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konturen rothenfelser burgbrief 02/06 konturen

konturen - Burg Rothenfels

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Page 1: konturen - Burg Rothenfels

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konturenkonturen

rothenfelserburgbrief 02/06

konturen

Page 2: konturen - Burg Rothenfels

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Editorial„Bierflaschen muss man aufmachen. Gefühle

muss man zulassen.“ Diesen Zweizeiler von

Robert Gernhardt habe ich vor zwei Wochen

gelesen. Seither geht er mir regelmäßig durch

den Sinn und ruft wiederholt eine angenehme

und tröstliche Heiterkeit hervor.

Zum Ende des Jahres endet meine Zeit auf der

Burg Rothenfels. Nach fast zehn Jahren Ver-

antwortung als Bildungsreferent ist dies ein

starker Einschnitt. Der Abschied von der Burg

ist nicht einfach, auch wenn die bevorstehen-

de Aufgabe in Berlin sehr reizvoll ist.

Robert Gernhardts Zweizeiler kommt da ir-

gendwie gerade recht. Leben ist eine merkwür-

dig ambivalente Angelegenheit - nicht nur in

Abschiedssituationen. Leben ist einerseits leicht

(Bierflaschen), andererseits nicht ganz so

leicht (Gefühle).

Was also zum Abschied schreiben. Für jetzt

scheint mir ein Zitat angemessen und hilfreich:

„Die Freunde der Burg teilen gemeinsame Ab-

sichten und Intentionen. Ihnen liegt die Burg,

die „Sache der Burg“ am Herzen. Einige Freun-

de von Burg Rothenfels sind Freunde unter-

einander und Freunde der Burg.“

Das habe ich schon in der letzten Ausgabe der

konturen geschrieben und schreibe es jetzt

noch einmal. Allen, die auf der und für die

Burg Rothenfels arbeiten, danke ich für ihr Ver-

trauen. Die Zeit auf der Burg war eine gute

Zeit.

Joachim Hake

Impressum

konturen.rothenfelser burgbrief

Herausgeber:Vereinigung der Freundevon Burg Rothenfels e.V., 97851 Rothenfels

Redaktion: Joachim Hake

Mitarbeit:Dr. Meinulf Barbers, Dr. Gudrun KuhnDr. Gotthard Fuchs

Layout: Gernot SchüllErscheinungsweise: 2 x jährlich

Auflage: 2000Schüll-Druck Marktheidenfeld

33Theologie und Leben – wieder gelesenEin Experiment

Dorothea Glöcknerwieder gelesen – Sophie Scholl

Reinhard Haubenthalerwieder gelesen – Marcel Légaut

Christian Heidrichwieder gelesen – Günther Bornkamm

Frank Meier-Hamidiwieder gelesen – Dietrich Bonhoeffer

Stefan Orthwieder gelesen – Bernhard Welte

Dominik Terstriepwieder gelesen – Georges Bernanos

Hans-Rüdiger Schwabwieder gelesen – Joseph Bernhart

Peter Abelwieder gelesen – Karl Rahner

Thomas KutschWoche für ältere Menschen

Stefan Jánosch WagnerProgramme und Bausteine

Von der Burg

Einladungzur Mitgliederversammlung

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Christian Schützwieder gelesen – Peter Wust

Herbert Vorgrimlerwieder gelesen – Hans Urs von Balthasar

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Rainer Bucherwieder gelesen – Elmar Klinger

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2929 Arnold AngenendtToleranz und Gewalt

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Theologie und Leben –wieder gelesen

Der Leser holt sich das Buchselbst aus dem Regal undträgt es zum Schalter. Um esauszuleihen, entnimmt erdem Buchrücken eine Karteund schreibt seinen Namendarauf. Die Karte wird vomBibliothekar verwahrt undwenn das Buch zurückkommt, wird die Karte demBuch wieder hinzugefügt.Hier wartet die Karte dannauf den nächsten Leser.Über die Jahre entsteht soeine merkwürdige Namensli-ste. Namen von Unbekanntenund Bekannten reihen sich inzufälliger Folge. Wer hat dasBuch vor mir gelesen? Wer sich an die eigeneLektüre nicht mehr erinnert, wird seines Ver-gessens überführt. Vor mehreren Jahren habeich das Buch schon einmal gelesen. Die eige-ne Schrift hat sich seither kaum geändert,mein Leben aber schon. Ob dieses Buch, dasich dort in Händen halte, dazu einen Beitraggeleistet hat? Schwer ist es, auf diese Frageeine Antwort zu geben.

Theologie und Leben sind nicht dasselbe.Leben und Lesen auch nicht. Wenn es gutgeht, sind die Welten von Theologie und Le-ben spannungsreich aufeinander bezogen.Dass dies nicht immer der Fall ist, liegt aufder Hand. Vieles begründet den Verdacht, dassTheologie gegenwärtig für das (christliche)Leben eher eine marginale und verschwin-dende Rolle spielt. Das gilt auch trotz allervermeintlichen Wiederkehr von Religion unddem damit verbundenen öffentlichen Bedarfan Nachdenken und Reflexion.

Welche Form hat eine Theologie, die denchristlichen Glauben bereichern könnte? Wel-che Sprache spricht sie? Wo ist sie aufzufin-den? Auf diese Fragen fallen – soweit bestehtweithin Konsens – Antworten gegenwärtigschwer. Das Verhältnis von Theologie undLeben scheint sich neu zu konstellieren undwie immer bergen derartige VeränderungenChancen und Gefährdungen.

Ein Experiment Um diese Verschie-bungen im Verhält-nis von Theologieund Leben etwasbesser zu verstehen,hat die Burg Rot-henfels zu einemtheologischen Expe-riment eingeladen.Ausgangspunkt die-ses Experiments istdie Annahme, dassprägende Lektüre-erfahrungen einverlässlicher Seis-mograph für das Ver-hältnis von Theolo-gie und Leben sind.In einem erstenGang hat die Burg

Rothenfels zahlreiche Theologen und Theo-loginnen beider Konfessionen angeschriebenund sie gebeten, auf folgende Fragen in ei-nem kurzen Text zu antworten.

– Welcher theologische Text nach 1919 hat Siein Ihrer Lektüregeschichte am meisten be-wegt und beeinflusst? Dabei kann es sichhandeln um eine im engeren Sinn fach-theologische Monographie, eine kirchlich-lehramtliche Äußerung, einen spirituell-theologischen Text oder aber um „christli-che Literatur“.

– Worin bestand die damalige Faszinations-kraft dieses Textes?

– In welcher Weise hat dieser Text noch Fas-zinationskraft? Oder: Hat der Text seine Fas-zination verloren?

– Inwieweit empfinden Sie dies als Verlustoder als Gewinn?

Die Angeschriebenen wurden in der Einla-dung gebeten, den „Originalton“ des von ih-nen gewählten Textes in einem längeren Zi-tat für die Leser „hörbar“ zu machen.Die Resonanz auf unsere Anfrage war erfreu-lich groß und einige der bisherigen Antwor-ten finden Sie nachfolgend abgedruckt. In dernächsten Ausgabe von konturen werden wirdiese Reihe fortsetzen.

Michael Gotthard JoachimBongardt Fuchs Hake

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wieder gelesen –Elmar Klinger

„Es ist nicht zu leugnen, dassdie lateinamerikanischeTheologie einen Wertbereichder Theologie betreten hat,der ihr bislang verschlossenwar und auf dem sie sich auchnicht behaupten konnte, näm-lich den Bereich des Handelnsüberhaupt in der Öffentlich-keit staatlichen und gesell-schaftlichen Lebens. (...) Es istwichtig, diese Wertbereicher-weiterung als Horizonterwei-terung zu verstehen. Denn mitihr lässt sich verdeutlichen,dass es dieser Theologie umdie Auslegung ihrer selbst inden Horizonten neuer Welt-bereiche und nicht um die Anpassung an die-se Weltbereiche geht. Sie kann sich als sie selbstdarin behaupten. Sie ist nicht Auslegung derTheologie im Horizont des Menschen über-haupt, sondern im Horizont der Praktiken desMenschen, seiner Existenz im Horizont der Po-litik. Sie ist nicht politische Theologie, sondernTheologie der Politik“

Elmar Klinger, Theologie im Horizont derPolitik. Die Herausforderung Europasdurch die lateinamerikanische Theologie,in: F. Castillo u.a. (Hrsg.), Herausforde-rung. Die dritte Welt und die ChristenEuropas, Regensburg 1980, 47-63, 49f

Wer später den Umgang mit theologischenTexten zu seinem Beruf macht, ist nicht ty-pisch für das Verhältnis von Theologie undLeben. Er ist eine Ausnahme. Denn er hat inihnen etwas gefunden, das ihn fasziniert unddem er sich widmen will. Mindestens ist erein Profi, der etwas zu finden hofft und zufinden geben will.

Der Text, den ich vorstellen will, ist deshalbauch alles andere als beispielhaft für faszi-nierende Gottesrede. Aber er hat mich, wiegefordert, „bewegt und beeinflusst“, vor al-lem wegen seiner Nüchternheit und Klarheit

Schutzlose Festigkeitim permanenten

Experiment

und wegen des Muts,die Dinge anders zusehen als Feind undauch Freund.

Elmar Klingers Textist 1980 erschienen.Ich wechselte geradeim Studium von Frei-burg nach Würzburg.In Freiburg hatte michdie (später sagte manfür ein paar Jahre:„postmoderne“) Ger-manistik fasziniert.Ich hatte zwar nichtarg viel verstanden,aber zu Recht dahintereine neue Freiheitvermutet. Die Theolo-gie hatte ich, wie ichzumindest glaubte,

recht gut verstanden und sie hat mich wenigfasziniert. Das drehte sich in Würzburg um,und der Text, den ich vorstellen werde, undsein Autor waren maßgeblich daran beteiligt.Zusammen übrigens mit dem ganz andersschreibenden und lehrenden und doch ver-wandten Rolf Zerfass.

Ich könnte es sehr gut verstehen, wenn derLeser und die Leserin die – übrigens anhal-tende – Faszinationskraft dieses Textes nichtteilen. Denn er ist zwar politisch ziemlichkorrekt und formuliert eine eindeutige Opti-on für die Theologie der Befreiung. Aber erist nüchtern, sachlich, anti-pathetisch undvor allem in seiner Methodik ziemlich scho-lastisch, also begriffsorientiert und das auchnoch mit einem Schuss analytischer Philo-sophie im Hintergrund. Das ist alles andereals glaubens-erotisch.

Für mich aber eröffnete dieser Text Welten,wenn nicht sogar die Theologie. Denn er be-scherte mir die damals völlig neue Erfah-rung, dass theologische Texte weder betu-lich-klerikal, noch gelehrt-irrelevant, nochvoller gutwilliger Moralität sein müssen.

Der Text analysiert ziemlich schonungslosdie Schwächen, welche die Theologie der

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Befreiung an der europäischen Theologieaufdeckt, und ebenso schonungslos die kon-zeptionellen Probleme, welche die Theolo-gie der Befreiung aus der Perspektive euro-päischer Theologie mit sich herumträgt. Erist also so etwas wie eine Gesamtauseinan-dersetzung eines jungen Theologieprofessorsmit seinem eigenen (Lebens-)Projekt.

Der europäischen Theologie wirft er vor, „zuwenig Sein“ im konkreten Leben zu haben,daher habe auch „dieses Leben zu wenig Seinin unserer Theologie“ (49). Ihr Praxisbegriffsei „verdinglicht“, ihr Geschichtsbegriff sta-tisch und ihre Methodik hermeneutisch ver-engt. Die Theologie der Befreiung wieder-um habe sich ihren eigenen Grundlagen-problemen nicht hinlänglich gestellt, verhar-re ebenfalls in einem, nur jetzt auf die Praxisbezogenen, hermeneutischen Theologie-begriff, überwinde auch den Gegensatz Na-türlich-Übernatürlich im Kirchenbegriffnicht wirklich, verkenne den theoretischenCharakter der Theologie und habe sich zu-dem „ganz auf der Linie der europäischenlateinischen Tradition“ in der Auseinander-setzung mit der Heideggerschen Verhältnis-bestimmung von Sein und Zeit „für die Prio-rität von Sein entschieden“ (59).

Was immer im Einzelnen daran richtig ist:Klinger räumt wie nebenbei mit ein paarhalbbewussten praxisleitenden Selbstver-ständlichkeiten der (modernen) Theologieauf. Erstens, dass es in ihr vor allem umsVerstehen ginge, zweitens, dass die Praxis einsekundärer Teilbereich des Wirklichen wäre,drittens dass es in der Theologie, so sie dennpraktisch wird, vor allem auf den guten Wil-len ankäme, viertens, dass man selbst besten-falls ein Ort, aber kein Prinzip der Theologiewäre, und fünftens, dass die richtige politi-sche Option wissenschaftliche Selbstzweifelerspare.

Kurz: Es war da plötzlich eine Theologie, dieihre begriffliche Tradition ernst nahm unddabei nicht politisch harmlos bis reaktionärwurde, und eine politische Optionalität, wel-che sich aus der eigenen Tradition motivier-te. Es war eine Theologie, die sich aufs Spielsetzt, die nach vorne offen und waghalsig war

und sich vor nichts scheute. Es war die Er-fahrung einer Theologie, die sich weder hin-ter der Fassade wissenschaftlicher Gelehr-samkeit noch hinter jener des euphorischenpolitischen Engagements versteckte. Vor al-lem aber: Es war die Erfahrung einer Theo-logie, bei der es noch was zu entdecken gab.Und die bereit war zu Selbstkritik. Der Auf-satz schließt mit der überaus ehrlichen Fest-stellung: „Die Probleme lateinamerikani-scher Theologie sind auch europäische Pro-bleme. Es gibt keinen Anlass, in Selbstge-rechtigkeit sich über sie zu freuen. Eigenlobwäre nur berechtigt, hätten wir eine prakti-kable Lösung, in einem internationalen Rah-men mit ihr zu bestehen. Davon sind wir aberschon wegen der starken Begrenztheit un-serer üblichen Themenstellung weit ent-fernt.“ (59f.)

In meiner theologischen Sozialisation habensich (wissenschaftliche) Theologie und per-sönliches Leben zweimal kurzgeschlossen:einmal hier und das andere Mal in der Be-gegnung mit einer praktisch-theologischenKonzeption der Studienbegleitung, wie sieOttmar Fuchs in Bamberg konzipierte. Aberdas ist eine andere Geschichte. Oder viel-leicht doch nicht, sondern einfach die ande-re Seite der gleichen Geschichte: jetzt von derPraxisseite her.

Es sind beides zwei sehr persönliche Ge-schichten. Ich fühle ihre begrenzte Ver-mittelbarkeit. Vielleicht wäre das Wichtigstean theologischer Sprache ja, gar nicht wir-kungsorientiert zu sein, sondern unabge-sichert, risikoreich und experimentell. Unddabei stets korrekturoffen. Bei Klinger wiebei Fuchs war das immer wieder so. Mankonnte sie immer stellen. Sie haben sich niehinter irgendetwas verschanzt, arbeitetennur mit dem, wofür sie standen. Ich erlebtees als schutzlose Festigkeit im permanentenExperiment: für mich der Weg in die Theo-logie.

Rainer BucherDr. theol., Professor und Leiter desInstituts für Pastoraltheologie und Pastoralpsychologiean der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karl-Franzens Universität Graz

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„– wo... (man könnte, wie ge-sagt, noch lange weiterfah-ren) – da ist Gott und seine be-freiende Gnade. Da erfahrenwir, was wir Christen denHeiligen Geist Gottes nennen;da ist eine Erfahrung ge-macht, die im Leben – auchwenn sie verdrängt wird – un-ausweichlich ist, die unsererFreiheit mit der Frage ange-boten wird, ob wir sie anneh-men wollen oder ob wir unsin einer Hölle der Freiheit, zuder wir uns selber verdam-men, gegen sie verbarrikadieren wollen. Daist die Mystik des Alltags, das Gottfinden inallen Dingen; da ist die nüchterne Trunken-heit des Geistes, (...) die wir nicht ablehnenoder verachten dürfen, weil sie nüchtern ist.“

Karl Rahner, Erfahrung des Geistes.Meditation, Freiburg 1977.

Kann man eine Erfahrung des Geistes ma-chen? Wenn ja, wie? Wie ist dieser Geist inder Perspektive des Glaubenden wie auch desNichtglaubenden zu verstehen? Ist der Geistin einer Zeit, die voll spiritueller Sehnsuchtund wenig geistdurchdrungen zugleich zusein scheint, überhaupt erfahrbar? KarlRahner gibt in seiner kleinen Meditation eine,seine entschiedene Antwort: ja, jeder Menschkann eine Erfahrung des Geistes machen.

Biographische Notiz IFrühsommer 1984. Zwei Semester habe ichmich vom Studienbetrieb weitgehend zu-rückgezogen, um intensiv zu studieren undmich neu zu orientieren. Wo will ich hin? Wasträgt mein Leben? Welche Gestalt soll meinGlaube im Alltag haben? Wie kann ich die-sen Glauben theologisch verantworten? Hochüber dem Inntal studiere ich intensiv KarlRahners Schriften. Ich versuche zu verste-hen, was er den Menschen heute sagen will.Dafür gibt mir ein Jesuit und Schüler Rahnerseinen Tipp: „Rahner hat zu jeder theologi-schen Aussage einen kleinen, allgemein ver-

ständlichen Aufsatz ge-schrieben, zu seiner An-thropologie die ́ Erfahrungdes Geistes´.“ Diese Schriftgibt mir eine Antwort aufmeine Frage nach einergelebten Spiritualität, ei-ner Mystik des Alltags, wieauch über das Gottsuchenin der Seelsorge.

Erfahrung desGeistes, theologischbetrachtetGeisterfahrung ist, wennauch im Alltag oft unre-flektiert und verborgen,jedem Menschen dort zu

eigen, wo er zu seinem Selbst kommt undsich darin in entschiedener Freiheit jenemGrund öffnet, der immer schon sein Lebenträgt. Diese theologische Grundaussage um-reißt nicht nur die hier nicht näher zu be-schreibende Theologie des übernatürlichenExistenzials, sondern die innerste Mitte un-serer Existenz selbst, jene Mitte, in der sichein Mensch in seiner ursprünglichen Einheitund Ganzheit erkennt und die zu erkennenihm Gott in befreiender Gnade immer schonermöglicht. In Erkenntnis und freier Ent-scheidung ist der Mensch immer schon einWesen der Transzendenz, erkennend kanner den einzelnen Erkenntnisgegenstandüberschreiten auf jenen schöpferischen undschweigend gegenwärtigen Horizont seinesLebens hin, jenen Horizont, den wir glau-bend Gott nennen. Hierauf kann er sich ein-lassen oder nicht. Diese Verwiesenheit aufdas namenlose Geheimnis unseres Lebensund das Sich-Entscheiden ihm gegenüber,erfahren wir – theologisch gedeutet – alsimmer schon von Gott gegeben, als ´Selbst-mitteilung Gottes im Heiligen Geist´ in dieMitte unseres Lebens hinein. Das ist die Er-fahrung des Geistes, gleichgültig ob einMensch sie so benennt oder nicht, jedem imInnersten gegeben.

... und in den Alltag hinein übersetztDiese Erfahrung ist nichts Abgehobenes. Sieereignet sich mitten in unserem Alltag. Esgibt konkrete Erfahrungen, die uns auf die

wieder gelesen –Karl Rahner

Erfahrungdes Geistes

Karl Rahner

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Erfahrung des Geistes aufmerksam machen.Rahner formuliert Beispiele, 24 an der Zahl:den Menschen, dessen Lebensbilanz nichtausgeglichen ist und der sich dennoch einemsinnvollen Ganzen anvertraut, den, der ohneAbsichten den Nächsten liebt, den, dessenLebensrinnsal ziellos durch das Lebenschlängelt und der trotzdem die Hoffnungnicht aufgibt, denjenigen, der aufbricht ausder Finsternis des Todes in die Verheißungdes Lebens hinein... und er wird nicht müde,diesen Aufbruch als Erfahrung des Geisteszu deuten. Wo das geschieht, da ist der Hei-lige Geist. Da ist Gottes Geist am Werk undda wächst in uns die Sehnsucht, eine Mystikdes Alltags zu leben, Gott im ganz Normalenzu suchen, das immer schon das Nicht-Nor-male ist, mitten im Leben die Grenze von Zeitund Ewigkeit aufzubrechen, uns dem Ge-heimnis zu öffnen, das wir Gott nennen.

Biographische Notiz IIAls Theologe, Glaubender und Seelsorger fin-de ich in der beschriebenen Erfahrung desGeistes eine plausible Antwort auf die ein-gangs gestellten Fragen, sinnvoll Glauben zuleben und zu reflektieren. Doch diese Auf-fassung, Geisterfahrungen aus der Erfahrungdes Alltags heraus wahrzunehmen, zieht inspäteren Stationen meines Lebens praktischeund theologische Konsequenzen nach sich:

– Da begegne ich als Seelsorger Menschen,deren Leid nicht erklärbar ist – dem un-heilbar erkrankten Kind, zerbrochenenLebensentwürfen, schuldlos Verarmten –und in mir wächst allmählich, dass hier das

Antlitz des gekreuzigten und verlassenenGottes aufscheint und die einzig redlicheAntwort der Schrei des Gekreuzigten ist:„Warum hast du mich verlassen?“

– Da begleite ich Menschen in ihrem Beruf.Kann eine Mystik des Alltags gelingen, woeiner müde und ausgelaugt ist von denPflichten des Alltags und der Arbeit? Mussich nicht auch eine Spiritualität des Schei-terns und des Überdrusses entwickeln, woder Erfolg sich nicht einstellt?

– Da arbeite ich als kirchlicher Organisa-tionsentwickler mit Menschen zusammen,die den Abbruch des Gewohnten erlebenund denen doch der Aufbruch am Herzenliegt. Gegen allen Zweifel setzen sie sichfür eine Entwicklung der Kirche ein. Sindihre Fähigkeiten nicht Gaben des Geistes?Ist der mühsame Prozess des Suchens,Entscheidens und Ausprobierens nicht eineSuche nach der Unterscheidung der Gei-ster? Muss ich nicht eine Theologie der Ver-änderung entwickeln, wo einer Kirche imExil erlebt und nicht im Lande der Verhei-ßung?

Beispiele, die ich als Erfahrungen des Gei-stes deuten kann, aber auch Erfahrungen, diemich weitergeführt haben und zwangen,theologisch weiter zu denken. „Wo...“, sagteRahner. Gebe ich diesem „Wo“ Raum, bre-che ich auf, auch in meiner Einsicht, dassGott in meinem Leben da ist.

Peter AbelDr. theol. Leiter der Arbeitsstelle für theologische und pa-storale Fortbildung in der Diözese Hildesheim.

Joseph und Jussuf – in Islam, AT und Literatur

Islam im Spiegel der WeltliteraturmitProf. Dr. Hartmut BobzinProf. Dr. Johann Christoph BürgelProf. Dr. Karl-Josef KuschelProf. Dr. Hans Christoph Schmittund Roman Bunka

9. – 11. März 2007Burg Rothenfels am Main

Seminar-termin2007

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„Ich trug an einem sonnigen Tag ein Kind inlangem weissen Kleid zur Taufe. Der Weg zurKirche führte einen steilen Berg hinauf. Aberfest und sicher trug ich das Kind in meinenArmen. Da plötzlich war vor mir eine Glet-scherspalte. Ich hatte gerade noch so viel Zeit,das Kind auf der anderen Seite niederzulegen– dann stürzte ich in die Tiefe.“

Traum Sophie Scholls in ihrer letztenNacht. In: Wir schweigen nicht. Die Ge-schwister Scholl und ihre Freunde. DritteAuflage, Berlin 1977, S. 54 f.

Es war im Herbst 1986. Wir studierten imzweiten Studienjahr Theologie an der Mar-tin-Luther-Universität Halle/Wittenberg.Und die Zeit war gekommen, wo wir als Stu-denten an einer staatlichen Universität derDDR für sechs Wochen am obligatorischenZivilverteidigungslager teilnehmen mussten.Doch wollten und konnten wir das? Schließ-lich waren mehrere von uns auch deshalbunter den Theologen gelandet, weil sie denWehrunterricht an den Schulen beziehungs-weise den Wehrdienst mit der Waffe verwei-gert hatten. Wie also sollten wir vor uns selbstrechtfertigen, dass wir nun doch ins Vertei-digungslager fuhren? Diese uns ernsthaft be-drängende Frage löste heftige Diskussionenin der Seminargruppe aus.Ja, das Verhältnis von Theologie und Lebenbrauchten wir nicht erst an den Haaren her-beizuziehen. Es saß uns unter der Haut, präg-te unsere Biographien und forderte immerwieder dazu heraus, verstellten Wegen krea-tives Handeln entgegenzusetzen. Als es da-mals für uns darum ging, uns für oder gegendie Teilnahme am Zivilverteidigungslager zuentscheiden, einigten wir uns schließlich auffolgende Weise: „Wir fahren mit – aber neh-men dies zum Anlass, ein deutliches Zeichenunseres Anders-Denkens zu setzen.“ Diesesdeutliche Zeichen sollte in einer als Kombi-nation von Vortrag und Laientheater gedach-ten Vorstellung über den Widerstand derGeschwister Scholl und ihrer Freunde beste-hen. Die Lagerleitung genehmigte diesesVorhaben als Beitrag zum Kulturprogramm

und gewährleistete uns damit eine alle Fa-kultäten erreichende Öffentlichkeit. Damitbegannen wir ein intensives Studium der Do-kumentationen über den Widerstand derWeißen Rose. Die Tagebuchaufzeichnungen,Briefe und Flugzettel dieser Münchener Stu-dentengruppe war eine eigene Art christli-cher Literatur für uns, deren Faszinations-kraft vor allem auf der Bezeugung eines bisin die äußersten Konsequenzen gelebtenGlaubens beruhte. Wir lebten uns ein in dieGedanken von Sophie und Hans Scholl, vonWilli Graf, Alexander Schmorell, ChristophProbst und Professor Huber, deren Kampf un-ter entschieden schwereren Bedingungenstattgefunden hatte. Während wir unifor-miert durchs Lager marschierten, memorier-ten wir ganze Abschnitte aus ihren Briefenund Tagebüchern. Vielleicht ist es nicht ein-mal angemessen, von einer Faszinationskraftdieser Texte zu sprechen. Ein konsequentesZeugnis strahlt mehr aus. Es gewinnt seineTiefe nicht nur aus den formulierten Wor-ten, sondern vor allem aus dem dahinterste-henden Leben. Wir jedenfalls ließen uns er-mutigen von der Tatkraft der Weißen Rose,und in unserer Jugendlichkeit scheuten wirauch nicht davor zurück, uns den Geschwi-stern Scholl und ihren Freunden in Gedan-ken an die Seite zu stellen.

Heute, zwanzig Jahre später, würde ich michdiesen Zeugnissen weit bescheidener nä-hern. Auch muss ich mich fragen, ob dieserBericht von einer gemeinsamen Aneignungder Texte von allen Beteiligten tatsächlich soerlebt wurde. Wer weiß, womöglich würdeder eine oder andere Kommilitone sich ge-gen eine solche Vereinnahmung sogar weh-ren. Unbestreitbar aber bleibt, dass unsereaktive Lektüre über den Widerstand derWeißen Rose gebunden war an die Zeit, mitder wir uns auseinanderzusetzen hatten –und diese Auseinandersetzung war ein ge-meinsames Anliegen.

Wenn ich heute dieselben Bücher hervorho-le und meine alten Unterstreichungen wie-derfinde, so würde ich auch heute noch die-selben Sätze wählen. Doch ich lerne sie nichtmehr auswendig, ich trage sie nicht mehr beimir, ich lebe mich nicht mehr ein in Vergan-

wieder gelesen –Sophie Scholl

Traum vomVerheißenen

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genes. Sophie Scholls letzter Traum – vomKind, das sie gerade noch sicher auf der an-deren Seite ablegen konnte, bevor sie selbstniederstürzte – aber ist mir weiterhin einebewegende Über-Setzung des Bleibens vonGlaube, Hoffnung und Liebe. Sophie hat ih-ren Mitgefangenen diesen Traum selbst ge-deutet: „Das Kind ist unsere Idee, sie wirdsich trotz aller Hindernisse durchsetzen. Wirdurften Wegbereiter sein, müssen aber zu-vor für sie sterben“ (a.a.O. S. 55). Viele Grün-de lassen sich dafür finden, dass dieserTraum von einem lebendigen, warmen Kindin das Bild einer Idee umgedeutet wurde. So-phie kannte und liebte beides: das Zusam-mensein mit Kindern, wovon sie in ihrenBriefen fröhlich schrieb und die Überzeu-gungskraft wahrhaftigen Denkens.

Fast selbst noch ein Kind wurde sie am 22.Februar 1943 hingerichtet. Von dem letztenBesuch der Eltern bei Hans und Sophie gibtes Berichte, die neben der Furchtlosigkeit

und Gelassenheit beider Scholls auch den fol-genden Abschiedsdialog erwähnen: „Nocheinmal sagte die Mutter [...]: ‚Gelt, Sophie: Je-sus!‘ Ernst, fest und fast befehlend gab So-phie zurück: ‚Ja, aber du auch!‘ „ (a.a.O. S. 50).Die Idee, von der Sophie zu ihren Mitgefan-genen sprach, blieb für sie immer verbundenmit der biblischen Botschaft. So lässt ihr letz-ter Traum mich daran denken, dass die Ver-heißungen Gottes seit den Tagen Abrahamsan die Geburt und Rettung eines Kindes ge-bunden waren. Eine Verheißung aber ist einVersprechen, das sich durch den besonderenWert des Versprochenen auszeichnet. ImSich-Verlassen auf dieses Versprechen wirddie Unvorhersehbarkeit des Kommenden so-weit bewältigt, dass der Mensch sich selbstund anderen vertrauen kann. Sophie SchollsAufzeichnung aber zeugt noch heute von derVerletzbarkeit, die das Verheißene wesentlichprägt, wenn es denn echt sein soll.

Dorothea GlöcknerDr. theol, Evangelische Pastorin in Kopenhagen

Les Bras du RoyBarocktanz mit Hand und Fuß

2. – 4. Februar 2007Burg Rothenfels am Main

Referentinnen:BEATE KNOBLOCH entdeckte ihre Liebe zum HistorischenTanz während ihres Blockflötenstudiums an der Hochschule fürMusik in Würzburg. Hier bekam sie wichtige Impulse von ihrer

ersten Lehrerin Lenchen Busch. Ihre weitere Ausbildung erhielt sie u.a. von E. Schneiter,M. Lehner, A. Francalanci, D.C. Colonna, B. Segal und B.Niedecken.

Neben ihrer Konzerttätigkeit erfüllt sie Lehraufträge in St. Gallen und an der Musik-hochschule Würzburg und ist außerdem als Leiterin von Kursen tätig.

ANDREA BAUR studierte Blockflöte und Laute an der Würzburger Musikhochschule,an der sie auch ihre Ausbildung im Bereich Historischer Tanz bei Lenchen Busch er-hielt. Es folgten Aufbaustudien am Institut für Alte Musik Trossingen im Fach Lautebei Rolf Lislevand.

Die Lautenistin ist als Solistin sowie als Mitglied mehrerer Kammermusikensembleseuropaweit tätig. Ihre Begleitertätigkeit schließt auch die musikalische Gestaltung vonTanzkursen und -konzerten ein.

Seminar-termin2007

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„Für den Christen, der wahr-haft Christus angehört, ist Je-sus gerade jener andere, des-sen er am meisten bedarf, umsein ganzes Leben lang dieHingabe an die religiöse Su-che durchhalten zu können.Durch Jesus erkennt er sichselbst. Und mehr noch alsdurch sein Beispiel und sogarmehr als durch seine mündli-che Unterweisung führt Jesusdurch das, was er gewesen ist,seinen Jünger in die Freiheit,in die Unbekümmertheit, die er grundsätzlichbraucht, um klar und aufrecht seinen Weggehen zu können.“

Marcel Légaut, Glaube, der mich trägt.Einsicht und Bekenntnis, Freiburg 3. Auf-lage 1974, S. 64

Ein Glaube, der mehr ist als die Anerkennungvon Glaubens-Wahrheiten, Katechismus-Lehrsätzen und Dogmen, mehr auch als einGeborgensein in Traditionen, Riten und For-men; Glaube als Frucht eines persönlichenund ganz individuellen Erfahrungswegs, ei-ner engagierten spirituellen Suche; und eineKirche, die nicht autoritativ vorschreibt undbefiehlt, sondern in die Nachfolge Jesu ruftund Weggemeinschaft bildet – Glaube alsSuche, Glaube als Weg: das zog mich an undfaszinierte mich.

Die Schaufenster theologischer Buchhand-lungen waren damals, in der Mitte der sieb-ziger Jahre des vergangenen Jahrhundertsals ich Theologie studierte, voll von den Bü-chern des Franzosen, dessen meist lächeln-des, Lebenserfahrung und Ernst, aber auchgelöste Zuversicht ausstrahlendes Gesichtsämtliche Bände ziert.

Natürlich war es auch der ungewöhnliche,Mut und Authentizität verratende LebenswegMarcel Légauts, der nicht nur mich beein-druckte: ein Mathematik-Professor, der mit40 Jahren seinen Beruf aufgibt, sich auf ei-

nen Bauernhof in den Südalpen Frankreichszurückzieht, dort Schafe züchtet – und nachmehr als 20 Jahren mit den Ergebnissen sei-ner Reflexion, seiner Glaubens- und Lebens-erfahrung an die Öffentlichkeit tritt.

Da war einer, der es gewagt hatte, einen un-konventionellen, aber persönlich stimmigenLebensweg zu gehen und selbständig zu den-ken, und der nun seine Einsichten in einerungewohnten, nicht einfachen, aber ebeneigenes Denken offenbarenden Sprache mit-teilte. (Heute beim Wiederlesen würde ichmir vieles lebendiger und vor allem konkre-ter und weniger abstrakt wünschen; damalsfaszinierte mich gerade die Geheimnishaf-tigkeit der ganz auf das Grundsätzliche zie-lenden Sprache.)

Er lehrte mich, mein religiöses Suchen undFragen und meine menschliche Entwicklungund Entfaltung als zusammengehörig zu se-hen; er ermutigte mich dazu oder bestärktemich zumindest darin, auch selbst eigeneWege zu gehen. Und nicht zuletzt gab seineVision einer Kirche, die sich von einer „Au-toritätsreligion“ in eine „Religion des Anrufs“1

wandelt, meinem Glauben und vor allemauch meinem Sein in der Kirche Perspektiveund Hoffnung.

Ich hatte Marcel Légaut nahezu vergessen –konkrete berufliche Anforderungen, politi-sches Interesse und Engagement im und fürden Konziliaren Prozess für Frieden, Gerech-

wieder gelesen –Marcel Légaut

wahrhaftChristus angehören

Marcel Légaut

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tigkeit und Bewahrung der Schöpfung, mei-ne Beschäftigung mit Romano Guardini undvieles mehr ließen die Erinnerung an ihn inden Hintergrund treten – da entdeckte ich voreinigen Jahren ganz zufällig ein kleinesBändchen von Marcel Légaut mit einerSammlung aus tiefer Reflexion geborenerGebete2: Ich war wie elektrisiert durch dieseunerwartete Wiederentdeckung.

Aber erst bei der Arbeit an diesem Beitrag istmir bewusst geworden, wie sehr seine Ge-danken meine Art zu glauben und wohl auchmeinen Glaubens- und Lebensweg tatsäch-lich geprägt haben:

Dass ich mich als Krankenhausseelsorgervielen der Kirche fremd gegenüberstehendenMenschen in ihrem oft vagen, aber ehrlichenSuchen, mit ihrem tastenden, aber persönli-chen Glauben näher fühle, als vielen in ei-nem dezidiert kirchlichen Sinn gläubigenMenschen, die sich ihres Glaubens so sichersind; dass ich in diesen Gesprächen Lebens-erfahrungen gebührend würdigen kann; unddass es mir zumindest manchmal gelingt, vonder Beziehung zu Gott und von Inhalten mei-nes Glaubens ohne religiöse Formeln zusprechen: mir scheint, dass Marcel Légautmir hier Türen geöffnet hat.

Im Zusammenhang mit dieser Relecture fra-ge ich mich allerdings auch wieder neu: In-wieweit bin ich tatsächlich auch selbst nochunterwegs auf der Suche nach dem, was Je-sus für mich bedeutet? Verleitet mich viel-leicht gerade meine „Profession“ dazu, diepersönliche Suche aufzugeben und mich mitdem „Status quo“ religiöser Traditionen undKonventionen zufrieden zu geben – bei mirselbst und bei meinen Mitchristen und denMenschen, denen ich begegne?

Wie aber steht es vor allem mit Marcel Lé-gauts Vision einer Kirche, die sich wandeltvon einer Autoritätsreligion, die sich auf dieVerkündigung von Lehren und moralischenWeisungen und auf eine mehr äußerliche Be-folgung von Gesetzen und Traditionen stützt,zu einer „Kirche des Anrufs“, die versucht,ihre Glieder auf den Weg zu einem vertief-ten Menschsein und einem existentiell ge-

lebten persönlichen Glauben und einer le-bendigen Jesus-Beziehung zu führen? Ist dieKirche vorangekommen auf diesem Weg?

Dezentralisierung, kleinere, überschauba-rere Einheiten, Diözesen und Pfarreien, vorallem aber lebendige Zellen des Glaubens,in denen Menschen ihr Leben und ihrenGlauben teilen, sich gegenseitig im Glaubenanregen, stützen und tragen können (und dieauch miteinander Eucharistie feiern!), hatMarcel Légaut gefordert; vor allem aber einepersönliche Bekehrung: vom Christen ausTradition zum wirklichen Jünger Jesu. Sinddie Christen in den vergangenen 30 Jahrenein Stück weit mehr „Jünger Jesu“ gewor-den, „statt nur immer minderjährige Kinderihrer Kirche“3 zu sein?

Familien- oder Hauskreise, Bibelgesprächs-kreise, Exerzitien im Alltag – gemessen anMarcel Légauts Vorstellung von überschau-baren Zellen des Glaubens in den meistenFällen wohl zu wenig verbindlich und auchzeitlich nicht beständig genug – hatten undhaben zweifellos für viele Christen eine gro-ße Bedeutung, haben wesentlich dazu bei-getragen, den Glauben zu vertiefen, Glaubenund Leben zusammenzubringen, waren undsind vielleicht sogar für viele Voraussetzungdafür, dass sie ihren Glauben überhauptdurchhalten konnten in einer Gesellschaft,in der Glaubenstraditionen immer mehr zer-bröckeln. Aber es sind doch auch wenigeMenschen, die dadurch erreicht werden. Wieweit ist kirchliche Realität durch sie geprägt?

Und mehr noch: Es zeigen sich heute kirch-liche und auch gesamtgesellschaftliche Ent-wicklungen, die in eine ganz andere Rich-tung weisen: Nicht die persönliche Suche,sondern die Sicherung und Verbreitung desGlaubenswissens, formuliert in Katechismenund Kompendien, wird als Forderung derStunde gesehen; rituelle Vollzüge finden einneues Interesse; viele verlangen wieder eine

1 Marcel Légaut: Meine Erfahrung mit dem Glauben, Freiburg 1972,S. 214ff.

2 Marcel Légaut: Mensch werden. Gebete, Mainz 2002.3 Marcel Légaut: Meine Erfahrung mit dem Glauben, Freiburg 1972,

S. 252.

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wieder gelesen –Marcel Légaut

stärker objektiv-feierlich gestaltete Liturgie;religiöse und liturgische Events, die nicht denEinzelnen, sondern die Masse ansprechen,finden erstaunlichen Zuspruch.

Ist Marcel Légauts Vision einer Kirche als„Religion des Anrufs“ vielleicht doch zu eli-tär, gar illusorisch? Ich habe tatsächlich heutenoch mehr Respekt als früher vor dem ein-fachen, schlichten Glauben vieler Menschen(innerhalb und außerhalb der Kirche), denenes nie in den Sinn gekommen ist, sich be-wusst auf eine spirituelle „Suche“ zu bege-ben, und in denen doch ein persönlicher,tragfähiger Glaube gewachsen ist – Glaubeverstanden als persönliche Gottesbeziehung,die auch den Belastungen und Dunkelheitendes Lebens standhält. Und doch: Mehr nochals vor 30 Jahren sehe ich Marcel LégautsAnalyse der kirchlichen Situation und seineWegweisungen als prophetischen Impuls –prophetisch nicht im Sinn der Vorhersage,sondern eben im Sinn des (An-)Rufes, derherausführt aus Bequemlichkeit und Lethar-gie, der auf den Weg ruft, auf einen Weg, derZukunft eröffnet und unter Gottes Verhei-ßung steht.

Viele seiner Denkanstöße und Anfragen war-ten noch darauf, auch theologisch aufgegrif-fen zu werden: so zum Beispiel seine mehram Rande ausgesprochen Forderung, das,

was wir unter Vorsehung verstehen, unseremheutigen Gottes- und Weltbild entsprechendzu formulieren, oder seine Gedanken überdas Gebet.

Manches in seinem Denken ist zweifellosauch einseitig, überzogen oder defizitär. DerWert des Individuell-Persönlichen, auch desPrivaten und Subjektiven scheint mir bei ihm– wie ihm das auch schon in den ersten Kri-tiken vorgeworfen wurde – tatsächlich über-betont zu sein gegenüber der Bedeutung desÖffentlichen, des Institutionellen und des Ob-jektiven. Und heute noch deutlicher als beider ersten Lektüre empfinde ich es als wirk-lichen Mangel, dass der Bereich des Politi-schen, insbesondere auch das gesellschaftli-che und politische Engagement des Christenvon ihm ausgeblendet wird. Dass Aktion undKontemplation, Mystik und Politik nicht Ge-gensätze bilden, sondern auf einander ver-weisen: diese Erkenntnis fehlt mir bei Mar-cel Légaut.

Seine – wie ich meine – bleibende Stärke liegtdarin, in die Innerlichkeit zu führen, zu ei-ner größeren spirituellen Lebendigkeit, zu ei-nem volleren und bewussteren Menschsein,das auf Gott, und zu einem lebendigerenGlauben, der auf die Aufgabe der Mensch-werdung verweist.

Reinhard HaubenthalerDr. theol., Klinikseelsorger in der Diözese München

Christian HeidrichAuf der Suche nach der GlutEssays zum Evangelium

Verlag Herder 2006Format: 13.9 x 21,4 cm, 256 Seiten,Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebande 19,90 ISBN 3-451-29224-6, ISBN: 978-3-451-29224-8

konturenempfiehlt Bücher

Christian Heidrich schreibt biblische Essays: Sie sind lebendig, manch-mal launisch. Sie sind literarisch, das heißt gut verständlich, ohne theolo-gische Binnensprache, abseits allzu bekannter Predigt-Tonlagen – auf derSuche nach der Glut des Lebens, deren Feuer die biblische Botschaft an-fachen will. In diesem Buch sind seine schönsten biblischen Betrachtun-gen nach dem Gang des Kirchenjahres in Monatskapiteln zusammenge-stellt.

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„Immerhin, dieser kranke,zarte Mann hat unvorstellba-re physische Belastungen zuertragen vermocht (vgl.2.Kor. 11,23ff.) und in weni-ger als einem einzigen Jahr-zehnt zu allem anderen, wasihm oblag, mehrmals unterschwierigsten Bedingungendie östliche Reichshälfte desRömischen Imperiums durch-zogen und lebensfähige Ge-meinden in Kleinasien,Macedonien und Griechen-land gegründet, ja Rom undden Westen bis nach Spanienin seine Pläne einbezogen.Erst recht aber durchdringendie Gedanken seiner Bot-schaft Dimensionen von ei-nem unvergleichlichen, bisheute unbewältigten Ausmaß.Kein Wunder, dass vielen anseinen bis an den Rand mitschwerem Gedankengut be-frachteten Briefen der Atem ausgeht und man-cher, der sich auf seine Botschaft einlässt, sichvorkommen muss wie ein Wanderer in einerschwindelerregenden Bergwelt mit steilen,umwölkten Gipfeln, so dass er oft nicht weiß,wie er folgen und durchhalten soll.“

Günther Bornkamm, Paulus,Stuttgart 5. Auflage 1983, 24

Niemals zuvor und womöglich auch niemalsspäter habe ich den Atem der neutestament-lichen Wissenschaft so frisch und überzeu-gend verspürt. Ich war Anfang zwanzig, wohlim dritten Semester des Studiums der katho-lischen Theologie, als ich Günther Born-kamms „Paulus“ entdeckte. „Keine andereGestalt des Urchristentums steht so wie Pau-lus im hellen Licht, aber auch im Zwielichtder Geschichte.“ Mit dieser dramatischenKunde setzt der Heidelberger Exeget ein, undetwas von dieser Tonlage lässt sich auf denmeisten Seiten des Werkes wahrnehmen.Dabei ist die ursprünglich im Jahre 1969 ver-

öffentlichte Studie eine Frucht der „histo-risch-kritischen“ Methode, die auf minutiö-se Textuntersuchung und nachvollziehbareTradierungsabfolgen setzt, nicht auf Pathosoder Predigttauglichkeit. Für Günther Born-kamm aber behält der Mann aus Tarsus biszum Schluss einen gehörigen Rest an unfass-barer Größe und Rätselhaftigkeit. Daran kön-nen alle Finessen der neuzeitlichen Exegesenichts ändern. Es ist wohl gerade dieses Ein-geständnis inmitten einer Fülle überzeugen-der Einsichten, das der Studie ihre Spannungund Lesbarkeit verleiht.

In der „Einführung“ werden die Weichengestellt. Es geht um die Quellen, um „Paulusin seinen Briefen und in der Apostelgeschich-te“. Bornkamm setzt entschieden auf die Er-kenntnis, dass es nicht die breiten biographi-schen Ströme der Apostelgeschichte sind, dieuns auf die richtige Fährte setzen. „Diesertraditionellen Praxis können wir heute aufGrund der neueren Forschung nicht mehrfolgen.“ Da ist nicht nur der zeitliche Abstand

wieder gelesen –Günther Bornkamm

In tönernen Gefäßen– der Schatz

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wieder gelesen –Günther Bornkamm

von mehr als vier Jahrzehnten, da ist vor al-lem auch die gewandelte Situation in denchristlichen Gemeinden, die neue Fragenaufwirft und neue Antworten erfordert. FürBornkamm spiegelt der Autor der Acta Apos-tolorum, so exemplarisch in den 24 Reden,eher die Situation seiner Zeit wider als dieEpoche des Paulus. Und auch theologischergeben sich grobe Differenzen. „Lukasschildert auch den Christen und MissionarPaulus noch mit allem Nachdruck als über-zeugten Pharisäer (...). Ganz anders der wirk-liche Paulus, der, wie besonders im Philip-perbrief deutlich wird, seinen einstigen pha-risäischen Eifer um die Gerechtigkeit aus denWerken des Gesetzes preisgegeben und für‚Schaden‘ und ‚Dreck‘ erachtet hat, um dasHeil allein im Glauben an Christus zu finden(Phil. 3,5ff.).“ In seiner Entfaltung der pau-linischen Lebensgeschichte und Theologiestützt sich Bornkamm deshalb primär auf dieBriefe des Paulus, von denen er acht als„echt“ anerkennt. „Aus der missionarischenArbeit des Apostels erwachsen und in derAbsicht geschrieben, diese Arbeit aus der Fer-ne fortzusetzen, sind die Briefe des Pauluszur ältesten Gattung des urchristlichenSchrifttums geworden, der aus der Literaturdes Altertums sich nichts Vergleichbares andie Seite stellen lässt.“

Bornkamms einführendes Kapitel, eine ve-ritable Ouvertüre, hat mich von der erstenSeite an gepackt und überzeugt. Mag dort die„historisch-kritische“ Methode der strengen,der „protestantischen“ Observanz gebotenworden sein, mag dort manch Urteil vorkom-men, das unter den Fachexegeten bis zumheutigen Tag umstritten ist – dem damaligenAnfänger leuchtete der Ansatz ein. Vielfachbestimmte er den späteren Blick auf die bib-lischen Schriften.

Und auch der erste große Teil der Studie,„Leben und Wirken“ des Paulus, übte einenachhaltige Wirkung. Souverän und umfas-send ist Bornkamms Darstellung der jüdi-schen Herkunft und Umwelt, der paulini-schen Vita vor und nach Damaskus, selbst-verständlich auch der Lebenswende selbst.Eine ganze Reihe der dort aufgeführten topoilässt auch heute noch nicht in Ruhe. Das Un-

durchdringliche der „Bekehrung und Beru-fung“ selbst, das wohl den Grund legte zumeiner späteren Beschäftigung mit Konver-titen. Aber auch Einzelfragen, wie die Tatsa-che, dass Paulus nach seiner Kehre einein-halb Jahrzehnte (!) lang als Missionar fern-ab von Jerusalem wirkte, in Arabia seine er-sten Versuche unternahm, das Evangeliumzu verkünden. Diese Zeit umfasst etwa dasDreifache der späteren Jahre, aus denen diepaulinischen Briefe stammen – und geradeüber diese Periode, so dicht an Damaskus,weiß die Wissenschaft kaum Sicheres zu be-richten. Behutsam formuliert der Exeget imBlick auf die knappen Andeutungen der Brie-fe und der Acta: „Wir haben darum anzuneh-men, auch wenn es nicht ausdrücklich ge-sagt ist, dass Paulus in diesem Gebiet desheutigen Staates Jordanien bereits das Evan-gelium verkündigt hat. Nennenswerte Erfol-ge sind ihm freilich dort offenbar versagt ge-blieben. Er selbst kann von keiner Gemein-degründung berichten, und sicher nicht zu-fällig weiß die Apostelgeschichte von dieserersten Missionszeit nichts mehr.“ Dieses Zö-gern, das Ignoramus et Ignorabimus, er-schien und erscheint mir so verstörend wieredlich. Zugleich ist es weit mehr als das Ein-geständnis eines Schriftgelehrten, der an ei-nem spezifischen Punkt nicht wirklich wei-terkommt. Es ist das Signum der Theologie,der historischen wie der systematischen, dassihr beharrliches Fragen nur Stückwerk zu-tage fördert, der Fragende im besten Fallegeistreiche Bruchstücke in seinen Händenhält. Paulus selbst war ein Virtuose in derEntfaltung dieser Einsicht. „Jetzt schauen wirin einen Spiegel und sehen nur rätselhafteUmrisse...“, heißt es an einer wirkungs-mächtigen Stelle (1. Kor. 13,12) Mit demKlang dieses Wortes wie mit seiner Fortset-zung wird früher oder später jeder Theolo-ge, jeder ernsthaft Suchende, konfrontiert.

Im zweiten Hauptteil, in „Botschaft und Theo-logie“, wird es in der Tat theologischer, auchprotestantischer. Bornkamm lässt keinenZweifel daran, dass für ihn in der Lehre vonder Rechtfertigung allein aus dem Glaubendie Mitte der paulinischen Theologie erreichtist. Mag die Verkündigung des „irdischenJesus“ andere Spuren gelegt haben, mag

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auch die „Christusbotschaft der Urgemein-de“ bei ihren sonstigen Vertretern nie zusolch schwindelerregenden reflexiven Hö-hen gefunden haben – für die Theologie desMannes aus Tarsus ist diese Lehre zentral.„Sie hat dem Apostel nicht nur von seiten desJudentums Todfeindschaft eingetragen, son-dern ihn ebenso in der Christenheit seinerZeit in Verruf gebracht und zum Fremdlinggemacht. Und doch ist er durch sie zum Apo-stel der Völker geworden und hat nicht nurdie Lösung des Christentums vom Judentumheraufgeführt, sondern auch die Einheit derKirche aus Juden und Heiden erst eigentlichtheologisch begründet.“

Sehr präzise buchstabiert Bornkamm dieGrundworte der christlichen Theologie desehemaligen Pharisäers aus, erklärt dem Le-ser den dramatischen Blick des Paulus aufden Menschen und die Welt „in ihrer Verlo-renheit“, auf das „Heilsgeschehen“ und die

Erinnerung,Emotion undExzessFestkultur im Umbruch

19. – 21. März 2007

Burg Rothenfelsam Main

VeranstalterDie Tagung wird veranstaltet vomVerein „Kultur – Liturgie – Spirituali-tät. Interdisziplinäre Vereinigung zurwissenschaftlichen Erforschung undErschließung des christlichen Gottes-dienstes“ in Zusammenarbeit mitdem Seminar für Liturgiewissen-schaft (FB 01) der Johannes-Guten-berg-Universität Mainz

„Gegenwart des Heils“, entfaltet auch seineEschatologie und Ethik. Dass die Theologiedes Paulus in nicht unwesentlichen Teileneine „Zumutung“ darstellt, ist dem Verfasserklar. Nicht zufällig schließt seine Studie miteinem Blick auf „Paulus und Jesus“, mit derimmergrünen Frage also nach Kontinuitätund Diskontinuität. Und doch wissen Verfas-ser wie Leser, dass es ohne diese Zumutungnicht geht und dass die Beschäftigung mitPaulus einen unverzichtbaren Grundkurs deschristlichen Glaubens ausmacht. „Mit seinenEcken und Kanten sprengt er Klischee undRahmen jedes Heiligenbildes. Nichts ande-res aber wird in alledem sichtbar als dieWahrheit seines eigenen Wortes: ‚Wir habenaber diesen Schatz in tönernen Gefäßen‘ (2.Kor. 4,7). Eins ist so wahr wie das andere: intönernen Gefäßen – den Schatz.“

Christian HeidrichDr. theol., Theologe und Publizist

Seminar-termin2007

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Dietrich Bonhoeffers Briefvom 30.4.1944 aus derHaft in Berlin-Tegel anseinen Freund EberhardBethge1

Bonhoeffers Brief vom30.4.1944 ist der programma-tische Ausdruck einer neuentheologischen Suchbewe-gung, die er noch in der Ge-fängniszelle von Berlin-Tegeletwa ein Jahr nach seinerVerhaftung am 5.4.1943 be-gann.2

„Was mich heute unablässigbewegt, ist die Frage, was dasChristentum oder auch wer Christus heute füruns eigentlich ist. Die Zeit, in der man alles denMenschen durch Worte – seien es theologischeoder fromme Worte – sagen könnte, ist vorüber;ebenso die Zeit der Innerlichkeit und des Ge-wissens, und das heißt eben die Zeit der Religi-on überhaupt. Wir gehen einer völlig religions-losen Zeit entgegen; die Menschen können ein-fach, so wie sie nun einmal sind, nicht mehrreligiös sein (WE 132). Wie kann Christus derHerr auch der Religionslosen werden? Gibt esreligionslose Christen? (...) Wie sprechen wirvon Gott – ohne Religion, d.h. eben ohne diezeitbedingten Voraussetzungen der Metaphysik,der Innerlichkeit etc. etc.?“ (WE 133)

Bonhoeffers Briefe aus der Haft wurden mirvor gut zwanzig Jahren im ersten Semestermeines Theologiestudiums zugemutet. Einsystematischer Grundkurs sollte uns überBonhoeffers Projekt einer „religionslosen In-terpretation“ des Christentums in das Studi-

um der Theologie einfüh-ren. Neben den Briefenwurde uns Anfängerin-nen und Anfängern auchBonhoeffers „Entwurf ei-ner Arbeit“3, eine Skizzezur zeitgenössischen La-ge des christlichen Glau-bens, zur weiteren Ausar-beitung anempfohlen.

Die Briefe und Aufzeich-nungen aus der Haft ha-ben für mich bis heutenichts von ihrer damali-gen Faszinationskraft ver-loren, auch wenn ich vie-le der in ihnen angespro-chenen Themen heute ineinem anderen Lichtsehe. Dem theologischen

Anfänger wurde an den Briefen die Bedeu-tung des (Lebens-)Ortes für das Theologie-treiben deutlich: In einer Situation ständigerLebensbedrohtheit gewinnt Bonhoeffers Stildes Theologisierens etwas ungeheuer Ele-mentares und Gedrängtes. Die fundamenta-len Fragen der Theologie werden auf demHintergrund der eigenen dramatischen Er-fahrungen von Widerstand und Ohnmachtquasi von vorn und wieder neu gestellt.

Das Fragmentarische und Suchende in Bon-hoeffers Briefstil machte mir deutlich, dassTheologie nicht wie andere Wissenschaftenals „System“ abgeschlossen werden kann. Siekann sich gegen historische Umbrüche undbiographische Widerfahrnisse weder immu-nisieren, noch kann sie sie in ihrer eigenenReflexion unbeachtet lassen. Die Intensitätdes Bonhoefferschen Fragens verbot jede Arteines bloß distanziert historischen Umgangsmit seinen Texten. Sie wollten und musstenals ein Vermächtnis gelesen werden.

Schließlich machten die Briefe wie in einemBrennglas deutlich, wie sehr die eigene Le-benspraxis und der eigene Lebensentwurfeines Theologen/einer Theologin mit demGegenstand seiner/ihrer Wissenschaft ver-flochten sind. Eine realistische Analyse dereigenen Zeit- und Lebensumstände sowie

1 Auszüge der Briefe an Eberhard Bethge vom 18.11.1943 bis zum23.8.1944 sind in den vom Adressaten herausgegebenen Band, Diet-rich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnun-gen aus der Haft, Gütersloh 1983 S. 12 eingegangen. Zitiert wird nachdiesem Band mit dem Kürzel „WE“ und Angabe der Seitenzahl.

2 Vgl. dazu den „Exkurs“ von Bethge, Eberhard, Dietrich Bonhoeffer.Eine Biographie, München 19948 , S. 958 – 1000.

3 Vgl. Bonhoeffer, WE 190 – 193.

wieder gelesen –Dietrich Bonhoeffer

Gibt es religionsloseChristen?

Dietrich Bonhoeffer

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eine engagierte Zeitgenossenschaft ergabensich aus Bonhoeffers theologische Option fürdie „vorletzten Dinge“, die sich nicht zuletzteiner intensiven Auseinandersetzung mitdem Alten Testament verdankte. Der Opti-mismus, mit dem Bonhoeffer in seinem letz-ten Lebensjahr Phänomene von Säkularitätund Moderne in seinen theologischen Ent-wurf aufnahm, übertrug sich auf den Leserseiner Briefe. Sie waren zugleich Zeugniseines lebenstauglichen Glaubens, der demAutor auch noch im vordergründigen Schei-tern gegenüber den Repressionen eines men-schenverachtenden Regimes Würde, Tatkraftund Hoffnung verlieh.

Der Versuch, Bonhoeffers fragmentarischeEntwürfe und theologische Suchbewegun-gen am Ende seines (viel zu kurzen) Lebensals eine Art Einstieg in die theologische Aus-bildung zu wählen, schien mir im Rückblickmanchmal wagemutig, ja vermessen undzwar sowohl wegen der Größe des Gegen-standes als auch aus Respekt vor der Personund dem Werk Dietrich Bonhoeffers.

In der programmatischen Vermittlung seinerTheologie schwang sicherlich auch einigesan politischem, vielleicht sogar an ideologi-schem Pathos mit, dem ich heute reserviertgegenüber stehe. Die Auseinandersetzungmit Bonhoeffer war getragen von dem(Selbst-)Bewusstsein, „moderne“ Theologiezu treiben, die sich von einer noch nicht nä-her bekannten „traditionellen“ Theologie ab-setzte. Manch einem genügte wohl auch diebloße Emphase des Fragments. Man glaub-te, mit Hinweis auf die eigene Biografie alsOrt der Theologie sich die Anstrengung desBegriffs ersparen zu können und schürte Res-sentiments gegen eine gründliche systema-tische Reflexion, wie sie eher in der „tradi-tionellen“ Theologie beheimatet zu seinschien.

Gleichwohl geben mir die Texte Bonhoeffersbis heute zahlreiche wertvolle Anstöße, für

eine immer wieder neu zu bedenkende Orts-bestimmung von Theologie und Kirche in derModerne. Dass diese Ortsbestimmung sichnicht nur reflexiv und akademisch zu verge-wissern, sondern ihre Verantwortung in kon-kreten lebensweltlichen Bezügen zu suchenhat, ist noch immer am Lebensweg DietrichBonhoeffers vom Christen zum Zeitgenossenzu lernen. Die Frage, wie und an wessenGeschick der Christ auch jenseits von Theo-logie und Kirche teilhat, bleibt gerade in Zei-ten, in denen eine öffentliche Debatte überdie Rolle der Religion(en) in der Gesellschaftvehement geführt wird, hochaktuell.

Damit komme ich zum Thema des Briefesvom 30.4.1944. Die Zeit der Religion(en)scheint keineswegs vorüber, ja sie scheint im21. Jahrhundert erst angebrochen zu sein.Macht Bonhoeffers Rede von „einer völligreligionslosen Zeit“ heute noch Sinn? Sie istangesichts einer unüberschaubaren „Wie-derkehr“ unterschiedlichster religiöser Phä-nomene sicher zu korrigieren und zu diffe-renzieren. Dass es neben einer Wiederkehrder Religion(en) auch echte Religionslosig-keit gibt, sollte dabei nicht vergessen wer-den.4

Kann damit sein Projekt einer „religionslo-sen Interpretation“ des Christentums, daseiner weltlichen Gottesrede zugrunde liegt,auch zu den theologiegeschichtlichen Aktengelegt werden? Ist dieses Projekt obsolut ge-worden angesichts einer vielleicht auchproblematischen Selbstsäkularisierung derKirchen?

Ich meine nicht. Zwar lese ich BonhoeffersEntwürfe heute weniger als religionskriti-sches Programm. Sein Grundanliegen aber,die Welt als theologischen Ort zu begreifen,die Transzendenz Gottes mitten im Diesseits(„Gott ist mitten in unserem Leben jenseitig“,WE 135) und damit am Mitmenschen selbstzu erfahren, bleibt für die theologische Re-flexion wie für die gläubige Praxis der Chri-sten eine wichtige Aufgabe. Er macht michdarauf aufmerksam, dass Gott eben nicht nuran den Bruchlinien der Biografien zuständigist, sondern auch da, wo menschliches Le-ben gelingt und Erfolge feiert.

4 Vgl. Eberhard Tiefensee, Homo areligiosus. Eine relativ junge undnoch regional begrenzte Species, in: Lebendiges Zeugnis 56 (2001),S. 188 – 203

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Unzeitgemäß erscheint Bonhoeffers „religi-onslose Interpretation“ des Christentumszunächst, wenn heute besondere religiöseErfahrungen und sakrale Räume als bevor-zugte Orte der Glaubenskommunikationwieder an Bedeutung gewinnen. Er hätte füreine Zukunft des Christentums wohl weni-ger auf Vollzüge der Innerlichkeit oder reli-giöse Events, sondern eher auf die diakoni-sche Seite des Christentums gesetzt. SeinKulturoptimismus, an dem er trotz der poli-tischen Ohnmacht des damaligen Kultur-bürgertums zwischen 1933 und 1945 bis zum

Schluss festhielt, ist heute gefragt, wenn Re-ligion eher als seichtes Wellnessprogrammdaherkommt oder, gerade umgekehrt, eheraggressiv als modernitätskritische Gegenkul-tur zur westeuropäisch geprägten Säkularitätin Stellung gebracht wird.

Auch heute würde ich die Theologie wiedermit den Fragen, die Bonhoeffer 1944 stellte,beginnen wollen.

Frank Meier-HamidiDr. theol., Dozent an der Katholischen Akademie FranzHitze Haus Münster

wieder gelesen –Dietrich Bonhoeffer

SizilianischeNächteSüditalienische Tänzedes Cinquecento

20. – 22. April 2007

Burg Rothenfelsam Main

Referenten:MARKUS LEHNER studierte historischen Tanz beiLenchen Busch, Barbara Sparti, Julia Sutton, DedaColonna, Lieven Baert, u.a. und wirkte bei zahlrei-chen Aufführungen mit. Seit 1984 unterrichtet erhistorischen Tanz mit dem Schwerpunkt Renais-

sance. Seine Tätigkeit im Bereich der Tanzforschung führte 1997 zur Veröffentlichungdes „Manual of Sixteenth-century Dance Steps in Italy“. Seit 1995 bietet er auch regel-mäßig Seminare an, die sich besonders mit der Rekonstruktion von historischen Tän-zen befassen. 2004 organisierte er das 1. Rothenfelser Tanzsymposion „Morgenöte desBarock“ – Tanz im 17. Jahrhundert.

ANGELIKA OERTEL-BEUSE studierte Laute an der Musikhochschule Würzburg beiProf. Dieter Kirsch und an der Schola Cantorum Basiliensis in Basel bei HopkinsonSmith. Historischen Tanz lernte sie bei Lenchen Busch, die sie auf zahlreichen Tanz-seminaren und -konzerten als Lautenistin begleitete. Sie sammelte vielfältige Erfah-rung als Tänzerin, Tanzlehrerin und Tanzmusikerin. Neben ihrer internationalenKonzerttätigkeit sei ihre CD-Einspielung „Dolce Amoroso Foco“ – italienische Tänzevon Caroso und Negri“ besonders erwähnt.

Seminar-termin

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Bernhard WeltesAuseinandersetzung mitdem Atheismus

„Was aber soll das sein, wasnicht Seiendes ist und alsoüberhaupt nicht ,ist’? Etwanichts? Nichts im Sinne einerleeren Nichtigkeit scheint esauch nicht zu sein. Dennkönnte ein leeres, nichtigesNichts uns so betreffen? [...]Könnte es die Erstaunlichkeitund Befremdlichkeit des Seinsso steigern? Was blickt unsalso hier aus der Ferne anwe-send an, wo die Frage auf-steht: Warum ist überhauptetwas und nicht Nichts? Wasruft uns da, alles Seiende hin-ter sich zurücklassend, an, ihm zu folgen? [...]Es ist so etwas wie ein erster Umriss desUmrisslosen, weil Grenzenlosen und Unendli-chen in den Blick gekommen. [...] Damit soetwas wie ein erster Umriss dessen, was in derSprache der Religion der lebendige Gott ge-nannt wird.“

Bernhard Welte, Die philosophischeGotteserkenntnis und die Möglichkeit desAtheismus, in: Concilium 2 (1966) 399 –406; wieder in: Zeit und Geheimnis. Phi-losophische Abhandlungen zur Sache Got-tes in der Zeit der Welt, Freiburg 1975, 109– 123.

Es ist nur ein kurzer Text, ja im Grunde wares nur ein Auszug von 164 Zeilen, vom Reli-gionslehrer auf zwei Seiten zusammenko-piert und mit Zeilennummern in Fünfer-schritten versehen, der dazu beigetragen hat,die in mir entfachte Begeisterung für dieTheologie in ein Studienziel umzusetzen.

Der Religionsphilosoph Bernhard Welte fasstin ihm in ungemein verdichteter, eindringli-cher Form seine Deutung der Essenz der Ver-suche eines Gottesbeweises zusammen, wie

sie in der Geschichte des Denkens unter-schiedlich unternommen wurden, und legtdiese gewissermaßen existentiell aus: DerMensch, der sich dem Fragen bis an die Gren-zen des Denkbaren mit letzter Konsequenzwidmet, wird sich selbst zur Frage, die ihnnicht mehr loslässt. Dabei stößt er an einenPunkt, über den zwar inhaltlich kaum nochetwas ausgesagt, der aber auch nicht einfachignoriert werden kann. Wenn überhaupt, sohier, so lässt sich mit dem PhilosophenEmmanuel Levinas formulieren, ist ein Ortgefunden, an dem Gott ins Denken einfällt.Ich habe den Text in und zwischen jenenSchulstunden – in 45 Minuten war er nichtzu besprechen – immer wieder und mit stei-gender Faszination gelesen, später wieder-holt bei der Vorbereitung auf die Abitur-prüfung und abermals im Theologiestudiumparallel zu den Vorlesungen TheologischePropädeutik und Christliche Religionsphi-losophie – dann freilich auch einschließlichder Lektüre der „Religionsphilosophie“ vonWelte, in der die Gedanken breiter ausgefal-tet werden.

Der kleine Text hat mich seinerzeit nachhal-tig beunruhigt. Er hat mir jene Möglichkei-

wieder gelesen –Bernhard Welte

Meditationunerbittlicher Fragen

Bernhard Welte

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ten des Denkens gezeigt, über die man aucherschrecken kann. Gleichzeitig aber ist mirklar gewesen, dass es für jemand, der amEnde des zwanzigsten Jahrhunderts glaubenwill, redlicherweise kein Zurückweichen vorsolchen radikalen Fragen geben darf. Weltestellt sie unerbittlich, zugleich führt er aberauch seine Leser mit sanfter Hand.

So wie der Text selbst, ganz im Sinne der„Philosophischen Meditationen“ von RenéDescartes eine Meditation ist, zwingt er sei-nen Leser, ihn immer wieder langsam durch-zugehen, Satz für Satz zu studieren, das Ge-sagte nachzudenken und zu bedenken. AmEnde des Gedankengangs – freilich erst nachmehrmaligem Lesen und abermaligem In-nehalten – stand dann auch für mich die Er-kenntnis, dass der christliche Glaube demDenken, dem Fragen und dem Zweifel, auchin seiner radikalsten Form, standzuhaltenvermag und Antworten bereit hält, die, sobescheiden sie auch sein mögen, zumindestnicht weniger durchdacht sind als die Argu-mente der größten Skeptiker. Das war, gera-de in den Jahren des größten Fragedrangsund Wissensdurstes, in der sich der Textzwangsläufig in unterschiedlichen Lebens-situationen zu bewähren hatte, für mich einezentrale Motivation, das Studium der Theo-logie aufzunehmen und dann auch voranzu-treiben. Macht nicht die Fähigkeit zum radi-kalen Fragen, die Lust an der Beschäftigungmit den letzten Fragen, auch die Größe desMenschen aus?

Auch im Nachhinein haben sich die vielen,vielen Stunden, die ich mit dem Wiederkäu-en dieses Textes und dadurch mit dem Me-ditieren der Grenzen des Denkens verbrachthabe, mehr als ausgezahlt – auch wenn sichdie Themen verändert haben.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hatsich die gesellschaftliche Situation grundle-gend gewandelt. Die Auseinandersetzung mitder Religionskritik und dem Atheismus hat-te damals schon ihren Höhepunkt überschrit-ten. In einer Zeit, in der die „Renaissance derReligion“ zur Debatte steht, haben sich dieGewichte zwischen Verächtern und Verfech-tern der Religion deutlich verschoben. Auf-grund des Abbruchs christlicher Traditionen

und Selbstverständlichkeiten ist am Beginndes 21. Jahrhunderts jedoch eher drängen-der geworden, dass die theologischen Be-gründungsleistungen weiter reichen, als nurLeerstellen zu umreißen, angesichts dererdie Gottesfrage nicht zwangsläufig verstum-men muss. In einer zunehmend globali-sierten Welt mit ihrer diffusen und vielgestal-tigen Religiosität muss man heute bei derErläuterung des christlichen Glaubens einengrößeren Akzent auf das UnterscheidendChristliche legen, als es Welte getan hat, fürden Religion oft genug nur ein Synonym für„christlicher Glaube“ war. Nicht zuletzt diedeutlich gestiegene Aufmerksamkeit für kul-turelle Ausdrucksformen, Bilder, Filme undMusik mit ihren Botschaften, angesichts de-rer sich christliche Überzeugungen behaup-ten müssen, läßt die philosophische Klarheitund Strenge, wenn man so will: Weltent-hobenheit dieses Gedankengangs fast schonals anachronistisch erscheinen.

Der Nachweis jedoch, dass Glaube und Ver-nunft sich nicht widersprechen, dass sich derGlaube zu allen Zeiten selbstbewusst auf dasForum der Vernunft begeben darf, ist heutenicht weniger wichtig geworden. Mit seinemphänomenologischen Stil, der durchaus auf-merksam für gesellschaftliche Entwicklun-gen war, hält Welte weiterhin Inspirationenfür die heute in Theologie und Kirche so drin-gende Zeitdiagnostik und Kulturhermeneu-tik aus christlicher Perspektive bereit. Umsobedauerlicher ist es, dass Bernhard Welte nurnoch wenig gelesen wird.

Stefan OrthDr. theol., Redakteur der Herder Korrespondenz,zuständig für Theologie, Kultur und Kunst

wieder gelesen –Bernhard Welte

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„(...) der Schmerz des Tieres in seiner Unschuld(den der Mensch nach Kräften verhüten soll,weil auch ihm ein Heilandsamt nach seinerWeise aufgetragen ist), ja eben dieser Schmerzdes Unteren, dieser Schmerz an sich, dem nichtGlaube, Hoffnung und Liebe zu Hilfe kommen,ist der reinste Aufschluss über das der Schöp-fung eingezeichnete Kreuz.Im Bilde eines vom Todesstreich getroffenenTieres wird uns Christus als die Sinnmitte desganzen Weltbestandes hingestellt, in allerSchöpfung ist ein ‚Zusammenstöhnen´ nachder Befreiung (...). Wie aber das Lebendigealles im Klagen sich zusammenfindet, so sollund wird das Erlösungswerk das kosmischeGanze ergreifen.“

Joseph Bernhart, Die unbeweinte Kreatur.Reflexionen über das Tier [1961],neu hrsg. v. Georg Schwaiger, Weißenhorn2. Auflage 1987, S. 229f.

Wie bei vielem, das uns nie mehr loslassenwird, ist es kindliche Neugierde, die am An-fang steht: Ob denn wohl auch Tiere in denHimmel kommen können. Zugrunde liegt ihrdas frühe Empfinden für eine magische Ein-heit der Welt. Wie im Märchen erscheinenaus dieser Perspektive unsere Mit-Kreaturengleichsam als Wesen im Zustand der Ver-wunschenheit. Auf Reflexionsniveau ge-bracht fand ich derlei später in Günther An-ders´ von der Kritik am „anthropologischenGrößenwahn“ unterfütterten Frage, weshalbGott sich den Tieren versage – wörtlich heißtes bei ihm maliziös: „Warum missgönnt ersich ihnen. Si esset?“

Gottes Gegenwart, seine Gerechtigkeit, derStachel der Kontingenz, unsere Stellung inund unser Verhältnis zu der Natur, Eigenwertund Würde der außermenschlichen Lebens-welt: Das alles schwingt in dieser genuintheologischen Thematik mit, welche von derakademischen Zunft üblicherweise gleich-wohl vernachlässigt wurde. Jene Ausnahme,die ich schließlich entdeckte, kommt (wiekönnte es anders sein) mit Joseph Bernhartihrerseits von einem Außenseiter. Dessen

Alterswerk „Die unbeweinte Kreatur“ warbemerkenswerterweise längst zur Stelle, be-vor die ökologische Betroffenheit in den 80erJahren um sich griff – mehr oder wenigerfolgenlos, wie wir angesichts der Irrever-sibilität des Klimawandels heute wissen –,und es überbot sie in seinem Ansatz bei wei-tem. Überdies wird in dem schmalen Buch,das aus 5 Kapiteln besteht (eigentlich selb-ständigen Essays), auf faszinierende WeiseTheologie betrieben.

Der schwäbische Intellektuelle (1881 - 1969),von dem, fürchte ich, die Studierenden heu-te gänzlich verschont bleiben, ordnete sichselbst – nicht untypisch für die großen Re-präsentanten des deutschen renouveaucatholique in der ersten Hälfte des 20. Jahr-hunderts – dem Feld zwischen Religion undKultur zu, „halb Poet und halb Gelehrter“.Was ihn herausfordert, ist das Leiden einerunerlösten Natur, welches als „bare Qualohne Sinn und Zweck“ erscheint, schuldlos

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Die WundeNatur

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in ihrem So-sein-müssen und ohne die Be-wältigungsmöglichkeiten, die dem Men-schen immerhin zu Gebote stehen.

In diesem Zusammenhang fordert er von derTheologie zunächst jene produktive Grenz-überschreitung, die unterschiedliche Er-kenntniswege aufeinander zu beziehen ver-mag: Rezeption der Erfahrungswissenschaf-ten sowie ihre philosophische Durchdrin-gung. Der Versuch wechselseitiger Erhellungkennzeichnet auch sein grundsätzliches In-teresse, „uns am Tier, das Tier an uns (zu)verstehen“, was nachgerade auf eine Ge-schöpflichkeits-Zwillingsschaft hinausläuft,da „die menschliche Situation (...) von deranimalischen nie zu trennen ist“.

Ethische Konsequenzen sind mithin unaus-weichlich. So mahnt Bernhart dem Tier ge-genüber das Üben „wahrer Gerechtigkeit“an, in dem jede „Kultur“ eigentlich bestehe.Dieser Appell gewinnt an Schärfe im Zeital-ter industrieller Verwertung, genetischerManipulation und Ausrottung von Tieren,was alles zugleich ein Menetekel für denZustand des Menschen darstellt. Ebensonüchtern wie bitter bilanziert der Autor, wiefern man noch von „den billigen Geboten ei-ner humanen Natur“ sei. Mit Sentimentali-tät (die im Gegenteil ganz ausdrücklich derKritik unterzogen wird), hat das nichts zu tun.Wohl aber erinnert Bernhart daran, dasschristlicher Glaube sich auf die Erneuerungnicht exklusiv des Menschen, sondern der ge-samten Schöpfung richtet.

Auch wenn er – wozu sich übrigens vielfa-che Parallelen in der aktuellen philosophi-schen Diskussion dingfest machen lassen –dem Tier eine Form von Geist zuspricht,ebenso die Fähigkeit zu „sinnvollem Tun (...)innerhalb seiner Eigenwelt“ (144), auchwenn er Formen der Individualität selbst beiden niederen Arten findet, bleibt es letztlichdoch eine „unzugängliche“ Wirklichkeit (77).Damit aber eignet ihm Verweischarakter aufeinen Größeren. Gegenläufig zu unserer ver-breiteten Neigung nämlich pocht Bernhartauf die „Uneigentlichkeit alles Sagens vonGott“, der uns „fremd“ ist. Die Rede vom„schweren Glauben“ an ihn, welche sich denmenschlichen Bedürfnissen verweigert, be-zieht implizit Argumente der Religionskritik

ein, die nicht einfach fideistisch, funktio-nalistisch oder ordnungsrational überspieltwerden können.

Wichtigster Grund solcher Anstrengung istdie Theodizee-Frage, eben jenes „Grauen inder Natur“, von dem unser Nachdenken überGott nicht zu trennen ist. Bei der Relektürehatte das Buch für mich inhaltlich eben auchdeshalb keinen Staub angesetzt, weil seinVerfasser den Sinn des religiösen Menschenfür unauflösbare Spannungen, ja Abgründebehalten hat und sie aushält. Hier, und nichtetwa im Gestus, als ob die Wahrheit ein fürallemal versiegelt wäre, greift jenes Paradox,auf das es ihm ankommt: „Eine Welt, mit derwir nicht fertig werden können, bewahrt unsauch davor, mit Gott selber fertig zu werden.“Dem Geist solcher (im Wortsinne!) existen-tiellen Leidenschaft verdankt sich ein weite-rer Satz, dem ich keinen zweiten aus der mirbekannten Theologie der letzten Jahrzehntezur Seite stellen würde: „Religion beginnt imErnste doch erst dort, wo aller Grund vor-handen scheint, sie aufzugeben.“ Die Fähig-keit, sich produktiv irritieren, ja erschütternzu lassen, ist also wesentlich Aufgabe derTheologie. Zumindest sollte sie das Be-wusstsein für die Zumutung wach halten,welche jeglicher Hoffnung inne wohnt.

Die von Empathie grundierte Nachdrücklich-keit solcher Aussagen erreicht den Leser undüberträgt sich auf ihn, gleich in welcher Spra-che. Grundsätzlich besteht das Problem desRedens über Religion ja in der doppelten Fal-le von dogmatischer Formelhaftigkeit undwohlmeinender Banalisierung. Die historischgewordene Einfärbung seines Stils wiegt ge-ring der Tatsache gegenüber, dass es Bern-hart gelingt, beides zu vermeiden. Jenseits vonJargon und Routine, spiegelt seine Diktionakademische Distanz und (ohne jede Betrof-fenheitsattitüde) inneres Vibrieren zugleich.Sie ist erkenntnisstiftend und ergreifend miteinem. Was durch sie befördert wird, ist nichtsGeringeres als eine Besinnung auf das Ei-genste des christlichen Glaubens jenseits des-sen, was gerade à l´ordre du jour sein mag.

Hans-Rüdiger SchwabDr. phil., Professor für Kulturwissenschaften an derKatholischen Fachhochschule Münster/Westfalen

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„Mein Gott, ich gebe Dir allesmit bereitwilligem Herzen.Nur verstehe ich nicht zu ge-ben: ich gebe immer so, wieman sich etwas nehmen lässt.Das Beste wird sein, ruhig zubleiben. Denn wenn ich nichtverstehe zu geben, so verstehstDu es zu nehmen ... Und dochwäre ich so gern ein Mal, eineinziges Mal, Dir gegenüberfreigebig und großartig gewe-sen!“

Georges Bernanos, Journald’un Curé de Campagne Pa-ris 1936; deutsch: Tagebucheines Landpfarrers, über-setzt von Jakob Hegner,Wien (Thomas-Verlag Ja-kob Hegner) 1936, S. 320.

Das einzige Gebet im „Tage-buch eines Landpfarrers“,das er unmittelbar vor sei-nem Sterben infolge einesMagenkrebsleidens auf-zeichnet. Es lässt das Leben dieses so unhe-roischen Helden im Rückspiegel ansichtigwerden; eines „Helden“, dessen Name (oderist es eine liebevolle Spöttelei?) nur einmal,eher beiläufig erwähnt wird. Auf einem ab-gerissenen Zettel mit einer Nachricht, dieihm von einem priesterlichen Freund zuge-steckt wird, erfährt man ihn: Gribouille, wasman als Kritzler übersetzen könnte. Der Le-ser wird durch seine Kritzelei in die letztenLebensmonate und so in das Innere einesPriesters hineingenommen, der für seineGemeinde, fast alle seine Mitbrüder und dieKirchenleitung ein unfähiger Niemand ist. Esist die Geschichte eines Mannes aus ärmlich-sten Verhältnissen, der sich, intellektuell be-gabt, in Schule und Seminar hocharbeitet,Priester wird und jetzt eine kleine Pfarrei imNordwesten Frankreichs leiten soll. Er warangetreten mit großen Idealen und Vorstel-lungen, mit einem großzügigen Herzen. Erwollte alles geben, doch an der Wirklichkeit

vor Ort und einer verhärteten Gemeinde zer-schellen alle Träume. Gribouille selbst siehtsich als Versager, der ungeschickt agiert,durch seine Art die Menschen eher gegensich aufbringt, als sie gewinnt, und kaum fä-hig ist, sein dienstliches und privates Lebenzu organisieren. Alles in allem eine armseli-ge Gestalt, dazu noch krank, ausgemergeltund hohlwangig durch sein Magenkrebs-leiden, finanziell stets am Rande. Schließlichstirbt er einen armen Tod, unspektakulär, ineiner schäbigen Umgebung und ohne die„Tröstungen“ der Kirche.

„... so verstehst Du es zu nehmen“: Der Land-pfarrer scheint ein sich selbst Enteigneter zusein. Wo er tiefgreifend etwas bewegt, ge-schieht es fast wider seinen Willen oder zu-mindest nicht von ihm geplant und beabsich-tigt. Im Verlauf der Tagebuchaufzeichnungenwird er sich klar über seine Wirkung. In sei-ner Gegenwart öffnen sich Menschen mit ih-

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VerhüllteHerrlichkeit

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ren tiefen Verwundungen, auch sie eigent-lich wider ihren Willen. Seine Präsenz unddie Worte, die er spricht, rühren die entschei-denden Motive und Themen seines Gegen-übers an: tiefe Enttäuschungen, Kämpfe,Nöte, dunkle Gefühle, biographische Erb-lasten, durchlittene Einsichten. Alle dieseDunkelseiten kommen durch ihn ans Licht;all das, was den Menschen verstört und äng-stigt, ihn bedroht und vernichten will. Vor sei-ner entwaffnenden Armseligkeit scheinen dieanderen ihre Not nicht mehr verbergen zumüssen. Was sie vor allen bedeckt halten,wagt sich bei ihm hervor. Der Landpfarrerhat ein Gespür für das Böse, für die lebens-feindlichen Mächte, und macht sie sichtbar.Zwar löst er durch seine Begegnungen nichtalle Knoten, aber immerhin werden sie alssolche erkannt und benannt. Das ist keinharmloses Unterfangen, wie die z.T. wüten-den Reaktionen zeigen. In diesen Begegnun-gen geht es um alles, um Leben und Tod.Seine Weise der Enthüllung gleicht jedochkeiner Aburteilung, schon gar keiner Dämo-nisierung, vielmehr sieht Gribouille selbstunter der Grimasse des Bösen im anderendie Gnade, die er freilegen will. Er gibt nie-manden auf.

Die Macht des Lebenszersetzenden, die erdurch seine Ohnmacht immer wieder sicht-bar macht und z.T. auch bricht, wirft ihnselbst allerdings zu Boden. Stellvertretung –das könnte ein Stichwort seines Lebens sein.Das Leiden, das durch seine Krankheit undUngeschicklichkeit an seinem Leib sichtbarist, scheint ihn selbst zu suchen. Er zieht denSchmerz der anderen auf sich und ist bereitfür sie zu leiden. Sein Krebsgeschwür, dasihn nach und nach auffrisst, verkörpert sei-nen Einsatz und zugleich seine Grenze. DasBöse, dem er instinktiv die Stirn bietet, über-wältigt seine Kraft. Er kann es nicht aus derWelt schaffen und geht an dem zugrunde,was er auf sich zieht, ohne dass er es aktivgewählt hätte; erst im nachhinein sagt er jadazu. Damit zeigt er sich als Liebender, denseine Liebe zu den Menschen leiden macht.Und gerade so vermag er einigen Menschenetwas zu geben, das er selbst am wenigstenhat: Frieden.

Gribouille selbst bleibt nämlich bis kurz vorseinem Tod ein zutiefst Beunruhigter, dernichts beschönigt: die Zustände in der Kir-che, seine Glaubenszweifel, sein Ringen umdas Gebet, das Scheitern, die Angst vor derunheimlichen Krankheit, seine Einsamkeit,die Schwierigkeit der Annahme seiner selbst.Er ist ein vielfach Zerschlagener, der seinenPlatz schließlich unter den Leidenden findet,wie seine letzten Worte im Tagebuch zeigen:„Es ist leichter, als man glaubt, sich zu has-sen. Die Gnade besteht darin, dass man sichvergisst. Wenn aber aller Stolz in uns gestor-ben wäre, dann wäre die Gnade der Gnaden,sich selbst demütig zu lieben als irgendei-nen, wenn auch noch so unwesentlichen Teilder leidenden Glieder Christi.“1

Eine Christusfigur der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts? Mir selbst erscheint er immermehr als Typos des leidenden Christus, derdas Verlorene sucht. Bei allem Dunkel, dasdas Buch einhüllt, strahlt es in einer eigenar-tigen Weise: nicht österlich-triumphal, schongar nicht rechthaberisch, aber transparent aufden je größeren Gott, der in Christus unserLeidensgefährte geworden ist und nicht ein-fach den breiten Graben des Karfreitags über-springt: verhüllte Herrlichkeit. Nach außenhin müsste das Leben des Landpfarrers alsgescheitert gelten, die letzten Worte aber inseiner Agonie sind: „Was macht das denn aus?Alles ist Gnade.“2 So lese ich Bernanos’ Land-pfarrer immer wieder als eine Christologie,Erlösungs- und Gnadenlehre der Moderne:menschliche Schwäche, in der Gottes Krafterscheint; Heilung und Erlösung von Gott her,aber nicht ohne den Menschen. Dieser 70Jahre alte Roman fasziniert mich auch, weiler eine unaufgebbare Dimension des Redensvon Gott und Mensch verdichtet: beide gehennicht auf im Einmaleins unseres Denkensund Sprechens, beide bewahren etwas un-glättbar Verstörendes. Es ist nicht leicht, überGott und Mensch zu reden.

Dominik Terstriep SJJesuit, Studentenpfarrer an der KHG der Ludwig-Maxi-milians-Universität München

1 Landpfarrer 339.2 Landpfarrer 342.

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„Und zuletzt bist nur noch du,das Herz in der Mitte. Undwir sind nicht, denn was gutist in uns, das bist du, undwas wir selber sind, kommtnicht in Betracht. Wir verge-hen vor dir und wollen nichtssein als dein Spiegel und Fen-ster für unsere Brüder. UnserUntergang vor dir ist deinAufgang über uns, unserAufgehn in dich und dein Auf-gang in uns. Denn auch un-ser Untergang vor dir trägtdie Gestalt deines eigenen Un-tergangs, und auch unsereFerne von dir in Schuld undSchande gehört uns nicht,denn du hast sie zu deiner ei-genen Ferne gemacht. DieSünde selbst hat die Form derErlösung. So bist du zuletztallein und bist alles in allem.“

Hans Urs von Balthasar,Das Herz der Welt, Zürich 1945, Seite 162f.

Das Buch wurde vom „frühen“ Hans Urs vonBalthasar geschrieben, vor seiner Begegnungmit Adrienne von Speyr. Darum trägt es auchnicht die Spuren ihrer Visionen und ihrerLeidensmystik an sich. Es ist ein Gesprächmit Jesus auf 164 Seiten, ein spiriruell-theo-logischer Text. Ich begegnete ihm zu Beginnmeines Theologiestudiums, und ich darfwohl sagen, dass dieses Buch meinen Le-bens- und Berufsweg in der Kirche beglei-tet, mich in meiner Lektüregeschichte ammeisten bewegt hat.

Hans Urs von Balthasar hat darin eine Spra-che gefunden, die aus innerstem, ernsthaf-testem Suchen und Finden entstanden ist unddie eine unverbrauchte Gestalt hat. DieseSprache ist zutiefst ehrlich und nicht durchan sich begreifliche Hemmungen entstellt. Esbedurfte eines großen Mutes, sein eigenesHerz so ungeschützt zu entblößen. In vielfa-chen Zugängen umkreist dieses Buch, sich

immer mehr demZentrum nähernd,Jesus von Nazaret,und es gelingt ihm,dessen Faszinationin einzigartiger Wei-se zum Leben zubringen.

Die Sprache ergreiftbesonders dadurch,dass sie die Klein-heit, Kleinlichkeitund Armut des zuJesus sprechendenMenschen so radikalwie möglich aus-spricht, aber nicht,um den Menschenmoralisch zu ver-nichten und zu krie-chender Demut zuzwingen. Dagegensteht eben die völli-ge Einheit (Uniomystica) des beten-

den Menschen mit Jesus, dessen Aufgangzugleich Untergang und Erlösung ist.

Von zwei Typen damaliger religiös-theologi-scher Literatur unterscheidet sich diese Spra-che. Sie lässt Jesus nicht edel-ästhetisch imGoldrahmen der Ikone stehen, und sie legtihn nicht auf den Seziertisch theologischerAttribute und Distinktionen. Das machte dieFaszinationskraft dieses Buches vor 60 Jah-ren aus. Unter bestimmten Voraussetzungenist diese Faszination noch immer lebendig.Einige dieser Voraussetzungen seien kurzbenannt.

Der Text überwindet die narzißtische Auf-merksamkeit für das eigene Ego, das Um-kreisen von Techniken und Methoden zumErlangen von religiösen Erlebnissen und„Gotteserfahrungen“. Er spricht auch von derKirche, unter der damals geläufigen Formu-lierung von Brüdern, wo man heute „Ge-schwisterlichkeit“ sagen müsste. Aber ersieht die Kirche immer nur im bescheidenen,ja ganz minderen Dienst. Weder die Konzen-tration auf hohe, devot verehrte Amtsträger

wieder gelesen –Hans Urs von Balthasar

Das Herzder Welt

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noch die Weinerlichkeit desLeidens an konkreten Er-scheinungsformen der Kirchefinden irgendeine Stütze indiesem Text.

Mir scheint, dass dieses Buchgerade im Hinblick auf „prie-sterliche Spiritualität“ blei-bende Aktualität besitzt. DieEntscheidung für lebenslan-gen Dienst im Amt für ande-re muss in die Sackgasse undin tödliche Krise geraten,wenn ihre Motive Selbstver-wirklichung oder gar gesell-schaftliches Prestige waren. Hans Urs vonBalthasar spricht vom Untergang solcher Mo-tive und letztlich vom Untergang des „Ich“als Bedingung für das einzige, was am kirch-lichen Amt erstrebenswert ist: Spiegel undFenster für andere zu sein.

Es ist heute nicht an der Tagesordnung, vonSchuld und Sünde im privaten Bereich zusprechen. Die sozialen Sünden der großenUngerechtigkeiten, der Missachtung undEntehrung der menschlichen Würde kom-men in diesem Text wohl zu kurz. Aber diegeheimen Irrwege falscher Selbsteinschät-zung, von Rechthaberei und Geltungssucht,vom Karrieredenken ganz zu schweigen, exi-stieren nach wie vor, und sie werden hier ent-larvt und enthüllt, zum Bewusstsein gebracht

als Vorbedingung für Umkehrund Vergebung.

Auch in dieser Situation ist einMensch, wie der Text ein-dringlich sagt, von Jesus nichtdistanziert oder sogar verlas-sen. Nahe bei Paulus, für denGott Jesus zur Sünde gemachthat, sagt der Text, wie sich Je-sus inmitten der Sünde findenlässt. Ein wichtiges Wort istdas oben zitierte „Zuletzt“.Der Weg des Buches bestehtnicht von Anfang an im Fin-den, in fertigen Antworten. Er

führt an ein Ende, das möglicherweise dasEnde des eigenen Lebens ist. Das Leben wargelungen, wenn Jesus als das „Herz in der Mit-te“ dieses Lebens entdeckt ist.

„Priesterliche Spiritualität“ steht und fällt mitder Liebesbeziehung zu Jesus und nicht miteiner „Christusrepräsentation“ im „Gegen-über“ zur Gemeinde. Davon spricht jede Seitedieses Buches. Sollte die Kraft, Menschendafür sensibel zu machen, heute verlorensein, dann wäre das in der Tat ein Verlustmit katastrophalen Folgen für Glauben undKirche, aber es wäre nicht die Schuld diesesTextes.

Herbert VorgrimlerDr. theol., Prof. emeritus für Dogmatik an der WWUMünster/Westfalen

wieder gelesen –Hans Urs von Balthasar

Abrahamund „Abraham“Der „Vater des Glaubens“ im Konsensund Dissens der Religionen

mit Prof. Dr. Manfred Görg

4. – 6. Mai 2007Burg Rothenfelsam Main

Seminar-termin

2007

Hans Urs von Balthasar

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Zauberschlüssel zurWeisheit des Lebens

„Und wenn Sie mich noch fra-gen sollten, bevor ich jetztgehe und endgültig gehe, obich einen Zauberschlüssel ken-ne, der einem das letzte Torzur Weisheit des Lebens er-schließen könne, dann würdeich Ihnen antworten: „Ja-wohl“. – Und zwar ist dieserZauberschlüssel nicht die Re-flexion, wie Sie es von einemPhilosophen vielleicht erwar-ten möchten, sondern das Ge-bet ... Die großen Dinge desDaseins werden nur den be-tenden Geistern geschenkt.Beten lernen aber kann manam besten im Leiden“

Peter Wust(Gesammelte Werke,Bd. VII, 339f).

Dieser Text stammt aus dem Abschiedswortvon Peter Wust (1884-1940) an seine Schüler.Er begegnete mir als jungem Philosophiestu-denten im Rahmen einer Vorlesung über Exis-tenzphilosophie. Was mich an ihm hellhörigmachte, das war die Offenheit und Ungewöhn-lichkeit, mit der hier im traditionellen Sinnhöchst verschiedene Welten und Bereiche wieLeben, Reflexion oder Denken, Beten und Lei-den nebeneinandergestellt und in Zusammen-hang gebracht werden. Ihre Zusammengehö-rigkeit kam mir nicht nur fremd, sondern auchäußerst herausfordernd vor. Soll man sagen,wie sich diese Herausforderung bemerkbarmachte, dann kommt mir kein besserer Hin-weis als auf den ihr eigenen Fragecharakterin den Sinn. Die Fragen, die der Text auslö-ste, waren alles andere als rein akademischer,theoretischer oder hypothetischer Art; sie wa-ren schlichtweg echt, im Leben und Denkenverhaftet. Es war ihre Natur, dass sie nicht un-bedingt auf eine Antwort oder Lösung poch-ten. Mein Eindruck war vielmehr, dass siegleichsam im Leben bzw. Glauben als bereitsvorhandene steckten und darauf warteten,wahrgenommen zu werden und dasein zu

dürfen. Was mir damals eher schemenhaftbewusst wurde, war die Ahnung, dass es soetwas wie ein Denken und Glauben „in derGestalt der Frage“ geben kann. Darin ist nichtbloß eine Möglichkeit angedacht, sonderneine Dimension Wirklichkeit tangiert. Das,was sich auf diese Weise abzuzeichnen be-gann, war ein Denken oder Theologisieren„im Stil der Frage“, womit weniger eine Me-thode als eine Einstellung, eine Voraussetzungoder ein Weg bezeichnet werden soll. Es liegtauf der Hand, dass ein solches Denken seineHand immer schon am Puls des Lebens, derZeit und der Wirklichkeit hat. Als seinen ge-heimen Motor könnte man das Leid und inVerbindung damit die Frage der Theodizeebenennen. Dabei ist keineswegs an eine pes-simistische Verengung, eher an eine passiveGrundstruktur des Daseins überhaupt ge-dacht. Ihr Sprachrohr sind die konkretenLeiberfahrungen, die sowohl das Denken wieden Glauben „in Frage“ stellen und im Zu-stand der Frage halten.

Die Betroffenheit, die der Text bei mir ausge-löst hat, dauerte über den Augenblick und

wieder gelesen –Peter Wust

Peter Wust

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momentane Situation hinaus; sie dauert an,auch wenn sie sich verändert und vertieft hat.Sie sorgt dafür, dass er Eingang in mein Le-ben gefunden hat und damit in einer subli-men und subtilen Weise assimiliert wurde.Dieser Vorgang lässt sich nicht an bestimm-ten Fixpunkten oder Phänomenen festma-chen, sondern reicht tiefer und vollzieht sichinnerlicher. Er erschöpft sich nicht darin, dassdie Erinnerung an den Text sich immer wie-der bewusst zu Wort meldet; der Text „arbei-tet“ vielmehr auf seine Art an den Wurzelnoder Gründen des Daseins und des Denkensweiter. Dieser Einfluss erstreckte sich vor al-lem auf das Zueinander von Denken und Be-ten. Denken und Denken kann sehr verschie-den sein. Wir kennen und pflegen ein Den-ken, das sehr auf seine Autonomie und Auto-suffizienz bedacht ist. Die Folge davon ist, dasses um sich selber kreist, zum Gefangenen sei-ner selbst wird und in einer kalten Rationali-tät erstickt. Kann ein solches Denken demGlauben gerecht werden? Tradition und Theo-logie sprechen von der „ratio fide illustrata“.Ein Denken, das im Sinne von P. Wust dieNähe zum „Gebet“ nicht scheut, muss keines-wegs der Gefahr der Fremdbestimmung er-liegen. Es wird im Gegenteil zu einem Den-ken, auf das etwas vom Glanz, vom Licht, vonder Größe und Herrlichkeit des Gebetes fällt.Daraus kommt einem eine andere Art vonRationalität entgegen; ich würde sie als eineRationalität bezeichnen, die „im Licht“ steht,leuchtet, wärmt und ansteckt. In dieser Eigen-schaft bedeutet sie alles andere als einen An-griff oder eine Konkurrenz zur so genannten„reinen“ oder „bloßen“ Rationalität; sie gehtvielmehr letzterer helfend, stärkend, sie ent-faltend und ermächtigend entgegen. Es gleichteinem faszinierenden Abenteuer, in das aufdiesem Weg unser Denken verwickelt wird.Darin wird es mit Einsichten, Wahrnehmun-gen und Möglichkeiten beschenkt, die derpuren Ratio verschlossen sind und näher beiden Quellen des Lebens liegen. In der Freudedes Denkens offenbart sich dessen unver-kennbare und inspirierende Positivität.

Dem muss der Hinweis auf das Leiden durch-aus nicht widersprechen. Es ist wichtig, dassdiese Seite unseres Daseins nicht unterschla-gen wird. Das Theodizeeproblem lässt sich

angesichts des apokalyptischen und globalenAusmaßes des Leides und des Bösen, aberauch in seiner individuellen Verschärfungnicht nur nicht abschütteln, es wird vielmehrzu einem Prüfstein von Leben, Glauben undDenken. Es weist das Denken in Schrankenund ruft nach der Bodenhaftung von Lebenund Glauben, es nimmt sie in Verantwortungund lehrt sie eine bleibende Rücksichtnahme.Das Leiden deckt die nicht zu beseitigendeVorläufigkeit von allem auf und offenbart un-sere abgründige Verlegenheit, die nach einementsprechenden Verhalten und Umgang ver-langt. Stichworte dafür sind Wahrhaftigkeit,Ehrlichkeit, Einfachheit, Bescheidenheit, De-mut usw. Die Lehre, die ich daraus ableitenmöchte, ist eine Disziplin des Denkens, dieeinem von innen her beherrschten Suchengleicht, der Gründlichkeit am Herzen liegt undvertraut ist, die dem Gebet nicht den Rückenkehrt. Gebet selber möchte ich dabei als„geschöpflichen Grundakt“ (F. Ulrich) unddamit in seinem umfassenden und reinen Sinnals legitimes Sprachrohr des Leidens verste-hen. Leiden, auch fremdes Leiden, kann un-ser Leben und Denken unmöglich unbetroffenlassen. Es macht auf eine beiden gemeinsa-me geheime „Leidensstruktur“ aufmerksam,die wir bildhaft als „Durst“, „Hunger“, „Man-gel“, „Verlangen“, „Suchen“ und dergleichencharakterisieren. Die Erfahrung, Wahrneh-mung und das Bedenken dieses „Defizits“ hältmeiner Meinung nach Denken und Leben inSpannung und Bewegung. In diesem Sinn hatder Abschiedstext von P. Wust in meinen Au-gen nichts von seinem Glanz verloren, im Ge-genteil, er entpuppt sich immer mehr und neuals ein „Zauberschlüssel“ zur Wahrheit undWeisheit des Lebens und Denkens.

Christian SchützAbt der Benediktiner-Abtei Schweiklberg Vilshofen

wieder gelesen –Peter Wust

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Toleranzund Gewalt

Der international renommierte Kirchen-historiker Arnold Angenendt behandelt inseinem neuen Buch die heute gängigen An-klagen gegen das Christentum. Die Liste deraufgerechneten „Todsünden“ ist lang: Leib-und Geschlechterfeindlichkeit, Erzeugungfalscher Schuldgefühle, Anspruch auf allein-seligmachende Wahrheit und damit Intole-ranz, Absegnung der Kreuzritter als Beihil-fe am Tod unschuldiger Moslems, die Inqui-sition mit Folterung und Verbrennung derKetzer wie der Hexen, die Mission als Kolo-

Das Christentumzwischen Bibel und Schwert

PrologKein anständiger Menschkann Mitglied der römisch-katholischen Kirche sein. DieEcclesia militans ist die älte-ste und größte Verbrecher-organisation der Welt. Mit-leidlos hat die InquisitionHussiten, Waldenser, Albi-genser, Lutheraner, Zwing-lianer und Kalvinisten ver-folgt und verbrannt. ZweiJahrhunderte lang wurdenTausende von unschuldigenFrauen, darunter auch dieUrgroßmutter Beethovens,wegen Hexerei auf demScheiterhaufen verbrannt.Zwei Jahrtausende lang hatdie Mutterkirche einen glü-henden Antisemitismus ge-predigt. Es kann kein Zufallsein, dass fast alle Nazi-Grö-ßen von Hause aus römisch-katholisch waren. Friedrich Heer berichtet inseinem Buch Der Glaube des Adolf Hitler ausdem Jahr 1968, dass der Führer bis zum Endeseines Lebens Kirchensteuer gezahlt hat. So

nialkrieg bei Ausrottung ganzer Volksstäm-me, Antijudaismus als Wegbereiter des Holo-caust. Eine „Blutspur“ von neun MillionenOpfern habe das Christentum in der Ge-schichte hinterlassen. In Summe: das Chri-stentum als altgewordene Weltreligion, dieam besten abdankt.

Angenendt liefert hierzu die inzwischen vonder Historie erarbeiteten Fakten und Deutun-gen. Die Ergebnisse sind frappierend, meistanders als gedacht – ja nicht selten sogar ge-nau umgekehrt!

2006, 800 Seiten, geb. ca. 24,80 eISBN-10 3-402-00215-9ISBN-13 978-3-402-00215-5

der auch inD e u t s c h l a n dv i e l g e l e s e n eNiederländerMaarten t’Haartin seinem 2006veröffentlichtenBuch ›Mozartund Ich‹, einerJubiläumsgabezum 250. Ge-burtsjahr desKomponisten.

Und so ist eszum Dauervor-wurf geworden.Die Medien wir-ken wie Mega-phone. Zum 11.September 2001rechnete derSpiegel im Ge-genzug zum is-

lamischen Terror dem Christentum sein Sün-denregister vor: Die christlichen Heerscha-ren der Kreuzzügler „schlachteten auf demWeg ins Heilige Land schon daheim Judenab, die ihnen in die Quere kamen – alles zurgrößeren Ehre Gottes. Bei der Eroberung Je-rusalems 1099 fielen die Kreuzfahrer in ei-nen Blutrausch. Auf dem Tempelberg veran-stalteten sie, so ein Augenzeuge, ein solchesGemetzel, ‚dass die Unsrigen bis zu den Knö-

Wir danken dem Verlag Aschendorff für dieAbdruckerlaubnis des (um die Anmerkungengekürzten) „Prologs“.Das Buch erscheint im Dezember im Buchhandel

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Toleranzund Gewalt

cheln im Blut wateten‘“. Groben Schätzun-gen zufolge seien über fünf Millionen Mus-lime, Juden wie auch Christen aus Ost undWest umgekommen. Und so geht es weiter:„Wie viele Juden im Lauf der Kirchenge-schichte mit Billigung der Kirche oder garauf ihren ausdrücklichen Befehl umgebrachtwurden, darüber gibt es keine verlässlichenZahlen. Für die meisten Päpste bis in die an-gehende Neuzeit blieben die Juden ... ‚vonGott verfluchte Sklaven‘“.

In seiner ‚kulturellen Bilanz‘ des Christen-tums wartet Herbert Schnädelbach in für ei-nen Philosophen erstaunlicher Weise nichtzuerst mit philosophischen, sondern gleich-falls mit historischen Argumenten auf: DieFolter habe „durch die heilige Inquisition ihreperfide Vollendung“ erreicht; nie zuvor hät-ten Kelten, Germanen oder Slawen „Greuelvom Ausmaß des Massenmords Karls desGroßen an den Sachsen, des Blutbads bei derEroberung Jerusalems während der Kreuz-züge, des Strafgerichts über die Katharer oderder Untaten der südamerikanischen Erobe-rer begangen“; nicht nur den Menschenrech-ten, „sondern auch der Menschlichkeit alsPrinzip setzte das Christentum oft tödlicheWiderstände entgegen“; der Import des Pla-tonismus habe „im Christentum die mensch-liche Leiblichkeit vergiftet“; wie im Katholi-zismus Beichte und Absolution habe ungleicheffektiver der Pietismus „viele zu psychischenKrüppeln“ gemacht – das alles als „Fluch desChristentums“. Schnädelbach sieht hier nichtAusrutscher, dass der an sich gute Ansatzzeitweilig entgleist sei; vielmehr ereignetesich das alles nicht trotz, sondern wegen desChristentums: „Die Täter haben nicht gegenPrinzipien verstoßen“; nicht sieben Todsün-den haben sie begangen, sondern allein die„Geburtsfehler“ offenkundig gemacht. Alsonicht das Christentum zwischen der im An-satz positiven Bibelbotschaft und einem zeit-weiligen Versagen, sondern die Christen-tumsbotschaft von vornherein als verfehlt.Das Fazit ist gnadenlos: „Wenn das Christen-tum einmal seine sieben Geburtsfehler hin-ter sich gelassen haben sollte, wird von ihmfast nichts übrig geblieben sein“. Der Mün-steraner Philosoph und Theologe Klaus Mül-ler registriert, dass „die These vom Zusam-

menhang zwischen Monotheismus und In-toleranz längst zum Common Sense selbstprominenter philosophischer Lehrbüchergehört“.

Im Folgenden wird der Versuch unternom-men, die inkriminierten Punkte einzelndurchzugehen, darum die Kapitel über Reli-gionszwang, Schwertmission, Inquisition,Kreuzzüge, Judenfeindschaft und Sexual-feindlichkeit. Jeweils soll dargestellt werden,was die heutige Geschichtsforschung zu deneinzelnen Themen zu sagen weiß. Die histo-rische Vorgehensweise gebietet sich um sodringlicher, als inzwischen eine revisionisti-sche Geschichtsschreibung eingesetzt hat:Nicht nur verhalte sich vieles anders, sogargenau umgekehrt. Die Revision begann fastzeitgleich mit der politischen Wende von1989. Da bekommt man nun Sätze zu lesen,die, oft bewusst zugespitzt, nur erstaunenkönnen: Die Inquisition müsse als Fortschrittangesehen werden, die römische sogar alsSchrittmacher modernisierender Justiz; siehabe im 16. Jahrhundert weit weniger Opfergefordert als Hinrichtungen beispielsweise ineinzelnen Städten der Niederlande. Die He-xenverfolgungen seien gar nicht kirchlichbetrieben worden, am wenigsten päpstlich.Der Begriff Toleranz müsse als eine christli-che Hervorbringung gelten, zuletzt befördertvom religiösen Enthusiasmus der neuzeitli-chen Dissenter. Die christliche Mission er-weise sich als Öffnung zur Universalität, habedas moderne Völkerrecht mitbegründet. VomMonotheismus sei eine psychohistorischeWirkung zur Entfaltung des inneren Men-schen ausgegangen. Den Frauen habe dasChristentum von vornherein ein verbesser-tes Dasein gebracht. Solches und dergleichenmehr wird nun präsentiert. Am frappierend-sten sind die Zahlen: Für die spanische In-quisition werden von 1540 bis zur Mitte des18. Jahrhunderts 827 und für die RömischeInquisition insgesamt 93 Hinrichtungen an-gegeben.

Viel tiefgreifender als diese eher fakten-orientierte Wende ist eine zweite, die auf dieHistorie zwar zurückverweist, aber darüberhinaus zu philosophischen und theologi-schen Konklusionen vorstößt. Als Exponent

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dafür steht Jürgen Habermas. Auch er siehteinen „Erbstreit zwischen Philosophie undReligion“, geht ihn jedoch mit Respekt an:„die profane, aber nichtdefätistische Vernunft[hat] zu viel Respekt vor dem Glutkern, dersich an der Frage der Theodizee immer wie-der entzündet, als dass sie der Religion zunahe treten würde“. Bei aller Aufgeklärtheitgebe es religiöse Überlieferungen, „von de-ren normativen Gehalten wir gleichwohl zeh-ren“. Habermas warnt darum vor „einemunfairen Ausschluss der Religion aus der Öff-entlichkeit“, um „die säkulare Gesellschaft... nicht von wichtigen Ressourcen der Sinn-stiftung ab[zu]schneiden“ und „im eigenenHaus der schleichenden Entropie der knap-pen Ressource Sinn entgegen zu wirken“. AlsBeispiel wird die Gottesebenbildlichkeit desMenschen angeführt: „Diese Geschöpflichkeitdes Ebenbildes drückt eine Intuition aus, diein unserem Zusammenhang auch dem reli-giös Unmusikalischen etwas sagen kann“.Und mehr noch: genuin christliche Gehaltehätten die Philosophie gefördert, was sichdann „in schwer beladenen normativen Be-griffsnetzen wie Verantwortung, Autonomieund Rechtfertigung, wie Geschichte und Er-neuerung, Neubeginn, Innovation und Wie-derkehr, wie Emanzipation und Erfüllung,Verinnerlichung und Verkörperung, Indivi-dualität und Gemeinschaft niedergeschlagen[hat]. Sie hat den ursprünglich religiösen Sinnzwar transformiert, aber nicht auf eine ent-leerende Weise deflationiert und aufgezehrt“.Habermas fordert eine „rettende Überset-zung“ der jüdisch-christlichen Religions-gehalte: „Eine Säkularisierung, die nicht ver-nichtet, vollzieht sich im Modus der Über-setzung“, denn es „ging etwas verloren“.

Habermas steht hier nicht allein. Eine klä-rende und erklärende Freilegung mahntebenso der Amerikaner Charles Taylor an,der von „erinnernder Wiedergewinnung“spricht. Für Hans Jonas (†1993), Träger desFriedenspreises des deutschen Buchhandelsvon 1987, „hat der religiöse Glaube hierschon Antworten ..., die die Philosophie erstsuchen muss“. Der Züricher Religions-historiker Walter Burkert beharrt darauf,„dass Religion noch immer nicht verschwin-det, im Gegenteil; zwar sehen wir Modernen

zu, wie Generationen praktisch ohne Religi-on aufwachsen; und doch bleiben religiöseKräfte hartnäckig präsent“. Greift man wei-ter zurück, ist zuerst Max Weber (†1920) an-zuführen mit seinen vor dem Ersten Welt-krieg verfassten Aufsätzen zur protestanti-schen Ethik, in denen er die längst zum ge-flügelten Wort gewordene ‚innerweltlicheAskese‘ definierte: Religiöse Motive – und ge-rade solche, die inzwischen längst abhandengekommen und sogar verabscheuungswürdiggeworden seien – eben solche Religionsmotivehätten zu Lebenseinstellungen geführt, ausdenen wesentlich die Moderne hervorgegan-gen sei. In Fortsetzung von Max Weber be-greift heute der Berliner Neuzeit-HistorikerHeinz Schilling die westeuropäischeKonfessionalisierung als „einen gesell-schaftsgeschichtlich fundamentalen Wand-lungsvorgang“, der kirchlich-religiöse undmentalitätsmäßig-kulturelle Veränderungenebenso einschließe wie staatlich-politischeund soziale; im Vergleich dazu fehle dem or-thodox-christlichen Osten sowohl eine Refor-mation wie auch „die dieser inhärente um-fassende Modernisierungsdynamik“. Zu war-nen sei vor reduktionistischen Erklärungs-modellen ohne „Sinn für die Geschichts-mächtigkeit religiöser Wirkfaktoren“. Hierananschließend hat der am Erfurter Max-Weber-Kolleg wie auch in Chicago lehrende Reli-gionssoziologe Hans Joas als gewiss überra-schendes Beispiel einer verdrängten Reli-gionsleistung die üblicherweise der Aufklä-rung zugesprochenen Freiheitsrechte ange-führt: „Nicht nur die Etablierung der Religi-onsfreiheit war von religiösem Enthusiasmusgetrieben, sondern auch die Artikulation derMenschenrechte im 18. Jahrhundert oder derKampf um die Abschaffung der Sklaverei...;[sie] gehen keineswegs ausschließlich aufaufklärerische Impulse zurück“. Fürs Ganzeist Ziel der folgenden Ausführungen, sowohldie Macht wie die Ohnmacht der Religion fürHumanität und Menschenwürde darzustellen.

Stellen wir zum Schluss die Zielsätze vonSchnädelbach und Habermas, die ihre Deu-tungen fast zeitgleich innerhalb gut einerJahresfrist vorgelegt haben, pointiert neben-einander. Für Schnädelbach ist die Wirkungdes Christentums zum „Fluch ... unserer Zi-

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vilisation“ geworden und darum die „Selbst-aufgabe der letzte segensreiche Dienst, dendas Christentum unserer Kultur nach 2000Jahren zu leisten vermöchte; wir könnten esdann in Frieden ziehen lassen“; denn dass„die Ideen der Menschenwürde und der Men-schenrechte christliche Wurzeln hätten, istein gern geglaubtes Märchen“. Für Haber-mas hingegen schneidet sich die säkulare Ge-sellschaft von wichtigen Ressourcen ab,wenn sie sich nicht „einen Sinn für die Artiku-lationskraft religiöser Sprache“ bewahrt: „DiePhilosophie hat Gründe, sich gegenüber re-ligiösen Überlieferungen lernbereit zu hal-ten“. Dies um so mehr, als in den Religions-gemeinschaften jenseits von Dogmatismus

Das Interesse an der kirchlichen Hochzeit istgroß. Auch dort, wo eine Zustimmung zumchristlichen Verständnis der Ehe nicht vor-ausgesetzt werden kann, wird das „Fest derTräume“ häufig kirchlich und meist mit ei-nem beträchtlichen Aufwand an liturgisch-inszenatorischer Phantasie begangen. Ange-sichts dieser Entwicklung wird kirchlicher-seits vermehrt über die notwendigen Voraus-setzungen einer kirchlichen Hochzeit nach-gedacht; zugleich gibt es jenseits der Kirchenein weites Feld freier Anbieter von alternati-ven Riten und Feiern zur Eheschließung.

Wie ist die Hochzeitsliturgie im Spannungs-feld von Innigkeit der Liebe, kirchlichem An-spruch und Öffentlichkeit zu deuten? WelcheChancen liegen in der neuen Unbefangen-heit gegenüber Ritualen und kirchlichen Li-turgien? Wie eröffnet die kirchliche Feier dieGewissheit der Gegenwart des liebendenGottes und darin das Vorzeichen gelingen-der Liebe des Hochzeitspaares?

Die Herausgeber:Prof. Dr. Benedikt Kranemann, ErfurtJoachim Hake, Burg Rothenfels

und Gewissenszwang etwas intakt gebliebensein könnte, „was andernorts verloren gegan-gen ist und mit dem professionellen Wissenvon Experten allein auch nicht wiederher-gestellt werden kann“. Deswegen bedarf esder rettenden Übersetzung, etwa für die Ideeder Gottebenbildlichkeit. Habermas gehtnicht weiter auf historische Begründungenein, verweist aber auf die Naturrechtslehrender mittelalterlichen und spanischen Scho-lastik. So steht das Schnädelbachsche ‚ab-schaffen‘ neben dem Habermasschen ‚ret-ten‘. Soweit hierbei historische Argumentezählen, will das folgende Buch sie aufzeigen.

Arnold Angenendt

Konturenempfiehlt Bücher

Toleranzund Gewalt

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Man muss das gesehen haben: Wenn man amAnreisetag frühzeitig da ist und dann auf ei-ner der Bänke vor der Burg sitzt, z.B. an derLinde oder unterhalb des Brunnens, zwi-schen Amtshaus und Tor zum inneren Burg-hof. Was dann zu sehen ist und was michimmer wieder beeindruckt, das ist die Herz-lichkeit, mit der sich die Ankömmlinge ge-genseitig „wiederentdecken“ und wie sie einerstes Wiedersehen regelrecht spontan fei-ern. Viele kennen sich über Jahrzehnte; man-che haben sich über Jahre nicht mehr gese-hen. Es ist nicht selten so, dass etliche nichtjedes Jahr kommen konnten und es nach län-gerer Pause – noch einmal oder auch einmalwieder – geschafft haben, dazuzustoßen.

Die ganze Woche wird dann – Tag um Tagund vom frühen Morgen bis zum spätenAbend – als intensiver Austausch erlebt, alsWiederbelebung alter Verbundenheit undauch als Chance zu neuer Kontaktnahme.Und auch die Abschiede am letzten Tag rüh-ren an: manch eine(r) fragt sich, ob es umdie Gesundheit im nächsten Jahr noch so be-stellt sein wird, dass man sich wiedersieht –und so hat für etliche Teilnehmer das „iri-sche Abschiedslied“ mit seiner Schlusszeileeine ganz besondere Bedeutung; „... und biswir uns wiedersehen, halte Gott dich fest inseiner Hand...“

Zwischen dem frohen Willkommen zu Be-ginn und dem manchmal etwas schwermü-tigen Abschied am Abreisetag spannt sich derBogen vielfältiger Ereignisse, die jeden Tagder Woche strukturieren und ihm Fülle undVielfalt geben. Nachfolgend sei das Pro-gramm einer solchen Werkwoche skizziert:

Tagesplan: 8:00 Uhr Morgenlob in der Burg-kapelle, 8:30 Frühstück, 9:30 Singen mit RudiWetzel, 10:45 Gymnastik mit Liesel Stainer,11:00 eines der Hauptreferate (Z.B. MeinulfBarbers, P. Armin Kretzer, Thomas Kutsch...)12:15 Mittagessen; anschließend Gelegenheitzum Plausch, zum Spaziergang, zur Siesta,15:00 Singen mit Rudi Wetzel, Werken mitThea Hillbricht, Tanz mit Liesel Stainer, oder,

oder, 18:15 Abendessen; 19:30 Abendveran-staltung: z.B. ausführlichere Diskussion zumReferat am Vormittag, 21:00 Abendlob in derBurgkapelle. Tagesausklang und gemütlichesZusammensein im Amtshaus-Keller.

Zum Wochenverlauf: In der zweiten Wochen-hälfte ist ein gemeinsamer Ausflug vorgese-hen, an Tagen mit Pater Armin morgens stattdes Morgenlobs eine Messe in der Burgka-pelle, am Sonntag ein feierlicher Gottesdienstund am Abend die „legendä-re“ Abschiedsfeier, woschlummernde Talente sichzu einem bunten Abend ein-bringen können ... Am Mon-tag dann nach dem Früh-stück „singender Abschied“.

Diese Werkwoche ist jedesJahr auf ähnliche, dann aberdurchaus auch wieder aufunterschiedliche Art undWeise abwechslungsreichvorbereitet – je nachdem,wer kommen konnte und sei-ne Persönlichkeit und seineTalente einbringt: Es wirdzusammen gefeiert und ge-arbeitet; gelacht und ge-schwiegen; Messe gefeiert und gesungen;gewandert, getanzt und meditiert. Je nachInteresse und Vermögen finden sich an denNachmittagen kleinere Kreise zusammen,die das eine oder andere aus diesen Dingentun.

Diese Woche wird von den Beiträgen vielergetragen – als da sind (außer den schon Er-wähnten): Ruth Lachenmair (Gymnastik),

Woche fürältere Menschen

Veranstaltetvom Quickborn–Älterenbund

Margarete Kutschund Resi Frischholz

Johannesund DorotheaHillbricht

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Woche fürältere Menschen

Ingrid Rabus (Flöten, Cembalo), Maria Vet-ter (Geige, Flöte), Gerda Feige (insbes. mitvielen Ideen für den Abschiedsabend), Irm-gard Jahn (Ballett), Hans Hillbricht (Geige)...Die Liste der Namen aktiver Beiträger ließesich leicht verlängern, geht man in Gedan-ken ein paar Jahre zurück bis zu IrmgardKoch (Musik), Reinhold Berlin (Literatur,Theater), und Resi Frischholz (ehem. Spre-cherin). Die Funktion des Sprechers nimmtseit etlichen Jahren Hans Krämer (Bonn)wahr – unterstützt von seiner Frau Rosel.

Es gibt ein besonderesPhänomen und ist dem„Geist der Burg“ zuzu-schreiben: Das Mittunliegt in der Luft, Beiträgevon allen werden ermun-tert, auch interessierteLaien werden integriert,mit ihrer Meinung Ernstgenommen und fühlensich ermutigt, ihren Teilzum Gelingen beizutra-gen. Da gibt es keinenüberheblichen Modera-tor, der mit der Attitüdedes Besserwissers Beiträ-ge „zensiert“...

In den Hauptreferaten an den Vormittagenwerden vorbereitete Themen erarbeitet: Sohaben die theologischen Beiträge von PaterArmin Kretzer aus Würzburg Tradition; sei-ne lebendige und anschauliche Darstellungstellt für viele eine bereichernde Alternativezu einer oft eher konservativen Auslegungdar. Aus der Fülle seiner über die Jahre vor-

gestellter Themen seien hier beispielhaftnachfolgend einige aufgeführt:– Freude am Glauben – Fest und Feier in der

Bibel – Die Gewissensentscheidung desChristen –

– Die Feier der Eucharistie – Ratlos vor demLeid? – Mut zum Frau-Sein in der Kirche –Die Urchristlichen Hausgemeinden – undzahlreiche weitere Themen.

Rudl Wetzel fungiert als professioneller Chor-leiter. An jedem Vormittag stimmt er alle einin altes und neues Liedgut und schafft es, unsmehr oder minder talentierte Sänger undSängerinnen zu einem harmonischen Klang-körper zu formen. Darüber hinaus und zu-sätzlich erarbeitet er jedes Jahr mit einemengagierten Kreis von Teilnehmern immerwieder neue und anspruchsvolle Beiträge,wobei Chorerfahrung, die Fähigkeit, vomBlatt singen zu können und gute Stimmbil-dung bei etlichen der Teilnehmer eine guteVoraussetzung sind. Wenn dann noch meh-rere dabei sind, die ihre Musikinstrumentemitgebracht haben – was bisher noch in je-dem Jahr der Fall war – dann kommen sehr

schöne musikalische Auffüh-rungen zustande.

Aus meinem Repertoire alsSoziologe schließlich habeich es eingerichtet, seit 1996in jeder dieser Wochen zweiThemen mit aktuellem Ge-sellschaftsbezug vorzustel-len und im Anschluss immerauch eine lebhafte Diskussi-on darüber „anzuzetteln“.Bei der Themenauswahlging und geht es immer auchdarum, Fragestellungen auf-zugreifen, die für diesen Teil-nehmerkreis Bedeutung ha-ben.

In den vergangenen Jahren standen folgen-de Themen zur Diskussion:Soziologie der Familie – Umwelt-Forschung– Soziologie der Arbeit – Sozialwissenschaft-liche Forschung entlang der Nahrungskette,von Agrarsoziologie bis zur Ernährungs- undKonsumsoziologie-Religions-Soziologie – die

Thomas Kutsch

P. Armin Kretzer

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Klima- und Wasserproblematik – Soziologieder Entwicklungsländer mit Berichten voneigenen Projekten und Exkursionen in Afri-ka, Asien und Lateinamerika – Soziologie desAlter(n)s – Soziologie des Wohnens.

Die Alterssoziologie beschäftigte uns sowohlim Sommer 2003 wie auch im Sommer 2004.Zusätzlich zu Vortrag und Diskussion entwik-kelte sich daraus ein kleineres Projekt, indem die allermeisten Teilnehmer bereit wa-ren, einen umfangreicheren Fragebogen zudieser Thematik zu beantworten. In überra-schend großem Umfang war die Mehrheit derBefragten der Meinung, dass es die Generati-on ihrer Kinder schwieriger hat / haben wird.Dies in der Sicht mehrerer Befragter auchdeswegen, weil es Kinder des Wohlstandssind, die es nicht mehr gelernt haben, zu ver-zichten bzw. sich freiwillig zu beschränken.

Eine Frage, die uns wichtig erscheint und dieuns beschäftigt: (Wie) ist der Dialog zwischenden Generationen möglich? Und: Ist er „aufder Burg“ möglich? Sollte er nicht gerade dortermöglicht, gesucht und gepflegt werden?

Der Soziologe Georg Simmel hat vor langemdie „Kreuzung sozialer Kreise“ zum Themagemacht, und das könnte auch als Dialogzwischen den Generationen verstanden wer-den. Die Burg ist ein solch vorzüglicher Ort,wo Menschen ähnlicher Intention hinkom-men, aber auch aus unterschiedlichen Regio-nen und Herkünften im weiteren Sinne, woübers Jahr viele Kreise „ihren“ Termin ha-ben und ihr Wiedersehen pflegen. Da wäredie Chance eigentlich gut, dass man sichwechselseitig „wahrnimmt“. Aber: Wieviel„Öffnung“ verträgt eine Gruppierung mit Be-zug zu anderen, nächsten? Sucht man vor-rangig immer nur erst einmal „Seinesglei-chen“ in Bezug auf Lebenserfahrung, geteil-te Sozialisation, Gesinnung im Detail?

Konkret: Es wäre ein Wunsch und eine Hoff-nung, dass die Älteren-Werkwoche von „jun-gen Alten“ ergänzt und „aufgefrischt“ wird,so wie sie an der Schwelle der dritten Lebens-phase „eintreffen“! Ein guter Anfang dazu istschon im Sommer 2006 gemacht worden.Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, ist das

ein schrittweiser Prozess: 1995, selbst im Al-ter von Anfang 50, fühlte ich mich als „Be-gleiter einer Seniorin“ und als „Gast“ bei derälteren Generation. Das „Ankommen“ in derdritten Lebensphase, das mag im Detail be-deuten: Die Kinder sind selbständig und „ausdem Haus“, das aktive Berufsleben erfährtseinen Abschluss, und die Phase der „spätenFreiheit“ beginnt. Hier sind Vorschläge will-kommen. So sei dies auch als Einladung aninteressierte 60 + Leser dieses Berichts ver-standen, im kommenden Jahr dazuzustoßen,mitzumachen, mitzugestalten, sich „einzu-bringen“.

Wünschenswert und erfreulich wäre es auch,wenn dabei der/die eine oder anderer wäre,der/die die Werkwoche mit einem eigenenBeitrag zusätzlich bereichern könnte.

Wer sich angesprochen fühlt, möge sich mel-den. Je früher weitere Anregungen eingehen,desto größer ist die Chance, Entsprechendesvorzubereiten und für die nächste Werk-woche im August 2007 einzuplanen. Der Ter-min als solcher steht schon fest: Die Wochewird vom 20.08.07 bis 27.08.07 stattfinden.

Anregungen und Mitteilungen gerne an denAutor dieses Berichts:

Prof. Dr. Thomas Kutsch,Am Blauen Stein 21, 50997 Köln.E-Mail: [email protected]

Ruth Lachenmaier leitet die Gymnastik

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Mit dieser Überschrift be-wirbt die Burg ab 2007 ihreAngebote für Gäste der Ju-gendherberge. Neben derBildungsstätte ist die Jugend-herberge Burg Rothenfelsein umsatzstarker Geschäfts-zweig, dem die Burg künftiggroße Aufmerksamkeit wid-met.

Als angeschlossenes Haus des bayerischenDJH Landesverbandes profitieren wir seitlangem von den verschiedenen Marketing-instrumenten des Verbands, d.h. der Inter-netpräsenz www.djh.de und diversen Bro-schüren und Preisübersichten. Diese sindwichtig, um den herbergssuchenden Lehrer,Gruppenleiter und Einzelreisenden auf un-sere Jugendherberge aufmerksam zu ma-chen.

Jugendherberge –ein MarkenzeichenIn den vergangenen Jahren hat sich das Bildder Jugendherbergen in der Öffentlichkeitverändert. Weg von Kartoffelpüree undKrautsalat, düsteren Schlafsälen und chole-rischen Herbergsvätern, hin zu hellen Zim-mern mit Sanitärbereich, Bistros und vor al-lem Freizeitangeboten. Noch dazu wartet der

Freizeitangeboteund Vorschläge für

Gruppen

Programmeund Bausteine

DJH mit pfiffigen, modernen Layouts auf undspricht damit gezielt junge Menschen an.

Jugendherbergen pauschal buchen für mehr-tätige Aufenthalte ist die Devise und vor al-lem Lehrer haben somit heutzutage großeAuswahlmöglichkeiten, was sie den Kindernbei Schullandheimaufenthalten und Klassen-fahrten bieten möchten. Jugendherbergenwarten mit einer Vielzahl von unterschiedli-chen Programmen auf – und der Lehrer mussnicht bei jeder Fahrt das Rad neu erfinden,wie er die Tage in der Jugendherberge mitLeben füllt.

Der hart umkämpfte Markt der Jugendgäs-tehäuser, Hostels und Jugendherbergen er-fordert es, dem Zeitgeist entsprechend An-gebote zu präsentieren, um bei den „Her-bergssuchenden“ auf sich aufmerksam zumachen. Auch wenn sie weiterhin wichtig ist,so hat doch die Mund-zu-Mund Propagandaals vorrangiges Marketinginstrument ausge-dient, wenn es darum geht, neue Kunden zugewinnen. Um langfristig über den Bereichder Stammkunden hinaus neue Gäste auf dieBurg Rothenfels zu bringen, werden wir hierkünftig mehr investieren.

NaturerlebnisprogrammeAb 2007 bietet die Burg interessierten GästenNaturerlebnisprogramme – denn was läge imwaldreichen Spessart näher... Schulkindersollen gemeinsam „Wald – Wiese – Bach“ er-

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kunden und „Heilkräuter & Zauberpflanzen“kennen lernen. Mit einem pädagogischenKonzept erfahren Schullandheimaufenthaltein Rothenfels künftig eine neue Qualität. DieBurg arbeitet Themen bezogen zusammenmit dem Naturparkführer Michael Maier undbietet selbst ein attraktives Rahmenpro-gramm mit Burgführung, Grillabend undSpessarträubermenü.

JugendherbergeBURG ROTHENFELS – da fahren wir hin!www.burg-rothenfels.de

Entdeckungsreise im Spessartund leben in einer Ritterburg!

für Familien mit Kindern

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Entdeckungsreise im Spessartund leben in einer Ritterburg!für Familien mit Kindern

Ein Naturerlebnisprogrammder Jugendherberge Burg Rothenfelsin Kooperation mit demBiotopverbundprojekt Spessart

„Wald – Wiese – Bach“

mit Stefan János Wágnerund Michael Maier

Telefon 09393-99999; Fax: 09393-99997,Email: [email protected]

Weitere Informationen zum Kurs„Wald – Wiese – Bach“ finden Sie imInternet: www.burg-rothenfels.dedie Burg in Bildern:www.burg-impressionen.de

Geben Sie bitte ihrem Kind oder Enkeldiesen Zettel mit in die Schule, zumSportverein oder in die Gruppenstunde:

JugendherbergeBURG ROTHENFELS – da fahren wir hin!www.burg-rothenfels.de

Freizeitangebote in RothenfelsKommt man nicht mit Schulorchester oderChor zu Proben auf die Burg oder ist mannicht Gast bei einer Tagung des Bildungspro-gramms, muss man einen zunächst „leeren“Tag um die Mahlzeiten herum mit Inhaltenfüllen. Viele Gruppen befassen sich damit:Messdienerfreizeiten, Familientreffen, Sport-Jugendfreizeiten von Vereinen oder natürlichunzählige Lehrerinnen und Lehrer.So stellt sich manch einer die Frage:

Wie gestalte ich sinnvoll einen Tagin Rothenfels und Umgebung?Wer vor seinem Besuch auf der Burg Infor-mationen anfordert, wird von unserer Ver-waltung mit Materialien versorgt. Prospekteder Museen in der Umgebung werden aufAnfrage versendet, Wandertouren erklärtund allerlei andere Auskünfte gegeben.

Ein großer Teil der Kommunikation läuftheutzutage jedoch vor dem telefonischenErstkontakt über das Internet. Vorab infor-

Programmeund Bausteine

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mieren sich potentielle Gästehäufig zunächst beiwww.burg-rothenfels.de – Siewerden dorthin geleitet übereine übersichtliche Land-karte auf der Homepage desDJH, die die Bundesländerund Regionen zeigt. Doch daist die Konkurrenz groß.

Wer sich nun die Frage stellt,was man in einer abgelege-nen Landjugendherberge un-ternehmen kann, wird künf-tig bedient mit dem Menü-punkt Jugendherberge:Programme.

Bausteine und TagestourenDort warten u.a. auch Bausteine darauf, ent-deckt zu werden: Vorschläge für Tagestouren,Hinweise auf Freizeiteinrichtungen in derBurg mit Lageplan und ein Burgerkundungs-spiel für Kinder, dass neuen kleinen Gästenhilft, die Burg im Handumdrehen kennen zulernen. Der Lehrer freut sich derweil, dass erdie Kinder wieder für eine Stunde beschäftigthat. Wer hätte denn gewusst, dass man an be-stimmten Wochentagen ab der StaustufeRothenfels mit dem Maintal-Bummler perSchiff nach Lohr oder Marktheidenfeld fah-ren und im Lohrer Schloss den Schneewitt-chensarg entdecken kann? Wer hat bereits dieneue Boule-Bahn an der Hainbuchenalleeneben dem Fußballplatz auf der Reigenwieseentdeckt? Und die Spielkugeln kann man ko-stenlos in der Burgverwaltung ausleihen! Un-sere Freizeitvorschläge können wie Baustei-ne zusammengefügt werden und lassen – viel-leicht mit einem Lunchpaket für unterwegs –einen Tag im Spessart zum Erlebnis werden!

Neue IdeenFrischer Wind und Innovationen in der Ju-gendherberge Burg Rothenfels sind gefragt,um uns neue Gäste zu erschließen. An derbaulichen Substanz werden wir nichts we-sentlich verändern. Das ist auch nicht nötig– die großen Mehrbettzimmer in Westpalasund Herberge sehen wir als unsere Stärke!Kinder wollen mit vielen Kameraden zusam-men sein und – wenn´s sein muss – Kissen-

schlachten veranstalten. Wir müssen dieBurg professioneller vermarkten – eben weilwir das Label Jugendherberge tragen. Umauch in Zukunft gefragt zu sein.

Wir könnten die Eigenart der Burg als mit-telalterliche Feste nutzen, um denen, dienach einer „Burg“ suchen einen Anreiz zubieten, auch uns zu entdecken. Schulklassenkönnen unsere Fidelbauwerkstatt nutzen, umRitterrüstungen zu basteln und Schwerter zuschnitzen. Wir werden künftig die entspre-chenden Materialien bereithalten. Und na-türlich Stoffe für all die vielen kleinen Burg-fräulein.

Manche abenteuerlustige Gruppe die„events“ sucht, fährt zu benachbarten Bur-gen, weil man dort am Bergfried freeclim-bing machen oder sich abseilen kann. Bei derSuche nach Freizeitangeboten und Vorschlä-gen für Gruppen wird auch unsere Burg mitzeitgemäßen Ideen aufwarten, um den An-schluss nicht zu verpassen.

Besuchen Sie unsere Internetseite oder las-sen Sie sich unsere Informationsmappen zu-schicken. Bitte geben Sie diesen Hinweis anLehrer und Interessierte weiter. Machen SieWERBUNG für uns!

Über Ideen, Anregung, Hilfestellung und Kri-tik freuen wir uns. Schreiben Sie [email protected]

Stefan János WágnerBurgwart

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Unser Bildungsreferent Joachim Hake hatzum Jahresende 2006 gekündigt, weil er am1. Januar 2007 seine neue Stelle als Direktorder Katholischen Akademie Berlin antritt.Wir bedauern sehr, dass er seine engagierteund erfolgreiche Arbeit für Burg Rothenfelsaufgibt, haben aber Verständnis dafür, dasser sich neuen Herausforderungen im Wohn-und Dienstort seiner Frau stellt und so auchden langjährigen räumlichen Spagat zwi-schen Rothenfels und Berlin beenden kann.

Der Vorstand hatte im Benehmen mit demBurgrat Joachim Hake aus ca. 150 Bewerbernausgewählt. Er begann am 1. März 1997 sei-ne Arbeit auf Rothenfels. Die Freunde vonBurg Rothenfels und unsere Gäste lernten ihnkennen als einen Menschen, der aus über-zeugt und überzeugendem christlichen Glau-ben lebt, tief fundierte theologische und phi-losophische Kenntnisse hat und auf Men-schen unterschiedlicher Generationen zu-geht und sie zusammenführt. In vertrauens-voller Zusammenarbeit mit den Gremien derBurg plante er die Jahresprogramme und dieeinzelnen Tagungen, die er bis in die letztenEinzelheiten selbst zu organisieren hatte. Erfügte in der besonderen Leitungsstruktur derBurg – vier gleichberechtigte Leitende An-gestellte (Leiterin der Burgverwaltung, Lei-terin der Hauswirtschaft, Bildungsreferentund Burgwart), ihnen vorgesetzt ein räum-lich weit entfernter ehrenamtlicher Vorstand– vieles integrierend zusammen.

Joachim Hake setzte weiterführende undneue „Konturen“ für Burg Rothenfels. Erknüpfte viele neue Kontakte zu Referentin-nen und Referenten – dabei halfen ihm sei-ne freundliche und überzeugende Weise, aufMenschen zuzugehen, und sein großer Be-kanntenkreis, gerade auch durch das Cusa-nuswerk. Einen Überblick – jetzt zugleicheine Rückschau – über wichtige Tagungs-reihen, die er mitgestaltete und zu einem Teilselbst initierte, gibt der „Rothenfelser Burg-brief konturen 1/06“ – und erinnert auch dar-an, dass Joachim Hake dem „Burgbrief“ ab

Vonder Burg

Heft 1/03 ein neues Gesicht und eine neueQualität gab: themenzentriert mit vielen An-regungen und Anstößen bis zu Buchhin-weisen. Die „konturen“ fanden so weit überden Freundeskreis der Burg hinaus Beach-tung und wiesen werbend auf das Werk derBurg hin. Diese Arbeit unterstützte er durchHerausgabe wichtiger theologischer Bücher,die aus der Tagungsarbeit der Burg erwuch-sen und für die er entsprechende Mitstreiterund Verlage fand. Und besonders wichtig waruns auch, mit welcher Einstellung und mitwelchem Einfühlungsvermögen sich Joa-chim Hake für das geistliche Leben auf derBurg einsetzte und viele Gottesdienste undTagzeitliturgien in Kapelle und Rittersaalanregte und durchführte.

Dem Burgrat – in diesen zehn Jahren mitwechselnden Mitgliedern und Vorsitzenden– arbeitete Joachim Hake in Vorbereitung,Protokollführung und Nachbereitung seinerSitzungen intensiv und loyal zu und berietden Vorstand in vielen gemeinsamen Gesprä-chen. Und auch außerhalb der Sitzungen derGremien hielt er anregende Kontakte zuBurgpfarrer, den Vorsitzenden und den Mit-gliedern der Gremien wie zu vielen Freun-dinnen und Freunden im Lande.

Bei der Einschätzung von Joachim Hakeszukunftsweisender Arbeit für die Burg darfnicht vergessen werden, dass hier eine Per-son für ca. 55 Tagungen im Jahresprogrammverantwortlich ist, während vergleichbareEinrichtungen wie Katholische Akademienfür solche Aufgaben jeweils mehrere Perso-nen (Theologen, Pädagogen, Sozialwissen-schaftler) beschäftigen.

Wir hatten im Herbst 1996 die Stelle des Bil-dungsreferenten auf Burg Rothenfels mit ei-nem Sieben-Jahres-Vertrag ausgeschrieben.Joachims Vertrag wäre am 29. Februar 2004ausgelaufen – vor Ablauf des Vertrages än-derten Vorstand und Bildungsreferent einver-nehmlich den Vertrag auf unbestimmte Zeit.Auf Vorschlag von Joachim Hake hatten wirvorher schon vereinbart, dass er einen Teilseiner dienstlichen Tätigkeit auch an seinemanderen Wohnort Berlin wahrnehmen kön-ne. Dieser räumliche Spagat wurde erleich-

Dank anJoachim Hake

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Joachim Hake scheidet als Bildungsreferentauf Burg Rothenfels zum 31.12.2006 aus. Erredigierte noch das vorliegende inhaltlichbesonders interessante Heft „RothenfelserBurgbrief konturen 2/06“ und bereitete dieTagungen des ersten Halbjahres 2007 so vor,dass Tagungseinladungen den neuen „kon-turen“ beigelegt werden konnten. In einemausführlichen Gespräch in Nürnberg verein-barten die Sprecherin des Burgrates, GudrunKuhn, und der scheidende Bildungsreferent,wie für die Zeit der Vakanz einzelne Freun-de der Burg, die die entsprechenden Reihenverantwortlich mitgestalten, sowie Mitglie-der der Gremien einspringen und ggf. auchTagungen leiten.

Im Benehmen mit dem Burgrat hat der Vor-stand die Stelle der Bildungsreferentin / desBildungsreferenten ausgeschrieben (die An-zeige erschien in BDKJ-Journal, Christ in der

Bildungsarbeit auf Burg Rothenfelsbis zur Wiederbesetzung der Stelle

Gegenwart im Bild, Die Zeit, Orientierung,Publik Forum sowie auf den Internetseitender Burg und des Quickborn-Arbeitskreises).Sie finden Sie auch nachstehend mit der Bit-te, für die Burgarbeit geeignete und interes-sierte Bewerberinnen und Bewerber auf dieStellenausschreibung hinzuweisen. Die Stel-lenbeschreibung, die auch Voraussetzungenund Aufgaben der Bildungsreferentin / desBildungsreferenten auf Burg Rothenfels er-hält, ist im Internet abrufbar und auch beider Burg zu erhalten.

Mittlerweile liegen schon viele Bewerbungenvor, so dass der Vorstand im Benehmen mitdem Burgrat im Februar 2007 hoffentlichwieder eine gute Entscheidung treffen kann.

Meinulf Barbers

tert durch das besondere Engagement vonJoachim Hake, die hilfreiche und zunehmendselbständige Arbeit seiner Mitarbeiterin aufBurg Rothenfels, Frau Ingrid Schreck, dieMithilfe der Leitenden Angestellten der Burg,der Gremien und vieler Freunde der Burgund durch die intensive Nutzung modernerKommunikationsmedien.

Bei der Weihnachtsfeier der Burgangestelltenwird Joachim Hake verabschiedet. Wir ha-ben ihn gefragt, ob er an der Mitgliederver-sammlung der Vereinigung der Freunde vonBurg Rothenfels am Pfingstmontag, dem 28.Mai 2007, teilnehmen kann, damit wir ihndort auch „offiziell“ verabschieden.

Die Freunde von Burg Rothenfels dankenJoachim Hake für die fast zehn, für die Burgguten und zukunftsweisenden, Jahre, die erRothenfels und uns geschenkt hat und sagenauch seiner Frau Dr. Susanna Schmidt Dank

für ihr Verständnis und ihre Unterstützungfür den Einsatz ihres Mannes im fernen Un-terfranken.

Ein herzliches „Vergelt’s Gott!“ Joachim Hakefür alles – wir wünschen einen guten Beginnim neuen Amt ab 1. Januar 2007 und hoffen,dass er – auch mit seinen guten Erfahrun-gen und seinem Einsatz auf Burg Rothenfelsim Hintergrund – dort etwas vom „Zauber“des neuen Anfangs spürt, „Der uns beschütztund der uns hilft, zu leben.“ Und bei allemBedauern, dass Joachim Hake als Bildungs-referent bei uns aufhört, bleibt uns doch vie-les, was er für die Burg grundgelegt und zu-kunftsweisend aufgebaut hat, und tröstlichist auch, dass Joachim Hake dem Werk derBurg und den Menschen, denen er auf Ro-thenfels begegnete, mit dem Herzen verbun-den bleibt.

Meinulf Barbers

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In Bergrothenfels gibt es derzeit kein Café.Sowohl die Tagungsgäste als auch die Touri-sten, aber auch die Nachbarn aus Dorf undStadt vermissen es.

Da hatten Frau Sonja Geisler – bekannt fürihre hervorragenden Kuchenbackkünste –und Frau Rosemarie Richartz die Idee, denAmtshauskeller nachmittags als Café zu nut-zen. Die Burg darf kein Café betreiben, abersie darf die Räume vermieten. Zwar mussdann für Abends immer wieder umgeräumtwerden, aber ... Also wurde ein Vertrag ge-schlossen, der Keller wurde gestrichen, neueLampen und Vorhänge angebracht, Geschirr,Kaffeeautomat etc. wurden angeschafft, De-koration nach dem Motto „Café Sandstein“wurde gebastelt.

Am 4. Mai 2006 konnte man erstmals in derSonne vor dem Amtshauskeller im Café Sand-stein, Inhaberin Sonja Geisler, sitzen. DieKuchenqualität, der gute Kaffee, die Bio-Waf-fel-Varietäten sprachen sich bald herum. Soging es den Sommer über. Freilich, die Dop-pelnutzung der Räume setzte enge Grenzenund verursachte sehr viel tägliche Räum-arbeit. Doch die Burg konnte neben dem vor-rangigen Tagungsbetrieb keine zusätzlichenRäume anbieten.

Schade, nun wird dieser wohlgemeinte Ansatztrotz Erfolges und Akzeptanz nicht fortgeführt.Im Oktober sollte die letzte Öffnung sein.

Albrecht Busch

Café Sandstein –ein wunderbarer Café-Sommer 2006

Stellenanzeige

Vonder Burg

Burg Rothenfels am Main ist eine christliche Jugend- und Erwachsenenbildungsstättein freier Trägerschaft.

Wir suchen eine

Bildungsreferentinoder einen Bildungsreferenten.

Die Aufgabe liegt in der Planung und Durchführung der Tagungen in der Jugend-, Er-wachsenen- und Familienbildung mit den Schwerpunkten: Theologie, religiöses Lebenund Liturgie, Ökumene und interreligiöser Dialog, außerdem Musik, Literatur und Tanz.

Wir erwarten ein abgeschlossenes Studium der Katholischen Theologie oder eines ande-ren geistes- oder kulturwissenschaftlichen Faches bei sehr gutem theologischem Wissen.Persönliches Engagement aus christlichem Glauben, interdisziplinäres Denken, Organi-sationsvermögen und pädagogische Fähigkeiten werden vorausgesetzt.

Die Eingangsvergütung erfolgt in Anlehnung an TVöD.

Bewerbungen erbitten wir bis 31.12.2006 an den Vorsitzenden der Vereinigung der Freun-de von Burg Rothenfels, Dr. Meinulf Barbers, Lievensteg 11, 41352 Korschenbroich.

Interessierte erhalten die ausführliche Stellenbeschreibung unter www.burg-rothen-fels.de oder bei: Burg Rothenfels, 97851 Rothenfels, Email: [email protected].

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Einladung zur Mitgliederversammlung der Vereinigung der Freundevon Burg Rothenfels e.V.

am Pfingstmontag, dem 28. Mai 2007, um 10:00 Uhrim Rittersaal auf Burg Rothenfels

Tagesordnung:

1. Bericht des Vorstandes2. Bericht der Prüfer3. Entlastung des Vorstandes4. Wahl des Vorstandes5. Wahl der Prüfer6. Bericht des Burgrates7. Vorschläge für die Zuwahl zum Burgrat8. Bericht des Bildungsreferenten9. Anträge

10. Verschiedenes

Zu TOP 4: Der Vorstand wird auf vier Jahre gewählt.

Die Vorstandsmitglieder Meinulf Barbers und Albrecht Busch kandidieren nicht mehrfür den Vorstand, wie sie schon in der Mitgliederversammlung 2006 erklärten.Voraussichtlich bereit zu kandidieren sind: Mathilde Schaab-Hench (für den Vorsitz),Bernhard Dietz, Ansgar Held, Bettina Herbst, Wolfgang Rückl

Zu TOP 7: Die Amtszeit der Burgratsmitglieder Dr. Michael Bongardt, Dr. Gudrun Kuhnund Susanne Stierle endet Pfingsten 2007. Die Mitgliederversammlung wählt dann sechsKandidatinnen/Kandidaten für den Burgrat; der Burgrat ergänzt sich durch Zuwahl vondrei Personen aus dieser von der Mitgliederversammlung erstellten Liste.Wiederwahl ist möglich.

Weitere Vorschläge für die Vorstandswahl, Vorschläge für die Zuwahl zum Burgrat undAnträge an die Mitgliederversammlung erbitten wir an den Vorsitzenden der Vereini-gung (Dr. Meinulf Barbers, Lievensteg 11, 41352 Korschenbroich). Wahlvorschläge undAnträge können auch noch in der Mitgliederversammlung vorgetragen werden.

Anmeldungen zur Mitgliederversammlung senden Sie bitte schriftlich an die Verwal-tung Burg Rothenfels, 97851 Rothenfels, e-mail [email protected].

Der Vorstand der Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels e.V.

Meinulf Barbers Mathilde Schaab-Hench Albrecht Busch Bettina Herbst Ansgar Held Gudrun Kuhn

Mitglieder-versammlung

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Gerne senden wir Ihnen auf Anfrage weitere Jah-res- und Einzelprogramme zu:

Verwaltung Burg Rothenfels, 97851 Rothenfels amMain (bitte Rückporto beilegen)Tel.: 09393 / 99999, Fax: 99997e-mail: [email protected]: www.burg-rothenfels.de

Mitglied des Vereins kann jeder Christ werden, der18 Jahre alt ist und sich der Arbeit der Burg verant-wortlich verbunden fühlt. Voraussetzung ist die Stel-lung zweier Bürgen, die schon drei Jahre lang Mit-glied des Vereins sind.

Falls Sie Mitglied werden möchten, rufen Sie unsan: 09393 - 99994 oder 99999

JAHRESBEITRAG seit 2002 (Mindestbeitrag)

Mitglieder bis 29 Jahre e 20,–Mitglieder e 40,–Eheleute zusammen e 50,–

UNSER KONTOVereinigung der Freunde von Burg Rothenfels e.V.97851 Rothenfels

Konto-Nr.: 240 002 543Sparkasse Mainfranken BLZ 790 500 00IBAN: DE677905 0000 0240002543SWIFT-BIC: BYLADEM1SWU

zu IhrerInformation

Spenden und Beiträge sind steuerlich abzugsfähig.Bei Zahlungen von insgesamt jährlich mehr als100,– Euro erhalten Sie am Anfang des nächstenJahres unaufgefordert eine Spendenbescheinigungzugesandt. Für Zahlungen bis 100,– Euro genügt zurVorlage beim Finanzamt der von der Bank abge-stempelte Durchschlag Ihres Einzahlungsbeleges.Zahlungsvordrucke liegen jeweils den Burgbriefen1 und 2 bei. Bitte vergessen Sie nicht, Ihren Absen-der anzugeben. Auch Bankeinzug ist möglich.

Herzlichen Dank!

Hinweis für Ihr Finanzamt:Die Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfelse.V. ist nach dem letzten ihr zugegangenen Körper-schaftssteuerbescheid des Finanzamtes Lohr amMain für 2004 vom 29.08.2005 als ausschließlich undunmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienend an-erkannt. (Förderung der Jugend- und Altenhilfesowie Förderung der Erziehung und Bildung) undist nach & 5 Abs 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuerge-setzes von der Körperschaftssteuer befreit. (Steuer-Nr. 231/111/50001

Datum Tag.-Nr. Titel Referenten

31.01.–2.2.07 A 702 Wohin mit den Toten? In die Kirche! Prof. Dr. Benedikt Kranemann,Totengedenken und Trauerkultur Prof. Dr. Albert Gerhards, Britta Martini,in der Stadt Dr. Toni Jansen, Prof. Dr. Theresa Wobbe8. Rothenfelser Liturgietagung u.a.

09.–11.02.07 A 704 3. Rothenfelser Caritastagung Dr. Hejo Manderscheid, Hans-Jürgen Marcus,Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl,Prof. Dr. Adalbert Evers, Johan Ketelers

09.–11.03.07 A 707 Joseph und Jussuf - Prof. Dr. Karl-Josef Kuschel,in Islam, AT und Literatur Prof. Dr. Hartmut Bobzin,Islam im Spiegel der Weltliteratur Prof. Dr. Johann Christoph Bürgel

sowie Hans Christoph Schmitt

20. - 22.04.07 A 713 Humor - Leichtsinn der Schwermut Prof. Dr. Erich Garhammer,Tagung zum 70. Geburtstag Prof. Dr. Hans-Rüdiger Schwab,von Elazar Benyoetz Prof. Dr. Michael Bongardt,

Dr. René Dausner u. Elazar Benyoetz

einige Seminarterminefür das Jahr 2007