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MYCOSES 39 (SUPPL. 2), 22-26 (1996) hWENOMMEN: 26. APRIL 195 Kontroversen bei der Standardisierung der Empfindlichkeits- prufung von Hefen gegen Azol-Antimyotika Controversal aspects in standardization of susceptibility testing on yeasts to azoles Kathrin Tintelnot und M. Seibold Schliisselworter. Empfindlichkeitsprufung, Standardisierung, Azole, Fluconazol. Itraconazol. Key words. Susceptibility testing, standardization, azoles, fluconazole, itraconazole. Zusammenfassung. Die unterschiedlichen physika- lisch-chemischen Eigenschaften der therapeutisch ein- gesetzten Azol-Antimykotika erfordern ein Testverfah- ren, welches diesen gerecht wird. Fluconazol kann innerhalb der Gruppe der Azol-Antimykotika aufgrund seiner Hydrophilie als unproblematische Testsubstanz angesehen werden. Die extreme Hydrophobizitat des Itraconazols laRt eine Ubertragung der Testbedingun- gen fur Fluconazol auf die Itraconazoltestung nicht zu. Die aktuellen Empfehlungen des NCCLS werden die- ser Problematik nicht gerecht. Deshalb ist es notwen- dig, einen einheitlichen Standard fur die In-vitro- Testung der Gruppe der Azol-Antimykotika festzule- gen. Summary. Due to the different physical-chemical conditions of the therapeutical azoles it is necessary to choose an adequate testing procedure. In the group of azoles caused by its hydrophilia fluconazole susceptibi- lity testing can be handled easily However it is not pos- sible to take the same test conditions for itraconazole as for fluconazole due to the extreme high hydrophobi- city of itraconazole. The current recommendations of NCCLS should be considering these problems. There- fore it is necessary to standardize susceptibility testing for all azoles possible. Robert Koch-Institut, Berlin, BR Deutschland. Korrespondenzadrcsse: Dr. Kathrin Tintelnot, Robert Koch-Institut, Ncirdufrr 20, D-13353 Berlin, FR Germany Einleitung Conditio sine qua non jeglicher In-vitro-Testung ist die Reproduzierbarkeit der Minimalen Hemmkonzentra- tionen (MHKs) im Intra- und Interlaborvergleich. Die In-vitro-Daten zur Empfindlichkeit der Erreger mus- sen mit der In-vivo-Situation korrelierbar sein. Unter dem Druck vermehrter Resistenzentwicklun- gen von Hefen gegenuber Antimykotika der Gruppe der Azolderivate sind die ersten kommerziellen Testsy- steme zur Empfindlichkeitsprufung entwickelt worden oder in Vorbereitung, ohne daR die Methoden zur In- vitro-Testung standardisiert waren. Ebenso fehlen fur Substanzen der neueren Generation entsprechende In- terpretationshilfen der erhobenen Daten. Als Grund- lage fur rationellere und pragmatischere Testverfah- ren, z. B. als Breakpoint-Test, Agardiffusionstest, oder mittels kolorimetrischer Ableseverfahren, ist eine Standardisierung der Antimykotikatestung zwingend notwendig geworden. In den USA wurde bereits 1982 ein Komittee zur Standardisierung der Antimykotika-Testung einberu- fen, dessen Arbeit 1992 mit der Veroffentlichung des NCCLS document M27-P [I] und 1995 mit dem tenta- tive-standard [2] desselben seine vorlaufige Zusam- menfassung fand. Diese Standards sehen nicht nur Empfehlungen zur Sensibilitatsprufung von Azol- bzw. Triazol-Antimykotika, sondern auch solche fur die Te- stung von Polyen-Antimykotika und 5-Fluorcytosin vor. Der Standard ist sowohl fur die Testung von Candida- Arten einschlieRlich Torulopsis glabrata, als auch fur CTktococcus neqormans vorgesehen. In Deutschland wurde 1987 von der Paul-Ehrlich- Gesellschaft (PEG) eine Empfehlung zur In-vitro-Te- stung von 5-Fluorcytosin und Amphotericin B heraus-

Kontroversen bei der Standardisierung der Empfindlichkeits-prüfung von Hefen gegen Azol-Antimyotika

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MYCOSES 39 (SUPPL. 2), 22-26 (1996) h W E N O M M E N : 26. APRIL 195

Kontroversen bei der Standardisierung der Empfindlichkeits- prufung von Hefen gegen Azol-Antimyotika

Controversal aspects in standardization of susceptibility testing on yeasts to azoles

Kathrin Tintelnot und M. Seibold

Schliisselworter. Empfindlichkeitsprufung, Standardisierung, Azole, Fluconazol. Itraconazol.

Key words. Susceptibility testing, standardization, azoles, fluconazole, itraconazole.

Zusammenfassung. Die unterschiedlichen physika- lisch-chemischen Eigenschaften der therapeutisch ein- gesetzten Azol-Antimykotika erfordern ein Testverfah- ren, welches diesen gerecht wird. Fluconazol kann innerhalb der Gruppe der Azol-Antimykotika aufgrund seiner Hydrophilie als unproblematische Testsubstanz angesehen werden. Die extreme Hydrophobizitat des Itraconazols laRt eine Ubertragung der Testbedingun- gen fur Fluconazol auf die Itraconazoltestung nicht zu. Die aktuellen Empfehlungen des NCCLS werden die- ser Problematik nicht gerecht. Deshalb ist es notwen- dig, einen einheitlichen Standard fur die In-vitro- Testung der Gruppe der Azol-Antimykotika festzule- gen.

Summary. Due to the different physical-chemical conditions of the therapeutical azoles it is necessary to choose an adequate testing procedure. In the group of azoles caused by its hydrophilia fluconazole susceptibi- lity testing can be handled easily However i t is not pos- sible to take the same test conditions for itraconazole as for fluconazole due to the extreme high hydrophobi- city of itraconazole. The current recommendations of NCCLS should be considering these problems. There- fore it is necessary to standardize susceptibility testing for all azoles possible.

Robert Koch-Institut, Berlin, BR Deutschland.

Korrespondenzadrcsse: Dr. Kathrin Tintelnot, Robert Koch-Institut, Ncirdufrr 20, D-13353 Berlin, FR Germany

Einleitung

Conditio sine qua non jeglicher In-vitro-Testung ist die Reproduzierbarkeit der Minimalen Hemmkonzentra- tionen (MHKs) im Intra- und Interlaborvergleich. Die In-vitro-Daten zur Empfindlichkeit der Erreger mus- sen mit der In-vivo-Situation korrelierbar sein.

Unter dem Druck vermehrter Resistenzentwicklun- gen von Hefen gegenuber Antimykotika der Gruppe der Azolderivate sind die ersten kommerziellen Testsy- steme zur Empfindlichkeitsprufung entwickelt worden oder in Vorbereitung, ohne daR die Methoden zur In- vitro-Testung standardisiert waren. Ebenso fehlen fur Substanzen der neueren Generation entsprechende In- terpretationshilfen der erhobenen Daten. Als Grund- lage fur rationellere und pragmatischere Testverfah- ren, z. B. als Breakpoint-Test, Agardiffusionstest, oder mittels kolorimetrischer Ableseverfahren, ist eine Standardisierung der Antimykotikatestung zwingend notwendig geworden.

In den USA wurde bereits 1982 ein Komittee zur Standardisierung der Antimykotika-Testung einberu- fen, dessen Arbeit 1992 mit der Veroffentlichung des NCCLS document M27-P [I] und 1995 mit dem tenta- tive-standard [2] desselben seine vorlaufige Zusam- menfassung fand. Diese Standards sehen nicht nur Empfehlungen zur Sensibilitatsprufung von Azol- bzw. Triazol-Antimykotika, sondern auch solche fur die Te- stung von Polyen-Antimykotika und 5-Fluorcytosin vor. Der Standard ist sowohl fur die Testung von Candida- Arten einschlieRlich Torulopsis glabrata, als auch fur CTktococcus neqormans vorgesehen.

In Deutschland wurde 1987 von der Paul-Ehrlich- Gesellschaft (PEG) eine Empfehlung zur In-vitro-Te- stung von 5-Fluorcytosin und Amphotericin B heraus-

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STANDARDISIERUNG DER A~OL-E~~;INDI,ICHKEITSPR~~FL~NG 23

gegeben [3], ein entsprechender Standard zur AzolTe- stung fehlt bislang.

Die Problematik der Antimykotikatestung wird be- sonders dann deutlich, wenn versucht wird, ein Stan- dardtestverfahren fur alle Hefen (oder gar alle Pilze) zu entwickeln: z. B. gelten aufgrund der unterschiedli- chen Physiologie der einzelnen Pilzarten optimale Test- bedingungen fur Candida albicans nicht zwangslaufig auch fur Cypococcus neoformans; ungeklart ist auch, war- um z.B. Amphotericin B in Shadomy-Medium eine hohere Aktivitat zeigt als in RPMI-Medium.

Bevor einzelne maogebliche Parameter der In-vitro- Testung diskutiert werden, sollten der Bedarf einer In- vitro-Testung von Hefen und die Auswahl der zu unter- suchenden Antimykotika hinterfragt werden. Im wesentlichen sind es z. Z. drei Substanzen, deren Sensi- tivitatsprufung bei einer systemischen Therapie fur den Therapieverlauf einer Mykose von entscheidender Bedeutung sein konnen: 5-Fluorcytosin, Fluconazol und Itraconazol.

So entbehrt die routinemaflige Empfindlichkeits- priifung von Hefen - von einigen Ausnahmen abgese- hen - gegenuber Amphotericin B in der Regel jeglicher Grundlage und dient mehr der Abrechnungsfahigkeit denn dem Nutzen des Patienten. Umgekehrt ist ein Verfahren zur Empfindlichkeitsprufung bei Flucona- zol-refraktarem Soor, das neben der Fluconazol-Te- stung keine reproduzierbaren und klinisch korrelierba- ren Itraconazol-MHKs liefert, unzureichend.

Die unterschiedlichen Variablen bei der Antimyko- tikatestung und ihre Beeinflussung der Ergebnisse sind in einer Ubersichtsarbeit von Rex et al. [4] dargestellt. So sollen nur einzelne Aspekte abgehandelt werden, die im Hinblick auf eine Standardisierung der In-vitro- Antimykotikatestung in Deutschland kontrovers oder mit breitem Konsens diskutiert werden. Dabei wird versucht, die Richtlinie des NCCLS M27-T in die Uber- legungen miteinzubeziehen.

Testansatz

Methode: Prinzipiell sind Verfahren in flussigen Me- dien (Makrodilution und Mikrodilution) von Verfahren mit Agarzusatz (Agardiffusion und Agardilution) zu unterscheiden. Die Agardiffusionstestung kann er- schwert sein durch moglicherweise schlechte Diffusion des zu testenden Antimykotikums. Chemisch unter- schiedliche Agares beeinflussen zusatzlich die Repro- duzierbarkeit der Testergebnisse. Die Auswertung kann durch partielles Wachstum in den Hemmhofen beeintrachtigt sein und unterliegt der Subjektivitat des Betrachters. Die Agardilution als die Referenzmethode zur Testung von Amphotericin B und 5-Fluorcytosin [3], ist zur Empfindlichkeitsprufung einzelner Isolate weniger geeignet. Sie ist jedoch bei den Stammen, die im Mikrodilutionstest kein Wachstum zeigen, die ein-

zig zuverlassige Testmoglichkeit. Bei schwach oder nicht fermentierenden Hefen, z. B. CTptococcus neofor- mans, ist die Agardilution der konventionellen Dilu- tionsmethode uberlegen [5, 61. Innerhalb der letzge- nannten ist die Makrodilution aufgrund des enormen Aufwands als Routinemethode ungeeignet, weshalb die NCCLS M27-T nach einem Vorlauf im Makrodilu- tionsverfahren die Mikrodilution vorsieht. Zusammen- fassend ist wegen des geringeren Arbeitsaufwandes ge- genuber der Agardilution und Makrodilution und der besseren Reproduzierbarkeit der Ergebnisse im Ver- gleich zur Agardiffusion das Mikrodilutionsverfahren als Referenzmethode bei der Testung von Candida-Ar- ten zu propagieren.

Bei der Herstellung der Antimykotikaverdun- nungen und deren Aufbewahrung ist zu beachten, daR die Loslichkeit der Testsubstanz gewahrleistet sein mu& Die in verschiedenen Publikationen stark diffe- rierenden Angaben zur Empfindlichkeit von Referenz- stammen gegeniiber wasserunloslichen Substanzen konnen mutmaRlich darauf zuruckgefuhrt werden, dafl die Antimykotika nicht in jedem Fall vollstandig in Lo- sung waren.

Material, in dem die Antimykotika-Verdun- nungsreihen und die Testung durchgefuhrt wer- den: Bereits der erste Kontakt des hydrophoben An- timykotikums Itraconazol mit dem Material des Gefa- nes, in dem die Substanz in Losung gebracht wird, ent- scheidet uber die volle oder eingeschrankte In-vitro- Wirksamkeit des Antimykotikums. Die Interferenz der Substanz mit dem Material der Mikrotiterplatten, in denen die Testung durchgefuhrt wird, kann zu weite- ren Unterschieden in der MHK fuhren [7] (siehe Ta- belle 1) . Wie Untersuchungen, die kurzlich am Robert Koch-Institut (RKI) durchgefuhrt wurden, belegen, konnen artefiziell erhohte MHKs bei der Itraconazol- Testung durch die Venvendung von Glas umgangen werden.

%belle 1. EinfluR von Kunststorf und Glas bei der Herstellung der Verdiinnungsreihe und beim Testansatz auf die Itraconazol-MHKs (pg/ml). Testmetbode: NCCLS-Richtlinien (M27-T)

Stamme Verdunnungsreihe Verdunnungsreihe in Polypropylen in Glas

Mikrotiterplatte aus: Mikrotiterplatte aus: Polystyrol Quarzglas Polystyrol Quarzglas

C. albicans ATCC" 90028 0,500 0,250 0,062 0,0 16

C. albzcans RKI 2594/95 1,000 0,125-0,250 0,250 1),062

C. krujei ATCC" 6258 1,000 0,500 0,500 0,125

C. parapsilosis ATCC@ 220 I9 1,000 0,500 0,250 0,03 ~ 0 , 0 6 2

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'lhbelle 2. MHK (IC",,) von Fluconazol in Abhangigkrit vom Medium fur Candida albzcanr (ATCC@ 90028). Photometr. 21-h-Ablesunn

Labor Fluconazol E'luconazol Casiton RPMI (PghI) ( 1 % Glukose)

Qglml)

Robert-Koch-Institut 0,254,s n, I 2 5 - 0 , ~ NCCLS (M27 P) - S 0, I25-O,5

InokulumgroBe und -herstellung: Weitgehender Konsens herrscht bei der GroRe des Inokulums fur die Mikrodilution: 0,5-2,5 x lo3 Zellen/ml. Unter Umstan- den kann eine Inokolumerhohung von lo3 auf 1O4/rnl einen Anstieg der MHK um 2-3 Verdunnungsstufen bedeuten!

Medium: Generell kann zwischen Komplexmedien (Casiton-, brain heart infusion- und Sabouraud-Medi- um) und synthetischen Medien (RPMI-, HR-, MEM, YNB u. a.) unterschieden werden. Grundvoraussetzung bei allen Medien ist, daR diese frei von antagonisieren- den Substanzen sind. Die Vorstellung, daR die Repro- duzierbarkeit mit einem synthetischen Medium am ehesten gegeben sei, hat das NCCLS dazu veranlaBt, das als Zellkulturmedium eingesetzte RPMI-Medium fur die Referenzmethode vorzuschlagen. Inzwischen wurde eine Erhohung des Glucosegehalts im RPMI- Medium auf bis zu 2% als geeigneter hinsichtlich der Ablesung klarerer Endpunkte und besserer Wachs- tumsbedingungen fur Hefen bewertet [8], Nach einer Multicenter-Studie zur Fluconazol-Testung in der Ma- krodilution wird das HR-Medium zur Fluconazol-Te- stung propagiert, mit dem sich ebenfalls gut reprodu- zierbare Ergebnisse erzielen lassen [9, 101. Der EinfluR des Mediums spielt bei der Fluconazoltestung (wie exemplarisch in Tabelle 2 an dem C.-ulbicuns-Stamm ATCC@ 90028 gezeigt), eine untergeordnete Rolle. Bei der Empfindlichkeitstestung gegenuber Itraconazol je- doch zeigt derselbe C.-albicans-Stamm ATCC@ 90028 eine starke Abhangigkeit der Itraconazol-MHK nicht nur vom Material, in dem der Test durchgefuhrt wird, sondern auch vom Testmedium (Tabelle 3). Die Itraco- nazol-MHKs wurden in Casiton- und RPMI (1 % Glu- cose)-Medium in Mikrotiterplatten aus Quarzglas und

aus Polystyrol ermittelt. Die prasentierten Daten, die aus mehr als 15 Testansatzen stammen, belegen bei der Itraconazol-Testung die Uberlegenheit des Casiton- mediums gegenuber dem RPMI-Medium hinsichtlich der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse der Empfind- lichkeitsprufung.

Pufferung: Die Reproduzierbarkeit der Testbedin- gungen einer Empfindlichkeitsprufuiig im Mikrodilu- tionstest kann nur in gepuffertem Medium gewahrlei- stet sein. Als Puffer kommen hauptsachlich Phosphat- Puffer und 3- [N-morpholine] propanesulfonic acid (MOPS) als zwit terionischer Puffer (sog. Good-Puffer) zum Einsatz.

Inkubationstemperatur: Die fur die meisten Can- dida spp. optimale Wachstumstemperatur von 35 "C muR im Einzelfall (z. B. Gyptococcus neofoormans) dem Testorganismus angepaRt werden.

Inkubationsdauer: In einem optimierten Testme- dium ist eine Beurteilung der Empfindlichkeit aller ge- testeter C.-albicans-Stammen und i. d. R. auch der mei- sten Isolate anderer Candida-Species spatestens nach 24 h moglich! Eine Ablesung sollte generell bei gut sichtbarem Wachtum in der antimykotikafreien Kon- trolle (bei photometrischer Ablesung ab einer OD von ca. 2 0,3) erfolgen. Dennoch bestehen einzelne Auto- ren oder Hersteller auf einer NCCLS-konformen Able- sung nach 48 h! Dies impliziert jedoch das Risiko eines Anstiegs zii falsch intermedigren oder resistenten MHKs [ I l l . Dies kommt auch zum Ausdruck bei ei- nem Methodcnvergleich von Fothergill [12], der die Mikrodilution nach NCCLS (M27-T) berucksichtigt. Wenn eine Testung von C. glabrata und C. parufisilosis in RPMI-Medium (ohne weiteren Glucosezusatz) eine Inkubationsdauer von 48 erfordert, so stellt sich die Frage, ob die dann abgelesene MHK unter nicht opti- malen Wachstumsbedingungen zuverlassig sein kann ~ 3 1 .

Test-Auswertung

Die MHK-Bestimmung kann photometrisch und rein visuell (u. U. unter Zuhilfenahme cines Spiegels) erfol- gen. Die Definition der MHK erfolgt Antimykotika-ab- hangig. Bei Azolen z.B. wird die MHK als ICH,, defi-

%belle 3. MHK (ICH0) von Itraconazol in Abhangigkeit vom Medium und Material dcr Mikrotiterplatten fur C h d i d a albicans ( A T E @ 90028). Photome t r. 24-h-Ablesunn

I Labor

Robert Koch-Institul 0,004 NCCLS (M27 T) -

1 *) Martinez-Suarez e t al. (1995): 0,06 pglml 1141 I

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niert, bei der gerade auch bei visuellem Ablesen die ubercinstimmendsten Resultate erzielt werden [4]. Eine noch strengere Ablesung in Form einer ICY" fuhrt bei nicht voll Azol-empfindlichen C.-ulbicuns-Stammen dazu, dafl unscharfe Endpunkte der Hemmung (sog. trailing) in bis zu 10% eine h4HK-Bestimmung als ICgo verhindern. Nach den Vorschlagen des NCCLS werden die Hefen in den Mikrotiterplatten bei nicht eindeu- tiger Ablesbarkeit der MHK resuspendiert. Die Not- wendigkeit eines Resuspendierens des Testansatzes vor der Ablesung wird bei der photometrischen Ablesung nach den Erfahrungen am RKI als unerlaBlich angese- hen.

Eine Standardisierung erfordert zwangslaufig das Mitfiihren von ausgewiesenen Referenzstammen. Dabei sollten moglichst ein hoch sensibler, ein resisten- ter und ein solcher aus dem Intermediarbereich als Qualitatskontrolle eingesetzt werden. Die Stamme sollten klinisch validiert sein und kein trailing zeigen. Unter den vom NCCLS vorgeschlagenen Kontroll- stammen fehlen z. B. Triazol-resistcnte C.-albicuns- St am me.

Testinterpretation: Selbs t bei pharmakologisch einfachen Substanzen wie dem Fluconazol, bei dem die klinische Wirksamkeit durch Dosiserhohung bedingt angepaflt werden kann, liegen die diskutierten Break- points weit auseinander, Erst recht ist eine Breakpoint- Festlcgung erschwert bei Substanzen mit hoher Pro- teinbindung oder Metabolisierung zu aktiven Kompo- nenten wie dem Itraconazol. Selbst das NCCLS hat bis- lang keine Breakpoints festgelegt. Ein allgemeines Pro- blem besteht darin, daR bislang zu wenige klinisch vali- dierte Testergebnisse publiziert sind.

Diskussion und Zusammenfassung

Das NCCLS mit zahlreichen Experten auf dem Gebiet der Antimykotika-Testung ist auf dem Weg, ein allge- mein giiltiges Referenzverfahren zur In-vitro-Testung von fermentierenden und nicht-fermentierenden He- fen gegeniiber Antimykotika unterschiedlicher Sub- stanzklassen zu etablieren. Der Anspruch, mit demsel- ben Medium und demselben Testverfahren nicht nur unterschiedliche Antimykotika, sondern auch hinsicht- lich ihres Stoffwechsel so verschiedene Hefen wie Cun- dida-Arten und Cyptococcus neoformans testen zu wollen, m i d letztlich zu Lasten einer Optimierung der In- vitro-Testung einzelner Substanzklassen und Erreger gehen (M27-P). Die Neufassung des uberarbeiteten Standards der NCCLS (M27-T) berucksichtigt dies in- sofern, dao z. B. fur die Fluconazoltestung von Cypto- coccus neoformans YNB als Alternativmedium ebenso wie das ,,antibiotic medium 3" zur Amphotericin B-Testung ausgewiesen wird. Trotz umfassender Vorarbeiten ist es dem NCCLS bislang nicht gelungen, ein entsprechen- des Vorgehen zur Itraconazol-Testung zu etablieren.

Diese genannten Aspekte und die Tatsache, daR Emp- fehlungen zur In-vitro-Testung von 5-Fluorcytosin und Amphotericin B bereits bestehen, die zu reproduzier- baren Ergebnissen fuhren, spricht dafur, in Deutsch- land und moglichst europaweit die gezielte Standardi- sierung der Azol-/Triazoltestung voranzutreiben. Diese sollte die kontraren Eigenschaften der einzelnen S u b stanzen bezuglich ihrer Hydrophilie (i. e. Loslichkeit) berucksichtigen und zunachst vorrangig auf die am haufigsten isolierten Cundidu-Artcn C. albicans, C. glabrata, C. krusei und C. tropicalis zugeschnitten sein.

Folgende Parameter, die identisch mit den von der NCCLS angegebenen sind, konnen als konsensfahig bei der Standardisierung der Triazoltestung angeschen werden:

Met hode: Mikrodilutionstest als Reih enverdiin- nungstest (M27-T) Inokulum: 0,5-2,5 x lo3 Zellen/ml die MHK wird visuell abgelesen (in Zweifelsfallen nach Resuspendieren) oder photometrisch be- stimmt: z. B. bei Azolen als IC80 da diese gut mit der visuellen Ablesung korreliert (siehe auch NCCLS

Inkubationstemperatur: 35 "C. Nicht abschlieoend diskutiert sind L. Z. noch fol-

M27-x 3.6.2.)

gende Parameter:

Herstellung/Aufbewahrung der Antimykotikaver- dunnungen Medium (incl. Puffer) Testmaterial (Glas/Kunststoff) Inkubationsdauer Technik der Ablesung: mit bloflem Auge und/oder photometrisch (dabei wurde keine Einigkeit dariiber erzielt, welchen EinfluI3 ein Aufschutteln bzw. Resuspendieren der sedimentierten Hefen hat).

Wie eigene IJntersuchungen zeigen, konnen artefi- ziell erhohte MHKs bei der Itraconazol-Testung durch die Venvendung von Glas umgangen werden. Der Ein- flu0 der Testbedingungen spielt bei der Fluconazolte- stung eine untergeordnete Rolle. Bci der Empfindlich- keitstestung von Hefen gegenuber Itraconazol sind die ablesbaren MHKs, abgesehen von der Loslichkeit der Substanz, maRgeblich vom Material, in dem der Test durchgefiihrt wird, als auch vom Testmedium beein- fluRt. Die prasentierten Daten belegen bei der Itraco- nazol-Testung die Uberlegenheit des Casitonmediums gegenuber dcm RPMI-Medium hinsichtlich der Repro- duzierbarkeit der Ergebnisse.

Die gegenseitige Beeinflussung von Testsubstanz und den o. g. Variablen bej der Empfindlichkeitsprii- fling - bedingt durch unterschicdliche physikalisch- chemische Eigenschaften der Antimykotika - fordert dazu auf, ein einheitliches Testsystem fur alle Azole zu entwickeln. Ein solches System sollte auch fur zukunf-

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tige und in Entwicklung begriffene Triazolderivate ge- eignet sein. Eine Standardisierung der Fluconazol-Te- stung ohne Beriicksichtigung hydrophober Substanzen wie des Itraconazols geht an der zukunftorientierten Planung und dem Bedarf an alternativen antimyko- tisch wirksamen Substanzen bei Fluconazol-Resistenz vorbei.

Derzeit sind in der Arbeitsgemeinschaft ,,Klinische Mykologie" der Deutschsprachigen Mykologischen Ge- sellschaft e.V einzelne Arbeitsgruppen damit befafit, die 0. g. strittigen Parameter wissenschaftlich zu bear- beiten.

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S ~ S 25 (SUPPI.), 1-7.

Anhang

Grundziige der Methode des National Committee for Clinical Laboratory Standards (NCCLS), document M 27T (1995) zur AntimykotikaTestung von Hefen

Makro-/Mikrodilutionsverfahren M 27-T (1995)

Testmedium: RPMI (Roswell Park Memorial Institute) -Medium 1640

Puffer: 3-[N-morpholine]propanesulfonic acid (MOPS), pH 7,O

Antimykotika-Verdiinnungsreihe: 0,12 kg/ml-64kg/ml, Ausnahme: AmB/ITZ 0,031~g/ml-16 Fg/ml. Herstellen der Verdiinnungsreihen entsprechend dem Loslich- keitsverhalten der Antimykotika

Inokulum: 0,5 X lo" bis 2,5 x lo3 Zellen/ml

Inkubation: 35 "C fur 48 h (-72 h fur Cyptucorcus neoformans)

Makroskopische Ablesung mit Bewertungsskala W.

MHK-Definition substanzabhangig, fur hol-Antimykotika als ICE(, definiert. Ggfs. Herstellen einer IC*(, cntsprechenden %ell- dichte durch I:5-V~rdunnung der Wachstnmskontrolle.

Mitfiihren von QC-Starnmen.

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