstige 31 MW

3,4 %

20,9 %

50,4 %

Erdgas, Öl1,5 %

5,0 %

Windkraft0,4 %

Sonstige0,9 %

E.Installierte Leistung Anteil an Stromerzeugung

Gesamt: 16.746 MW

Gesamt: 26.520 MW

Gesamt: 13.748 MW

Gesamt: 18.006 MW

Gesamt: 70,4 TWh

Gesamt: 145,9 TWh

Gesamt: 57,78 TWh

Gesamt: 85,5 TWh

Braunkohle875 MW

Steinkohle4.776 MW

Kernenergie3.333 MW

Erdgas1.191 MW

Wasserkraft2.269 MW

Windkraft242 MW

Sonstige erneuerbare Energien121 MW

Pump-speicher (Pumpbetrieb)

545 MW

Sonstige thermische Kraftwerke396 MW

EnBW

Braunkohle 875 MW

Steinkohle 4.776 MW

Kernenergie 3.333 MW

Erdgas 1.191 MW

Wasserkraft 2.269 MW

Windkraft 242 MW

Sonstige erneuerbare Energien 121 MW

Sonstige Pumpspeicherkraft (Pumpbetrieb) 545 MW

Sonstige thermische Kraftwerke 396 MW

Braunkohle7.766 MW

Steinkohle1.269 MWKernkraft

282 MW

Erdgas1.675 MW

Wasserkraft (primär Pumpspeicher)

2.880 MWWindkraft

28 MW

Biomasse, Abfall102 MW

Öl631 MW

VATTENFALL

Braunkohle 7.766 MW

Steinkohle 1.269 MW

Kernkraft 282 MW

Erdgas 1.675 MW

Wasserkraft (primärPumpspeicher) 2.880 MW

Windkraft 28 MW

Biomasse, Abfall 102 MW

Öl 631 MW

3

Quelle: Eigene Abbildung (Daten: Konzern-Geschäf tsberichte 2014)

Abbildung 2: Anteil der Energieträger im Kraf twerkspark und an der Stromerzeugung der „großen Vier“ (im Jahr 2014)

4

Das RWE-Tochterunternehmen RWE Power AG unterhält derzeit im Rheinland drei Tagebaue, in denen pro Jahr etwa 100 Mio. Tonnen Braun-kohle gefördert werden: Hambach, Garzweiler und Inden. Die Tagebaue beanspruchen eine Ge-samtfläche von 24.400 Hektar (ha). Im Lausitzer Revier betreibt die Vattenfall-Tochter Vattenfall Europe Mining AG die Tagebaue Cottbus-Nord, Jänschwalde, Welzow-Süd, Nochten und Reich-walde. Gefördert werden hier jährlich rund 60 Mio. Tonnen Kohle auf einer ausgewiesenen Flä-che von mindestens 16.800 ha  – weitere 6.200 ha sind hier in Planung. Im Mitteldeutschen und im Helmstedter Revier werden darüber hinaus Tagebaue von den Unternehmen MIBRAG sowie der Romonta GmbH betrieben.

Die Besitzstrukturen

Die Politik der Stromriesen wird of tmals zu ei-nem großen Anteil von der öf fentlichen Hand mitverantwortet. Bei RWE liegen aktuell 25 Prozent der Aktien im Besitz von Kommunen und Landkreisen an Rhein und Ruhr 11. EnBW wird fast ausschließlich durch öf fentliche Trä-ger kontrolliert. Etwa 47 Prozent der Aktien hält seit einem Rückkauf vom französischen Ener-gieversorger EDF im Jahr 2010 wieder das Land Baden-Württemberg. Ein ähnlich hoher Anteil liegt beim Zweckverband Oberschwäbischer Elektrizitätswerke, einem Zusammenschluss von neun Landkreisen. Mit 51 Prozent ist das Stadtwerke- Konsortium Rhein-Ruhr Hauptan-teilseigner der STEAG. Die restlichen 49 Prozent befinden sich im Besitz von Evonik. Während Vattenfall ein Unternehmen des schwedischen Staates ist, befinden sich E.ONs Aktien vollstän-dig im Streubesitz der Privatwirtschaf t. 75 Pro-zent der Anteile liegen bei institutionellen und 25 Prozent bei privaten Anlegern.12

Im Wandel: die marktbeherrschende Stellung der „großen Vier“

Die „großen Vier“ verfügen bislang über eine ungebrochene wirtschaf tliche Stärke und ein enges personelles Geflecht mit Ministerien, Be-hörden und Parteien13. Über lange Zeit wurden sie als Strom-Oligopol eingestuf t, deren Mitglie-der  – so das Bundeskartellamt im Jahr 2008  – „individuell über eine marktbeherrschende Stellung verfügen“ 14. Im Raum stand unter an-derem der Vorwurf illegaler Preisabsprachen. Trotz des noch immer hohen Anteils an Stro-merzeugungskapazitäten wird die Bedeutung der Stromriesen jedoch zunehmend angefoch-ten. Grund dafür sind nicht nur die im Zuge der Liberalisierung des Strommarkts ab 1998 neu

auf tretenden zahlreichen Wettbewerber und die zunehmende Eigenerzeugung von Strom durch die Konsumentinnen und Konsumenten selbst. In Zeiten, in denen der Anteil an erneu-erbaren Energien wächst, sind unflexible kon-ventionelle Kraf twerke  – der Schwerpunkt des Kraf twerksparks der Strom riesen – zunehmend ungeeignet. Gefragt sind hingegen schnellstar-tende und regelbare Kraf twerke, die jeweils die durch erneuerbare Energien nicht gedeckte Stromnachfrage bedienen.

Einige der großen Konzerne haben die Zeichen der Zeit erkannt. Im Jahr 2012 beschloss Vatten-fall künf tig nur noch in erneuerbare Energien zu investieren15 und kündigte darüber hinaus im Oktober 2014 den Verkauf seiner Braunkohle-sparte in der Lausitz an16. Im November 2014 zog E.ON nach und beschloss das Geschäf t mit kon-ventioneller Energieerzeugung auszugliedern 17. Mit ihrem Rückzug verpassen es die Konzerne selbst den notwendigen Strukturwandel einzu-leiten. Ihre Verantwortung für eine sozial und ökologisch gerechte Gestaltung der Energie-wende treten sie damit an andere ab.

Rückzug statt Verantwortungs-übernahme für die Energiewende

Verantwortung zu großen Teilen in öf fentlicher Hand

Abbildung 4: Erdgas – Stromerzeugung vs. installierte Kraf t-werksleistung (Stand: 2014)Quelle: Eigene Abbildung (Daten: Konzern-Geschäf tsberichte 2014)

Abbildung 3: Braunkohle – Stromerzeugung vs. installierte Kraf twerksleistung (Stand: 2014)Quelle: Eigene Abbildung (Daten: Konzern-Geschäf tsberichte 2014)

5

Weiterführende Literatur:

Metz, Lutz: 2010: Der lange Arm der Energiewirtschaft.

Unter: http://tinyurl.com/nna4fzy (Stand: 23.6.2015).Urgewald e.V. und FIAN: 2013: Bitter Coal – Ein Dossier uber Deutschlands Stein-

kohleimporte. Unter: http://tinyurl.com/p6kftla (Stand: 23.6.2015).

FÖS – Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.: 2014: Kostenrisiken fur die Gesellschaft durch den deut-

schen Braunkohletagebau. Unter: http://tinyurl.com/qg8d6hg (Stand: 23.6.2015).

Endnoten

1 Vgl. BMWi - Bundesministerium fur Wirtschaf t und Energie (2015): Bruttostromerzeugung in Deutschland 2014. Unter: http://m.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/bruttostromerzeu-gung-in-deutschland (Stand: 23.6.2015).

2 Vgl. S. 603 in Oei, Pao-Yu/ Kemfert, Claudia / Reitz, Felix und Christian von Hirschhausen (2014): Kohleverstromung gefähr-det Klimaschutzziele: Der Handlungsbedarf ist hoch. In: DIW Wochenbericht Nr. 26.2014 vom 25.6.2014: 603-613.

3 Vgl. Stromauskunf t (o.J.): Stromerzeuger – RWE, E.ON, EnBW, Vattenfall. Unter: http://www.stromauskunf t.de/stromanbieter/stromerzeuger/ (Stand: 23.6.2015).

4 Vgl. DUH – Deutsche Umwelthilfe (2015): Kohle kontra Klima-ziele. Unter: http://www.duh.de/1939.html (Stand: 23.6.2015).

5 Vgl. Berkel, Manuel (2013): Die Großen Vier. Unter: http://www.bpb.de/politik/wirtschaf t/energiepolitik/152780/die-grossen-vier (Stand: 23.6.2015).

6 Vgl. BMWi – Bundesministerium fur Wirtschaf t und Energie (2015): Erneuerbare Energien auf einen Blick. Unter: http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Erneuerbare-Energien/erneu-erbare-energien-auf-einen-blick.html (Stand: 23.6.2015).

7 Zur installierten Kraf twerksleistung und der erzeugten Strom-mengen vgl. die Geschäf tsberichte von EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall fur das Jahr 2014.

8 Vgl. German Energy Transition (2013) unter: http://energytran-sition.de/wp-content/themes/boell/pdf/en/GET_infographics_png.zip (Stand: 23.6.2015).

9 Vgl. AG Energiebilanzen (2013) unter: http://www.ag-energie-bilanzen.de/index.php?article_id=29&f ileName=kohlenimpor-te_weltmarkt_2013_vdk.pdf (Stand: 23.6.2015).

10 Vgl. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaf t e.V. (FÖS) (2014): Kostenrisiken fur die Gesellschaf t durch den deutschen Braun-kohletagebau. Unter: http://www.foes.de/pdf/2014-04-FOES-Stu-die-Folgekosten-Braunkohle.pdf (Stand: 23.6.2015).

11 Vgl. RWE (2014): Aktionärsstruktur. Unter: http://www.rwe.com/web/cms/de/113836/rwe/investor-relations/aktie/aktionaers-struktur/ (Stand. 20.11.2014).

12 Daten zu RWE, STEAG, Vattenfall und EnBW vgl. Urgewald e.V. und FIAN (2013): Bitter Coal – Ein Dossier uber Deutschlands Steinkohleimporte. Unter: http://urgewald.org/sites/default/fi-les/bittercoal_1_15_13.pdf (Stand: 23.6.2015).

13 Vgl. auch Metz, Lutz (2010): Der lange Arm der Energiewirt-schaf t. Unter: http://www.energieverbraucher.de/de/Konzentra-tion__358/ (Stand: 23.6.2015).

14 Vgl. Fußnote 5.

15 Vgl. Fußnote 5

16 Vgl. Der Tagesspiegel (3.10.2014): http://www.tagesspiegel.de/politik/energiepolitik-in-schweden-und-deutschland-rot-gruen-in-stockholm-zieht-vattenfall-den-stecker/10791514.html (Stand: 23.6.2015).

17 Vgl. Der Spiegel (2.12.2014): Strategiewechsel: E.on will Geschäf t mit Atom, Gas und Kohle loswerden. Unter: http://www.spiegel.de/wirtschaf t/unternehmen/e-on-verabschiedet-sich-von-konven-tionellen-energien-a-1005868.html (Stand: 23.6.2015).

Der Herausgeber ist für den Inhalt allein verantwortlich.

Impressum:Herausgeber: PowerShif t e.V. Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin

In Kooperation mit ROBIN WOOD e.V. und der Rosa-Luxemburg-Stif tung

Autor: Dr. Philip BedallLayoutvorlage: Monika Brinkmöller Satz / Reinzeichnung: Tilla Balzer | balzerundkoeniger.de

Printversionen der Kohle-Factsheets können über [email protected] bezogen werden.

Berlin, August 2015

© Rosa-Luxemburg-Stif tung und PowerShif t e.V. http://www.rosalux.de/kohleprotestkarte

Kohle-Protest-Karte

Informativ und übersichtlich bildet die Karte die Nutzung der Kohle in der BRD ab – darunter die Tagebaue, Zechen, Bestandskraf twerke und Kraf twerksplanungen. Zugleich werden die Pro-teste gegen Kohle in der BRD seit 2008 kartiert und aufgezeigt, wo diese beispielsweise Kraf t-werksneubauten verhinderten. Darüber hinaus bietet die Karte auf der Rückseite detaillierte Grafiken und Infotexte zur Nutzung der Kohle in Europa und der BRD und gibt Tipps und Kontak-te dazu, selbst aktiv zu werden.Die Karte kann bei der Rosa-Luxemburg-Stif tung kostenlos bestellt werden ([email protected]).