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Konzeptentwicklung und Gestaltung technischer Produkte, 2. Auflage

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  • Konzeptentwicklung und Gestaltung technischer Produkte

  • Josef Ponn Udo Lindemann

    Konzeptentwicklung und Gestaltung technischer Produkte

    Systematisch von Anforderungen zu Konzepten und Gestaltlsungen

    2. Auflage

    1 C

  • Dr.-Ing. Josef PonnHilti Entwicklungsgesellschaft mbHHiltistrae 686916 [email protected]

    Prof. Dr.-Ing. Udo LindemannTechnische Universitt MnchenLehrstuhl fr ProduktentwicklungBoltzmannstrae 1585748 Garching [email protected]

    ISBN 978-3-642-20579-8 e-ISBN 978-3-642-20580-4DOI 10.1007/978-3-642-20580-4Springer Heidelberg Dordrecht London New York

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2008, 2011Dieses Werk ist urheberrechtlich geschtzt. Die dadurch begrndeten Rechte, insbesondere die der ber-setzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenver-arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulssig. Sie ist grundstzlich vergtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wren und daher von jedermann benutzt werden drften.

    Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg

    Gedruckt auf surefreiem Papier

    Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)

  • Vorwort zur zweiten Auflage

    In den letzten drei Jahren sind zahlreiche neue Erkenntnisse entstanden, die in die zweite Auflage dieses Buches eingeflossen sind. Aktuelle Ergebnisse aus For-schungsprojekten fanden dabei genauso ihren Niederschlag wie Rckkopplungen aus der industriellen Praxis und der Zusammenarbeit mit Studierenden in der Leh-re sowie in studentischen Projekten.

    Auf Basis der ersten Auflage wurde bei der berarbeitung zudem der Fokus auf eine bessere Verstndnisvermittlung und gesteigerte Anschaulichkeit der In-halte gelegt. Hierzu tragen neben einem aktualisierten Beschreibungsmodell des Entwicklungsprozesses und einer Schrfung von Begrifflichkeiten eine Reihe neu-er Beispiele bei, die eine konkrete und praxisnahe Vermittlung von Fragestellun-gen und methodischen Lsungsanstzen in der Produktentwicklung frdern.

    Bei dieser berarbeitung konnten wir wieder auf die Untersttzung des gesam-ten Teams des Lehrstuhls fr Produktentwicklung der Technischen Universitt Mnchen zugrckgreifen. Hervorheben mchten wir dabei besonders Arne Her-berg, dessen inhaltliche und organisatorische Mitwirkung mageblich zur Fertig-stellung dieser zweiten Auflage beigetragen hat. Als Diskussionspartner und Auto-ren von Teilkapiteln haben Katharina Helten (Kapitel 1 und 4) Clemens Hepperle (Kapitel 5, 11 und 12), Arne Herberg (Kapitel 3, 8 und 13), Stefan Langer (Kapitel 2, 9 und 10) und Bernd Schrer (Kapitel 6 und 7) wesentlich zur inhaltlichen Aus-gestaltung des Buches beigetragen. Ebenso ist Constantin von Saucken zu nennen, der neben punktuellen inhaltlichen Beitrgen vor allem durch seinen Einsatz bei der berarbeitung und Realisierung des Bildmaterials zu einer diesbezglichen Qualittssteigerung gegenber der ersten Auflage beigetragen hat. Untersttzt wurde er dabei von Eva Krner. Des Weiteren gilt unser Dank Dr.-Ing. Joachim Gnther von der Hilti Entwicklungsgesellschaft fr seine inhaltliche Mitwirkung an Kapitel 7. Auch allen weiteren Personen, die sich in die intensiven Diskussio-nen eingebracht haben, danken wir fr ihr Engagement und ihre Untersttzung.

    Unser Dank fr die unverndert ausgezeichnete Zusammenarbeit gilt dem Springer Verlag Berlin und hier besonders Herrn Thomas Lehnert.

    Wir hoffen, mit dieser berarbeiteten Auflage einen Beitrag zur Intensivierung der systematischen Produktentwicklung zu leisten.

    Garching, im Februar 2011

    Udo Lindemann und Josef Ponn

  • Vorwort zur ersten Auflage

    Die Entwicklung und Konstruktion erfolgreicher Produkte fngt mit den frhen Vorbereitungen der Entwicklungsarbeit an. Hier werden oft bereits entscheidende Weichenstellungen vorgenommen. Der Konzeptentwicklung technischer Produkte kommt eine hohe Bedeutung zu, da hier Entscheidungen mit weitreichenden Kon-sequenzen fr den Erfolg des Produktes am Markt getroffen werden.

    In Forschung, Ausbildung wie auch in der industriellen Praxis ist in den ver-gangenen Jahrzehnten das Bewusstsein gewachsen, dass mehr Systematik im Vor-gehen und bei der Durchfhrung von Arbeitsschritten erforderlich ist. Ebenso wird aber festgestellt, dass vorgedachte Vorgehensmodelle und Arbeitsmethoden an die jeweils spezifischen Randbedingungen der konkreten Entwicklungssituation angepasst werden mssen. Es wird auch in der Industrie zunehmend anerkannt, dass die anstehenden Aufgaben und Problemstellungen nur mit einer hinreichen-den Systematik im Vorgehen beherrschbar sind.

    In der Forschung beschftigen wir uns seit vielen Jahren mit der Frage, wie ei-ne Hilfestellung zur Bestimmung der jeweils geeigneten Vorgehensweisen, Me-thoden und sonstiger Hilfsmittel realisiert werden kann. Eine zentrale Herausfor-derung ist die verbesserte Untersttzung der Navigation durch die Vielzahl der alternativen Mglichkeiten der nchsten Entwicklungsschritte vor dem Hinter-grund des groen Spektrums denkbarer Entwicklungsszenarios. Wir wollen ein zielorientiertes, systematisches Vorgehen frdern, welches den Freiraum fr Krea-tivitt und individuell erforderliche Gestaltungsmglichkeiten offen hlt.

    Aus Forschungsprojekten, Dissertationen und Erfahrungen in und mit der In-dustrie sowie zahlreichen Diskussionen mit Mitarbeitern, Industrievertretern, Kol-legen in Forschung und Lehre sowie Unternehmensberatern haben wir viele Hin-weise gewonnen, die uns zu diesem Buch motiviert haben. Dabei war es unser Bestreben, bewhrte Punkte beizubehalten, neue Erkenntnisse zu integrieren sowie strukturelle Aspekte zu berarbeiten.

    Das gesamte Team des Lehrstuhls fr Produktentwicklung hat uns dabei nach-haltig untersttzt. Besonders nennen mchten wir Andreas Gaag, der durch seine inhaltliche wie auch organisatorische Mitwirkung die Fertigstellung ermglicht hat. Inhaltlich haben Andreas Gaag (Kapitel 3 und 10), David Hellenbrand (Kapi-tel 5 und 8), Clemens Hepperle (Kapitel 12), Julia Roelofsen (Kapitel 2 und 9) und Bernd Schrer (Kapitel 6 und 12) in Diskussionen wie bei der Abfassung von Teilkapiteln mitgewirkt. Die berarbeitung und Realisierung des Bildmaterials bernahm Rainer Hinterberger. Allen Beteiligten, auch allen die sich an Diskussi-onen beteiligt haben, gilt unser Dank fr ihr Engagement und ihre Untersttzung.

  • VIII Vorwort

    Dem Verlag und hier besonders Herrn Thomas Lehnert gilt unser Dank fr die stets hervorragende Zusammenarbeit.

    Mit dem Ziel der besseren Lesbarkeit wurde im weiteren Verlauf des Buches auf eine Differenzierung zwischen weiblichen und mnnlichen Formen verzichtet. Auf Abkrzungen wurde weitgehend verzichtet. Begriffe aus dem englischen Wortschatz wurden ebenfalls nur mit Zurckhaltung benutzt, an einigen Stellen erschienen sie uns aber klarer als die jeweiligen deutschen Umschreibungen.

    Wir hoffen, dass dieses Buch einen Beitrag leistet, um die systematische und erfolgreiche Entwicklung von technischen Produkten in der Aus- und Weiterbil-dung in den technischen Disziplinen sowie in der industriellen Praxis noch inten-siver zu verankern.

    Garching, im Februar 2008

    Udo Lindemann und Josef Ponn

  • Inhaltsverzeichnis

    Einfhrung ............................................................................................................. 1Welches Ziel verfolgt dieses Buch? ................................................................... 2An wen richtet sich dieses Buch? ...................................................................... 3Was waren die wichtigsten Einflsse auf dieses Buch? .................................... 4Wie ist dieses Buch aufgebaut? ......................................................................... 5

    1 Produktentwicklung und Konstruktion ........................................................... 91.1 Entwicklungssituationen ............................................................................ 111.2 Technische Produkte .................................................................................. 141.3 Entwicklungsprozesse ................................................................................ 161.4 Vorgehensmodelle ..................................................................................... 171.5 Produktmodelle .......................................................................................... 201.6 Methoden und Werkzeuge ......................................................................... 221.7 Das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell (MKM) ......................... 241.8 Hauptzielsetzungen und Gerechtheiten ...................................................... 281.9 Beispielhafte Entwicklungsszenarios......................................................... 301.10 Zusammenfassung ................................................................................... 32

    Teil A Systematische Produktkonkretisierung .............................................. 33

    2 Anforderungen ................................................................................................. 352.1 Anforderungsklrung fr eine medizintechnische Versuchseinrichtung ... 362.2 Methoden des Anforderungsmanagements ................................................ 39

    2.2.1 Wie lassen sich Anforderungen ermitteln? ......................................... 412.2.2 Wie lassen sich Anforderungen strukturieren? ................................... 452.2.3 Wie lassen sich Anforderungen analysieren und priorisieren? ........... 482.2.4 Wie lassen sich Anforderungen ber den gesamten Entwicklungsprozess pflegen und einsteuern? ............................................ 53

    2.3 Anforderungsklrung fr eine Schablonenvorrichtung fr chirurgische Gelenkkorrekturen ........................................................................................... 572.4 Zusammenfassung ..................................................................................... 60

  • X Inhalt

    3 Funktionen ........................................................................................................ 613.1 Funktionsmodellierung von hybriden Antriebsstrngen fr ein Kraftfahrzeug ................................................................................................... 623.2 Methoden zur Funktionsmodellierung ....................................................... 65

    3.2.1 Wie lassen sich Funktionen aus Anforderungen ableiten? ................. 703.2.2 Wie lassen sich Funktionen aus bestehenden Lsungen ermitteln? ... 743.2.3 Wie lassen sich Funktionen variieren? ............................................... 773.2.4 Wie lassen sich Funktionen in den weiteren Entwicklungsprozess einbringen? .................................................................................................. 793.3 Funktionsmodellierung fr einen Pflanzenlkocher .............................. 80

    3.4 Zusammenfassung ..................................................................................... 84

    4 Wirkprinzipien ................................................................................................. 854.1 Ermittlung von Wirkprinzipien fr eine Schaltkupplung ........................... 864.2 Methoden zur Ermittlung von Wirkprinzipien ........................................... 91

    4.2.1 Wie lassen sich Wirkprinzipien fr geforderte Funktionen ermitteln? ..................................................................................................... 944.2.2 Wie lassen sich Wirkprinzipien zur berwindung technischer Widersprche ermitteln? ............................................................................. 994.2.3 Wie lassen sich Wirkprinzipien aus bestehenden Lsungen ermitteln? ................................................................................................... 1024.2.4 Wie lassen sich Wirkprinzipien bewerten und auswhlen? .............. 105

    4.3 Ermittlung von Wirkprinzipien fr einen innovativen Nussknacker ....... 1084.4 Zusammenfassung ................................................................................... 110

    5 Wirkkonzepte .................................................................................................. 1115.1 Entwicklung von Konzepten fr eine Zitruspresse .................................. 1125.2 Methoden zur Erstellung und Auswahl von Konzepten ........................... 114

    5.2.1 Wie lsst sich der Lsungsraum strukturieren? ................................ 1165.2.2 Wie lsst sich der Lsungsraum reduzieren?.................................... 1195.2.3 Wie lassen sich Wirkkonzepte erstellen? ......................................... 1245.2.4 Wie lassen sich Wirkkonzepte bewerten und auswhlen? ................ 126

    5.3 Entwicklung von Konzepten fr einen Gangschaltungssimulator fr Nutzfahrzeuge ................................................................................................ 1295.4 Zusammenfassung ................................................................................... 132

    6 Produktgestalt ................................................................................................. 1336.1 Konkretisierung der Gestalt fr eine Staubsaugerdse ............................ 1346.2 Methoden zur Konkretisierung der Gestalt .............................................. 136

    6.2.1 Wie lassen sich Ansatzpunkte fr die Konkretisierung der Gestalt erarbeiten? ................................................................................................. 1396.2.2 Wie lsst sich die Gestalt eines Produktes konkretisieren? .............. 1436.2.3 Wie lsst sich das Gestaltlsungsspektrum strukturiert darstellen und ergnzen? ............................................................................................ 1486.2.4 Wie lassen sich Gestalt-Gesamtlsungen zusammenfhren? ........... 152

  • Inhalt XI

    6.2.5 Wie lassen sich Gestaltlsungsalternativen bewerten und auswhlen? ................................................................................................ 154

    6.3 Erarbeitung von Gestaltlsungen fr ein Klappfahrrad ........................... 1556.4 Zusammenfassung ................................................................................... 158

    7 Baumodelle ...................................................................................................... 1597.1 Erstellung von Baumodellen fr ein Diamant-Trenngert (1) ................. 1607.2 Methoden zur Erstellung von Baumodellen............................................. 163

    7.2.1 Wie lassen sich Baumodelle detaillieren? ........................................ 1657.2.2 Wie lassen sich Schnittstellen detaillieren? ...................................... 1677.2.3 Wie lassen sich die Produkteigenschaften ermitteln und absichern? .................................................................................................. 1727.2.4 Wie lsst sich die Produktdokumentation erstellen? ........................ 176

    7.3 Erstellung von Baumodellen fr ein Diamant-Trenngert (2) ................. 1777.4 Zusammenfassung ................................................................................... 180

    Teil B Produktgestaltung mit Fokus auf Hauptzielsetzungen (Design for X) ..................................................................................................... 181

    8 Sichere und zuverlssige Produkte ............................................................... 1838.1 Sicherheit und Zuverlssigkeit von Windkraftanlagen ............................ 1838.2 Manahmen zur Gestaltung sicherer und zuverlssiger Produkte ........... 186

    8.2.1 Wie lassen sich die Sicherheit und Zuverlssigkeit eines Systems analysieren und bewerten? ........................................................................ 1898.2.2 Wie lassen sich Sicherheits- und Zuverlssigkeitsanforderungen ermitteln? .................................................................................................. 1948.2.3 Wie lassen sich Sicherheit und Zuverlssigkeit im Funktionsmodell bercksichtigen? ............................................................ 1978.2.4 Wie lassen sich Sicherheit und Zuverlssigkeit im Wirkmodell einbeziehen? .............................................................................................. 1988.2.5 Wie lassen sich Sicherheit und Zuverlssigkeit im Baumodell bercksichtigen? ........................................................................................ 202

    8.3 Verminderung des Unfallrisikos einer Ringspinnmaschine ..................... 2058.4 Zusammenfassung ................................................................................... 208

    9 Gewichtsoptimierte Produkte........................................................................ 2099.1 Auswirkungen des Gewichts auf eine Verzahnungsschleifmaschine ...... 2109.2 Manahmen zur Optimierung des Produktgewichts ................................ 211

    9.2.1 Wie lsst sich das Produktgewicht analysieren und bewerten? ........ 2129.2.2 Wie lassen sich Anforderungen in Bezug auf das Produktgewicht ermitteln? .................................................................................................. 212

  • XII Inhalt

    9.2.3 Wie lsst sich das Produktgewicht im Funktionsmodell bercksichtigen? ........................................................................................ 2149.2.4 Wie lsst sich das Produktgewicht im Wirkmodell beeinflussen? ... 2169.2.5 Wie lsst sich das Produktgewicht im Baumodell beeinflussen? ..... 217

    9.3 Gewichtsoptimierung in der Luftfahrtindustrie ....................................... 2209.4 Zusammenfassung ................................................................................... 224

    10 Montagegerechte Produkte .......................................................................... 22510.1 Montagegerechte Gestaltung eines Hochvoltsteckers fr Elektrofahrzeuge ............................................................................................ 22610.2 Methoden zur Analyse und Gestaltung der Montageeignung von Produkten ....................................................................................................... 228

    10.2.1 Wie lassen sich Produkte hinsichtlich ihrer Montageeignung analysieren und bewerten? ........................................................................ 23110.2.2 Wie lassen sich montagerelevante Anforderungen ermitteln? ........ 23410.2.3 Wie lassen sich Montageaspekte im Funktionsmodell bercksichtigen? ........................................................................................ 23510.2.4 Wie lassen sich Montageaspekte im Wirkmodell und bei der Konzepterstellung bercksichtigen? .......................................................... 23610.2.5 Wie lassen sich Montageaspekte im Baumodell und bei der Produktgestaltung bercksichtigen? .......................................................... 237

    10.3 Montagegerechte Gestaltung eines Pneumatikventils ............................ 24210.4 Zusammenfassung ................................................................................. 245

    11 Variantengerechte Produkte ....................................................................... 24711.1 Variantenvielfalt bei pneumatischen Ventilen ....................................... 24711.2 Methoden zur Entwicklung variantengerechter Produkte ...................... 249

    11.2.1 Wie lsst sich die Variantenvielfalt analysieren? ........................... 25211.2.2 Wie lassen sich Anforderungen bei variantenreichen Produkten handhaben? ................................................................................................ 25511.2.3 Wie lassen sich Funktionen bei variantenreichen Produkten modellieren? .............................................................................................. 25811.2.4 Wie lassen sich Wirkprinzipien und Lsungskonzepte fr variantenreiche Produkte ermitteln? .......................................................... 26011.2.5 Wie lassen sich Gestaltlsungen und Baumodelle fr variantenreiche Produkte ermitteln? .......................................................... 264

    11.3 Entwicklung eines variantenreichen Produktprogrammes fr Automobilsitze ............................................................................................... 26811.4 Zusammenfassung ................................................................................. 272

    12 Nachhaltige Produkte ................................................................................... 27312.1 Entwicklung eines verwertungsgerechten Toasters ............................... 27412.2 Manahmen zur Entwicklung nachhaltiger Produkte ............................ 275

    12.2.1 Wie lassen sich Umweltbeeintrchtigungen eines Produktes analysieren und bewerten? ........................................................................ 278

  • Inhalt XIII

    12.2.2 Wie lassen sich Anforderungen mit Bezug zur Nachhaltigkeit handhaben? ................................................................................................ 28012.2.3 Wie lassen sich Aspekte der Nachhaltigkeit auf Funktionsebene bercksichtigen? ........................................................................................ 28112.2.4 Wie lassen sich Aspekte der Nachhaltigkeit auf Wirkebene bercksichtigen? ........................................................................................ 28412.2.5 Wie lassen sich Aspekte der Nachhaltigkeit auf Bauebene bercksichtigen? ........................................................................................ 285

    12.3 Entwicklung eines umweltgerechten PET-Flake-Wschers .................. 28812.4 Zusammenfassung ................................................................................. 292

    13 Systematisch von Anforderungen zu Konzepten und Gestaltlsungen ... 29313.1 Entwicklung eines Elektro-Gokarts ....................................................... 29413.2 Beispielhafte Betrachtung der Entwicklung des Lenksystems .............. 296

    13.2.1 Anforderungen ............................................................................... 29713.2.2 Funktionen...................................................................................... 29913.2.3 Wirkprinzipien und Wirkkonzepte ................................................. 30113.2.4 Produktgestalt und Baumodelle ...................................................... 303

    13.3 Entwicklungsergebnis und Zusammenfassung ...................................... 306

    Literatur ............................................................................................................. 309

    Bildnachweis ...................................................................................................... 325

    Anhang A Checklisten und Hilfsmittel ............................................................ 327A1 Anforderungsraum ................................................................................... 329

    A1-1 Checkliste zur Anforderungsklrung ............................................... 329A1-2 Suchmatrix zur Anforderungsklrung .............................................. 330

    A2 Funktionebene .......................................................................................... 333A2-1 Umsatzorientierte Funktionsmodellierung ....................................... 333A2-2 Checkliste zur Variation der Funktion ............................................. 337A2-3 Relationsorientierte Funktionsmodellierung .................................... 338A2-4 Problemformulierungen ................................................................... 340A2-5 Nutzerorientierte Funktionsmodellierung ........................................ 341

    A3 Wirkebene ................................................................................................ 343A3-1 Lsungssuche mit physikalischen Effekten ..................................... 343A3-2 Sammlung physikalischer Effekte .................................................... 344A3-3 Widerspruchsorientierte Lsungssuche ............................................ 365A3-4 Prinzipien zur berwindung technischer Widersprche .................. 366

  • XIV Inhalt

    A3-5 Lsungssuche auf Basis biologischer Vorbilder .............................. 386A3-6 Assoziationsliste ............................................................................... 387

    A4 Bauebene .................................................................................................. 397A4-1 Systematische Variation ................................................................... 397A4-2 Checkliste mit Gestaltparametern .................................................... 399A4-3 Gestaltungsprinzipien ....................................................................... 414

    Glossar ................................................................................................................ 427

    Sachverzeichnis .................................................................................................. 461

  • Einfhrung

    Wie kam es zu diesem Buch und was ist dessen Ziel? Die Entwicklung und Kon-struktion erfolgreicher Produkte beginnt mit der richtigen Vision oder Zielsetzung. Die darauf aufsetzende zielgerichtete und schrittweise ablaufende Konkretisierung und Verfeinerung der Lsungsbeschreibung erfolgt vor dem Hintergrund einer schier unberschaubaren Menge an Anforderungen und Randbedingungen.

    Da Produkte nach wie vor von handelnden Personen entwickelt werden, sind hier die Aspekte der Fhigkeiten und Grenzen menschlich bestimmter Handlungen zu bercksichtigen. Das komplexe Umfeld, in welchem sich die Handelnden be-wegen, und gewisse historische Prgungen spielen dabei eine groe Rolle. Wir al-le kennen den sogenannten Scheuklappeneffekt, das Haften an den bekannten und vertrauten Lsungsmustern. Dann und wann kommt eine Lsung auf den Markt, die viele Wettbewerber, Kunden und unter Umstnden auch uns selbst berrascht. In solchen Fllen ist die Not oft gro, sind doch unter Umstnden Chancen nicht erkannt und verschlafen worden. Es stellt sich die Frage: Wa-rum sind wir nicht selbst auf diese Lsung gekommen?

    Das schrittweise Vorgehen bei der Konkretisierung des zu entwickelnden Pro-duktes verlangt vom Konstrukteur und Entwickler Systematik. Ein Verweilen im abstrakten Raum ist dabei nicht immer beliebt, aber doch oft erfolgreich. We-sentlich ist hierbei die Schaffung von alternativen Lsungsideen zur Verhinderung des gedanklichen Verharrens in alten Lsungen oder in Sackgassen.

    Der Produktentwicklungsprozess und dessen Ergebnis bilden den Gegenstand dieses Buches. Dabei steht nicht alleine das Endergebnis im Fokus, vielmehr sind auch die vielen Zwischenergebnisse von Interesse, die auf dem Weg zur finalen Produktbeschreibung entstehen. Die Ausfhrungen orientieren sich an der Frage, welches Vorgehen im Entwicklungsprozess in Abhngigkeit der aktuellen Ent-wicklungssituation sinnvoll und zielfhrend ist. Ebenso von Bedeutung ist die Fragestellung, welche Methoden, Werkzeuge und sonstigen Hilfsmittel zur Unter-sttzung der auszufhrenden Aktivitten herangezogen werden knnen und wie sie gewinnbringend einzusetzen sind.

    Diese und viele weitere Fragen wurden in den vergangenen Jahren in einer Vielzahl von Forschungsprojekten behandelt und im Verbund mit Industrieunter-nehmen beleuchtet. Dadurch wurden teilweise neue Begriffe und Modellvorstel-lungen generiert beziehungsweise bekannte Begriffe und Modelle modifiziert, um mehr Systematik und Klarheit zu erhalten.

  • 2 Einfhrung

    Welches Ziel verfolgt dieses Buch?

    Dieses Buch soll dazu beitragen, die Effektivitt und Effizienz in Produktentwick-lungsprozessen zu erhhen. Es soll das Bewusstsein fr den Situationsbezug und die Systematik in der Entwicklung und Konstruktion technischer Produkte fr-dern. Um dies zu erreichen, wurde ein Rahmen geschaffen, in dem sowohl die Ak-tivitten als auch die Ergebnisse der Produktentwicklung eingeordnet werden knnen. Diesen Rahmen bildet das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell (MKM) in einer fr die 2. Auflage berarbeiteten Form. In diesem wird das Vor-gehen im Entwicklungsprozess als Interaktion zwischen dem Anforderungsraum und dem Lsungsraum, sowie als Konkretisierung von Produktmodellen auf Funk-tions-, Wirk- und Bauebene dargestellt.

    An diesem Modell soll die Bedeutung von Produktmodellen und ihrer Vernet-zung verdeutlicht werden. Produktmodelle werden auf allen Konkretisierungsebe-nen fr unterschiedliche Zwecke aufgestellt: zur Erfassung und Strukturierung der Ziele, zur Durchdringung der Problemstellung, zur Spezifikation der Lsung oder zur Ermittlung relevanter Produkteigenschaften.

    Grundstzlich sollte das Vorgehen der handelnden Personen zielgerichtet erfol-gen. Das Delta zwischen der aktuellen Entwicklungssituation und der Zielset-zung bestimmt demnach die erforderlichen Aktivitten im Entwicklungsprozess. Das Denken und Handeln kann sich dabei an bestimmten Grundprinzipien orien-tieren, deren Beachtung die Wahrscheinlichkeit erhht, dass ein Entwicklungspro-zess erfolgreich durchlaufen wird. Solche Grundprinzipien sind unter anderem die Problemzerlegung und das Denken in Alternativen. Das Grundprinzip der Projek-tion bedeutet in der Anwendung, dass der Blick auf ein System je nach Situation und Fragestellung aus unterschiedlichen Sichten erfolgen kann. Das Grundprinzip des Modalittenwechsels besagt, dass ein von Zeit zu Zeit bewusst durchgefhrter Wechsel der Perspektive (beispielsweise vom Ganzen zum Detail oder vom Abs-trakten zum Konkreten) ebenfalls hilfreich sein kann.

    Ferner sollen in diesem Buch Mglichkeiten der Untersttzung bei der Festle-gung von Produkteigenschaften auf den Konkretisierungsebenen des Lsungs-raums aufgezeigt werden, was durch eine enge Kopplung zum Anforderungsraum auf allen Ebenen gefrdert wird. Zum einen sind es Arbeitsmethoden, die in Ab-hngigkeit der Problemstellung auszuwhlen, anzupassen und zum Teil in Kombi-nation anzuwenden sind. Darber hinaus steht Entwicklern und Konstrukteuren ein groes Spektrum an Gestaltungsrichtlinien, Gestaltungsprinzipien und Infor-mationssammlungen zur Verfgung. Aus dieser Vielfalt wurden zahlreiche Me-thoden und Hilfsmittel fr dieses Buch ausgewhlt und den hier betrachteten Kon-kretisierungsebenen zugeordnet. Die Beschreibung der Anwendung im Kontext verschiedener Entwicklungsszenarios soll Verstndnis fr Zweck und Wirkung der jeweiligen Methoden und Hilfsmittel erzeugen. Darber hinaus enthlt der Anhang zahlreiche Checklisten und Informationssammlungen, die einen gezielten Zugriff auf relevante Aspekte ermglichen und durch die sich Entwicklungspro-zesse operativ untersttzen lassen.

  • An wen richtet sich dieses Buch? 3

    Schlielich werden Anstze fr das X-gerechte Entwickeln und Konstruieren diskutiert, das heit die Gestaltung des Produktes unter Bercksichtigung gewisser Hauptzielsetzungen im Sinne eines Design for X beziehungsweise Design to X. In der Literatur wird hier auch von so genannten Gerechtheiten gesprochen, denen das Produkt Genge leisten muss. Anhand fnf ausgewhlter Hauptzielset-zungen beziehungsweise DfX-Kriterien wird gezeigt, dass sich der durch das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell aufgespannte Rahmen auch hier an-wenden lsst. Die spezifische Zielsetzung stellt dabei eine Konkretisierung der Entwicklungssituation dar und erfordert daher ein angepasstes Vorgehen.

    Aufgrund der Vielfalt an Themen, die die Produktentwicklung umfasst, und der Notwendigkeit, einen klaren Fokus zu schaffen, konnte auf einige Aspekte nicht oder nur am Rande eingegangen werden. Zu diesen Themen zhlt die Rechnerun-tersttzung der Produktentwicklung (beispielsweise Computer Aided Engineering, Virtual Reality oder Produktdatenmanagement). Auerdem wird die Produktent-wicklung in erster Linie aus dem Blickwinkel des Maschinenbaus betrachtet. Die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Disziplinen im Zeit-alter von mechatronischen Produkten wird betont. Die Spezifika und Herausforde-rungen beispielsweise bei der Entwicklung von Elektronik- oder Software-Kom-ponenten werden jedoch nicht vertieft.

    An wen richtet sich dieses Buch?

    Als Buch fr die industrielle Praxis werden den Entwicklern und Konstrukteuren wertvolle Anregungen und Anleitungen gegeben, ihr Vorgehen flexibler zu gestal-ten und an die spezielle Situation anzupassen. Besonders fr die frhen Entwick-lungsphasen, fr die Erarbeitung und Ausgestaltung von Konzepten fr technische Produkte, werden konkrete Arbeitsunterlagen angeboten. Damit soll ein Beitrag zum Erkenntnistransfer geleistet werden, der die erheblichen Potenziale bezglich Leistung wie auch Qualitt in der Produktentwicklung nutzbar machen soll.

    Als Lehrbuch richtet es sich an Studierende des Maschinenwesens, die sich fr Fragen der Produktentwicklung interessieren. Da berwiegend grundstzliche Fragen des Vorgehens diskutiert werden, ist der Inhalt auch fr andere Disziplinen der Technikwissenschaften von Bedeutung. Darber hinaus kann es auch fr die technisch ausgerichteten Gebiete der Naturwissenschaften, Informatik, Mathema-tik oder Betriebswirtschaft eine wertvolle Hilfe sein.

    Wissenschaftlern sollen durch die Diskussion in diesem Buch Anstze fr wei-tere Forschungsarbeiten gegeben werden. Die hier behandelten Themen bieten die Grundlage fr eine weitere Vertiefung noch offener Fragen, zum Beispiel zu der situativen Gestaltung von Entwicklungsprozessen, dem gezielten Einsatz von Pro-duktmodellen, der Entwicklung von untersttzenden Softwarewerkzeugen oder der Entwicklungsarbeit in Abhngigkeit verschiedener Hauptzielsetzungen.

  • 4 Einfhrung

    Was waren die wichtigsten Einflsse auf dieses Buch?

    In der Literatur ist das Thema der Produktentwicklung und Konstruktion seit vie-len Jahren intensiv behandelt worden. Darber hinaus haben zahlreiche intensive Diskussionen mit einzelnen Forschern hinsichtlich der in diesem Buch vorgestell-ten Anstze Anregungen gegeben und die Inhalte damit beeinflusst.

    Wichtige Quellen waren die Werke von Pahl und Beitz [Pahl et al. 2005] und Ehrlenspiel [Ehrlenspiel et al. 2007, Ehrlenspiel 2009]. Sie haben das Lehr- und Forschungsgebiet der Produktentwicklung und Konstruktion mageblich geprgt. Daher wird auch an vielen Stellen in diesem Buch auf diese Werke referenziert. Allerdings wurde die Notwendigkeit gesehen, einen klareren Fokus und eine deut-lichere Struktur fr die Vermittlung der Inhalte zu schaffen. Auerdem wurde dem Fortschritt und neuen Erkenntnissen im Bereich der Produktentwicklung Rech-nung getragen, was sich unter anderem in der verwendeten Terminologie wider-spiegelt. Noch strker als in der bestehenden Literatur der Entwicklungs- und Konstruktionsmethodik soll auerdem ein Bewusstsein fr die Entwicklungssitua-tion und die Notwendigkeit eines flexiblen, an die Situation angepassten Vorge-hens geschaffen werden.

    Die Arbeiten von Grabowski [Grabowski et al. 1993] und Rude [Rude 1998] gaben wertvolle Hinweise hinsichtlich der Bedeutung von Produktmodellen und den Ebenen im Konkretisierungsgrad. Weitere Denkanste gaben die Arbeiten von Gausemeier und seinen Mitarbeitern [Gausemeier et al. 2006b], vor allem hinsichtlich der Betrachtung von Entwicklungsprozessen als vernetzte Zyklen.

    Die in den einzelnen Kapiteln behandelten Themen sind ebenfalls von einer Reihe von Vorarbeiten geprgt, beispielsweise hinsichtlich der Morphologie bei der Erstellung von Gesamtkonzepten [Birkhofer 1980], der Sicherheitstechnik bei der Entwicklung und Konstruktion [Neudrfer 2005], der Zuverlssigkeit im Fahr-zeug- und Maschinenbau [Bertsche et al. 2004] sowie dem Montagegerechten Konstruieren [Andreasen et al. 1988].

    Die Arbeiten von Altschuller [Altschuller 1984] haben zunchst einige Kraft gekostet, da seine blumige Sprache durchaus gewhnungsbedrftig und ein Teil der Folgeliteratur zu seinen Anstzen durch die Aura des unfehlbaren Meisters geprgt ist. Das oft als starr-prskriptiv beschriebene Vorgehen der TRIZ-Metho-dik, durch das Lsungen nahezu deterministisch erzwungen werden sollen, wider-spricht der Grundhaltung dieses Buchs, dass in Abhngigkeit der Entwicklungssi-tuation das Vorgehen flexibel zu gestalten ist. Dennoch muss die wesentliche Bereicherung der Entwicklungsmethodik durch die Arbeiten von Altschuller un-bedingt bercksichtigt werden, auch deshalb, weil viele Parallelen zur klassischen Entwicklungs- und Konstruktionsmethodik existieren.

    Schlielich wurde im Buchprojekt Methodische Entwicklung technischer Pro-dukte [Lindemann 2009] gewissermaen auch ein Grundstein fr dieses Buch ge-legt. Whrend dort das Hauptaugenmerk auf die Produktentwicklung als Prob-lemlsung und zugehrige Arbeitsmethoden gerichtet wird, steht hier die zunehmende Konkretisierung der Produktmodelle im Vordergrund. Letztendlich

  • Wie ist dieses Buch aufgebaut? 5

    sind es aber zwei unterschiedliche Sichten auf denselben Betrachtungsgegenstand: den Entwicklungsprozess. Daher sind beide Bcher als gute Ergnzung zueinander zu verstehen. Ein wesentliches Merkmal des Methodenbuchs, das auch hier beibe-halten wurde, ist die klare Strukturierung und Form der Vermittlung der Inhalte, durch welche die Ziel- und Handlungsorientierung gefrdert werden soll.

    Arbeiten in und mit der Industrie sowie die Auswertung von Forschungsprojek-ten haben grundstzliche Probleme immer wieder deutlich aufgezeigt. Zu diesen gehren der sofortige bergang von der Aufgabenstellung in die Lsungssuche, ohne das Problem immer richtig verstanden zu haben, sowie die Fixierung auf die ersten augenscheinlichen Lsungsideen. Auf der anderen Seite haben viele Projek-te jedoch auch gezeigt, dass systematisches Vorgehen und der situationsgerechte Einsatz von Methodik zum Erfolg fhren kann.

    Neben den zahlreichen anderen Quellen hat auch eine Vielzahl von Dissertati-onen am Lehrstuhl fr Produktentwicklung Anregungen fr dieses Buch geliefert, wegen des engen thematischen Bezugs sind besonders zu nennen: Baumberger [Baumberger 2007], Bichlmaier [Bichlmaier 2000], Braun [Braun 2005], Danner [Danner 1996], Dick [Dick 2010], Diehl [Diehl 2009], Dylla [Dylla 1991], Eiletz [Eiletz 1999], Erdell [Erdell 2006], Felgen [Felgen 2007], Frster [Frster 2003], Fuchs [Fuchs 2005], Gaag [Gaag 2010], Gahr [Gahr 2006], Giapoulis [Giapou-lis 1998], Gorbea [Gorbea 2011], Gramann [Gramann 2004], Gnther [Gn-ther 1998], Herfeld [Herfeld 2007], Heling [Heling 2006], Huber [Huber 1995], Hutterer [Hutterer 2005], Jung [Jung 2006], Kreimeyer [Kreimeyer 2010], Lauer [Lauer 2010], Maurer [Maurer 2007], Mrtl [Mrtl 2002], Mller [Mller 2006], Nil [Nil 2006], Pache [Pache 2005], Phleps [Phleps 1999], Ponn [Ponn 2007], Pulm [Pulm 2004], Renner [Renner 2007], Schwankl [Schwankl 2002], Stoll [Stoll 1995], Ster [Ster 1999], Stricker [Stricker 2006], Wach [Wach 1994], Wulf [Wulf 2002] und Zirkler [Zirkler 2010]. Darber hinaus gab es eine Flle weiterer Impulse aus anderen, zum Teil noch laufenden Arbeiten und Projekten, sowie aus zahlreichen Gesprchen.

    Wie ist dieses Buch aufgebaut?

    Kapitel 1 bietet einen kurzen berblick ber wesentliche Aspekte der Produkt-entwicklung und Konstruktion, die fr die Ausfhrungen in diesem Buch relevant sind. Ausgangspunkt ist die Charakterisierung des vielfltigen Spektrums an Ent-wicklungssituationen, welches die handelnden Personen vor zahlreiche Herausfor-derungen stellt. Es wird erlutert, wie je nach Art des betrachteten technischen Produktes unterschiedlichste Anforderungen entstehen. Des Weiteren wird ein berblick ber Anstze der Untersttzung wie Vorgehensmodelle, Methoden, Produktmodelle und Werkzeuge gegeben. Ferner wird das Mnchener Produkt-konkretisierungsmodell (MKM) als zentrales Leitmodell dieses Buches vorge-stellt. Es beinhaltet als Hauptkomponenten den Anforderungsraum und den L-sungsraum, welche die Einordnung einzelner Produktmodelle erlauben und durch

  • 6 Einfhrung

    drei Konkretisierungsstufen charakterisiert sind: die Funktionsebene, die Wirk-ebene und die Bauebene. Schlielich wird auf die Bedeutung des X-Gerechten Entwickelns und Konstruierens eingegangen.

    Teil A des Hauptteils beschftigt sich mit der schrittweisen, systematischen Produktkonkretisierung und beinhaltet die Kapitel 2 bis 7. Eine Orientierung er-folgt dabei an der Struktur des Mnchener Produktkonkretisierungsmodells (MKM). Der Anforderungsraum ist Gegenstand in Kapitel 2, wo auf die Bedeu-tung eines gezielten Anforderungsmanagements ber den gesamten Entwick-lungsprozess hinweg eingegangen wird. In Kapitel 3 wird auf die Funktionsebene eingegangen und aufgezeigt, welche Mglichkeiten der Darstellung und Struktu-rierung von Funktionen in Abhngigkeit der Zielsetzung existieren. Thema von Kapitel 4 ist die Betrachtung von Wirkprinzipien und die darauf basierende Er-mittlung von prinzipiellen Lsungsideen auf der Wirkebene. In Kapitel 5 liegt der Fokus auf der Zusammenfhrung von Teillsungen zu Gesamtkonzepten, eben-falls auf der Wirkebene. Kapitel 6 zeigt den bergang von der Wirkebene zur Bauebene im Zuge der zunehmenden Konkretisierung der Produktgestalt auf. Da-bei wird die Bedeutung der Alternativenbildung und Variation betont. In Kapitel 7 wird schlielich auf die Detaillierung von Gestaltlsungen auf Bauebene und die Erarbeitung von Baumodellen fr unterschiedliche Zwecke in den weiteren Pha-sen des Produktlebenszyklus eingegangen.

    In den Teilmodellen auf den verschiedenen Konkretisierungsebenen mssen unterschiedlichste Zielsetzungen und geforderte Eigenschaften der Produkte be-handelt und bercksichtigt werden. Daher werden im Teil B des Hauptteils, der die Kapitel 8 bis 12 umfasst, beispielhaft fnf unterschiedliche Themengebiete aufgegriffen, die Hauptzielsetzungen im Sinne eines Design for X beziehungs-weise Design to X darstellen. Kapitel 8 beschftigt sich dabei mit der Sicherheit und Zuverlssigkeit von Produkten, Kapitel 9 mit dem Produktgewicht. Damit werden Produktanforderungen angesprochen, die unmittelbar im Interesse des sp-teren Nutzers stehen. Gegenstand von Kapitel 10 ist die Montagegerechtheit von Produkten, ein Aspekt, der in unmittelbarem Herstellerinteresse steht. In Kapitel 11 wird die Thematik der Variantenvielfalt von Produkten angesprochen, Kapitel 12 behandelt die Entwicklung kologisch nachhaltiger Produkte. Die Diskussion dieser fnf Themengebiete zeigt grundstzliche Strategien und Vorgehensweisen auf, die durch eine adquate Adaption auf weitere Produkteigenschaften bertrag-bar sind. Es wird auch die oft hochgradige Vernetzung zwischen den verschiede-nen Gesichtspunkten verdeutlicht.

    Kapitel 13 schliet das Buch mit einem exemplarischen Durchlauf durch einen Entwicklungsprozess anhand eines ausfhrlichen Entwicklungsbeispiels sowie mit zusammenfassenden berlegungen ab. Der Anhang enthlt neben einem Glossar und Sachverzeichnis eine Sammlung an Checklisten und weiteren Hilfsmitteln, die zum operativen Einsatz im Rahmen von Entwicklungsprozessen gedacht sind.

    Die Kapitel 2 bis 12 besitzen alle dieselbe Struktur. Sie beginnen jeweils mit einem einfhrenden Beispiel, welches die Thematik und die damit verbundenen Herausforderungen fr die Produktentwicklung anschaulich charakterisiert. Es folgen Grundlagen zum jeweiligen Themenbereich, zum Beispiel in Form von De-

  • Wie ist dieses Buch aufgebaut? 7

    finitionen wichtiger Begriffe. In den daran anschlieenden Unterkapiteln wird auf vier bis fnf konkrete Themen eingegangen. Diese sind als handlungsorientierte Fragen formuliert, beispielsweise Wie lassen sich Anforderungen ermitteln? oder Wie lsst sich der Lsungsraum strukturieren?. Zum einen wird hier die durch die Frage adressierte Problemstellung charakterisiert, zum anderen werden geeignete Untersttzungsmglichkeiten in Form von Vorgehensweisen, Metho-den, Gestaltungsrichtlinien, Werkzeugen oder Checklisten aufgezeigt. Abschlie-end folgen ein bis zwei konkrete, praxisnahe Beispiele, in denen noch einmal zu-sammengefasst einige der behandelten Aspekte verdeutlicht werden.

    Wichtige Begriffe und Methoden, die im Glossar erlutert sind, wurden aus

    Grnden der bersicht im Hauptteil des Buchs fett markiert, beispielsweise Funk-tion oder Umsatzorientierte Funktionsmodellierung. Die Stellen im Hauptteil des Buches, an denen auf die Inhalte der Checklisten im Anhang verwiesen wird, sind mit einem Symbol gekennzeichnet, beispielsweise Checkliste mit Gestalt-parametern . Auf diese Weise wird der Leser dieses Buchs darauf hingewiesen, dass zu der jeweiligen Thematik Checklisten und sonstige Hilfsmittel der Unter-sttzung existieren.

  • 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    Produktentwicklung bezeichnet sowohl eine Organisationseinheit als auch einen Prozess im Unternehmen. Entwickler generieren darin als Individuen oder in Teams Konzepte und Gestaltlsungen fr innovative Produkte. Die Situationen in der Produktentwicklung sind dabei geprgt von einer Vielzahl von Einflussfakto-ren aus unterschiedlichen Bereichen. Einige dieser Faktoren sind beispielsweise die Art des Produktes, die Entwicklungsaufgabe, die Organisation der Produkt-entwicklung im Unternehmen sowie die eingesetzten Methoden und Werkzeuge. Externe Einflussfaktoren stammen unter anderem aus den Bereichen Absatzmarkt, Wettbewerb, Gesellschaft und Umwelt.

    Abb. 1-1. Einflussbereiche auf die Produktentwicklung

    Erfolgreiche Produkte sind eine wichtige Voraussetzung fr eine prosperie-rende Wirtschaft. Wichtig fr den Erfolg eines Produktes ist es, dass es die Anfor-derungen und Bedrfnisse der Kunden erfllt, zum Beispiel hinsichtlich Funktion, Qualitt, Kosten, Design und Ergonomie. Neben einem ausreichend groen Ab-satzmarkt fr die angebotenen Produkte ist es fr den Unternehmenserfolg auch von Bedeutung, dass die Leistungserbringung wirtschaftlich erfolgt. Der Charakter der Produkte des Maschinenbaus hat sich von Gebilden mit einem hohen Anteil an mechanischen Komponenten hin zu mechatronischen Produkten gewandelt. Trends wie die Integration von mechanischen, elektronischen und softwaretechni-schen Anteilen sowie die zunehmende Miniaturisierung fhren dabei zu einer er-hhten Produktkomplexitt. Auch sind Produkte heutzutage als Leistungsbndel zu verstehen, bei denen neben dem Sachprodukt verstrkt auch die zugehrigen Dienstleistungen eine groe Rolle spielen.

    J. Ponn, U. Lindemann, Konzeptentwicklung und Gestaltung technischer Produkte, DOI 10.1007/978-3-642-20580-4_1, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011

  • 10 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    Zur Entwicklung von Produkten sind Prozesse notwendig, die die Ablufe der Entwicklungsarbeit und das Vorgehen der involvierten Individuen und Teams re-geln. Dabei ist der gesamte Produktlebenszyklus zu betrachten, der sich von der ersten Idee fr ein Produkt bis hin zu dessen Recycling erstreckt. Prozesse der Produktentwicklung sind geprgt durch Iterationen, was eine Strukturierung und Planung erschwert. Eine groe Herausforderung ist die Verkrzung der Entwick-lungsdauer, die neue Strategien und Methoden des Prozessmanagements erfordert. Um effektive und effiziente Ablufe zu erreichen, ist es wichtig, auf bewhrte Vorgehensweisen zurckzugreifen, die in Form von Vorgehensmodellen vorlie-gen. Diese sind allerdings nicht im Sinne von starren Plnen anzuwenden, sondern mssen an die Situation angepasst werden.

    Trotz eines zunehmenden Rechnereinsatzes spielen Menschen in der Produkt-entwicklung nach wie vor die zentrale Rolle. Die Eigenschaften der involvierten Personen, die Erfahrung und das Wissen, sowohl in fachlicher als auch methodi-scher Hinsicht, ebenso wie die sozialen Kompetenzen bestimmen den Erfolg eines Entwicklungsprojektes. Kreativitt ist eine wichtige Voraussetzung, um innovati-ve Lsungen zu anspruchsvollen Problemen zu erarbeiten. Teamarbeit und eine funktionierende Kommunikation zwischen den Beteiligten nehmen angesichts ei-ner zunehmenden Vernetzung auf allen Ebenen an Bedeutung zu.

    Wegen der hohen Komplexitt realer oder geplanter Produkte werden mithilfe einer Systembetrachtung Modelle entwickelt und eingesetzt. Produktmodelle stel-len formale Abbilder realer Produkteigenschaften dar. Sie entstehen zum Beispiel zum Zwecke der Analyse durch Abstraktion eines komplexen Sachverhalts und trennen das fr die jeweilige Aufgabe Wesentliche vom Unwesentlichen. Aber auch im Rahmen der Synthese entstehen Produktmodelle. Zur Untersttzung des Entwicklungsprozesses werden Methoden eingesetzt. Diese stellen regelbasierte, planmige Vorgehensweisen dar und bieten Vorschlge fr die Abfolge und Aus-fhrung von Ttigkeiten. Um den Erfolg eines Methodeneinsatzes zu gewhrleis-ten, mssen in Abhngigkeit der Situation geeignete Methoden ausgewhlt wer-den. Auerdem ist in der Regel eine Anpassung der Methoden an die vorliegenden Rahmenbedingungen erforderlich. Zur Untersttzung der Anwendung von Metho-den und der Erzeugung von Produktmodellen stehen Werkzeuge zur Verfgung. Diese knnen sehr einfach oder hchst komplex sein. Beispiele fr einfache Werkzeuge sind Formbltter und Checklisten. Beispiele fr komplexe Werkzeuge sind Rechnerprogramme fr die numerische Simulation.

    Schlielich spielen die Faktoren Information und Wissen eine groe Rolle. Die Produktentwicklung ist ein Prozess der Informationsverarbeitung aus Infor-mationen zu den Anforderungen und Bedrfnissen der Kunden werden Informati-onen zur Gestalt und Herstellung des Produktes erzeugt. Das notwendige Wissen liegt nicht immer explizit vor, sondern ist auch implizit in den Kpfen der Ent-wickler verborgen. Zudem sind die verfgbaren Informationen gerade in frhen Phasen der Produktentwicklung vage und unsicher. Durch einzelne Arbeitsschritte der Analyse, Synthese und Bewertung wird der Wissensstand konkretisiert und detailliert. Hier kommt einem funktionierenden Informations- und Wissensma-nagement eine hohe Bedeutung zu.

  • 1.1 Entwicklungssituationen 11

    1.1 Entwicklungssituationen

    Entwicklungssituationen sind vielfltig, dynamisch und komplex [Ponn 2007]. Sie werden beeinflusst durch zahlreiche Faktoren, zum Beispiel Zeit, Kosten und Qualitt. Diese Einflussfaktoren stammen aus unterschiedlichen Bereichen, unter anderem der zu lsenden Entwicklungsaufgabe, der Organisation, innerhalb wel-cher sich Produktentwickler bewegen, und der zur Verfgung stehenden Rechner-landschaft.

    Dabei besitzen nicht alle Einflussfaktoren auf die Entwicklungssituation den-selben Stellenwert. Hinsichtlich der zeitlichen Dimension lassen sich kurz-, mittel- und langfristige Aspekte unterscheiden. Die Erkrankung eines Kollegen, der da-raufhin an einer wichtigen Sitzung nicht teilnehmen kann, ist ein Beispiel fr ei-nen kurzfristigen Aspekt. Ein langfristiger Einflussfaktor ist die Unternehmens-philosophie und -strategie. Erschwerend kommt die Dynamik hinzu, mit der sich Situationen ndern. Daher ist es die Aufgabe des Entwicklers, sich mit der Situati-on auseinandersetzen und mit angepassten Handlungen darauf zu reagieren. Im Folgenden wird das Spektrum an Entwicklungssituationen anhand ausgewhlter Merkmale und deren mglichen Ausprgungen diskutiert.

    Abb. 1-2. Systematik der Merkmale von Entwicklungssituationen (beispielhaft)

    Im Bereich des Maschinenbaus, der hier primr betrachtet wird, existiert ein breites Spektrum hinsichtlich der Produktart. Entwickler haben es nicht mehr le-diglich mit rein mechanischen, sondern zunehmend mit mechatronischen Pro-dukten zu tun [Isermann 1999, Bender et al. 2005, Gausemeier et al. 2006a]. Hier wirken Elemente des Maschinenbaus, der Elektrotechnik sowie der Informations-technik intelligent zusammen. Der Trend zur Integration und Miniaturisierung fhrt zu einer zunehmenden Produktkomplexitt. Darber hinaus sind heutzutage nicht mehr alleine Sachprodukte zu betrachten, sondern vielmehr Leistungsbndel, die aus Sachprodukten und zugehrigen Dienstleistungen bestehen.

  • 12 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    Abb. 1-3. Grundstruktur eines mechatronischen Systems [nach VDI 2206]

    Die Absatzmrkte, fr welche die Produkte entwickelt werden, sind sehr unter-schiedlich. Kunden sind sowohl im privaten Konsumbereich als auch in diversen Branchen und Bereichen des ffentlichen Lebens zu finden. Die Anforderungen an Produkte ndern sich, wenn es sich nicht um Konsumgter, sondern um Inves-titionsgter handelt, die in unterschiedlichen industriellen Bereichen eingesetzt werden. In Bezug auf die Absatzmrkte gilt es auerdem regionale Besonderhei-ten zu bercksichtigen. Unterschiedliche Kulturen, Bruche, anthropometrische Charakteristika, Sprachen, Gesetze oder klimatische Bedingungen haben auch Einfluss auf die Gestaltung von Produkten.

    In der gesamten Wertschpfungskette treten vielfltige Kunden- und Lieferan-tenbeziehungen auf. Kunde kann der Endverbraucher sein, zum Beispiel eine Pri-vatperson, die ein Automobil kauft. Der Automobilkonzern als Endproduktherstel-ler (OEM oder Original Equipment Manufacturer) ist wiederum Kunde fr Systemhersteller, also beispielsweise Unternehmen, die Automobilsitze, Klimage-rte, Getriebe oder Abgasanlagen entwickeln und produzieren. Der Systemherstel-ler seinerseits ist Kunde von Subsystem- oder Komponentenherstellern, von denen er Elektromotoren, Getriebe, Wlzlager, Dichtungen oder Schrauben bezieht. Un-abhngig von der Rolle in der Wertschpfungskette macht es auf Kundenseite ei-nen Unterschied, ob es sich um Entscheider, Beschaffer oder Benutzer des Pro-duktes handelt. Jede Rolle oder Funktion innerhalb der Prozesskette hat eine unterschiedliche Sicht auf Produkte und bentigt andere Informationen ber das Produkt. Kunden haben Bedrfnisse und Wnsche, die in die Entwicklung der Produkte mit einzubeziehen sind. Daher ist die Kenntnis der Rolle der verschiede-nen Kunden im Prozess wichtig. Die Kommunikation mit den Kunden kann sich mitunter sehr schwierig gestalten, da sie oft eine andere Sprache sprechen. Kun-den denken primr in Anforderungen und Anwendungen (Problemsicht), Entwick-ler und Konstrukteure dahingegen oft in Komponenten und Spezifikationen (L-sungssicht).

  • 1.1 Entwicklungssituationen 13

    Einen weiteren Einfluss auf die Situation des Produktentwicklers hat die Ferti-gungsart des Produktes. Hier kann nach kundenanonymer und kundenspezifischer Fertigung unterschieden werden, aber auch nach Einzelfertigung, Serienfertigung und Massenfertigung oder hinsichtlich der zu realisierenden Stckzahl. Beispiele fr Sondermaschinen nach individueller Kundenspezifikation knnen Montagean-lagen, Flugzeuge oder Werkzeugmaschinen sein. Kundenanonym gefertigte Mas-senprodukte sind zum Beispiel Schrauben, Dbel oder Wlzlager. Je nachdem, ob das Produkt fr die Einzel-, Serien- oder Massenfertigung vorgesehen ist, spielen unterschiedliche Aspekte fr die Produktgestaltung eine Rolle. Bei hoher Stck-zahl knnen scheinbar nebenschliche Details schnell zu enormen Kostendifferen-zen fhren. Neue Trends, wie beispielsweise Mass Customization oder Kunden-individuelle Massenproduktion [Piller 1998, Lindemann et al. 2006], verfolgen das Ziel, Kunden individuell mageschneiderte Produkte zur Verfgung zu stel-len. Dies soll unter vergleichbaren Konditionen wie in der Massenfertigung ge-schehen, was Kosten und Entwicklungs- beziehungsweise Lieferzeiten anbelangt.

    Die Art und Ausprgung der Komplexitt von Produkten kann sehr unter-schiedlich sein. Produkte wie Flugzeuge und Kraftwerke zeichnen sich durch eine hohe Zahl an Bauteilen und Baugruppen aus und sind aufgrund der Vernetzung und der daraus resultierenden zahlreichen Schnittstellen sehr komplex. Aber auch scheinbar einfache Produkte, wie zum Beispiel PVC-Einkaufstaschen, knnen ei-ne hohe Komplexitt besitzen, die sich hier jedoch in den Prozessen der Ausle-gung (Minimierung der Herstellkosten bei hoher Haltbarkeit), Herstellung (Blas-folienextrusion) oder Distribution (Verteilung an Supermrkte) verbirgt.

    Ein weiteres Merkmal ist die Art der Entwicklungsaufgabe. Eine in der Lite-ratur bliche Unterscheidung in Bezug auf den Neuheitsgrad der Entwicklung ist die Differenzierung nach Neuentwicklung, Anpassentwicklung und Variantenent-wicklung [Pahl et al. 2005, Ehrlenspiel 2009]. Diese Entwicklungsaufgaben kn-nen aber auch alle im selben Projekt auftreten. Bei der Weiterentwicklung oder Modellberarbeitung eines bestehenden Produktes, beispielsweise einer Bohrma-schine, kann es vorkommen, dass gewisse Umfnge neu entwickelt werden (Vib-rationsdmpfung), andere aber vom Vorgngerprodukt bernommen werden kn-nen und lediglich an neue Rahmenbedingungen anzupassen sind (Elektromotor). Bei einer Neuentwicklung ist es oft der Fall, dass neue oder andere Technologien zum Einsatz kommen (zum Beispiel Wasserstoffantrieb statt Verbrennungsmotor im Automobil). Auerdem sind im Rahmen einer Neuentwicklung hufig berle-gungen hinsichtlich der Systemarchitektur notwendig (beispielsweise bei der Entwicklung eines Hybridantriebs im Automobil).

    Schlielich wird die Entwicklungssituation geprgt durch die Art der Haupt-zielsetzung im Entwicklungsprojekt. Ein Produkt hat zahlreichen Anforderungen zu gengen, die sich gegenseitig beeinflussen. Hier ist eine Priorisierung der Ent-wicklungsziele von groer Bedeutung. Bei der ersten Generation eines neuen Ak-kuschraubers stellt unter Umstnden die Funktionalitt das Hauptziel dar, bei-spielsweise eine gegenber dem Wettbewerb erhhte Reichweite des Akkus bei gleichzeitig reduziertem Gewicht. In der zweiten Generation kann das Hauptziel dann die Senkung der Herstellkosten bei annhernd gleicher Funktionalitt sein.

  • 14 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    1.2 Technische Produkte

    Das Spektrum an technischen Produkten ist sehr gro. Je nach Produktbereich und Branche existieren spezielle Anforderungen und Rahmenbedingungen, auf die der Entwickler besonders zu achten hat und welche die Entwicklungssituation prgen. So macht es beispielsweise einen Unterschied, ob es sich um ein Konsum- oder Investitionsgut handelt. Auch sind bei der Entwicklung von Haushaltsgerten teilweise deutlich andere Aspekte relevant als bei der Entwicklung von Produkti-onsanlagen. Im Folgenden wird auf ausgewhlte Produktbereiche und auf einige ihrer speziellen Merkmale eingegangen.

    Abb. 1-4. Ausschnitt aus dem Spektrum betrachteter technischer Produkte

    Einen fr den Privatkonsum relevanten Produktbereich stellen Haushaltsgerte wie beispielsweise Pflanzenlkocher, Zitruspressen oder Staubsauger dar. Neben allgemeinen Anforderungen an die Funktionalitt und Sicherheit dieser Produkte dient hier das Design als Differenzierungsmerkmal, welches dazu beitrgt, einen Markenwert zu erzeugen und den Absatz zu garantieren. Da bei diesen berwie-gend massengefertigten Erzeugnissen auerdem Stckzahleneffekte angestrebt werden, steht oft auch das Thema der Kostenoptimierung im Vordergrund.

    Sportgerte wie Fahrrder, Schlittschuhe oder Tourenskibindungen besitzen wiederum ganz eigene Anforderungen. Unter anderem spielen hier die Faktoren Ergonomie, Mobilitt, Sicherheit, aber auch Gewicht eine wichtige Rolle.

    In der Automobiltechnik damit ist hier der private Sektor gemeint spielen neben anderen Aspekten die Themen Preis, Leistung, Verbrauch und Komfort eine

  • 1.2 Technische Produkte 15

    Rolle. Betrachtet man einzelne Kundensegmente, werden die Anforderungen dif-ferenzierter. Die Kunden im Premiumbereich haben andere Bedrfnisse als die Kunden in der Kompaktklasse. Hier gilt es in der Entwicklung vor allem die Viel-falt an Varianten zu beherrschen, sowohl auf Ebene des Gesamtsystems (Modell-varianten) als auch auf den untergeordneten Ebenen der Baugruppen und Bauteile (Motor, Antriebsstrang, Sitze und so weiter).

    Einen Produktbereich in der Kategorie der Investitionsgter stellen Maschinen und Gerte fr Profianwender in der Bauindustrie dar, zum Beispiel Bohrmaschi-nen, Betonmischer oder Meielhmmer. Hier ist von hoher Bedeutung, dass die Gerte ihre Funktion mit hoher Sicherheit und Zuverlssigkeit erfllen. Die The-men der Lebensdauer und Robustheit gegenber Streinflssen am Bau (Staub, Wasser, Schmutz) stellen eine Herausforderung fr die Entwicklung dar. Entwick-ler haben zu bercksichtigen, dass die Gerte auch bei Missbrauch durch den Be-nutzer zum einen weiterhin ihre Funktion erfllen mssen, zum anderen keine Ge-fahr fr Menschen und die Umwelt darstellen drfen.

    Ein weiterer Produktbereich ist die Fahrzeugtechnik, hier stehen Nutzfahrzeuge im Fokus. Beispiele fr Projekte in diesem Bereich sind die Entwicklung einer Gangschaltung fr Lkw oder eines Pneumatikventils fr Schienenfahrzeuge. The-men von Relevanz fr den Entwickler sind unter anderem Zuverlssigkeit, Sicher-heit, Lebensdauer, Gewicht und Variantenmanagement.

    Die klinikorientierte Medizintechnik verlangt von den hier eingesetzten Pro-dukten eine hohe Zuverlssigkeit, da durch Fehlfunktionen Menschenleben ge-fhrdet werden knnen. Eine Herausforderung fr die Entwicklung stellt die Tat-sache dar, dass eine funktionierende Kommunikation zwischen den involvierten Disziplinen (Mediziner als Kunden, Ingenieure als Lieferanten von Produktlsun-gen) vonnten ist. Hier sind Barrieren zu berwinden, die sich aufgrund der unter-schiedlichen Begriffswelten und Denkweisen ergeben.

    Entwicklungsprojekte in der Anlagentechnik sind vor allem durch die hohe Produktkomplexitt geprgt. Beispiele fr Produkte aus diesem Bereich sind PET-Flake-Waschanlagen oder Kraftwerke auf Basis von Gas- und Dampfturbi-nen. Ein Thema von Bedeutung ist angesichts der langen Betriebsdauer der Anla-gen unter anderem die Gewhrleistung von Nachhaltigkeit. Beispielsweise werden geeignete Konzepte fr die Wartung, Instandhaltung und Modernisierung der Ge-samtanlage oder von Teilsystemen bentigt.

    Produktbeispiele aus dem Bereich Produktionstechnik sind Industrieroboter oder Werkzeugmaschinen. Hier sind die Optimierung von Leistungsparametern, die Minderung von Strfaktoren wie Vibrationen oder Lrm und das Thema der Sicherheit von hoher Bedeutung. Eine weitere Anforderung ist die Flexibilitt, mit der die Maschine oder Anlage an neue Rahmenbedingungen (zu fertigende oder montierende Produkte, Losgren und so weiter) angepasst werden muss.

    Schlielich werden auch Gromaschinen wie Flugzeuge, Containerschiffe oder Hochgeschwindigkeitszge betrachtet. Bei diesen spielt ebenfalls die zu bewlti-gende Komplexitt aufgrund der hohen Anzahl an Baugruppen und Bauteilen so-wie deren Vernetzung eine Rolle.

  • 16 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    1.3 Entwicklungsprozesse

    Ziel der Produktentwicklung ist es, funktionsfhige und produzierbare Produkte zu generieren. Dafr sind unterschiedlichste Prozesse notwendig, die die Ablufe der Entwicklungsarbeit und das Vorgehen der involvierten Individuen und Teams re-geln. Unter einem Prozess wird eine Folge von Aktivitten unter Nutzung von In-formation und Wissen sowie materiellen Ressourcen verstanden [Lindemann 2009]. Dabei werden Eingangsinformationen (Input) durch Aktivitten zu Aus-gangsinformationen (Output) verarbeitet. Zum Beispiel erhlt ein Berechnungsin-genieur von einem Konstrukteur Informationen zur Geometrie eines Bauteils in Form eines CAD-Modells und weitere Angaben zu Schnittstellen und Lasteinlei-tung. Nach Erfllung seiner Aufgabe spielt er dem Konstrukteur die gewnschte Aussage zur Festigkeit oder Verformung des Bauteils zurck.

    Der Entwicklungsprozess als Teil der Ablauforganisation im Unternehmen lsst sich einordnen in die Produktentstehung. Diese kann wiederum als ein Netz-werk verschiedener Zyklen aufgefasst werden, die miteinander in Interaktion ste-hen [nach Gausemeier et al. 2006b]. In dem der Produktentwicklung vorgelagerten Zyklus der Strategischen Produktplanung werden Erfolgspotenziale der Zukunft, Produkt- und Geschftsideen entwickelt und geplant. In der Produktentwicklung selbst werden Produkte konzipiert, entworfen und ausgearbeitet. Diesem Zyklus nachgelagert ist die Entwicklung des Produktionssystems, die den Fokus auf die notwendigen Ablufe, Arbeitsmittel, Logistik und Arbeitssttten fr die Herstel-lung des Produktes legt.

    Abb. 1-5. Produktentstehung als Netzwerk verschiedener Zyklen [nach Gausemeier et al. 2006b]

    Der Produktentwicklungsprozess ist darber hinaus mit weiteren Zyklen eng verknpft, beispielsweise mit Zyklen des Marktes, des Produktes und der Organi-

  • 1.4 Vorgehensmodelle 17

    sation. Der Produktlebenszyklus erstreckt sich von der ersten Idee fr ein Pro-dukt bis zu dessen Recycling. In Abhngigkeit der Entwicklungssituation sind auch vor- und nachgelagerte Bereiche in die Betrachtung mit einzubeziehen. Vor-gelagert ist zum Beispiel die Entwicklung von Grundlagenwissen und Basistech-nologien, nachgelagert die Wiederverwertung von Materialien.

    Entwicklungsprozesse als Teil der Ablauforganisation sind eng verknpft mit der Aufbauorganisation. Ein Kernpunkt der Aufbauorganisation ist die Festlegung von Verantwortung, Zustndigkeit und Kooperation der am Prozess beteiligten In-dividuen und Teams. Hufig anzutreffen ist die Orientierung an Funktionen inner-halb des Unternehmens. In dieser Organisationsform gibt es zentrale Verantwort-liche fr Funktionen wie zum Beispiel die Entwicklung, die Produktion, den Vertrieb und das Finanzwesen. Die Konstruktion als wichtiger Teilbereich der Produktentwicklung befasst sich primr mit der Konzipierung und Gestaltung von Produkten. Sie grenzt sich zu anderen Funktionsbereichen innerhalb der Produkt-entwicklung ab, zum Beispiel der Berechnung, der Simulation, dem Prototypen-bau und dem Versuch [Ehrlenspiel 2009].

    Im Gegensatz zur Funktionsorientierung stehen bei einer Spartenorientierung die Produktfamilien eines Unternehmens im Vordergrund. Produziert ein Unter-nehmen zum Beispiel Lkws, Omnibusse und Dieselmotoren, stellen diese Pro-duktfamilien die einzelnen Unternehmenssparten dar. In einer Matrixorganisation wird versucht, die Vorteile der Funktions- und der Spartenorientierung zusam-menzufhren. Die Vernetzung der Aufbau- und der Ablauforganisation wird in der Produktentwicklung hufig in Form einer Projektorganisation realisiert.

    Eine optimale Organisationsform beinhaltet auch organisatorische Vernderun-gen, um dadurch ein Verkrusten der Strukturen zu verhindern. Dies betrifft sowohl die Ablauf- als auch die Aufbauorganisation. Um die Barrieren und Grenzen von Organisationseinheiten zu berwinden, werden daher immer wieder neue oder modifizierte Organisationsformen entwickelt. Reorganisation gehrt in den Unter-nehmen entweder zur Alltagsroutine oder erfolgt zumindest in gewissen Zyklen [Lindemann 2009].

    1.4 Vorgehensmodelle

    In Vorgehensmodellen der Produktentwicklung werden wichtige Elemente einer Handlungsfolge abgebildet, die als Hilfsmittel zum Planen und Kontrollieren von Entwicklungsprozessen dienen knnen. Der Anwender kann prfen, an welcher Stelle er sich in einem solchen Prozess befindet und welche Schritte als Nchstes zu bearbeiten sind. Auch kann der Entwickler ber sein eigenes Vorgehen anhand eines Vorgehensmodells reflektieren und seine Handlungen damit kontrollieren.

    In der VDI-Richtlinie 2221 [VDI 2221] wird das generelle Vorgehen beim Entwickeln und Konstruieren ausgehend von der Entwicklungsaufgabe bis hin zum Abschluss der Konstruktion in sieben einzelne Schritte unterteilt. Der Fokus liegt hierbei auf den Ergebnisdokumenten, die aus den einzelnen Schritten als Ar-

  • 18 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    beitsergebnisse hervorgehen. Diese Ergebnisdokumente (beispielsweise die An-forderungsliste, die Funktionsstruktur und die prinzipielle Lsung) stellen Repr-sentationen beziehungsweise Partialmodelle des Produktes mit zunehmendem De-taillierungs- und Konkretisierungsgrad dar. Die Darstellung des Vorgehens-modells vermittelt einen stark sequenziellen Charakter, obwohl die Notwendigkeit von Rcksprngen im Sinne von Iterationen ebenfalls betont wird.

    Abb. 1-6. Vorgehen beim Entwickeln und Konstruieren [nach VDI 2221]

    Das ursprnglich aus der Softwareentwicklung stammende V-Modell in der Erweiterung nach VDI-Richtlinie 2206 [VDI 2206] beschreibt das generische Vorgehen beim Entwurf mechatronischer Systeme, das fallweise auszuprgen ist. Ausgangspunkt bildet wie in VDI-Richtlinie 2221 ein konkreter Entwicklungsauf-trag. Es folgen die Schritte Systementwurf, domnenspezifischer Entwurf und Systemintegration. Ziel des Systementwurfes ist die Festlegung eines domnen-bergreifenden Lsungskonzeptes, das die wesentlichen physikalischen und logi-schen Wirkungsweisen des zuknftigen Produktes beschreibt. Auf der Basis dieses gemeinsam entwickelten Lsungskonzeptes erfolgt die weitere Konkretisierung meist getrennt in den beteiligten Domnen (Maschinenbau, Elektrotechnik, Infor-mationstechnik). Die Ergebnisse aus den einzelnen Domnen werden anschlie-end zu einem Gesamtsystem integriert, um das Zusammenwirken untersuchen und eine Eigenschaftsabsicherung betreiben zu knnen. Ein komplexes mechatro-nisches Produkt entsteht in der Regel nicht innerhalb eines Makrozyklus. Viel-mehr sind auch hier mehrere Durchlufe erforderlich (grafisch als ineinander ver-schachtelte Vs dargestellt), in denen die Produktreife zunimmt.

  • 1.4 Vorgehensmodelle 19

    Abb. 1-7. V-Modell fr den Entwurf mechatronischer Systeme [VDI 2206]

    Eine weitere Sicht auf die Produktentwicklung ist die Auffassung als Prozess der Problemlsung. Diese Sicht wird beispielsweise durch das Mnchener Vor-gehensmodell (MVM) [Lindemann 2009] abgebildet. Dieses generische Modell enthlt sieben Elemente: Ziel planen, Ziel analysieren, Problem strukturie-ren, Lsungsideen ermitteln, Eigenschaften ermitteln, Entscheidungen her-beifhren und Zielerreichung absichern. Die grafische Visualisierung des Vor-gehensmodells wurde in Form eines Netzwerks realisiert, was es von bestehenden Vorgehensmodellen zur Problemlsung unterscheidet. Diese Darstellung kommt realen Prozessen mit ihrem sprunghaften Verlauf nher als lineare Darstellungen mit einem Verweis auf erlaubte Rcksprnge. In der Anwendung des Modells sind die einzelnen Elemente nicht immer klar voneinander abgrenzbar. Daher erfolgt die Darstellung der Elemente des Modells mithilfe sich berschneidender Kreise.

    Abb. 1-8. Das Mnchener Vorgehensmodell (MVM) [Lindemann 2009]

  • 20 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    Mithilfe des Mnchener Vorgehensmodells kann der Entwicklungsprozess ge-samthaft oder im Detail betrachtet werden. Die Wichtigkeit der umfassenden Be-schftigung mit der Problemstellung und der damit verbundenen Vorbereitung der Lsungssuche wird mit den drei Elementen Ziel planen, Ziel analysieren und Problem strukturieren betont. Ferner finden die Konsequenzen von Entschei-dungen im Element Zielerreichung absichern Bercksichtigung. Der Netzwerk-charakter des Modells fhrt zu einer groen Flexibilitt hinsichtlich der Anwen-dung, wodurch eine situationsgerechte Untersttzung von Entwicklungsprozessen ermglicht werden soll.

    Vorgehensmodelle sind wie alle Modelle zweckorientierte und informa-tionsreduzierte Abbilder der Realitt. Dadurch kann es geschehen, dass wichtige Punkte ausgeblendet werden und eine unreflektierte Anwendung zu Fehlern fhrt. Bei der situationsspezifischen Verwendung dieser generischen Modelle ist daher immer eine kritische Betrachtung ntig. In der Praxis trifft man auf Situationen, in denen ein stringentes Vorgehen nach einem Vorgehensmodell uerst wertvoll und auch notwendig ist. Genauso sind jedoch Situationen erkennbar, in denen die-ses stringente Vorgehen keine untersttzende Wirkung zeigt. Ausgehend von einer sinnvollen Analyse ist es oft mglich, ein Vorgehensmodell an die Situation anzu-passen. Fr die nderung bestehender Produkte aufgrund neuer gesetzlicher Vor-schriften ist beispielsweise ein anderes Vorgehen erforderlich als fr die Entwick-lung neuer Produkte fr die Erschlieung zustzlicher Mrkte.

    1.5 Produktmodelle

    Als Mittel zur Komplexittsbeherrschung werden mithilfe der Systembetrachtung Modelle entwickelt und eingesetzt. Als Produktmodell wird die Spezifikation von Produktinformationen in Form technischer Dokumente oder sonstiger Pro-duktreprsentationen verstanden, die im Entwicklungsprozess als Ergebnisse ent-stehen. Produktmodelle sind formale Abbilder realer oder geplanter Produkteigen-schaften [Grabowski et al. 1993]. Sie sind aufgabenspezifisch und zweckorientiert, das heit sie trennen das fr die jeweilige Aufgabe Wesentliche vom Unwesentli-chen. Produktmodelle werden beispielsweise fr folgende Zwecke eingesetzt:

    zur Erfassung, Strukturierung und Dokumentation von geforderten System-merkmalen (Zielmodell)

    zur Generierung eines besseren Problem- oder Systemverstndnisses in Bezug auf existierende oder zu entwickelnde Systeme, zur Darstellung von Schwach-stellen und Optimierungspotenzialen (Problemmodell)

    zur Spezifikation der Struktur sowie der geometrischen und stofflichen Be-schaffenheit eines zu entwickelnden Produktes (Entwicklungsmodell)

    zur Erfassung und Analyse wesentlicher Eigenschaften eines Produktes, die fr eine Bewertung hinsichtlich der Produktqualitt und Anforderungserfllung re-levant sind (Verifikationsmodell)

  • 1.5 Produktmodelle 21

    Abb. 1-9. Arten von Modellen im Entwicklungsprozess [Lindemann 2009]

    Produktmodelle knnen im Gedchtnis des Entwicklers (intern) vorliegen, bei-spielsweise als Problemmodell, das die individuelle, subjektive Sicht auf ein Prob-lem darstellt [Gramann 2004]. Externe Produktmodelle wiederum knnen von mehreren Individuen wahrgenommen werden und dienen der Kommunikation zwischen den Beteiligten im Prozess, zum Beispiel den Projektverantwortlichen aus den Bereichen Konstruktion, Versuch, Simulation und Marketing. Die folgen-de Aufzhlung zeigt beispielhaft verschiedene Arten externer Produktmodelle, die im Rahmen von Entwicklungsprozessen eine Rolle spielen:

    Funktionsmodelle und -strukturen im Sinne von grafischen oder symbolischen Darstellungen, welche die Elemente eines Systems (Bauteile, Funktionen) und die Relationen zwischen den Elementen enthalten (zum Beispiel Umsatzorien-tiertes Funktionsmodell, Relationsorientiertes Funktionsmodell)

    Modelle von prinzipiellen Lsungskonzepten oder zur Darstellung des Pro-duktdesigns in Form von Handskizzen

    Detaillierte digitale Geometriemodelle in 2D und 3D (CAD, VR) Kinematische Modelle in physikalischer oder virtueller Form zur Darstellung

    dynamischer Ablufe im Produkt (beispielsweise Mehrkrpersimulation) Analytische oder numerische Berechnungsmodelle (zum Beispiel FEM) Physische Modelle, zum Beispiel als Funktions-Prototypen fr orientierende

    Versuche oder Hartschaummodelle zur Bewertung des Designs

    Modelle knnen als Vorgabe fr die Entwicklung und Konstruktion eines Sys-tems dienen. Allerdings kann es passieren, dass bei einer intensiven Arbeit mit Modellen der Unterschied zur Realitt nicht mehr bewusst ist und Modelle in ihrer Aussagekraft berschtzt werden. Zustzlich wird die Komplexitt durch Un-schrfen in der Festlegung der Elemente und deren Relationen oder durch man-

  • 22 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    gelndes Wissen erhht. Gerade in frhen Phasen der Produktentwicklung werden berschlagsrechnungen oder erste grobe Auslegungen erstellt, denen bestimmte Annahmen zugrunde liegen. Dessen muss sich der Entwickler bewusst sein.

    Abb. 1-10. Beispiele verschiedener Partialproduktmodelle [Lindemann 2009]

    Hufig werden standardisierte Modelle eingesetzt, beispielsweise die Structu-red Analysis and Design Technique (SADT) [Marca et al. 1989] fr die Abbildung von Prozessen und das Umsatzorientierte Funktionsmodell fr die Abbildung von Produkten. Vorteile dieser Standards sind bei einer bereits bewhrten Anwendung eine Vereinfachung im Einsatz, eine bessere Vergleichbarkeit von Modellen und die Reduzierung von Schnittstellenproblemen. Allerdings kommen diese Modelle dem Bedrfnis einer situations- und personenspezifischen Anwendung nicht nach, so dass eine dogmatische starre Anwendung zu vermeiden ist [Fuchs 2005].

    1.6 Methoden und Werkzeuge

    Fr eine systematische Untersttzung werden im Entwicklungsprozess Methoden eingesetzt. Der Begriff Methode kennzeichnet die Beschreibung eines regelbasier-ten und planmigen Vorgehens, nach dessen Vorgabe bestimmte Ttigkeiten auszufhren sind, um ein gewisses Ziel zu erreichen [Lindemann 2009]. Methoden sind prskriptiv, also als eine Vorschrift zu verstehen. Sie sind zielorientiert und damit auf die Lsung eines Problems oder einer Aufgabenstellung fokussiert. Me-thoden bieten Vorschlge fr die Abfolge bestimmter Ttigkeiten an und die Art und Weise, in der diese Ttigkeiten durchzufhren sind. Sie besitzen einen stark operativen Charakter. Oftmals stellen Methoden einen Formalismus dar, der fest-legt, wie Schritte durchzufhren beziehungsweise Arbeitsergebnisse zu dokumen-tieren sind.

    Je nach durchzufhrender Aktivitt existieren unterschiedliche Arbeitsmetho-den und umfassendere Methodiken. Zur Analyse und Strukturierung von techni-schen Systemen und Problemen bieten sich beispielsweise ein Wirkungsnetz oder

  • 1.6 Methoden und Werkzeuge 23

    eine Einflussmatrix an. Fr die Lsungssuche ist der Einsatz intuitiver Methoden (zum Beispiel Brainstorming) oder diskursiver Methoden (beispielsweise Syste-matische Variation) denkbar. Zur Eigenschaftsermittlung werden in der Praxis verschiedenste Methoden (Berechnung, Simulation, Versuch) angewandt, fr die es oftmals geschulte Experten und spezielle Rechnerwerkzeuge bedarf. Schlie-lich existieren fr die Lsungsbewertung sowohl einfache (Vorteil-Nachteil-Vergleich) als auch differenzierende Methoden (Nutzwertanalyse).

    Fr den erfolgreichen Methodeneinsatz sind mehrere berlegungen notwendig [Braun 2005]. Zunchst ist zu klren, ob in einer spezifischen Entwicklungssitua-tion berhaupt Bedarf nach einer Methodenanwendung besteht. Erscheint ein Me-thodeneinsatz sinnvoll, so ist eine adquate Methode auszuwhlen. Hierbei gilt es abzuklren, ob die vorliegende Aufgabenstellung von der zur Auswahl stehenden Methode untersttzt wird und ob die mit der Methode erzielbare Wirkung mit den angestrebten Ergebnissen bereinstimmen. Zumeist lassen sich Methoden nicht unverndert auf unterschiedliche Einsatzsituationen bertragen. Aus diesem Grund sind Methoden an die individuelle Einsatzsituation anzupassen. Die An-wendung der Methode umfasst die Bearbeitung der Aufgabenstellung mithilfe der Methode. Der Transfer von Methoden in andere Bereiche, beispielsweise aus dem Maschinenbau in die Hochbauplanung [Erdell 2006], verspricht Potenziale, bringt aber auch groe Herausforderungen mit sich.

    Werkzeuge untersttzen die Anwendung von Methoden und die Generierung von Produktmodellen. Sie knnen einfach bis komplex sein. Beispiele fr einfache Werkzeuge sind Formbltter, Checklisten und Konstruktionskataloge. Beispiele fr komplexe Werkzeuge sind Software-Programme zur FEM-Simulation oder grafen- und matrizenbasierte Rechnerprogramme zur Analyse und Optimierung komplexer Strukturen. Bei der Auswahl von Werkzeugen ist analog zur Metho-denauswahl die Tatsache zu bercksichtigen, dass der Einsatz von Werkzeugen mit Aufwand verbunden ist. Beispielsweise fallen Kosten fr Lizenzgebhren an oder es sind Zeit und Geld fr Schulungen einzuplanen. Daher muss der Aufwand immer gegenber dem erzielbaren Nutzen abgewogen werden.

    Produktmodelle, Methoden und Werkzeuge stehen in einem engen Zusammen-hang. Produktmodelle entstehen oft als Ergebnis einer Methodenanwendung. Der Name der Methode entspricht hufig dem des resultierenden Produktmodells. Bei-spiele sind die Methoden (beziehungsweise Produktmodelle) Anforderungsliste oder Morphologischer Kasten. Derartige Methoden nehmen einen Schwerpunkt in den weiteren Ausfhrungen ein. Ein weiterer Fokus wird auf Methoden gelegt, die externe Informationsspeicher als Werkzeuge nutzen um Produktmodelle zu er-stellen, also beispielsweise Checklisten zur Anforderungsklrung, Sammlungen physikalischer Effekte, Konstruktionskataloge, Gestaltungsrichtlinien und so wei-ter. Eine der wesentlichen Arbeitsmethoden, die hier von Relevanz sind, ist die Systematische Variation. Andere Problemlsungsmethoden, die allgemeiner Art sind und nicht nur im Bereich der Produktentwicklung Anwendung finden (wie zum Beispiel Recherche oder Brainstorming), werden hier nicht ausfhrlich be-handelt. Hinsichtlich dieses Typs an Arbeitsmethoden sei auf das Buch Methodi-sche Entwicklung technischer Produkte [Lindemann 2009] verwiesen.

  • 24 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    1.7 Das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell (MKM)

    Mit dem Vorgehensplan der VDI-Richtlinie 2221 [VDI 2221] wurde bereits ein Beschreibungsmodell fr Entwicklungsprozesse vorgestellt, das seinen Fokus auf die erzeugten Produktmodelle und deren zunehmenden Konkretisierungs- bezie-hungsweise Detaillierungsgrad legt. Der Konkretisierungsgrad ordnet die vom Abstrakten zum Konkreten hin entstehenden Ergebnisse des Entwicklungsprozes-ses. Entgegengerichtet kann vom Abstraktionsgrad gesprochen werden. Zugehri-ge Ttigkeiten sind das Konkretisieren beziehungsweise das Abstrahieren. Eine Schnittzeichnung, die von einem detaillierten 3D-CAD-Modell abgeleitet wurde, ist demnach ein Produktmodell auf hherem Konkretisierungsgrad als eine grobe Handskizze, welche die prinzipiellen Merkmale der Lsung beschreibt. Eine Kon-zeptskizze ist wiederum konkreter als ein Funktionsmodell.

    Beschreibungsmodelle fr technische Systeme, die die unterschiedlichen Ebe-nen der Produktkonkretisierung darstellen, finden sich unter anderem auch bei [Rodenacker 1991] und [Pahl et al. 2005]. Ein weiteres Modell in diesem Zusam-menhang ist das Pyramidenmodell der Produktkonkretisierung [Ehrlenspiel 2009]. In diesem Modell sind die Bereiche Funktion (funktionelle Lsungsmglichkei-ten), Physik (prinzipielle physikalische Lsungsmglichkeiten) und Gestalt (ge-stalterische und stoffliche Lsungsmglichkeiten) dargestellt. Im Sinne einer durchgngigen Produkterstellung ist als zustzliche Ebene der Produktionsbereich (fertigungs- und montagetechnische Lsungsmglichkeiten) enthalten. Prozesse der Lsungssuche und -auswahl sind schematisch als Dreiecksflchen eingezeich-net. Die Pyramidenform des Modells bringt die Zunahme von sinnvollen L-sungsmglichkeiten und den Informationszuwachs mit zunehmender Konkretisie-rung zum Ausdruck.

    Abb. 1-11. Pyramidenmodell der Produktkonkretisierung [Ehrlenspiel 2009]

  • 1.7 Das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell (MKM) 25

    Der Grad der Produktkonkretisierung ist nicht die einzige Dimension, die im Rahmen der Entwicklung und Konstruktion eine Rolle spielt. Eine weitere wichti-ge Dimension ist der Zerlegungsgrad des Systems. Die zugehrigen Ttigkeiten sind das Zerlegen und Detaillieren (Erhhung des Zerlegungsgrades) beziehungs-weise das Kombinieren und Zusammenfgen (Reduzierung des Zerlegungsgra-des). In Entwicklungsprozessen treten sehr hufig komplexe Problemstellungen auf. Diese sind vom Entwickler ohne geeignete Untersttzung nur schwer zu bear-beiten. Eine Mglichkeit, mit dieser Komplexitt zurechtzukommen, ist die Zerle-gung eines Problems in Teilprobleme. Diese sind besser berschaubar und somit leichter zu bearbeiten. Die Lsung der Teilprobleme stellt einen wesentlichen Schritt bei der Lsung des Gesamtproblems dar (Grundprinzip der Problemzerle-gung [Drner 2000]). Die gefundenen Teillsungen mssen anschlieend zur Ge-samtlsung zusammengefgt werden, was den Zerlegungsgrad des Systems wie-der verringert. Diese Aspekte finden sich ebenfalls im bereits diskutierten V-Modell: Im Systementwurf wird der Zerlegungsgrad erhht, in der Sys-temintegration wird der Zerlegungsgrad reduziert.

    Als dritte Dimension von Relevanz ist hier der Variationsgrad zu erwhnen. Dieser ordnet die zu einem gewissen Zeitpunkt betrachtete Menge an Lsungsal-ternativen. Die zugehrigen Ttigkeiten sind das Variieren (Erhhung des Variati-onsgrades) beziehungsweise das Festlegen und Einschrnken (Reduzierung des Variationsgrades). Das Denken in Alternativen ist ebenfalls ein wesentliches Grundprinzip der Produktentwicklung beziehungsweise der Problemlsung [Da-enzer et al. 1999]. Grundstzlich sollten Entwickler im Rahmen der Lsungssuche zunchst prfen, ob nicht auch andere Lsungen in Frage kommen knnten als die erste, die ihnen einfllt. Hierbei geht es nicht darum, mglichst viele Lsungen zu sammeln. Das Ziel ist es, realistische Alternativen zur vorhandenen Lsung zu ge-nerieren, um dadurch die Chance auf innovative Lsungen zu erhhen.

    Alle drei Dimensionen zusammen (Konkretisierungsgrad, Zerlegungsgrad, Va-riationsgrad) spannen einen Modellraum des Konstruierens auf [Rude 1998]. Die Dimensionen dienen der Ordnung von Ergebnissen aus dem Entwicklungsprozess. Innerhalb des Modellraums werden den vier Konkretisierungsstufen Anforderung, Funktion, Prinzip und Gestalt jeweils Partialmodelle eines integrierten Produkt-modells zugeordnet. Der Entwicklungsprozess lsst sich wiederum als eine Navi-gation durch diesen Modellraum darstellen. Ein Beispiel ist der bergang von der Anforderungs- auf die Funktionsebene, indem auf Basis einer Anforderungsliste eine Funktionsstruktur erstellt wird (Konkretisierung). Ein weiteres Beispiel stellt die Festlegung eines Gesamtkonzeptes auf Basis eines Morphologischen Kastens dar, welcher zu verschiedenen Teilfunktionen alternative Lsungsideen enthlt (Kombination, Einschrnkung).

  • 26 1 Produktentwicklung und Konstruktion

    Abb. 1-12. Modellraum des Konstruierens [nach Rude 1998]

    Auf Basis der vorgestellten Modelle sowie diverser Forschungsprojekte wurde ein Beschreibungsmodell fr den Entwicklungsprozess entwickelt, das sich an den Eigenschaften der fr den Prozess relevanten Produktmodelle orientiert: das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell (MKM). Die beiden Hauptkom-ponenten des Modells sind der Anforderungsraum und der Lsungsraum. Der Konkretisierungsgrad dient hier wie bei den anderen Beschreibungsmodellen als wesentliche Dimension zur Ordnung der Produktmodelle im Entwicklungsprozess.

    Anforderungsraum: Anforderungen reprsentieren technische Entwicklungs-ziele beziehungsweise geforderte Produkteigenschaften. Eine Anforderungskl-rung zu Beginn des Entwicklungsprojektes stellt die Weichen fr alle folgenden Entwicklungsaktivitten. Im Verlauf des weiteren Entwicklungsprozesses wird das Anforderungsmodell in Schritten erweitert, detailliert und angepasst.

    Lsungsraum: Der Lsungsraum spannt die Menge aller Lsungsmglichkei-ten zur Umsetzung der Anforderungen in einem Produkt auf. Im Lsungsraum werden drei Konkretisierungsebenen unterschieden: die Funktions-, Wirk- und Bauebene.

    Funktionsebene: Durch Funktionen werden das Produkt beziehungsweise sei-ne Bestandteile auf abstrahierter Ebene zweckorientiert beschrieben. Durch das Denken in Funktionen wird die Loslsung von konkreten Sachverhalten bezie-hungsweise Vorprgungen und damit die Entwicklung neuer, innovativer L-sungsanstze ermglicht. Im Funktionsmodell sind die Funktionen des Produk-tes sowie deren Zusammenhnge (Funktionsstruktur) dargestellt. Funktionen stellen die erste Konkretisierungsstufe im Lsungsraum dar.

  • 1.7 Das Mnchener Produktkonkretisierungsmodell (MKM) 27

    Wirkebene: Auf Wirkebene lassen sich die prinzipiellen Lsungsideen und Lsungskonzepte einer technischen Problemstellung darstellen. Die fr die Funktion relevanten Aspekte der Lsung sind im Wirkmodell abgebildet, was durch die Vorsilbe Wirk ausgedrckt wird. Wirkprinzipien zur Realisierung einzelner Teilfunktionen werden dabei zur Wirkstruktur verknpft. Auf Wirk-ebene erfolgt die Festlegung eines Gesamtkonzeptes, dessen Qualitt bereits frh im Entwicklungsprozess den Erfolg des spteren Produktes beeinflusst.

    Bauebene: Um ein Produkt herstellen zu knnen, muss es auf Bauebene in sei-ner konkreten Gestalt festgelegt werden. Ergebnis ist das Baumodell, das alle Bauteile und Baugruppen sowie deren Verknpfu