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ACA Jg. 2 / 989, Heft 5 295 Aus der II. Chirurgischen Universitfitsklinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. E. Wohwr) Koronarchirurgie imWandel der Zeit W. Mohl, R. Buchberger und A. Rokitansky SchIiisselwdrter: Koronarchirurgie - Be- handlung der Myokardischi~mie - Inter- ventionskardiologie - sequentielle Anastomosen - Endarteriektomie. Key-words: Coronary artery surgery - treatment of ischemic heart disease - interventional cardiology - sequential grafting- endarteriectomy. Die Behandlung der koronaren Herzkrankheit hat in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gebracht. Die Entwicklung der Koronarchirurgie in 0sterreieh und das Wirken von Prof. J. Navratil sind untrennbar mitein- ander verbunden. Seit Beginn der Koronarchirurgie hat der Erfolg dieser Operationstechnik die Zahl der Patienten stark ansteigen lassen. Heute sind wir mit einem Wandel in der Operationstechnik, in der Indikations- stellung sowie in der demographischen Struktur der Patienten konfron- tiert, aber auch mit Iogistischen und gesundheitspolitischen Fragen, die zu analysieren und wissenschaftlich sowie organisatorisch umzusetzen die Herausforderung ffir die Zukunft sein wird. The Development of Coronary Artery Surgery Summary:Therehas been enormous progress in treating coronary artery disease during the last 2 decades. The development o f coronary surgery in Austria was certainly encouraged when J. Navratil was Head of the II. Surgical Department in Vienna. Since then, the number of patients undergoing coro- nary artery surgery has increased tre- mendously due to the success ofits sur- gical techniques. Today we are con- fronted with the developments ofsurgi- cal techniques and structural changes ofthe patient population as wellas que- stions oflogistics and health policy. An- alyzing and putting into practice these issues from a scientific as well as from an organizational point ofviewis going to be the challenge in the near future. Einleitung Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts der Zusammenhang zwischen Koro- narsklerose, myokardialer Minder- durchblutung mad Angina pectoris er- Korrespondenzanschrift: Doz. DDr. W. Mohl, II. Chirurgische Universitfits- klinik, Spitalgasse 23, A-1090 Wien. kannt worden war, entwickelte Franck 1899 das erste chirurgische Kon_z.ept zur Behandlung dieses Krankheitsbil- des. 1916 wurde dicser Vorschlag (die Durchtrennung des zervikalen Sympa- thikus zur Schmerzlindertmg) an einer Reihe yon Patienten von Jonesen mit gutem Erfolg durchgefiihrt. Die Er- kenntnis, dab Angina pectoris durch Abnahme der arteriellen Blutzufuhr bewirkt wird, fiihrte zur Entwickltmg einer Anzahl yon chirurgischen Inter- ventionen. Diese Magnahmen waren Eingriffe, die eine Gef/igneubildung begtinstigten oder die Koronardurch- blutung an sich steigern sollten. 1935 schlug Beck das Aufrauhen des Epi- kards als Stimulationsreiz ftir die Ent- wicklung von Kollateralen vor. In der Folge mehrten sich Berichte, die das Anlagern verschiedener Gewebe an die Herzoberfl~iche zum Ziel hatten (Myokardiopexie). Als Beck-II-Ope- ration wurde dann die Ligatur des Si- nus coronarius mit darauffolgender Arterialisation mittels Shunt yon der Aorta bekannt, eine Magnahme, die in mehr als 100 Fallen Ende der 40er Jah- re durchgefiihrt wurde. 1946 wurde yon ldneberg die Methode der Implantation der A. mammaria in einen intramyo- kardialen Tunnel des linken Ventrikels entwickelt und an einer grogen Anzahl von Patientert angewandt. 1957 ftihrte Barley die Endarteriektomie der Koro- nargef~iBe ein; eine Technik, die in den folgenden Jahren yon Longmire und Jenning modifiziert wurde. Diese Ope- rationsmethode - teilweise mit Erwei- terungsplastik - wurde vorwiegend an proximalen Stenoscn angewandt. Ein technischer Fehler bei der Endarte- riektomie zwang Favoloro, erstmals die auch derzeit noch gtiltige Form des aortokoronaren Bypasses mittels auto- logen Venentransplantaten durchzu- ftihren. Die Weiterentwicklung durch Favoloro und Johnson fiihrte zur allge- mein akzeptierten Einfiihrung diescr Mcthode in die Herzchirurgie. Derzeit stellt diese Operation und deren Modi- fikationen die prozerttuell hiiufigste Form in der Herzchirurgie dar. Koronarehirurgie an der lI. Chirurgischen Universit~its- klinik Wien Die vermutlich erste Operation we- gen koronarer Herzkrankheit wurde am 14. Februar 1958 durchgeftihrt. Bei dem m;,irnnfichert Patienten R. St. (55 a) wurde wegen einer seit einem halben Jahr bestehenden Angina-pectoris- Symptomatik eine Omentopexie an das Epikard des linken Ventrikels durch- gefiihrt (Beck'sche Operation); tiber den postoperativen Zustand dieses Pa- tienten ist leider rtichts mehr bekannt. A m 21. April 1966 fiihrte F. Helmer die erste Operation wegen koronarer Herzkrankheit mit Er6ffnung der A. coronaria dutch, wobei eine Endar- teriektomie mit Venenpatchplastik der Koronararterie gemacht wurde. In die Zeit der Berufung yon Prof. Dr. J. Navratil fiel die Entwicklung der derzeit noch gebr~iuchlichen Form der Koronarchirurgie. Die erste Operation bei koronarer Herzkrankheit in dcr A.ra Navratil, am 18. O k t o b e r 1967, war wieder eine Beck'sche Operation (mo- difiziert durch Talkumeinstreuung in

Koronarchirurgie im Wandel der Zeit

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Page 1: Koronarchirurgie im Wandel der Zeit

A C A Jg. 2 / 989, Heft5 295

Aus der II. Chirurgischen Universitfitsklinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. E. Wohwr)

Koronarchirurgie im W a n d e l der ZeitW. Mohl, R. Buchberger und A. Rokitansky

SchIiisselwdrter: Koronarchirurgie - Be-handlung der Myokardischi~mie - Inter-ventionskardiologie - sequentielleAnastomosen - Endarteriektomie.

Key-words: Coronary artery surgery -treatment of ischemic heart disease -interventional cardiology - sequentialgrafting- endarteriectomy.

Die Behandlung der koronaren Herzkrankheit hat in den letzten 20 Jahrenenorme Fortschritte gebracht. Die Entwicklung der Koronarchirurgie in0sterreieh und das Wirken von Prof. J. Navratil sind untrennbar mitein-ander verbunden. Seit Beginn der Koronarchirurgie hat der Erfolg dieserOperationstechnik die Zahl der Patienten stark ansteigen lassen. Heutesind wir mit einem Wandel in der Operationstechnik, in der Indikations-stellung sowie in der demographischen Struktur der Patienten konfron-tiert, aber auch mit Iogistischen und gesundheitspolitischen Fragen, diezu analysieren und wissenschaftlich sowie organisatorisch umzusetzendie Herausforderung ffir die Zukunft sein wird.

The Development of CoronaryArtery Surgery

Summary:There has been enormousprogress in treating coronary arterydisease during the last 2 decades. Thedevelopment o f coronary surgery inAustria was certainly encouraged whenJ. Navratil was Head of the II. SurgicalDepartment in Vienna. Since then, thenumber of patients undergoing coro-nary artery surgery has increased tre-mendously due to the success ofits sur-gical techniques. Today we are con-fronted with the developments o fsurgi-cal techniques and structural changesof the patient population as wellas que-stions oflogistics and health policy. An-alyzing and putting into practice theseissues from a scientific as well as froman organizational point of view is goingto be the challenge in the near future.

Einleitung

Nachdem Ende des 19. Jahrhundertsder Zusammenhang zwischen Koro-narsklerose, myokardialer Minder-durchblutung mad Angina pectoris er-

Korrespondenzanschrift: Doz. DDr.W. Mohl, II. Chirurgische Universitfits-klinik, Spitalgasse 23, A- 1090 Wien.

kannt worden war, entwickelte Franck1899 das erste chirurgische Kon_z.eptzur Behandlung dieses Krankheitsbil-des. 1916 wurde dicser Vorschlag (dieDurchtrennung des zervikalen Sympa-thikus zur Schmerzlindertmg) an e inerReihe yon Patienten von Jonesen mitgutem Erfolg durchgefiihrt. Die Er-kenntnis, dab Angina pectoris durchAbnahme der arteriellen Blutzufuhrbewirkt wird, fiihrte zur Entwickltmgeiner Anzahl yon chirurgischen Inter-ventionen. Diese Magnahmen warenEingriffe, die eine Gef/igneubildungbegtinstigten oder die Koronardurch-blutung an sich steigern sollten. 1935schlug Beck das Aufrauhen des Epi-kards als Stimulationsreiz ftir die Ent-wicklung von Kollateralen vor. In derFolge mehrten sich Berichte, die dasAnlagern verschiedener Gewebe andie Herzoberfl~iche zum Ziel hatten(Myokardiopexie). Als Beck-II-Ope-ration wurde dann die Ligatur des Si-nus coronarius mit darauffolgenderArterialisation mittels Shunt yon derAorta bekannt, eine Magnahme, die inmehr als 100 Fallen Ende der 40er Jah-re durchgefiihrt wurde. 1946 wurde yonldneberg die Methode der Implantationder A. mammaria in einen intramyo-kardialen Tunnel des linken Ventrikelsentwickelt und an einer grogen Anzahl

von Patientert angewandt. 1957 ftihrteBarley die Endarteriektomie der Koro-nargef~iBe ein; eine Technik, die in denfolgenden Jahren yon Longmire undJenning modifiziert wurde. Diese Ope-rationsmethode - teilweise mit Erwei-terungsplastik - wurde vorwiegend anproximalen Stenoscn angewandt. Eintechnischer Fehler bei d e r Endarte-riektomie zwang Favoloro, erstmals dieauch derzeit noch gtiltige Form desaortokoronaren Bypasses mittels auto-logen Venentransplantaten durchzu-ftihren. Die Weiterentwicklung durchFavoloro und Johnson fiihrte zur allge-mein akzeptierten Einfiihrung diescrMcthode in die Herzchirurgie. Derzeitstellt diese Operation und deren Modi-fikationen die prozerttuell hiiufigsteForm in der Herzchirurgie dar.

Koronarehirurgie an derlI. Chirurgischen Universit~its-klinik Wien

Die vermutlich erste Operation we-gen koronarer Herzkrankheit wurdeam 14. Februar 1958 durchgeftihrt. Beidem m;,irnnfichert Patienten R. St. (55 a)wurde wegen einer seit e inem halbenJahr bestehenden Angina-pectoris-Symptomatik eine Omentopexie an dasEpikard des linken Ventrikels durch-gefiihrt (Beck'sche Operation); tiberden postoperativen Zustand dieses Pa-tienten ist le ider rtichts mehr bekannt.A m 21. April 1966 fiihrte F. Helmer dieerste Operation wegen koronarerHerzkrankheit mit Er6ffnung derA. coronaria dutch, wobei eine Endar-teriektomie mit Venenpatchplastik derKoronararterie gemacht wurde.

In die Zeit der Berufung yon Prof.Dr. J. Navratil fiel die Entwicklung derderzeit noch gebr~iuchlichen Form derKoronarchirurgie. Die erste Operationbei koronarer Herzkrankheit in dcrA.ra Navratil, am 18. Oktober 1967, warwieder eine Beck'sche Operation (mo-difiziert durch Talkumeinstreuung in

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das Perikard zur Bildung yon Kollate-ralen) und wurdevonE. Domanig, assi-stiert yore jetzigen Ordinarius E. Wol-ner, durchgeffihrt. Schon am 31. M/irz1969 wurde ein A. mammaria-Bypasszur LADvon Navratil an einem 52j/ihri-gen Patienten mit gutem postoperati-yen Erfolg durchgefiihrt. Der erste Sa-phenabypass zur RCA erfolgte am15. September 1970 an einem 57 Jahrealten Patienten mit 7jNariger Angina-pectoris-Symptomatik und 2 Infarktenin der Anamnese.

In der weiteren Folge entwickeltesich die Koronarchirurgie stetig. W~-rend in den ersten Jahren aortokorona-re Bypassoperationen 2% des Kran-kengutes in der offenen Herzchirurgieausmachten, sind es derzeit 63,7%(Abb. 1). In diesen Jahren erfolgten

auch wesentliche chirurgisch-techni-sche Verbesserungen sowie die Einfiih-rung von neuem Nahtmaterial, aberauch die weitere Verbesserung im Be-reich der Herzan~isthesie und Intensiv-medizin, so dab die prozentuelle peri-operative Mortalit/it sigaif'tkant ge-senkt werden konnte (Abb. 2 a trod b).Auch die Anzahl der Byp/isse pro Pa-tient hat sich von atffangs 1- und 2fach-Byp/issen zu einer mehr totalen Revas-kularisation entwickelt. Heu te sind 5-,6- oder gar 7fach-Byp/issekeine Selten-heit mehr.

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Abb. 1. Zunahme tier herzchirurgischen Eingriffe an der II. Chirurgischen Universi-ti~tsklinik, 1969-1987, im Zusammenhang mit der Zunahme der Koronarbypassope-rationen. Gebrochene Linie: Gesamtzahlen der herzchimrgischen Eingriffe. VoileLinie:Aortokoronare Byp~se (.4CBP).

Tab. 1. Indikationen zur Koronarchimrgie.

AbsoluteKriterien

i. Schwere, medikament~s nicht beherrschbarestabile Angina pectoris

2. Instabile Angina pectorls

3. Signifikante Stenose des linken Haup~stammes

RelativeKriterien

i. Schwere Dreigef~erkrankung

2. Drohender Infarkt

3. Folgezustinde nach Myokardinfarktmic akuter Symptomacik

Hcrzoperation entwickelt. Die Indika-tion zur Bypasschirurgie mul3te weiterund weiter gefaBt werden, nachdem dieUberlegenheit der chirurgischen lnter-ventionen f iber die medikament6seTherapie aachgewiesen werden konnte(6). Die h e u t e gtiltigen Kriterien der In-dikationen zur Koronarchirurgie sindin TabeUe 1 zusammengefal3t. Die der-zeitige Form d e r Koronarchirurgie um-spannt berei ts Folgezust/inde nachMyokardinfarkt wie akute Ventrikel-ruptur, Ventrikelseptumruptur, Mitral-insuffizienz, drohenden Infarktnach-schub, Ventrikelaneurysma (Abb. 3)und ventrikulg.re Tachyarrhythmie.

Aus d ie se rAufstellung ist ersichtlich,dab es zu e i n e m drastischen Wandel imKrankengut unserer Patienten kommt.Immer mehr Patienten mit koronarerHerzkrankheit , die noch vor wenigenJahren e h a e r Herzoperation bedurfth~itten, k6nnen heute mit den moder-hen M e t h o d e n der Interventionskar-diologie behandel t werden. Mehrfach-dilatation, j a selbst Laser und das Ein-bringen fixer Stahlprothesen (Shunts)zur Verhinderungyon Rezidivstenosensind kfinisch bereits in Erprobung. Dieswirft zwar n e u e Probleme fur die Herz-chirurgie a u f (wie z. B. die akute Be-reitstellung eines Operationssaales ftirkardiologische-Zwischerff~ille), redu-ziert aber a u c h jene Patientengruppemit operationstechnisch leicht behan-delbaren L/isionen. Was bleibt, sind dieschweren Pat ien ten mit diffuser Athe-rosklerose und schlechter Ventrikel-funktion sowie in zunehmendem MaBeRevisionsoperationen mit aortokoro-harem Bypass. Wie aus den Abbildun-gen 4 und 5 hervorgeht, kommt es der-zeit auch zu e iner sichtbaren Trend-wende in d e r Operationsstrategie zurEndarteriektomie e iner oder mehrererKoronararterien und zur Anwendungder A. mammaria als Bypassgraft. DieAnwendung der A. mammaria als By-passgraft h a t den Vorteil, dab die post-operative Komplikation des Bypassver-schlusses seltener und sp/iter auftritt,wie in mehrerea Studien bewiesen wer-den konnte (2). Der Einbruch der In-terventionskardiologie in die Dom/ineder Herzchirurgie ist in 0sterre ich wiein den meis ten europS.ischen Lfndernnicht spiJrbar, well hier ein lange an-dauernder Nachholbedarf in der Ko-ronarchirurgie besteht. Es ist abet an-zunehmen, d a b der stetige Zuwachs an

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Patienten im ersten Jahrzehnt desnfichsten Jahrhunderts auch in Europaabflachen wird.

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Koronarchirurgie als Heraus-forderung

Der derzeitige Stand der Technik derKoronarchirurgie und das logistischegesundheitspolitische Umfeld stelleneine interessante Herausforderungdar. Der Wandel der Patientenstrukturmacht es notwendig, sich mit der ope-rativen Technik neuerlich auseinan-derzusetzen. Insbesondere Techrtikenwie Endarteriektomie - sei es mit Skal-pell oder Laser- und die Frage nach to-taler Revaskularisation mittels Viet-fachbypass bedarf einer prospektivenBetrachtung.

All diese Operationstechniken ver-langen neue l~lberlegungen im Bercichder Myokardprotektion. Seit Einfiih-rung der Kardioplegie zum Schutz desMyokards zeigte sich eine drastischeVerbesserung der perioperativen Mor-bidit~it und Mortalit~it. Mit der zuneh-menden ZahI yon Patienten mit 1 odermehreren Koronarverschliissen sowieyon Patienten mit akutem Koronarver-schlul3 wird evident, dab ein neuesKonzept zur Distribution von Kardio-plegie ben6tigt wird. Retrograde Kar-dioptegie (3) scheint hier ein interes-santes, vielversprechendes Konzept zusein.

Die Behandlung a..kuter Isch~mie be-darf aueh neuer Uberlegungen undKonzepte zur Reduktion des Reperfu-sionsschadens. Experimentelle und kli-nische Studien haben eindrucksvoll ge-zeigt, dab die Reperfusion akut isch-Lqaischen Myokards und die Erholungder Kontraktilit~it dieses Gebietes nichtgleichzusetzen shad. Auch hier gibt esinteressante Ans~itze (Kalziumantago-nisten, SOD-Hemmer, druckkontrol-lierte intermittierende Koronarsinus-okklusion [PICSO] - Mal3nahmen, dieteilweise ha der II. Chirurgischen Uni-versit~itsklinik vom Konzept bis zur kli-nischen Evaluierung weltweit zumersten Mal durchgefiJhrt wurden [4, 5]).

Im Bereich der "End-stage"-Koronarerkranktmg sind alle Metho-den der KreislaufunterstiJtzung bis zumtotalen Herzersatz und zur Herztrans-plantation von gleichbleibend h o h e mWichtigkeitsgrad. So wurde Anfang1989 die 160. Herztransplantation mit

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Abb 2 a. Zunahme der Koronarbypassoperationen (A CBP;Kreise) und Frfihletalit~t(Quadrate). Aortenkoronare Bypafloperationen 1969-1987, II. Chintrgische Univer-sitdtsklinik I4qen.

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Abb. 3. Zunahme der Koronarbypassoperationen (A CBP; volle Linie) in Beziehungzu den .4neuo'smektomien (gebrochene Linie) im Beobachtungszeitraum.

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Abb. 4.Zunahmeder Koronarbypassoperationen (.4 CBP; Kreise) undder koronaren Endarteriektomien ( Dreiecke). A CBP/koronare Endar-teriektomie 1969-1987, 1I. Chiruvgische Universitiitsklinik H,Ten.

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INTERNE THERAPIE

A bb. 6. Flufldiagramm zur Entscheidungsfindung und In-Abb. 5. Zunahme der Koronarbypassoperationen (ACBP; Quadrate) und dikationsstelhmg fi~r die akute koronare Revaskularisa-der koronaren A . mammaria-Revaskula.risationen (K_reige). ACBP/A.mammaria Bypdsse 1969-1987, If. Chim~. UniversitdtsMinik I4"ien. tion.

grol3em Erfolg an unserer Klinikdurchgefiihrt. Besonders die Lebens-qualit~it der Patienten nach der Herz-transplantation zeigt, wie wichtig dieseMagnahme ist - fiir die esja auch keineAlternative gibt. Die derzeitige Formder Koronarchirurgie hat neben diesen"technologischen" Faktoren noch we-sentliche logistische und gesundheits-politische Aspekte.

Wartezeiten yon mehreren Monatenbis zu 1 Jahr nach der Herzkatheterun-tersuchung shad keine Seltenheit. A u fden einzelnen Patienten wirkt diesesUmfeld durch mehrere Faktoren: Daserh6hte Risiko, einen lnfarkt zu erlei-den oder die Wartezeit nicht zu erie-ben, der hadividuell empfundeneSchmerz, die Angst und die daraus sichentwickelnde Depression. Auch darfnicht a u g e r acht gelassen werden, dabdie Situation zum Zeitpunkt der Herz-katheteruntersuchung am Ende derWartezeit bereits iiberholt sein kann,was wieder zur Erh6hung des periope-rativen Risikos beitragen kann.

Die Interventionskardiologie und dieBehandlung der akuten Myokardisch-/imie begriinden aber noch eine weitereForm der Nachfrage fur die Herzchir-urgie (Abb. 6). Viele neue Zentren be-ginnen mit Koronardilatationen oderLysetherapie w~hrend des Infarktsusw. All dies macht die Erreichbarkeitund die VerfiJgbarkeit derKoronarchirurgie mehr denn je not-wendig. Die moderne Koronarchirur-gie mug sich deshalb mit logistischcnFragen, wie z. B. der Verfiagbarkeit, be-sch/iftigen. Gleichzeitig ist es aber auchwichtig, dab fttr diese Patienten einewirksame perioperative Myokardpro-tektion gew/ihrleistet ist. Wie aus denkardiologischen Reperfusionsstudienbekannt ist, steht naeh dem Eintritt ei-nes Infarktes nur ein begrenzter Zei t -rahmen zur Verfiigung, innerhalb des-sen operiert werden karm. In Abwand-hmg eines bekannten Sprichworteskann gesagt werden: "Zeit ist Muskel"(Hugenhohz [1]). Es ist deshalb einzu-sehen, dab Koronarchirurgie und In-terventionskardiologie in Zukunft cine

Einheit b i lden werden, die unsere wis-senschaftliche - und organisatorischeSicht d e r Behandlung d e r koronarenHerzkrankheit s ta rk beeinflussen wird.

DanksagungFtir die Erstellung des Manuskriptes

und der Statistik danken wir Mag. M.Fibich und Dr. F. Neumann.

Literatur(1) Hugenholtz P: Private Mitteilung.(2) MillerDW, IveyTEl, Bailey WW, JohnsonWD:The practice of coronary artery bypass in1980. J Thorac Cardiovasc Surg 1981;81:423.(3) Mohl W: Retrograde cardioplegia via thecoronary sinus. Ann Chirurg Gynaecol1987;76:61.(4)MohlW:C.~ronary sinus interventions:Fromconcept to clinics. J Cardiac Surg 1987;2:467.(5)MohlW,SimonP,Neumann F, Schreiner N,Punzengruber C: Clinical evaluationof pressure-controlled intermittent coronarysinus occlusion:Randomized trial during coronary artery sur-gery. Ann Thorac Surg 1988;46:192.(6) Principal investigators and their associates:Myocardial infarction and mortality in the Coro-naryArtery Su r~cal Study (CASS). Randomizedtrial. N Engl J Med 1984;310:750